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Schöner Artikel.. Moral ist Eigennutz
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
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Wohnort: Germering

Beitrag(#801860) Verfasst am: 26.08.2007, 11:25    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Zum Beispiel wird ein auf Rache basierendes hohes Strafmaß in dem Moment als ungerecht empfunden, wo hinreichend klar wird, daß sich die Welt deterministisch und zufällig verhält, und wo bessere Präventionstechnik zur Verfügung steht.
Glaub ich nicht. Ist ja nicht so, als wäre der Determinismus eine moderne Erfindung.

Er ist alt, hat sich jedoch nie im Volk durchgesetzt. Vielleicht weil die handelnde Ich-Illusion zu tief verankert ist, selbst in eher schicksalsgläubigen Kulturen.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Ich glaube auch nicht, dass es eines absoluten Freiheitsbegriffes bedarf, um Bestrafung als gerecht zu empfinden. Sieh dir zum Beispiel nur mal die griechische Mythologie an. Da werden ständig Menschen für allerlei Vergehen bestraft, selbst wenn sie (wie eigentlich immer) nur als Schachfiguren der Götter fungierten. Überhaupt sind die Personen dort doch allesamt sehr schicksalsgläubig und zugleich rachsüchtig.

Zum einen Ist das Schicksal dort ja kein eigentliches Schicksal, sondern zumindest zum Teil personifizierte höhere Macht. Man muß dabei bedenken, daß den stark anthropomorphen Göttern viele menschlich-irrationale Eigenschaften und Motivationen angedichtet wurden, ähnlich wie auch dem Gott es AT, z.B. Eifersucht, Rachsucht, Machtgier, Eitelkeit. Das bedeutet nicht, daß diese Eigenschaften auch als ethisch gut empfunden wurden. Generell wurden meines Wissens die Handlungen der Götter u.a. als brutal, unberechenbar usw. empfunden, weswegen man sie ja auch gnädig zu stimmen versuchte.

Im Taoismus ("Wu-wei"), aber auch im Hinduismus und Buddhismus wird Rache und Vergeltung mW als etwas Negatives, Schädliches angesehen.

Dazu kommt natürlich, daß Schicksalsglaube allein ein Weltbild bezüglich des metaphysischen Schuldkonzepts noch nicht rationalisiert, s.z.B. im Hinduismus die Schuld, die man aus seinem Vorleben mit sich trägt u.ä. - und auch, daß die Rachegelüste teilweise instinktiv sind, also trotz Kultur durchbrechen.
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
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Beitrag(#801867) Verfasst am: 26.08.2007, 11:28    Titel: Antworten mit Zitat

Malcolm hat folgendes geschrieben:
Freiheit ist für mich nur Abwesenheit von Zwang, auch innerem Zwang.

Kannst Du bitte genauer definiereren, was für Dich "Abwesenheit von Zwang" ist? Reicht es dazu, wenn man das Gefühl hat, nicht unter Zwang zu stehen?
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Argáiþ
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Anmeldungsdatum: 27.01.2007
Beiträge: 12486

Beitrag(#801870) Verfasst am: 26.08.2007, 11:28    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Vielleicht weil die handelnde Ich-Illusion zu tief verankert ist


glaubst du, dass die "Ich-Illusion" durch irgendeine Denktechnik zu überwinden ist und glaubst du, dass der so entstehende Zustand einem anderen irgendwie überlegen ist? Wenn ja, warum?
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#801879) Verfasst am: 26.08.2007, 11:34    Titel: Antworten mit Zitat

Semnon hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Vielleicht weil die handelnde Ich-Illusion zu tief verankert ist
glaubst du, dass die "Ich-Illusion" durch irgendeine Denktechnik zu überwinden ist ...

Nein, das glaube ich nicht. Nicht wirklich, und nicht nur durch eine (reflexive) Denktechnik. Dazu ist das zu sehr biologisch verankert.

Semnon hat folgendes geschrieben:
... und glaubst du, dass der so entstehende Zustand einem anderen irgendwie überlegen ist? Wenn ja, warum?

Wenn ein Einzelner diesen Zustand erreicht, wäre es vermutlich für ihn eher nachteilig. Für eine Gemeinschaft hingegen könnte es Vorteile haben bezüglich bestimmter Ziele, z.B. gesellschaftlicher und technologischer Fortschritt, Minderung des Leidens usw.

Meine Hauptmotivation dabei wäre das aber gar nicht, sondern mir geht es erstmal nur um eine bessere Theorie des (Selbst-)Bewußtseins.
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Tapuak
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Anmeldungsdatum: 23.02.2006
Beiträge: 1264

Beitrag(#801883) Verfasst am: 26.08.2007, 11:37    Titel: Antworten mit Zitat

Malcolm hat folgendes geschrieben:
Und insofern die Religion eher die erste, die Aufklärung eher die zweite Einstellung transportiert, mag man auch daraus wieder ableiten, daß wir im Grunde beides brauchen: Aufklärung und christliche Kultur.

Kann ja sein, dass du meinst die "christliche Kultur" zu brauchen. Wir brauchen sie aber ganz sicher nicht, denn ich kann auf entsprechend archaisch-eschatologische Weltdeutungen getrost verzichten.
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Malcolm
Ekelpaket



Anmeldungsdatum: 25.07.2007
Beiträge: 1231
Wohnort: Hamburg

Beitrag(#801886) Verfasst am: 26.08.2007, 11:38    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Malcolm hat folgendes geschrieben:
Freiheit ist für mich nur Abwesenheit von Zwang, auch innerem Zwang.

Kannst Du bitte genauer definiereren, was für Dich "Abwesenheit von Zwang" ist? Reicht es dazu, wenn man das Gefühl hat, nicht unter Zwang zu stehen?


Ja das ist in der Tat das komplizierteste Gebiet in der Rechtsprechung. Was genau ist innerer Zwang? Ich kann es dir nicht beantworten, niemand kann es vermutlich. Es kann ein überwältigendes Zwanggefühl sein und trotzdem ist da noch ein Rest "freien Willens". Wie soll man das bewerten? Ich weiß es nicht und es schadet auch gar nichts, mal das Gefühl zu haben, argumentativ nicht weiter zu wissen und an seine Grenzen zu stoßen.
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Schmerzlos
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Anmeldungsdatum: 02.08.2003
Beiträge: 4554

Beitrag(#801894) Verfasst am: 26.08.2007, 11:42    Titel: Antworten mit Zitat

Malcolm hat folgendes geschrieben:
"..."
Und insofern die Religion eher die erste, die Aufklärung eher die zweite Einstellung transportiert, mag man auch daraus wieder ableiten, daß wir im Grunde beides brauchen: Aufklärung und christliche Kultur.


- Vielleicht ist Dir der Gegensatz zwischen "Aufklärung" und so mancher Moralvorstellung
noch nicht aufgefallen. Da wird die Moral zur Pflichtveranstaltung. Tugend streng nach
Vorschrift. Wir sollen uns schuldig fühlen. Am Besten gleich von Geburt.
Da ist "Sünde" das Programm.

Geburt macht weder gut noch schlecht.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
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Beitrag(#801897) Verfasst am: 26.08.2007, 11:43    Titel: Antworten mit Zitat

Malcolm hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Malcolm hat folgendes geschrieben:
Freiheit ist für mich nur Abwesenheit von Zwang, auch innerem Zwang.
Kannst Du bitte genauer definiereren, was für Dich "Abwesenheit von Zwang" ist? Reicht es dazu, wenn man das Gefühl hat, nicht unter Zwang zu stehen?
Ja das ist in der Tat das komplizierteste Gebiet in der Rechtsprechung. Was genau ist innerer Zwang? Ich kann es dir nicht beantworten, niemand kann es vermutlich. Es kann ein überwältigendes Zwanggefühl sein und trotzdem ist da noch ein Rest "freien Willens". Wie soll man das bewerten? Ich weiß es nicht und es schadet auch gar nichts, mal das Gefühl zu haben, argumentativ nicht weiter zu wissen und an seine Grenzen zu stoßen.

Sorry, das kann ich zwar als Deine Gefühlsäußerung akzeptieren, aber nicht als Argumentation gegen den Determinimus, und auch nicht als Definition für "freien Willen".
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Johnnyboy
Stück Scheiße



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Beitrag(#801915) Verfasst am: 26.08.2007, 11:57    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Die Haltung, einen Menschen von jeder Schuld immer und überall freizusprechen, halte ich für kontraproduktiv. Erst muß sich ein Mensch seiner Schuld stellen. Erst muß er diese Schuld bereuen.


Moment: Bevor wir überhaupt errörtern ob das Schuldkonzept haltbar ist, sollen wir uns der Schuld stellen und sie bereuen? Mr. Green

Überdies glaube ich das wirckliche Reue selten aus einem verinnerlichten Schuldkonzept entspringt. Meines Erachtens sind Leute die aus diesem Grund "Reue" empfinden doch nur primär an ihrem "Seelenheil" interessiert. Echtes Bedauern und Mitgefühl bedarf aber keines Damoklesschwertes.
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"Das Leben des Starken erfüllt seinen Sinn, das des Schwachen seinen Zweck".
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#801927) Verfasst am: 26.08.2007, 12:03    Titel: Antworten mit Zitat

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Überdies glaube ich das wirckliche Reue selten aus einem verinnerlichten Schuldkonzept entspringt.

Reue entspringt aus der Einsicht, daß eine eigene Handlung moralisch / ethisch falsch war, oder daß man sie aus einem sonstigen Grund besser nicht getan hätte ("Ich bereue heute, daß ich damals nicht gekauft habe, als es noch billig war.").

Selbst im ersten Fall reicht ein verinnerlichtes moralisches Konzept.
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Argáiþ
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Beitrag(#801929) Verfasst am: 26.08.2007, 12:05    Titel: Antworten mit Zitat

@step

Ich wollte auch nichts unterstellen, es klang nur irgendwie andeutungsweise so, als ob du glauben würdest, es sei im Prinzip Einstellungssache, ob man das "Ich" effektiv als Illusion begreifen kann. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das durch Reflexion verifizierbar ist.

step hat folgendes geschrieben:


Meine Hauptmotivation dabei wäre das aber gar nicht, sondern mir geht es erstmal nur um eine bessere Theorie des (Selbst-)Bewußtseins.


Und damit mehr zum Thema:

Man muss eigentlich in demselben Maß von der Unfreiheit des Willens überzeugt sein, in dem man von der naturgesetzlichen Berechenbarkeit der 'Wirklichkeit' überzeugt ist.

Aber 'freier Wille' muss so auch nicht gesehen werden. Die Freiheitsgrade sind freilich nur subjektiv empfundene, die aus der unvollkommenen Erfassung der Gesamtablaufes des Denkens resultieren, aber genau in diesem Sinne kann doch überhaupt nur von Freiheit gesprochen werden oder nicht? Es kann also trivialerweise nichts in dem Sinne frei sein, als dass es nicht beliebig exakt mathematisch approximierbar ist. Freiheit liegt lediglich im Empfinden darüber, über Optionen zu verfügen. Der Ausdruck 'ich bin frei' ist also Ausdruck einer Emotion und nicht einer Tatsache würde ich sagen. Dann kann sich "frei" ja auf etwas Konkretes beziehen und damit sogar ein objektiver Begriff sein (zB wenn man aus einem Gefängnis ausbricht und damit über faktisch mehr Optionen in Bezug auf etwas Bestimmtes verfügt als zuvor).

Verantwortlichkeit: Gewiss folgt aus einem subjektiv freien Willen keine prinzipielle Verantwortlichkeit und es ergibt sich um so stärker die Notwendigkeit zu untersuchen, in wiefern eigenverantwortliches Handeln in Extremzuständen überhaupt möglich ist, nur sehe ich darin kein allzu großes Potential zB die Rechtssprechung zu verändern, da diese mE diesbezüglich weitgehend laizisiert ist (in Europa).
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
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Beitrag(#801935) Verfasst am: 26.08.2007, 12:17    Titel: Antworten mit Zitat

Semnon hat folgendes geschrieben:
Man muss eigentlich in demselben Maß von der Unfreiheit des Willens überzeugt sein, in dem man von der naturgesetzlichen Berechenbarkeit der 'Wirklichkeit' überzeugt ist.

Eine tatsächliche Berechenbarkeit wird gar nicht benötigt, es reicht eine gewisse Physikalität aus, siehe meine Gretchenfrage weiter oben.

Semnon hat folgendes geschrieben:
... Freiheit liegt lediglich im Empfinden darüber, über Optionen zu verfügen. Der Ausdruck 'ich bin frei' ist also Ausdruck einer Emotion und nicht einer Tatsache würde ich sagen.

Aber eine solche "Freiheit" eignet sich nicht mehr, um von Handlungsalternativen zu sprechen. Jemand würde dann dafür bestraft, daß er sich determiniert unerwünscht verhalten hat, aber das Gefühl der Freiheit dabei hatte.

Semnon hat folgendes geschrieben:
Dann kann sich "frei" ja auf etwas Konkretes beziehen und damit sogar ein objektiver Begriff sein (zB wenn man aus einem Gefängnis ausbricht und damit über faktisch mehr Optionen in Bezug auf etwas Bestimmtes verfügt als zuvor).

Du hast eben nicht mehr (klassische) Optionen als vorher. Du weißt nur weniger darüber, welche Varianten aus physikalischen Gründen nicht eintreten werden. Im Knast ist es dagegen leicht, Du weißt, daß die Tür abgeschlossen ist und Du deshalb nicht durchkannst.

Semnon hat folgendes geschrieben:
Verantwortlichkeit: Gewiss folgt aus einem subjektiv freien Willen keine prinzipielle Verantwortlichkeit und es ergibt sich um so stärker die Notwendigkeit zu untersuchen, in wiefern eigenverantwortliches Handeln in Extremzuständen überhaupt möglich ist, nur sehe ich darin kein allzu großes Potential zB die Rechtssprechung zu verändern, da diese mE diesbezüglich weitgehend laizisiert ist (in Europa).

Sie ist laizisiert, aber nicht frei von archaisch-irrationalen Rechtsvorstellungen.
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Argáiþ
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Anmeldungsdatum: 27.01.2007
Beiträge: 12486

Beitrag(#801941) Verfasst am: 26.08.2007, 12:26    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:

Eine tatsächliche Berechenbarkeit wird gar nicht benötigt, es reicht eine gewisse Physikalität aus, siehe meine Gretchenfrage weiter oben.


Entschuldige, ich hab's jetz nicht suchen wollen, aber eigentlich meinte ich auch keine bestehenden Naturgesetze, sondern genau das: Die Möglichkeit beurteilen zu können, dass es, eventuell noch zu ergründende, Berechnungsgrundlagen für alles gibt. So meintest du das glaube ich auch, ne?


Zitat:
Aber eine solche "Freiheit" eignet sich nicht mehr, um von Handlungsalternativen zu sprechen. Jemand würde dann dafür bestraft, daß er sich determiniert unerwünscht verhalten hat, aber das Gefühl der Freiheit dabei hatte.


zweifellos


Zitat:
Du hast eben nicht mehr (klassische) Optionen als vorher. Du weißt nur weniger darüber, welche Varianten aus physikalischen Gründen nicht eintreten werden. Im Knast ist es dagegen leicht, Du weißt, daß die Tür abgeschlossen ist und Du deshalb nicht durchkannst.


naja, deswegen schrieb ich ja 'in Bezug auf etwas Bestimmtes', also meinte präzise das, was du mit der Tür eben angedeutet hast. Andernfalls würde ich nicht von einer faktischen Vergrößerung der Anzahl der Optionen sprechen können.


Zitat:
Sie ist laizisiert, aber nicht frei von archaisch-irrationalen Rechtsvorstellungen.


Kann gut sein. Wo das der Fall ist, müssen natürlich Anstrengungen unternommen werden, das zu ändern. Glaubst du aber, dass die Veränderungen wesentlich ausfallen würden? Ich habe das Rechtssystem unter diesem Blickwinkel zugegeben auch nicht im Überblick.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#801963) Verfasst am: 26.08.2007, 12:50    Titel: Antworten mit Zitat

Semnon hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Eine tatsächliche Berechenbarkeit wird gar nicht benötigt, es reicht eine gewisse Physikalität aus, siehe meine Gretchenfrage weiter oben.
Entschuldige, ich hab's jetz nicht suchen wollen, aber eigentlich meinte ich auch keine bestehenden Naturgesetze, sondern genau das: Die Möglichkeit beurteilen zu können, dass es, eventuell noch zu ergründende, Berechnungsgrundlagen für alles gibt. So meintest du das glaube ich auch, ne?

Ich wollte nur klarmachen, daß eine faktische Berechenbarkeit nicht notwendig ist. Z.B. wenn sie zu komplex wäre oder wir nicht alle Infos über den Anfangszustand haben. Es reicht aus, daß unsere besten derzeitigen Theorien nahelegen, daß die Vorgänge im Gehirn Naturgesetzen folgen, die durch hinreichend unitäre Operatoren beschreibbar sind. Manche sagen auch "turing-artig", aber ich bevorzuge eine physikalischere Ausdrucksweise, damit keine Irritationen mit Gödel und dgl. aufkommen.


Semnon hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Du hast eben nicht mehr (klassische) Optionen als vorher. Du weißt nur weniger darüber, welche Varianten aus physikalischen Gründen nicht eintreten werden. Im Knast ist es dagegen leicht, Du weißt, daß die Tür abgeschlossen ist und Du deshalb nicht durchkannst.
naja, deswegen schrieb ich ja 'in Bezug auf etwas Bestimmtes', also meinte präzise das, was du mit der Tür eben angedeutet hast. Andernfalls würde ich nicht von einer faktischen Vergrößerung der Anzahl der Optionen sprechen können.

Achso. Ich finde den Ausdruck "faktische Vergrößerung der Anzahl der Optionen" dennoch sehr irreführend. Denn Du meinst wohl eher eine scheinbare Vergrößerung der Optionen durch eine faktische Vergrößerung des Unwissens über die Zukunft. Oder welche Option genau bestand vorher nicht und besteht jetzt?

Semnon hat folgendes geschrieben:
Glaubst du aber, dass die Veränderungen wesentlich ausfallen würden?

Ja, darum ging es ja in diesem thread die ganze Zeit. Ich glabe, daß sie wesentlich ausfallen werden. Z.B. wird mittelfristig, in einer aufgeklärten Gesellschaft, niemand mehr aus Gründen der Vergeltung oder Abschreckung 20 Jahre lang in Haft sitzen. Bis auf extreme Fälle der Sicherheitsverwahrung wird es mE überhaupt keine Gefängnishaft mehr geben.
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Argáiþ
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Anmeldungsdatum: 27.01.2007
Beiträge: 12486

Beitrag(#801985) Verfasst am: 26.08.2007, 13:08    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Ich wollte nur klarmachen, daß eine faktische Berechenbarkeit nicht notwendig ist. Z.B. wenn sie zu komplex wäre oder wir nicht alle Infos über den Anfangszustand haben. Es reicht aus, daß unsere besten derzeitigen Theorien nahelegen, daß die Vorgänge im Gehirn Naturgesetzen folgen, die durch hinreichend unitäre Operatoren beschreibbar sind. Manche sagen auch "turing-artig", aber ich bevorzuge eine physikalischere Ausdrucksweise, damit keine Irritationen mit Gödel und dgl. aufkommen.


die Irritation mit Gödel lässt sich nicht vermeiden. Gödel spricht sich ja auch nicht für das Ende der Beweisbarkeit im Sinne des Anfangs der Metaphysik aus. Auch eine handlungssteuernde Ideologie würde dadurch nicht unterstützt werden.



Zitat:
Achso. Ich finde den Ausdruck "faktische Vergrößerung der Anzahl der Optionen" dennoch sehr irreführend. Denn Du meinst wohl eher eine scheinbare Vergrößerung der Optionen durch eine faktische Vergrößerung des Unwissens über die Zukunft. Oder welche Option genau bestand vorher nicht und besteht jetzt?


Naja, im Knast sind wohl klar definierbare Möglichkeiten ausgeschlossen. Das riecht mir jetz zu sehr nach Haarspalterei um das weiter zu vertiefen, entschuldige.


Zitat:
Ja, darum ging es ja in diesem thread die ganze Zeit. Ich glabe, daß sie wesentlich ausfallen werden. Z.B. wird mittelfristig, in einer aufgeklärten Gesellschaft, niemand mehr aus Gründen der Vergeltung oder Abschreckung 20 Jahre lang in Haft sitzen. Bis auf extreme Fälle der Sicherheitsverwahrung wird es mE überhaupt keine Gefängnishaft mehr geben.


Ich halte es für so gut wie ausgeschlossen, dass so ein Rechtssystem funktionieren würde. Trotzdem kann und muss ich dir Recht in Bezug auf deine Sichtweise der Begründbarkeit von Justizmaßnahmen geben.
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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#802491) Verfasst am: 26.08.2007, 21:31    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:

Semnon hat folgendes geschrieben:
Glaubst du aber, dass die Veränderungen wesentlich ausfallen würden?

Ja, darum ging es ja in diesem thread die ganze Zeit. Ich glabe, daß sie wesentlich ausfallen werden. Z.B. wird mittelfristig, in einer aufgeklärten Gesellschaft, niemand mehr aus Gründen der Vergeltung oder Abschreckung 20 Jahre lang in Haft sitzen. Bis auf extreme Fälle der Sicherheitsverwahrung wird es mE überhaupt keine Gefängnishaft mehr geben.

Aber in deiner "aufgeklärten" Gesellschaft gibt es Gehirnoperationen gegen den Willen der Betroffenen. Mit den Augen rollen

Es wundert mich auch, dass du nun wieder sehr radikal gegen lange Gefängnisstrafen zur Abschreckung auftrittst, wo deine ganze Begründung für diese Ablehnung nach meinem Nachhaken für dich nur mehr darin bestand, dass deine "aufgeklärte" Gesellschaft diese Strafen intuitiv unpopulär finden würde.

Mich stört auch, wie du hier den Begriff "aufgeklärt" verwendest. Meine und Agentprovocaterurs Sichtweise ist genauso aufgeklärt, wie deine, da wir nicht einfach irgendwelche Dogmen unhinterfragt übernehmen, sondern argumentieren und zu eigenen Überzeugungen gekommen sind.

Darüber hinaus solltest du den Begriff eigentlich ablehnen. Wenn es keinen freien Willen gibt, dann kann es auch keine Aufklärung geben. Das sieht man unmittelbar, wenn man sich die Definition Kants ansieht:

Immanuel Kant hat folgendes geschrieben:
AUFKLÄRUNG ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.


Malcolm hat folgendes geschrieben:
Wissenschaftlichkeit ist naiv. Es ist naiv anzunehmen, daß man nur im Gehirn forschen müsse, um dort irgendwann im Gehirn ein kleines schwarzes Kästchen zu finden, auf dem "Seele" oder "Selbst" steht. Es ist noch naiver, nur weil man das kleine schwarze Kästchen nicht gefunden hat, anzunehmen, daß es dergleichen nicht gibt.

Ich verwehre mich dagegen, dass du nur der UFW-Position Wissenschaftlichkeit zusprichst und diese dann auch noch als naiv ablehnst. Und man hat dieses Kästchen für das Selbst übrigens schon gefunden. Man nennt es Gehirn. Dass das Selbst dann auch noch aus Komponenten besteht und nicht unteilbar ist, ist ein anderes Thema. Aber ich bin zuversichtlich, dass die Wissenschaft auch das restlos erforschen wird.
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Kival
Profeminist Ghost



Anmeldungsdatum: 14.11.2006
Beiträge: 24071

Beitrag(#802494) Verfasst am: 26.08.2007, 21:34    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Darüber hinaus solltest du den Begriff eigentlich ablehnen. Wenn es keinen freien Willen gibt, dann kann es auch keine Aufklärung geben. Das sieht man unmittelbar, wenn man sich die Definition Kants ansieht:


Wenn man Kants Definition blind folgt, was natürlich sehr aufgeklärt ist.
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"A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#802508) Verfasst am: 26.08.2007, 21:44    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Darüber hinaus solltest du den Begriff eigentlich ablehnen. Wenn es keinen freien Willen gibt, dann kann es auch keine Aufklärung geben. Das sieht man unmittelbar, wenn man sich die Definition Kants ansieht:


Wenn man Kants Definition blind folgt, was natürlich sehr aufgeklärt ist.

Seine Defintion ist gut begründet. Ich bemängle schon seit längerem, dass der Begriff Aufklärung heutzutage stark mit Belehrung gleichgesetzt wird, was das Gegenteil von dem ist, was Kant eigentlich meinte. z.B: "Wir müssen die Bevölkerung über die Vorteile der Globalisierung aufklären" = Dafür sorgen, dass die Leute so denken, wie man es von ihnen wünscht.
Alternativ steht der Begriff Aufklärung für eine lose Ansammlung an für modern gehaltenen Einstellungen, was ebenso unzulässig ist. Z.B.: "Eine aufgeklärte Gesellschaft kennt keine Todesstrafe"

Einer Defintion kann man nicht blind folgen. Definitionen beschreiben nur ein Konzept. Daraus folgt nicht, dass man das Konzept für wahr oder sinnvoll halten muss.
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Einsiedler
registrierter User



Anmeldungsdatum: 01.03.2007
Beiträge: 1435

Beitrag(#802514) Verfasst am: 26.08.2007, 21:49    Titel: Antworten mit Zitat

Malcolm hat folgendes geschrieben:
Freier Wille hin oder her, in der "schönen neuen Welt" mancher Schreiber hier, die alles für machbar und alles für denkbar halten, möchte ich nicht leben! Gehirnoperationen ... gruselig.


Diese Vorstellung ist wohl hauptsächlich deshalb so abschreckend, weil da sofort diverse (häufig
schlechte) SF-Produktionen in den Sinn kommen. Mit der "Gehirnoperation" ist aber nichts anderes
gemeint als das, was auch heute schon (nur nicht so effektiv) Praxis ist: im modernen Strafvollzug
spielt ja Resozialisierung eine wichtige Rolle, es geht (m.E. aber noch nicht konsequent genug) nicht
darum, dem Täter Schaden zuzufügen, sondern es wird das Ziel verfolgt, die Persönlichkeit des
Täters so zu beeinflussen, daß er beim nächsten Mal nicht straffällig wird. Mehr soll die
"Gehirnoperation" auch nicht bewirken!
(Ob so etwas überhaupt möglich ist, steht auf einem ganz anderen Blatt; insofern ist diese
Diskussion recht akademisch.)

Malcolm hat folgendes geschrieben:
Ist der freie Wille so wichtig? Wenn einer eine verabscheuenswürdige Tat begeht, was kümmert mich da sein freier Wille? Wenn er sie unter Zwang begeht, ja dann kommen wieder die "verminderte Zurechnungsfähigkeit ins Spiel, wenn er diese Tat aber "verantwortet" hat, dann verdient diese Tat Abscheu und Verachtung und sie will gesühnt werden.


Sühne ist doch nur ein Euphemismus für Rache. So etwas sollte im Strafrecht überhaupt keine Rolle spielen.
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Kival
Profeminist Ghost



Anmeldungsdatum: 14.11.2006
Beiträge: 24071

Beitrag(#802517) Verfasst am: 26.08.2007, 21:51    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Darüber hinaus solltest du den Begriff eigentlich ablehnen. Wenn es keinen freien Willen gibt, dann kann es auch keine Aufklärung geben. Das sieht man unmittelbar, wenn man sich die Definition Kants ansieht:


Wenn man Kants Definition blind folgt, was natürlich sehr aufgeklärt ist.

Seine Defintion ist gut begründet.


Sie baut auf Kants Verständnis vom freien Willen auf, dass Du ablehnst Schulterzucken
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"A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#802523) Verfasst am: 26.08.2007, 21:54    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Darüber hinaus solltest du den Begriff eigentlich ablehnen. Wenn es keinen freien Willen gibt, dann kann es auch keine Aufklärung geben. Das sieht man unmittelbar, wenn man sich die Definition Kants ansieht:


Wenn man Kants Definition blind folgt, was natürlich sehr aufgeklärt ist.

Seine Defintion ist gut begründet.


Sie baut auf Kants Verständnis vom freien Willen auf, dass Du ablehnst Schulterzucken

Mit meinem Verständnis des freien Willens, ist Kants Verständnis problemlos vereinbar. Zu Kants Verständnis des freien Willens fällt mir nichts ein. Wo soll der wesentliche Widerspruch zwischem meinem und seinem Verständnis liegen, der mir verunmöglichen würde, seine Definition der Aufklärung für sinnvoll zu erachten?
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step
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Beitrag(#802525) Verfasst am: 26.08.2007, 21:55    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Mich stört auch, wie du hier den Begriff "aufgeklärt" verwendest. Meine und Agentprovocaterurs Sichtweise ist genauso aufgeklärt, wie deine, da wir nicht einfach irgendwelche Dogmen unhinterfragt übernehmen, sondern argumentieren und zu eigenen Überzeugungen gekommen sind.

Ich sehe da einen graduellen Unterschied. Aber ich habe ja nicht das alleinige Nutzungsrecht für diesen Begriff. Du und AP mißbrauchen übrigens den begriff "freier Wille", er hat nichts mehr damit zu tun, was seine mutmaßlichen Erfinder damit ausdrücken wollten.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Darüber hinaus solltest du den Begriff eigentlich ablehnen. Wenn es keinen freien Willen gibt, dann kann es auch keine Aufklärung geben. Das sieht man unmittelbar, wenn man sich die Definition Kants ansieht:

Immanuel Kant hat folgendes geschrieben:
AUFKLÄRUNG ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.

Ich verstehe Dein Argument nicht. Kant wußte halt nicht, wie das Gehirn funktioniert, und glaubte an einen freien Willen (vermutlich nach meiner Definition, weißt Du näheres?). Dennoch wünschte er sich rationalere Menschen. Dies beschrieb er natürlich in seiner aus heutiger Sicht nur teilweise aufgeklärten Sprache. Kant glaubte ja u.a. auch an eine absolute Moral.
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Kival
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Beitrag(#802529) Verfasst am: 26.08.2007, 21:58    Titel: Antworten mit Zitat

Bei Kant besteht die Freiheit darin, dass die Vernung als Ding an-sich unabhängig von der Determination der Erscheinungswelt ist und somit zur freien Entscheidung fähig.
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Einsiedler
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Beitrag(#802530) Verfasst am: 26.08.2007, 21:59    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Aber in deiner "aufgeklärten" Gesellschaft gibt es Gehirnoperationen gegen den Willen der Betroffenen. Mit den Augen rollen


Und in der heutigen Gesellschaft gibt es Haftstrafen gegen den Willen der Betroffenen.
Ist das so viel besser?
Wird ein verurteilter Täter vorher gefragt, ob er damit einverstanden ist, daß seine
Persönlichkeit durch eine (lange) Haftstrafe geändert wird?
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Sokrateer
souverän



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Beitrag(#802532) Verfasst am: 26.08.2007, 22:01    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Mich stört auch, wie du hier den Begriff "aufgeklärt" verwendest. Meine und Agentprovocaterurs Sichtweise ist genauso aufgeklärt, wie deine, da wir nicht einfach irgendwelche Dogmen unhinterfragt übernehmen, sondern argumentieren und zu eigenen Überzeugungen gekommen sind.

Ich sehe da einen graduellen Unterschied. Aber ich habe ja nicht das alleinige Nutzungsrecht für diesen Begriff. Du und AP mißbrauchen übrigens den begriff "freier Wille", er hat nichts mehr damit zu tun, was seine mutmaßlichen Erfinder damit ausdrücken wollten.

Genau das werfe ich dir vor. Du machst den freien Willen von nicht näher spezifizierten nichtdeterministischen Ereignissen abhängig.

step hat folgendes geschrieben:

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Darüber hinaus solltest du den Begriff eigentlich ablehnen. Wenn es keinen freien Willen gibt, dann kann es auch keine Aufklärung geben. Das sieht man unmittelbar, wenn man sich die Definition Kants ansieht:

Immanuel Kant hat folgendes geschrieben:
AUFKLÄRUNG ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.

Ich verstehe Dein Argument nicht. Kant wußte halt nicht, wie das Gehirn funktioniert, und glaubte an einen freien Willen (vermutlich nach meiner Definition, weißt Du näheres?). Dennoch wünschte er sich rationalere Menschen. Dies beschrieb er natürlich in seiner aus heutiger Sicht nur teilweise aufgeklärten Sprache. Kant glaubte ja u.a. auch an eine absolute Moral.

Warum soll seine Sprache nicht aufgeklärt sein? Kant philosophierte und begründete alles, was er sagt. Eine unaufgeklärte Sprache klingt so: "Wir müssen gegen die Scheidung sein, weil Jesus das gesagt hat."

Übrigens bin ich auch davon überzeugt, dass es absolut wahre ethische Prinzipien gibt.
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Sokrateer
souverän



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Beitrag(#802542) Verfasst am: 26.08.2007, 22:09    Titel: Antworten mit Zitat

Einsiedler hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Aber in deiner "aufgeklärten" Gesellschaft gibt es Gehirnoperationen gegen den Willen der Betroffenen. Mit den Augen rollen


Und in der heutigen Gesellschaft gibt es Haftstrafen gegen den Willen der Betroffenen.
Ist das so viel besser?
Wird ein verurteilter Täter vorher gefragt, ob er damit einverstanden ist, daß seine
Persönlichkeit durch eine (lange) Haftstrafe geändert wird?

Ich spreche mich nicht prinzipiell gegen Gehirnoperationen aus. Das Ganze ist aber momentan Utopie. Sobald es solche Möglichkeiten gibt, kann man sich konkret damit beschäftigen.

Ich frage mich nur, wie steps Empörung über "barbarische" Haftstrafen mit seiner Nichtempörung gegenüber den zwangsweisen, präventiven Gehirnoperationen vereinbar ist, die er sich ja wünscht. Wenn step wenigstens ein echter Pazifist und Gewaltablehner ist, wie Jesus in der Bergpredigt, oder gewisse religiöse Strömungen, wie die Jains, dann wäre seine Haltung gegen Haftstrafen ja noch irgendwie verständlich. Aber er ist ja durchaus dazu bereit anderen für das Gemeinwohl ein Übel anzutun.

Übrigens gäbe es einen Eingriff, den man schon heute machen könnte, der Gewalttaten senken würde, nämlich den Testosteronspiegel in Männern zu senken. Diskutieren wir mal diese konkrete Maßnahme und sehen wir uns an, ob step soetwas wirklich wünscht.


Zuletzt bearbeitet von Sokrateer am 26.08.2007, 22:11, insgesamt einmal bearbeitet
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AgentProvocateur
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Beitrag(#802544) Verfasst am: 26.08.2007, 22:10    Titel: Antworten mit Zitat

Einsiedler hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Aber in deiner "aufgeklärten" Gesellschaft gibt es Gehirnoperationen gegen den Willen der Betroffenen. Mit den Augen rollen

Und in der heutigen Gesellschaft gibt es Haftstrafen gegen den Willen der Betroffenen.
Ist das so viel besser?
Wird ein verurteilter Täter vorher gefragt, ob er damit einverstanden ist, daß seine
Persönlichkeit durch eine (lange) Haftstrafe geändert wird?

Der Unterschied liegt darin, dass das eine im Vorneherein festgelegt und bekannt ist und man es in seine Zukunftspläne einbeziehen kann. Das andere nicht. Also Willkür vs. keine Willkür.
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kolja
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Beitrag(#802546) Verfasst am: 26.08.2007, 22:11    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Ich frage mich nur, wie steps Empörung über "barbarischen" Haftstrafen mit seiner Nichtempörung gegenüber den zwangsweisen, präventiven Gehirnoperationen vereinbar ist, die er sich ja wünscht. Wenn step wenigstens ein echter Pazifist und Gewaltablehner ist, wie Jesus in der Bergpredigt, oder gewisse religiöse Strömungen, wie die Jains, dann wäre seine Haltung gegen Haftstrafen ja noch irgendwie verständlich. Aber er ist ja durchaus dazu bereit anderen für das Gemeinwohl ein Übel anzutun.

Er hält halt Gehirnoperationen für ein viel geringeres Übel als jahrelange Haftstrafen. Ist das so schwer zu verstehen?
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Sokrateer
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Beitrag(#802569) Verfasst am: 26.08.2007, 22:21    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Ich frage mich nur, wie steps Empörung über "barbarischen" Haftstrafen mit seiner Nichtempörung gegenüber den zwangsweisen, präventiven Gehirnoperationen vereinbar ist, die er sich ja wünscht. Wenn step wenigstens ein echter Pazifist und Gewaltablehner ist, wie Jesus in der Bergpredigt, oder gewisse religiöse Strömungen, wie die Jains, dann wäre seine Haltung gegen Haftstrafen ja noch irgendwie verständlich. Aber er ist ja durchaus dazu bereit anderen für das Gemeinwohl ein Übel anzutun.

Er hält halt Gehirnoperationen für ein viel geringeres Übel als jahrelange Haftstrafen. Ist das so schwer zu verstehen?

Darüber kann man diskutieren, sobald diese magischen Gehirnoperationen möglich sind.

Die Abschreckung Dritter lehnt step aber, so wie ich das verstanden habe, kategorisch ab, ganz ohne dem diese Gehirnoperationen gegenüberzustellen.

Weiters muss man sich fragen, ob derartige Eingriffe in den Menschen nicht eigentlich eine Themenverfehlung sind. Schließlich bewegt man sich damit auf einen Transhumanismus zu. Man fragt sich nicht mehr, wie der Mensch, so wie er ist, möglichst glücklich leben kann, sondern damit, ideale, utopische Wesen zu erschaffen.
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Einsiedler
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Beitrag(#802587) Verfasst am: 26.08.2007, 22:32    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Einsiedler hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Aber in deiner "aufgeklärten" Gesellschaft gibt es Gehirnoperationen gegen den Willen der Betroffenen. Mit den Augen rollen

Und in der heutigen Gesellschaft gibt es Haftstrafen gegen den Willen der Betroffenen.
Ist das so viel besser?
Wird ein verurteilter Täter vorher gefragt, ob er damit einverstanden ist, daß seine
Persönlichkeit durch eine (lange) Haftstrafe geändert wird?

Der Unterschied liegt darin, dass das eine im Vorneherein festgelegt und bekannt ist und man es in seine Zukunftspläne einbeziehen kann. Das andere nicht. Also Willkür vs. keine Willkür.


Das verstehe ich nicht. Wenn dem Straftäter statt Haft eine Gehirnuntersuchung mit anschließender
Operation bevorsteht, ist das doch ebenso vorher bekannt und kann in die Planung einbezogen
werden.
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