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Kramer postvisuell
Anmeldungsdatum: 01.08.2003 Beiträge: 30878
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(#694953) Verfasst am: 30.03.2007, 03:04 Titel: |
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Kival hat folgendes geschrieben: | Ich begründe das Verbot der Säuglingstötung doch damit, dass es unser Interesse ist, dass die Tötungshemmung bestehen bleibt? Genauso wie es in unserem Interesse ist, nicht getötet zu werden, normalerweise. Von einer Heiligkeit des Lebens ohne ein bestehendes Interesse daran halte ich nicht allzuviel. |
Ich spreche nicht von einer Heiligkeit des Lebens, sondern von einem Recht auf Leben. Und ich behaupte, dass eine Regelung, wer ein Recht auf Leben hat, auch die irrational-emotionale Komponente des Menschseins berücksichtigen muss.
Dazu gehört z.B. die Frage, ob wir wirklich in einer besseren Welt leben, wenn wir Menschen zu Spezialisten ausbilden, die behinderte Säuglinge nach der Geburt töten, anstatt Menschen zu Spezialisten auszubilden, die behinderte Menschen betreuen. Es kann jedem gesunden Menschen passieren, dass er z.B. wegen eines Schlaganfalls zu einen Pflegefall wird, dessen eigene Interesse dann mit den Interessen der Gesellschaft und den Interessen seiner Angehörigen konkurrieren.
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#694956) Verfasst am: 30.03.2007, 03:09 Titel: |
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Singer ist sehr dafür die INteressen Behinderter mehr zu beachten! Das schreibt er wirklich mehrfach.
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Und ICH bin doch mittlerweile dagegen, selbst im Schwerstfalle Babys zu töten. Wegen der Tötungshemmung. Oder darf man seine Meinung nicht mal mehr ändern? Mir gefiel das ganze doch eh schon nicht...
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#694985) Verfasst am: 30.03.2007, 08:40 Titel: |
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Kramer hat folgendes geschrieben: | Dazu gehört z.B. die Frage, ob wir wirklich in einer besseren Welt leben, wenn wir Menschen zu Spezialisten ausbilden, die behinderte Säuglinge nach der Geburt töten, anstatt Menschen zu Spezialisten auszubilden, die behinderte Menschen betreuen. |
Genau, diese und ähnliche Fragen muß man sich stellen.
Kramer hat folgendes geschrieben: | Es kann jedem gesunden Menschen passieren, dass er z.B. wegen eines Schlaganfalls zu einen Pflegefall wird, dessen eigene Interesse dann mit den Interessen der Gesellschaft und den Interessen seiner Angehörigen konkurrieren. |
Genau deswegen gibt es ein indirektes Interesse der meisten Menschen, Kranke, Schlafende, Unfallbehinderte usw. zu schützen. Die ist nicht irrational, sondern kann begründbarer Bestandteil einer Ethik sein.
Niemand von uns kann aber durch einen Unfall zu einem Embryo werden. Das indirekte Interesse am Schutz von Embryonen (nur mal als Beispiel) kommt nur aus der Möglichkeit, selbst Kinder zu zeugen, wird also abgedeckt mit dem Schutz des Embryos im akuten Interessefall der Eltern.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#694992) Verfasst am: 30.03.2007, 09:26 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Die ist nicht irrational, sondern kann begründbarer Bestandteil einer Ethik sein.
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fühlst du dich eigentlich besser, wenn du solche Märchen erzählst? Du hast offensichtlich keinen Schimmer. In der analytischen Ethik interessiert sich keine Sau für 'Begründungen'.
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Xamanoth auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 07.04.2006 Beiträge: 7962
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(#694998) Verfasst am: 30.03.2007, 09:49 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
Meine andere Frage bezieht sich auf das Lebensrecht eines Säuglings, dessen Eltern ihn aus welchen Gründen auch immer nicht mehr wollen. Wie begründet Singer dieses Lebensrecht in einem solchen Falle? Oder ist es nach seiner Auffassung ethisch unbedenklich, ihn zu töten? |
Ja. Es wäre unbedenklich, so lange der Säugling noch so jung ist, dasss er kein nennenswertes bewusstsein hat.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#695012) Verfasst am: 30.03.2007, 10:40 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Wenn ein Säugling zur selben Kategorie wie eine Schnecke gehört |
Der eine von Dir zitierte Satz sollte plakativ die Tatsache illustrieren, dass Säuglinge keine bewussten Zukunftswünsche haben können. Ansonsten unterscheiden sich Säuglinge natürlich von Schnecken, z.B. durch ihre Empfindungsfähigkeit, und diese Tatsache wird von Singer nicht ignoriert, wie man es aufgrund Deines selektiven Zitats leicht vermuten könnte. Darum meine Kritik.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | und daher Singers Meinung nach beide ganz selbstverständlich dieselben Rechte haben sollen |
Immer wieder der gleiche Fehlschluss. Lies' selber bei Singer nach, was er über die Tötung von empfindungsfähigen Leben im Allgemeinen denkt, wenn es Dich wirklich interessiert. Er stützt sich aber in seiner sonstigen Argumentation nicht auf seinen eigenen diesbezüglichen Standpunkt, sondern verwendet lediglich das Argument, dass die Tötung eines Säuglings nicht schlimmer sein kann als die Tötung eines anderen Lebewesens auf vergleichbarer Stufe der Empfindungsfähigkeit oder Bewusstheit. Es überlässt es also zum Teil der Wertung des Lesers, ob dieser die Tötung eines solchen Wesens für ethisch unbedenklich halten würde, bzw. ob er sich Interessen einer Person vorstellen kann, durch die dieses gerechtfertigt wäre. Und schon gar nicht behauptet er, ein Säugling wäre hinsichtlich seiner Empfindungsfähigkeit mit einer Schnecke vergleichbar.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | und nun Shevek meint, das Lebensrecht dieses Säuglings sei bereits durch das Interesse eines einzigen Menschen gegeben, dann muss logischerweise nach Singer exakt dasselbe für die Schnecken im Garten meines Nachbarn gelten. |
Wenn Du ernsthaft der Meinung bist, dass die emotionale Bindung eines Menschen an die Schnecken in seinem Garten in ihrer Intensität (und damit in ihrer Gewichtung!) vergleichbar wäre mit der emotionalen Bindung eines Menschen an seinen Säugling, dann kann ich Dir auch nicht mehr helfen. Aber wenn jemand seine Schnecken tatsächlich so sehr lieben würde wie andere ihren Säugling, dann wäre es folglich genauso falsch, seine Schnecken zu töten.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Meine andere Frage bezieht sich auf das Lebensrecht eines Säuglings, dessen Eltern ihn aus welchen Gründen auch immer nicht mehr wollen. Wie begründet Singer dieses Lebensrecht in einem solchen Falle? |
Auch das wurde hier im Thread bereits beantwortet. Mit dem Vorhandensein von Menschen, die ein Interesse an der Adoption von Säuglingen haben.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Nehmen wir an, in einem fiktiven Land, nennen wir es Indien, würden viele weibliche Säuglinge kurz nach der Geburt getötet, weil die Eltern lieber Jungs haben möchten. Wie wäre dieses Verhalten nach den Prämissen von Singer zu bewerten? Ethisch unbedenklich, weil es noch keine Personen sind, oder? Wenn nein, warum nicht? |
Zunächst sollte es doch recht offensichtlich sein, dass durch die systematische Tötung von Säuglingen nur eines Geschlechts zumindest mittelbar sehr schwerwiegende Interessen von sehr vielen Personen verletzt werden. Des weiteren gehe ich davon aus, dass auch in den betreffenden indischen Familien Interessen von Personen verletzt werden, weil diese, wie wir wissen, vor allem aus materiellen Zwangslagen heraus handeln.
Das fiktive Szenario würde als erst im gewünschten Sinne als Einwand ziehen, wenn es überhaupt niemanden gäbe, dessen Interessen direkt oder indirekt dadurch verletzt würden. Ein solches Szenario ist als Einwand aber absurd, dahinter steckt im wesentlichen das Verlangen nach im luftleeren Raum schwebenden absoluten Werten, die in jeder theoretisch denkbaren Welt gleichermaßen funktionieren müssen. Insbesondere muss man die als besser hingestellten klassischen Menschenrechte gegenüberstellen und sich fragen, inwiefern diese in dieser fiktiven Gesellschaft besser funktionieren würden.
Was genau ein Mensch ist, ist ja überhaupt nicht klar definiert, sondern wurde und wird auch hierzulande passend zurechtgedeutet. Irgendwann einmal waren selbst befruchtete Eizellen schon Menschen und für viele sind sie das heute noch, aber zumindest werden sie heute nicht mehr konsequent so behandelt, eher wird bedarfslogisch an der Definition "Mensch" herumgedeutet, um der mittlerweile verbreiteten Akzeptanz von Schwangerschaftsabbrüchen gerecht zu werden. Auf solch einer schwammigen Basis hätte eine fiktive Gesellschaft wohl auch keine Probleme, Infantizid zu legitimieren, z.B. indem die Grenze der Menschwerdung entsprechend verschoben würde.
_________________ Hard work often pays off after time, but laziness always pays off now.
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#695034) Verfasst am: 30.03.2007, 11:59 Titel: |
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Semnon hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Die ist nicht irrational, sondern kann begründbarer Bestandteil einer Ethik sein.
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fühlst du dich eigentlich besser, wenn du solche Märchen erzählst? Du hast offensichtlich keinen Schimmer. In der analytischen Ethik interessiert sich keine Sau für 'Begründungen'. |
Der Rekurs auf Bedürfnisse/den Willen der Leute ist eine Begründung. Dass man Rekurs darauf nimmt ist nicht logisch herleitbar aber vernünftig, weil es Ethik überhaupt nur gibt, weil Menschen Interessen haben. Die faktische Gebundenheit von Ethik an Interessen macht eine Interessenethik (wie auch immer die dann konkret aussieht) m. E. plausibel. Es geht step und keinem von uns um Letztbegründungen.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#695038) Verfasst am: 30.03.2007, 12:19 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | und daher Singers Meinung nach beide ganz selbstverständlich dieselben Rechte haben sollen |
Immer wieder der gleiche Fehlschluss. Lies' selber bei Singer nach, was er über die Tötung von empfindungsfähigen Leben im Allgemeinen denkt, wenn es Dich wirklich interessiert. Er stützt sich aber in seiner sonstigen Argumentation nicht auf seinen eigenen diesbezüglichen Standpunkt, sondern verwendet lediglich das Argument, dass die Tötung eines Säuglings nicht schlimmer sein kann als die Tötung eines anderen Lebewesens auf vergleichbarer Stufe der Empfindungsfähigkeit oder Bewusstheit. Es überlässt es also zum Teil der Wertung des Lesers, ob dieser die Tötung eines solchen Wesens für ethisch unbedenklich halten würde, bzw. ob er sich Interessen einer Person vorstellen kann, durch die dieses gerechtfertigt wäre. Und schon gar nicht behauptet er, ein Säugling wäre hinsichtlich seiner Empfindungsfähigkeit mit einer Schnecke vergleichbar. |
Okay, ich ziehe das mit den Schnecken zurück. Nehmen wir also statt dessen ein Kaninchen. Ich bin der Meinung, dass die Tötung eines Säuglings ethisch bedenklicher ist, als die Tötung eines Kaninchens, da dieser von meiner Art ist, ich früher auch ein Säugling war und sich der Säugling ebenso entwickeln wird, wie ich das getan habe.
kolja hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | und nun Shevek meint, das Lebensrecht dieses Säuglings sei bereits durch das Interesse eines einzigen Menschen gegeben, dann muss logischerweise nach Singer exakt dasselbe für die Schnecken im Garten meines Nachbarn gelten. |
Wenn Du ernsthaft der Meinung bist, dass die emotionale Bindung eines Menschen an die Schnecken in seinem Garten in ihrer Intensität (und damit in ihrer Gewichtung!) vergleichbar wäre mit der emotionalen Bindung eines Menschen an seinen Säugling, dann kann ich Dir auch nicht mehr helfen. Aber wenn jemand seine Schnecken tatsächlich so sehr lieben würde wie andere ihren Säugling, dann wäre es folglich genauso falsch, seine Schnecken zu töten. |
Wir können gerne die Schnecken auch hier mit Kaninchen ersetzen. Du verdrehst übrigens meine Frage. Es geht nicht darum, dass jemand seine Kaninchen sehr liebt, denn dann wäre es logisch, dass er sie nicht tötet. Es geht darum, dass jemand seine Kaninchen töten möchte und darum, inwieweit das Interesse eines anderen ihm dies verwehren kann.
kolja hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Meine andere Frage bezieht sich auf das Lebensrecht eines Säuglings, dessen Eltern ihn aus welchen Gründen auch immer nicht mehr wollen. Wie begründet Singer dieses Lebensrecht in einem solchen Falle? |
Auch das wurde hier im Thread bereits beantwortet. Mit dem Vorhandensein von Menschen, die ein Interesse an der Adoption von Säuglingen haben. |
Wenn also jemand Interesse an der Adoption der Kaninchen hat, haben sie ein Lebensrecht?
kolja hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Nehmen wir an, in einem fiktiven Land, nennen wir es Indien, würden viele weibliche Säuglinge kurz nach der Geburt getötet, weil die Eltern lieber Jungs haben möchten. Wie wäre dieses Verhalten nach den Prämissen von Singer zu bewerten? Ethisch unbedenklich, weil es noch keine Personen sind, oder? Wenn nein, warum nicht? |
Zunächst sollte es doch recht offensichtlich sein, dass durch die systematische Tötung von Säuglingen nur eines Geschlechts zumindest mittelbar sehr schwerwiegende Interessen von sehr vielen Personen verletzt werden. |
Also wäre es schon mal besser, nach Geschlechtern gleichverteilt zu töten?
kolja hat folgendes geschrieben: | Des weiteren gehe ich davon aus, dass auch in den betreffenden indischen Familien Interessen von Personen verletzt werden, weil diese, wie wir wissen, vor allem aus materiellen Zwangslagen heraus handeln. |
Dieser Einwand ist nicht gültig. Wenn das Töten von Säuglingen deswegen ethisch unbedenklich ist, weil sie noch keine Personen sind, dann gibt es alleine aus dieser Töterei noch keinen Handlungsbedarf.
kolja hat folgendes geschrieben: | Das fiktive Szenario würde als erst im gewünschten Sinne als Einwand ziehen, wenn es überhaupt niemanden gäbe, dessen Interessen direkt oder indirekt dadurch verletzt würden. Ein solches Szenario ist als Einwand aber absurd, dahinter steckt im wesentlichen das Verlangen nach im luftleeren Raum schwebenden absoluten Werten, die in jeder theoretisch denkbaren Welt gleichermaßen funktionieren müssen. |
Singer argumentiert sehr viel mehr im luftleeren Raum, wenn er einen Säugling unter kompletter Ausklammerung der sonstigen realen Umstände mit einem anderen empfindungsfähigen Lebewesen gleichsetzt.
Halten wir erst einmal nur fest, dass nach Singer das Lebensrecht eines Säuglings vollkommen von den (schwankenden) Interessen anderer abhängig ist. Es ist durchaus denkbar, dass durch die Tötung eines Säugling andere Interessen nicht verletzt werden. Allerdings kommt es natürlich darauf an, wie man diese Interessen feststellt, als wie berechtigt man sie einstuft und wie man sie gewichtet.
Der Einwand, Eltern würden ihre Kinder sowieso lieben und sie daher nicht eh nicht töten, ist durch die Realität widerlegt. Es gibt nun mal Tötungen von Säuglingen durch die Eltern. Wie also sollte man sie bewerten? Sollte eine Säuglingstötung als weniger schlimm angesehen werden als die Tötung eines Erwachsenen? Das müsste man eigentlich konsequenterweise, wenn man Singers Prämissen folgt. Sollte sich dies auch in den Gesetzen niederschlagen? Ich meine zumindest, dass Gesetze die Ethik einer Gesellschaft widerspiegeln sollten.
kolja hat folgendes geschrieben: | Insbesondere muss man die als besser hingestellten klassischen Menschenrechte gegenüberstellen und sich fragen, inwiefern diese in dieser fiktiven Gesellschaft besser funktionieren würden.
Was genau ein Mensch ist, ist ja überhaupt nicht klar definiert, sondern wurde und wird auch hierzulande passend zurechtgedeutet. |
Ja, eindeutige Definitionen und eindeutige Grenzziehungen sind im wirklichen Leben sehr schwierig, bzw. sogar unmöglich. Das stimmt. Es mag sein, dass Dich das nicht befriedigt und Du eine Sehnsucht nach einer Vereinfachung des Lebens hast. Nur ist diese nicht möglich. Auch für Singer nicht, denn er hat mit seinen Interessen und vor allem aber der Gewichtung der Interessen dasselbe Problem. Diese sind nicht eindeutig festlegbar und unterliegen daher persönlichen Deutungen.
Der wesentliche Unterschied zwischen Singer und dem Prinzip der Menschenwürde ist einfach der, dass ersterer die Rechte von (schwammigen und auslegbaren) Interessen abhängig macht, zweiteres bestimmte Rechte jedoch Menschen ohne weitere Bedingungen zuweist. Jeder mag nun entscheiden, was besser ist. Bestimmte grundlegende Rechte ohne wenn und aber zu haben oder jederzeit selbst in den grundlegendsten Rechten von den Interessen anderer abhängig zu sein, deren Gewichtung immer nebulös bleiben muss.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#695077) Verfasst am: 30.03.2007, 14:54 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich bin der Meinung, dass die Tötung eines Säuglings ethisch bedenklicher ist, als die Tötung eines Kaninchens, da dieser von meiner Art ist, ich früher auch ein Säugling war und sich der Säugling ebenso entwickeln wird, wie ich das getan habe. |
Warum soll ich meine Artgenossen ethisch bevorzugen? Sind in einem weiteren Sinne nicht alle Säugetiere oder sogar alle empfindungsfähigen Wesen meine Artgenossen? Sind in einem engeren Sinne nicht bloß weiße deutsche Männer meine Artgenossen? Warum ist die eine Grenzziehung besser als eine andere? Und warum soll ein Potential, zu dem zu werden, was ich bin, einen besonderen Wert haben? Und wenn es einen haben sollte, wie kann ich dann die Vernichtung des gleichen Potentials in einer Zygote noch für unbedenklich halten? Die Diskussion hatten wir schon öfter, diese Begründungen sind bedarfslogisch und rational nicht nachvollziehbar.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Es geht darum, dass jemand seine Kaninchen töten möchte und darum, inwieweit das Interesse eines anderen ihm dies verwehren kann. [...] Wenn also jemand Interesse an der Adoption der Kaninchen hat, haben sie ein Lebensrecht? |
Es gibt viele Menschen, die aus irgendwelchen Gründen keine Kinder haben können und darum dringend an Adoptionen interessiert sind. Ich kann nicht erkennen, wie sich das auf Kaninchen übertragen lässt. Weder sind Kaninchen eine ähnlich seltenes Gut, noch scheint mir der Wunsch nach einem Kaninchen in seiner Intensität und Dauerhaftigkeit irgendwie mit dem dringlichen Wunsch von Kinderlosen nach einem Kind vergleichbar zu sein. Wären Kaninchen ein sehr seltenes Gut, und würde Erfüllung und Lebenssinn von Menschen am Vorhandensein von genügend Kaninchen scheitern, dann wäre es wohl auch ähnlich verwerflich, einfach so ein Kaninchen zu töten.
kolja hat folgendes geschrieben: | Des weiteren gehe ich davon aus, dass auch in den betreffenden indischen Familien Interessen von Personen verletzt werden, weil diese, wie wir wissen, vor allem aus materiellen Zwangslagen heraus handeln. |
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Dieser Einwand ist nicht gültig. Wenn das Töten von Säuglingen deswegen ethisch unbedenklich ist, weil sie noch keine Personen sind, dann gibt es alleine aus dieser Töterei noch keinen Handlungsbedarf. |
Du verstehst die Logik des Konsequentialismus und der Berücksichtigung von Interessen nicht. Wenn die Eltern (wie von mir unterstellt) ein Interesse (z.B. wegen einer emotionalen Bindung) am Weiterleben der Säuglinge haben, dann würde dieses Interesse durch die Tötung in jedem Fall verletzt. Dass sie selber die Entscheidung treffen, ihr eigenes Interesse zu verletzen, weil sie sich durch Umstände wie Armut oder gesellschaftlichen Druck dazu gezwungen fühlen, ändert nichts daran, dass die Interessenverletzung stattfindet. Es wird nur schwieriger, einen Verantwortlichen auszumachen. Ethisch verwerflich handeln meiner Meinung nach vor allem diejenigen, die diese Zwangslage herbeiführen, tolerieren oder davon profitieren.
Es kann natürlich sein, dass diese konsequentialistische Sichtweise nicht so gut Dein Bedürfnis befriedigen kann, einen persönlich Schuldigen (z.B. die Eltern) ausfindig zu machen. Aber zumindest kannst Du dieser Sichtweise nicht ankreiden, dass sie einer solchen Gesellschaft neutral gegenübersteht.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Es mag sein, dass Dich das nicht befriedigt und Du eine Sehnsucht nach einer Vereinfachung des Lebens hast. |
Das ist schon amüsant. Weiter oben hattest Du noch kritisiert, Singers System wäre nicht allgemeinverständlich genug.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Nur ist diese nicht möglich. Auch für Singer nicht, denn er hat mit seinen Interessen und vor allem aber der Gewichtung der Interessen dasselbe Problem. Diese sind nicht eindeutig festlegbar und unterliegen daher persönlichen Deutungen. Der wesentliche Unterschied zwischen Singer und dem Prinzip der Menschenwürde ist einfach der, dass ersterer die Rechte von (schwammigen und auslegbaren) Interessen abhängig macht, zweiteres bestimmte Rechte jedoch Menschen ohne weitere Bedingungen zuweist. Jeder mag nun entscheiden, was besser ist. Bestimmte grundlegende Rechte ohne wenn und aber zu haben oder jederzeit selbst in den grundlegendsten Rechten von den Interessen anderer abhängig zu sein, deren Gewichtung immer nebulös bleiben muss. |
Das ist irreführend dargestellt. Singer fordert doch nicht, solche Überlegungen in jedem Einzelfall von jedem persönlich treffen zu lassen. Auch nach seiner Vorstellung muss es letztlich verbindliche gesetzliche Regelungen geben, und diese müssten zwecks Praktikabilität natürlich auch von Einzelfällen abstrahiert und allgemein verbindlich sein, Grenzen sollten im Zweifel weit auf der sicheren Seite gezogen werden, usw. Einer Abwägung müsste letztlich eine gesellschaftliche Gesamtsituation zu Grunde liegen, und das wäre aufgrund handfester Kriterien nachvollziehbarer und weniger schwammig, als wenn heute mal wieder darüber gestritten wird, wie "menschlich" Zellhaufen sind, oder wenn mittels Ausnahmeregelungen wie "psychischer Belastung" Hintertürchen in Gesetzen geschaffen werden, die man anders nicht los wird, usw.
Der Appell an den Leser in den letzten beiden Sätzen ist übrigens komplett neben der Spur, denn bei Singer sind die Rechte von Personen ja nun mal per se nicht von den Interessen anderer abhängig.
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Zuletzt bearbeitet von kolja am 30.03.2007, 15:29, insgesamt 3-mal bearbeitet |
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#695084) Verfasst am: 30.03.2007, 15:23 Titel: Re: akzeptieren hin oder her |
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Semnon hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: |
Die Begründung für humanes Handeln und humane Lebenverhältnisse kann sehr wohl gegeben werden. Beweis: Es gibt objektive, lebewesen- und entwcklungsspezifische Lebensbedürfnisse, die einen direkten Bezug zum Wohlergehen eines Lebewesens haben. |
Ja und warum soll man Lebensbedürfnisse respektieren? Warum soll es mich kümmern, ob es jemandem schlecht oder gut geht? So lange die gesamte Gesellschaft von Grausamkeiten nicht existentiell bedroht ist... |
Hört sich so an wie "du bist nichts, deine Gesellschaft ist alles!"
Aber hat denn die Gesellschaft irgendein Streben, gar ein Bewusstsein? Doch wohl kaum, oder?
Warum also ist denn eine Gesellschaft erhaltenswert?
Diese muss sich doch vor dem Menschen rechtfertigen und nicht der Mensch vor der Gesellschaft.
du kannst kein Recht begründen, das instinktive Streben, die Lebenstriebe anderer Menschen, zu leugnen (wie Singer es etwa bei Säuglingen tut) oder gar mitsamt der physiologischen Basis einfach mal eben so zu vernichten.
Da du also das Recht auf Leben nicht bestreiten kannst (durch ein Gegen-Recht zu töten), ist es fast müßig, jenes noch extra zu legitimieren.
Ich finde, dass nach der Entthronung aller Götter nicht mehr Gott, sondern der Mensch selbst dem Menschen das höchste Wesen sein muss, wobei hier Gleichheit und Demokratie die alten Gebote ersetzen müssen.
Das reale lebendige Streben des Lebendigen ersetzt sozusagen die alten verdorrten Worte der Propheten. Und damit entsteht die Chance einer neuen humanistischen Moral, die eben nicht auf reinen Setzungen (zum Schutze der herrschenden Ordnung), sondern auf realen, objektiven menschlichen (und meinetwegen auch tierischen) Lebensbedürfnissen fußt.
Fatal wäre es, das Kind mit dem Bade auszuschütten und nach dem Ende der göttlichen Moral, die Moral als solche zu beseitigen ...-
Skeptiker
_________________ °
K.I.Z - Frieden
Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video
Informationsstelle Militarisierung e.V.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#695108) Verfasst am: 30.03.2007, 16:48 Titel: |
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@kolja
Warum fällt es Dir eigentlich so schwer, hier eine klare Antwort darauf zu geben, wie sich die Singer'che Ethik zu einem eindeutigen Szenario verhält.
Vorausgesetzt
- es gibt einen gesellschaftlichen Konsens über die Wertlosigkeit von Menschen mit bestimmten Merkmalen (blond)
- jedoch es gibt eine bestimmte Quote blondgeborener Kinder (sogar die leiblichen Mütter schämen sich für dieses "Versehen")
- niemand in dieser Gesellschaft hat ein Interesse daran, blondgeborene Kinder am Leben zu erhalten
- deswegen werden alle blonden Kinder innerhalb der ersten Woche nach der Geburt schmerzfrei getötet
...
Wie wird das töten sowohl dieser Kinder (in toto), als auch eines Kindes speziell (es mag sein, Du möchtest beide Fragen differenzieren) nach der Singer'chen Ethik bewertet?
Wenn Du den Gegnern dieser Ethik ein falsches Verständnis vorwirfst, dann meine ich, daß Du in der Pflicht stehst, hier eine eindeutige Antwort nach Singer zu liefern, die nach Deiner Meinung zutreffend interpretiert.
Falls Du diese klare Antwort auf das obige Szenario bereits gegeben hast, dann nehme ich diesen Vorwurf zurück, bitte aber um einen Hinweis, wo ich sie finden kann.
Xamanoth hat zum Beispiel eine in ihrer Klarheit angenehme Antwort gegeben. Step auch indirekt (mit dem Hinweis auf die sowieso realen desaströsen ethischen Verhältnisse).
Bevor wir nämlich eine Antwort bekommen (die Du für zutreffend hältst), können wir erst gar nicht über ethische Implikationen und Folgerungen anfangen zu diskutieren. Beispielweise über die Frage, welche Kriterien für die Beurteilung eines ethischen Systems wir überhaupt gelten lassen wollen. Andeutungsweise habe ich schonmal geschrieben, daß ich Schwierigkeiten habe, Widerspruchsfreiheit als maßgebliches Kriterium anzuerkennen (denn die Verhältnisse könnten ja widersprüchlich sein). Aber wir kommen gar nicht so weit, darüber zu sprechen.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#695111) Verfasst am: 30.03.2007, 16:57 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich bin der Meinung, dass die Tötung eines Säuglings ethisch bedenklicher ist, als die Tötung eines Kaninchens, da dieser von meiner Art ist, ich früher auch ein Säugling war und sich der Säugling ebenso entwickeln wird, wie ich das getan habe. |
Warum soll ich meine Artgenossen ethisch bevorzugen? Sind in einem weiteren Sinne nicht alle Säugetiere oder sogar alle empfindungsfähigen Wesen meine Artgenossen? Sind in einem engeren Sinne nicht bloß weiße deutsche Männer meine Artgenossen? Warum ist die eine Grenzziehung besser als eine andere? |
Meine Ethik ist nicht auf meine Art beschränkt, sondern sieht einen besonderen Status für vernunftbegabte Wesen vor, die Ansprechpartner und Umsetzer einer Ethik sind. Das kann auch der hypothetische Besucher von einem fremden Stern sein. Nur gehören Tiere eben nicht dazu, denn sie sind nicht in der Lage, zu reflektieren und eine Ethik umzusetzen. Sie sind sehr wohl aber ebenfalls in einer Ethik zu berücksichtigen, d.h. ihre Empfindungsfähigkeit und sonstigen Fähigkeiten sollten in einer Ethik berücksichtigt werden.
kolja hat folgendes geschrieben: | Und warum soll ein Potential, zu dem zu werden, was ich bin, einen besonderen Wert haben? Und wenn es einen haben sollte, wie kann ich dann die Vernichtung des gleichen Potentials in einer Zygote noch für unbedenklich halten? Die Diskussion hatten wir schon öfter, diese Begründungen sind bedarfslogisch und rational nicht nachvollziehbar. |
Für mich spielt auch der Beginn der Empfindungsfähigkeit eine Rolle. Sobald ein Mensch Gefühle und Empfindungen entwickelt, finde ich seine Tötung nicht mehr unbedenklich. Sobald ein Mensch geboren ist, sollte er meiner Meinung nach ein Mitglied der Gesellschaft sein und die vollen Rechte der anderen Mitglieder der Gesellschaft zugesprochen bekommen. Ein Säugling hat meiner Meinung nach schon eine Persönlichkeit, er entwickelt sich jeden Tag ein Stück weiter hin zu einem vernunftbegabten Wesen. Diese Entwicklung zu unterbrechen erschiene mir falsch.
kolja hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Es geht darum, dass jemand seine Kaninchen töten möchte und darum, inwieweit das Interesse eines anderen ihm dies verwehren kann. [...] Wenn also jemand Interesse an der Adoption der Kaninchen hat, haben sie ein Lebensrecht? |
Es gibt viele Menschen, die aus irgendwelchen Gründen keine Kinder haben können und darum dringend an Adoptionen interessiert sind. Ich kann nicht erkennen, wie sich das auf Kaninchen übertragen lässt. Weder sind Kaninchen eine ähnlich seltenes Gut, noch scheint mir der Wunsch nach einem Kaninchen in seiner Intensität und Dauerhaftigkeit irgendwie mit dem dringlichen Wunsch von Kinderlosen nach einem Kind vergleichbar zu sein. Wären Kaninchen ein sehr seltenes Gut, und würde Erfüllung und Lebenssinn von Menschen am Vorhandensein von genügend Kaninchen scheitern, dann wäre es wohl auch ähnlich verwerflich, einfach so ein Kaninchen zu töten. |
Das kommt mir absurd vor: Das Lebensrecht eines Säuglings von der aktuellen Nachfrage nach Adoptionen abhängig zu machen. Es bedeutet ja anders herum, dass in einem Lande, in dem elternlose Säuglinge kein "seltenes Gut" sind, wie Du sagst, es ebenso wenig verwerflich ist, diese zu töten, wie es heute als wenig verwerflich angesehen wird, Kaninchen zu töten.
kolja hat folgendes geschrieben: | kolja hat folgendes geschrieben: | Des weiteren gehe ich davon aus, dass auch in den betreffenden indischen Familien Interessen von Personen verletzt werden, weil diese, wie wir wissen, vor allem aus materiellen Zwangslagen heraus handeln. |
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Dieser Einwand ist nicht gültig. Wenn das Töten von Säuglingen deswegen ethisch unbedenklich ist, weil sie noch keine Personen sind, dann gibt es alleine aus dieser Töterei noch keinen Handlungsbedarf. |
Du verstehst die Logik des Konsequentialismus und der Berücksichtigung von Interessen nicht. Wenn die Eltern (wie von mir unterstellt) ein Interesse (z.B. wegen einer emotionalen Bindung) am Weiterleben der Säuglinge haben, dann würde dieses Interesse durch die Tötung in jedem Fall verletzt. Dass sie selber die Entscheidung treffen, ihr eigenes Interesse zu verletzen, weil sie sich durch Umstände wie Armut oder gesellschaftlichen Druck dazu gezwungen fühlen, ändert nichts daran, dass die Interessenverletzung stattfindet. |
Da ist sicherlich etwas dran, d.h. die Tötungen weisen auf Defizite in der Gesellschaft hin und deswegen sollten die Lebensumstände der Eltern verbessert werden. Nur geht es ja um die ethische Beurteilung der Tötungen. Nehmen wir an, die Lebensumstände könnten nicht ad hoc verbessert werden. Sind denn die Tötungen bis zu dem Zeitpunkt, wo alle Defizite der Gesellschaft beseitigt ist, ein ethisches Problem oder nicht? Sollte sofort darauf hingearbeitet werden, dass sie aufhören oder muss man erst einmal irgendwo stichhaltige Interessen gegen diese Tötungen finden?
kolja hat folgendes geschrieben: | Es kann natürlich sein, dass diese konsequentialistische Sichtweise nicht so gut Dein Bedürfnis befriedigen kann, einen persönlich Schuldigen (z.B. die Eltern) ausfindig zu machen. Aber zumindest kannst Du dieser Sichtweise nicht ankreiden, dass sie einer solchen Gesellschaft neutral gegenübersteht. |
Hm, okay, ich sehe das mal als Retourkutsche auf meine Unterstellung gegenüber Dir:
kolja hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Es mag sein, dass Dich das nicht befriedigt und Du eine Sehnsucht nach einer Vereinfachung des Lebens hast. |
Das ist schon amüsant. Weiter oben hattest Du noch kritisiert, Singers System wäre nicht allgemeinverständlich genug.  |
Das war ein ad hominem von mir. Tut mir leid, ich nehme das wieder zurück, ich möchte Dir nichts unterstellen. Das ist kein fruchtbarer Diskussionsstil.
kolja hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | [...] Jeder mag nun entscheiden, was besser ist. Bestimmte grundlegende Rechte ohne wenn und aber zu haben oder jederzeit selbst in den grundlegendsten Rechten von den Interessen anderer abhängig zu sein, deren Gewichtung immer nebulös bleiben muss. |
[...]
Der Appell an den Leser in den letzten beiden Sätzen ist übrigens komplett neben der Spur, denn bei Singer sind die Rechte von Personen ja nun mal per se nicht von den Interessen anderer abhängig. |
Doch, das habe ich so verstanden. Leider finde ich die Stelle nicht mehr. Rechte ergeben sich aus der Summe der Interessen, wobei das Interesse eines Subjektes, zu leben, sehr hoch gewichtet wird. Jedoch kommt es letztlich eben auf die Gesamtsumme an, d.h. es könnte durchaus der Fall eintreten, dass dieses Interesse weniger wert ist, als die Summe der anderen Interessen.
Ist das nicht so?
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#695116) Verfasst am: 30.03.2007, 17:02 Titel: |
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@zelig: Ich finde den Terminus "wertlos" schon problematisch. Das Szenario wird dadurch schon von Grund auf in eine sehr spezielle Richtung verhext, weil eine solche Haltung sich ja auch auf bereits lebende Individuen mit diesem Merkmal auswirken würde, einen gesellschaftlichen Druck auf Abweichler impliziert, usw. Was soll das? Wozu soll das eine Parallele sein? Hast Du die von Kival zitierte Argumentation Singers bzgl. der angeblichen Abwertung von Behinderten zur Kenntnis genommen?
_________________ Hard work often pays off after time, but laziness always pays off now.
Zuletzt bearbeitet von kolja am 30.03.2007, 17:08, insgesamt einmal bearbeitet |
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#695119) Verfasst am: 30.03.2007, 17:04 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Wenn also jemand Interesse an der Adoption der Kaninchen hat, haben sie ein Lebensrecht? |
Ihr Leben bekommt dadurch einen zusätzlichen Wert zugewiesen (von den Adotionswilligen), der ohne weiteres nicht ignoriert werden darf.
AgentProvocateur an kolja hat folgendes geschrieben: | Es mag sein, dass Dich das nicht befriedigt und Du eine Sehnsucht nach einer Vereinfachung des Lebens hast. Nur ist diese nicht möglich. |
AgentProvocateur an kolja hat folgendes geschrieben: | Bestimmte grundlegende Rechte ohne wenn und aber zu haben oder jederzeit selbst in den grundlegendsten Rechten von den Interessen anderer abhängig zu sein, deren Gewichtung immer nebulös bleiben muss. |
Scheinbar doch ...
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
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(#695130) Verfasst am: 30.03.2007, 17:24 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Wenn also jemand Interesse an der Adoption der Kaninchen hat, haben sie ein Lebensrecht? |
Ihr Leben bekommt dadurch einen zusätzlichen Wert zugewiesen (von den Adotionswilligen), der ohne weiteres nicht ignoriert werden darf. |
Wie groß ist dieser Wert?
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur an kolja hat folgendes geschrieben: | Es mag sein, dass Dich das nicht befriedigt und Du eine Sehnsucht nach einer Vereinfachung des Lebens hast. Nur ist diese nicht möglich. |
AgentProvocateur an kolja hat folgendes geschrieben: | Bestimmte grundlegende Rechte ohne wenn und aber zu haben oder jederzeit selbst in den grundlegendsten Rechten von den Interessen anderer abhängig zu sein, deren Gewichtung immer nebulös bleiben muss. |
Scheinbar doch ... |
Meine erste Aussage oben war blöd. Dafür habe ich mich schon entschuldigt. Das muss reichen.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#695131) Verfasst am: 30.03.2007, 17:26 Titel: |
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In den ersten beiden Absätzen lieferst Du überhaupt keine Gegenargumente, sondern wiederholst nur Deine wohlbekannte Position.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Das kommt mir absurd vor: Das Lebensrecht eines Säuglings von der aktuellen Nachfrage nach Adoptionen abhängig zu machen. Es bedeutet ja anders herum, dass in einem Lande, in dem elternlose Säuglinge kein "seltenes Gut" sind, wie Du sagst, es ebenso wenig verwerflich ist, diese zu töten, wie es heute als wenig verwerflich angesehen wird, Kaninchen zu töten. |
Denke dieses Szenario doch bitte konsequent zu Ende. Was genau würde denn mit den elternlosen Säuglingen in dieser hypothetischen Gesellschaft passieren, wenn sie nicht getötet würden und sich auch niemand um sie kümmern will? Wäre das im Ergebnis besser oder schlechter? Ganz abgesehen davon halte ich das Szenario angesichts der emotionalen Grundausstattung von Menschen für komplett unrealistisch.
kolja hat folgendes geschrieben: | Wenn die Eltern (wie von mir unterstellt) ein Interesse (z.B. wegen einer emotionalen Bindung) am Weiterleben der Säuglinge haben, dann würde dieses Interesse durch die Tötung in jedem Fall verletzt. Dass sie selber die Entscheidung treffen, ihr eigenes Interesse zu verletzen, weil sie sich durch Umstände wie Armut oder gesellschaftlichen Druck dazu gezwungen fühlen, ändert nichts daran, dass die Interessenverletzung stattfindet. |
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Da ist sicherlich etwas dran, d.h. die Tötungen weisen auf Defizite in der Gesellschaft hin und deswegen sollten die Lebensumstände der Eltern verbessert werden. Nur geht es ja um die ethische Beurteilung der Tötungen. Nehmen wir an, die Lebensumstände könnten nicht ad hoc verbessert werden. Sind denn die Tötungen bis zu dem Zeitpunkt, wo alle Defizite der Gesellschaft beseitigt ist, ein ethisches Problem oder nicht? Sollte sofort darauf hingearbeitet werden, dass sie aufhören oder muss man erst einmal irgendwo stichhaltige Interessen gegen diese Tötungen finden? |
Ich verstehe nicht, inwiefern diese Frage nicht bereits von mir beantwortet wurde. Sind die Interessen der Eltern (siehe mein voranstehendes Zitat) etwa nicht stichhaltig genug für Dich?
kolja hat folgendes geschrieben: | Der Appell an den Leser in den letzten beiden Sätzen ist übrigens komplett neben der Spur, denn bei Singer sind die Rechte von Personen ja nun mal per se nicht von den Interessen anderer abhängig. |
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Doch, das habe ich so verstanden. Leider finde ich die Stelle nicht mehr. Rechte ergeben sich aus der Summe der Interessen, wobei das Interesse eines Subjektes, zu leben, sehr hoch gewichtet wird. Jedoch kommt es letztlich eben auf die Gesamtsumme an, d.h. es könnte durchaus der Fall eintreten, dass dieses Interesse weniger wert ist, als die Summe der anderen Interessen. Ist das nicht so? |
Nein. Interessen von Personen können nur durch noch schwerwiegendere Interessen anderer Personen aufgewogen werden, das Interesse zu leben ist aber das schwerwiegendste von allen. Er summiert da nicht auf, sondern stellt einfach nur das schwerwiegendere Interesse höher. Das Interesse einer einzigen Person, am Leben zu bleiben, wiegt also schwerer als das Interesse an Luxusgütern von allen anderen Personen der Welt. Da müssten wir uns ganz schön strecken, um solche Maßstäbe zu erfüllen.
_________________ Hard work often pays off after time, but laziness always pays off now.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#695133) Verfasst am: 30.03.2007, 17:28 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Wenn also jemand Interesse an der Adoption der Kaninchen hat, haben sie ein Lebensrecht? |
Ihr Leben bekommt dadurch einen zusätzlichen Wert zugewiesen (von den Adoptionswilligen), der ohne weiteres nicht ignoriert werden darf. |
Wie groß ist dieser Wert? |
Auf keinen Fall unendlich groß.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#695136) Verfasst am: 30.03.2007, 17:34 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Wenn also jemand Interesse an der Adoption der Kaninchen hat, haben sie ein Lebensrecht? |
step hat folgendes geschrieben: | Ihr Leben bekommt dadurch einen zusätzlichen Wert zugewiesen (von den Adotionswilligen), der ohne weiteres nicht ignoriert werden darf. |
Singer würde dieses Interesse abwiegen gegen das Interesse, dass der Besitzer durch die Tötung der Kaninchen erfüllen will, welches vermutlich ein finanzielles ist. Getreu der Regel der Interessenmaximierung würde es wohl darauf hinauslaufen, dass der Verkauf der Kaninchen ethisch geboten wäre. Welches Interesse sollte der Besitzer sonst noch an der Tötung haben können, welches durch den Verkauf nicht befriedigt wird und auch noch schwerer wiegt als das Interesse der Adoptionswilligen?
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
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(#695147) Verfasst am: 30.03.2007, 18:16 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Das kommt mir absurd vor: Das Lebensrecht eines Säuglings von der aktuellen Nachfrage nach Adoptionen abhängig zu machen. Es bedeutet ja anders herum, dass in einem Lande, in dem elternlose Säuglinge kein "seltenes Gut" sind, wie Du sagst, es ebenso wenig verwerflich ist, diese zu töten, wie es heute als wenig verwerflich angesehen wird, Kaninchen zu töten. |
Denke dieses Szenario doch bitte konsequent zu Ende. Was genau würde denn mit den elternlosen Säuglingen in dieser hypothetischen Gesellschaft passieren, wenn sie nicht getötet würden und sich auch niemand um sie kümmern will? Wäre das im Ergebnis besser oder schlechter? Ganz abgesehen davon halte ich das Szenario angesichts der emotionalen Grundausstattung von Menschen für komplett unrealistisch. |
Ich habe nicht davon gesprochen, dass sich niemand um den Säugling kümmert. Aber so kommen wir offensichtlich nicht weiter.
Machen wir es also anders. Nehmen wir mal 4 fiktive Fälle und ich möchte Dich bitten, diese nach Singers Ethik zu bewerten, wenn möglich mit einer Rangfolge, so es eine solche gibt:
1. Jemand tötet einen Säugling in einem Krankenhaus. Dieser hat Eltern. Es gibt eine Warteliste von Adoptionswilligen.
2. Jemand tötet einen Säugling in einem Krankenhaus. Dieser hat keine Eltern. Es gibt eine Warteliste von Adoptionswilligen.
3. Jemand tötet einen Säugling in einem Krankenhaus. Dieser hat keine Eltern. Es gibt keine Warteliste von Adoptionswilligen.
4. Jemand tötet einen Erwachsenen.
Falls es hier eine Rangfolge gibt, sollte diese in Gesetzen Niederschlag finden? Wenn ja, wie?
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#695149) Verfasst am: 30.03.2007, 18:21 Titel: Güterabwägung |
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kolja hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Wenn also jemand Interesse an der Adoption der Kaninchen hat, haben sie ein Lebensrecht? |
step hat folgendes geschrieben: | Ihr Leben bekommt dadurch einen zusätzlichen Wert zugewiesen (von den Adotionswilligen), der ohne weiteres nicht ignoriert werden darf. |
Singer würde dieses Interesse abwiegen gegen das Interesse, dass der Besitzer durch die Tötung der Kaninchen erfüllen will, welches vermutlich ein finanzielles ist. Getreu der Regel der Interessenmaximierung würde es wohl darauf hinauslaufen, dass der Verkauf der Kaninchen ethisch geboten wäre. Welches Interesse sollte der Besitzer sonst noch an der Tötung haben können, welches durch den Verkauf nicht befriedigt wird und auch noch schwerer wiegt als das Interesse der Adoptionswilligen? |
Und da wir ja wissen, dass Pappa Singer zwischen Kaninchen und Säuglingen keinen großen Unterschied macht, kann man auch "Kaninchen" durch "Säuglinge" ersetzen.
Das wird ja immer lustiger hier.
Vor allem das mit der Interessenabwägung und Interessenmaximierung. Also z.B. Voll-Person gegen 3/4-Person gegen Halb-Person gegen Nicht-Person ...-
Skeptiker
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K.I.Z - Frieden
Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video
Informationsstelle Militarisierung e.V.
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#695231) Verfasst am: 30.03.2007, 21:27 Titel: |
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Kival hat folgendes geschrieben: | Semnon hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Die ist nicht irrational, sondern kann begründbarer Bestandteil einer Ethik sein.
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fühlst du dich eigentlich besser, wenn du solche Märchen erzählst? Du hast offensichtlich keinen Schimmer. In der analytischen Ethik interessiert sich keine Sau für 'Begründungen'. |
Der Rekurs auf Bedürfnisse/den Willen der Leute ist eine Begründung. Dass man Rekurs darauf nimmt ist nicht logisch herleitbar aber vernünftig, weil es Ethik überhaupt nur gibt, weil Menschen Interessen haben. Die faktische Gebundenheit von Ethik an Interessen macht eine Interessenethik (wie auch immer die dann konkret aussieht) m. E. plausibel. Es geht step und keinem von uns um Letztbegründungen. |
Step glaubt, die Ethik (nicht die Moral) liesse sich von grundauf erneuern, bzw 'dekonstruieren'. Das ist Hokuspokus. Er würde einfach neue Postulate erheben - seine - und diese dann als begründeter bezeichnen, was einfach stupide ist.
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#695236) Verfasst am: 30.03.2007, 21:35 Titel: Re: akzeptieren hin oder her |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: |
Fatal wäre es, das Kind mit dem Bade auszuschütten und nach dem Ende der göttlichen Moral, die Moral als solche zu beseitigen |
Vor allem, da das einfache Volk mit mehr hoffnungslos überfordert sein würde.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#695248) Verfasst am: 30.03.2007, 21:49 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | Hast Du die von Kival zitierte Argumentation Singers bzgl. der angeblichen Abwertung von Behinderten zur Kenntnis genommen? |
Ja. Das habe ich. Und bevor Du mich dies ebenfalls fragst, ja, ich habe Singer gelesen, schon vor recht langer Zeit sogar. Aber hast Du eigentlich den Beitrag gelesen, auf den Du reagiert hast?
zelig hat folgendes geschrieben: |
Vorausgesetzt [...]
...
Wie wird das töten sowohl dieser Kinder (in toto), als auch eines Kindes speziell (es mag sein, Du möchtest beide Fragen differenzieren) nach der Singer'chen Ethik bewertet?
[...]
Wenn Du den Gegnern dieser Ethik ein falsches Verständnis vorwirfst, dann meine ich, daß Du in der Pflicht stehst, hier eine eindeutige Antwort nach Singer zu liefern, die nach Deiner Meinung zutreffend interpretiert.
[...]
Falls Du diese klare Antwort auf das obige Szenario bereits gegeben hast, dann nehme ich diesen Vorwurf zurück, bitte aber um einen Hinweis, wo ich sie finden kann. |
Ich kenne das (ausweichen, nicht antworten etc..) sonst so nur von Dogmatikern.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Real dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 09.03.2007 Beiträge: 441
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(#695250) Verfasst am: 30.03.2007, 21:50 Titel: Re: akzeptieren hin oder her |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Semnon hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: |
Die Begründung für humanes Handeln und humane Lebenverhältnisse kann sehr wohl gegeben werden. Beweis: Es gibt objektive, lebewesen- und entwcklungsspezifische Lebensbedürfnisse, die einen direkten Bezug zum Wohlergehen eines Lebewesens haben. |
Ja und warum soll man Lebensbedürfnisse respektieren? Warum soll es mich kümmern, ob es jemandem schlecht oder gut geht? So lange die gesamte Gesellschaft von Grausamkeiten nicht existentiell bedroht ist... |
Hört sich so an wie "du bist nichts, deine Gesellschaft ist alles!"
Aber hat denn die Gesellschaft irgendein Streben, gar ein Bewusstsein? Doch wohl kaum, oder?
Warum also ist denn eine Gesellschaft erhaltenswert?
Diese muss sich doch vor dem Menschen rechtfertigen und nicht der Mensch vor der Gesellschaft.
du kannst kein Recht begründen, das instinktive Streben, die Lebenstriebe anderer Menschen, zu leugnen (wie Singer es etwa bei Säuglingen tut) oder gar mitsamt der physiologischen Basis einfach mal eben so zu vernichten.
Da du also das Recht auf Leben nicht bestreiten kannst (durch ein Gegen-Recht zu töten), ist es fast müßig, jenes noch extra zu legitimieren.
Ich finde, dass nach der Entthronung aller Götter nicht mehr Gott, sondern der Mensch selbst dem Menschen das höchste Wesen sein muss, wobei hier Gleichheit und Demokratie die alten Gebote ersetzen müssen.
Das reale lebendige Streben des Lebendigen ersetzt sozusagen die alten verdorrten Worte der Propheten. Und damit entsteht die Chance einer neuen humanistischen Moral, die eben nicht auf reinen Setzungen (zum Schutze der herrschenden Ordnung), sondern auf realen, objektiven menschlichen (und meinetwegen auch tierischen) Lebensbedürfnissen fußt.
Fatal wäre es, das Kind mit dem Bade auszuschütten und nach dem Ende der göttlichen Moral, die Moral als solche zu beseitigen ...- |
Auch in den Worten der Propheten liegen War-Heiten und manchmal äussern sie auch Klugheit.
Das Ende der göttlichen Moral wird's wohl nicht geben, da es eine Solche wohl nicht gibt.
Ausser man setzt Menschen mit Göttern gleich, weil die es ja nun geschrieben und erdacht haben.
L.E.N. hatte es schön ausgedrückt: eine gemässigte Revolution hält man für tragfähiger, weil nicht zu radikal.
Warum die Moral ersetzen, die man hat, wenn nicht aus Erkenntnis ?
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Real dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 09.03.2007 Beiträge: 441
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(#695258) Verfasst am: 30.03.2007, 22:07 Titel: |
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Kival hat folgendes geschrieben: | Singer ist sehr dafür die Interessen Behinderter mehr zu beachten! Das schreibt er wirklich mehrfach.
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Und ICH bin doch mittlerweile dagegen, selbst im Schwerstfalle Babys zu töten. Wegen der Tötungshemmung.
Oder darf man seine Meinung nicht mal mehr ändern? Mir gefiel das ganze doch eh schon nicht... |
Es gibt ein berechtigtes Interesse eine Gesellschaft nicht übermäßig mit kranken Existenzen zu überfrachten.
Wenn man jedes mögliche Leben am Leben erhält, gerät Alles in einen Engpass ...
Man sollte dem Gesunden den Vorzug geben und über Verhinderung von Kranken diskutieren.
Der Tot des einen Leben ist wohlmöglich Voraussetzung für das andere Leben.
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#695261) Verfasst am: 30.03.2007, 22:12 Titel: |
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@kolja
Zitat: | Zunächst sollte es doch recht offensichtlich sein, dass durch die systematische Tötung von Säuglingen nur eines Geschlechts zumindest mittelbar sehr schwerwiegende Interessen von sehr vielen Personen verletzt werden. Des weiteren gehe ich davon aus, dass auch in den betreffenden indischen Familien Interessen von Personen verletzt werden, weil diese, wie wir wissen, vor allem aus materiellen Zwangslagen heraus handeln. |
das ist schon richtig. Was aber, wenn keine Zwangslagen vorliegen? Was schützt den Säugling im Rahmen der singerschen Ethik vor gesellschaftlicher Willkür? - Nichts.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#695263) Verfasst am: 30.03.2007, 22:13 Titel: |
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Ethik ist das Wertesystem einer Gemeinschaft von bewußten Wesen. Das Wertesystem von heute prägt die individuellen Interessen, z.B. durch Erziehung, Imitation usw.. Aber auch umgekehrt: Das Individuum hinterfagt die Ethik, reizt sie aus, überreizt sie, und das Gemenge individueller Interessen prägt die Ethik von morgen. Die Interessen wiederum sind (außer von tradierter Ethik) stark von den Naturgesetzen (Physik, Fortpflanzung, Spieltheorie ...) geprägt, zunehmend aber auch von lebensraum- und bewußtseinsverändernder Technik. All dies sind Fakten.
Eine Dekonstruktion des dynamischen Systems Ethik ist daher für intelligente Menschen unausweichlich.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Real dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 09.03.2007 Beiträge: 441
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(#695293) Verfasst am: 30.03.2007, 22:45 Titel: Re: Peter Singer - Moderne Ethik |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Statementer hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Kival hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Wie kann man das Recht zu leben so relativieren (und in Frage stellen), dass man es als abhängige Variable von bewussten Empfindungen hindefiniert? |
Wie kann man dieses Recht auf Leben einfach behaupten und als gültig für das Wesen Mensch ab dem Zeitpunkt der Geburt bezeichnen (oder bei uns mit Beginn der Schwangerschaft)? |
Wie kann man einfach behaupten, dass einige Menschen das Recht haben, das Recht auf Leben anderer Menschen anzuzweifeln? Nur weil da ein dahergelaufener "Philosoph" die Identität von Trtieb und Bewusstsein behauptet?
Triebe - dies wissen wir spätestens seit Freud! - sind keineswegs an Bewusstsein gekoppelt, auch nicht der Trieb zu leben. Der kann bewusst werden, muss es aber nicht.
Auch ein Großteil des Denkens läuft unbewusst ab.
Insofern ist schon die Fokussierung auf das Ich als reines Bewusstsein positivistischer & oberflächenphilosophischer Blödsinn!
Skeptiker |
Ja, auch der Trieb zu leben.
Aber noch mal, ohne Umschweife, ganz im Ernst:
Der Embryo ist zu Beginn ein Zellhaufen, wenn du einen Vogel das Samenkorn aus dem Boden wegpicken siehst, regst du dich auch nicht auf, dass die 20 Meter Pappel, ein Recht auf Leben hat.
Wir reden hier, wie der Singer schon - ich hoffe du hast auch das gelesen - sagte: bevor der Embryo fühlt und also leidet!!! Hast du mal darüber nachgedacht, dass du mit dem Kondom auch ein Leben verhinderst... |
Hier werden ständig 2 Sachen durcheinander geworfen:
a) Das Recht auf Leben: dieses kann nur aus der Perspektive des Lebewesens betrachtet werden
und
b) Das Recht zu töten: und zwar aus der Perspektive des tötenden Lebewesens, wenn man mal den Fall der Selbsttötung außer Acht lässt.
Während einige der Meinung sind, es lasse sich überhaupt kein Recht auf Leben begründen, haben die selben Leute überhaupt kein Problem damit, das Recht zu töten zu postulieren.
Ja was denn nun? Entweder es gibt Rechte an sich oder es gibt keine.
Und dann tritt Singer als Kronzeuge dafür auf, dass der Mensch einen neugeborenen Menschen so wie ein Schwein töten dürfe, wenn der Säugling nur nicht leide und die Eltern nix dagegen haben. Denn schließlich sei ja der Säugling keine Person, da er kein Selbst-Bewusstsein und somit keine Lebensplanung habe.
So was Blödes hat mit Philosophie schon mal gar nichts zu tun, es sei denn mit einer der der dynamischen und eben nicht statischen Realität nicht sehr bewussten Philosophie.
Denn - wie schon gesagt - nicht jede Lebensplanung ist dem (werdenden) Menschen sowie dem Tier bewusst. Das heisst aber nicht, dass höhere Lebewesen keine Lebensplanung hätten.
Jedes Tier und jeder Mensch möchte sich z.B. unbewusst oder bewusst fortpflanzen. Dies ist ein angeborener Trieb und daraus ergibt sich schon mal ein einfacher Lebensplan: Partner(in) finden, Nest bauen, Sex haben und Babys kriegen oder so ähnlich.
Der Lebens- bzw. Selbsterhaltungstrieb bietet zu all den nachfolgenden Unterplänen (wie Ernährungs, oder Fortpflanzungstrieb) sozusagen die Grundlage.
Denn ohne Leben und Gesundheit eines Wesens keine Fortpflanzung des selben.
Dass all dies äußerlich nicht immer so sichtbar ist, wenn man etwa einen Säugling in bloßen Augenschein nimmt, ist klar.
Aber ich dachte immer, Philosophen zeichnen sich dadurch aus, dass sie über den reinen Augenschein hinaus sehen - will sagen: denken! - können.
Wie man sich doch täuschen kann.
Darüber hinaus fehlt Singer jedes dialektische Verständnis:
Denn ob ein Lebewesen einen Lebensplan hat, hängt auch davon ab, inwiefern es in einer Umwelt lebt, die solche Pläne fördert oder gar verunmöglicht. Das heisst: So ein bewusstes Streben ist keine hydraulische Vorrichtung, die vollautomatisch funktioniert, sondern alles läuft immer in Wechselbeziehung mit "der Umwelt" ab.
Und die Frage, ob es erlaubt sei, entstehendes Leben zu verhindern, ist im übrigen noch mal eine ganz andere Baustelle. |
Nein das ist die Stelle, genauer gesagt, des Pudels Kern.
Ob ich mein Essen vorher schlachten muß, kann dir egal sein, mir nicht. das ist aber nicht der Punkt.
Ob ich ein Leben nach 3 Monaten töte oder nach 9 ist auch egal, nach 1em Jahr dann nicht mehr.
Da stimmt doch was nicht. Hier wird mit zweierlei Maß gerechnet und Singer überspitzt seine Thesen, aus Provokation.
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Shevek ohne jeglichen Respekt vor Autoritäten
Anmeldungsdatum: 23.01.2006 Beiträge: 4289
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(#695383) Verfasst am: 31.03.2007, 02:08 Titel: |
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Semnon hat folgendes geschrieben: | @kolja
Zitat: | Zunächst sollte es doch recht offensichtlich sein, dass durch die systematische Tötung von Säuglingen nur eines Geschlechts zumindest mittelbar sehr schwerwiegende Interessen von sehr vielen Personen verletzt werden. Des weiteren gehe ich davon aus, dass auch in den betreffenden indischen Familien Interessen von Personen verletzt werden, weil diese, wie wir wissen, vor allem aus materiellen Zwangslagen heraus handeln. |
das ist schon richtig. Was aber, wenn keine Zwangslagen vorliegen? Was schützt den Säugling im Rahmen der singerschen Ethik vor gesellschaftlicher Willkür? - Nichts. |
Na und?
Einen Säugling herzustellen: Also Zeugung, Austragen und Geburt ist zum größten Teil sehr Mühevoll und Schmerzhaft. Das macht kaum jemand, einfach mal so aus Spaß, weils so cool ist schwanger zu sein und Säuglinge zu töten. Säuglinge die am Leben sind, sind in der Regel auch gewollt. Entsprechend werden auch in Gesellschaften in denen Säuglinge ganz regulär getötet werden können /konnten, die meisten Babies einfach groß gezogen und nur in Ausnahmefällen welche ausgesetzt oder getötet.
_________________ Endlich sind die Terroristen weg,
und es herrschen Ordnung und Ruhe und Frieden,.......
.....die, die Unheil und Armut und Krankheit verbreiten,
für sie herrschen sorglose Zeiten,
da kein bisschen Sprengstoff sie daran hindert, ihre Geschafte zu betreiben...
....endlich sind die Terroristen weg,
und es herrschen Ordnung und Ruhe und Frieden.
(Jan Delay)
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