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Schöner Artikel.. Moral ist Eigennutz
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#798803) Verfasst am: 23.08.2007, 02:27    Titel: Antworten mit Zitat

Algol hat folgendes geschrieben:
Eigentlich nicht. Und wenn man sich stets gleich entscheidet, ist der Wille nicht äh "frei" sondern (zweck-)gebunden, was ja eigentlich der Grund eines Willens ist: zweck- und situationsgebundene Interessensabwägung.

Richtig.

Algol hat folgendes geschrieben:
Der sog. "freie Wille" ist mW im strengen Sinne lediglich im Strafrecht von Belang.
Dort spielt er aber eine entscheidende Rolle.

Warum?

Algol hat folgendes geschrieben:
Man kann keine Studien dazu anstellen, ob sich jemand unter den exakt gleichen Voraussetzungen immer gleich entscheidet, weil sich exakt gleiche Voraussetzungen nie herstellen lassen. (Man steigt nie in den selben Fluß und "man" ist immer ein anderer.)

Oh. Du redest von einer anderen Studie als wir oben.

Algol hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Algol hat folgendes geschrieben:
Die sich daraus ergebenden gesellschaftsrelevanten Folgerungen wären die dabei gleichen, wie ohne QM-Zufall.

Und zwar?

Ich nenne bewußt keine konkreten Beispiele, aber ein Wille, der sich stets gleich entscheiden muß, ist für seine Entscheidungen genau so wenig "verantwortlich", [...]

Warum? Man entscheidet sich für etwas aus Gründen, aus einer Interessensabwägung heraus und es erscheint sogar ziemlich logisch, dass man in derselben Situation dann auch zu derselben Entscheidung kommt, wenn die Umstände und die Gründe dieselben sind. Ob man das nun "frei" nennen will oder nicht, ist mir eigentlich ziemlich wurscht. Ist nur ein Wort. Aber: wieso kann man nicht für eine Entscheidung verantwortlich sein, die man nach bestem Wissen und Gewissen trifft? Und wieso sollte es einen Unterschied machen, dass, wenn man in einem theoretischen Gedankenexperiment dieselbe Situation noch einmal durchspielt, dann zu dem Schluss kommt, man hätte genauso gehandelt? Was hat das mit der Verantwortung für die eigene Entscheidung zu tun?

Und wenn man aus irgendwelchen mir nicht ersichtlichen Gründen für seine Entscheidungen nicht verantwortlich sein kann, was genau wäre denn dMn die Voraussetzung für eine verantwortliche Entscheidung? Wie könnte die aussehen?
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Einsiedler
registrierter User



Anmeldungsdatum: 01.03.2007
Beiträge: 1435

Beitrag(#798908) Verfasst am: 23.08.2007, 09:35    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Wenn jemand z.B. durch irgendwelche Hirnwäschetricks dazu gebracht werden könnte, jemanden zu ermorden, dann darf dieser jemand überhaupt nicht für diese Tat bestraft werden, da er zum Tatzeitpunkt über keinen freien Willen verfügte.


Wie willst Du Gehirnwäsche von "normaler" Beeinflussung unterscheiden?
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Blanka
Xenophrasologiepreisträgerin 2007



Anmeldungsdatum: 22.09.2006
Beiträge: 1243
Wohnort: München

Beitrag(#798909) Verfasst am: 23.08.2007, 09:37    Titel: Antworten mit Zitat

also wenn die eigene entscheidung immer reiner zufall wäre, DANN wäre man NICHT dafür verantwortlich. je weniger sie vom zufall abhängt, desto mehr ist man dafür verantwortlich. die zwingenden gründe wegen denen eine entscheidung NICHT vom zufall sondern vom eigenen ermessen abhängt sind genau die gründe wegen denen es also mehr in der eigenen verantwortung liegt. ob man denn nun anders hätte entscheiden können oder nicht ist für die feststellung wessen gehirn für eine entscheidung verantwortlich ist oder nicht absolut unerheblich, das ist eine typisch menschliche verwechslung. entweder man selber hat die entscheidung beeinflusst oder äussere faktoren haben sie beeinflusst, das ist maßgeblich, nicht ob man sich von den eigenen ansichten befreien könnte wenn man entscheidet...das ist hirnfickerei.
_________________
Am zweifelfreisten frei von Zweifeln sind stets die Verzweifelten !
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step
registriert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#798918) Verfasst am: 23.08.2007, 09:44    Titel: Antworten mit Zitat

Blanka hat folgendes geschrieben:
also wenn die eigene entscheidung immer reiner zufall wäre, DANN wäre man NICHT dafür verantwortlich. je weniger sie vom zufall abhängt, desto mehr ist man dafür verantwortlich. die zwingenden gründe wegen denen eine entscheidung NICHT vom zufall sondern vom eigenen ermessen abhängt sind genau die gründe wegen denen es also mehr in der eigenen verantwortung liegt. ob man denn nun anders hätte entscheiden können oder nicht ist für die feststellung wessen gehirn für eine entscheidung verantwortlich ist oder nicht absolut unerheblich, das ist eine typisch menschliche verwechslung. entweder man selber hat die entscheidung beeinflusst oder äussere faktoren haben sie beeinflusst, das ist maßgeblich, nicht ob man sich von den eigenen ansichten befreien könnte wenn man entscheidet...das ist hirnfickerei.

Meinst Du das so, daß die entscheidende Frage ist, ob die Umstände direkt oder auf dem Umweg über die Präferenzprägung des Gehirns wirken?
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Blanka
Xenophrasologiepreisträgerin 2007



Anmeldungsdatum: 22.09.2006
Beiträge: 1243
Wohnort: München

Beitrag(#798940) Verfasst am: 23.08.2007, 10:19    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Blanka hat folgendes geschrieben:
also wenn die eigene entscheidung immer reiner zufall wäre, DANN wäre man NICHT dafür verantwortlich. je weniger sie vom zufall abhängt, desto mehr ist man dafür verantwortlich. die zwingenden gründe wegen denen eine entscheidung NICHT vom zufall sondern vom eigenen ermessen abhängt sind genau die gründe wegen denen es also mehr in der eigenen verantwortung liegt. ob man denn nun anders hätte entscheiden können oder nicht ist für die feststellung wessen gehirn für eine entscheidung verantwortlich ist oder nicht absolut unerheblich, das ist eine typisch menschliche verwechslung. entweder man selber hat die entscheidung beeinflusst oder äussere faktoren haben sie beeinflusst, das ist maßgeblich, nicht ob man sich von den eigenen ansichten befreien könnte wenn man entscheidet...das ist hirnfickerei.

Meinst Du das so, daß die entscheidende Frage ist, ob die Umstände direkt oder auf dem Umweg über die Präferenzprägung des Gehirns wirken?


ich meine das ganz pragmatisch. die menschen machen sich die welt immer unnötig kompliziert.
die präferenzprägung ist immer vorhanden und kann nicht umgangen werden, es sei denn man setzt jemaden unter drogen und dann kann man das ergebnis wieder als zufällig betrachten (vor allem wenn man es mit "nüchternen" entscheidungen vergleicht).
es ist ein frage der definition von "verantwortung", und diese sollte so gehalten werden daß die dinge auch angesichts neuester erkentnisse klar bleiben. was hat die erkenntnis daß ich nicht wollen kann was ich will mit meiner persönlichen verantwortung zu tun ?? die verantwortung ergibt sich doch einzig und allein daraus ob ich ohne äussere zwänge entscheide oder nicht. die inneren zwänge sind zwar da, aber sie sind doch ein teil von mir. werde ich bedroht von aussen, dann ergibt sich auch automatisch ein splitting in der verantwortung. die gewichtung muss menschlich abgewogen werden. werde ich nicht bedroht dann bin ich auch voll selbst verantwortlich.
viele werden sich jetzt gleich angriffslustig denken "und was ist mit krankheiten / psychischen störungen etc..." , aber das ist auch viel einfacher klargestellt als viele denken : menschen denen man die richterpflichten anvertraut müssen entscheiden ob ein mensch für seine eigenen entscheidungen verantwortlich gemacht werden kann bzw inwiefern man ihm schuldfähigkeit zusprechen sollte, das wird aktuell so gemacht und wird auch in zukunft so gemacht werden. den hype von wegen "kein freier wille -> keine schuldfähigkeit" verstehe ich nicht. das ist haarspalterei die man sich sparen kann. wer die begrifflichkeiten richtig definiert hat daraus auch keine folgeprobleme für die justiz abzuleiten.
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kolja
der Typ im Maschinenraum
Betreiber



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Beiträge: 16631
Wohnort: NRW

Beitrag(#798954) Verfasst am: 23.08.2007, 10:36    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Nein. Moral, Ethik, Normen usw. sind faktisch wirksam, weil sie von der Mehrheit gewollt werden.
Algol hat folgendes geschrieben:
Faktisch richtig, aber sie werden nicht bewußt so gewollt, sondern deshalb, weil es schon immer so war, und/oder weil die Medien/"Wissenschaftler"/Priester/Politiker diese oder jene Ansicht druckvoll propagieren.

Das muss ja nicht so bleiben.
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Peter H.
dauerhaft gesperrt



Anmeldungsdatum: 24.06.2007
Beiträge: 9751

Beitrag(#798989) Verfasst am: 23.08.2007, 11:14    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
kolja hat folgendes geschrieben:
Nein. Moral, Ethik, Normen usw. sind faktisch wirksam, weil sie von der Mehrheit gewollt werden.
Algol hat folgendes geschrieben:
Faktisch richtig, aber sie werden nicht bewußt so gewollt, sondern deshalb, weil es schon immer so war, und/oder weil die Medien/"Wissenschaftler"/Priester/Politiker diese oder jene Ansicht druckvoll propagieren.

Das muss ja nicht so bleiben.


Nein, muß nicht so bleiben, rgendwann gibt`s halt ne andere/"neue" Moral, aber eine solche wird es geben, ja ist notwendig. Je humaner eine Gesellschaft indes ist, desto weniger muß sie von Außen postuliert werden, da die Menschen sie als Richtschnur ihres Handelns verinnerlicht haben. Dies hatten bereits die Taoisten herausgestrichen.
In einer kommunistischen Gesellschaft wird das Maß an Moral allerdings gering ausfallen, da kein Mangel mehr vorherrscht, der mit verantwortlich ist, dass als eine Art Kompensation, sprich Rücksichtnahme vorherrscht, so wie z.B. in den Klassengesellschaften, so daß als Ausdruck des Überflusses ein gesunder Egoismus in Tateinheit kollektivistischer Haltung vielmehr schwerpunktmäßig obwaltet, auf dass das Prinzip "leben und leben lassen" vorherrscht.
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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#799022) Verfasst am: 23.08.2007, 11:37    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Das ist zwar richtig und auch ich würde keine Bestrafung befürworten. Du dagegen könntest genaugenommen nur dann auf eine utilitaristische Bestrafung verzichten, wenn Du einigermaßen sicher wärst, daß durch die Bestrafung in diesem Fall KEIN Abschreckungsefffekt für die Zukunft entsteht.

Verstehe ich nicht.

step hat folgendes geschrieben:

Zudem ändert Dein Einwand nichts an meiner Behauptung, daß in einer Welt ohne freien Willen (also z.B. in meiner Welt) Abschreckung ebeso gut/schlecht funktioniert wie in Deiner Welt.

Fragt sich, warum dann auf Basis der Hirnforschung so energisch ein unfreier Wille und eine Ablehnung des Schuldbegriffs vertreten wird. Wozu der ganze Eifer?

step hat folgendes geschrieben:

In beiden Welten haben wir immer das Dilemma, daß Abschreckung eigentlich nur legitim ist, wenn der durch die Maßnahme Betroffene mit dem durch die Maßnahme Abgeschreckten identisch ist. Wird also ein Mörder besonders lange eingesperrt, so kann man das schlecht damit begründen, daß Andere dadurch besser abgeschreckt werden.

Da hast du mich total falsch verstanden. Die Abschreckung dient vor allem der generellen Abschreckung Dritter. Wir sperren den Mörder ein, damit alle anderen sehen, dass sich Mord nicht lohnt.

step hat folgendes geschrieben:

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Ich bezeichne das als humanistischen Schuldbegriff hauptsächlich als Abgrenzung zu metaphysischen Schuldbegriffen, Erbschuld usw. Ein humanistischer Schuldbegriff ist einer, der nur die menschliche Natur und seine materielle Umwelt berücksichtigt und nicht irgendwelchen übernatürlichen Hokuspokus.

Geht das etwas genauer? Hier mein Vorschlag für Deinen Schuldbegriff:

Eine Person gilt als im Sokrateerschen Sinne schuldig, wenn sie mit einer Handlung gegen soziale Regeln verstößt, vorausgesetzt sie hat sich bei der zugrundeliegenden Handlungsentscheidung frei, aber nicht zu frei gefühlt.

Das Gefühl einen freien Willen zu haben ist nur einer von mehreren Gründen für mich, von einem freien Willen zu sprechen. Wesentlich bei der Schuldsprechung ist, dass eine Person eine Entscheidung auf herkömmliche Weise unbeeinträchtigt getätigt hat, also zurechnungsfähig und nicht unter irgendeiner futuristischen oder magischen Gedankenkontrolle stand.

step hat folgendes geschrieben:
Die Abschreckung habe ich extra weggelassen, weil es die ja schon immer gab. Hier habe ich aber eher meine Zweifel, ob das - besonders bei Kapitalverbrechen - überhaupt funktioniert.

Den Zweifel hast du nur deshalb, weil wir heute in so einer friedlichen Welt leben, in der es praktisch unmöglich ist, einen perfekten Mord zu verüben. Ich schätze, dass der auffällige Abfall von Morden seit dem Beginn der 90er auch etwas mit der DNA-Analyse zu tun haben, die ja nun jedermann bekannt sein dürfte.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#799096) Verfasst am: 23.08.2007, 13:06    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Du ... könntest genaugenommen nur dann auf eine utilitaristische Bestrafung verzichten, wenn Du einigermaßen sicher wärst, daß durch die Bestrafung in diesem Fall KEIN Abschreckungsefffekt für die Zukunft entsteht.

Verstehe ich nicht.

Wenn Du einen Mörder verurteilen mußt, der Deiner Analyse nach unter einem seine Freiheit stark einschränkenden Einfluß stand, etwa einer Ideologie oder einem Affekt. Nach Deiner Definition des FW müßtest Du ihn evtl. freisprechen oder zuminderst mildernde Umstände berücksichtigen. Was aber, wenn sich das negativ auf die Abschreckung Dritter auswirken würde? Schließlich könnte nach Deiner Überzeugung eine Abschreckung eine gute präventive Gegenkraft im Gehirn eines ideologisch oder affektiv Beeinflußten darstellen.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Fragt sich, warum dann auf Basis der Hirnforschung so energisch ein unfreier Wille und eine Ablehnung des Schuldbegriffs vertreten wird. Wozu der ganze Eifer?

Zum einen zur Aufklärung: weil metaphysische Konzepte der Freiheit und der Schuld dadurch entmystifiziert werden.
Zum zweiten aus ethischen Gründen: weil damit ein intitutionell rächendes Strafrecht illegitim wird. Das betrifft weniger Deine Einstellung, z.T. aber AP's Haltung und auch das geltende Strafrecht.
Und zum dritten wegen des Fortschritts: weil die Akzeptanz eines unfreien Willens die Bahn freimacht für Theorien und Techniken, die Handlungen nützlicher machen bzw. vermeiden.

So sehe jedenfalls ich die Motive.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
In beiden Welten haben wir immer das Dilemma, daß Abschreckung eigentlich nur legitim ist, wenn der durch die Maßnahme Betroffene mit dem durch die Maßnahme Abgeschreckten identisch ist. Wird also ein Mörder besonders lange eingesperrt, so kann man das schlecht damit begründen, daß Andere dadurch besser abgeschreckt werden.

Da hast du mich total falsch verstanden. Die Abschreckung dient vor allem der generellen Abschreckung Dritter. Wir sperren den Mörder ein, damit alle anderen sehen, dass sich Mord nicht lohnt.

Da habe ich Dich doch gerade richtig verstanden. Gilt nun das Sokrateersche Schuldmaß oder der zu erwartende Abschreckungseffekt, wenn es um die Schwere der Bestrafung geht?

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Eine Person gilt als im Sokrateerschen Sinne schuldig, wenn sie mit einer Handlung gegen soziale Regeln verstößt, vorausgesetzt sie hat sich bei der zugrundeliegenden Handlungsentscheidung frei, aber nicht zu frei gefühlt.

Das Gefühl einen freien Willen zu haben ist nur einer von mehreren Gründen für mich, von einem freien Willen zu sprechen. Wesentlich bei der Schuldsprechung ist, dass eine Person eine Entscheidung auf herkömmliche Weise unbeeinträchtigt getätigt hat, also zurechnungsfähig und nicht unter irgendeiner futuristischen oder magischen Gedankenkontrolle stand.

Hier finde ich es eben extrem schwierig, noch eine Grenze zu nicht-futuristischen Gedankenkontrolle zu ziehen, etwa zur Prägung durch Erlebnisse, Erziehung usw. - daß uns das im Moment im Strafrecht noch relativ leicht fällt, liegt mE eben dran, daß wir implizit noch von einem instantan freien Willen ausgehen, wenn derjenige nicht offensichtlich getrieben wirkt. Das ist aber mE immer weniger haltbar.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Die Abschreckung habe ich extra weggelassen, weil es die ja schon immer gab. Hier habe ich aber eher meine Zweifel, ob das - besonders bei Kapitalverbrechen - überhaupt funktioniert.

Den Zweifel hast du nur deshalb, weil wir heute in so einer friedlichen Welt leben, in der es praktisch unmöglich ist, einen perfekten Mord zu verüben. Ich schätze, dass der auffällige Abfall von Morden seit dem Beginn der 90er auch etwas mit der DNA-Analyse zu tun haben, die ja nun jedermann bekannt sein dürfte.

Mit der DNA-Analyse könntest Du richtig liegen, das scheint mir plausibel. Hast Du eine Statistik parat, die das auch z.B. für USA zeigt?

Wie auch immer, mir scheint Prävention immer die allgemeinere und systematischere Begründung für Haft zu sein, als Abschreckung. Selbst wenn man Abschreckung als eine Art indirekte Prävention deuten kann.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#799104) Verfasst am: 23.08.2007, 13:20    Titel: Antworten mit Zitat

Blanka hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Blanka hat folgendes geschrieben:
entweder man selber hat die entscheidung beeinflusst oder äussere faktoren haben sie beeinflusst, das ist maßgeblich, nicht ob man sich von den eigenen ansichten befreien könnte wenn man entscheidet...

Meinst Du das so, daß die entscheidende Frage ist, ob die Umstände direkt oder auf dem Umweg über die Präferenzprägung des Gehirns wirken?

ich meine das ganz pragmatisch. die menschen machen sich die welt immer unnötig kompliziert. die präferenzprägung ist immer vorhanden und kann nicht umgangen werden, es sei denn man setzt jemaden unter drogen und dann kann man das ergebnis wieder als zufällig betrachten (vor allem wenn man es mit "nüchternen" entscheidungen vergleicht).

Die Präferenzprägung wäre gerade ein Ansatzpunkt, um ein Vergeltungsrecht zu vermeiden. Natürlich rede ich hier von langfristiger Prävention, also gezielte Prägung von Psychen, Genen, Verhalten bevorzugt im embryonalen oder kindlichen Stadium.

Blanka hat folgendes geschrieben:
es ist ein frage der definition von "verantwortung", und diese sollte so gehalten werden daß die dinge auch angesichts neuester erkentnisse klar bleiben. was hat die erkenntnis daß ich nicht wollen kann was ich will mit meiner persönlichen verantwortung zu tun ?? die verantwortung ergibt sich doch einzig und allein daraus ob ich ohne äussere zwänge entscheide oder nicht. die inneren zwänge sind zwar da, aber sie sind doch ein teil von mir.

Die inneren Einflüsse sind aber durch äußere Einflüsse zu einem Teil von Dir geworden. Ist eine genetische Prägung ein äußerer oder innerer Einfluß? Diese Unterscheidung beruht auf einem traditionellen metaphysischen Konzept der kontingente Person mit begrenzter, aber echter Handlungsfreiheit. Natürlich kann man trotzdem jemand zur Verantwortung ziehen, indem man sie ihm eben pragmatisch zuweist. Verantwortung ist dann aber keinesfalls mehr legitimiert durch Handlungsfreiheit, sondern wird zu einem utilitaristischen Selektionskonzept für erwünschtes Verhalten. Ich finde das vertretbar, aber ich finde es unakzeptabel, das nicht auch klar zu benennen.

Blanka hat folgendes geschrieben:
wer die begrifflichkeiten richtig definiert hat daraus auch keine folgeprobleme für die justiz abzuleiten.

Diesen Satz muß man mehrmals lesen, damit man ihn wirklich genießen kann!
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Heretic
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Beitrag(#799207) Verfasst am: 23.08.2007, 15:41    Titel: Antworten mit Zitat

@step: Wenn ich dich richtig verstanden habe, bist du dafür, keine Unterscheidung zu machen zwischen äußerer Beeinflussung, die sich etwa in der Prägung des Charakters niederschlägt (Sozialisation, Gene) und einer direkten, evidenten Beeinflussung, also z.b. durch Drohungen, Einschüchterung, (Drogenkonsum?) etc. kurz vor einer Tat, welche in unserer Rechtssprechung ja allgemein als "mildernde Umstände" bezeichnet wird. Man dürfte also konsequenterweise keine milderenden Umstände vor Gericht zulassen, da sie, nur weil sie offensichtlicher sind, keinen Vorrang vor anderen Prägungen besitzen., d.h. dass alle Straftäter, je nach der schwere ihrer Straftat, gleich verurteilt werden müssten. Wäre aber dies nicht eher ein Rückschritt hin zu einer starren Rechtsprechung, die nicht imstande ist, auf die individuelle Situation eines zu Verurteilenden einzugehen?
Konsequent wäre das vielleicht, aber auch praktikabel?
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Wolf
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Anmeldungsdatum: 23.08.2004
Beiträge: 16610
Wohnort: Zuhause

Beitrag(#799212) Verfasst am: 23.08.2007, 15:51    Titel: Antworten mit Zitat

Heretic hat folgendes geschrieben:
@step: Wenn ich dich richtig verstanden habe, bist du dafür, keine Unterscheidung zu machen zwischen äußerer Beeinflussung, die sich etwa in der Prägung des Charakters niederschlägt (Sozialisation, Gene) und einer direkten, evidenten Beeinflussung, also z.b. durch Drohungen, Einschüchterung, (Drogenkonsum?) etc. kurz vor einer Tat, welche in unserer Rechtssprechung ja allgemein als "mildernde Umstände" bezeichnet wird. Man dürfte also konsequenterweise keine milderenden Umstände vor Gericht zulassen, da sie, nur weil sie offensichtlicher sind, keinen Vorrang vor anderen Prägungen besitzen., d.h. dass alle Straftäter, je nach der schwere ihrer Straftat, gleich verurteilt werden müssten. Wäre aber dies nicht eher ein Rückschritt hin zu einer starren Rechtsprechung, die nicht imstande ist, auf die individuelle Situation eines zu Verurteilenden einzugehen?
Konsequent wäre das vielleicht, aber auch praktikabel?

Ich denke du ziehst falsche Schlüsse.
Zum einen sind Drohnungen, Einschüchterungen nur ein vorübergehender Einfluss, im Gegensatz "zum genetischen Hang zum Morden" und müssen daher anders beurteilt werden.
Zudem könntest du mit den selben Schluss auch mildernde Umstände für alle fordern.

Ich denke Step sieht Gefängnisstrafen ähnlich wie ich, dazu da um die Präferenzen zu Prägen(oder anders formuliert: abzuschrecken), zum anderen dazu da die Gesellschaft direkt zu schützen (vor der Rückfälligkeit des Täters).
Punkt eins ist unabhängig des Individiums, d.h. für alle gleich.
Punkt zwei hängt stark vom Individium ab und ist auch schwierig festzustellen.

Zudem kommt noch eine Schadenserwägung.
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Trish:(
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Zumsel
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Anmeldungsdatum: 08.03.2005
Beiträge: 4667

Beitrag(#799217) Verfasst am: 23.08.2007, 15:54    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Man entscheidet sich für etwas aus Gründen, aus einer Interessensabwägung heraus und es erscheint sogar ziemlich logisch, dass man in derselben Situation dann auch zu derselben Entscheidung kommt, wenn die Umstände und die Gründe dieselben sind. Ob man das nun "frei" nennen will oder nicht, ist mir eigentlich ziemlich wurscht. Ist nur ein Wort. Aber: wieso kann man nicht für eine Entscheidung verantwortlich sein, die man nach bestem Wissen und Gewissen trifft? Und wieso sollte es einen Unterschied machen, dass, wenn man in einem theoretischen Gedankenexperiment dieselbe Situation noch einmal durchspielt, dann zu dem Schluss kommt, man hätte genauso gehandelt? Was hat das mit der Verantwortung für die eigene Entscheidung zu tun?


Stimmt, denn eine Handlung, der wir Freiheit zuschreiben, wird als Ausdruck der Persönlichkeit (die uns als Individuen ja nun mal auszeichnet) des Handelnden empfunde, wewegen es eben auch solche Dinge wie Verachtung, Anerkennung, Dankbarkeit, Rache usw. gibt. Wer das Schuldprinzip mit der Begründung abschaffen will, es gäbe keinen freien Willen, müsste sich auch fragen, wehalb es dann so etwas Persönlichkeitsrechte geben sollte, wo doch auch die Persönlichkeit nur eine Illusion ist, und zwar eine, die mit der Idee des "freien Willens" eng zusammenhängt.
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Wolf
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Anmeldungsdatum: 23.08.2004
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Beitrag(#799220) Verfasst am: 23.08.2007, 15:57    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:

Stimmt, denn eine Handlung, der wir Freiheit zuschreiben, wird als Ausdruck der Persönlichkeit (die uns als Individuen ja nun mal auszeichnet) des Handelnden empfunde, wewegen es eben auch solche Dinge wie Verachtung, Anerkennung, Dankbarkeit, Rache usw. gibt. Wer das Schuldprinzip mit der Begründung abschaffen will, es gäbe keinen freien Willen, müsste sich auch fragen, wehalb es dann so etwas Persönlichkeitsrechte geben sollte, wo doch auch die Persönlichkeit nur eine Illusion ist, und zwar eine, die mit der Idee des "freien Willens" eng zusammenhängt.

Wie hängt die eng zusammen?

Persönlichkeitsrechte/Menschenrechte lassen sich rechteinfach damit begründen, dass sie notwendig sind beziehungsweise es noch keinen bessere Ersatz gibt, für ein friedvolles Miteinander und die Mehrheit auch diese Rechte für sich beansprechen will.
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Zumsel
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Anmeldungsdatum: 08.03.2005
Beiträge: 4667

Beitrag(#799231) Verfasst am: 23.08.2007, 16:12    Titel: Antworten mit Zitat

Wolf hat folgendes geschrieben:
Wie hängt die eng zusammen?


Insofern, als dass der Mensch sich als eine bestimmte Persönlichkeit erlebt, die als solche freie Entscheidungen trifft. Dass es Gründe dafür gibt, dass wir uns in einer bestimmten Weise erleben, ist trivial und spielt dabei keine Rolle.
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Kival
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Anmeldungsdatum: 14.11.2006
Beiträge: 24071

Beitrag(#799236) Verfasst am: 23.08.2007, 16:17    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Wie hängt die eng zusammen?


Insofern, als dass der Mensch sich als eine bestimmte Persönlichkeit erlebt, die als solche freie Entscheidungen trifft. Dass es Gründe dafür gibt, dass wir uns in einer bestimmten Weise erleben, ist trivial und spielt dabei keine Rolle.


Hm, du machst hier m. E. einen naturalistischen Fehschluss. Persönlichkeitsrechte etc. gibt es, weil wir sie zuweisen wollen, nicht, weil Menschen frei sind oder vergleichbares. Vielleicht verstehe ich Dich aber auch falsch.
_________________
"A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#799248) Verfasst am: 23.08.2007, 16:29    Titel: Antworten mit Zitat

Heretic hat folgendes geschrieben:
@step: Wenn ich dich richtig verstanden habe, bist du dafür, keine Unterscheidung zu machen zwischen äußerer Beeinflussung, die sich etwa in der Prägung des Charakters niederschlägt (Sozialisation, Gene) und einer direkten, evidenten Beeinflussung, also z.b. durch Drohungen, Einschüchterung, (Drogenkonsum?) etc. kurz vor einer Tat, welche in unserer Rechtssprechung ja allgemein als "mildernde Umstände" bezeichnet wird. Man dürfte also konsequenterweise keine milderenden Umstände vor Gericht zulassen, da sie, nur weil sie offensichtlicher sind, keinen Vorrang vor anderen Prägungen besitzen., d.h. dass alle Straftäter, je nach der schwere ihrer Straftat, gleich verurteilt werden müssten. Wäre aber dies nicht eher ein Rückschritt hin zu einer starren Rechtsprechung, die nicht imstande ist, auf die individuelle Situation eines zu Verurteilenden einzugehen?
Konsequent wäre das vielleicht, aber auch praktikabel?

Man bräuchte keine mildernden Umstände mehr, weil es gar keine Strafen mehr gäbe, die man abmildern könnte. Ich bin auch eher gegen Abschreckungsstrafen (also zur Abschreckung Dritter) - meines Erachtens sollte es langfristig nur noch Prävention und notfalls Sicherheitsverwahrung geben. Die Schwere der Freiheitseinschränkung richtet sich dann einzig nach dem zu erwartenden Nutzen für die Gemeinschaft, mal etwas provokant ausgedrückt. Im Durchschnitt gäbe es viel weniger Gefängnishaft als jetzt.
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Zumsel
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Beiträge: 4667

Beitrag(#799249) Verfasst am: 23.08.2007, 16:30    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:


Hm, du machst hier m. E. einen naturalistischen Fehschluss. Persönlichkeitsrechte etc. gibt es, weil wir sie zuweisen wollen,...


Ja, natürlich. Aber dass wir das tun, gründet ja in realen Erlebnissen. Wir nehmen uns als Individueen wahr. Und nur, weil es keine metaphysische Substanz des "Ich" gibt, verwerfen wir ja nicht die gesellschaftliche Relevanz des Individuums. Warum sollte das mit dem freien Willen anders sein?
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Kival
Profeminist Ghost



Anmeldungsdatum: 14.11.2006
Beiträge: 24071

Beitrag(#799251) Verfasst am: 23.08.2007, 16:33    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:


Hm, du machst hier m. E. einen naturalistischen Fehschluss. Persönlichkeitsrechte etc. gibt es, weil wir sie zuweisen wollen,...


Ja, natürlich. Aber dass wir das tun, gründet ja in realen Erlebnissen. Wir nehmen uns als Individueen wahr.


Soweit klar.

Zitat:
Und nur, weil es keine metaphysische Substanz des "Ich" gibt, verwerfen wir ja nicht die gesellschaftliche Relevanz des Individuums.


Hm, richtig. Ethik richtet sich ja auch vor allem nach dem _gewollten_.

Zitat:
Warum sollte das mit dem freien Willen anders sein?


Aber metaphysische Ausgleichskonzepte, Auge um Auge dürften schon damit fallen, dass es so etwas wie "echte Schuld" (TM) nicht gibt.
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Zumsel
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Beitrag(#799254) Verfasst am: 23.08.2007, 16:39    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
Aber metaphysische Ausgleichskonzepte, Auge um Auge dürften schon damit fallen, dass es so etwas wie "echte Schuld" (TM) nicht gibt.


Nicht zwingend, wenn sie etwa den Willen einer eventuell rachsüchtigen Gemeinschaft widerspiegeln. Rache kann zwar metaphysisch überhöht werden, muss es aber nicht.
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Kival
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Beitrag(#799256) Verfasst am: 23.08.2007, 16:40    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Aber metaphysische Ausgleichskonzepte, Auge um Auge dürften schon damit fallen, dass es so etwas wie "echte Schuld" (TM) nicht gibt.


Nicht zwingend, wenn sie etwa den Willen einer eventuell rachsüchtigen Gemeinschaft widerspiegeln. Rache kann zwar metaphysisch überhöht werden, muss es aber nicht.


Ok, klar, dann hast Du Recht. Die Sinnhaftigkeit eines solchen Konzepts darf aber bestritten werden.
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Zumsel
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Beitrag(#799262) Verfasst am: 23.08.2007, 16:48    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
Ok, klar, dann hast Du Recht. Die Sinnhaftigkeit eines solchen Konzepts darf aber bestritten werden.


Nun ja, letzlich ist wohl keine Kultivierung irgendeines Triebes (und was ist Kultur anderes?) "sinnvoll". Alles nur eine Frage von Geschmack, Erziehung und Sozialisation.
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Heretic
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Beitrag(#799335) Verfasst am: 23.08.2007, 18:31    Titel: Antworten mit Zitat

Wolf hat folgendes geschrieben:

Ich denke du ziehst falsche Schlüsse.
Zum einen sind Drohnungen, Einschüchterungen nur ein vorübergehender Einfluss, im Gegensatz "zum genetischen Hang zum Morden" und müssen daher anders beurteilt werden.
Zudem könntest du mit den selben Schluss auch mildernde Umstände für alle fordern.


Sie sind aber genauso eine äußere Beeinflussung, die zur Ausführung der Tat beitragen wie genetische Ausstattung. Unterschiede wären hier lediglich beim nachträglichen "Prägen der Präferenzen" des jeweiligen Individuums von Bedeutung.
Um mildernde Umstände für alle zu fordern, müssten wir im jeweiligen Fall die exakte Lebensgeschichte kennen. Diese Möglichkeit hab ich mal bewusst außen vor gelassen.


Zitat:
Ich denke Step sieht Gefängnisstrafen ähnlich wie ich, dazu da um die Präferenzen zu Prägen(oder anders formuliert: abzuschrecken), zum anderen dazu da die Gesellschaft direkt zu schützen (vor der Rückfälligkeit des Täters).
Punkt eins ist unabhängig des Individiums, d.h. für alle gleich.
Punkt zwei hängt stark vom Individium ab und ist auch schwierig festzustellen.

Zudem kommt noch eine Schadenserwägung.


Meinst du die Prägung der Präferenzen Dritter oder derjenigen des Missetäters? Im zweiten Fall wäre n die Maßnahmen aufgrund der individuellen Prägung nicht unabhängig vom Individuum, sondern von Person zu Person äußerst verschieden, was sicher anstrengender wäre, allerdings einen größeren Nutzen sowohl für die Täter als auch für die Gesellschaft nach sich ziehen würde.

Bei der Abschreckung Dritter erscheinen mir wiederum Einheitsstrafen am wirksamsten, da diese dann klar vor Augen haben, was sie erwartet. Solche Strafen kämen dem Einzelnen allerdings wenig entgegen.

Sag bescheid, wenn ich deine Prägung der Präferenzen falsch verstanden habe.

Zitat:
Man bräuchte keine mildernden Umstände mehr, weil es gar keine Strafen mehr gäbe, die man abmildern könnte. Ich bin auch eher gegen Abschreckungsstrafen (also zur Abschreckung Dritter) - meines Erachtens sollte es langfristig nur noch Prävention und notfalls Sicherheitsverwahrung geben. Die Schwere der Freiheitseinschränkung richtet sich dann einzig nach dem zu erwartenden Nutzen für die Gemeinschaft, mal etwas provokant ausgedrückt. Im Durchschnitt gäbe es viel weniger Gefängnishaft als jetzt.


Nur weil man es nichtmehr als Strafe bezeichnet, ist es aus Sicht der Betroffenen nicht minder belastend, sie werden nichtsdesdotrotz ihrer Freiheit beraubt, zum Nutzen der Gesellschaft. Nunja, zumindest wäre dies endlich einmal eine Benennung der Tatsachen. Auf das Konstrukt der Schuld kann man mE getrost verzichten.
Mir scheint, ich war noch ein wenig zusehr damit beschäftigt, nach der "Gerechtigkeit" der Verurteilung zu suchen. Wird die "Strafe" unter einem utilitaristischen Gesichtspunkt gesehen, ist dieser Begriff allerdings nichtig. Man sollte den Gefangenen dabei allerdings nicht aus den Augen verlieren und deshalb nur so viel wie unbedingt nötig "bestrafen".
Aber ob man ganz auf Abschreckungsstrafen verzichten kann? Bei kleinen Vergehen, bei denen weder ein Aus-dem-Verkehr-ziehen noch eine aufwändige Umerziehung praktikabel ist, könnten sie ganz zweckdienlich sein.
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Wolf
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Beitrag(#799436) Verfasst am: 23.08.2007, 20:30    Titel: Antworten mit Zitat

Heretic hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:

Ich denke du ziehst falsche Schlüsse.
Zum einen sind Drohnungen, Einschüchterungen nur ein vorübergehender Einfluss, im Gegensatz "zum genetischen Hang zum Morden" und müssen daher anders beurteilt werden.
Zudem könntest du mit den selben Schluss auch mildernde Umstände für alle fordern.


Sie sind aber genauso eine äußere Beeinflussung, die zur Ausführung der Tat beitragen wie genetische Ausstattung. Unterschiede wären hier lediglich beim nachträglichen "Prägen der Präferenzen" des jeweiligen Individuums von Bedeutung.
Wie trennst du zwischen außen und innen?
Zitat:

Um mildernde Umstände für alle zu fordern, müssten wir im jeweiligen Fall die exakte Lebensgeschichte kennen. Diese Möglichkeit hab ich mal bewusst außen vor gelassen.
Nein.
Zitat:



Zitat:
Ich denke Step sieht Gefängnisstrafen ähnlich wie ich, dazu da um die Präferenzen zu Prägen(oder anders formuliert: abzuschrecken), zum anderen dazu da die Gesellschaft direkt zu schützen (vor der Rückfälligkeit des Täters).
Punkt eins ist unabhängig des Individiums, d.h. für alle gleich.
Punkt zwei hängt stark vom Individium ab und ist auch schwierig festzustellen.

Zudem kommt noch eine Schadenserwägung.


Meinst du die Prägung der Präferenzen Dritter oder derjenigen des Missetäters?
Die von dritter. Im Gegensatz zu Step bin ich nicht so optimistisch das man auf Abschreckung verzichten können wird. Aber ich bin kein Hellseher.
Zitat:

Im zweiten Fall wäre n die Maßnahmen aufgrund der individuellen Prägung nicht unabhängig vom Individuum, sondern von Person zu Person äußerst verschieden, was sicher anstrengender wäre, allerdings einen größeren Nutzen sowohl für die Täter als auch für die Gesellschaft nach sich ziehen würde.
Nein. Ich erwäge die Strafe nicht nachdem der individuellen Prägung irgendeines drittens. Sondern nachdem der Abschreckungswirkung auf die Gesellschaft und nach der Schwere der Tat. Das ist unabhängig vom Individum(dem Verurteilten).
Zitat:


Bei der Abschreckung Dritter erscheinen mir wiederum Einheitsstrafen am wirksamsten, da diese dann klar vor Augen haben, was sie erwartet. Solche Strafen kämen dem Einzelnen allerdings wenig entgegen.
Punkt zwei berücksicht die Einzelnen. Punkt eins gibt einen Strafrahmen bzw die Untergrenze vor, der in einer reifen (aber imho utopischen) Gesellschaft nicht mehr nötig wäre.
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Trish:(
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AgentProvocateur
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Beitrag(#799505) Verfasst am: 23.08.2007, 21:59    Titel: Antworten mit Zitat

Wolf hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Im zweiten Fall wäre n die Maßnahmen aufgrund der individuellen Prägung nicht unabhängig vom Individuum, sondern von Person zu Person äußerst verschieden, was sicher anstrengender wäre, allerdings einen größeren Nutzen sowohl für die Täter als auch für die Gesellschaft nach sich ziehen würde.

Nein. Ich erwäge die Strafe nicht nachdem der individuellen Prägung irgendeines drittens. Sondern nachdem der Abschreckungswirkung auf die Gesellschaft und nach der Schwere der Tat. Das ist unabhängig vom Individum(dem Verurteilten).

Wenn es keine Schuld gibt (alles nur Verkettung von Umständen - kann niemand was für - Bestrafung soll aber trotzdem zulässig sein wegen Schutzes der Gesellschaft) und nur nach Abschreckungswirkung und Schwere der Tat verurteilt wird, stellt sich die Frage, wer überhaupt verurteilt werden darf und warum eigentlich (reicht der angenommene Schutz der Gesellschaft alleine tatsächlich für eine solche Maßnahme aus?).

Man könnte unter Maßgabe Deiner Prämissen problemlos

a) eine Sippenhaft begründen (wenn dadurch eine genügend hohe Abschreckungswirkung erzielt würde - was sehr wahrscheinlich ist) - denn es ist ohne den Schuld-Begriff vollkommen gleichgültig, ob der Täter (mal angenommen, der wäre flüchtig) oder seine Frau oder sein Onkel oder sein Vater zur Abschreckungswirkung im Knast sitzt - alle sind dann genau im gleichen Maße nur Opfer ihrer Umstände.

b) den Grundsatz "im Zweifelsfall für den Angeklagten" umkehren in "im Zweifelsfall gegen den Angeklagten" - was gleichfalls mMn die Abschreckungswirkung und damit den Schutz der Gesellschaft erhöhen würde - spielt dann auch keine Rolle mehr, weil ja niemand "unschuldig" im Gefängnis sitzen könnte, denn dieser Begriff wäre sinnlos geworden. Es ginge nur noch um eine utilitaristische Aufrechnung von Sicherheit und Übel der Maßnahme (aber nicht mehr um den Menschen, den diese Maßnahme beträfe).
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step
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Beitrag(#799529) Verfasst am: 23.08.2007, 22:19    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Aber metaphysische Ausgleichskonzepte, Auge um Auge dürften schon damit fallen, dass es so etwas wie "echte Schuld" (TM) nicht gibt.
Nicht zwingend, wenn sie etwa den Willen einer eventuell rachsüchtigen Gemeinschaft widerspiegeln. Rache kann zwar metaphysisch überhöht werden, muss es aber nicht.
Ok, klar, dann hast Du Recht. Die Sinnhaftigkeit eines solchen Konzepts darf aber bestritten werden.

Es darf schon etwas mehr: In einer aufgeklärten Gesellschaft - die also um die Nichtexistenz "echter Schuld" (TM) weiß - ist ein Rachebedürfnis spieltheoretisch gesehen nicht mehr akzeptabel.
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otto blei
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Beitrag(#799542) Verfasst am: 23.08.2007, 22:27    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Aber metaphysische Ausgleichskonzepte, Auge um Auge dürften schon damit fallen, dass es so etwas wie "echte Schuld" (TM) nicht gibt.
Nicht zwingend, wenn sie etwa den Willen einer eventuell rachsüchtigen Gemeinschaft widerspiegeln. Rache kann zwar metaphysisch überhöht werden, muss es aber nicht.
Ok, klar, dann hast Du Recht. Die Sinnhaftigkeit eines solchen Konzepts darf aber bestritten werden.

Es darf schon etwas mehr: In einer aufgeklärten Gesellschaft - die also um die Nichtexistenz "echter Schuld" (TM) weiß - ist ein Rachebedürfnis spieltheoretisch gesehen nicht mehr akzeptabel.


Kival sag was, dieser merkwürdige Mensch behauptet eine aufgeklärte Gesellscahft könne absolutes Wissen haben, ich bin begeistert.
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step
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Beitrag(#799553) Verfasst am: 23.08.2007, 22:32    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Und nur, weil es keine metaphysische Substanz des "Ich" gibt, verwerfen wir ja nicht die gesellschaftliche Relevanz des Individuums.

Das ist zwar - so wie es da steht - richtig. Allerdings werden durchaus gewisse traditionelle Aspekte des Individuums verworfen. So könnte ich mir vorstellen, daß die Zuordnung Körper <-> Gedächtnis (die ja auch nicht selbstverständlich ist) noch länger erhalten bleibt als Seele und Freiwilligkeit. Letztere wird vermutlich bald durch den Aspekt der Präferenzprägung ersetzt.
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step
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Beitrag(#799555) Verfasst am: 23.08.2007, 22:33    Titel: Antworten mit Zitat

otto blei hat folgendes geschrieben:
dieser merkwürdige Mensch behauptet eine aufgeklärte Gesellscahft könne absolutes Wissen haben

Wo? Was? Ich?
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Peter H.
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Beitrag(#799597) Verfasst am: 23.08.2007, 23:04    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Und nur, weil es keine metaphysische Substanz des "Ich" gibt, verwerfen wir ja nicht die gesellschaftliche Relevanz des Individuums.

Das ist zwar - so wie es da steht - richtig. Allerdings werden durchaus gewisse traditionelle Aspekte des Individuums verworfen. So könnte ich mir vorstellen, daß die Zuordnung Körper <-> Gedächtnis (die ja auch nicht selbstverständlich ist) noch länger erhalten bleibt als Seele und Freiwilligkeit. Letztere wird vermutlich bald durch den Aspekt der Präferenzprägung ersetzt.



Das Wort Seele hat die Psychologie schon lange durch den Begriff Psyche ersetzt, womit das Gefühlsleben gemeint ist. Dieser Terminus wird natürlich Bestand haben.
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