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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
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(#800416) Verfasst am: 24.08.2007, 21:37 Titel: |
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Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Du nennst Strafen für Mord einen "Repressionsdruck"?  |
Ja selbstverständlich, es sind ja gerade die von Dir zur Abschreckung so bergründeten Strafen. Wie sonst wirkt denn Abschreckung, wenn nicht über Repressionsdruck? Du selbst hast argumentiert, daß der Druck größer sein muß als der, den das "kriminelle" Umfeld auf den pot. Täter ausübt. Ich mache nur klar, daß es eine absurde Vorstellung eines FW ist, wenn man nur deshalb nicht raubt, weil man Angst vor dem Gefängnis größer ist als die Angst, arm zu sein.
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Der Rechtsstaat muss sein Gewaltmonopol und seine Souveränität verteidigen und wenn es dann eine kulturelle Minderheit gibt, die ihre eigenen Regeln aufstellen will, dann entsteht in der Tat ein Konflikt, der vom Staat gewonen werden muss. Ich würde mich wundern, wie dein Weltbild diesem Konflikt aus dem Weg gehen würde. |
Bei mir ist das kein Konflikt.
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Innerhalb einer Kultur, in der das Messer locker sitzt, würde Mord und Totschlag wohl ganz automatisch nicht so hart bestraft werden. |
Kein Kommentar.
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Wir wollen unwahre Auffassungen aufdecken. Dazu gehören klarereweise die Religionen mit ihren unbegründeten Moralvorstellungen. Nur dürfen wir dabei nicht unlauter vorgehen und eine unwahre oder unbegründete Aussage für wahr halten, nur damit man einer größeren "Falschdenkschule" damit einen schmerzlicheren Schlag versetzen kann. |
Ja, schön. Aber wer macht denn sowas?
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Die Situation ist nicht symmetrisch, weil es gar nicht darauf ankommt, ob der Rächer erzwungen handelte (er tut es aus meiner Sicht übrigens in der Tat). Es wäre in meiner Welt einzig entscheidend, ob seine Handlung durch konsente Interessen legitimiert würde. |
Ich nehme an, dass du auch die Interessen des Mörders für nicht "konsistent" hältst. |
Ich halte sie - vermutlich in fast allen Fällen - für nicht konsent, also nicht kompatibel mit den gemeinsamen Grundinteressen der Gemeinschaft.
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Deshalb frage ich mich immer noch, warum tendenziell Verständnis für den unfreien Willen des Primärtäters eingefordert wird, während dieses Verständnis irgendwie nicht für den Rächer gilt. Rachegelüste sind mächtige Gefühle, die den Menschen wesentlich stärker treiben können, als die Motivation für die Primärtat selbst. Der Primärtäter bricht z.B. in die nächstbeste Wohnung ein, weil er Geld braucht und schlägt dabei deine zufällig anwesende Omi nieder. Für ihn ist es eine nüchterne und sehr freie Entscheidung, irgendwo einzubrechen. Falls du zufällig zur Tat hinzu kommst, dann wäre es in dieser Situation sehr verständlich, falls du überreagierst. Es wäre absurd in dieser Situation dem Rächer vorzuhalten, er hätte sich doch zurückhalten sollen, da ja der Täter durch seinen Unfreien Willen nicht anders konnte, als irgendwo einzubrechen. |
- Ich fordere nirgendwo "Verständnis" für den Inhalt seiner Tat. Du hetzt hier übrigens recht geschickt, indem Du nicht nur einen Strohmann abfackelst, sondern den Begriff "Verständnis" in seiner empathischen Bedeutung verwendest, so als hielte ich die Tat für weniger verhindernswert, nur weil ich sie zu erklären versuche. Das zeigt sehr schön, daß Du Strafe mit persönlichen Gefühlen begründest.
- Ich halte auch dem Rächer nicht vor, "er hätte sich doch zurückhalten sollen, da ja der Täter durch seinen Unfreien Willen nicht anders konnte, als irgendwo einzubrechen." Mir geht es primär um die präventive Verhinderung der Tat. Rache finde ich deterministisch verstehbar, aber nicht rational legitimierbar, Notwehr schon eher. Bitte unterstell mir nicht ständig irgendeine von Dir ausgedachte Horroreinstellung.
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Z.B. wehren sich manche Ethiker gegen (hypothetische) präventive Eingriffe ins Gehirn mit der Begründung, daß auf diese Weise in den natürlichen Freien Willen eingegriffen würde. Wenn man einsieht, daß es keinen FW gibt und es nur eine graduelle Frage ist, zu welchem Zweck und mit welchen Folgen man wo eingreift, dann kann die Diskussion versachlicht werden und sich mit den eigentlichen Problemen beschäftigen: technische Realisierung, Mißbrauch verhindern, Folgenkontrolle usw. |
Du sagst also, dass der UFW neue Methoden erlauben würde, weil manche Vertreter des FW gegen diese Methoden ablehnen würden. Nun, ich bin für den FW und hätte nichts gegen Eingriffe ins Gehirn, falls der Täter sich freiwillig dazu entscheidet. |
Dürfte der Staat ihn nach Deiner Logik durch Strafen Dritter so abschrecken, daß er freiwillig einem Eingriff zustimmt?
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Und ohne Schuldbegriff frage ich mich übrigens, wessen Gehirn du eigentlich manipulieren willst. Das des Vergewaltigers, oder das der frigiden Zicke, die ihn nicht ranlassen wollte. |
Das hängt davon ab, auf welche Grundziele wir uns einigen, also ob wir eine Gesellschaft von V. oder eine von f.Z. für das geringere Übel halten. Ich persönlich würde eher den Aggressiven behandeln, also den V. - übrigens habe ich schon mehrfach betont, daß ich Manipulationen für effizienter und besser legitimierbar halte, die weniger gegen gefühlte Interessen verstoßen, indem sie sehr früh erfolgen.
Übrigens hast Du ein analoges Problem, nur ist es weniger scharf lösbar: Wen bestrafst Du, den Täter oder den Anstifter? Oder den Anstifter des Anstifters?
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
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(#800430) Verfasst am: 24.08.2007, 21:51 Titel: |
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Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Und es gibt ja in der Tat Leute, die gegen jegliche Strafen sind und Verständnis für alles und jeden fordern. |
Nochmal: Gegen vergeltende/rächende Bestrafung zu sein heißt nicht, empathisches Verständnis für alles zu fordern, also die Tat zu akzeptieren. Es geht nur um funktionales Verständnis und um eine kühle, rationale Vorgehensweise, um Verbrechen zu verhindern.
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Da wird dann plötzlich aus dem Nichts das Recht der Gesellschaft aus dem Hut gezogen. |
Das Recht der Gesellschaft ist Tatsache und zwar nicht normativ, sondern faktisch. Rechte (sogar individuelle) definieren sich nur durch gesellschaftliche Zuweisung.
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Die Konsequenzen des UFW heben sich gegenseitig auf, wie ein Faktor, der auf beiden Seiten einer Ungleichung steht, den man also einfach wegkürzen kann und man kann letztlich wieder alles befürworten oder ablehnen, was ein FW-Anhänger auch kann. Nur wurden die Begriffe "Schuld" und "Freier Wille" durch wesentlich komplexere Begriffskonstellationen ersetzt. Was wie eine fundamental andere Weltsicht aussieht, ist in Wahrheit nur eine kafkaesk verzerrte Version des naheliegenden FW-Weltbildes, das aber letztlich nichts anderes aussagt. |
Das erstaunt mich jetzt. Haben wir nicht einige fundamental andere Schlüsse, etwa für das Strafrecht oder die Präventionseingriffe, aus unseren Weltbildern gezogen? Ich denke, Du hast unrecht, abgesehen vvielleicht von der Tatsache, daß man auf vielen Feldern natürlich auch mit unterschiedlichen Weltbildern zu denselben Schlüssen kommen kann.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
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(#800449) Verfasst am: 24.08.2007, 22:00 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich möchte nicht am Gehirn operiert werden. |
Und ich möchte nicht in die Sicherheitsverwahrung. Du erhieltest eine zusätzliche Alternative zur Sicherheitsverwahrung.
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#800457) Verfasst am: 24.08.2007, 22:05 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich möchte nicht am Gehirn operiert werden. |
Und ich möchte nicht in die Sicherheitsverwahrung. Du erhieltest eine zusätzliche Alternative zur Sicherheitsverwahrung. |
Das muesste vielleicht deutlicher formuliert werden: Technische Methoden zur Veränderung der Persönlichkeit sollten immer nur als Alternative zu einer Sicherheitsverwahrung bestehen, da ein Zwang dazu nicht mit unserer Vorstellung des Rechts auf Persönlichkeitsentfaltung zusammenpasst. Dieses steht somit als Grundrecht weiterhin nur zur Disposition des Individuums.
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#800467) Verfasst am: 24.08.2007, 22:14 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Wer den FW ablehnt, hat die Schwierigkeit, daß die Begriffe "Grund" und "Begründung" sinnlos werden. |
Ja, diese Begriffe sind eigentlich unscharf und irreführend, und zwar nicht nur ohne FW, sondern in jedwedem naturwissenschaftlich modellierbaren Zusammenhang. Zur Erklärung zitiere ich aus einem eigenen Beitrag aus einem anderen Forum:
step hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Die Frage, WIE eine Uhr funktioniert, beantwortet nicht, WARUM sie gebaut wurde. | ... Die Frage, WIE eine Uhr funktioniert, beantwortet, "warum" (umgangssprachlich) sie funktioniert. Die Frage, "warum" (umgangssprachlich) sie gabaut wurde, ist dagegen eigentlich eine WOZU-Frage (Zweck). Solche Fragen kommen dann auf, wenn ein planendes Wesen mit Präferenzen ins Spiel kommt. Diese WOZU-Frage ist aber selbst auch letztlich wieder eine WIE-Frage: "Wie funktioniert das Gehirn des planenden Uhrmachers"? WOZU-Fragen sind also WIE-Fragen auf einer anderen Ebene. |
Manche bezeichnen das als "plumper Reduktionismus", ich finde es ist eine nette Dekonstruktion unserer teleologisch-animistischen Restdenke.
zelig hat folgendes geschrieben: | Anstattdessen dürfte nur noch von Ursachen gesprochen werden (was in der Diskussion zw dem Richter und den gegen die Verurteilung argumentierenden Angeklagten deutlich wird: Was der Angeklagte getan hätte, sei verursacht gewesen. Das Urteil ebenso, kontert der Richter. |
Bis hierher ja.
zelig hat folgendes geschrieben: | Beide Aussagen bedeuten vor allem, daß die Handlungen nicht begründet werden müssen, also der Rechtfertigungsmechanismus ausgehebelt ist. Hiermit wären wir allerdings tatsächlich nur noch in der Lage, das Geschehen zu beschreiben. Letztlich würde das Sollen selber hinfällig (denn wer ein Sollen definiert, geht implizit davon aus, daß es eine Handlungsalternative gibt). |
Dem stimme ich zu, bis auf den von mir hervorgehobenen Part. Rechtfertigung kann es nach wie vor geben, sie besteht allerdings nur noch in der Überprüfung der Erwünschtheit es Verhaltens bzw. der es auslösenden Situation.
zelig hat folgendes geschrieben: | Es bleibt meines Erachtens keine Wahl: Wer Determinist ist und den FW verneint, kann nicht mehr als den Anspruch erheben, die Welt besser zu beschreiben. |
Naja, er könnte immer noch ein Ziel haben und Methoden avisieren, die zu dessen Erreichung geeignet sind. Wenn er das allerdings weitertreibt und erklären will, warum er dieses Ziel hat bzw. welches Ziel er nächstes Jahr haben wird, dann wird es ein komplexes Eigenwertproblem, das mglw. keine stabilen Lösungen hat oder sogar unlösbar ist.
zelig hat folgendes geschrieben: | Damit wird, als logische Konsequenz, Ethik selber unmöglich. |
Nein, nur Ethik im traditionellen Sinne, also die Suche nach von oben vorgegebenem Sollen mit metaphysischer Rechenschaftsablegung und Sühne. Eine utilitaristische Ethik bleibt möglich.
zelig hat folgendes geschrieben: | Ein Bemerkung noch zum Abschreckungseffekt von Strafe. Daß nur Kapitalverbrechen als Beispiele angeführt werden, halte ich für irreführend. Die Wirksamkeit des Abschreckungseffekt wird erst anhand niedrigschwelliger Vergehen deutlich. Parkverbotszonen ohne Politessen? Sinnlos, oder? |
Niedrigschwelligere Verbrechen lassen sich aber auch einfache ohne wesentliche Gehirneingriffe verhindern, z.B. durch Erziehung, höheren Lebensstandard, Ersatzbefriedigungen usw.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Sokrateer souverän
Anmeldungsdatum: 05.09.2003 Beiträge: 11649
Wohnort: Wien
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(#800476) Verfasst am: 24.08.2007, 22:19 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Die Konsequenzen des UFW heben sich gegenseitig auf, wie ein Faktor, der auf beiden Seiten einer Ungleichung steht, den man also einfach wegkürzen kann und man kann letztlich wieder alles befürworten oder ablehnen, was ein FW-Anhänger auch kann. Nur wurden die Begriffe "Schuld" und "Freier Wille" durch wesentlich komplexere Begriffskonstellationen ersetzt. Was wie eine fundamental andere Weltsicht aussieht, ist in Wahrheit nur eine kafkaesk verzerrte Version des naheliegenden FW-Weltbildes, das aber letztlich nichts anderes aussagt. |
Das erstaunt mich jetzt. Haben wir nicht einige fundamental andere Schlüsse, etwa für das Strafrecht oder die Präventionseingriffe, aus unseren Weltbildern gezogen? Ich denke, Du hast unrecht, abgesehen vvielleicht von der Tatsache, daß man auf vielen Feldern natürlich auch mit unterschiedlichen Weltbildern zu denselben Schlüssen kommen kann. |
Ich stimme dir ja zu, dass es keinen freien Willen nach deiner Definition gibt. Ich halte nur die Definition für unbrauchbar und verwende eine andere. Jedenfalls sind alle meine Aussagen mit deiner Auffassung eines unfreien Willens, falls dieser konsequent weiter gedacht wird, kompatibel.
Ein Widerspruch besteht nur zu denjenigen, die nicht full circle gekommen sind und z.B. im Extremfall die Entlassung aller Straftäter fordern.
step hat folgendes geschrieben: | Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Du nennst Strafen für Mord einen "Repressionsdruck"?  |
Ja selbstverständlich, es sind ja gerade die von Dir zur Abschreckung so bergründeten Strafen. Wie sonst wirkt denn Abschreckung, wenn nicht über Repressionsdruck? Du selbst hast argumentiert, daß der Druck größer sein muß als der, den das "kriminelle" Umfeld auf den pot. Täter ausübt. Ich mache nur klar, daß es eine absurde Vorstellung eines FW ist, wenn man nur deshalb nicht raubt, weil man Angst vor dem Gefängnis größer ist als die Angst, arm zu sein. |
Ich betrachte die Androhung von Freiheitsstrafe für den Fall, dass ich jemanden ermorden sollte jedenfalls nicht als Repressalium.
step hat folgendes geschrieben: |
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Der Rechtsstaat muss sein Gewaltmonopol und seine Souveränität verteidigen und wenn es dann eine kulturelle Minderheit gibt, die ihre eigenen Regeln aufstellen will, dann entsteht in der Tat ein Konflikt, der vom Staat gewonen werden muss. Ich würde mich wundern, wie dein Weltbild diesem Konflikt aus dem Weg gehen würde. |
Bei mir ist das kein Konflikt. |
Ehrenmorde einer importierten Parallelgesellschaft verstehst du nicht als Konflikt???
step hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Nur dürfen wir dabei nicht unlauter vorgehen und eine unwahre oder unbegründete Aussage für wahr halten, nur damit man einer größeren "Falschdenkschule" damit einen schmerzlicheren Schlag versetzen kann. |
Ja, schön. Aber wer macht denn sowas? |
Du hast als Motivation dafür, dass mit Hilfe der Hirnforschung der freie Wille angegriffen wird, eben genannt, dass damit Entmystifizierung vorangetrieben werden.
step hat folgendes geschrieben: | - Ich fordere nirgendwo "Verständnis" für den Inhalt seiner Tat. Du hetzt hier übrigens recht geschickt, indem Du nicht nur einen Strohmann abfackelst, sondern den Begriff "Verständnis" in seiner empathischen Bedeutung verwendest, so als hielte ich die Tat für weniger verhindernswert, nur weil ich sie zu erklären versuche. Das zeigt sehr schön, daß Du Strafe mit persönlichen Gefühlen begründest. |
Wie wäre es mal mit Begriffen wie "Hetze" sparsam umzugehen. Ich habe dich nicht persönlich angesprochen, sondern "Warum ... Verständnis ... gefordert wird." geschrieben. Ich bin nicht Sermon. Wenn ich dich persönlich meine, dann spreche ich dich auch an und schreibe nicht in der dritten Person, oder unpersönlich. Da du ja meiner Einschätzung nach fast full circle mit deinem UFW gekommen bist, ist mir klar, dass du eben nicht zu den Naivlingen gehörst, die den Mörder frei sprechen wollen.
step hat folgendes geschrieben: | Rache finde ich deterministisch verstehbar, aber nicht rational legitimierbar, |
Wieso eigentlich nicht? Rache erfüllt doch dort, wo der Rechtsstaat nicht agieren kann, die auch die Aspekte der Strafe, die du ja befürwortest.
step hat folgendes geschrieben: |
Sokrateer hat folgendes geschrieben: |
Du sagst also, dass der UFW neue Methoden erlauben würde, weil manche Vertreter des FW gegen diese Methoden ablehnen würden. Nun, ich bin für den FW und hätte nichts gegen Eingriffe ins Gehirn, falls der Täter sich freiwillig dazu entscheidet. |
Dürfte der Staat ihn nach Deiner Logik durch Strafen Dritter so abschrecken, daß er freiwillig einem Eingriff zustimmt? |
Den Nichteingriff selbst darf er nicht bestrafen, sonst wäre es ja nicht freiwillig.
step hat folgendes geschrieben: |
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Und ohne Schuldbegriff frage ich mich übrigens, wessen Gehirn du eigentlich manipulieren willst. Das des Vergewaltigers, oder das der frigiden Zicke, die ihn nicht ranlassen wollte. |
Das hängt davon ab, auf welche Grundziele wir uns einigen, also ob wir eine Gesellschaft von V. oder eine von f.Z. für das geringere Übel halten. Ich persönlich würde eher den Aggressiven behandeln, also den V. |
Wieso aggressiv? Wenn die f.Z. freiwillig die Beine breit macht, dann gäbe es gar keine Gewalt.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#800483) Verfasst am: 24.08.2007, 22:23 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich möchte nicht am Gehirn operiert werden. |
Und ich möchte nicht in die Sicherheitsverwahrung. Du erhieltest eine zusätzliche Alternative zur Sicherheitsverwahrung. |
Beides ist Zwang. Zwei unterschiedliche Zwänge als Alternativen anzubieten, bleibt immer noch Zwang. Wobei wir den Grad des Zwanges unterschiedlich beurteilen, aber das nur nebenbei. Sicherheitsverwahrung finde ich übrigens, wie woanders schon öfter gesagt, äußerst problematisch und nur in sehr extremen Ausnahmefällen legitimierbar. Als Normalfall ist Sicherheitsverwahrung in meiner Sicht nicht legitim, denn diese setzt eindeutig den (lediglich aus Indizien angenommenen, aber niemals eindeutig genug nachweisbaren) Schutz der Gesellschaft über das Persönlichkeitsrecht des Einzelnen. Der Grundsatz "im Zweifelsfalle für den Angeklagten" wird hierbei in sein Gegenteil verkehrt.
Die Kernfrage ist nun: wie wird dieser (in meiner Sicht gewaltige) Zwang (Sicherheitsverwahrung oder Gehirnoperation) legitimiert? Durch eine angeblich bessere Gesellschaft, die nirgendwo und niemals explizit dargestellt wird? Stimmt mich nicht besonders fröhlich, tut mir leid. Die Aufgabe grundlegender Persönlicheitsrechte ist es, was Dein Ansatz auswirft und sonst nichts. Meiner bescheidenen Meinung nach sind diese (Disclaimer: zugewiesenen, nicht per se und nicht als An-Sich gemeinten) grundlegenden Persönlichkeitsrechte die Grundlage einer wünschenswerten und einzig anzustrebenden Gesellschaft. Maßnahmen, die so sehr nach Willkür riechen wie Deine, die von nicht absehbaren Diagnosen weißbekittelter unverstehbarer sogenannter Wissenschaftler abhängen sollen, die dermaßen tief in mein Leben eingreifen können, (oder das meiner Kinder), ohne dass ich überhaupt einen Ansatz einer Möglichkeit hätte, darauf Einfluss zu nehmen, die angeblich, ohne dass ich das wieder nachprüfen könnte, eine undefinierte bessere Gesellschaft schaffen würden, sind für mich inakzeptabel.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#800492) Verfasst am: 24.08.2007, 22:28 Titel: |
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Kival hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich möchte nicht am Gehirn operiert werden. |
Und ich möchte nicht in die Sicherheitsverwahrung. Du erhieltest eine zusätzliche Alternative zur Sicherheitsverwahrung. | Das muesste vielleicht deutlicher formuliert werden: Technische Methoden zur Veränderung der Persönlichkeit sollten immer nur als Alternative zu einer Sicherheitsverwahrung bestehen, da ein Zwang dazu nicht mit unserer Vorstellung des Rechts auf Persönlichkeitsentfaltung zusammenpasst. Dieses steht somit als Grundrecht weiterhin nur zur Disposition des Individuums. |
Hmm ... interessant ist ja der Fall, wo die (wahrscheinliche) Tat in der Zukunft liegt. Hier lautet die Alternative zu einem Eingriff "wahrscheinliche spätere Sicherheitsverwahrung", was aber unlogisch wäre, da die Gesellschaft damit ja ein hohes Risiko eingeht (das der wahrscheinlichen Tat). Vielleicht wäre in diesem Fall ein Kompromiss, mildere, dafür aber sofortige Überwachungsmaßnahmen als Alternative zu einem Eingriff anzubieten.
Man könnte auch ganz auf spätere Eingriffe verzichten und so lange beim Abschrecken und Abwarten der Tat bleiben, bis es Techniken gibt, die einen Eingriff (welcher Art auch immer) vornehmen, bevor er mit den Interessen des Individuums in Konflikt geraten kann. Freiwilligen könnte der steuerliche Anteil an den Kriminalitätsfolgekosten erlassen werden.
Ich will hier nicht der Überwachungs- und Eingriffstyrann werden. Mir geht es vor allem um die Abschaffung der rächenden Bestrafung und eine möglichst gute Prävention.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#800508) Verfasst am: 24.08.2007, 22:39 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Hmm ... interessant ist ja der Fall, wo die (wahrscheinliche) Tat in der Zukunft liegt. Hier lautet die Alternative zu einem Eingriff "wahrscheinliche spätere Sicherheitsverwahrung", was aber unlogisch wäre, da die Gesellschaft damit ja ein hohes Risiko eingeht (das der wahrscheinlichen Tat). Vielleicht wäre in diesem Fall ein Kompromiss, mildere, dafür aber sofortige Überwachungsmaßnahmen als Alternative zu einem Eingriff anzubieten. |
Willkür - da nicht nachprüfbar (die Zukunft wird niemals berechenbar sein) und nicht gegen angehbar, in Kombination mit Entmündigung. Was soll daran nun so furchtbar toll sein? Ist nur furchtbar.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#800510) Verfasst am: 24.08.2007, 22:40 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich möchte nicht am Gehirn operiert werden. |
Und ich möchte nicht in die Sicherheitsverwahrung. Du erhieltest eine zusätzliche Alternative zur Sicherheitsverwahrung. |
Beides ist Zwang. Zwei unterschiedliche Zwänge als Alternativen anzubieten, bleibt immer noch Zwang. |
Sehr schön. Wenn wir jetzt noch "Zwang" durch "zwangsläufige Folge" ersetzen ...
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Sicherheitsverwahrung finde ich übrigens, wie woanders schon öfter gesagt, äußerst problematisch und nur in sehr extremen Ausnahmefällen legitimierbar. Als Normalfall ist Sicherheitsverwahrung in meiner Sicht nicht legitim, denn diese setzt eindeutig den (lediglich aus Indizien angenommenen, aber niemals eindeutig genug nachweisbaren) Schutz der Gesellschaft über das Persönlichkeitsrecht des Einzelnen. ... |
Ich würde SV auch nur im Extremfall befürworten und bin für die Entwicklung weniger einschränkender Techniken, z.B. Überwachung.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#800512) Verfasst am: 24.08.2007, 22:41 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Willkür - da nicht nachprüfbar (die Zukunft wird niemals berechenbar sein) |
Freiwillige finden, Statistik machen --> nachprüfbar.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#800520) Verfasst am: 24.08.2007, 22:46 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Willkür - da nicht nachprüfbar (die Zukunft wird niemals berechenbar sein) |
Freiwillige finden, Statistik machen --> nachprüfbar. |
Ja, das ist wohl der Hauptgegensatz in unseren Ansichten: aus meiner Sicht kann eine statistisch festgestellte Gefährdung keine (weitgehende) Einschränkung der Persönlichkeitsrechte begründen. Jeder ist also in meiner Sicht unschuldig bis zum Beweis des Gegenteiles.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#800524) Verfasst am: 24.08.2007, 22:48 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich möchte nicht am Gehirn operiert werden. |
Und ich möchte nicht in die Sicherheitsverwahrung. Du erhieltest eine zusätzliche Alternative zur Sicherheitsverwahrung. |
Beides ist Zwang. Zwei unterschiedliche Zwänge als Alternativen anzubieten, bleibt immer noch Zwang. |
Sehr schön. Wenn wir jetzt noch "Zwang" durch "zwangsläufige Folge" ersetzen ...  |
Sicherheitsverwahrung oder Gehirnoperation sind aber keine zwangsläufigen Folgen. Ebensowenig wie Körperstrafen oder Todesstrafen.
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dofan1 registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.07.2007 Beiträge: 15
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(#800549) Verfasst am: 24.08.2007, 23:00 Titel: |
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Einfache Frage von einfachem, auf eigenen Willen bestehenden Menschen (also nicht so viele Fachwörter): Wenn es keinen freien Willen gibt, müßten dann nicht die meisten Menschen das gleiche als richtig empfinden, mit Ausnahme sehr weniger mit genetisch eindeutigen Veränderungen?
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Wolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.08.2004 Beiträge: 16610
Wohnort: Zuhause
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(#800554) Verfasst am: 24.08.2007, 23:02 Titel: |
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dofan1 hat folgendes geschrieben: | Einfache Frage von einfachem, auf eigenen Willen bestehenden Menschen (also nicht so viele Fachwörter): Wenn es keinen freien Willen gibt, müßten dann nicht die meisten Menschen das gleiche als richtig empfinden, mit Ausnahme sehr weniger mit genetisch eindeutigen Veränderungen? | Kurze Antwort: Nein.
_________________ Trish:(
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#800574) Verfasst am: 24.08.2007, 23:14 Titel: |
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dofan1 hat folgendes geschrieben: | Einfache Frage von einfachem, auf eigenen Willen bestehenden Menschen (also nicht so viele Fachwörter): Wenn es keinen freien Willen gibt, müßten dann nicht die meisten Menschen das gleiche als richtig empfinden, mit Ausnahme sehr weniger mit genetisch eindeutigen Veränderungen? |
Nein, denn alle Menschen haben verschiedene soziale Prägungen. Inwiefern genetische Differenzen zusätzlich eine Rolle spielen, vermag ich nicht zu sagen, aber auf jeden Fall gibt es durch verschiedene Umfelder und verschiedene Formen von "erziehung", sowohl in methodischer als auch in inhaltlicher Hinsicht, verschiedene "Ergebnisse".
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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dofan1 registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.07.2007 Beiträge: 15
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(#800609) Verfasst am: 24.08.2007, 23:42 Titel: |
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Aber warum entstehen denn überhaupt unterschiedliche soziale Umfelder oder unterschiedliche Erziehung? Alle Wolfsrudel haben überall die gleiche soziale Struktur.
Die grundsätlichen Verhaltensweisen müßten doch gleich sein. Entweder ist ungewollter Sex eine Straftat oder nicht. Wie können zwei Gruppen darüber unterschielicher Meinung sein?
Hat nicht zumindest eine Art von Wahl stattgefunden?
Und ist das nicht freier Wille?
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#800625) Verfasst am: 24.08.2007, 23:52 Titel: |
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dofan1 hat folgendes geschrieben: | Aber warum entstehen denn überhaupt unterschiedliche soziale Umfelder oder unterschiedliche Erziehung? |
Weil sich Kulturen aus verschiedenen Situationen entwickelt haben und es eine kulturelle Entwicklung gibt, die je nach Umwelt- und sonstigen Einflüssen anders verlaufen kann - außerdem sind Menschen auch noch inviduell durch die Gene verschieden, die gleiche Sozialisation wirkt bei verschiedenen verschieden.
Zitat: | Alle Wolfsrudel haben überall die gleiche soziale Struktur. |
Möglich, Wölfe haben auch ein weitaus weniger komplexes Gehirn.
Zitat: | Die grundsätlichen Verhaltensweisen müßten doch gleich sein. Entweder ist ungewollter Sex eine Straftat oder nicht. Wie können zwei Gruppen darüber unterschielicher Meinung sein? |
Es ist eine Straftat, wenn eine Regel besteht, gegen die dadurch verstoßen wird. Je nach machtverhältnis gibt es diese aber nicht unbedingt.
Zitat: | Hat nicht zumindest eine Art von Wahl stattgefunden? |
Kommt drauf an, was Du meinst.
Zitat: | Und ist das nicht freier Wille? |
Nein
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Wolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.08.2004 Beiträge: 16610
Wohnort: Zuhause
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(#800630) Verfasst am: 24.08.2007, 23:54 Titel: |
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Kival hat folgendes geschrieben: | dofan1 hat folgendes geschrieben: | Alle Wolfsrudel haben überall die gleiche soziale Struktur. |
Möglich, Wölfe haben auch ein weitaus weniger komplexes Gehirn. |
_________________ Trish:(
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#800634) Verfasst am: 24.08.2007, 23:57 Titel: |
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Wolf hat folgendes geschrieben: | Kival hat folgendes geschrieben: | dofan1 hat folgendes geschrieben: | Alle Wolfsrudel haben überall die gleiche soziale Struktur. |
Möglich, Wölfe haben auch ein weitaus weniger komplexes Gehirn. | |
Selber Schuld, wenn Du mir die Möglichkeit nimmst, einen Wolfavatar zu haben.
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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Wolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.08.2004 Beiträge: 16610
Wohnort: Zuhause
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(#800647) Verfasst am: 25.08.2007, 00:07 Titel: |
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Kival hat folgendes geschrieben: | Selber Schuld, wenn Du mir die Möglichkeit nimmst, einen Wolfavatar zu haben. |
Kätzchen, die Möglichkeit habe ich dir immer offen gelassen.
_________________ Trish:(
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#800662) Verfasst am: 25.08.2007, 00:21 Titel: |
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Wolf hat folgendes geschrieben: | Kival hat folgendes geschrieben: | Selber Schuld, wenn Du mir die Möglichkeit nimmst, einen Wolfavatar zu haben. |
Kätzchen, die Möglichkeit habe ich dir immer offen gelassen. |
Nein, deinetwegen habe ich damals, als ich ins Forum kam, keinen genommen. Ein Wolf pro Forum reicht...
Nachtrag: Genau genommen, als ich dazu gedrängt wurde, einen Avatar zu wählen.
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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Johnnyboy Stück Scheiße
Anmeldungsdatum: 26.06.2005 Beiträge: 2562
Wohnort: Babylon
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(#800676) Verfasst am: 25.08.2007, 00:31 Titel: |
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Zitat: | Letztlich würde das Sollen selber hinfällig (denn wer ein Sollen definiert, geht implizit davon aus, daß es eine Handlungsalternative gibt). |
Vorallem macht er den Fehler zu denken, dass soetwas wie ein absolutes "Sollen" ableitbar ist.
_________________ "Das Leben des Starken erfüllt seinen Sinn, das des Schwachen seinen Zweck".
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#800824) Verfasst am: 25.08.2007, 09:33 Titel: |
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dofan1 hat folgendes geschrieben: | Einfache Frage von einfachem, auf eigenen Willen bestehenden Menschen (also nicht so viele Fachwörter): Wenn es keinen freien Willen gibt, müßten dann nicht die meisten Menschen das gleiche als richtig empfinden, mit Ausnahme sehr weniger mit genetisch eindeutigen Veränderungen? |
- Die meisten Menschen haben weitgehend dieselben Vorlieben. Sie wollen überleben, essen, sexuelle Befriedigung, soziale Kontakte, sie handeln nach Mitleid, Rache usw.
- Daß es dennoch je nach Situation unterschiedlich geprägte Präferenzen (Vorlieben) gibt, spricht nicht für den freien Willen. Zum Vergleich: Menschen unterscheiden sich auch körperlich individuell, ohne daß sie darauf Einfluß hätten. Und auch Tiere, die ja angeblich keinen freien Willen haben, verhalten sich individuell unterschiedlich, schon allein weil sie in unterschiedliche Situationen geraten.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#800897) Verfasst am: 25.08.2007, 11:15 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | Diese Argumentation ist mal wieder prall gefüllt mit "Verantwortung-an-sich" bzw. "Schuld-an-sich". Ein schönes Beispiel für Deinen üblichen Rückfall in eine unaufgeklärte Denkweise. Auf die übliche Nachfrage an dieser Stelle würdest Du vermutlich wie üblich beteuern, dass Dir bewusst ist, dass Verantwortung nicht "an-sich" existiert, sondern nur zu gewissen Zwecken zugewiesen wird. Dieses entpuppt sich aber als reines Lippenbekenntnis, weil es sich nicht in Deiner Denkweise und in Deiner Argumentation niederschlägt. |
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Mit dem Vorwurf kann ich nicht viel anfangen. Wie müsste es sich denn konkret in meiner Argumentation niederschlagen, damit es kein reines Lippenbekenntnis wäre? |
Zunächst einmal formulierst Du gewöhnlich so, als ob sich aus "verantwortlich sein" irgendwie automatisch eine Legitimation für Strafen ergeben würde. Zumindest verwendest Du die gängigen Wendungen, die einen solchen Automatismus suggerieren:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Nö, ich bin schlicht der Meinung, dass jemand für seine Handlungen, die er willentlich und wissentlich begeht, verantwortlich ist und auch zur Verantwortung gezogen werden kann. [...] Diese Verantwortung für die eigenen Taten ergibt in meiner Sicht überhaupt erst die Legitimation dazu, ihn dazu zur Verantwortung ziehen zu dürfen. |
Das Sollen ("zur Verantwortung ziehen dürfen") wird auf eine seltsame intuitive Weise mit dem Sein ("verantwortlich sein") verknüpft, also eigentlich eine Art naturalistischer Fehlschluss. Diese Formulierung ist deswegen besonders der Kritik bedürftig, weil sie in unserer Kultur sofort intuitiv auf Akzeptanz stößt, was vor allem daran liegt, dass die meisten Menschen durchaus noch ein metaphysisches Verständnis von Verantwortung/Schuld/usw. als etwas "an sich" existierendes haben. Durch diese Formulierung vermeidest Du außerdem, dass offen erkennbar ist, dass bereits bei "verantwortlich sein" eine Zuweisung stattfinden soll, dass Du also von Anfang an nur über ein Sollen redest, und nicht über etwas "an sich" Seiendes. Wenn es Dir natürlich gar nicht darum geht, diese Missverständnisse zu vermeiden, sondern Du nur auf der dank entsprechender Prägung gut funktionierenden Intuitions-Klaviatur Deiner Leser spielen willst, dann machst Du es natürlich genau richtig. Das ist dann aber keine Aufklärung, sondern: Geschwurbel!
Des weiteren muss auch diese Verantwortungs-Zuweisung sowie das darauf aufbauende Schuld-Strafe-System begründet werden, Du musst also zeigen, wozu das ganze gut sein soll. Du weigerst Dich zwar für gewöhnlich, dies über explizit genannte Zwecke herzuleiten, aber indirekt gibst Du durchaus Deine Zwecke an:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Das hat primär nichts mit dem Schutz der Gesellschaft zu tun, sondern es hat etwas mit den Rechten des Individuums zu tun und der Vermeidung von Willkür. |
Allerdings verfängst Du Dich ab hier regelmäßig in zirkulären Begründungen und Bedarfslogik.
Würdest Du Schuld nicht als "gegeben" voraussetzen, müsstest Du utilitaristisch argumentieren, warum Dein Schuldkonzept die Gesamtmenge der Verletzungen der Individualrechte kleiner halten würde als konkurrierende Konzepte. Streckenweise argumentierst Du tatsächlich so, wenn Du z.B. zu zeigen versuchst, welche Eingriffe in die Individualrechte sich aus step's Konzept ergeben würden. Wenn er allerdings die Schwere und Menge der Eingriffe im derzeitigen System gegenhält und aufrechnet, dann ziehst Du Dich unter Absonderung anti-utilitaristischer Phrasen schnell wieder zurück und verweigerst die Aufrechnung von Eingriffen mit vorangehender Schuld mit anderen Eingriffen. Das ist aber kein tauglicher Einwand, denn wenn es darum geht, den Nutzen des Schuldkonzepts zu begründen, kannst Du es in der Begründung nicht als schon gegeben voraussetzen.
_________________ Hard work often pays off after time, but laziness always pays off now.
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Tapuak registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.02.2006 Beiträge: 1264
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(#800978) Verfasst am: 25.08.2007, 13:04 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | Würdest Du Schuld nicht als "gegeben" voraussetzen, müsstest Du utilitaristisch argumentieren, warum Dein Schuldkonzept die Gesamtmenge der Verletzungen der Individualrechte kleiner halten würde als konkurrierende Konzepte. Streckenweise argumentierst Du tatsächlich so, wenn Du z.B. zu zeigen versuchst, welche Eingriffe in die Individualrechte sich aus step's Konzept ergeben würden. [...] |
Nach meiner Meinung kommt man an einem gewissen Punkt kaum noch darum herum, zumindest in einem weit verstandenen Sinne "utilitaristisch" zu argumentieren, sofern man sich nicht auf einen theoretisch unhaltbaren und praktisch nicht durchführbaren Wertabsolutismus zurückziehen will. Auch die Verfechter der absoluten Unantastbarkeit des menschlichen Lebens denken und handeln letztendlich "utilitaristisch", wenn sie z.B. den Geiselnehmer zum Abschuss freigeben, um durch seinen Tod eine größere Zahl von Individuen zu retten. Es ist daher nach meiner Meinung zielführender, wenn man von vornherein zugibt, verschiedene Handlungen gegeneinander abzuwägen und aufgrund ihrer Konsequenzen zu beurteilen, anstatt sich rhetorisch zum Wertabsolutismus zu bekennen, um dann still und heimlich doch den utilitaristischen Taschenrechner anzuschmeißen.
Die Transparenz des Verfahrens hat den Vorteil, dass es rational nachvollziehbar und somit kritisierbar und verbesserungsfähig wird. Ein Verfahren, das aus einer Art Pseudo-Sein (das, wie Kolja treffend bemerkt hat, auch schon normativ ist, z.B. Schuld, Menschenwürde) auf unerfindliche Weise zu weiteren Werten gelangt, ist dagegen alles andere als durchschaubar und damit eine Sackgasse.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#801010) Verfasst am: 25.08.2007, 13:30 Titel: |
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Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Ein Widerspruch besteht nur zu denjenigen, die nicht full circle gekommen sind und z.B. im Extremfall die Entlassung aller Straftäter fordern. |
Naja, aus meiner Sicht würde strenggenommen tatsächlich nur der Aspekt der Sicherheitsverwahrung (wenn es keine geeigneteren Wiederholungsprävention gibt) eine Nichtentlassung legitimieren.
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Ich betrachte die Androhung von Freiheitsstrafe für den Fall, dass ich jemanden ermorden sollte jedenfalls nicht als Repressalium. |
Aber diese Ankündigung übt doch einen starken Druck von außen aus, es nicht zu tun. Du selbst hast argumentiert, er müsse sogar stärker sein als der Druck des "kriminellen Umfelds". Du willst also eigentlich den "freien Willen" des pot. Täters einschränken und ihn zwingen, sich normgerecht zu verhalten. Nicht daß ich das per se schlimm finde, in meinem System wäre es ja nicht anders. Nur ist es absurd, gleichzeitig weiter an freiwillige Entscheidungen zu glauben, zumindest in diesem Zusammenhang.
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Der Rechtsstaat muss sein Gewaltmonopol und seine Souveränität verteidigen und wenn es dann eine kulturelle Minderheit gibt, die ihre eigenen Regeln aufstellen will, dann entsteht in der Tat ein Konflikt, der vom Staat gewonen werden muss. Ich würde mich wundern, wie dein Weltbild diesem Konflikt aus dem Weg gehen würde. | Bei mir ist das kein Konflikt. | Ehrenmorde einer importierten Parallelgesellschaft verstehst du nicht als Konflikt??? |
Nein, in meinem Weltbild entsteht kein Konflikt, wenn die Mehrheit Druck auf die Minderheiten ausübt, wenigstens an den zentralen Interessenüberlappungen (z.B. bei Mord) zu einem Wertekonsens zu finden.
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Nur dürfen wir dabei nicht unlauter vorgehen und eine unwahre oder unbegründete Aussage für wahr halten, nur damit man einer größeren "Falschdenkschule" damit einen schmerzlicheren Schlag versetzen kann. | Ja, schön. Aber wer macht denn sowas? | Du hast als Motivation dafür, dass mit Hilfe der Hirnforschung der freie Wille angegriffen wird, eben genannt, dass damit Entmystifizierung vorangetrieben werden. |
Und welche unwahre oder unbegründete Aussage halte ich da jetzt für wahr?
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | - Ich fordere nirgendwo "Verständnis" für den Inhalt seiner Tat. Du hetzt hier übrigens recht geschickt, indem Du nicht nur einen Strohmann abfackelst, sondern den Begriff "Verständnis" in seiner empathischen Bedeutung verwendest, so als hielte ich die Tat für weniger verhindernswert, nur weil ich sie zu erklären versuche. Das zeigt sehr schön, daß Du Strafe mit persönlichen Gefühlen begründest. | Wie wäre es mal mit Begriffen wie "Hetze" sparsam umzugehen. |
Damit gehe ich sehr sparsam um.
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Ich habe dich nicht persönlich angesprochen, sondern "Warum ... Verständnis ... gefordert wird." geschrieben. Ich bin nicht Sermon. Wenn ich dich persönlich meine, dann spreche ich dich auch an und schreibe nicht in der dritten Person, oder unpersönlich. |
OK, dann widerlegt Deine Entgegnung mein Argument also nicht.[/quote]
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Rache finde ich deterministisch verstehbar, aber nicht rational legitimierbar, | Wieso eigentlich nicht? Rache erfüllt doch dort, wo der Rechtsstaat nicht agieren kann, die auch die Aspekte der Strafe, die du ja befürwortest. |
Wie bitte? Wo befürworte denn ausgerechnet ich eine Strafe? Ich befürworte nur Prävention und Schadensersatz.
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Du sagst also, dass der UFW neue Methoden erlauben würde, weil manche Vertreter des FW gegen diese Methoden ablehnen würden. Nun, ich bin für den FW und hätte nichts gegen Eingriffe ins Gehirn, falls der Täter sich freiwillig dazu entscheidet. | Dürfte der Staat ihn nach Deiner Logik durch Strafen Dritter so abschrecken, daß er freiwillig einem Eingriff zustimmt? | Den Nichteingriff selbst darf er nicht bestrafen, sonst wäre es ja nicht freiwillig. |
Der Staat würde den Nichteingriff ja nicht direkt bestrafen, sondern die Strafe für die Tat wäre nur abschreckend hoch.
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Und ohne Schuldbegriff frage ich mich übrigens, wessen Gehirn du eigentlich manipulieren willst. Das des Vergewaltigers, oder das der frigiden Zicke, die ihn nicht ranlassen wollte. | Das hängt davon ab, auf welche Grundziele wir uns einigen, also ob wir eine Gesellschaft von V. oder eine von f.Z. für das geringere Übel halten. Ich persönlich würde eher den Aggressiven behandeln, also den V. | Wieso aggressiv? Wenn die f.Z. freiwillig die Beine breit macht, dann gäbe es gar keine Gewalt. |
Das ist eine Tautologie, es geht ja hier um einen aktuellen Interesssenkonflikt. Aber wenn Du schon dabei bist: Du präferierst also eine Gesellschaft, in der die Frauen "freiwillig" die Beine breitmachen, damit es nicht zu männlicher Gewalt kommt? Ich nehme aber mal an, daß man sie dE nicht durch Abschreckung dazu motivieren sollte?
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#801016) Verfasst am: 25.08.2007, 13:33 Titel: |
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Tapuak hat folgendes geschrieben: | kolja hat folgendes geschrieben: | Würdest Du Schuld nicht als "gegeben" voraussetzen, müsstest Du utilitaristisch argumentieren, warum Dein Schuldkonzept die Gesamtmenge der Verletzungen der Individualrechte kleiner halten würde als konkurrierende Konzepte. Streckenweise argumentierst Du tatsächlich so, wenn Du z.B. zu zeigen versuchst, welche Eingriffe in die Individualrechte sich aus step's Konzept ergeben würden. [...] |
Nach meiner Meinung kommt man an einem gewissen Punkt kaum noch darum herum, zumindest in einem weit verstandenen Sinne "utilitaristisch" zu argumentieren, sofern man sich nicht auf einen theoretisch unhaltbaren und praktisch nicht durchführbaren Wertabsolutismus zurückziehen will. Auch die Verfechter der absoluten Unantastbarkeit des menschlichen Lebens denken und handeln letztendlich "utilitaristisch", wenn sie z.B. den Geiselnehmer zum Abschuss freigeben, um durch seinen Tod eine größere Zahl von Individuen zu retten. Es ist daher nach meiner Meinung zielführender, wenn man von vornherein zugibt, verschiedene Handlungen gegeneinander abzuwägen und aufgrund ihrer Konsequenzen zu beurteilen, anstatt sich rhetorisch zum Wertabsolutismus zu bekennen, um dann still und heimlich doch den utilitaristischen Taschenrechner anzuschmeißen.
Die Transparenz des Verfahrens hat den Vorteil, dass es rational nachvollziehbar und somit kritisierbar und verbesserungsfähig wird. Ein Verfahren, das aus einer Art Pseudo-Sein (das, wie Kolja treffend bemerkt hat, auch schon normativ ist, z.B. Schuld, Menschenwürde) auf unerfindliche Weise zu weiteren Werten gelangt, ist dagegen alles andere als durchschaubar und damit eine Sackgasse. |
Meine volle Zustimmung. Der Nutzen einer Vernebelung entspricht der eines Tabus - das ist solange akzeptabel, wie wir ehrlich argumentieren können, daß wir es nicht bessser wissen.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#801043) Verfasst am: 25.08.2007, 14:00 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | [...] |
Hm, das ist ja mal wieder eine schöne Ansammlung von Buzzwords und Diskreditierungen. Sei's drum.
Ich verstehe nicht, warum Du jetzt auf der Frage, ob Zuschreibung der eigenen Entscheidungen und Handlungen Sanktionen (Strafen) legitimieren können, herumreitest, denn dieser Punkt war bislang eigentlich nicht strittig. Eigentlich vertraten bisher in dieser Diskussion beide Seiten dieselbe Meinung (Selbstbestimmung -> Verantwortung -> Legitimation zu gesellschaftlich festgelegten Sanktionen vs. Keine Selbstbestimmung -> keine Verantwortung -> keine Legitimation zu gesellschaftlich festgelegten Sanktionen).
Es geht doch hier um zwei unterschiedliche Menschenbilder:
1. der Mensch als (in Grenzen) selbstbestimmtes und daher eigenverantwortliches Wesen, dem aus diesem Grunde in einer Gesellschaft bestimmte Rechte und Pflichten zugesprochen werden können und der bei Verletzung dieser Pflichten vorher benannte und bekannte Sanktionen erwarten kann
2. der Mensch als Getriebener von äußeren Einflüssen, die sämtlich außerhalb seines Einflussbereiches liegen oder aber jedoch alle auf solche Einflüsse ausgelöst und somit negiert werden können, bis eben dieser Getriebene, nur unter Zwang Handelnde zurückbleibt, wobei es dabei irgendwann sogar gleichgültig zu werden scheint, ob der Zwang durch andere Menschen oder durch genetische Ausstattung oder durch Sozialisation erzeugt wurde
kola hat folgendes geschrieben: | Des weiteren muss auch diese Verantwortungs-Zuweisung sowie das darauf aufbauende Schuld-Strafe-System begründet werden, Du musst also zeigen, wozu das ganze gut sein soll. |
Oh, ich dachte, das wäre klar. Jede Gesellschaft benötigt mMn bestimmte Normen und Regeln, um ein Zusammenleben zu ermöglichen. Diese Normen nicht nur zu proklamieren, sondern auch durchzusetzen, erscheint mir notwendig, notfalls auch mit Sanktionen.
kolja hat folgendes geschrieben: | Du weigerst Dich zwar für gewöhnlich, dies über explizit genannte Zwecke herzuleiten, aber indirekt gibst Du durchaus Deine Zwecke an:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Das hat primär nichts mit dem Schutz der Gesellschaft zu tun, sondern es hat etwas mit den Rechten des Individuums zu tun und der Vermeidung von Willkür. |
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Richtig, grundlegende unantastbare Rechte von Individuen und die Vermeidung von Willkür stehen für mich vor dem oben angestrebten Schutz der Gesellschaft.
kolja hat folgendes geschrieben: | Würdest Du Schuld nicht als "gegeben" voraussetzen, müsstest Du utilitaristisch argumentieren, warum Dein Schuldkonzept die Gesamtmenge der Verletzungen der Individualrechte kleiner halten würde als konkurrierende Konzepte. Streckenweise argumentierst Du tatsächlich so, wenn Du z.B. zu zeigen versuchst, welche Eingriffe in die Individualrechte sich aus step's Konzept ergeben würden. |
"Utilitaristisch" ist erst mal nur ein Label ohne genauen Inhalt. Falls damit aber hier gemeint sein sollte, man dürfe die von mir als Grundlage einer stabilen Geselschaft als unverzichtbar abgesehenen unveräußerlichen Rechte einfach mit verrechnen (also bräuchte nur die Gesamtsumme betrachten), dann bin ich mit einer solchen Rechnung nicht einverstanden. Wenn das aber nicht so gemeint ist, dann sind mir die Grundlagen dieser Rechnung erst einmal nicht klar und ich kann sie daher nicht durchführen.
Steps Vorschläge sind eben deswegen für mich nicht akzeptabel, weil sie diese (von mir als wichtig für das Funktionieren einer für mich annehmbaren Gesellschaft erachteten) Persönlichkeitsrechte nicht einbezieht, bzw. einfach so als lässlich ansehen.
kolja hat folgendes geschrieben: | Wenn er allerdings die Schwere und Menge der Eingriffe im derzeitigen System gegenhält und aufrechnet, dann ziehst Du Dich unter Absonderung anti-utilitaristischer Phrasen schnell wieder zurück und verweigerst die Aufrechnung von Eingriffen mit vorangehender Schuld mit anderen Eingriffen. |
Stellen wir doch einfach mal die beiden Systeme gegenüber:
Heute: gesellschaftliche Normen sind festgelegt. Sanktionen gegen diese Normen sind festgelegt und bekannt. Nur jemand, dem hinreichend genau nachgewiesen werden kann, gegen diese Normen verstoßen zu haben, darf den festgelegten Sanktionen unterworfen werden. Zum Nachweis dessen gibt es allgemein nachvollziehbare Gerichtsverfahren, in denen der Angeklagte das Recht hat, sich zu verteidigen und Entlastungsgründe vorzubringen. Er hat in dieser Sicht Einfluss auf a) seine Normverletzung und b) auf das Verfahren zur Feststellung der Sanktionen.
Steps System: es gibt keine Sanktionen gegen Normverstöße mehr. Es gibt nur noch Prävention, um zukünftige Taten zu verhindern. Diese Prävention kann auf verschiedene Weise geschehen: a) ohne Eingriff in die persönlichen Freiheiten (dann so, wie es heute schon getan wird: Jugendarbeit, Sozialarbeit, Therapien usw.) und b) mit Eingriff in das, was ich unter persönlicher Freiheit verstehe (was aber in diesem Ansatz ersatzlos gestrichen wurde - denn dieser sieht das Wort "Freiheit" als sinnlos an). Maßnahmen b) könnten sein: genetische Eingriffe, Zwangsmassenuntersuchungen der persönlichen Gefährdungspotentiale und daraufhin, je nach statistischer Wahrscheinlichkeit einer solchen Gefährdung für die Gesellschaft: Gehirnoperationen, chemische Eingriffe, Zwangs-Therapien. Um die Akzeptanz zu erhöhen, wird eine Behandlung bereits im Säuglingsalter oder am Fötus vorgeschlagen, was dann aber eine Zwangshandlung an der Mutter darstellt. Dieses ganze Verfahren und die individuellen Auswirkungen sind für den Einzelnen nicht planbar, nicht nachvollziehbar und daher reine Willkür. Da aber der Einzelne sowieso keinen Einfluss auf seine Handlungen hat, wird das anscheinend als unwichtig angesehen.
kolja hat folgendes geschrieben: | Das ist aber kein tauglicher Einwand, denn wenn es darum geht, den Nutzen des Schuldkonzepts zu begründen, kannst Du es in der Begründung nicht als schon gegeben voraussetzen. |
Das Schuldkonzept berücksichtigt und respektiert die Selbstbestimmung des Einzelnen und gesteht diesem eine Sphäre zu, in die der Staat nicht gegen seinen Willen eindringen darf, auch dann nicht, wenn es in einer angeblichen utilitaristischen Aufrechnung (die nur ein Schlagwort bleibt, solange sie nicht explizit durchgeführt wird - was wird wie gewichtet und mit auf welches Ziel hin berechnet?) dem Wohle Anderer dienen sollte.
Ich meine schlicht, dass wir extrem schlechte Erfahrungen mit Systemen gemacht haben, die das Wohl der Gesellschaft derart über das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen stellt.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#801055) Verfasst am: 25.08.2007, 14:17 Titel: |
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@AP:
- Du stellst die Systeme sehr binär gegenüber. Es könnte Positionen geben, die zwar Präventionsmaßnahmen wie die von mir vorgeschlagenen ablehnen, etwa weil sie sie für unkontollierbar und mißbrauchsanfällig halten, die aber dennoch ein rächendes Strafrecht nicht mehr für legitimierbar halten.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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