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Tapuak registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.02.2006 Beiträge: 1264
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(#819683) Verfasst am: 17.09.2007, 09:42 Titel: |
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Kramer hat folgendes geschrieben: | wasistreal hat folgendes geschrieben: |
Von wissenschaftstheoretischer Kritik sowie sozial- und geisteswissenschaftlichen Beiträgen zu Funktion und Entstehung des Glaubens zeigt sich Dawkins ziemlich unbeleckt. Eine gesellschaftliche oder politische Analyse von Religion erscheint mit seinen Werkzeugen der Biologie allerdings auch wenig sinnvoll." Lukas Wieselberg, science.ORF.at
Stimmt diese Einschätzung? Kann jemand von denen, die das Buch gelesen haben, etwas zu dieser Kritik sagen? |
Ja. Lukas Wieselberg muss ein anderes Buch gelesen haben. |
Was Dawkins' mangelnde Kenntnis der sozialwissenschaftlichen Analyse der Religion angeht, halte ich die Kritik für teilweise berechtigt. Sein fehlendes Wissen in diesem Bereich ist nach meiner Einschätzung auch ein Grund dafür, warum er dem Phänomen Religion so völlig fassungslos gegenübersteht. Dawkins guckt sich die inhatlichen Behauptungen der Religionen an und stellt dann - richtigerweise - fest, dass es "no evidence" für all die Behauptungen gibt. Und dann fragt er sich mehr oder weniger erfolglos, wie man trotz all dieser unsinnigen Behauptungen bloß religiös sein kann.
Wenn man hingegen die sozialwissenschaftliche Perpektive einnimmt, bemerkt man, dass es bei den Religionen gar nicht in erster Linie um Wahrheitsbehauptungen geht, sondern um Vergemeinschaftung. Die Religionen sind in den USA nicht so stark, weil die Menschen dort naiver sind und auf die unsinnigen Inhalte hereinfallen, sondern weil die Religionen dort historisch eine immens wichtige Rolle bei der Bildung sozialer Gemeinschaften auf lokaler Ebene gespielt haben und bis heute spielen. Das gleiche gilt für die soganannte islamische Welt.
Natürlich sind auch die jeweiligen Inhalte und Wahrheitsansprüche der Religionen wichtig, und die Akzeptanz der Religionen hängt sicher auch mit Bildung und "Aufklärung" zusammen. Wenn man Religionen aber auf die Inhalte und auf die Biologie reduziert, erfasst man nicht alle Aspekte dieses Phänomens und bleibt entsprechend verständnislos.
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#819687) Verfasst am: 17.09.2007, 09:50 Titel: |
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Tapuak hat folgendes geschrieben: | Und dann fragt er sich mehr oder weniger erfolglos, wie man trotz all dieser unsinnigen Behauptungen bloß religiös sein kann.
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was einfach eine schlichte Durchschnittsidee ist, für die ich nicht extra ein Buch kaufen muss. Für ihn reduziert sich Kultur auf ein par Meme und das reicht ihm dann, was eine fatale Einstellung ist, da diese unausgegorene, triviale Idee verhindert, dass er sich ernsthaft mit irgendwas davon befasst. Er klingt, als wäre er von Christen beim Spielen mit seinem Molkülbaukasten ganz doll gestört worden, um sich daraufhin zum ersten Mal den ganzen Scheiss richtig anzukucken.
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Sokrateer souverän
Anmeldungsdatum: 05.09.2003 Beiträge: 11649
Wohnort: Wien
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(#819711) Verfasst am: 17.09.2007, 10:48 Titel: |
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Tapuak hat folgendes geschrieben: | Wenn man hingegen die sozialwissenschaftliche Perpektive einnimmt, bemerkt man, dass es bei den Religionen gar nicht in erster Linie um Wahrheitsbehauptungen geht, sondern um Vergemeinschaftung. Die Religionen sind in den USA nicht so stark, weil die Menschen dort naiver sind und auf die unsinnigen Inhalte hereinfallen, sondern weil die Religionen dort historisch eine immens wichtige Rolle bei der Bildung sozialer Gemeinschaften auf lokaler Ebene gespielt haben und bis heute spielen. Das gleiche gilt für die soganannte islamische Welt.
Natürlich sind auch die jeweiligen Inhalte und Wahrheitsansprüche der Religionen wichtig, und die Akzeptanz der Religionen hängt sicher auch mit Bildung und "Aufklärung" zusammen. Wenn man Religionen aber auf die Inhalte und auf die Biologie reduziert, erfasst man nicht alle Aspekte dieses Phänomens und bleibt entsprechend verständnislos. |
Kannst du bitte belegen oder näher ausführen, wo oder wie er den Gemeinschaftsaspekt implizit oder explizit ausschließt?
Meiner Auffassung nach ist ihm das alles bekannt.
Jedenfalls definieren sich diese Gemeinschaften über Glaubensinhalte, die in vielen Kirchen als kurz gefasstes Glaubensbekenntnis auch noch allwöchentlich aufgesagt werden und auf deren Basis die Gläubigen leben und handeln.
Den Gemeinschaftsaspekt findest du auch bei Marxisten, Veganern, früher den Parteien, dem Kegelverein und tausend anderen Institutionen. Ich glaube es ist da eher der Soziologe, der vieles übersieht, wenn er die Zusammenkünfte von Menschen von außen mit dem Fernglas als verhaltensbiologisches Phänomen betrachtet und sich gar nicht anhört, was die Leute so zu sagen haben.
Ich wüsste auch nicht, welche konkreten Konsequenzen für jemanden, der den Atheismus forcieren will, aus dieser offensichtlichen Erkenntnis erwachsen würde. Hollywood, Fernsehen, Konzerte usw. sorgen dafür, dass es bessere Alternativen zur kirchlichen Erzählung, zum Sermon und der Musik gibt. Es liegt auf der Hand, dass die Unterhaltungs- und Informationsindustrie den Kirchen zusetzen. Darüber beklagen sich die Kirchen doch selber ständig.
Richard Dawkins hat ja auch die Out-Kampagne gestartet, womit er Atheisten sich ermutigt aus dem Schrank zu kommen und sich mit anderen Atheisten zusammen zu tun. Am Ende seines Buches gibt es eine Liste mit atheistischen Organisationen, die man kontaktieren kann.
Was aber bislang fehlte, war die öffentliche Kritik der religiösen Fundamente. Und diese Kritik ist sehr wohl äußerst effektiv. Subjektiv würde ich sagen, dass die meisten früher religiösen Menschen aus ihrer Religion ausgestiegen sind bzw. sie nicht mehr so ernst nehmen, weil sie selber erkannt haben, dass sie nicht stimmt.
Jedenfalls haben Sam Harris, Dennet, Dawkins und Hitchens hier den Durchbruch geschafft und anhand der Auswirkungen werden wir ja erkennen, wie stark der Gemeinschaftsaspekt im Gegensatz zu den Glaubensfundamenten wirklich ist.
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Tassilo Deaktiviert
Anmeldungsdatum: 17.05.2004 Beiträge: 7361
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(#819721) Verfasst am: 17.09.2007, 11:05 Titel: |
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Semnon hat folgendes geschrieben: | Ich habe gehört, Dawkins quält heimlich kleine Haustiere. |
Nein, das war Ralf Rudolfy.
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managementboy registrierter User
Anmeldungsdatum: 29.05.2007 Beiträge: 67
Wohnort: Münster
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(#819735) Verfasst am: 17.09.2007, 11:39 Titel: |
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Semnon hat folgendes geschrieben: | Tapuak hat folgendes geschrieben: | Und dann fragt er sich mehr oder weniger erfolglos, wie man trotz all dieser unsinnigen Behauptungen bloß religiös sein kann.
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was einfach eine schlichte Durchschnittsidee ist, für die ich nicht extra ein Buch kaufen muss. Für ihn reduziert sich Kultur auf ein par Meme und das reicht ihm dann, was eine fatale Einstellung ist, da diese unausgegorene, triviale Idee verhindert, dass er sich ernsthaft mit irgendwas davon befasst. Er klingt, als wäre er von Christen beim Spielen mit seinem Molkülbaukasten ganz doll gestört worden, um sich daraufhin zum ersten Mal den ganzen Scheiss richtig anzukucken. |
Na, na, Dawkins hat schon vor 30 Jahren in "The selfish Gene" angefangen Religion zu untergraben, also nicht das "erste Mal" das er sich diesem Thema widmet. Wem es nicht das Geld wert sein sollte, kann sich sicherlich im Internet eine PDF runterladen um dann konkret das Buch zu kritisieren.
Wieso sollte sich Kultur nicht durch eine Vielzahl von Memes erklären lassen? Ich empfinde die Auseinandersetzung von Dawkins mit Religion und Glauben im Generellen nicht als trivial, sondern gut aufgebaut, strukturiert und vor allem gut verständlich.
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kryten auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 23.04.2006 Beiträge: 364
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(#819744) Verfasst am: 17.09.2007, 11:52 Titel: |
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Semnon hat folgendes geschrieben: | Tapuak hat folgendes geschrieben: | Und dann fragt er sich mehr oder weniger erfolglos, wie man trotz all dieser unsinnigen Behauptungen bloß religiös sein kann.
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was einfach eine schlichte Durchschnittsidee ist, für die ich nicht extra ein Buch kaufen muss. Für ihn reduziert sich Kultur auf ein par Meme und das reicht ihm dann, was eine fatale Einstellung ist, da diese unausgegorene, triviale Idee verhindert, dass er sich ernsthaft mit irgendwas davon befasst. Er klingt, als wäre er von Christen beim Spielen mit seinem Molkülbaukasten ganz doll gestört worden, um sich daraufhin zum ersten Mal den ganzen Scheiss richtig anzukucken. |
Nein, keine Durchnittsidee. Er geht an die Wurzel und seine Kritik findet auch dort statt. Es werden nicht wie immer die üblichen Verdächtigen angeklagt, die ein heiliges Buch angeblich "falsch" verstanden haben. Er teilt die Religion nicht ein in Radikale und Konservative. Das neue an Dawkings ist der Angriff auf die Virusverbreiter. Auf die Pöstchen-Halter der Religion. Diese Leute haben sich bis heute geschickt jeglicher Kritik entzogen.
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jagy Herb Derpington III.
Anmeldungsdatum: 26.11.2006 Beiträge: 7275
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(#819776) Verfasst am: 17.09.2007, 13:18 Titel: |
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Mir fällt in diesem Zusammenhang gerade ein:
Ich habe gerade den Meisner-Thread gelesen und habe mich dabei an das alte Titanic-Innencover "Der Hassprediger von Köln" erinnert. Dass hat mich dann erinnert, da es ja da mal eine Gerichtsverhandlung gegen einen Komiker hab, der dasselbe gesagt hat:
http://www.blog.medienrecht-informationen.de/2007/06/29/der-koelner-kardinal-ist-kein-hassprediger/
Und dann nochmal die Bezeichnungen "biologistischer Hassprediger" im Vergleich...
_________________ INGLIP HAS BEEN SUMMONED - IT HAS BEGUN!
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Tapuak registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.02.2006 Beiträge: 1264
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(#819845) Verfasst am: 17.09.2007, 15:01 Titel: |
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Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Tapuak hat folgendes geschrieben: | Wenn man hingegen die sozialwissenschaftliche Perpektive einnimmt, bemerkt man, dass es bei den Religionen gar nicht in erster Linie um Wahrheitsbehauptungen geht, sondern um Vergemeinschaftung. Die Religionen sind in den USA nicht so stark, weil die Menschen dort naiver sind und auf die unsinnigen Inhalte hereinfallen, sondern weil die Religionen dort historisch eine immens wichtige Rolle bei der Bildung sozialer Gemeinschaften auf lokaler Ebene gespielt haben und bis heute spielen. Das gleiche gilt für die soganannte islamische Welt.
Natürlich sind auch die jeweiligen Inhalte und Wahrheitsansprüche der Religionen wichtig, und die Akzeptanz der Religionen hängt sicher auch mit Bildung und "Aufklärung" zusammen. Wenn man Religionen aber auf die Inhalte und auf die Biologie reduziert, erfasst man nicht alle Aspekte dieses Phänomens und bleibt entsprechend verständnislos. |
Kannst du bitte belegen oder näher ausführen, wo oder wie er den Gemeinschaftsaspekt implizit oder explizit ausschließt? |
Er schließt ihn nirgends aus, er ignoriert ihn nur weitgehend.
Zitat: | Was aber bislang fehlte, war die öffentliche Kritik der religiösen Fundamente. Und diese Kritik ist sehr wohl äußerst effektiv. |
Ich bestreite gar nicht, dass auch diese Art der inhaltlichen Kritik effektiv ist. Ein wichtiger Aspekt der Religion (die Gemeinschaftlichkeit) bleibt davon aber überwiegend unberührt.
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IvanDrago Ösifreund und Pendler zwischen den Welten
Anmeldungsdatum: 18.07.2005 Beiträge: 2876
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(#819870) Verfasst am: 17.09.2007, 15:31 Titel: |
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Religion - im Folgenden jetzt das CT - ist trotzdem, obschon inhaltlich strunzdumm, ein sehr komplexes Phänomen.
Da gibts die Angst vor dem Tod, das wiegt verdammt schwer. Da gibt es die Einsamkeit die wirklich viele trifft im "Zeitalter des Individualismus" und die psychisch echt kaputt machen kann, und mit Christus hat man einen besten Freund, der immer für einen da ist. Da gibt es das - auch charakterliche - Versagen, und Gott verzeiht immer. Da war man vorher nur ein unauffälliger Kanalreiniger ohne Freunde, und nun ist man ein Kind Gottes, zum ewigen Leben bestimmt!!
Ein Sozialleben bekommt man geschenkt, bei Engagement, über die anderen Gläubigen im Privaten sowie rund um die Gemeinde, wo vorher vielleicht nur Langeweile und Beschäftigungsarmut war.
Die Trivialität des Seins, das Leben wird mit "Gott" zauberhaft verklärt, als ob es so was krass geiles und besonderes ständig wäre. Sozusagen ein Anti-Zynismus-Schutz.
Da... ja, ein Faktor reicht nie im Leben aus, um Religion zu erklären. Allerdings mag es Gläubige geben, bei denen wirklich hauptsächlich genau ein Faktor den Glauben erklärt.
_________________ "Eine Stadt freut sich, wenn's den Gerechten wohlgeht, und wenn die Gottlosen umkommen, wird man froh." Sprüche 11, 10
Heike N. meint: "IvanDrago for President!"
Faszination braucht keine höhere Macht.
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wasistreal permanent deaktiviert
Anmeldungsdatum: 23.10.2006 Beiträge: 719
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(#819912) Verfasst am: 17.09.2007, 16:34 Titel: |
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Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Tapuak hat folgendes geschrieben: | Wenn man hingegen die sozialwissenschaftliche Perpektive einnimmt, bemerkt man, dass es bei den Religionen gar nicht in erster Linie um Wahrheitsbehauptungen geht, sondern um Vergemeinschaftung. Die Religionen sind in den USA nicht so stark, weil die Menschen dort naiver sind und auf die unsinnigen Inhalte hereinfallen, sondern weil die Religionen dort historisch eine immens wichtige Rolle bei der Bildung sozialer Gemeinschaften auf lokaler Ebene gespielt haben und bis heute spielen. Das gleiche gilt für die soganannte islamische Welt.
Natürlich sind auch die jeweiligen Inhalte und Wahrheitsansprüche der Religionen wichtig, und die Akzeptanz der Religionen hängt sicher auch mit Bildung und "Aufklärung" zusammen. Wenn man Religionen aber auf die Inhalte und auf die Biologie reduziert, erfasst man nicht alle Aspekte dieses Phänomens und bleibt entsprechend verständnislos. |
Kannst du bitte belegen oder näher ausführen, wo oder wie er den Gemeinschaftsaspekt implizit oder explizit ausschließt?
Meiner Auffassung nach ist ihm das alles bekannt.
Jedenfalls definieren sich diese Gemeinschaften über Glaubensinhalte, die in vielen Kirchen als kurz gefasstes Glaubensbekenntnis auch noch allwöchentlich aufgesagt werden und auf deren Basis die Gläubigen leben und handeln.
Den Gemeinschaftsaspekt findest du auch bei Marxisten, Veganern, früher den Parteien, dem Kegelverein und tausend anderen Institutionen. Ich glaube es ist da eher der Soziologe, der vieles übersieht, wenn er die Zusammenkünfte von Menschen von außen mit dem Fernglas als verhaltensbiologisches Phänomen betrachtet und sich gar nicht anhört, was die Leute so zu sagen haben.
Ich wüsste auch nicht, welche konkreten Konsequenzen für jemanden, der den Atheismus forcieren will, aus dieser offensichtlichen Erkenntnis erwachsen würde. Hollywood, Fernsehen, Konzerte usw. sorgen dafür, dass es bessere Alternativen zur kirchlichen Erzählung, zum Sermon und der Musik gibt. Es liegt auf der Hand, dass die Unterhaltungs- und Informationsindustrie den Kirchen zusetzen. Darüber beklagen sich die Kirchen doch selber ständig. ... |
Wei willst Du eine Gesellschaft gestalten ohne eine Idee dessen, was gut sein soll? Weisheit, Besonnenheit, Tapferkeit reichen aus, um eine Gerechtigkeit herzustellen. Aber das gilt für jede Räuberbande. Auf welches Ziel soll das Handeln gerichtet seien?
Hollywood, Konzerte und Fernsehen sind doch nur Medien, die etwas transportieren. Was sollen die transportieren? Alles, was Geld bringt?
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Schlafmütze verschlafen
Anmeldungsdatum: 22.05.2007 Beiträge: 101
Wohnort: Siegen
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(#819928) Verfasst am: 17.09.2007, 16:42 Titel: |
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Tapuak hat folgendes geschrieben: | Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Tapuak hat folgendes geschrieben: | Wenn man hingegen die sozialwissenschaftliche Perpektive einnimmt, bemerkt man, dass es bei den Religionen gar nicht in erster Linie um Wahrheitsbehauptungen geht, sondern um Vergemeinschaftung. Die Religionen sind in den USA nicht so stark, weil die Menschen dort naiver sind und auf die unsinnigen Inhalte hereinfallen, sondern weil die Religionen dort historisch eine immens wichtige Rolle bei der Bildung sozialer Gemeinschaften auf lokaler Ebene gespielt haben und bis heute spielen. Das gleiche gilt für die soganannte islamische Welt.
Natürlich sind auch die jeweiligen Inhalte und Wahrheitsansprüche der Religionen wichtig, und die Akzeptanz der Religionen hängt sicher auch mit Bildung und "Aufklärung" zusammen. Wenn man Religionen aber auf die Inhalte und auf die Biologie reduziert, erfasst man nicht alle Aspekte dieses Phänomens und bleibt entsprechend verständnislos. |
Kannst du bitte belegen oder näher ausführen, wo oder wie er den Gemeinschaftsaspekt implizit oder explizit ausschließt? |
Er schließt ihn nirgends aus, er ignoriert ihn nur weitgehend.
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Das ist Unsinn.
In "The God Delusion" zB geht es in einem nicht geringen Teil um eben diesen ( auf seiner Meinung nach auf biologischen Vorgaben basierenden ) Aspekt der Religion und wie eben dieser Aspekt zur Trennung/Abkapselung von Gruppen führt ( in/out group war meine ich die Bezeichnung , vereinfacht also von "wir" reden zu können und dann abgrenzend auf "die da" zeigen zu können , meistens natürlich abwertend - besonders wenn man meint man hat die eine absolute Wahrheit in Händen).
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Chinasky dirty ol' man
Anmeldungsdatum: 27.03.2006 Beiträge: 1264
Wohnort: Hoher Norden
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(#819939) Verfasst am: 17.09.2007, 16:51 Titel: |
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wasistreal hat folgendes geschrieben: |
Wei willst Du eine Gesellschaft gestalten ohne eine Idee dessen, was gut sein soll? |
Was gut sei und was nicht, das kann im gesellschaftlichen Diskurs ausgehandelt werden. Wer nicht weiß, was er gut findet, der soll halt darauf verzichten, die Gesellschaft gestalten zu wollen.
Wer weiß, was er gut findet, der soll seine Vorstellung öffentlich machen und schauen, inweiweit sie mehrheitsfähig ist.
_________________ Still confused - but on a higher level.
Mein Zeugs auf deviantart
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IvanDrago Ösifreund und Pendler zwischen den Welten
Anmeldungsdatum: 18.07.2005 Beiträge: 2876
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(#819954) Verfasst am: 17.09.2007, 17:02 Titel: |
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Es muss aber Grunderfahrungen geben, die Gültigkeit besitzen, und nicht durch Mehrheitsdenken in spezifischen Situationen zu kippen sind.
_________________ "Eine Stadt freut sich, wenn's den Gerechten wohlgeht, und wenn die Gottlosen umkommen, wird man froh." Sprüche 11, 10
Heike N. meint: "IvanDrago for President!"
Faszination braucht keine höhere Macht.
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otto blei registrierter User
Anmeldungsdatum: 11.06.2007 Beiträge: 74
Wohnort: Berlin
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(#819991) Verfasst am: 17.09.2007, 17:44 Titel: |
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Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Tapuak hat folgendes geschrieben: | Wenn man hingegen die sozialwissenschaftliche Perpektive einnimmt, bemerkt man, dass es bei den Religionen gar nicht in erster Linie um Wahrheitsbehauptungen geht, sondern um Vergemeinschaftung. Die Religionen sind in den USA nicht so stark, weil die Menschen dort naiver sind und auf die unsinnigen Inhalte hereinfallen, sondern weil die Religionen dort historisch eine immens wichtige Rolle bei der Bildung sozialer Gemeinschaften auf lokaler Ebene gespielt haben und bis heute spielen. Das gleiche gilt für die soganannte islamische Welt.
Natürlich sind auch die jeweiligen Inhalte und Wahrheitsansprüche der Religionen wichtig, und die Akzeptanz der Religionen hängt sicher auch mit Bildung und "Aufklärung" zusammen. Wenn man Religionen aber auf die Inhalte und auf die Biologie reduziert, erfasst man nicht alle Aspekte dieses Phänomens und bleibt entsprechend verständnislos. |
Kannst du bitte belegen oder näher ausführen, wo oder wie er den Gemeinschaftsaspekt implizit oder explizit ausschließt?
Meiner Auffassung nach ist ihm das alles bekannt.
Jedenfalls definieren sich diese Gemeinschaften über Glaubensinhalte, die in vielen Kirchen als kurz gefasstes Glaubensbekenntnis auch noch allwöchentlich aufgesagt werden und auf deren Basis die Gläubigen leben und handeln.
Den Gemeinschaftsaspekt findest du auch bei Marxisten, Veganern, früher den Parteien, dem Kegelverein und tausend anderen Institutionen. Ich glaube es ist da eher der Soziologe, der vieles übersieht, wenn er die Zusammenkünfte von Menschen von außen mit dem Fernglas als verhaltensbiologisches Phänomen betrachtet und sich gar nicht anhört, was die Leute so zu sagen haben.
Ich wüsste auch nicht, welche konkreten Konsequenzen für jemanden, der den Atheismus forcieren will, aus dieser offensichtlichen Erkenntnis erwachsen würde. Hollywood, Fernsehen, Konzerte usw. sorgen dafür, dass es bessere Alternativen zur kirchlichen Erzählung, zum Sermon und der Musik gibt. Es liegt auf der Hand, dass die Unterhaltungs- und Informationsindustrie den Kirchen zusetzen. Darüber beklagen sich die Kirchen doch selber ständig.
Richard Dawkins hat ja auch die Out-Kampagne gestartet, womit er Atheisten sich ermutigt aus dem Schrank zu kommen und sich mit anderen Atheisten zusammen zu tun. Am Ende seines Buches gibt es eine Liste mit atheistischen Organisationen, die man kontaktieren kann.
Was aber bislang fehlte, war die öffentliche Kritik der religiösen Fundamente. Und diese Kritik ist sehr wohl äußerst effektiv. Subjektiv würde ich sagen, dass die meisten früher religiösen Menschen aus ihrer Religion ausgestiegen sind bzw. sie nicht mehr so ernst nehmen, weil sie selber erkannt haben, dass sie nicht stimmt.
Jedenfalls haben Sam Harris, Dennet, Dawkins und Hitchens hier den Durchbruch geschafft und anhand der Auswirkungen werden wir ja erkennen, wie stark der Gemeinschaftsaspekt im Gegensatz zu den Glaubensfundamenten wirklich ist. |
Lieber Sokrateer, ein Soziologe betrachtet die Zusammenkünfte von Menschen als soziales nicht als verhaltensbiologisches Phänomen, anderenfalls sollte er seine Fachrichtung wechseln.
Gegenüber den aus dem moderne Freizeit- und Unterhaltungsbereich entstehenden Vergemeinschaftungsformen können religiöse Vergemeinschaftungsformen die entstandene soziale Gemeinschaft dauerhaft stabilisieren (auch in 'schwierigen Zeiten'), das ist ihr Nach- als auch ihr Vorteil, an dem eine Kritik ihrer Inhalte wohl nichts ändern wird.
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Tapuak registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.02.2006 Beiträge: 1264
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(#820043) Verfasst am: 17.09.2007, 18:57 Titel: |
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otto blei hat folgendes geschrieben: | Gegenüber den aus dem moderne Freizeit- und Unterhaltungsbereich entstehenden Vergemeinschaftungsformen können religiöse Vergemeinschaftungsformen die entstandene soziale Gemeinschaft dauerhaft stabilisieren (auch in 'schwierigen Zeiten'), das ist ihr Nach- als auch ihr Vorteil, an dem eine Kritik ihrer Inhalte wohl nichts ändern wird. |
Richtig. Ein weiterer Unterschied der Religionen zum Kegelclub ist darüber hinaus ihre "sozialpolitische" Funktion. Z.B. in islamisch dominierten Regionen wird diese Funktion gut sichtbar. Die soziale Unterstützung läuft dort machmal mehr innerhalb der Religionsgemeinschaften und weniger über den Staat. Hier in Europa haben wir säkulare Wohlfahtsstaten, die diese Funktion übernehmen, und deshalb fällt es uns schwer zu verstehen, wie eng Religion und soziale Fürsorge in manchen Gegenden der Welt verzahnt sind. Wir sind nicht auf die sozialen Dienstleistungen der Religionsgemeinschaften angewiesen und haben deshalb den Luxus zu sagen "Ich glaube nicht mehr an die Inhalte der Religion, also verabschiede ich mich von ihr". Ein Moslem, der auf den "Zakat" angewiesen ist, kann das nicht. Es wird ihn wenig interessieren, dass alle Gottesbeweise gescheitert sind und dass es "no evidence" für die empirische Richtigkeit des Koran gibt. Er bleibt aus ganz anderen Gründen Moslem - aus sozialen Gründen.
Um das nochmal klarzustellen: Ich finde inhaltliche Kritik an den Religionen sehr wichtig, und sicher hat es bei einer gewissen Gruppe von Leuten auch eine Wirkung, wenn man aufzeigt, dass die Inhalte der Religionen teilweise nicht haltbar und dafür absurd sind. Bei vielen Leuten aber eben auch nicht, weil sie gar nicht primär wegen der Inhalte religiös sind.
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wasistreal permanent deaktiviert
Anmeldungsdatum: 23.10.2006 Beiträge: 719
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(#820049) Verfasst am: 17.09.2007, 19:06 Titel: |
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Tapuak hat folgendes geschrieben: | otto blei hat folgendes geschrieben: | Gegenüber den aus dem moderne Freizeit- und Unterhaltungsbereich entstehenden Vergemeinschaftungsformen können religiöse Vergemeinschaftungsformen die entstandene soziale Gemeinschaft dauerhaft stabilisieren (auch in 'schwierigen Zeiten'), das ist ihr Nach- als auch ihr Vorteil, an dem eine Kritik ihrer Inhalte wohl nichts ändern wird. |
Richtig. Ein weiterer Unterschied der Religionen zum Kegelclub ist darüber hinaus ihre "sozialpolitische" Funktion. Z.B. in islamisch dominierten Regionen wird diese Funktion gut sichtbar. Die soziale Unterstützung läuft dort machmal mehr innerhalb der Religionsgemeinschaften und weniger über den Staat. Hier in Europa haben wir säkulare Wohlfahtsstaten, die diese Funktion übernehmen, und deshalb fällt es uns schwer zu verstehen, wie eng Religion und soziale Fürsorge in manchen Gegenden der Welt verzahnt sind. Wir sind nicht auf die sozialen Dienstleistungen der Religionsgemeinschaften angewiesen und haben deshalb den Luxus zu sagen "Ich glaube nicht mehr an die Inhalte der Religion, also verabschiede ich mich von ihr". Ein Moslem, der auf den "Zakat" angewiesen ist, kann das nicht. Es wird ihn wenig interessieren, dass alle Gottesbeweise gescheitert sind und dass es "no evidence" für die empirische Richtigkeit des Koran gibt. Er bleibt aus ganz anderen Gründen Moslem - aus sozialen Gründen.
Um das nochmal klarzustellen: Ich finde inhaltliche Kritik an den Religionen sehr wichtig, und sicher hat es bei einer gewissen Gruppe von Leuten auch eine Wirkung, wenn man aufzeigt, dass die Inhalte der Religionen teilweise nicht haltbar und dafür absurd sind. Bei vielen Leuten aber eben auch nicht, weil sie gar nicht primär wegen der Inhalte religiös sind. |
Nur um die Begtriffe klar zu halten. Du beschreibst keine sozialpolitische, sondern eine wirtschaftliche Funktion.
Zuletzt bearbeitet von wasistreal am 17.09.2007, 19:10, insgesamt 2-mal bearbeitet |
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AntagonisT Master of Disaster
Anmeldungsdatum: 28.09.2005 Beiträge: 5587
Wohnort: 2 Meter über dem Boden
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(#820050) Verfasst am: 17.09.2007, 19:06 Titel: |
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da kann man nicht so viel essen, wie man kotzen möchte...
_________________ “Primates often have trouble imagining an universe not run by an angry alpha male.”
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#820055) Verfasst am: 17.09.2007, 19:13 Titel: |
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kryten hat folgendes geschrieben: | Semnon hat folgendes geschrieben: | Tapuak hat folgendes geschrieben: | Und dann fragt er sich mehr oder weniger erfolglos, wie man trotz all dieser unsinnigen Behauptungen bloß religiös sein kann.
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was einfach eine schlichte Durchschnittsidee ist, für die ich nicht extra ein Buch kaufen muss. Für ihn reduziert sich Kultur auf ein par Meme und das reicht ihm dann, was eine fatale Einstellung ist, da diese unausgegorene, triviale Idee verhindert, dass er sich ernsthaft mit irgendwas davon befasst. Er klingt, als wäre er von Christen beim Spielen mit seinem Molkülbaukasten ganz doll gestört worden, um sich daraufhin zum ersten Mal den ganzen Scheiss richtig anzukucken. |
Nein, keine Durchnittsidee. Er geht an die Wurzel und seine Kritik findet auch dort statt. Es werden nicht wie immer die üblichen Verdächtigen angeklagt, die ein heiliges Buch angeblich "falsch" verstanden haben. Er teilt die Religion nicht ein in Radikale und Konservative. Das neue an Dawkings ist der Angriff auf die Virusverbreiter. Auf die Pöstchen-Halter der Religion. Diese Leute haben sich bis heute geschickt jeglicher Kritik entzogen. |
Der Mem-Kram ist banal. Natürlich werden kulturelle Merkmle vererbt, wie zB die Sprache. Das gilt schlicht für jede Form von Menschen gemachter Information, sogar Wissenschaften beruhen auf kultureller Verbreitung. Da gibt es aber keine Grundregeln, wie bei der Genetik, somit benutzt D. lediglich ein biologistisches Synonym für etwas, das er sonst in seinem Reich biologischer Termini nicht unterbringen kann.
Es ist verständlich, dass ein Evolutionsbiologe sich von Christen besonders ans Bein gepinkelt fühlt, aber es ist irgendwie lächerlich eine Konfrontation mit Kuschelreligiösen anzustreben. Kreationisten werden sich niemals überzeugen lassen und die meisten Schüler interessieren sich für sowieso nichts ausser dem üblichen Teenagerkram. Alles was Dawkins erreichen kann ist, dass den Kreationisten und Bibelfundis, als beleidigte Opfer, eher noch mehr Chancen zukommen, ihren Quatsch in Kinderhirne zu impfen, wo er GOTTseidank ( ) ohnehin binnen Monaten vergessen ist und die Fundikinder haben eh ihre unabhängigen Qullen. Ansonsten ist sein Angriff auf gewöhnliche, freidliche Religiöse in etwa so ruhmreich, wie Omas umschubsen.
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Rene Hartmann Säkular? Na klar!
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 1404
Wohnort: Rhein-Main
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(#820085) Verfasst am: 17.09.2007, 19:38 Titel: |
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Semnon hat folgendes geschrieben: |
Es ist verständlich, dass ein Evolutionsbiologe sich von Christen besonders ans Bein gepinkelt fühlt, aber es ist irgendwie lächerlich eine Konfrontation mit Kuschelreligiösen anzustreben. Kreationisten werden sich niemals überzeugen lassen und die meisten Schüler interessieren sich für sowieso nichts ausser dem üblichen Teenagerkram. Alles was Dawkins erreichen kann ist, dass den Kreationisten und Bibelfundis, als beleidigte Opfer, eher noch mehr Chancen zukommen, ihren Quatsch in Kinderhirne zu impfen, wo er GOTTseidank ( ) ohnehin binnen Monaten vergessen ist und die Fundikinder haben eh ihre unabhängigen Qullen. Ansonsten ist sein Angriff auf gewöhnliche, freidliche Religiöse in etwa so ruhmreich, wie Omas umschubsen. |
Du ignorierst völlig, worum es Dawkins eigentlich geht: Nämlich die Atheisten zu ermuntern, selbstbewusster aufzutreten und gemeinsam etwas zu verändern. Und das ist tatsächlich der einzig erfolgversprechende Ansatz. Sich an den Religiösen, ob Liberale oder Fundis, abzuarbeiten, bringt in der Tat nichts.
_________________ "Es kommt darauf an, zur Gruppe der Individualisten zu gehören"
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Sokrateer souverän
Anmeldungsdatum: 05.09.2003 Beiträge: 11649
Wohnort: Wien
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(#820095) Verfasst am: 17.09.2007, 19:49 Titel: |
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Tapuak hat folgendes geschrieben: | Sokrateer hat folgendes geschrieben: |
Kannst du bitte belegen oder näher ausführen, wo oder wie er den Gemeinschaftsaspekt implizit oder explizit ausschließt? |
Er schließt ihn nirgends aus, er ignoriert ihn nur weitgehend. |
Zu belegen, dass jemand eine Information ignoriert ist besonders schwierig. Und ich habe nun mal den Eindruck, dass du Dawkins da nichts neues erzählen würdest.
otto blei hat folgendes geschrieben: | Lieber Sokrateer, ein Soziologe betrachtet die Zusammenkünfte von Menschen als soziales nicht als verhaltensbiologisches Phänomen, anderenfalls sollte er seine Fachrichtung wechseln.
Gegenüber den aus dem moderne Freizeit- und Unterhaltungsbereich entstehenden Vergemeinschaftungsformen können religiöse Vergemeinschaftungsformen die entstandene soziale Gemeinschaft dauerhaft stabilisieren (auch in 'schwierigen Zeiten'), das ist ihr Nach- als auch ihr Vorteil, an dem eine Kritik ihrer Inhalte wohl nichts ändern wird. |
Ein Soziologe sollte sich vielleicht auch anhören, was die Gläubigen selbst über die Gründe erzählen aus denen sie glauben und aus denen sie sich wöchentlich treffen. Genau das tut Dawkins und er nimmt die Gläubigen ein Stück weit ernst. Und die Gründe sind nunmal, dass ein übermächtiges Wesen namens Gott existiert, welches darauf besteht, dass es auch angebetet wird. Zusätzlich teilt das übernatürliche Wesen Geschenke wie Spontanheilungen an besonders Fromme aus. Die Tatsache, dass andere nicht in die gleiche Kirche gehen wird als negativ angesehen, weil die eigenen Aktivitäten ja als immens wichtig betrachtet werden....
Jedenfalls wäre es meiner Meinung nach absurd anzunehmen, dass ein atheistisches gewordenes Dorf weiterhin jede Woche in die Kirche gehen würde und so tun würde, als ob es einen Gott geben würde und als ob das alles nichts anderes wäre als ein alberner Grund sich zu treffen. Nein, die Atheisten würden aufhören, in die Kirche zu gehen, falls es keinen äußeren gesellschaftlichen Druck gibt und der Atheist weiß, dass er kein Ausgestoßener wäre. Und genau das kann man auch beobachten.
Warst du eigentlich schon mal in einer katholischen Kirche? Ich hätte da nie ein Gemeinschaftsgefühl gesehen. Enthusiastisch dabei sind die Leute in den ersten zwei Reihen. Alle andere gehen hin "weil es sich so gehört". Besonderen Zorn trifft dann natürlich alle, die einfach nicht hingehen.
Ist gibt nicht den einen Schlüssel zur Religion. Sie erhält sich auf viele Wege. Über Gemeinschaft; über gesellschaftliche Riten, die oft einfach übernommen und mit der Religion verknüpft wurden; über Abschottung und Auschluss von Andersartigen und über absurde Faktenbehauptungen, die schon Kindern eingeimpft werden müssen und deren Hinterfragung unterbunden werden muss.
Die Tabuisierung der Relgionskritik ist nun dank Internet nicht mal mehr mit weichen Mitteln möglich und das kann durchaus die Karte sein, die das Kartenhaus zum Einsturz bringt.
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Tapuak registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.02.2006 Beiträge: 1264
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(#820105) Verfasst am: 17.09.2007, 20:01 Titel: |
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Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Ist gibt nicht den einen Schlüssel zur Religion. Sie erhält sich auf viele Wege. |
Nichts anderes wollte ich ausdrücken, als ich der oben zitierten ORF-Kritik zugestimmt habe.
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Chinasky dirty ol' man
Anmeldungsdatum: 27.03.2006 Beiträge: 1264
Wohnort: Hoher Norden
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(#820130) Verfasst am: 17.09.2007, 20:25 Titel: |
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IvanDrago hat folgendes geschrieben: | Es muss aber Grunderfahrungen geben, die Gültigkeit besitzen, und nicht durch Mehrheitsdenken in spezifischen Situationen zu kippen sind. |
Kapier ich nicht. Erfahrungen können zu kippen sein? Es *muß* im übrigen gar nix geben, außer Regen, wenn das Kind den Teller nicht leergegessen hat.
Zum Funktionieren von Gesellschaften sind grundlegende Werte sicherlich von Vorteil. Und auf die einigt man sich halt. Und selbstverständlich sind sie durch Mehrheitsdenken zu kippen. Oder postulierst Du "absolute Werte", welche von irgendwelchen nicht hinterfragbaren Autoritäten "gesetzt" werden? Außerhalb der menschlichen Gesellschaft können keine Werte liegen, die für uns Menschen Geltung haben. Siehe das Euthyphron-Dilemma. Wer "absolute, nicht verhandelbare Werte" postuliert, versucht nur, um den mühsamen Prozeß, die eigenen Vorstellungen im Diskurs zu vertreten, herumzukommen. Das Postulieren absoluter, unhinterfragbarer, grundlegender Werte ist mithin im besten Fall Faulheit, im schlimmsten Fall selbstsüchtige Lüge.
_________________ Still confused - but on a higher level.
Mein Zeugs auf deviantart
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#820136) Verfasst am: 17.09.2007, 20:30 Titel: |
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Rene Hartmann hat folgendes geschrieben: | Semnon hat folgendes geschrieben: |
Es ist verständlich, dass ein Evolutionsbiologe sich von Christen besonders ans Bein gepinkelt fühlt, aber es ist irgendwie lächerlich eine Konfrontation mit Kuschelreligiösen anzustreben. Kreationisten werden sich niemals überzeugen lassen und die meisten Schüler interessieren sich für sowieso nichts ausser dem üblichen Teenagerkram. Alles was Dawkins erreichen kann ist, dass den Kreationisten und Bibelfundis, als beleidigte Opfer, eher noch mehr Chancen zukommen, ihren Quatsch in Kinderhirne zu impfen, wo er GOTTseidank ( ) ohnehin binnen Monaten vergessen ist und die Fundikinder haben eh ihre unabhängigen Qullen. Ansonsten ist sein Angriff auf gewöhnliche, freidliche Religiöse in etwa so ruhmreich, wie Omas umschubsen. |
Du ignorierst völlig, worum es Dawkins eigentlich geht: Nämlich die Atheisten zu ermuntern, selbstbewusster aufzutreten und gemeinsam etwas zu verändern. Und das ist tatsächlich der einzig erfolgversprechende Ansatz. Sich an den Religiösen, ob Liberale oder Fundis, abzuarbeiten, bringt in der Tat nichts. |
ich sehe nur einen Briten, der Zusammengehörigkeitsgefühl und Skandalstimmung nutzt, um erfolgreich Bücher zu verkaufen.
Die Art und Weise, wie er althergebrachten kulturellen Prägungen begegnet, als wäre er auf ein ausserirdisches Artefakt gestoßen, auf dem üble Beleidigungen seiner Mutter stehen, veranlassen mich nicht ihn als Leitfigur einer Bewegung anzuerkennen. Insofern er den Kreationistischen Einfluss auf Lehranstalten kritisiert und überhaupt versucht, den Kreationismus rational anzugreifen, bin ich sicher einverstanden. Auch Christenbasching finde ich eigentlich lustig, ich würde aber nicht auf den Gedanken kommen, darüber ganze Bücher zu verfassen und mich damit mächtig ernst zu nehmen und es stört mich einfach, wie Dawkins hier verklärt wird, nur weil er angeblich der Erste ist, der öffentlich mal frech wird.
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otto blei registrierter User
Anmeldungsdatum: 11.06.2007 Beiträge: 74
Wohnort: Berlin
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(#820211) Verfasst am: 17.09.2007, 22:11 Titel: |
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Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Ein Soziologe sollte sich vielleicht auch anhören, was die Gläubigen selbst über die Gründe erzählen aus denen sie glauben und aus denen sie sich wöchentlich treffen. Genau das tut Dawkins und er nimmt die Gläubigen ein Stück weit ernst. Und die Gründe sind nunmal, dass ein übermächtiges Wesen namens Gott existiert, welches darauf besteht, dass es auch angebetet wird. Zusätzlich teilt das übernatürliche Wesen Geschenke wie Spontanheilungen an besonders Fromme aus. Die Tatsache, dass andere nicht in die gleiche Kirche gehen wird als negativ angesehen, weil die eigenen Aktivitäten ja als immens wichtig betrachtet werden.... |
Nun Sokrateer, der Soziologe wird beobachten können, dass mit dem ganzen doofen und unaufgeklärtem Gewäsch eine Grupenidentität hergestellt wird, dass die Regeln und Normen den Gruppenmitgliedern ein feste Struktur zur Lebensführung zur Verfügung stellten und das mit ihnen ein hoher Grad an sozialer Stabilität hergestellte werden kann. Die Gruppenideologie (Religion) und der Kampf für sie befriedigt das menschliche Bedürfniss nach einem Lebenssinn, während die regelmäßig wiederkehrenden Kultveranstaltungen das Band der charismatisch/emotionalen Vergemeinschaftung immer wieder neu herrstellt. Darüber hinaus kann die Religionsgemeinschaft für ihre Mitglieder unverzichtbare soziale und wirtschaftliche Leistungen zur Verfügung stellen (eine Kollekte der Gemeinde für den Arztbesuch eines armen Gemeindemitgliedes ist in Gesellschaften mit mangelndem Gesundheitssystem wie den USA oft kaum zu ersetzen).
Der genauere Lehrinhalt der Überzeugungen einer religiösen Gemeinschaft ist für all diese Funktionen uninteressant und austauschbar, wichtig ist letztlich nur die ähnliche Organisationsstruktur als religiöse Gemeinschaft mit festen Werten und Normen.
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Jedenfalls wäre es meiner Meinung nach absurd anzunehmen, dass ein atheistisches gewordenes Dorf weiterhin jede Woche in die Kirche gehen würde und so tun würde, als ob es einen Gott geben würde und als ob das alles nichts anderes wäre als ein alberner Grund sich zu treffen. Nein, die Atheisten würden aufhören, in die Kirche zu gehen, falls es keinen äußeren gesellschaftlichen Druck gibt und der Atheist weiß, dass er kein Ausgestoßener wäre. Und genau das kann man auch beobachten. |
Die Frage ist natürlich ob es dem atheistischen Dorf gelingt ein genauso haltbares und dauerhaftes soziales Band zu stiften wie einer religiösen Gemeinschaft und ob es in Konkurenz um Mitglieder genauso viele Vorteile zu bieten hat wie eine religiöse Gemeinschaft. Wenn man mal so guckt welche sozialen Gemeinschaften eine lange Lebensdauer aufweisen, dann sieht es für das atheistische Dorf schlecht aus.
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Warst du eigentlich schon mal in einer katholischen Kirche? Ich hätte da nie ein Gemeinschaftsgefühl gesehen. Enthusiastisch dabei sind die Leute in den ersten zwei Reihen. Alle andere gehen hin "weil es sich so gehört". Besonderen Zorn trifft dann natürlich alle, die einfach nicht hingehen. |
Nun der katholischen Kirche in Deutschland geht es nicht besonders gut, vielleicht sollte sie sich mal ein bischen in Amerika umschauen.
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Ist gibt nicht den einen Schlüssel zur Religion. Sie erhält sich auf viele Wege. Über Gemeinschaft; über gesellschaftliche Riten, die oft einfach übernommen und mit der Religion verknüpft wurden; über Abschottung und Auschluss von Andersartigen und über absurde Faktenbehauptungen, die schon Kindern eingeimpft werden müssen und deren Hinterfragung unterbunden werden muss. |
Entschuldigung Sokrateer, aber so erhält sich nicht nur die Religion sondern jede dauerhafte soziale Gemeinschaft.
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Die Tabuisierung der Relgionskritik ist nun dank Internet nicht mal mehr mit weichen Mitteln möglich und das kann durchaus die Karte sein, die das Kartenhaus zum Einsturz bringt. |
Ich glaube nicht das Kritik reicht, Du must Ersatz anbieten für die vielen Funktionen, die die Religion für die Individuen und die Gesllschaft ausübt und zwar mindestens genauso guten Ersatz und das wird schwerer sein als Du denkst.
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Sokrateer souverän
Anmeldungsdatum: 05.09.2003 Beiträge: 11649
Wohnort: Wien
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(#820272) Verfasst am: 17.09.2007, 23:07 Titel: |
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otto blei hat folgendes geschrieben: | Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Ein Soziologe sollte sich vielleicht auch anhören, was die Gläubigen selbst über die Gründe erzählen aus denen sie glauben und aus denen sie sich wöchentlich treffen. Genau das tut Dawkins und er nimmt die Gläubigen ein Stück weit ernst. Und die Gründe sind nunmal, dass ein übermächtiges Wesen namens Gott existiert, welches darauf besteht, dass es auch angebetet wird. Zusätzlich teilt das übernatürliche Wesen Geschenke wie Spontanheilungen an besonders Fromme aus. Die Tatsache, dass andere nicht in die gleiche Kirche gehen wird als negativ angesehen, weil die eigenen Aktivitäten ja als immens wichtig betrachtet werden.... |
Nun Sokrateer, der Soziologe wird beobachten können, dass mit dem ganzen doofen und unaufgeklärtem Gewäsch eine Grupenidentität hergestellt wird, dass die Regeln und Normen den Gruppenmitgliedern ein feste Struktur zur Lebensführung zur Verfügung stellten und das mit ihnen ein hoher Grad an sozialer Stabilität hergestellte werden kann. |
Das "doofe und unaufgeklärte Gewäsch" wird von den Gläubigen aber geglaubt. Selbst, wenn die Religionsstifter dieses Gewäsch zum Zwecke der sozialen Struktur erfunden hätten, dann ändert das nicht daran, dass die Laien daran glauben und dass das der Grund für sie ist, sich zu treffen.
Wenn die Glaubensinhalte ein ein notwendiges Mittel für irgendeinen Zweck sind, dann bedeutet das umso mehr, dass die Religion über die Glaubensinhalte verletzbar ist, weil ihr dann eben das Mittel fehlen würde.
Du aber scheinst in deiner eigenen Sichtweise Ursache und Wirkung zu vertauschen. Sehen wir uns das anhand des Kriegs an, der in der Vergangenheit immer wieder auch im Namen Gottes geführt wurde. Heißt das, dass für die Soldaten das ganze Gerede von Gott nur ein billiges Vehikel wäre, um ihre eigene Kriegsgeilheit zu rechtfertigen?
Nein. Sie glauben selber dran und ohne diesen Glauben könnte, je nach Krieg (z.B. Dschihad), die Motivation für den Krieg völlig entfallen.
Sam Harris (und in seiner Folge Dawkins und Hitchens) Hauptbotschaft ist ja, dass Glaubensinhalte relevant sind und man den Religiösen zuhören soll.
otto blei hat folgendes geschrieben: | Die Frage ist natürlich ob es dem atheistischen Dorf gelingt ein genauso haltbares und dauerhaftes soziales Band zu stiften wie einer religiösen Gemeinschaft und ob es in Konkurenz um Mitglieder genauso viele Vorteile zu bieten hat wie eine religiöse Gemeinschaft. Wenn man mal so guckt welche sozialen Gemeinschaften eine lange Lebensdauer aufweisen, dann sieht es für das atheistische Dorf schlecht aus. |
Das Dorf Wien, in dem die Kirchen gähnend leer sind, scheint jedenfalls blendend und besser zu funktionieren, als in den Zeiten als die Menschen noch gläubig waren.
Der Atheismus hängt aber nicht davon ab, wie kollektivistisch atheistische Gesellschaften sind.
Das Gerede von dem sozialen Band ist auch höchst schönfärberisch. In traditionellen religiösen Zirkeln gab es immer viele Aussenseiter und Ausgestoßene. Bastarde (=uneheliche Kinder), unverheiratete Mütter, Schwule z.B. Behinderte Kinder wurden versteckt und als Strafe Gottes verstanden. Die Betroffenen gingen zwar auch jede Woche in die Kirche. Aber dort reden die Leute ja nicht miteinander, also änderte das nichts.
Nach deiner These müssten Religionen möglichst liberal und tolerant sein. Die meisten Religionen sind aber das Gegenteil und sie sind auch nur erfolgreich, wenn sie Sündenböcke nennen und spalten. Aus den USA weiß man, dass Kirchen, die liberale Inhalte übernehmen schnell Mitglieder verlieren.
otto blei hat folgendes geschrieben: |
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Ist gibt nicht den einen Schlüssel zur Religion. Sie erhält sich auf viele Wege. Über Gemeinschaft; über gesellschaftliche Riten, die oft einfach übernommen und mit der Religion verknüpft wurden; über Abschottung und Auschluss von Andersartigen und über absurde Faktenbehauptungen, die schon Kindern eingeimpft werden müssen und deren Hinterfragung unterbunden werden muss. |
Entschuldigung Sokrateer, aber so erhält sich nicht nur die Religion sondern jede dauerhafte soziale Gemeinschaft. |
Wieviele Eltern kennst du denn, die ihre Kleinkinder zu strammen Sozialisten/Grünen erklären und auch so erziehen? Nein, die weit verbreitete und nachdrückliche Gehirnwäsche von Kindesbeinen an kennen wir nur von religiösen Menschen. Sonst gibt es das in totalitären Gesellschaften wie Nordkorea und bei vereinzelten fundamentalistischen Polit-Aktivisten.
otto blei hat folgendes geschrieben: |
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Die Tabuisierung der Relgionskritik ist nun dank Internet nicht mal mehr mit weichen Mitteln möglich und das kann durchaus die Karte sein, die das Kartenhaus zum Einsturz bringt. |
Ich glaube nicht das Kritik reicht, Du must Ersatz anbieten für die vielen Funktionen, die die Religion für die Individuen und die Gesllschaft ausübt und zwar mindestens genauso guten Ersatz und das wird schwerer sein als Du denkst. |
Wo lebst denn du? Die Kirchen sind doch heute schon leer. Die Menschen haben sich ihren "Ersatz" schon gefunden. Ich persönlich halte die nützlicheren kirchlichen Aktivitäten eher als eine Vereinnahmung und Einverleibung.
Da wäre zum Beispiel die Eheschließung. Die katholische Kirche ist erst vor ein paar hundert Jahren überhaupt auf die Idee gekommen, die Eheschließung in der Kirche für ihre Gläubigen verpflichtend zu machen.
Der Ersatz ist das Standesamt oder die Verkündung einer festen Beziehung im Freundeskreis.
Dann hätten wir die Funktion des Priesters als Redner, der die politischen, gesellschaftlichen und sonstigen Themen der Zeit thematisierte. Wen das interessiert, für den gibt es Zeitungen, Radio, Dokumentationen, Fernsehdebatten, Blogs und Youtube.
Als nächstes käme dann die Funktion des Priesters als Berater für alle möglichen Problemchen, von denen er zu einem großen Teil eigentlich überhaupt keine Ahnung haben konnte. Dafür gibt es heute Eheberater, Anwälte, Ernährungsberater, Trainer, Bücher, Fernsehsendungen, Talkshows, Beratungshotlines, Internetforen.
Ähnliche Beispiel ließen sich für die meisten Aspekte der Religion finden.
Ganz abgesehen davon muss es nicht für alles, was die Religion so macht einen Ersatz geben, damit der Atheismus erfolgreich sein kann.
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wasistreal permanent deaktiviert
Anmeldungsdatum: 23.10.2006 Beiträge: 719
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(#820315) Verfasst am: 17.09.2007, 23:54 Titel: |
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Mal so zwischendurch:
Die Kriege wurden wg. Geld und Macht geführt. Die Religion war die Geschichte, um Soldaten zu finden, die für n Appel und n Ei freudestrahlend in den Tod ziehen, und als Klebstoff, um verschiedene Fürsten/Könige u.ä. zu verbinden.
Tip:
Über den Prozeß der Zivilistion, Norbert Elias
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IvanDrago Ösifreund und Pendler zwischen den Welten
Anmeldungsdatum: 18.07.2005 Beiträge: 2876
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(#820358) Verfasst am: 18.09.2007, 00:33 Titel: |
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IvanDrago hat folgendes geschrieben: | Es muss aber Grunderfahrungen geben, die Gültigkeit besitzen, und nicht durch Mehrheitsdenken in spezifischen Situationen zu kippen sind. |
Chinasky hat folgendes geschrieben: | Kapier ich nicht. Erfahrungen können zu kippen sein? Es *muß* im übrigen gar nix geben, außer Regen, wenn das Kind den Teller nicht leergegessen hat.
Zum Funktionieren von Gesellschaften sind grundlegende Werte sicherlich von Vorteil. Und auf die einigt man sich halt. Und selbstverständlich sind sie durch Mehrheitsdenken zu kippen. Oder postulierst Du "absolute Werte", welche von irgendwelchen nicht hinterfragbaren Autoritäten "gesetzt" werden? Außerhalb der menschlichen Gesellschaft können keine Werte liegen, die für uns Menschen Geltung haben. Siehe das Euthyphron-Dilemma. Wer "absolute, nicht verhandelbare Werte" postuliert, versucht nur, um den mühsamen Prozeß, die eigenen Vorstellungen im Diskurs zu vertreten, herumzukommen. Das Postulieren absoluter, unhinterfragbarer, grundlegender Werte ist mithin im besten Fall Faulheit, im schlimmsten Fall selbstsüchtige Lüge. |
Ich postuliere so gesehen "absolute Erfahrungen/Einsichten", yepp.
Zum Beispiel, ist es nicht tragbar, zu versuchen, eine Gruppe von Menschen in Vernichtungslagern mittels Vergasung zu dezimieren. Unabhängig von akkuten kollektiven Stimmungen.
Ob Letztbegründung im philosophischen Sinne oder nicht, ist mir da völlig Schnuppe.
_________________ "Eine Stadt freut sich, wenn's den Gerechten wohlgeht, und wenn die Gottlosen umkommen, wird man froh." Sprüche 11, 10
Heike N. meint: "IvanDrago for President!"
Faszination braucht keine höhere Macht.
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otto blei registrierter User
Anmeldungsdatum: 11.06.2007 Beiträge: 74
Wohnort: Berlin
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(#820371) Verfasst am: 18.09.2007, 01:10 Titel: |
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Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Das "doofe und unaufgeklärte Gewäsch" wird von den Gläubigen aber geglaubt. Selbst, wenn die Religionsstifter dieses Gewäsch zum Zwecke der sozialen Struktur erfunden hätten, dann ändert das nicht daran, dass die Laien daran glauben und dass das der Grund für sie ist, sich zu treffen.
Wenn die Glaubensinhalte ein ein notwendiges Mittel für irgendeinen Zweck sind, dann bedeutet das umso mehr, dass die Religion über die Glaubensinhalte verletzbar ist, weil ihr dann eben das Mittel fehlen würde.
Du aber scheinst in deiner eigenen Sichtweise Ursache und Wirkung zu vertauschen. Sehen wir uns das anhand des Kriegs an, der in der Vergangenheit immer wieder auch im Namen Gottes geführt wurde. Heißt das, dass für die Soldaten das ganze Gerede von Gott nur ein billiges Vehikel wäre, um ihre eigene Kriegsgeilheit zu rechtfertigen?
Nein. Sie glauben selber dran und ohne diesen Glauben könnte, je nach Krieg (z.B. Dschihad), die Motivation für den Krieg völlig entfallen.
Sam Harris (und in seiner Folge Dawkins und Hitchens) Hauptbotschaft ist ja, dass Glaubensinhalte relevant sind und man den Religiösen zuhören soll. |
Also Sokrateer, selbstverständlich glauben die Laien und die Krieger an das doofe und unaufgeklärte Gewäsch und ich würde sagen ihre religiösen Führer glauben auch dran. Gerade darauf beruhen ja die integrativen und sozial wirksamen Folgen von Religion. Als Aussenstehender kann ich allerdings beobachten, das dadurch dem sozialen Zusammenhalt dieser Gemeinschaft eine besondere Stabilität und Dauer verliehen wird, auch gegenüber von widrigen Umständen. Und das für die einzelne Mitglieder einer religiösen Gemeinschaft über den Glauben an den religiösen Inhalt hinaus vielfältige soziale und wirtschaftliche Gründe bestehen in dieser Gemeinschaft zu bleiben, das muss sich der einzelne Gläubig nicht unbedingt klar machen, der kann subjektiv trozdenm seinen reinen Glauben leben. Für diese Beobachtungen ist es uninteressant ob die Gläubigen nun Pfingstler, Mormonen, Herrenhuter oder sonstwas sind.
Du kannst die armen Leute natürlich über die Idiotie ihres Glaubens aufklären, bloß wenn sie Dir glauben müssten sieh ihr ganzes bisherige Leben in Frage stellen, all ihre sozialen, wirtschaftlichen, emotionalen und sonstigen Vorteile aufgeben die ihre religiöse Gemeinschaft ihnen bisher gegben hat, da musst du ihnen schon adequaten Ersatz anbieten.
Glaubst Du das wirklich das mit der Religion auch Kriege entfallen?
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Das Dorf Wien, in dem die Kirchen gähnend leer sind, scheint jedenfalls blendend und besser zu funktionieren, als in den Zeiten als die Menschen noch gläubig waren.
Der Atheismus hängt aber nicht davon ab, wie kollektivistisch atheistische Gesellschaften sind.
Das Gerede von dem sozialen Band ist auch höchst schönfärberisch. In traditionellen religiösen Zirkeln gab es immer viele Aussenseiter und Ausgestoßene. Bastarde (=uneheliche Kinder), unverheiratete Mütter, Schwule z.B. Behinderte Kinder wurden versteckt und als Strafe Gottes verstanden. Die Betroffenen gingen zwar auch jede Woche in die Kirche. Aber dort reden die Leute ja nicht miteinander, also änderte das nichts.
Nach deiner These müssten Religionen möglichst liberal und tolerant sein. Die meisten Religionen sind aber das Gegenteil und sie sind auch nur erfolgreich, wenn sie Sündenböcke nennen und spalten. Aus den USA weiß man, dass Kirchen, die liberale Inhalte übernehmen schnell Mitglieder verlieren.
Wieviele Eltern kennst du denn, die ihre Kleinkinder zu strammen Sozialisten/Grünen erklären und auch so erziehen? Nein, die weit verbreitete und nachdrückliche Gehirnwäsche von Kindesbeinen an kennen wir nur von religiösen Menschen. Sonst gibt es das in totalitären Gesellschaften wie Nordkorea und bei vereinzelten fundamentalistischen Polit-Aktivisten. |
Sokrateer jede ich betone jede soziale Gemeinschaft beruht auf Diskriminierung und Regression, also darauf, das die eine Unterscheidung zwischen Mitgliedern und Nichtmtgliedern der sozialen Gemeinschaft gezogen wird und darauf das eine soziale Gemeinschaft Regeln, Normen und Tabus besitzt bei deren Nichtbeachtung die Mitglieder mit Sanktionen der Gemeinschaft belegt werden.
Das 'soziale Band' mein Lieber beruht darauf das die Schwulen, unverheiratenten Mütter usw. diskriminiert werden (bei anderen sozialen Gemeinschaften sind das andere Abweichler Nazis oder Faule oder religiöse Spinner usw.) Und jede Religion (wie auch jede ander soziale Gemeinschaft) die Erfolg haben will muss irgendwie in diesem Sinne diskriminierend sein (oder intollerant wenn Du willst).
Jedes Kind wird sozialisiert und damit einer Gehirnwäsche im Sinne der Vorurteile seiner Erzieher unterzogen.
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Wo lebst denn du? Die Kirchen sind doch heute schon leer. Die Menschen haben sich ihren "Ersatz" schon gefunden. Ich persönlich halte die nützlicheren kirchlichen Aktivitäten eher als eine Vereinnahmung und Einverleibung.
Da wäre zum Beispiel die Eheschließung. Die katholische Kirche ist erst vor ein paar hundert Jahren überhaupt auf die Idee gekommen, die Eheschließung in der Kirche für ihre Gläubigen verpflichtend zu machen.
Der Ersatz ist das Standesamt oder die Verkündung einer festen Beziehung im Freundeskreis.
Dann hätten wir die Funktion des Priesters als Redner, der die politischen, gesellschaftlichen und sonstigen Themen der Zeit thematisierte. Wen das interessiert, für den gibt es Zeitungen, Radio, Dokumentationen, Fernsehdebatten, Blogs und Youtube.
Als nächstes käme dann die Funktion des Priesters als Berater für alle möglichen Problemchen, von denen er zu einem großen Teil eigentlich überhaupt keine Ahnung haben konnte. Dafür gibt es heute Eheberater, Anwälte, Ernährungsberater, Trainer, Bücher, Fernsehsendungen, Talkshows, Beratungshotlines, Internetforen.
Ähnliche Beispiel ließen sich für die meisten Aspekte der Religion finden.
Ganz abgesehen davon muss es nicht für alles, was die Religion so macht einen Ersatz geben, damit der Atheismus erfolgreich sein kann. |
Ich lebe in Ostdeutschland (bei Berlin), in meiner Grundschulklasse waren von 24 Kindern 2 getauft, mein Vater ist ein überzeugter Naturalist (3 Generation). Aufgrund meiner Sozialisation habe ich bis weit in mein drittes Lebensjahrzehnt religiöse Menschen als irgenwelche wirren Leute angesehen, die aus einem Märchenbuch entlaufen sind.
Klar sind die Kirchen leer bei uns zumindest und in Österreich und im übrigen Europa, aber sonst?
Ich bezweifle nicht das es für die sozialen, wirtschaftlichen und sonstigen Funktionen die in religiösen Gemeinschaften realisierte werden auch säkular zu befriedigen sind (und wahrscheinlich schon immer waren), nur guck Dir die Geburtenraten an, Guck Dir an welche sozialen Institutionen dauerhaft überlebt haben, nicht Jahrzehnte sondern Jahrhunderte und länger - klar lebt ihr wahrscheinlich im hier und jetzt alle besser in eurem atheistischen Dorf, aber wenn es darum geht eure Werte und Normen für die Zukunft zu tradieren und an folgenden Generationen weiterzugeben da habt ihr schlechte Karten gegen die Religiösen.
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#820438) Verfasst am: 18.09.2007, 08:54 Titel: |
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otto blei hat folgendes geschrieben: | wahrscheinlich im hier und jetzt alle besser in eurem atheistischen Dorf, aber wenn es darum geht eure Werte und Normen für die Zukunft zu tradieren und an folgenden Generationen weiterzugeben da habt ihr schlechte Karten gegen die Religiösen. |
Das halte ich für ein Gerücht.
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Anmeldungsdatum: 14.09.2007 Beiträge: 36
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(#820442) Verfasst am: 18.09.2007, 09:19 Titel: |
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otto blei hat folgendes geschrieben: | Guck Dir an welche sozialen Institutionen dauerhaft überlebt haben, nicht Jahrzehnte sondern Jahrhunderte und länger |
Ja, aber wie viele Millionen von Menschenopfern hat dieses "Überleben" gekostet?
Diese "Institutionen" haben eine unermessliche Blutschuld auf sich geladen, diese "Institutionen" haben eine Blutspur in der Geschichte der Menschheit hinterlassen, die in ihrer menschenverachtenden Perversität ihresgleichen sucht.
Es gab und gibt kein Verbechen, keinen Völkermord, den diese "Institutionen" nicht begangen hat um in liebevoller Umarmung ihre Schäfchen bei der Stange, sprich hier - Glauben, zu halten.
Europa machte den Anfang, und je mehr der Mensch seine geistige Freiheit erlangen wird, je mehr der Mensch sich selbst bestimmen darf, je mehr wird sich der Mensch von dieser menschenverachtenden und blutrünstigen Religion abwenden.
Und, seien wir doch einmal ehrlich, rechnet man die Tauf und Namenschristen, die Karrierechristen und determinierten Christen, die mit Nahrung bei der Stange gehaltenen Christen Arfikas und der dritten Welt aus den Statistiken dieser Welt heraus, was bleibt dann noch!
(Zumal diese Institutionen schon seit tausenden von Jahren die Meister der Fälschung und Propaganda sind).
Das Christentum liegt in der Agonie, leider sind Kranke oft unberechenbar und gefährlich.
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