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Argáiþ
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Anmeldungsdatum: 27.01.2007
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Beitrag(#815523) Verfasst am: 11.09.2007, 15:27    Titel: Antworten mit Zitat

Das kann man gut begründet so sehen und der kann das sicher gut begründen. Aber ein zensurrelvantes Meinungsdiktat...?
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zelig
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Beitrag(#815758) Verfasst am: 11.09.2007, 19:04    Titel: Antworten mit Zitat

Blanka hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Damit wird, als logische Konsequenz, Ethik selber unmöglich.

Nein, nur Ethik im traditionellen Sinne, also die Suche nach von oben vorgegebenem Sollen mit metaphysischer Rechenschaftsablegung und Sühne. Eine utilitaristische Ethik bleibt möglich.


Es gibt keine Steuerung, es gibt keine Entscheidung, es existiert einzig Beobachtung und Beschreibung -allerdings auch nicht in dem Sinne, daß auf Bedeutungsebene ein Prozess stattfindet, der nicht bereits vor Jahrmilliarden determiniert war. Da gibt es also auch keinen Platz mehr für eine utilitaristische Ethik. Warum willst Du da überhaupt noch einen Ethik-Begriff retten?


es ergibt keinen zusammenhang, was Du da schreibst. wieso sollte ethik nicht möglich sein ? das sind programmverhaltensvorschriften für unbestimmte programme. das macht sinn und ist zweckmäßig. so what ?


Hm. Ich meine das so, daß es in der Ethik darum geht, Regeln für Handlungsweisen zu, naja, diskutieren, verwerfen, finden.. und möglicherweise sogar praktisch umzusetzen. Diese Annahme aber setzt voraus, daß der Mensch prinzipiell in der Lage ist, die eine Handlung zu verwerfen, eine andere aber auszuführen. Wenn meine Entscheidung seit Jarmilliarden Jahren bereits determiniert ist, dann ist Ethik eine ebenso illusionäre Angelegenheit wie der freie Wille selber. Übrigens auch unsere Diskussion hier.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
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Beitrag(#815769) Verfasst am: 11.09.2007, 19:16    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Hm. Ich meine das so, daß es in der Ethik darum geht, Regeln für Handlungsweisen zu, naja, diskutieren, verwerfen, finden.. und möglicherweise sogar praktisch umzusetzen.

Ja.

zelig hat folgendes geschrieben:
Diese Annahme aber setzt voraus, daß der Mensch prinzipiell in der Lage ist, die eine Handlung zu verwerfen, eine andere aber auszuführen.

Ja. Was aber keineswegs bedeutet, daß er sich aussuchen kann, welche Handlung er verwirft und welche er ausführt.

zelig hat folgendes geschrieben:
Wenn meine Entscheidung seit Jarmilliarden Jahren bereits determiniert ist, dann ist Ethik eine ebenso illusionäre Angelegenheit wie der freie Wille selber.

Das kommt darauf an, was man unter Ethik versteht. Deshalb schrieb ich:

step hat folgendes geschrieben:
Nein, nur Ethik im traditionellen Sinne, also die Suche nach von oben vorgegebenem Sollen mit metaphysischer Rechenschaftsablegung und Sühne. Eine utilitaristische Ethik bleibt möglich.

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Argáiþ
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Anmeldungsdatum: 27.01.2007
Beiträge: 12486

Beitrag(#815773) Verfasst am: 11.09.2007, 19:18    Titel: Antworten mit Zitat

Gibt es einen ernstzunehmenden metaphysischen Zweig der Ethik? Also einen, der Einfluss auf Gesetzesbildung oder Rechtsprechung hat? Ich meine nicht nur einen Marginalen. Irgend ein Essay o.ä. darüber?
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zelig
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Beiträge: 25405

Beitrag(#815779) Verfasst am: 11.09.2007, 19:25    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Nein, nur Ethik im traditionellen Sinne, also die Suche nach von oben vorgegebenem Sollen mit metaphysischer Rechenschaftsablegung und Sühne. Eine utilitaristische Ethik bleibt möglich.


Wir können doch besser darüber diskutieren, wenn wir die Buzzer "von oben vorgegeben", "metaphysische Rechenschaftsablegung" und "Sühne" beiseite lassen.

Kannst Du mir Deinen Standpunkt ein wenig erläutern? Ich verstehe nicht, wie wir in einer utilitaristischen Ethik auf eine Steuerungsmöglichkeit verzichten können. Vielleicht fehlt mir da irgendwofür das Verständnis.
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step
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Beitrag(#815803) Verfasst am: 11.09.2007, 19:39    Titel: Antworten mit Zitat

@zelig: Das ist ganz einfach. Stell dir das Ethikbetreiben, also das Systematisieren von Handlungsbewertungen, ähnlich vor wie eine normale Tätigkeit, z.B. das Sortieren einer Schublade.

zelig hat folgendes geschrieben:
Ich verstehe nicht, wie wir in einer utilitaristischen Ethik auf eine Steuerungsmöglichkeit verzichten können.

Nun, wir haben ein Ziel, z.B. eine übersichtlich Schublade. Unser Gehirn braucht nicht unbedingt einen freien Willen, um aufgrund dieses Ziels mit dem Aufräumen zu beginnen.
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zelig
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Beitrag(#815828) Verfasst am: 11.09.2007, 20:02    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
@zelig: Das ist ganz einfach. Stell dir das Ethikbetreiben, also das Systematisieren von Handlungsbewertungen, ähnlich vor wie eine normale Tätigkeit, z.B. das Sortieren einer Schublade.

zelig hat folgendes geschrieben:
Ich verstehe nicht, wie wir in einer utilitaristischen Ethik auf eine Steuerungsmöglichkeit verzichten können.

Nun, wir haben ein Ziel, z.B. eine übersichtlich Schublade. Unser Gehirn braucht nicht unbedingt einen freien Willen, um aufgrund dieses Ziels mit dem Aufräumen zu beginnen.


Hm, Ethik würde bedeuten, daß wir über das Ordnungs-System streiten könnten. Deine Analogie lässt das nicht zu.
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Beitrag(#815833) Verfasst am: 11.09.2007, 20:09    Titel: Antworten mit Zitat

Naja, man kann darüber streiten wie über jede utilitaristische Methode, d.h. es würde Falsifizierbarkeit gefordert werden. Das ist eigentlich ein großer Vorteil, da es Traditionalismus verhindert, jedenfalls theoretisch. Dabei wird aber die de facto bestehende Interessenslage der Gesellschaft ignoriert (die enkulturiert und zum großen Teil irrational ist), bzw. unterstellt, die Gesellschaft würde eine strikt rationale Handlungsethik bei ansteigendem Bildungsniveau schon akzeptieren, was hochgradig hazardös ist, da letztlich nur zählt, ob es funktioniert oder nicht.
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step
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Beitrag(#815844) Verfasst am: 11.09.2007, 20:18    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Hm, Ethik würde bedeuten, daß wir über das Ordnungs-System streiten könnten. Deine Analogie lässt das nicht zu.

Das verstehe ich jetzt wieder nicht. Ist Dein Punkt etwa, daß man zum Streiten einen freien Willen braucht, nicht jedoch zum Aufräumen?
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step
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Beitrag(#815848) Verfasst am: 11.09.2007, 20:25    Titel: Antworten mit Zitat

Semnon hat folgendes geschrieben:
Das ist eigentlich ein großer Vorteil, da es Traditionalismus verhindert, jedenfalls theoretisch.

Ja.

Semnon hat folgendes geschrieben:
Dabei wird aber die de facto bestehende Interessenslage der Gesellschaft ignoriert (die enkulturiert und zum großen Teil irrational ist), ...

Nur wenn man Ziele zwangsweise vorgeben würde. Das vertrete ich aber gar nicht, sondern rede über meine eigenen Vorstellungen und Interessen. Mir ist klar, daß andere Leute andere Ziele haben.

Semnon hat folgendes geschrieben:
... bzw. unterstellt, die Gesellschaft würde eine strikt rationale Handlungsethik bei ansteigendem Bildungsniveau schon akzeptieren, ...

Das unterstelle ich nicht, halte aber eine solche Entwicklung tendenziell für möglich.
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Beitrag(#815854) Verfasst am: 11.09.2007, 20:29    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Hm, Ethik würde bedeuten, daß wir über das Ordnungs-System streiten könnten. Deine Analogie lässt das nicht zu.

Das verstehe ich jetzt wieder nicht. Ist Dein Punkt etwa, daß man zum Streiten einen freien Willen braucht, nicht jedoch zum Aufräumen?


Wieso muss Ethik ein optimierbare Methode sein? Wieso ignorierst du ständig, dass das nichts weiter ist, als Konsens, in dem auch Meinungen berücksichtigt werden müssen, die zB einen freien Willen postulieren. Wenn du Falsifizierbarkeit, was du ja letztlich haben wiollst, in Bezug auf ethische Konzepte für bindend hälst, wärst du ein Gegner der Demokratie Schulterzucken
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Beitrag(#815859) Verfasst am: 11.09.2007, 20:30    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:

Nur wenn man Ziele zwangsweise vorgeben würde. Das vertrete ich aber gar nicht, sondern rede über meine eigenen Vorstellungen und Interessen. Mir ist klar, daß andere Leute andere Ziele haben.



Ach so, ja ok.

Edit: Also die Grundfrage, ob Ethik konsentiell oder szientistisch sein sein muss, interessiert dich gar nicht?
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zelig
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Beitrag(#815861) Verfasst am: 11.09.2007, 20:33    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Hm, Ethik würde bedeuten, daß wir über das Ordnungs-System streiten könnten. Deine Analogie lässt das nicht zu.

Das verstehe ich jetzt wieder nicht. Ist Dein Punkt etwa, daß man zum Streiten einen freien Willen braucht, nicht jedoch zum Aufräumen?


Nein. Ich meinte, daß das, was wir als Ethik bezeichnen, die Auseinandersetzung um die bessere Ordnung in der Schublade wäre. Deine Analogie stimmt also eigentlich (von Deinem Standpunkt aus), aber ich bestreite, daß dies Ethik ist. Da das Ordnungs-System in Deiner Analogie nicht diskutiert wird. Aufräumen geht natürlich ohne Entscheidung. Aber erst nach der Diskussion, ob die großen oder die kleinen Legosteine nach vorne kommen.
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Argáiþ
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Beitrag(#815870) Verfasst am: 11.09.2007, 20:39    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Hm, Ethik würde bedeuten, daß wir über das Ordnungs-System streiten könnten. Deine Analogie lässt das nicht zu.

Das verstehe ich jetzt wieder nicht. Ist Dein Punkt etwa, daß man zum Streiten einen freien Willen braucht, nicht jedoch zum Aufräumen?


Nein. Ich meinte, daß das, was wir als Ethik bezeichnen, die Auseinandersetzung um die bessere Ordnung in der Schublade wäre. Deine Analogie stimmt also eigentlich (von Deinem Standpunkt aus), aber ich bestreite, daß dies Ethik ist. Da das Ordnungs-System in Deiner Analogie nicht diskutiert wird. Aufräumen geht natürlich ohne Entscheidung. Aber erst nach der Diskussion, ob die großen oder die kleinen Legosteine nach vorne kommen.


Du kommst, in dem du die Tatsache der Alleinexistenz des Aufräumens (was u.a. auch streiten ist!) bestreitest, wieder regressiv zu der Grundsatzdebatte zurück, wo es als offen postuliert wird, ob Wille, komplementär zum naturwissenschaftlichen Bild, frei ist.

Es muss von deiner Seite also klar gestellt werden, ob du klassische Ethik forderst und damit einen Schwebezustand zwischen Nichtglauben und Glauben an einen freien Willen, wenn du der Ansicht bist, dass Ethik nicht auf ihren utilitaristischen Anteil reduziert werden kann. Ansonsten führst du nur eine Begriffsdiskussion, die man mit geeigneten Definitionen beenden kann.
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zelig
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Beiträge: 25405

Beitrag(#815880) Verfasst am: 11.09.2007, 20:51    Titel: Antworten mit Zitat

Semnon hat folgendes geschrieben:
Ansonsten fürst du nur eine Begriffsdiskussion, die man mit geeigneten Definitionen beenden kann.


Ja, eventuell. In diesem Diskussionzweig geht mir ja auch darum, inwiefern man als Determinist noch von "Ethik" sprechen kann. Meines Erachtens wäre das ein unrettbarer Begriff. Wie auch so vieles andere (letztlich unsere permanente Annahme, jetzt, beim Diskutieren, es ginge um das Finden irgendwelcher Lösungen, oder Begriffe und Argumente hätten auf Bedeutungsebene irgendeine Relevanz... das müsste man eigentlich fallenlassen - zumindest wenn man auch Dekonstruktivist ist. Also eigentlich möchte ich das gerade verstehen, warum man noch an "Ethik" festhalten will, wenn - ich glaube, das macht es klarer - jedes Ereignisse zu jedem Zeitpunkt in der Zukunft bereits festgelegt ist (durch uns hindurch, sozusagen, aber nicht von uns gesteuert). Das könnte ein Streit um Begrifflichkeiten sein. Aber ich glaube das nicht.
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Argáiþ
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Beitrag(#815883) Verfasst am: 11.09.2007, 20:53    Titel: Antworten mit Zitat

Sehe ich auch so, alles, deshalb will ich dauernd drüber diskutieren, ob man Ethik weiterhin konsentiell sehen muss oder als wissenschaftlich (und damit den Begriff gegebenenfalls fallen lassen soll) oder als einen Mischzustand.
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step
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Beitrag(#815890) Verfasst am: 11.09.2007, 20:58    Titel: Antworten mit Zitat

Semnon hat folgendes geschrieben:
Gibt es einen ernstzunehmenden metaphysischen Zweig der Ethik? Also einen, der Einfluss auf Gesetzesbildung oder Rechtsprechung hat? Ich meine nicht nur einen Marginalen. Irgend ein Essay o.ä. darüber?


Also einen metaphysischen Zweig der Ethik kannst Du z.B. hier im Forum bewundern - immer wenn es um Gut und "Böse", um Schuld usw. geht. - All diese Begriffe, die u.a. auch unser Strafrecht prägen - basieren auf metaphysischen Vorstellungen, etwa der des Freien Willens.

Auch die heutzutage gebräuchlichen sog. Menschenrechte basieren auf metaphysischen Setzungen über die "Person", den Beginn des Lebens usw.

Das Christentum, das ja nun einmal noch heute Einfluß auf unsere Ethik und Rechtsprechung hat, begründet die Ethik komplett metaphysisch und begreift sogar sich selbst aus unabdingbare Voraussetzung für Humanismus.

Tja, was kann ich sonst anbieten?

Kant könnte ich natürlich zitieren, aber vielleicht etwas weniger Bekanntes:

M.Heidegger in einem seiner lichteren Momente: Über den Humanismus. Brief an J.Beaufret, Paris; Bern (Francke) 1954 hat folgendes geschrieben:
Jeder Humanismus gründet entweder in einer Metaphysik, oder er macht sich selber zum Grund einer solchen. Jede Bestimmung des Wesens des Menschen, die schon die Auslegung des Seienden ohne die Frage nach der Wahrheit des Seins voraussetzt, sei es mit Wissen, sei es ohne Wissen, ist metaphysisch. [...] Der Humanismus fragt bei der Bestimmung der Menschlichkeit des Menschen nicht nur nicht nach dem Bezug des Seins zum Menschenwesen. Der Humanismus verhindert sogar diese Frage, da er sie auf Grund seiner Herkunft aus der Metaphysik weder kennt noch versteht.


Das soll erstmal reichen. Entsprechende Aufsätze von Ethikkommissionsmitgliedern, Philosophieprofessoren usw. kannst Du Dir leicht selber suchen.

Zum Abschluss noch: Selbst Schmidt-Salomon spricht von einem "unaufkündbaren ethischen Imperativ" - meint allerdings eher den sozialen Druck einer aufeinander angewiesenen Gemeinschaft.
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step
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Beitrag(#815898) Verfasst am: 11.09.2007, 21:01    Titel: Antworten mit Zitat

Semnon hat folgendes geschrieben:
Also die Grundfrage, ob Ethik konsentiell oder szientistisch sein sein muss, interessiert dich gar nicht?

Ich verstehe Ethik als mehrheitlich konsentiell. Das ist nicht unbedingt Widerspruch zu einer stärkeren Rationalität bzw. wiss. Fundierung.
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Argáiþ
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Beitrag(#815902) Verfasst am: 11.09.2007, 21:05    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:


Zum Abschluss noch: Selbst Schmidt-Salomon spricht von einem "unaufkündbaren ethischen Imperativ" - meint allerdings eher den sozialen Druck einer aufeinander angewiesenen Gemeinschaft.


Du meinst, dass es den Dummerchen verziehen werden kann, wenn sie sich nicht aufführen wie Roboter? Lachen Nur Spass.

ich sehe das im Grunde nicht anders als dein S-S ( Lachen ) aber ich bin etwas vorsichtiger damit, die Tatsache des Sozialen als Freizeitmuse abzutun oder was auch immer ihr garstigen Szientisten damit vor habt zwinkern

"Druck" ist ganz richtig. Das ist die maßgebliche Kraft, die die Modalitäten der Koexistenz erzwingen und Ethik kann das entweder bündeln und/oder mit metaphysischen Diktaten versehen und jetzt findest du, dass szientistische Diktate eine prinzipielle Alternative seien?


Zuletzt bearbeitet von Argáiþ am 11.09.2007, 21:07, insgesamt einmal bearbeitet
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Argáiþ
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Anmeldungsdatum: 27.01.2007
Beiträge: 12486

Beitrag(#815904) Verfasst am: 11.09.2007, 21:06    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Semnon hat folgendes geschrieben:
Also die Grundfrage, ob Ethik konsentiell oder szientistisch sein sein muss, interessiert dich gar nicht?

Ich verstehe Ethik als mehrheitlich konsentiell. Das ist nicht unbedingt Widerspruch zu einer stärkeren Rationalität bzw. wiss. Fundierung.


Das finde ich auch, aber der Beitrag des "rationalen Diktats" kann dann nur durch seine konkreten Elemente legitimiert werden. Das heisst, man müsste tatsächlich über konkrete Maßnahmen reden. Das man einen guten Vorsatz hat, kann man immer erklären.
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AgentProvocateur
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Beiträge: 7851
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Beitrag(#815968) Verfasst am: 11.09.2007, 21:58    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Semnon hat folgendes geschrieben:
Gibt es einen ernstzunehmenden metaphysischen Zweig der Ethik? Also einen, der Einfluss auf Gesetzesbildung oder Rechtsprechung hat? Ich meine nicht nur einen Marginalen. Irgend ein Essay o.ä. darüber?

Also einen metaphysischen Zweig der Ethik kannst Du z.B. hier im Forum bewundern - immer wenn es um Gut und "Böse", um Schuld usw. geht. - All diese Begriffe, die u.a. auch unser Strafrecht prägen - basieren auf metaphysischen Vorstellungen, etwa der des Freien Willens.

Hm, jedoch nicht auf Deiner Definition des freien Willens.

Metaphysik scheint für Dich ein rotes Tuch zu sein - könntest Du kurz erläutern, was Du genau darunter verstehst?

step hat folgendes geschrieben:
Auch die heutzutage gebräuchlichen sog. Menschenrechte basieren auf metaphysischen Setzungen über die "Person", den Beginn des Lebens usw.

Sind Setzungen für Dich schon Metaphysik? Falls ja: wie sollte man ohne solche (untereinander vereinbarten) Setzungen auskommen können?

step hat folgendes geschrieben:
Zum Abschluss noch: Selbst Schmidt-Salomon spricht von einem "unaufkündbaren ethischen Imperativ" - meint allerdings eher den sozialen Druck einer aufeinander angewiesenen Gemeinschaft.

Hm, ein ethischer Imperativ bedeutet aber noch lange keine absolute Setzung. Es kann einfach nur heißen, dass man bestimmte Grundlagen für ein gesellschaftliches Miteinander als unabdingbar ansieht, zum Beispiel den Grundsatz, dass wir miteinander reden und uns nicht töten, wenn uns etwas am anderen nicht passt.
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Argáiþ
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Beiträge: 12486

Beitrag(#815982) Verfasst am: 11.09.2007, 22:08    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Semnon hat folgendes geschrieben:
Gibt es einen ernstzunehmenden metaphysischen Zweig der Ethik? Also einen, der Einfluss auf Gesetzesbildung oder Rechtsprechung hat? Ich meine nicht nur einen Marginalen. Irgend ein Essay o.ä. darüber?

Also einen metaphysischen Zweig der Ethik kannst Du z.B. hier im Forum bewundern - immer wenn es um Gut und "Böse", um Schuld usw. geht. - All diese Begriffe, die u.a. auch unser Strafrecht prägen - basieren auf metaphysischen Vorstellungen, etwa der des Freien Willens.

Hm, jedoch nicht auf Deiner Definition des freien Willens.

Metaphysik scheint für Dich ein rotes Tuch zu sein - könntest Du kurz erläutern, was Du genau darunter verstehst?

step hat folgendes geschrieben:
Auch die heutzutage gebräuchlichen sog. Menschenrechte basieren auf metaphysischen Setzungen über die "Person", den Beginn des Lebens usw.

Sind Setzungen für Dich schon Metaphysik? Falls ja: wie sollte man ohne solche (untereinander vereinbarten) Setzungen auskommen können?

step hat folgendes geschrieben:
Zum Abschluss noch: Selbst Schmidt-Salomon spricht von einem "unaufkündbaren ethischen Imperativ" - meint allerdings eher den sozialen Druck einer aufeinander angewiesenen Gemeinschaft.

Hm, ein ethischer Imperativ bedeutet aber noch lange keine absolute Setzung. Es kann einfach nur heißen, dass man bestimmte Grundlagen für ein gesellschaftliches Miteinander als unabdingbar ansieht, zum Beispiel den Grundsatz, dass wir miteinander reden und uns nicht töten, wenn uns etwas am anderen nicht passt.


Ich bin mal so impertinent, tschulliung step:

Es geht darum, ob man eine rein konsentielle "Setzung" will oder eine von einer elitären Minderheit wissenschaftlich begründete oder beides. Selbstverständlich muss man immer "setzen", es geht einzig um die Begründung einer "Setzung" (und darum, dass sie vorteilhafterweise falsifizierbar sein könnte). Auch Methaphysik leitet sich von der Begründung der "Setzung" ab.
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AgentProvocateur
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Beiträge: 7851
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Beitrag(#816007) Verfasst am: 11.09.2007, 22:31    Titel: Antworten mit Zitat

Semnon hat folgendes geschrieben:
Es geht darum, ob man eine rein konsentielle "Setzung" will oder eine von einer elitären Minderheit wissenschaftlich begründete oder beides. Selbstverständlich muss man immer "setzen", es geht einzig um die Begründung einer "Setzung" (und darum, dass sie vorteilhafterweise falsifizierbar sein könnte).

Hm, verstehe ich nicht so richtig. Wie begründet man denn zum Beispiel ein Tötungsverbot wissenschaftlich oder falsifizierbar? Man kommt doch immer an einen Ausgangspunkt, der nicht weiter aufgelöst werden kann (ich will das so oder ähnlich) und das ist dann die Setzung. Oder?

Semnon hat folgendes geschrieben:
Auch Methaphysik leitet sich von der Begründung der "Setzung" ab.

Naja, ich kann mit diesem Begriff "Metaphysik" sehr wenig anfangen. Was ist das denn eigentlich genau?
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Argáiþ
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Beitrag(#816458) Verfasst am: 12.09.2007, 16:40    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Man kommt doch immer an einen Ausgangspunkt, der nicht weiter aufgelöst werden kann (ich will das so oder ähnlich) und das ist dann die Setzung. Oder?


Das Tötungsverbot zu hinterfragen ist aber möglich. ZB bezüglich Eugenik, bezüglich Sterbehilfe, bezüglich exekutiver Befugnisse, etc. Die Tötungshemmung ist in hohem Maße kulturell bedingt und weit weniger an Instinkte oder ähnliches gebunden. Wir möchten keine Gesellschaft mit Blutrache, Eugenik, auch keine Duelle, etc und legen uns darauf fest aufgrund einer Konvention, basta.

Eine wissenschaftlich begründetes Tötungsverbot könnte sich zum Beispiel loslösen von willkürlichen Setzungen, wie "das menschliche Leben ist unendlich wertvoll" und ähnlichem und ließe wohl die Debatte über die Tötung behinderter Säuglinge zu, usw. Das haben wir ja damals gemeinsam angefochten. Es ist mit machtvoller Deutlichkeit ersichtlich, dass die Akzeptanz der Gesellschaft für Methoden des Zusammenlebens hier "gut" und "böse" bestimmt und wenn man sich als Wissenschaftler aus "rationalen" Gründen gegen die gesellschaftlichen Konventionen stellt und Erfolg haben will, müsste man natürlich erst einmal Widerstand brechen, womit der Systemumsturz und die anschließende Bevölkerungskontrolle in das ethische Kalkül des Wissenschaftlers miteinbezogen werden muss.

Weiterhin bleibt überhaupt die Frage, ob eine weitgehend nichtkonsentielle, also diktierte, Ethik überhaupt gültig sein kann. Das ist allerdings leicht zu beantworten: Die Irritation, die strikte Rationalisten hier erleiden und oft nur träge bemerken ist, dass es der Wille der Gesellschaft ist, der die Norm festlegt, denn was macht eine noch so gut begründete, rationale Handlungstheorie aus, wenn das "Gesamtglück" durch die dieser Handlungstheorie widersprechenden, irrationalen Vorstellungen der Gesellschaft drastisch gemildert wird? Nichts! Ethik kann daher im Grunde nur maximal insofern an strikte Rationalität gebunden sein, als dass diese intersubjektiv von Mehrheiten anerkannt wird. Etwas, das überwiegend - auch aus irrationalen Gründen - Leid verursacht, kann alles sein, nur nicht ethisch! Selbst der kaltblütigste Rationalist muss dies zwingend einsehen und akzeptieren. Der Grundlegende Ansatz, dass eine dekonstruierte, strikt rationale Ethik unter allen Umständen die bessere Ethik sei, kann nicht ohne zusätzliche Bedingungen auskommen. Man darf und muss also den sich so Äußernden immer darauf hinweisen, dass es Spekulation ist, ob rationale ethische Konzepte im Falle der Einsicht (*) zwingend zu Glücksoptimierung führen. Die Folgerung, Menschen würden letztlich die Logik vorziehen, ist ein argumentativer Kurzschluss. Es ist also nicht gültig vorzuschlagen, eine intellektuelle Aristokratie diktiert zunächst dem Volk, was das Beste für es ist, mit der Begründung, dass es eine Zeitfrage sei, dass das Volk dies irgendwann für alle Ewigkeit anerkennen wird. Das ist nicht auszuschließen, aber der einzige Weg, diese Hypothese zu überprüfen ist der Konsens. Ethik muss aufgrund der Einigung möglichst vieler evolvieren, dadurch ist sowohl ein rationalistisches Diktat ausgeschlossen, als auch eine Entwicklungsmöglichkeit hin zur "logischen Sozietät" überhaupt erst möglich. Selbst der Rationalist muss also aufgrund der Logik beim Konsens bleiben (was er immernoch mittels Argumentation beeinflussen kann), auch dann, wenn seine noch so durchdachten Vorschläge aufgrund von blödsinnigen Ansichten mehrheitlich abgewiesen werden. Wenn der Rationalist dies nicht tut, formuliert er keine Setzung, die glücksoptimierend wirkt.

Das Tötungsverbot ist natürlich wahrscheinlich die wichtigste Setzung überhaupt (bleiben wir bei Setzung, statt Metaphysik von mir aus, das ist nicht schlecht) und in ähnlichem Maß, wie es fundamental ist, ist es als Beispiel für eine Setzung mit wissenschaftlicher Begründung ungeeignet.

Bleib doch aber mal ganz allgemein bei der Falsifizierung: Man hätte eine objektive Methode anhand derer sich überprüfen ließe, ob und in wiefern eine moralische Regel das "Gesamtglück" noch optimiert. Das ist doch besser als einfach zu sagen "das war immer schon so" oder gar "Gott wills".

(*) Erratum: Äh, ich meine Dings... es ist Spekulation, ob die Einsicht kommt, damit ist die Rechtfertigung der Dekonstruktion aufgrund dieser Spekulation selbst Spekulation und in diesem Sinne wieder auf das eth. Kalkül rückwirkend.


Zuletzt bearbeitet von Argáiþ am 12.09.2007, 18:03, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag(#816501) Verfasst am: 12.09.2007, 17:57    Titel: Antworten mit Zitat

@AP: Noch was zu deinen Setzungen... man muss wie gesagt immer "setzen", deswegen halte ich den Begriff zwar für besser als "Metaphysik", aber dann auch wieder irreführend, da es das Auszudrückende nicht deutlich genug vor anderem auszeichnet. Es ist einfach alles eine Setzung! Jede Entscheidung, aufgrund der irgendwie gehandelt wird, ist letztlich eine Setzung! Das ist also nicht das was zählt, sondern nur die Begründung. Wenn es, nur weil es eine Setzung ist, keinen essentiellen Unterscheid macht, ob ich etwas rational (und verifizierbar) begründe oder nicht, dann ist das Denken selbst quasi aufgehoben.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#816659) Verfasst am: 12.09.2007, 21:27    Titel: Antworten mit Zitat

Semnon hat folgendes geschrieben:
Das Tötungsverbot ist natürlich wahrscheinlich die wichtigste Setzung überhaupt (bleiben wir bei Setzung, statt Metaphysik von mir aus, das ist nicht schlecht) und in ähnlichem Maß, wie es fundamental ist, ist es als Beispiel für eine Setzung mit wissenschaftlicher Begründung ungeeignet.

Du behandelst hier zwei unterschiedliche Fragen:

1. Kann man eine Ethik "von oben" durchsetzen?
2. Kann eine Ethik wissenschaftlich begründet werden?

Mich interessiert eigentlich erst einmal nur die zweite Frage. Wie wäre das ohne Setzung möglich? Ein Tötungsverbot gilt ja übrigens in unserer Gesellschaft nicht "absolut", es gibt durchaus Ausnahmen davon (z.B. Notwehr, Nothilfe), man kann es also nicht als "absolute und unhinterfragbare Setzung" ansehen, so wie hier oft getan wird. Das stimmt einfach nicht.

Frage wäre nun, wie man in dieser "wissenschaftlichen" Sicht ohne Setzungen auskommt. Ich glaube ja eher, dass das gar nicht möglich ist.

Semnon hat folgendes geschrieben:
Bleib doch aber mal ganz allgemein bei der Falsifizierung: Man hätte eine objektive Methode anhand derer sich überprüfen ließe, ob und in wiefern eine moralische Regel das "Gesamtglück" noch optimiert. Das ist doch besser als einfach zu sagen "das war immer schon so" oder gar "Gott wills".

Ja, sicher. Aber man kommt eben irgendwann trotzdem zu den Setzungen. Man kann also nichts falsifizieren, ohne die Kriterien für diese Falsifizierung genau festzulegen. Man muss also a) quasi eine Formel zur Berechnung des Gesamtglückes festlegen, die auf Prämissen (Vereinbarungen) beruhen muss und man muss b) festlegen, inwieweit das Gesamtglück Vorrang vor dem Glück eines ganz bestimmten Einzelnen haben soll, was ebenfalls letztlich eine Setzung sein muss.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#816666) Verfasst am: 12.09.2007, 21:33    Titel: Antworten mit Zitat

Semnon hat folgendes geschrieben:
@AP: Noch was zu deinen Setzungen... man muss wie gesagt immer "setzen", deswegen halte ich den Begriff zwar für besser als "Metaphysik", aber dann auch wieder irreführend, da es das Auszudrückende nicht deutlich genug vor anderem auszeichnet. Es ist einfach alles eine Setzung! Jede Entscheidung, aufgrund der irgendwie gehandelt wird, ist letztlich eine Setzung! Das ist also nicht das was zählt, sondern nur die Begründung. Wenn es, nur weil es eine Setzung ist, keinen essentiellen Unterscheid macht, ob ich etwas rational (und verifizierbar) begründe oder nicht, dann ist das Denken selbst quasi aufgehoben.

Ich meine zwar schon, dass alle unsere Entscheidungen letztlich auf Setzungen beruhen, nur ergeben sich aus bestimmten Setzungen durchaus bestimmte Entscheidungen. Was man also machen kann und auch sollte, ist, diese Setzungen offenzulegen. Dann kann man die Entscheidungen nachvollziehen (oder auch nicht, wenn eben diese Setzungen nicht individuell nachvollziehbar ist, zum Beispiel "Gott will das so"). Wenn aber die Setzungen halbwegs einleuchtend sind, dann kann man auch das darauf aufbauende Gedankengebäude nachvollziehen.
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step
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Beitrag(#816712) Verfasst am: 12.09.2007, 22:19    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Metaphysik scheint für Dich ein rotes Tuch zu sein - könntest Du kurz erläutern, was Du genau darunter verstehst?

In diesem Zusammenhang bezeichne ich ein Weltbild oder eine Überzeugung als metaphysisch, wenn sie in bezug auf das Sein des Seins (Ontologie) oder das Sein des Sollens (Ethik) von einem irreduziblen, nicht kritisierbaren Grundsatz ausgeht, etwa einem bestimmten idealen Gottes- oder Menschenbild.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Auch die heutzutage gebräuchlichen sog. Menschenrechte basieren auf metaphysischen Setzungen über die "Person", den Beginn des Lebens usw.

Sind Setzungen für Dich schon Metaphysik? Falls ja: wie sollte man ohne solche (untereinander vereinbarten) Setzungen auskommen können?

Wenn man sich des Vereinbarungscharakters bewußt ist, habe ich kein Problem damit, etwa wenn man Föten - als Mehrheitsentscheidung mit einem reflektierten Ziel - Rechte zuweist. Setzungen sind dann für mich als metaphysisch abzulehnen, wenn sie ontologischen Charakter haben. Die Versuchung ist natürlich groß, da durch ontologische Setzungen den meisten Menschen vorgegaukelt wird, bestimmte Fragen seinen beantwortet und die Moral sei verbindlicher.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Zum Abschluss noch: Selbst Schmidt-Salomon spricht von einem "unaufkündbaren ethischen Imperativ" - meint allerdings eher den sozialen Druck einer aufeinander angewiesenen Gemeinschaft.

Hm, ein ethischer Imperativ bedeutet aber noch lange keine absolute Setzung. Es kann einfach nur heißen, dass man bestimmte Grundlagen für ein gesellschaftliches Miteinander als unabdingbar ansieht, zum Beispiel den Grundsatz, dass wir miteinander reden und uns nicht töten, wenn uns etwas am anderen nicht passt.

Das ist natürlich richtig - und es war auch eher satirisch gemeint.
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Argáiþ
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Beitrag(#817055) Verfasst am: 13.09.2007, 15:52    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

1. Kann man eine Ethik "von oben" durchsetzen?
2. Kann eine Ethik wissenschaftlich begründet werden?


Nö, meine "zwei" Fragen wären dann eher, ob Ethik (vollständig) konsentiell sein muss oder nicht.

Zitat:
Mich interessiert eigentlich erst einmal nur die zweite Frage. Wie wäre das ohne Setzung möglich? Ein Tötungsverbot gilt ja übrigens in unserer Gesellschaft nicht "absolut", es gibt durchaus Ausnahmen davon (z.B. Notwehr, Nothilfe), man kann es also nicht als "absolute und unhinterfragbare Setzung" ansehen, so wie hier oft getan wird. Das stimmt einfach nicht.

Frage wäre nun, wie man in dieser "wissenschaftlichen" Sicht ohne Setzungen auskommt. Ich glaube ja eher, dass das gar nicht möglich ist.


Du scheinst unter Setzung wohl doch irgendwas Merkwürdigeres zu verstehen. Wenn du mit "Setzung" die Festlegung und den Gebrauch einer intersubjektiv als "gut" anerkannten (Handlungs-)Theorie meinst (was ich meine), dann ist dies genauso unumgänglich, wie eine willkürliche Setzung durch ein Dogma oder halt durch eine Konvention. Natürlich kommt man ohne dies nicht aus und natürlich kann man eine solche Setzung dann wissenschaftlich begründen oder sich auf ein Dogma oder einen Konsens berufen.

Semnon hat folgendes geschrieben:

Ja, sicher. Aber man kommt eben irgendwann trotzdem zu den Setzungen. Man kann also nichts falsifizieren, ohne die Kriterien für diese Falsifizierung genau festzulegen. Man muss also a) quasi eine Formel zur Berechnung des Gesamtglückes festlegen, die auf Prämissen (Vereinbarungen) beruhen muss und man muss b) festlegen, inwieweit das Gesamtglück Vorrang vor dem Glück eines ganz bestimmten Einzelnen haben soll, was ebenfalls letztlich eine Setzung sein muss.


Ja, aber die Qualität einer Setzung ist ausschlaggebend, wobei eine Ethik, wie oben breitgetreten, die gegen Widerstand aufgezwungen werden muss, keine Ethik sein kann, da Akzeptanz die Vorraussetzung ist. Das muss man nicht diskutieren, denn ein ethisches Kalkül, das die Wünsche der Mehrheit verletzt, geht automatisch nicht auf. Konsens ist in jedem Fall die Voraussetzung für Ethik, wie könnte es das nicht sein?!

Falsifizierbarkeit wird nicht als Kriterium erhoben. Eine empirische Theorie ist automatisch falsifizierbar, da sie auf Prämissen beruht, die durch Beobachtung gefunden werden. Ich verwende das lediglich, um Dogmatismus explizit auszuschließen, der auch im Rahmen von "Weissenschaftlichkeit" auftreten kann. Ich hoffte so deutlich zu machen, dass Falsifizierbarkeit, besser "Wissenschaftlichkeit", und Traditionalismus zB sich ausschließen, wobei ich dann wiederrum hoffte, dass klar ist, dass das eigentlich Käse ist, da auch Wissenschaftlichkeit als Tradition, bzw. Dogmatismus gesehen werden kann. Es kann also am Ende nur um die Klassen von Begründungen gehen, die man akzeptiert. Grundsätzlich halte ich paradigmatische Setzungen, die klären sollen, was Ethik letztlich zu sein hat, für überflüssig und sogar schädlich. Ethik, als Diskussionsgegenstand selbst ist absurd, die Inhalte sind das eigentlich Interessante. Eine Festlegungsdiskussion schränkt dann die Auswahl der Inhalte ein, was niemand aufgrund der Logik akzeptieren muss.
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