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Algol Katholik, saugverwirrte schleichende Scharia
Anmeldungsdatum: 22.06.2006 Beiträge: 4797
Wohnort: Berlin
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(#692331) Verfasst am: 27.03.2007, 04:24 Titel: |
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Singer verletzt mindestens ein Tabu, trotzdem erscheinen mir seine Ansichten folgerichtig und konsistent.
_________________ Leben kann tödlich sein
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Sanne gives peas a chance.
Anmeldungsdatum: 05.08.2003 Beiträge: 12088
Wohnort: Nordschland
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(#692349) Verfasst am: 27.03.2007, 08:06 Titel: |
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Semnon hat folgendes geschrieben: | Shevek hat folgendes geschrieben: | Sanne hat folgendes geschrieben: | Shevek hat folgendes geschrieben: | Er schreibt auch nicht, dass Menschen sich ihr volles Menschenrecht verdienen müssen. Was er schreibt (und womit er auch durchaus recht hat) ist, dass Menschen nach der Geburt noch kein aktives Bewußtsein ihrer Selbst haben. Seiner Meinung nach muss sich nun dieses Bewußtsein erst entwickeln, um einen Menschen als Person anzuerkennen.
Er macht die Menschenrechte für Neugeborene an den Rechten und Wünschen der Eltern fest. Das stimmt allerdings, aber das ist letztlich zwangsläufig, denn die Eltern sind es auch, die sich um das Neugeborene kümmern und für das Baby die Menschenrechte durchsetzen (müssen).
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Das finde ich problematisch. Kinder sind, solange sie körperlich und intelektuell schwächer sind als Erwachsene, nicht fähig, ihre Rechte gegen den Willen von Erwachsenen durchzusetzen. Und selbst mit Erreichen der Volljährigkeit gibt es (wenn man Pech hat) immer noch Leute, die stärker und mächtiger sind ...
Mit anderen Worten: Es gilt das Recht des Stärkeren. Ist das eine vernünftige Grundlage für eine Ethik? |
Ich verstehe nicht wie du von dem was ich schreibe auf ein Recht des Stärkeren kommst. |
Naja, ist doch klar, denke ich. Sie sieht die elterlichen Entscheidungsträger hier als die Stärkeren an, die über das Schicksaal des unmündigen Kindes urteilen.
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Ja.
Zitat: |
Singer tangiert das natürlich nicht, da für ihn Leidensfähigkeit als Voraussetzung gilt, um die Prämisse der Leidminimierung in Kraft treten zu lassen. Dann wird er wohl aber auch die Banalität berücksichtigen, dass ein Kind irgendwann Leidensfähigkeit erwirbt und man sich somit am zukünftigen Zustand eines Neugeborenen orientieren muss, um zu entscheiden, wie weit seine Rechtssphäre reicht. |
Einem Neugeborenen die Leidensfähigkeit abzusprechen, finde ich einfach absurd. Ich habe Neugeborene immer als Wesen erlebt, die Leiden und Freuden empfinden und ausdrücken können.
Ich sehe ein, daß die Interessen eines Kindes praktischerweise immer gegen die Interessen anderer aufgewogen werden und das Kind dabei häufig den kürzeren zieht. Das ist einfach naturrechtlich so. Das kann man Utilitarismus nennen, aber man sollte das nicht mit "fehlender Leidensfähigkeit" absegnen.
_________________ Ich will das Internet doch nicht mit meinen Problemen belästigen! (Marge Simpson)
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#692351) Verfasst am: 27.03.2007, 08:20 Titel: |
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Sanne hat folgendes geschrieben: | Ich sehe ein, daß die Interessen eines Kindes praktischerweise immer gegen die Interessen anderer aufgewogen werden und das Kind dabei häufig den kürzeren zieht. Das ist einfach naturrechtlich so. Das kann man Utilitarismus nennen, aber man sollte das nicht mit "fehlender Leidensfähigkeit" absegnen. |
Ich verstehe nicht, was hier naturrechtlich sein soll?
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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Sanne gives peas a chance.
Anmeldungsdatum: 05.08.2003 Beiträge: 12088
Wohnort: Nordschland
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(#692354) Verfasst am: 27.03.2007, 08:30 Titel: |
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"Naturrechtlich" heißt nur, daß man es halt so macht, weil es funktioniert und schon immer so gemacht wurde.
Edit: ich zieh den Begriff "naturrechtlich" zurück, der führt möglicherweise in die falsche Richtung, und ersetze mit "von Natur aus" oder "wie man überall beobachten kann".
_________________ Ich will das Internet doch nicht mit meinen Problemen belästigen! (Marge Simpson)
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#692356) Verfasst am: 27.03.2007, 08:43 Titel: |
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Das bedeutet naturrechtlich doch gerade nicht? Das NAturrecht wird auch als Überpositives Recht bezeichnet. Recht auf Leben etc. sind meist naturrechtliche Positionen. Auch die Menschenrechte stehen zumindest in naturrechtlicher Tradition. Das Naturrecht nennt sich so, weil aus der Natur des Menschen unveräußerliche Rechte abgeleitet werden. Etwas vereinfachend dargestellt...
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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L.E.N. im falschen Film
Anmeldungsdatum: 25.05.2004 Beiträge: 27745
Wohnort: Hamburg
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(#692357) Verfasst am: 27.03.2007, 08:44 Titel: |
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Sanne hat folgendes geschrieben: | "Naturrechtlich" heißt nur, daß man es halt so macht, weil es funktioniert und schon immer so gemacht wurde.
Edit: ich zieh den Begriff "naturrechtlich" zurück, der führt möglicherweise in die falsche Richtung, und ersetze mit "von Natur aus" oder "wie man überall beobachten kann". |
also empirisch begründet? sehe ich genauso.
_________________ Ich will Gott lästern dürfen! Weg mit §166 StGB!
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Sanne gives peas a chance.
Anmeldungsdatum: 05.08.2003 Beiträge: 12088
Wohnort: Nordschland
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(#692359) Verfasst am: 27.03.2007, 08:47 Titel: |
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Kival hat folgendes geschrieben: | Das bedeutet naturrechtlich doch gerade nicht? Das NAturrecht wird auch als Überpositives Recht bezeichnet. Recht auf Leben etc. sind meist naturrechtliche Positionen. Auch die Menschenrechte stehen zumindest in naturrechtlicher Tradition. Das Naturrecht nennt sich so, weil aus der Natur des Menschen unveräußerliche Rechte abgeleitet werden. Etwas vereinfachend dargestellt... |
Ja, du hast Recht. "Das Recht des Stärkeren" als ein Naturrecht zu betrachten, ist nur eine Minderheitenmeinung, deshalb habe ich meinen vorhergehenden Beitrag auch ergänzt.
Danke für den Hinweis!
_________________ Ich will das Internet doch nicht mit meinen Problemen belästigen! (Marge Simpson)
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#692377) Verfasst am: 27.03.2007, 09:23 Titel: |
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Johnnyboy hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Nein, würde er nicht. Schließlich ist es wichtig zu verstehen, was ihn treibt - z.B. für die Erziehung der nächsten Generation. | Irgendwelche bio-chemisch/physikalischen Prozesse vermutlich. Und darauf will ich hinaus: Wie will man die "Basis" - also die wircklich grundlegenden Gefühle/Bedürfnisse/Triebe reflektieren, wenn sie doch in ihrer Eigenschaft als Basis immer der Ausgangspunkt einer Reflektion sind. |
Triebe/Gefühle sind nicht "wirklich grundlegend" für das Verständnis der Welt (und damit ihrer selbst). Aus zwei Gründen: (1.) Die wissenschaftliche Methode erlaubt einen äußeren Standpunkt, relativ gut befreit von Trieben und Gefühlen. (2.) Die Technik erlaubt (zumindest prinzipiell) Eingriffe in die Mechanismen der Gefühlsbildung, da diese offensichtlich derselben Physik unterliegen wie der Rest der Welt.
Johnnyboy hat folgendes geschrieben: | Logik ist doch - wenn es um Verhaltensweisen geht - doch im weitesten Sinne immer auch Bedarfslogik. Selbst wenn man seine Triebe so wie von dir dargelegt, rational erklären würde, aus dieser Anschauung allein könnte ich trotzdem kein "Sollen" postulieren. |
Richtig, ein letztliches Sollen kann man überhaupt mit keiner Methode postulieren. Eine Ethik nach der von mir vorgeschlagenen Methode wäre immer ein letztlich dem (möglichen) Sein nachgeordnetes Sollen. Aber eben nicht nur dem aktuellen oder historischen Sein nachgeordnet, wie bei einer unreflektierten Status-quo-Naturrechtsargumentation.
Johnnyboy hat folgendes geschrieben: | D.h. am Ende gebe es trotzdem etwas Perspektivisches, also kein großes "Ziel". Trotzdem etwas als Ziel zu setzen käme einem naturalistischen Fehlschluss gleich. |
Nein, das sehe ich anders. Es gibt keine absoluten Ziele. Ziele würde man als hypothetische Startpunkte von Simulationen setzen, deren Ergebnisse man bewertet und vergleicht, z.B. bis man eine befriedigende Konvergenz hat. Natürlich reflektieren die Ziele nur die Interessen der ethsichen Subjekte, und diese ergeben sich nun mal aus Naturgesetzen. Ein naturalistischer Fehlschluss wäre das nur für jemanden, der an Götter oder zumindest an den freien Willen glaubt.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Shevek ohne jeglichen Respekt vor Autoritäten
Anmeldungsdatum: 23.01.2006 Beiträge: 4289
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(#692395) Verfasst am: 27.03.2007, 10:16 Titel: |
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L.E.N. hat folgendes geschrieben: | Sehwolf hat folgendes geschrieben: | L.E.N. hat folgendes geschrieben: | Shevek hat folgendes geschrieben: | L.E.N. hat folgendes geschrieben: | weshalb menschliches leben zu bevorzugen ist, lässt sich nachvollziehen, wenn man überlegt, ob man eher das leben seines kindes oder das eines anderen kindes retten würde, wenn man nur eins retten könnte. |
Ich halte es für gefährlich die Intuition von Eltern ihre eigenen Kinder zu retten und zu bevorzugen als Grundlage für Ethik zu nehmen.
Ich würde - rein intuitiv - jeden anderen Menschen, auch eine große Zahl von ihnen, töten und foltern um Schaden von meinen Kindern abzuwenden.
Hälst du das für eine brauchbare Grundlage einer Ethik?
Ich selbst halte es für reinen Mutterinstinkt und würde diese Intuition nie (zumindest nicht ungeprüft) zur Grundlage einer Ethik machen. |
solange eine andere ethik meine kinder anstatt der anderen in den tod risse, ist dies für mich eine brauchbare grundlage für ethik. |
Denk doch mal an den Fall Metzler. Würdest du es für sinnvoll erachten dass betroffene Eltern über die Rechtstaatlichkeit von Folter entscheiden?
Wir müssen hier sauber trennen zwischen einer Ethik des Alltags und einer Ethik, die Grenzfälle abdecken will. |
natürlich nicht! der rechtsstaat ist von der persönlichen ethik unabhängig und sollte es auch bleiben.
deshalb würde ich bei gelegenheit den mörder meines kindes auch töten, obwohl ich gegen die todestrafe bin. |
Wo machst du den Unterschied?
Und warum machst du einen Unterschied zwischen persönlicher Ethik und rechtsstaatlicher?
_________________ Endlich sind die Terroristen weg,
und es herrschen Ordnung und Ruhe und Frieden,.......
.....die, die Unheil und Armut und Krankheit verbreiten,
für sie herrschen sorglose Zeiten,
da kein bisschen Sprengstoff sie daran hindert, ihre Geschafte zu betreiben...
....endlich sind die Terroristen weg,
und es herrschen Ordnung und Ruhe und Frieden.
(Jan Delay)
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#692396) Verfasst am: 27.03.2007, 10:17 Titel: |
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Ich möchte step ergänzend ein Kriterium rationaler Sollens-Sätze nennen: Das so genannte Wollen-Können. Forderungen, die unmögliches fordern (christlich-jesuanischer Moralismus in Bezug auf Begehren o.ä.) sind also auch als Ziele einer Ethik anhand dieses Kriteriums abzulehnen. Dieses Kriterium ist aber wie andere (bei der Wissenschaft z. B. die innere Widerspruchsfreiheit) ebenfalls nicht letztebgründbar. Für sie muss man sich entscheiden. Genau wie die wissenschaftliche Rationalität sind das eben Kriterien für Rationalität. Wer sich nicht daran hält, verfolgt eine irrationale Ethik. Punktum. Wie jede Definition ein wahrer Schotte, aber anders geht es eben nicht.
Tipp: Albert schreibt wirklich einiges interessantes über Wissenschaft, Ethik und Entscheidung. Siehe das berühmte Traktat aber auch "Ethik und Meta-Ethik" und weitere Werke, die ich gerade nicht im Kopf habe.
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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Shevek ohne jeglichen Respekt vor Autoritäten
Anmeldungsdatum: 23.01.2006 Beiträge: 4289
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(#692400) Verfasst am: 27.03.2007, 10:23 Titel: |
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Sanne hat folgendes geschrieben: |
Zitat: |
Singer tangiert das natürlich nicht, da für ihn Leidensfähigkeit als Voraussetzung gilt, um die Prämisse der Leidminimierung in Kraft treten zu lassen. Dann wird er wohl aber auch die Banalität berücksichtigen, dass ein Kind irgendwann Leidensfähigkeit erwirbt und man sich somit am zukünftigen Zustand eines Neugeborenen orientieren muss, um zu entscheiden, wie weit seine Rechtssphäre reicht. |
Einem Neugeborenen die Leidensfähigkeit abzusprechen, finde ich einfach absurd. Ich habe Neugeborene immer als Wesen erlebt, die Leiden und Freuden empfinden und ausdrücken können.
Ich sehe ein, daß die Interessen eines Kindes praktischerweise immer gegen die Interessen anderer aufgewogen werden und das Kind dabei häufig den kürzeren zieht. Das ist einfach naturrechtlich so. Das kann man Utilitarismus nennen, aber man sollte das nicht mit "fehlender Leidensfähigkeit" absegnen. |
Singer spricht Neugeborenen nicht die Leidensfähigkeit ab. Er spricht ihnen ab ein aktives Bewußtsein ihrer Selbst zu haben: also z.B. Pläne für die Zukunft zu machen. Darum hält er es nicht für verwerflich sie (schmerzfrei) zu töten.
Das ist was anderes: töten und quälen.
Hier geht es nicht um das Recht des Stärkeren, sondern darum ob Neugeborene ein wirkliches Interesse am Leben haben. Singer ist der Meinung, dass Neugeborene dieses Interesse nicht stärker haben als die meisten Tiere die wir essen, und darum das töten eines Neugeborenen nicht schlimmer ist, als das töten eines Tieres.
Dabei geht es um ein Interesse, dass über den rein instinktiven Selbsterhaltungstrieb hinaus geht, den Tiere und sogar Pflanzen ja auch haben. Es geht um Pläne und Wünsche für die Zukunft, bewußte Interessen, die Fähigkeit überhaupt zu entscheiden ob man leben will oder sterben.
Das bedeutet keinen Freibrief mit Babys zu machen was man will. Und Kinder haben ein aktives Bewußtsein ihrer selbst, und sind damit als Personen zu betrachten und zu behandeln (nach Singer), da ist dann auch kein Recht des Stärkeren mehr.
_________________ Endlich sind die Terroristen weg,
und es herrschen Ordnung und Ruhe und Frieden,.......
.....die, die Unheil und Armut und Krankheit verbreiten,
für sie herrschen sorglose Zeiten,
da kein bisschen Sprengstoff sie daran hindert, ihre Geschafte zu betreiben...
....endlich sind die Terroristen weg,
und es herrschen Ordnung und Ruhe und Frieden.
(Jan Delay)
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Shevek ohne jeglichen Respekt vor Autoritäten
Anmeldungsdatum: 23.01.2006 Beiträge: 4289
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(#692409) Verfasst am: 27.03.2007, 10:31 Titel: |
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Rational ist man doch immer in Bezug auf etwas.
Ein Ziel und die Grundlage einer Ethik können damit garnicht rational sein. Aber sie können sinnvoll und begründbar sein.
Wenn wir hier anfangen wollen eine sinnvolle Ethik zu schaffen, sollten wir uns erstmal über die Grundlagen einigen und die die überhaupt beteiligt sein sollen:
So was wir: "Das großtmögliche Glück für alle Menschen, wobei niemand darunter leiden sollte, dass es anderen Menschen besser geht."
Oder "Größtmögliche Freiheit, Gerechtigkeit und materielle Sicherheit für alle Menschen."
Sind nur zwei Beispiele, worauf man dann anfangen kann rational aufzubauen: Wenn wir das wollen, was müssen wir dann tun, wie muss eine Ethik dann aussehen? Etc.
Dabei müssen natürlich auch die Grundbegriffe (Freiheit, Sicherheit, Glück, leiden) geklärt werden.
Da haben Leute übrigens ganze Bücher drüber geschrieben.
_________________ Endlich sind die Terroristen weg,
und es herrschen Ordnung und Ruhe und Frieden,.......
.....die, die Unheil und Armut und Krankheit verbreiten,
für sie herrschen sorglose Zeiten,
da kein bisschen Sprengstoff sie daran hindert, ihre Geschafte zu betreiben...
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(Jan Delay)
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Sanne gives peas a chance.
Anmeldungsdatum: 05.08.2003 Beiträge: 12088
Wohnort: Nordschland
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(#692450) Verfasst am: 27.03.2007, 11:33 Titel: |
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Shevek hat folgendes geschrieben: | Sanne hat folgendes geschrieben: |
Zitat: |
Singer tangiert das natürlich nicht, da für ihn Leidensfähigkeit als Voraussetzung gilt, um die Prämisse der Leidminimierung in Kraft treten zu lassen. Dann wird er wohl aber auch die Banalität berücksichtigen, dass ein Kind irgendwann Leidensfähigkeit erwirbt und man sich somit am zukünftigen Zustand eines Neugeborenen orientieren muss, um zu entscheiden, wie weit seine Rechtssphäre reicht. |
Einem Neugeborenen die Leidensfähigkeit abzusprechen, finde ich einfach absurd. Ich habe Neugeborene immer als Wesen erlebt, die Leiden und Freuden empfinden und ausdrücken können.
Ich sehe ein, daß die Interessen eines Kindes praktischerweise immer gegen die Interessen anderer aufgewogen werden und das Kind dabei häufig den kürzeren zieht. Das ist einfach naturrechtlich so. Das kann man Utilitarismus nennen, aber man sollte das nicht mit "fehlender Leidensfähigkeit" absegnen. |
Singer spricht Neugeborenen nicht die Leidensfähigkeit ab.
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Gut, das beruhigt mich. (Semnon hatte diesen Punkt falsch dargestellt)
Zitat: | Er spricht ihnen ab ein aktives Bewußtsein ihrer Selbst zu haben: also z.B. Pläne für die Zukunft zu machen. Darum hält er es nicht für verwerflich sie (schmerzfrei) zu töten.
Das ist was anderes: töten und quälen.
Hier geht es nicht um das Recht des Stärkeren, sondern darum ob Neugeborene ein wirkliches Interesse am Leben haben. Singer ist der Meinung, dass Neugeborene dieses Interesse nicht stärker haben als die meisten Tiere die wir essen, und darum das töten eines Neugeborenen nicht schlimmer ist, als das töten eines Tieres.
Dabei geht es um ein Interesse, dass über den rein instinktiven Selbsterhaltungstrieb hinaus geht, den Tiere und sogar Pflanzen ja auch haben. Es geht um Pläne und Wünsche für die Zukunft, bewußte Interessen, die Fähigkeit überhaupt zu entscheiden ob man leben will oder sterben.
Das bedeutet keinen Freibrief mit Babys zu machen was man will. Und Kinder haben ein aktives Bewußtsein ihrer selbst, und sind damit als Personen zu betrachten und zu behandeln (nach Singer), da ist dann auch kein Recht des Stärkeren mehr. |
Ab welchem Alter können Kinder denn Pläne und Wünsche für ihre Zukunft machen?
Ab welchem Alter wird (in deinem/ Singers Begründungsschema) einem normal entwickelten gesunden Kind ein aktives Bewußtsein seiner selbst zugestanden?
_________________ Ich will das Internet doch nicht mit meinen Problemen belästigen! (Marge Simpson)
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Shevek ohne jeglichen Respekt vor Autoritäten
Anmeldungsdatum: 23.01.2006 Beiträge: 4289
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(#692477) Verfasst am: 27.03.2007, 12:24 Titel: |
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Sanne hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Er spricht ihnen ab ein aktives Bewußtsein ihrer Selbst zu haben: also z.B. Pläne für die Zukunft zu machen. Darum hält er es nicht für verwerflich sie (schmerzfrei) zu töten.
Das ist was anderes: töten und quälen.
Hier geht es nicht um das Recht des Stärkeren, sondern darum ob Neugeborene ein wirkliches Interesse am Leben haben. Singer ist der Meinung, dass Neugeborene dieses Interesse nicht stärker haben als die meisten Tiere die wir essen, und darum das töten eines Neugeborenen nicht schlimmer ist, als das töten eines Tieres.
Dabei geht es um ein Interesse, dass über den rein instinktiven Selbsterhaltungstrieb hinaus geht, den Tiere und sogar Pflanzen ja auch haben. Es geht um Pläne und Wünsche für die Zukunft, bewußte Interessen, die Fähigkeit überhaupt zu entscheiden ob man leben will oder sterben.
Das bedeutet keinen Freibrief mit Babys zu machen was man will. Und Kinder haben ein aktives Bewußtsein ihrer selbst, und sind damit als Personen zu betrachten und zu behandeln (nach Singer), da ist dann auch kein Recht des Stärkeren mehr. |
Ab welchem Alter können Kinder denn Pläne und Wünsche für ihre Zukunft machen?
Ab welchem Alter wird (in deinem/ Singers Begründungsschema) einem normal entwickelten gesunden Kind ein aktives Bewußtsein seiner selbst zugestanden? |
Erstmal: Wieso meinem?
Hier wird Singer so vehement falsch dargestellt, dass ich bisher noch nicht dazu gekommen bin einen eigenen Standpunkt zu beziehen. Jedenfalls nicht sehr explizit, nur in einigen Nebensätzen.
Singer schreibt nicht in welchem Alter Kinder dies können. Er stellt erstmal nur fest, dass (fast alle) Menschen sich aus Zygoten, die definitiv nicht mal ein Bewußtsein haben, zu Menschen entwickeln die definitiv ein aktives Bewußtsein ihrer Selbst haben, und dass Neugeborene zwar über ein Bewußtsein, aber nicht über ein aktives Bewußtsein ihrer Selbst verfügen.
Ich würde (nach meiner Erfahrung mit meinem Kindern, und dem wie ich es erlebt habe, also völlig laienhaft und ohne den Anspruch wirklich auf Professionalität und noch dazu aus meiner Erinnerung heraus, die natürlich trügen kann) sagen, dass sich bei meinen Kindern in den ersten 6 Monaten, vielleicht sogar den ersten 4 Monaten, so etwas wie ein aktives Bewußtsein ihrer Selbst entwickelt hat.
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(Jan Delay)
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#692486) Verfasst am: 27.03.2007, 12:36 Titel: |
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Algol hat folgendes geschrieben: | Singer verletzt mindestens ein Tabu, trotzdem erscheinen mir seine Ansichten folgerichtig und konsistent. |
Mir nicht.
Singer postuliert folgendes: ausschlaggebend für eine besondere ethische Bewertung ist der Zeitpunkt des Person-Werdens, also der Zeitpunkt, ab dem ein Wesen seiner selbst bewusst ist und ein bewusstes Interesse haben kann, (er setzt dafür, soweit ich weiß, den 9. Monat an). Vor diesem Zeitpunkt darf auf keinen Fall die zukünftige Entwicklung berücksichtigt werden, also die höchstwahrscheinliche Entwicklung hin zu einer bewussten Person. Nach diesem Zeitpunkt jedoch ist das einmal vorhandene bewusste Interesse in die Zukunft zu extrapolieren. Das heißt, ein einmal vorhandenes Interesse sollte auch dann noch als vorhanden angesehen werden, wenn die Person zum Beispiel schläft oder im Koma liegt, sie also kein aktuelles bewusstes Interesse haben kann.
Dies alles sind unbegründete Prämissen, die man meinetwegen auch so setzen kann, aber man sollte sich bewusst sein, dass sie eben letztlich unbegründet bleiben. Es ist mMn nicht richtig, hier von einer Folgerichtigkeit und Konsistenz zu reden. Die Prämissen selber sind das nämlich keineswegs. Warum soll einmal wie selbstverständlich die Zukunft berücksichtigt werden und das andere Mal sollte man das auf keinen Fall dürfen? Inkonsistent. Mit dieser, mMn nicht begründbaren und für mich auch nicht nachvollziehbaren, Forderung (nämlich keine Berücksichtigung von zukünftigen Interessen zukünftiger Personen) aber steht und fällt die Ethik von Singer. Da ich diese spezielle Setzung nicht nachvollziehen kann, scheint mir die ganze Ethik keineswegs folgerichtig zu sein.
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Sanne gives peas a chance.
Anmeldungsdatum: 05.08.2003 Beiträge: 12088
Wohnort: Nordschland
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(#692498) Verfasst am: 27.03.2007, 12:58 Titel: |
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Shevek hat folgendes geschrieben: | Sanne hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Er spricht ihnen ab ein aktives Bewußtsein ihrer Selbst zu haben: also z.B. Pläne für die Zukunft zu machen. Darum hält er es nicht für verwerflich sie (schmerzfrei) zu töten.
Das ist was anderes: töten und quälen.
Hier geht es nicht um das Recht des Stärkeren, sondern darum ob Neugeborene ein wirkliches Interesse am Leben haben. Singer ist der Meinung, dass Neugeborene dieses Interesse nicht stärker haben als die meisten Tiere die wir essen, und darum das töten eines Neugeborenen nicht schlimmer ist, als das töten eines Tieres.
Dabei geht es um ein Interesse, dass über den rein instinktiven Selbsterhaltungstrieb hinaus geht, den Tiere und sogar Pflanzen ja auch haben. Es geht um Pläne und Wünsche für die Zukunft, bewußte Interessen, die Fähigkeit überhaupt zu entscheiden ob man leben will oder sterben.
Das bedeutet keinen Freibrief mit Babys zu machen was man will. Und Kinder haben ein aktives Bewußtsein ihrer selbst, und sind damit als Personen zu betrachten und zu behandeln (nach Singer), da ist dann auch kein Recht des Stärkeren mehr. |
Ab welchem Alter können Kinder denn Pläne und Wünsche für ihre Zukunft machen?
Ab welchem Alter wird (in deinem/ Singers Begründungsschema) einem normal entwickelten gesunden Kind ein aktives Bewußtsein seiner selbst zugestanden? |
Erstmal: Wieso meinem?
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Nach Singers Begründungssystem, so wie du ihn verstanden hast Hab mir schon gedacht, daß das nicht unbedingt deine eigene Meinung ist, allerdings habe ich Singer nicht selber gelesen und kann daher nicht genau beurteilen, welche der hier wiedergegebenen Positionen original Singer sind.
Mir geht es hier um das faktische Problem "Welche Rechte sollten Kinder und Säuglinge haben, und wie wird das bgründet" , und da interessiert mich deine Meinung mindestens genauso wie die von Singer.
Zitat: |
Hier wird Singer so vehement falsch dargestellt, dass ich bisher noch nicht dazu gekommen bin einen eigenen Standpunkt zu beziehen. Jedenfalls nicht sehr explizit, nur in einigen Nebensätzen.
Singer schreibt nicht in welchem Alter Kinder dies können. Er stellt erstmal nur fest, dass (fast alle) Menschen sich aus Zygoten, die definitiv nicht mal ein Bewußtsein haben, zu Menschen entwickeln die definitiv ein aktives Bewußtsein ihrer Selbst haben, und dass Neugeborene zwar über ein Bewußtsein, aber nicht über ein aktives Bewußtsein ihrer Selbst verfügen.
Ich würde (nach meiner Erfahrung mit meinem Kindern, und dem wie ich es erlebt habe, also völlig laienhaft und ohne den Anspruch wirklich auf Professionalität und noch dazu aus meiner Erinnerung heraus, die natürlich trügen kann) sagen, dass sich bei meinen Kindern in den ersten 6 Monaten, vielleicht sogar den ersten 4 Monaten, so etwas wie ein aktives Bewußtsein ihrer Selbst entwickelt hat. |
So früh schon?
Hab gerade mal bei wikipedia nachgesehen, Menschenkinder bestehen den Spiegeltest ab ungefähr 1,5 Jahren.
Ich weiß nicht, nach welchen Kriterien man ein "aktives Bewußtsein seiner selbst" feststellen sollte. Ich bezweifel auch, ob das Bescheinigen eines "aBss" überhaupt sinnvoll ist, um Menschenrechte oder Personenrechte zuzuweisen.
Aber wenn man mit dem Merkmal "aBss" arbeiten wollte, müßte man genau festlegen, welches Kind eines hat und und welches nicht.
Wenn das zu kompliziert ist und man zunächst die fiktive Regel betrachtet "Neugeborene dürfen im Gegensatz zu älteren Kindern getötet werden, wenn sie nicht gebraucht werden", dann müßte man wenigstens festlegen, bis zu welchem Alter jemand ein Neugeborener ist. Wikipedia meint "Als Neugeborenes bezeichnet man ein Kind nach der Geburt bis zum Alter von vier Wochen."
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musikdusche reflektierender User
Anmeldungsdatum: 29.05.2006 Beiträge: 896
Wohnort: Düsseldorf
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(#692540) Verfasst am: 27.03.2007, 14:10 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | musikdusche hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Mein Hauptproblem mit der Ethik von Singer ist die Prämisse, dass nur die augenblicklichen Interessen von bewussten (Wesen/Objekten/was auch immer) gelten sollen und nicht die wahrscheinlichen zukünftigen Interessen. Diese Prämisse ist für mich nicht nachvollziehbar und führt auch durchaus zu (mMn) unerfreulichen Ergebnissen, nämlich dass z.B. ein ausgewachsener Gorilla als "wertvoller" angesehen wird als ein neugeborenes Baby. |
Ich finde es ganz und gar nicht plausibel von zukünftigen Interessen zu reden. |
Okay, dann haben wir da unterschiedliche Ansichten. Ich habe Kinder und muss deren zukünftige Interessen berücksichtigen, ihnen also zum Beispiel eine gute Bildung zukommen lassen, auch wenn sie zur Zeit noch nicht deren Wert selber einschätzen können. "Zukünftige Interessen" richtet sich in die Zukunft; ist eine Planung der Zukunft, die man noch nicht (exakt) absehen kann, die man aber nichtsdestotrotz planen muss, wobei man sicherlich auch Fehler machen kann. Diese Planung aber nicht vorzunehmen, erschiene wiederum mir absurd und daher nicht plausibel.
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Interessanter Punkt. (Vorneweg, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Weder ich noch Singer hält ein Kind für weniger wert, weil es im Moment (der Kindheit) seine Interessen weniger gut einschätzen kann, als ein Erwachsener)
Aber wichtig scheint mir in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass ein Kleinkind sehr wohl Interessen hat, z.B. 1. an die lustig rötlich glühende Ceranfeldkochplatte zu fassen und 2. sich von Mutti streicheln zu lassen.
Bei Beispiel 1. würden wir intervenieren, bei Beispiel 2 würden wir dem Kind seine Interessen zugestehen.
Als Begründung für eine Intervention bei 1 gebe ich an: Aus meiner Position als "besserwissender" Erwachsener kann ich beurteilen, dass sich die Interessen "Kochplatten anfassen" und "keine Schmerzen haben" widersprechen. Und zweitens kann ich beurteilen, dass es besser ist, die Kochplattenerfahrung nicht zu machen.
Und wenn ich die widersprechenden Interessen meines Kindes abwäge "keine Hausaufgaben machen" und "Flugzeugpilot werden", dann entscheide ich als Erwachsener eben, dass die Hausaufgaben gemacht werden müssen.
Was ich sagen will ist: Ich berücksichtige keinesfalls zukünftige Interessen des Kindes, sondern wäge zwischen sich widersprechenden aktuellen Interessen ab. Bei einem Fötus, welches keine auf die Zukunft gerichteten Interessen hat, ist das Zukunftsargument für mich daher unplausibel.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | musikdusche hat folgendes geschrieben: | Damit könnte man bereits einer Zygote ein Menschenrecht zugestehen. Im Prinzip ist das "zukünftige Interesse" ein verstecktes Potentialitätsargument, welches Singer ja auch ausführlich behandelt (Ausgabe 1994, S198ff siehe Kapitel "Leben nehmen, Embryo und Fötus"). |
Ja, mag schon sein, von mir aus kann man es durchaus Potentialitätsargument nennen, wenn das denn lediglich bedeutet, (angenommene) zukünftige Interessen zu berücksichtigen. Ich denke nicht, dass man vermeiden kann, das zu tun, bzw. dass das wünschenswert wäre. | Bleibt die konkrete Frage an dich: Ist eine Zygote genauso schützenswert wie ein 10jähriges Kind? Ist jede Abtreibung kategorisch Mord? Wie du siehst, bewerte ich diesen Ansatz als sehr problematisch...
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | musikdusche hat folgendes geschrieben: | Leider sind aber nicht alle Kinder gewollt. Es gibt Embryos/Föten/Neugeborene, die keine mitfühlenden Eltern/Angehörigen haben. Für deren Existenz sich niemand interessiert. Und ein aktuelles Eigeninteresse haben sie ebenfalls nicht. Solange sie nicht leiden, interessiert es sie halt nicht, was mit ihnen passiert. |
Nein, das denke ich nicht. Daraus würde folgen, dass ein Baby, dessen Eltern/Angehörige unbekannt sind, (weil es zum Beispiel in einer Babyklappe abgelegt wurde), bedenkenlos getötet werden könnte. So ist es aber heute nicht und es interessiert wohl durchaus (die Gesellschaft), was mit ihm passiert. Die Frage wäre nun, ob diese heutige Sichtweise falsch ist. Ich sehe aber nichts Falsches daran. |
Ich gehe mal davon auss, dass die meisten Leute, die bei Babyklappen arbeiten, haben ein Interesse am Kind haben. Es wird bei den Babyklappen höchstwahrscheinlich nie zu Tötungen kommen, selbst wenn es erlaubt wäre.
Aber faktisch gesehen interessiert es die Gesellschaft zu großen Teil einen Dreck, was mit den meisten Leuten auf diesem Planeten passiert. Wir wissen haargenau, was in bestimmten Ländern in Afrika vorgeht, und es wird offenbar nicht entschieden genug etwas dagegen unternommen. Wenn die Bildzeitung morgen titelt "Muss die kleine Mia an Hunger sterben?" zusammen mit einem Bild der kleinen, kulleräugigen Mia aus den Sudan (oder sonstwo), dann wird sie vermutlich aufgrund des großen gesellschaftlichen Engagements daraufhin nicht mehr hungern müssen. Aber Ich finde es pervers, das Schicksal (und damit offenbar den Wert) einzelner Menschen von den Interessen anderer abhängig zu machen. Die Menschen erhalten ihren Wert durch ihr eigenes Interesse.
_________________ Jeder Fehler erscheint unglaublich dumm, wenn Andere ihn begehen. (Lichtenberg)
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#692548) Verfasst am: 27.03.2007, 14:41 Titel: |
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AP's Logikfehler ist noch viel simpler. In seinem Beispiel wägt er zwei potentielle Zukunftsszenarien gegeneinander ab: die Zukunft seines Kindes, wenn es die Hausaufgaben gemacht hat, mit der Zukunft seines Kindes, wenn es die Hausaufgaben nicht gemacht hat. Es geht also um zukünftige Interessen, für deren Entstehung er verantwortlich ist und deren Nicht-Erfüllbarkeit er vermeiden will. Die Schlussfolgerungen aus diesem Szenario lassen sich nicht auf niemals entstehende Interessen übertragen, denn hier werden zwei ganz andere Zukunftsszenarien gegeneinander abgewogen: eine Zukunft mit einem Menschen mit bewussten Interessen, und eine Zukunft ohne diesen Menschen. Den Unterschied hat Singer auch ausführlich erklärt, man sollte ihn echt gelesen haben, bevor man ihn kritisiert. Singers Standpunkt ist diesbezüglich auch sehr eindeutig und wird von ihm widerspruchsfrei begründet: wenn man zulässt, das bewusste Interessen entstehen (z.B. durch Kinder kriegen), trägt man Mitverantwortung für die Erfüllung dieser Interessen.
_________________ Hard work often pays off after time, but laziness always pays off now.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#692572) Verfasst am: 27.03.2007, 15:33 Titel: |
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musikdusche hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | musikdusche hat folgendes geschrieben: | Ich finde es ganz und gar nicht plausibel von zukünftigen Interessen zu reden. |
Okay, dann haben wir da unterschiedliche Ansichten. Ich habe Kinder und muss deren zukünftige Interessen berücksichtigen, ihnen also zum Beispiel eine gute Bildung zukommen lassen, auch wenn sie zur Zeit noch nicht deren Wert selber einschätzen können. [...] |
Interessanter Punkt. [...] Aber wichtig scheint mir in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass ein Kleinkind sehr wohl Interessen hat, z.B. 1. an die lustig rötlich glühende Ceranfeldkochplatte zu fassen und 2. sich von Mutti streicheln zu lassen. |
Ja, das sind momentane Interessen. Inwieweit die nun bewusst sind, wäre eine andere Frage, die für mich nicht so wichtig ist, für Singer aber sehr wichtig.
musikdusche hat folgendes geschrieben: | Und wenn ich die widersprechenden Interessen meines Kindes abwäge "keine Hausaufgaben machen" und "Flugzeugpilot werden", dann entscheide ich als Erwachsener eben, dass die Hausaufgaben gemacht werden müssen.
Was ich sagen will ist: Ich berücksichtige keinesfalls zukünftige Interessen des Kindes, sondern wäge zwischen sich widersprechenden aktuellen Interessen ab. |
Hm, nein, wenn Du das Kind die Hausaufgaben machen lässt, dann berücksichtigst Du damit seine zukünftigen Interessen. Das würdest Du sicher ebenso dann machen, wenn das Kind keinen aktuellen Berufswunsch hätte, d.h. es ist eigentlich von einem solchen Berufswunsch unabhängig. Oder, anderes Beispiel, wenn Du das Kind impfen lässt, berücksichtigst Du gleichfalls seine zukünftigen Interessen.
musikdusche hat folgendes geschrieben: | Bei einem Fötus, welches keine gegenwärtigen Interessen hat, ist das Zukunftsargument für mich daher unplausibel. |
Und bei einem Baby? Kann es sein, dass Du, anders als Singer, jetzt nicht nur die bewussten Interessen betrachtest, sondern auch die unbewussten?
musikdusche hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ja, mag schon sein, von mir aus kann man es durchaus Potentialitätsargument nennen, wenn das denn lediglich bedeutet, (angenommene) zukünftige Interessen zu berücksichtigen. Ich denke nicht, dass man vermeiden kann, das zu tun, bzw. dass das wünschenswert wäre. |
Bleibt die konkrete Frage an dich: Ist eine Zygote genauso schützenswert wie ein 10jähriges Kind? Ist jede Abtreibung kategorisch Mord? |
Nein und nein. Einer Zygote würde ich kein wesentliches Interesse zuschreiben. Einem Embryo schon eher, vermehrt dann, wenn die Empfindungsfähigkeit beginnt. Dessen Interesse muss jedoch abgewogen werden gegenüber dem Interesse der Mutter, deswegen ist er nicht so schützenswert wie ein 10jähriges Kind.
Auf eine Abtreibungsdiskussion habe ich aber hier wenig Lust.
musikdusche hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | musikdusche hat folgendes geschrieben: | Leider sind aber nicht alle Kinder gewollt. Es gibt Embryos/Föten/Neugeborene, die keine mitfühlenden Eltern/Angehörigen haben. Für deren Existenz sich niemand interessiert. Und ein aktuelles Eigeninteresse haben sie ebenfalls nicht. Solange sie nicht leiden, interessiert es sie halt nicht, was mit ihnen passiert. |
Nein, das denke ich nicht. Daraus würde folgen, dass ein Baby, dessen Eltern/Angehörige unbekannt sind, (weil es zum Beispiel in einer Babyklappe abgelegt wurde), bedenkenlos getötet werden könnte. So ist es aber heute nicht und es interessiert wohl durchaus (die Gesellschaft), was mit ihm passiert. Die Frage wäre nun, ob diese heutige Sichtweise falsch ist. Ich sehe aber nichts Falsches daran. |
Ich gehe mal davon auss, dass die meisten Leute, die bei Babyklappen arbeiten, haben ein Interesse am Kind haben. Es wird bei den Babyklappen höchstwahrscheinlich nie zu Tötungen kommen, selbst wenn es erlaubt wäre. Aber faktisch gesehen interessiert es die Gesellschaft zu großen Teil einen Dreck, was mit den meisten Leuten auf diesem Planeten passiert. Wir wissen haargenau, was in bestimmten Ländern in Afrika vorgeht, und es wird offenbar nicht entschieden genug etwas dagegen unternommen. Wenn die Bildzeitung morgen titelt "Muss die kleine Mia an Hunger sterben?" zusammen mit einem Bild der kleinen, kulleräugigen Mia aus den Sudan (oder sonstwo), dann wird sie vermutlich aufgrund des großen gesellschaftlichen Engagements daraufhin nicht mehr hungern müssen. |
Hm, wir reden eigentlich nicht über das Sein, sondern über das Sollen. Die Frage wäre dann also: wäre es ethisch unbedenklich, wenn ein Baby ohne Eltern/Angehörige getötet würde? Sollten die Gesetze entsprechend geändert werden?
Über den Hunger in Afrika würde ich an dieser Stelle ebenfalls ungerne diskutieren.
musikdusche hat folgendes geschrieben: | Aber Ich finde es pervers, das Schicksal (und damit offenbar den Wert) einzelner Menschen von den Interessen anderer abhängig zu machen. Die Menschen erhalten ihren Wert durch ihr eigenes Interesse. |
Nö, wieso? Die Menschen erhalten ihren Wert durch die Zuschreibung von anderen Menschen. Dieser Wert ist eine gesellschaftliche Vereinbarung, eine gesellschaftlich beschlossene Ethik, die in Gesetzen festgehalten ist. Für mich hat ein Baby einen ebensolchen Wert wie ein erwachsener Mensch, auch wenn es noch keine bewussten Interessen hat.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#692584) Verfasst am: 27.03.2007, 15:46 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | AP's Logikfehler ist noch viel simpler. In seinem Beispiel wägt er zwei potentielle Zukunftsszenarien gegeneinander ab: die Zukunft seines Kindes, wenn es die Hausaufgaben gemacht hat, mit der Zukunft seines Kindes, wenn es die Hausaufgaben nicht gemacht hat. Es geht also um zukünftige Interessen, für deren Entstehung er verantwortlich ist und deren Nicht-Erfüllbarkeit er vermeiden will. |
Das ist kein Logikfehler. Es ging mir hier darum, darauf hinzuweisen, dass wir in unserem täglichen Leben laufend zukünftige Interessen berücksichtigen. Das hatte Musikdusche bezweifelt.
kolja hat folgendes geschrieben: | Die Schlussfolgerungen aus diesem Szenario lassen sich nicht auf niemals entstehende Interessen übertragen, denn hier werden zwei ganz andere Zukunftsszenarien gegeneinander abgewogen: eine Zukunft mit einem Menschen mit bewussten Interessen, und eine Zukunft ohne diesen Menschen. |
Wenn ich einen Menschen töte, brauche ich seine späteren Interessen nicht mehr zu berücksichtigen, denn er wird nach seinem Tode keine mehr haben. Das ist logisch. Nur folgt daraus keineswegs, dass die Tötung von Menschen, die noch keine Personen sind, ethisch unbedenklich sei.
Worauf ich hinweisen wollte: man kann sich nicht auf den Standpunkt zurückziehen, nur aktuelle Interessen seien von Belang. Das funktioniert nicht und da es nicht funktioniert, stellt sich eben gleich die Frage, warum man nicht auch zukünftige Interessen von noch nicht selbstbewussten Menschen berücksichtigen sollte.
Ich finde es falsch, einen Menschen zu töten, weil ich ihn damit seiner Zukunft beraube. Dabei sehe ich aber keinen großen Unterschied darin, ob dieser Mensch nun schon selbstbewusst ist oder noch nicht.
kolja hat folgendes geschrieben: | [...] Singers Standpunkt ist diesbezüglich auch sehr eindeutig und wird von ihm widerspruchsfrei begründet: wenn man zulässt, das bewusste Interessen entstehen (z.B. durch Kinder kriegen), trägt man Mitverantwortung für die Erfüllung dieser Interessen. |
Widerspruchsfrei begründet? Das ist eine Setzung, nichts weiter.
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Johnnyboy Stück Scheiße
Anmeldungsdatum: 26.06.2005 Beiträge: 2562
Wohnort: Babylon
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(#692589) Verfasst am: 27.03.2007, 15:54 Titel: |
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Zitat: | Triebe/Gefühle sind nicht "wirklich grundlegend" für das Verständnis der Welt |
Für eine bloße Anschauung der Welt nicht, aber für die Art und Weise wie ich mich in ihr verhalte.
Zitat: | Nein, das sehe ich anders. Es gibt keine absoluten Ziele. Ziele würde man als hypothetische Startpunkte von Simulationen setzen, deren Ergebnisse man bewertet und vergleicht, z.B. bis man eine befriedigende Konvergenz hat. Natürlich reflektieren die Ziele nur die Interessen der ethsichen Subjekte, und diese ergeben sich nun mal aus Naturgesetzen. Ein naturalistischer Fehlschluss wäre das nur für jemanden, der an Götter oder zumindest an den freien Willen glaubt. |
Gut, wenn du nicht an absolute Ziele glaubst, gibt es kein Problem.
_________________ "Das Leben des Starken erfüllt seinen Sinn, das des Schwachen seinen Zweck".
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#692594) Verfasst am: 27.03.2007, 16:00 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Worauf ich hinweisen wollte: man kann sich nicht auf den Standpunkt zurückziehen, nur aktuelle Interessen seien von Belang. |
Das tut Singer aber nicht, Du behauptest es bloß und demonstrierst es mit einem unpassenden Beispiel. Mehr wollte ich hier nicht zeigen.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Widerspruchsfrei begründet? Das ist eine Setzung, nichts weiter. |
Entgegen Deiner Behauptung lässt sich Singer Position aufgrund seiner Setzungen widerspruchsfrei begründen.
_________________ Hard work often pays off after time, but laziness always pays off now.
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Tapuak registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.02.2006 Beiträge: 1264
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(#692731) Verfasst am: 27.03.2007, 18:40 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Worauf ich hinweisen wollte: man kann sich nicht auf den Standpunkt zurückziehen, nur aktuelle Interessen seien von Belang. |
In dem Buch "Praktische Ethik" gibt es ein Kapitel, in dem Umweltfragen diskutiert werden. Ein Argument, das Singer dort für den behutsamen Umgang mit der Natur anführt, ist der Genuss, den ihr Erleben künftigen Generationen bereitet, wenn ich mich richtig erinnere. Er berücksichtigt also durchaus Interessen, die erst in Zukunft auftreten - womit deine Kritik ins Leere geht.
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Tapuak registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.02.2006 Beiträge: 1264
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(#692764) Verfasst am: 27.03.2007, 19:09 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Dies alles sind unbegründete Prämissen, die man meinetwegen auch so setzen kann, aber man sollte sich bewusst sein, dass sie eben letztlich unbegründet bleiben. |
Na und? Alles ist "letztlich unbegründet". Das heißt aber nicht, dass die Setzung von Prämissen ein Akt der völligen Willkür sein muss. Die typischen utilitaristischen Prämissen sind z.B.: "Lust ist gut" und "Leid ist schlecht". Die typisch theologische Prämisse ist z.B: "Der Mensch als Ebenbild Gottes verfügt über eine exklusive intrinsische Würde".
Beides sind Setzungen, die "letztlich unbegründet" sind. Man kann aber trotzdem rational diskutieren, welche dieser Prämissen gehaltvoller, transparenter und dergleichen ist und deswegen besser dazu geeignet ist, eine rationale, konsistente Ethik zu konstruieren. Und hier liegt der Vorteil m.E. ganz klar bei den utilitaristischen Prämissen, da sie im Gegensatz zur Leerformel "Gott" und zur Leerformel "Menschenwürde" einen relativ konkreten Gehalt haben.
Es kommt also nicht darauf an, ob die Prämissen "begründet" sind, sondern darauf, sie komparativ zu analysieren, d.h. ihre Stärken und Schwächen herauszustellen und die alternativen Prämissen auf diesem Weg zu vergleichen.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#692780) Verfasst am: 27.03.2007, 19:28 Titel: |
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Tapuak hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Worauf ich hinweisen wollte: man kann sich nicht auf den Standpunkt zurückziehen, nur aktuelle Interessen seien von Belang. |
In dem Buch "Praktische Ethik" gibt es ein Kapitel, in dem Umweltfragen diskutiert werden. Ein Argument, das Singer dort für den behutsamen Umgang mit der Natur anführt, ist der Genuss, den ihr Erleben künftigen Generationen bereitet, wenn ich mich richtig erinnere. Er berücksichtigt also durchaus Interessen, die erst in Zukunft auftreten - womit deine Kritik ins Leere geht. |
Nein, keineswegs: zukünftige Interessen von Noch-Nicht-Personen (zum Beispiel Neugeborenen) spielen nach Singer keine Rolle, dürfen in seiner Ethik auch nicht berücksichtigt werden. Das ist der Punkt, den ich nicht nachvollziehen kann. Warum sollte das so sein? Warum sollte man gegen besseres Wissen ignorieren, dass dieses Neugeborene unweigerlich zur Person mit der Bewusstseinsstufe XY (welche Singer auch immer in seiner Ethik als die Entscheidende ansetzt, ist mir völlig wurscht) heranreifen wird? Denn das wird es (sehr wahrscheinlich), falls man es nicht vorher tötet. Aber wenn man egal wen tötet, wird dieser keine künftigen Interessen mehr haben.
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#692796) Verfasst am: 27.03.2007, 19:38 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: |
Richtig, ein letztliches Sollen kann man überhaupt mit keiner Methode postulieren. Eine Ethik nach der von mir vorgeschlagenen Methode wäre immer ein letztlich dem (möglichen) Sein nachgeordnetes Sollen. Aber eben nicht nur dem aktuellen oder historischen Sein nachgeordnet, wie bei einer unreflektierten Status-quo-Naturrechtsargumentation.
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Willst du das nicht mal konkretisieren ? Was wäre den eine mögliche Zielvorstellung, bzw gehe ich davon aus, dass du einfach von einem möglichst tief gestaffelten Begründungsmuster für Rechtsnormen redest oder?
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#692814) Verfasst am: 27.03.2007, 19:48 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Tapuak hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Worauf ich hinweisen wollte: man kann sich nicht auf den Standpunkt zurückziehen, nur aktuelle Interessen seien von Belang. |
In dem Buch "Praktische Ethik" gibt es ein Kapitel, in dem Umweltfragen diskutiert werden. Ein Argument, das Singer dort für den behutsamen Umgang mit der Natur anführt, ist der Genuss, den ihr Erleben künftigen Generationen bereitet, wenn ich mich richtig erinnere. Er berücksichtigt also durchaus Interessen, die erst in Zukunft auftreten - womit deine Kritik ins Leere geht. |
Nein, keineswegs: zukünftige Interessen von Noch-Nicht-Personen (zum Beispiel Neugeborenen) spielen nach Singer keine Rolle, dürfen in seiner Ethik auch nicht berücksichtigt werden. Das ist der Punkt, den ich nicht nachvollziehen kann. Warum sollte das so sein? Warum sollte man gegen besseres Wissen ignorieren, dass dieses Neugeborene unweigerlich zur Person mit der Bewusstseinsstufe XY (welche Singer auch immer in seiner Ethik als die Entscheidende ansetzt, ist mir völlig wurscht) heranreifen wird? Denn das wird es (sehr wahrscheinlich), falls man es nicht vorher tötet. Aber wenn man egal wen tötet, wird dieser keine künftigen Interessen mehr haben. |
Ach das ist tatsächlich so? Dann ist Singer aber leicht anzugreifen... Ich bin davon ausgegangen, dass er diese Banalität in irgendeinem Nebensatz klärt.
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Malone auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 02.09.2004 Beiträge: 5269
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(#692831) Verfasst am: 27.03.2007, 19:58 Titel: |
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Interesse ist dadurch definiert, dass eine Person prinzipiell dazu in der Lage ist, einen Vorher-Nachher-Vergleich durchzuführen, und nicht ob sie es nach einem wie auch immer gearteten Vorfall tatsächlich kann.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#692875) Verfasst am: 27.03.2007, 20:28 Titel: |
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Malone hat folgendes geschrieben: | Interesse ist dadurch definiert, dass eine Person prinzipiell dazu in der Lage ist, einen Vorher-Nachher-Vergleich durchzuführen, und nicht ob sie es nach einem wie auch immer gearteten Vorfall tatsächlich kann. |
Was ist eine Person, bzw. was genau muß erfüllt sein, damit sie "prinzipiell" in der Lage ist?
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Malone auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 02.09.2004 Beiträge: 5269
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(#692887) Verfasst am: 27.03.2007, 20:43 Titel: |
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Steht doch alles in dem Wiki-Artikel, und den Definitionen kann ich mich auch anschließen:
Zitat: | Im Anschluss an John Locke entfaltet Singer seinen Personenbegriff. Dies ist konstitutiv für seinen ethischen Ansatz. Eine Person ist demnach ein Lebewesen, das sich seiner selbst bewusst, empfindungsfähig und autonom ist sowie ein Interesse an etwas hat.
Besonderes Augenmerk liegt hier auf der Leitkategorie Interesse. Ob jemand ein Interesse hat, wird deutlich, wenn jemand z.B. an einem Zeitpunkt T1 irgendeinen Wunsch hegt, dessen Erfüllung er selbst zum Zeitpunkt T2 überprüfen kann. Es geht um ein kontinuierliches Identitätsbewusstsein über die Zeit hinweg, also als eine „distinkte Entität in der Zeit“.
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