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lenzorg Didi Dödel
Anmeldungsdatum: 04.03.2007 Beiträge: 179
Wohnort: Köln
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(#755228) Verfasst am: 26.06.2007, 01:41 Titel: Laizismus macht Religion Effizienzabhängig? |
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hallo,
ein Freund von mir brachte das Argument, dass Laizismus auch den Bereich Religion sozusagen noch zur freien Marktwirtschaft macht und nur noch effizienzabhängig. Religion dann als weiteres dem Geld Untertan gemachtes Element. Der Staat wird zurückgedrängt und die Reichen gewinnen an Macht. Effizienz und Geld zieht dann dort ein, wo der Staat vorher jedenfalls ein wenig seine Finger mit im Spiel hatte und die Wirtschaft jedenfallst weniger Macht hätte, als im Laizismus.
Ist das ein vollkommen schlechtes Argument? Ich denke nicht. Ich weiss nur nicht, wo es hinkt. Wisst ihr es?
_________________ - www.staatundkirche.de - http://www.youtube.com/profile?user=lenzorg
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#755236) Verfasst am: 26.06.2007, 01:55 Titel: Re: Laizismus macht Religion Effizienzabhängig? |
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lenzorg hat folgendes geschrieben: | hallo,
ein Freund von mir brachte das Argument, dass Laizismus auch den Bereich Religion sozusagen noch zur freien Marktwirtschaft macht und nur noch effizienzabhängig. Religion dann als weiteres dem Geld Untertan gemachtes Element. Der Staat wird zurückgedrängt und die Reichen gewinnen an Macht. Effizienz und Geld zieht dann dort ein, wo der Staat vorher jedenfalls ein wenig seine Finger mit im Spiel hatte und die Wirtschaft jedenfallst weniger Macht hätte, als im Laizismus.
Ist das ein vollkommen schlechtes Argument? Ich denke nicht. Ich weiss nur nicht, wo es hinkt. Wisst ihr es? |
Die freie Marktwirtschaft setzt ja voraus, dass es ein angebot und eine Nachfrage gibt. Der Staat kann eingreifen, wo es Mißbrauch, z. B. Monopolstellungen gibt, mittels derer ein Anbieter die Preise diktieren kann.
Dies ist aber im Laizismus nicht gegeben, da es ständig
1. Anbieter zu "günstigeren" Preisen geben kann (eine Verdrängung durch wettbewerb ist hier unmöglich, solange freie Meinungsäußerung gegeben bleibt)
2. eine Nachfrage nur eingeschränkt besteht (die Ware "Religion" ist nicht mehr so gefragt wie Nahrung oder Strom, teilweise sogar gar nicht mehr (Atheisten). Somit hat die Ware eher "Luxuscharakter", und Luxusgüter eignen sich nicht um Massen auszubeuten
3. Ist eine monopolstellung mitsamt Mißbrauch ja eher im Fehlen des Laizismus und staatlicher Bevorzugung der Amtskirchen zu sehen.
Die Neutralität des Staates wäre hier ja gerade kein Rückzug, sondern eben Grundbedingung dafür, das es etwaigen Monoipolisten auf die Finger kloppen könnte, wenn die ihre Macht mißbrauchen und ihre "Kunden" ausbeuten.
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Kramer postvisuell
Anmeldungsdatum: 01.08.2003 Beiträge: 30878
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(#755246) Verfasst am: 26.06.2007, 02:33 Titel: Re: Laizismus macht Religion Effizienzabhängig? |
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lenzorg hat folgendes geschrieben: | Ich denke nicht. Ich weiss nur nicht, wo es hinkt. Wisst ihr es? |
Eine effizienzabhängige Religion würde ihr Alleinstellungsmerkmal verlieren. Die beiden Grosskirchen müssten beweisen, dass sie auf dem Markt bestehen können, ohne ihre Ideale zu verraten.
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lenzorg Didi Dödel
Anmeldungsdatum: 04.03.2007 Beiträge: 179
Wohnort: Köln
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(#755473) Verfasst am: 26.06.2007, 14:11 Titel: |
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zum Luxuscharakter: Ich denke so kann man Religion nicht bezeichnen. Zwar hat es diesen für viele Deutsche, jedoch gibt es eben auch viele, für die Religion unausweichlich und lebensnotwendig ist.
Ich denke aber schon, dass die Religionen sich noch mehr der Wirtschaft öffnen müssten, um an Geld zu kommen, wenn der Staat nicht mehr zahlt. Das macht das Geld widerum mächtiger. Vorallen Dingen stärkt es solche Wirtschaftsbosse, die gerne mal ihre eigene kleine Freikirche gründen, oder unterstützen.
Laizismus ist in meinen Augen nicht das Gelbe vom Ei, sondern ein notwendiger Schritt, der die jetzige Lage verbessert, nicht aber in ein Paradies verwandelt. Und ich kann gut verstehen, dass man z.B. als Theologe Angst davor hat. Die Situation gerade von kirchlichen Christen würde dadurch verschlechtert, die aber von Andersgläubigen um ein vielfaches verbessert.
Auch ist die Frage zu neuen Religionen zu stellen: Wie kann sich ein Islam in einem laizistischen Deutschland niederlassen, wenn der Staat jedenfalls nicht finanziell unterstützt, die Kirchen aber jahrtausendelang unterstützt hat? Das gibt auch ein Ungleichgewicht, welches nur schwer zu durchbrechen ist.
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Rasmus entartet und notorisch gottlos - Ich bin Papst
Anmeldungsdatum: 20.05.2004 Beiträge: 17559
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(#755492) Verfasst am: 26.06.2007, 14:23 Titel: Re: Laizismus macht Religion Effizienzabhängig? |
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lenzorg hat folgendes geschrieben: | hallo,
ein Freund von mir brachte das Argument, dass Laizismus auch den Bereich Religion sozusagen noch zur freien Marktwirtschaft macht und nur noch effizienzabhängig. Religion dann als weiteres dem Geld Untertan gemachtes Element. Der Staat wird zurückgedrängt und die Reichen gewinnen an Macht. Effizienz und Geld zieht dann dort ein, wo der Staat vorher jedenfalls ein wenig seine Finger mit im Spiel hatte und die Wirtschaft jedenfallst weniger Macht hätte, als im Laizismus.
Ist das ein vollkommen schlechtes Argument? Ich denke nicht. Ich weiss nur nicht, wo es hinkt. Wisst ihr es? |
Ein Argument wofür oder wogegen?
Das es einer Einrichtung, egal welcher Art, schwerer fallen dürfte sich selber zu finanzieren als von außen bedingungslos mit Geld vollgepumpt zu werden ist eine mehr als nur triviale FEststellung.
Und?
_________________ Brother Sword of Enlightenment of the Unitarian Jihad
If you ask the wrong questions you get answers like '42' or 'God'.
"Glaubst Du noch oder hüpfst Du schon?"
Sylvia Browne - Wahrsager oder Scharlatan?
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lenzorg Didi Dödel
Anmeldungsdatum: 04.03.2007 Beiträge: 179
Wohnort: Köln
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(#755494) Verfasst am: 26.06.2007, 14:27 Titel: Re: Laizismus macht Religion Effizienzabhängig? |
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Rasmus hat folgendes geschrieben: | lenzorg hat folgendes geschrieben: | hallo,
ein Freund von mir brachte das Argument, dass Laizismus auch den Bereich Religion sozusagen noch zur freien Marktwirtschaft macht und nur noch effizienzabhängig. Religion dann als weiteres dem Geld Untertan gemachtes Element. Der Staat wird zurückgedrängt und die Reichen gewinnen an Macht. Effizienz und Geld zieht dann dort ein, wo der Staat vorher jedenfalls ein wenig seine Finger mit im Spiel hatte und die Wirtschaft jedenfallst weniger Macht hätte, als im Laizismus.
Ist das ein vollkommen schlechtes Argument? Ich denke nicht. Ich weiss nur nicht, wo es hinkt. Wisst ihr es? |
Ein Argument wofür oder wogegen?
Das es einer Einrichtung, egal welcher Art, schwerer fallen dürfte sich selber zu finanzieren als von außen bedingungslos mit Geld vollgepumpt zu werden ist eine mehr als nur triviale FEststellung.
Und? |
Die Sache geht in Richtung Kapitalismuskritik und "Neo-Liberalismus"-Kritik. Soll der Staat nur überwachen und wirtschaftlichen Interessen mehr oder weniger freien Lauf lassen, oder auch finanziellen und gestaltenden Einfluss ausüben?
_________________ - www.staatundkirche.de - http://www.youtube.com/profile?user=lenzorg
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Sokrateer souverän
Anmeldungsdatum: 05.09.2003 Beiträge: 11649
Wohnort: Wien
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(#755504) Verfasst am: 26.06.2007, 14:38 Titel: |
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Das ist eine Hypothese, die in den USA weit verbreitet ist. Darüber wurden ganze Bücher geschrieben und auch viele in der atheistischen Szene der USA sind davon überzeugt.
Die europäischen Staatskirchen seien ineffizient, weil sie vom Staat und nicht von ihren Mitgliedern abhängig würden. In den USA hingegen waren die Kirchen auch sich alleine gestellt und weiters gäbe es durch die Religionsfreiheit die Möglichkeit für jeden eine eigene Religion zu gründen. Diese würden wettbewerbend auf dem Marktplatz der Ideen um die Gläubigen buhlen und somit zu mehr Religiosität führen.
Ich halte davon aus vielen Gründen nichts und die meisten Amerikaner, die diese Auffassung vertreten, haben auch ein falsches Bild von Europa. Sie schließen wie so oft vom britischen Modell auf den Rest Europas.
Die erste falsche Annahme ist, dass es auch in Europa Religionsfreiheit gibt. Jeder kann eine Sekte, oder Kirche gründen. Die Religion wird ja niemanden aufgezwungen.
Weiters ist die Annahme falsch, dass der Staat immer schlechter als Private wirtschaften würden. Die USA haben heute beispielsweise eine geringe Abdeckung mit Breitband-Internetanschlüssen, während in Südkorea 90% der Bevölkerung Internet mit 100mbit zur Verfügung haben. Auch in Religionsfragen lassen sich genügend theokratische Staaten, oder Staaten ohne Religionsfreiheit finden, die in der Tat eine hohe Religiosität bei der Bevölkerung bewirken. Siehe Iran, das Mittelalter usw.
Darüber hinaus kann man Religion nicht wirklich mit einem Markt vergleichen. Theoretisch müssten ja die Religionen gewinnen, die die meisten Versprechungen bei den geringsten Anforderungen machen. In der Tat haben aber Kirchen, die den Teufel abschaffen und die Zugehörigkeit zum Christentum als nicht heilsnotwendig betrachten, mit sinkenden Mitgliedszahlen zu kämpfen. Das heißt aber nicht, dass diese Leute dann sofort zum nächsten Feuer-und-Schwefel-Prediger in die Kirche marschieren.
Es gibt keine Knappheit von religiösen Ideen und es gibt keinen Austausch. Der Marktvergleich hinkt also.
Übersehen wird, dass die USA ein Einwanderungsland sind und die meisten Leute in die Kirchen ihrer ethnischen Vorfahren gehen. Italiener, Polen und Mexikaner gehen in katholische Kirchen (die ihrem ethnischen Hintergrund entsprechen). Juden gehen in Tempen und Synagogen. Osteuropäer und Südosteuropäer in ihre orthodoxen Kirchen.
Es dürften wohl eher die total assimilierten und entwurzelten Deutschstämmigen, Skandinavier und weiters die Schwarzen sein, die sich den in den USA entwickelten Kirchen zuwenden.
Die meisten Einwanderer versuchen sich aber an ein Stück Heimat zu klammern. Und das ist oft die Religion. Die Mexikaner, die in den USA leben gehen öfter in die Kirche als sie in der Heimat gegangen sind.
Und das sieht man ja mittlerweile auch in den europäischen Ländern. Österreich, die USA und Deutschland haben heute in etwa den gleichen Anteil an im Ausland geborenen Menschen. Und die Einwanderer nehmen ihre Religionen mit: Islam, Judentum, serbisch/russisch-orthodox usw. Mit Wettbewerb hat das nichts zu tun.
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lenzorg Didi Dödel
Anmeldungsdatum: 04.03.2007 Beiträge: 179
Wohnort: Köln
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(#755590) Verfasst am: 26.06.2007, 15:55 Titel: |
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Aber ist denn nicht jedenfalls im christlichen ein Markt vorhanden? Es gibt doch eben so viele verschiedene Gruppen. Wahrscheinlich ist aber der Wechsel zwischen ihnen in Deutschland eher schleppend. Eine Canadierin bei der ich einmal gewohnt habe sagte, sie sei schon in fünf verschiedenen christlichen Abspaltungen gewesen. Nun weiss ich nicht, wie repräsentativ sie war, aber möglichwerweise steht uns doch so etwas auch bevor.
Die Kirche mit dem Besten Angebot wird doch auch am Besten besucht. Was nun bestes Angebot heisst, dass ist natürlich schwierig zu erkennen. Häufig ist es die Tradition die einen in einer Glaubensgemeinschaft hält, aber gerade heute wird die Tradition von einigen Aufgebrochen. Auch im freien Markt richten sich viele nach Traditionen.
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