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Gerard
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Anmeldungsdatum: 25.03.2007
Beiträge: 20
Wohnort: Wasserburg am Inn

Beitrag(#692559) Verfasst am: 27.03.2007, 15:14    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo MBergmann,

MBergmann hat folgendes geschrieben:
Über die Unterstellung, noch nie eine Krise erlebt zu haben, will ich mal hinwegsehen.


Das musst Du nicht, weil es bei mir genau so ankommt wenn man meint, dass das, was Religion ausmacht, mit Wissenschaft, Philosophie und Kunst substituiert werden könnte.

MBergmann hat folgendes geschrieben:
Aber zu der Krisensituation: Die Menschen auf die du dich beziehst, wurden durch frühkindliche Indoktrination von der Krücke eines religiösen Glaubens abhängig gemacht. Dass sie sich auf diese dann in Krisensituationen zu stützen versuchen, kann man nicht verübeln.


Ich rede nicht von Liebeskummer oder einer fünf in Mathe.
Ich habe einige Erfahrungen in Hospizarbeit (und finde es schade, dass die Sterbebegleitung fast ausschließlich in den Händen christlicher Organisationen ist) und kenne ein paar Menschen, die ihr Leben lang Atheisten waren und nach einer Begegnung mit dem Tod, etwa nach einem Schlaganfall oder Herzinfarkt, jetzt auf der Suche nach einem spirituellen Sinn sind. Diese Menschen wurden überhaupt nicht indoktriniert - oft stammen sie selbst aus Atheistenfamilien. Ich finde es nicht richtig, wenn man derart ernsthaftes Suchen als Dummheit abqualifiziert (nur weil man gerade nicht in der Situation ist, dass man das versteht).

MBergmann hat folgendes geschrieben:
Aber gleichzeitig unterstellst du Menschen, die nicht religiös erzogen worden sind, in Krisensituationen schlechter zurecht zu kommen.


Nein, ich unterstelle den Menschen, die behaupten keinen Glauben zu haben, dass sie sich irren. Und zwar aus dem einfachen Grund, dass der Mensch eine "a priori Basis" zur Deutung und Einordnung des Stroms der Wahrnehmungen benötigt. Materialismus ist zum Beispiel eine der unerkannten (und damit gefährlichen) Religionen unserer Zeit.
Daher würde ich mir von einer Aufklärung wünschen, dass sie ihr Augenmerk auf ALLE Glaubensrichtungen lenkt und nicht nur auf jene, die "Gott" auf ihren Fahnen stehen haben.
Zudem würde ich mir - wie bereits erwähnt - eine Definition des Begriffs "Gott" wünschen, damit man einordnen kann, wogegen sich die Giordano Bruno Stiftung konkret ausspricht. Sollte es nämlich "alles Nicht-Rationale" sein, fände ich den Namen aus zwei Gründen unpassend:
1. Giordano Bruno war in erster Linie ein gläubiger Mensch und erst in zweiter Linie ein revolutionärer Denker.
2. Gegen alles "Nicht-Rationale" einzutreten bedeutet in aller Regel nur, dass man die eigene Irrationale Komponente der subjektiven Basis der Wirklichkeitsdeutung als Blinden Fleck mit sich herumträgt. Meist fürht das zum Materialismus, der - wie ebefalls bereits erwähnt - die unerkannte Religion der Moderne ist (Namen wie zB Wolf Singer in der Liste der Buchempfehlungen legen einen solchen Schluss nahe).
Aufklärung muss auch gegen diese moderne Religion eintreten um eine Gleichberechtigung der Glaubensrichtungen zu schaffen, auf deren Basis dann ein einheitlicher und globaler Humanismus seinen Anfang nehmen kann.
Mit einer kategorischen Abwertung jeglicher spirituellen Einstellung ist nichts gewonnen und der gut gemeinte "evolutionäre Humanismus" wird dann eine geschichtlich unwesentliche, kleine Glaubenssekte bleiben.

herzlichen Gruß
Gerhard

MBergmann hat folgendes geschrieben:
ps: Herzlich Willkommen!


Vielen Dank, ich hoffe, dass ich mir den Einstieg mit allzuviel Kritik nicht gleich versaut habe zwinkern
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"Beim Prozess des Verstehens und Deutens bildet das Verhältnis zwischen dem Teil und dem Ganzen einen hermeneutischen Zirkel: Um das Ganze verstehen zu können, muss man die Teile verstehen, aber man kann die Teile nur verstehen, wenn man einen gewissen Begriff vom Ganzen hat." David Couzens Hoy
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Kival
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Anmeldungsdatum: 14.11.2006
Beiträge: 24071

Beitrag(#692618) Verfasst am: 27.03.2007, 16:35    Titel: Antworten mit Zitat

Gerard hat folgendes geschrieben:
Ich rede nicht von Liebeskummer oder einer fünf in Mathe.


Wir auch nicht. Mit den Augen rollen

EDIT: Liebeskummer ist ein äußerst indifferenter Begriff und kann je nach Umständen stärkere Krisensituationen hervorrufen als schwere Unfälle oder der Tod guter Freunde oder dergleichen.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#692727) Verfasst am: 27.03.2007, 18:34    Titel: Antworten mit Zitat

Gerard hat folgendes geschrieben:
... kenne ein paar Menschen, die ihr Leben lang Atheisten waren und nach einer Begegnung mit dem Tod, etwa nach einem Schlaganfall oder Herzinfarkt, jetzt auf der Suche nach einem spirituellen Sinn sind. Diese Menschen wurden überhaupt nicht indoktriniert - oft stammen sie selbst aus Atheistenfamilien. Ich finde es nicht richtig, wenn man derart ernsthaftes Suchen als Dummheit abqualifiziert ...

Ja, hier handelt es sich nicht um Dummheit (im Sinne mangelder Intelligenz), sondern eher um ein Abschalten der Ratio im Notfall psychischer Haltlosigkeit.

Gerard hat folgendes geschrieben:
... ich unterstelle den Menschen, die behaupten keinen Glauben zu haben, dass sie sich irren. Und zwar aus dem einfachen Grund, dass der Mensch eine "a priori Basis" zur Deutung und Einordnung des Stroms der Wahrnehmungen benötigt.

Da ist was dran. Allerdings kann der aufgeklärte Mensch Scheinerklärungen (z.B. Götter) als solche erkennen, intuitive Deutungen hinterfragen und Aberglauben zugunsten derzeit bester Theorien oder sogar zugunsten offener Fragen verwerfen.

Gerard hat folgendes geschrieben:
Materialismus ist zum Beispiel eine der unerkannten (und damit gefährlichen) Religionen unserer Zeit.

Materialismus - oder vielleicht besser Naturalismsus - ist kein Glauben, den Du einfach mit religiösem GLauben in einen Topf werfen kannst. Naturalismus ist eine Haltung, die durch die derzeit besten Theorien gestützt wird. Ein kritischer Rationalist wird zudem der Skepsis, auch gegenüber Grundannahmen, immer einen wichtigen Platz in seiner Methodik einräumen. Im religiösen Glauben dagegen sind die zentralen GLaubenssätze absolut tabu, selbst wenn sie falsifiziert sind.

Wenn Du also schon einen nicht-theistische Analogie suchst, dann solltest Du im Bereich der weltlich-transzendentalen Ideologien suchen, z.B. Kommunismus, Faschismus, ... die haben strukturell erhebliche Ähnlichkeit mit Religionen.

Gerard hat folgendes geschrieben:
... Materialismus, der - wie ebefalls bereits erwähnt - die unerkannte Religion der Moderne ist (Namen wie zB Wolf Singer in der Liste der Buchempfehlungen legen einen solchen Schluss nahe).

Aha. Du meinst also, wer aufgrund wissenschaftlicher Resultate nicht an Geister und Seelen glaubt, sei "modern religiös"?
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Gerard
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Anmeldungsdatum: 25.03.2007
Beiträge: 20
Wohnort: Wasserburg am Inn

Beitrag(#692760) Verfasst am: 27.03.2007, 19:05    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo step,

step hat folgendes geschrieben:
Aha. Du meinst also, wer aufgrund wissenschaftlicher Resultate nicht an Geister und Seelen glaubt, sei "modern religiös"?


Nein ich meine:

Wer aufgrund einzelner wissenschaftlicher Tests - die keiner anzweifelt - weltanschauliche Forderungen stellt - wie eine Änderung des Strafrechts -, der hat philosophisch nichts kapiert und ist zudem nicht wirklich fähig, die Kompetenzgrenzen von wissenschafltichen Einzelfakten zu erkennen, was zu blind(wütig)er Interpolation führt. Wer dazu noch Wissenschaft sagt, ist selber schuld. zwinkern

step hat folgendes geschrieben:
Materialismus - oder vielleicht besser Naturalismsus - ist kein Glauben, den Du einfach mit religiösem GLauben in einen Topf werfen kannst. Naturalismus ist eine Haltung, die durch die derzeit besten Theorien gestützt wird.


Der neurokybernetische Naturalismus ist desahlb eine Glaubensrichtung, weil er ein Zirkelschluss ist. In diesem Punkt ähnelt er der religiösen Aussage, dass "in der Bibel die Wahrheit steht, weil in der Bibel schließlich steht, dass in der Bibel die Wahrheit steht, und da in der Bible die Wahrheit steht, muss es ahr sein, dass in der Bibel die Wahrheit steht."

Die Theorien ruhen alle auf der Trennung der Wahrnehmung in Wahrgenommenes und Wahrnehmenden und beginnen alle mit der Ausschließung des Subjekts als Störfaktor. Somit bleiben sie ein Monolog in der Es-Sprache.
Wer ein Hammer ist, dem erscheint eben alles wie ein Nagel.

step hat folgendes geschrieben:
Ein kritischer Rationalist wird zudem der Skepsis, auch gegenüber Grundannahmen, immer einen wichtigen Platz in seiner Methodik einräumen.


Das wäre so, wenn die Grundannahmen bewusst wären und nicht in der Methodik impliziert.

step hat folgendes geschrieben:
Im religiösen Glauben dagegen sind die zentralen GLaubenssätze absolut tabu, selbst wenn sie falsifiziert sind.


Da gebe ich Dir recht. Aufgrund diesr Tatsache ist es ja wesentlich leichter, sie als Irrglauben zu entlarven zwinkern

Keine Angst, ich will die Wissenschaft nicht zur Religion degradieren (normalerweise trete ich als Verteidiger der Wissenschaft und des Verstandes auf zwinkern ). Ich warne lediglich vor der Inkonsequenz in der Haltung der Rationalisten (Naturalisten), weil sie den eigenen Balken im Auge nicht sehen.

Was unzweifelhaft wahr ist, ist lediglich die Tatsache eines phänomenalen Wahrnehmungsstromes.
Wer darüber hinaus geht muss sich im Klaren sein, dass er interpretiert. Und jede Interpretation bedarf einer dahinterliegenden Theorie.

herzlichen Gruß
Gerhard Höberth
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Kival
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Beiträge: 24071

Beitrag(#692779) Verfasst am: 27.03.2007, 19:27    Titel: Antworten mit Zitat

Gerard hat folgendes geschrieben:
Wer aufgrund einzelner wissenschaftlicher Tests - die keiner anzweifelt - weltanschauliche Forderungen stellt - wie eine Änderung des Strafrechts -, der hat philosophisch nichts kapiert und ist zudem nicht wirklich fähig, die Kompetenzgrenzen von wissenschafltichen Einzelfakten zu erkennen, was zu blind(wütig)er Interpolation führt. Wer dazu noch Wissenschaft sagt, ist selber schuld. zwinkern


Wer naturwissenschaftliche Erkenntnisse ignoriert und Ethik und dergleichen in der heißen Luft diskutiert, verwechselt Wortnebel mit Philosophie.

So, könnten wir dann einfach so dahingeschmierte Pauschalbehauptungen sein lassen und könntest du Butter bei die Fische geben? Was ist falsch?

Kaum jemand hier vertritt einen ontologischen Naturalismus mit Absolutheitsanspruch auf Wahrheit. Ich empfehle mal gerade Vollmer zu dem Thema.
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Gerard
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Anmeldungsdatum: 25.03.2007
Beiträge: 20
Wohnort: Wasserburg am Inn

Beitrag(#692815) Verfasst am: 27.03.2007, 19:48    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
Wer naturwissenschaftliche Erkenntnisse ignoriert und Ethik und dergleichen in der heißen Luft diskutiert, verwechselt Wortnebel mit Philosophie.
Kaum jemand hier vertritt einen ontologischen Naturalismus mit Absolutheitsanspruch auf Wahrheit. Ich empfehle mal gerade Vollmer zu dem Thema.


Step fragte mich nach Singer. Sonst habe ich das niemandem unterstellt.

Danke für den Hinweis an Vollmer - werde gleich was von ihm lesen (Was können wir wissen?)

Mein Vorwurf an Singer bleibt trotzdem bestehen und der hat keinerlei Erkenntnistheoretische Gründe sondern rein logische:
Wenn Singer das Bewusstsein für ein Epiphänomen hält und an einen Determinismus glaubt, der Kriminellen die Chance nimmt, ihre Handlungen zu planen und somit auch zu verantworten, dann ist es halbherzig daraus abzuleiten, dass wir das Strafrecht ändern sollten, weil dann jeder Gesetzgeber und jeder Richter ebenso keine Chance hat, seine Handlungen zu planen. somit kann man alles lassen wie es ist. Zudem spaltet er einen in der Forschung angenommenen Monismus in der Konsequenz in einen Dualismus auf, weil der Kriminelle, der die Tat verantworten sollte, als jemand anderer gleten muss als der, der die Tat begangen hat, wenn man seinen Ausührungen folgen will.
Sollte ihm dieser Widerspruch selbst nicht aufgefallen sein, dann ist er philosophisch nicht kompetent, sollte er ihm aufgefallen sein, dann ist er unzumutbar polemisch. In beiden Fällen halte ich ihn nicht für einen intellektuellen Humanisten.

herzlichen Gruß
Gerhard Höberth
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Kival
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Anmeldungsdatum: 14.11.2006
Beiträge: 24071

Beitrag(#692839) Verfasst am: 27.03.2007, 20:03    Titel: Antworten mit Zitat

Wolfang Singer habe ich persönlich nicht gelesen. Dazu kann ich nicht viel zu sagen. Außerdem ist es eine Frage, ob es sinnvoll ist, hier so tief in die Diskussion einzusteigen. Das eigentliche Thema ist davon kaum noch betroffen. MSS ist aber selten hier, nen eigener Thread wird sich in diesem unterforum also kaum finden. Für eine auführliche Entgegnung habe ich gerade keine Zeit.

EDIT: Wenn ich google richtig zu bedinen weiß, habe ich die berechtigte Hoffnung, eine sachliche Diskussion führen zu können. Vielleicht auch in einem anderen Forenbereich.

EDIT 2: ich hätte doch nicht googeln sollen Am Kopf kratzen
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#692858) Verfasst am: 27.03.2007, 20:16    Titel: Antworten mit Zitat

Gerard hat folgendes geschrieben:
Wer aufgrund einzelner wissenschaftlicher Tests - die keiner anzweifelt - weltanschauliche Forderungen stellt - wie eine Änderung des Strafrechts -, der hat philosophisch nichts kapiert und ist zudem nicht wirklich fähig, die Kompetenzgrenzen von wissenschafltichen Einzelfakten zu erkennen, was zu blind(wütig)er Interpolation führt.

Also ich finde es logisch, nach Entmystifizierung des freien Willens das Strafrecht auf den Schutz der Gesellschaft vor Wiederholungstätern und möglichen Täter-Opfer-Ausgleich zu beschränken, oder dies zumindest zur Diskussion zu stellen. Viel unlogischer finde ich dagegen, an einem - rein animalisch unreflektierten - Wunsch nach Vergeltung festzuhalten, oder sogar weiter an den "freien Willen" zu glauben, nur damit man das Strafrecht behalten kann. Aber dazu haben wir ja hier einen Haufen eigene threads.

Gerard hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Materialismus - oder vielleicht besser Naturalismsus - ist kein Glauben, den Du einfach mit religiösem GLauben in einen Topf werfen kannst. Naturalismus ist eine Haltung, die durch die derzeit besten Theorien gestützt wird.
Der neurokybernetische Naturalismus ist desahlb eine Glaubensrichtung, weil er ein Zirkelschluss ist. ... Die Theorien ruhen alle auf der Trennung der Wahrnehmung in Wahrgenommenes und Wahrnehmenden und beginnen alle mit der Ausschließung des Subjekts als Störfaktor. Somit bleiben sie ein Monolog in der Es-Sprache.

Nein. Monologe führt im Gegenteil das philosophische "Ich". Deswegen verstehen sich die Philosophen meist auch nicht untereinander. Die wissenschaftliche Methode dagegen evolviert nach dem Prinzip, wie nützlich das gefundene Wissen für die Simulation / Voraussage von Beobachtbarem ist. Das "Ich", die absolut-personale Illusion, wird da gnadenlos entmystifiziert.

Gerard hat folgendes geschrieben:
Wer ein Hammer ist, dem erscheint eben alles wie ein Nagel.

Was solche Sprüche belegen sollen, ist mir schleierhaft ...

Gerard hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ein kritischer Rationalist wird zudem der Skepsis, auch gegenüber Grundannahmen, immer einen wichtigen Platz in seiner Methodik einräumen.
Das wäre so, wenn die Grundannahmen bewusst wären und nicht in der Methodik impliziert.

Sie sind bewußt, siehe oben. Jedenfalls bei erkenntnistheoretisch versierteren Naturalisten.

Gerard hat folgendes geschrieben:
Ich warne lediglich vor der Inkonsequenz in der Haltung der Rationalisten (Naturalisten), weil sie den eigenen Balken im Auge nicht sehen.

Den konntest Du aber bisher noch nicht zeigen.

Gerard hat folgendes geschrieben:
Was unzweifelhaft wahr ist, ist lediglich die Tatsache eines phänomenalen Wahrnehmungsstromes.

So weit würde ich nicht gehen. Nichts ist unzweifelhaft wahr. Gut funktionierende Theorien dagegen gibt es über den Wahrnehmungsstrom hinaus.

Gerard hat folgendes geschrieben:
Wer darüber hinaus geht muss sich im Klaren sein, dass er interpretiert. Und jede Interpretation bedarf einer dahinterliegenden Theorie.

Meine Interpretation ist extrem minimal: Mir reicht es, wenn eine Theorie gute Voraussagen ermöglicht. Das ist klar und eindeutig, und erfordert keine Metaphysik.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#692867) Verfasst am: 27.03.2007, 20:24    Titel: Antworten mit Zitat

Gerard hat folgendes geschrieben:
Danke für den Hinweis an Vollmer - werde gleich was von ihm lesen (Was können wir wissen?)

Genau. Dieser Empfehlung kann ich mich anschließen, auch wenn das Buch nicht gerade aus einem Guß geschrieben ist.

Gerard hat folgendes geschrieben:
Wenn Singer das Bewusstsein für ein Epiphänomen hält und an einen Determinismus glaubt, der Kriminellen die Chance nimmt, ihre Handlungen zu planen ...

Klar können sie planen, nur wird eben der Ablauf der Planung durch Naturgesetze + Zufall bestimmt.

Gerard hat folgendes geschrieben:
... und somit auch zu verantworten, dann ist es halbherzig daraus abzuleiten, dass wir das Strafrecht ändern sollten, weil dann jeder Gesetzgeber und jeder Richter ebenso keine Chance hat, seine Handlungen zu planen. somit kann man alles lassen wie es ist.

Ich kann auch letztlich nichts dafür, daß es mich treibt, das Strafrecht für ethisch unhaltbar zu halten.

Gerard hat folgendes geschrieben:
Zudem spaltet er einen in der Forschung angenommenen Monismus in der Konsequenz in einen Dualismus auf, weil der Kriminelle, der die Tat verantworten sollte, als jemand anderer gelten muss als der, der die Tat begangen hat, wenn man seinen Ausührungen folgen will.

Wo ist denn da der Dualismus? Umgekehrt würde ich sagen, daß nahezu die gesamte Philosophie nach wie vor ein Problem mit dem Identitätsbegriff hat.
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Gerard
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Anmeldungsdatum: 25.03.2007
Beiträge: 20
Wohnort: Wasserburg am Inn

Beitrag(#693161) Verfasst am: 28.03.2007, 00:20    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Step,
step hat folgendes geschrieben:
Also ich finde es logisch, nach Entmystifizierung des freien Willens das Strafrecht auf den Schutz der Gesellschaft vor Wiederholungstätern und möglichen Täter-Opfer-Ausgleich zu beschränken, oder dies zumindest zur Diskussion zu stellen. Viel unlogischer finde ich dagegen, an einem - rein animalisch unreflektierten - Wunsch nach Vergeltung festzuhalten, oder sogar weiter an den "freien Willen" zu glauben, nur damit man das Strafrecht behalten kann. Aber dazu haben wir ja hier einen Haufen eigene threads.


Dies threads habe ich im Forum GBS nicht gefunden.
Zum Thema:
Ich finde, dass die angebliche "Entmystifizierung des freien Willens" nicht wirklich wissenschaftlich ist. Sie beruht auf Annahemn, die keinesfalls als gesichert gelten dürfen (Strichwort: Lückenloser Determinismus). Das müsste zuerst diskutiert werden bevor man Konsequenzen in der Rechtssprechung fordert.
Diese "Entmystifizierung des freien Willens" beruhen auf Glaubensüberzeugungen (!) des neurokybernetischen Naturalismus, die ich keinesfalls teile.
(Mein drittes Buch, das ich gerade schreibe, handelt genau davon. Ich werde es ankündigen, wenn es in den Handel kommt.)
Zur Klärung: ich bin durch und durch Monist und keinesfalls ziehe ich die Existenz von Geistern oder dualistischen Seelen in Erwägung. Das bedeutet für mich aber trotzdem nicht, dass der lückenlose Determinismus wahr sein muss.

step hat folgendes geschrieben:
Nein. Monologe führt im Gegenteil das philosophische "Ich". Deswegen verstehen sich die Philosophen meist auch nicht untereinander. Die wissenschaftliche Methode dagegen evolviert nach dem Prinzip, wie nützlich das gefundene Wissen für die Simulation / Voraussage von Beobachtbarem ist. Das "Ich", die absolut-personale Illusion, wird da gnadenlos entmystifiziert.


Vielleicht habe ich das nicht gut erklärt. Ein Monolog ist, wenn man ÜBER etwas spricht (egal ob mit jemand anderen oder mit sich selbst) aber nicht mit diesem Etwas, um das es geht. Was dabei ausgeschlossen wird ist die direkte Erfahrung aus der Ich-Perspektive. Der Forscher schließt damit nicht nur (angeblich, denn real funktioniert das soweiso nicht) das eigene Subjekt aus, sondern auch das Subjekt des Beobachtungsgegenstandes.
Das ist monologisches Forschen, bei dem ausschließlich in der Es-Sprache korrespondiert wird.
Damit lässt sich nunmal nur Materie beschreiben. Wenn man sich mit dieser Methode zum Beispiel Bereichen wie Soziologie oder Psychologie zuwendet, dann reduziert sich in diesem Prozess des Erkenntnisgewinns die gesamt Thematik schlussendlich auf die materiellen Bestandteile.
Das meinte ich auch mit folgendem Spruch, der Dir unverständlich geblieben ist.

step hat folgendes geschrieben:
Gerard hat folgendes geschrieben:
Wer ein Hammer ist, dem erscheint eben alles wie ein Nagel.

Was solche Sprüche belegen sollen, ist mir schleierhaft ...


Jetzt klarer?

step hat folgendes geschrieben:
Gerard hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ein kritischer Rationalist wird zudem der Skepsis, auch gegenüber Grundannahmen, immer einen wichtigen Platz in seiner Methodik einräumen.
Das wäre so, wenn die Grundannahmen bewusst wären und nicht in der Methodik impliziert.

Sie sind bewußt, siehe oben. Jedenfalls bei erkenntnistheoretisch versierteren Naturalisten.


Dann wissen diese versierteren Naturalisten auch, dass ihre Weltanschauung ein Glaube ist.

step hat folgendes geschrieben:
Gerard hat folgendes geschrieben:
Ich warne lediglich vor der Inkonsequenz in der Haltung der Rationalisten (Naturalisten), weil sie den eigenen Balken im Auge nicht sehen.

Den konntest Du aber bisher noch nicht zeigen.


Das ist mir auch klargeworden.

step hat folgendes geschrieben:
Gerard hat folgendes geschrieben:
Was unzweifelhaft wahr ist, ist lediglich die Tatsache eines phänomenalen Wahrnehmungsstromes.

So weit würde ich nicht gehen. Nichts ist unzweifelhaft wahr.

Ich empfehle hier Descarte (Meditationen) bis zu dem Punkt, wo er anfängt einen Gottesbeweis zu basteln. Es geht um den Spruch "cogito ergo sum". (Leider hat ihn Descartes selbst auch nicht richtig verstanden, wie eine Anekdote beweist, nach der er eine schwangere Hündin in den Bauch getreten hat mit den Worten "Sie ist nicht, denn sie denkt nicht". Das wurde ja schon in dem Buch "Descartes Irrtum" thematisiert.)
Ein paar Jahrhunderte früher, bei Augustinus, ist diese Erkenntnis besser durchgedrungen: "Wahrnehmung - also SEIN".

Man kann an Wahrnehmungensgegenständen zweifeln,
man kann am Wahrnehmenden zweifeln,
aber an der Tatsache, dass Wahrnehmung ist, kann nicht gezweifelt werden.

step hat folgendes geschrieben:
Gut funktionierende Theorien dagegen gibt es über den Wahrnehmungsstrom hinaus.


Ja, darüber hinaus, du sagst es, daher kann und muss auch an ihnen gezweifelt werden.

step hat folgendes geschrieben:
Gerard hat folgendes geschrieben:
Wer darüber hinaus geht muss sich im Klaren sein, dass er interpretiert. Und jede Interpretation bedarf einer dahinterliegenden Theorie.

Meine Interpretation ist extrem minimal: Mir reicht es, wenn eine Theorie gute Voraussagen ermöglicht. Das ist klar und eindeutig, und erfordert keine Metaphysik.


Ich fordere nirgends eine Metaphysik. Im Gegenteil. Ich weise darauf hin, das Jede Wirklichkeitvorstellung, die über die Akzeptanz des Wahrnehmungsstroms hinaus geht, etwas Abstrahierendes impliziert. Wenn Du das Metaphisik nennen willst, dann ist eben der neurokybernetische Naturalismus auch ein metaphysisches Konzept.

Ein Beispiel: Wenn Deine Erwartungen Deinen Traum beeinflussen kann, dann kann jede Theorie, die Du Dir im Traum als Ursache für das Traumgeschehen ausdenkst verifiziert werden und trotzdem ist sie nicht wahr. Wahr ist und bleibt aber, dass Du träumst.
Wenn wir das auf die normale Wirklichkeit übertragen heißt das, dass Theorien wahrscheinlich wahr sind, wenn sie erfolgreich voraussagen machen können. Die Tatsache, dass Du eine Wirklichkeit wahrnimmst (egal welche und egal ob sie wahr ist), ist aber eine untrügliche Sicherheit.

herzlichen Gruß
Gerhard Höberth
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Gerard
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Anmeldungsdatum: 25.03.2007
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Beitrag(#693835) Verfasst am: 28.03.2007, 21:22    Titel: Nochmals zu Singers Entmystifizierung des freien Willens. Antworten mit Zitat

Christian Geyer, Herausgeber und Mitautor des Buches "Hirnforschung und Willensfreiheit" (Suhrkamp 2004) schreibt darin:

"Versuchshalber könnte man den Spieß natürlich auch umdrehen und der Frage nachgehen: Was macht die Idee unser Wille sei unfrei eigentlich so sexy? Welche psychischen Disposition ist nötig, um die Psyche zu verabschieden, um die Evidenz seiner Erlebens-Perspektive ("Ich kann auch anders") zu den Akten nehmen und stattdessen die Perspektive des Labors übernehmen zu wollen ("Freiheit ist eine Illusion")? Vermutlich ist es die Abstraktion selbst, die exakte Entlastung vom Konkreten, die attraktiv wirkt. Wie viele Enttäuschungen mit der Konkretion des eigenen Ichs müssen vorangegangen sein, bevor man geneigt ist, dieses Ich in den Abstraktionen der Hirnforschung zu Verschwinden zu bringen?" (S.14)

herzlichen Gruß
Gerhard Höberth
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Anmeldungsdatum: 14.11.2006
Beiträge: 24071

Beitrag(#693843) Verfasst am: 28.03.2007, 21:26    Titel: Antworten mit Zitat

Auf ad hominems reagiere ich nicht. Zumindest gerade nicht.
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Gerard
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Beitrag(#694484) Verfasst am: 29.03.2007, 16:23    Titel: zu Vollmers "Was können wir wissen" Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
Ich empfehle mal gerade Vollmer zu dem Thema.



Hallo

Ich habe jetzt Vollmer gelesen und muss sagen, dass ich ihm prizipiell voll und ganz zustimme - mit einigen unbedeutenden Einschränkungen, die ich unten thematisieren möchte. Prinzipiell formuliert er in seiner evolutionären Erkenntnistheorie Argumente, die ich einerseits immer in Diskussionen mit radikalen Konstruktivisten heranziehe und andererseits in Diskussionen mit "naiven Realisten". In dieser Schrift ist die Positiongut ausformuliert. Nochmals danke für den Hinweis.
Trotzdem habe ich einige Punkte zu kommentieren:

Zitat:
Vollmer schreibt in "Was können wir wissen":

"Wie alle Theorien muß auch die projektive Erkenntnistheorie von gewissen Annahmen ausgehen, die ihrerseits zwar vielleicht plausibel sind, aber doch nicht bewiesen werden können. Solche Postulate sind: Existenz einer bewusstseinsunabhängigen, gesetzlich strukturierten und zusammenhängenden Welt, teilweise Erkennbarkeit und Verstehbarkeit dieser Welt durch Wahrnehmung, Erfahrung und eine intersubjektive Wissenschaft. Der Kürze halber werden wir diese Annahmen unter der Bezeichnung »hypothetischer Realismus« zusammenfassen. Dieses Etikett macht einerseits deutlich, daß es sich um eine realistische Position handelt; es betont andererseits den hypothetischen Charakter unseres Wissens, ..."


Aufgrund dieser Postulate wird klar, warum "hypothetischer Realismus" keine umfassende Theorie hervorbringen kann. Das Postulat "bewusstseinsunabhängig" impliziert den materiellen Naturalismus bereits, der dann daraus abgeleitet wird. Das ist ein klassischer Zirkelschluss.
Besser müsste es heißen: "unabhängig vom individuellen Einzelbewusstsein" und mit entsprechendem Hinweis versehen, dass dieser "hypothetische Realismus" aus Erfahrungen abgeleitet wird, und dass jeder Erfahrung selbstverständlich ein Bewusstsein zugrundeliegt.
Ansonsten ist es so als würde ich als Postulat die Existenz einer "materieunabhängigen Welt" annehmen und mit den abgeleiteten Schlussfolgerungen beweisen wollen, dass Materie ein Epiphänomen des Kosmos ist.

Zitat:
Vollmer schreibt in "Was können wir wissen":

"In diesem Sinne paßt das menschliche Auge zum Tageslicht, zum Strahlungsmaximum des Sonnenlichts und zum optischen Fenster der Atmosphäre. Das heißt nicht, daß das Auge »sonnenhaft« sein müsse, wie Plotin oder Goethe meinten. Sonne und Auge haben nichts gemeinsam; das Auge absorbiert und verarbeitet lediglich einige der Signale, die von der Sonne ausgesandt, von der Atmosphäre durchgelassen und von den meisten Gegenständen reflektiert werden. Ohne dieses Mindestmaß an Passung wäre Erkenntnis unmöglich."


Hier missversteht er meiner Meinung nach die Motivation von Plotin und Goethe. Ich verstand den Satz, dass das "Auge sonnenhaft sei" immer im Sinne einer evolutionären Erkenntnistheorie. Wenn Goethe meint, dass das Licht im Organismus das Auge hervorruft, dann ist das eine Methode, einen Evolutionsprozess zu beschreiben, bevor die Evolutionstheorie erfunden ist. Gerade Goethe hat dies mit seiner Idee der Metamorphosen schon sehr deutlich herausgearbeitet. Die Ideen Plotins und Goethes abzulehnen hieße, sich an Worten festzukrallen und die kontextabhängige Bedeutung zu ignorieren. Meiner Ansicht nach müsste man Goethe durchaus zu den Stammvätern der evolutionären Erkenntnistheorie zählen.

Zitat:
Vollmer schreibt in "Was können wir wissen":

"Nicht nur Sinnesorgane, Zentralnervensystem und Gehirn sind evolutiv entstanden, sondern natürlich auch ihre Funktionen: Sehen, Wahrnehmen, Gedächtnis, Erkennen, Denken, Sprechen. Eine solche These erscheint vielen Geisteswissenschaftlern kühn, dem Biologen dagegen geradezu zwingend."


Ich weiß nicht, welche Geisteswissenschaftler er da im Auge hatte, aber ich fühle mich eher als Geisteswissenschaftler und finde diese These auch zwingend. Eigentlich könnte ich mir dazu nicht einmal eine Alternative vorstellen zwinkern

Zitat:
Vollmer schreibt in "Was können wir wissen":

"Erst die Evolutionäre Erkenntnistheorie nimmt den erkennenden Menschen wieder aus seiner zentralen Stellung als 'Gesetzgeber der Natur' heraus und macht ihn zu einem Beobachter kosmischen Geschehens, das ihn einschließt, in dem er aber seine Rolle meist weit überschätzt hat. Erst die Evolutionäre Erkenntnistheorie vollzieht also eine echte kopernikanische Wende in der Erkenntnistheorie. Sie erlaubt es deshalb auch, den Menschen in vieler Hinsicht in einer etwas bescheideneren Perspektive zu sehen."


Das finde ich positiv und negativ zugleich.
Positiv im Sinne Vollmers, weil der Mensch nicht mehr als 'Gesetzgeber der Natur' wirkt, wie noch bei Kant und damit zu einem Objekt unter vielen gemacht wird, was der Wirklichkeit entspricht.
Negativ deswegen, weil mit der Prämisse "bewusstseinsunabhängigen Welt" gepaart die Ideologische Position des Objektivismus zementiert wird, der die wichtigste Komponente der Wirklichkeit bereits am Start abhanden gekommen ist.

Zitat:
Vollmer schreibt in "Was können wir wissen":

"Wir brauchen auch nicht einmalig zu sein. Wie auf der Erde kann es auch auf anderen Himmelskörpern intelligente Wesen geben, jedenfalls auf Planeten, deren Zentralgestirn eine genügend lange Leuchtdauer hat, um die Entstehung höheren Lebens zu erlauben. Gewiß würde sich die Erkenntnisfähigkeit solcher Wesen von der unsrigen erheblich unterscheiden; aber sie müßten doch, soweit unsere Erkenntnis objektiv ist, zu gleichen Ergebnissen kommen. Dies würde eine erweiterte Art von intersubjektiver Kontrolle, sozusagen eine »interplanetarische« oder gar »intergalaktische« Intersubjektivität, bedeuten, ein schärferes Kriterium für objektive Erkenntnis"


Das finde ich einen wichtigen Beitrag, der sicherlich ganz im Sinne Giordano Brunos wäre. Smilie

Zitat:
Vollmer schreibt in "Was können wir wissen":

"Das komplizierteste System schließlich, das die Evolution bisher hervorgebracht hat, ist das Gehirn. Kein Wunder, daß wir Schwierigkeiten haben, es zu durchschauen. Insbesondere zeigen viele Gehirnprozesse einen Innenaspekt, eine subjektive Seite, die wir ganz anders erleben als den bei allen anderen Systemen allein zugänglichen Außenaspekt. Diese Verschiedenheit des Erlebens führt zum Leib-Seele-Problem, zur Frage nach dem Verhältnis von Seele, Geist, Bewußtsein zum Gehirn. Die Evolutionäre Erkenntnistheorie steht in dieser Frage eindeutig zu einer Identitätsauffassung, nach der psychische und physische Prozesse nur verschiedene Aspekte ein und desselben Vorgangs sind."


Hier zeigt sich der blinde Fleck der Naturalisten. Mit der Ausformulierung der Identitätstheorie wird so getan, als wäre das eine Antwort. Dabei ist es lediglich eine Umformulierung der Frage. Genau betrachtet ist die Identitätstheorie leer, weil sie nichts erklärt.

Natürlich stimmt die Identitätstheorie. Das steht für einen wissenschafltich aufgeschlossenen Menschen doch überhaupt nicht in Frage (ich könnte auch ausführen warum das so ist, weil ein ganzer Abschnitt meines neuen Buches sich damit beschäftigen wird).
Ich bin auch der Ansicht, dass ein Gedanke und eine Gehirnaktivität identisch sind, aber das führt doch nur umso dringlicher zu der Frage, was die Qualia denn eigentlich sei. Denn auch wenn Gedanke und Neuronenaktivität identisch sind ist die Neuronenaktivität keine Erklärung für mein Erleben derselben.
Wenn man annimmt, dass Bewusstsein (im Sinne der Qualia und nicht lediglich als selbstreflexive Datenverarbeitung,die es sicher auch ist) aus der Komplexität des Gehirns hervorgeht, also Bewusstsein eine emergente Eigenschaft von komplex organisierter Materie sei, dann könnte man auch glauben, dass man nur lange genug Wasser in einen Topf schütten muss, bis daraus Feuer entsteht. In mir entsteht der Eindruck, dass die Verfechter der Identitätstheorie das Problem, das sie vorgeblich damit lösen, noch nchteinmal erkannt haben.
Thomas Huxley brachte dieses Problem bereits 1886 auf den Punkt, als er schrieb: „Wie kommt es, dass etwas so Bemerkenswertes wie Bewusstsein aus gereiztem Nervengewebe hervorgehen kann? Das ist genauso wenig vorstellbar wie das erscheinen des Dschinns, wenn Aladin im Märchen seine Wunderlampe reibt.“
Die Frage bleibt ungeklärt, solange man nicht die Qualia im Wesen der Materie selbst nachweisen kann (oder wenigstens theoretisch dort verortet - mit allen Konsequenzen). Sollte das aber einmal der Fall sein, dann wird sich die Position des neurokybernetischen Naturalismus von spirituellen Lehren nicht mehr so viel unterscheiden.

Auch aus diesem Grund plädiere ich für mehr Bescheidenheit gegenüber religiös empfindenden Menschen, es könnte sich herausstellen, dass ihre Position so falsch nicht ist und dass der neurokybernetische Naturalismus in seiner heutigen Form auch nichts weiter als ein falscher Glaube ist.

Aufklärung, wie ich sie verstehe (und mir von einer Giordano Bruno Stiftung wünschen würde), dürfte das nicht außer Acht lassen.

Was für mich als Forderung an die Giordano Bruno Stiftung bezüglich der 10 Angebote bestehen bleibt, ist der Wunsch nach einer Definition eines Gottesbegriffs, gegen den sich das erste Angebot wenden sollte. Es macht nämlich wenig Sinn, prophelaktisch überall dort drein zu schlagen, wo außen Gott draufsteht.

herzlichen Gruß
Gerhard[/i]
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M.S.Salomon
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Beitrag(#871688) Verfasst am: 29.11.2007, 13:55    Titel: Antworten mit Zitat

Zum letzten Beitrag eine kurze Antwort (ich habe leider zu wenig Zeit):

Wir kritisieren nur den "personalen Gottesbegriff". Die Gründe dafür sind u.a. am Anfang des Kapitels "Dem imaginären Alphamännchen auf der Spur - Evolutionär-humanistische Antworten auf die Suche nach Gott" des "Manifests" dargelegt.

Mit der ebenfalls angesprochenen Frage der Willensfreiheit beschäftigte ich mich ausführlich in meinem Referat auf dem 10. Philosophicum Lech, erschienen in: Liessmann, Konrad Paul (Hrsg.): Die Freiheit des Denkens. Zsolnay. Wien 2007. In dem Sammelband gibt es auch andere interessante Beiträge zum Thema, u.a. von Wolf Singer, Ernst Tugendhat, Reinhard Merkel, Michael Pauen und Julian Nida-Rümelin.

Zur Zeit arbeite ich übrigens an einem Buch zum Thema "Willensfreiheit". Darin wird es nicht nur um die wissenschaftlich-philosophische Widerlegung des Willensfreiheitskonzepts gehen, sondern auch um eine Erörterung der weitreichenden Folgen, die aus der Suspendierung dieses Postulats resultieren. Mehr kann und darf ich im Moment allerdings nicht über das Buchprojekt verraten...

Sorry, dass ich so selten in diesem Forum anzutreffen bin. Aber mein Zeitbudget ist leider sehr knapp bemessen. Ich bitte um Verständnis...
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Beitrag(#871739) Verfasst am: 29.11.2007, 14:57    Titel: Re: zu Vollmers "Was können wir wissen" Antworten mit Zitat

Hallo Gerard, interessanter Beitrag!

Gerard hat folgendes geschrieben:

Zitat:
Vollmer schreibt in "Was können wir wissen":

"Wie alle Theorien muß auch die projektive Erkenntnistheorie von gewissen Annahmen ausgehen, die ihrerseits zwar vielleicht plausibel sind, aber doch nicht bewiesen werden können. Solche Postulate sind: Existenz einer bewusstseinsunabhängigen, gesetzlich strukturierten und zusammenhängenden Welt, teilweise Erkennbarkeit und Verstehbarkeit dieser Welt durch Wahrnehmung, Erfahrung und eine intersubjektive Wissenschaft. Der Kürze halber werden wir diese Annahmen unter der Bezeichnung »hypothetischer Realismus« zusammenfassen. Dieses Etikett macht einerseits deutlich, daß es sich um eine realistische Position handelt; es betont andererseits den hypothetischen Charakter unseres Wissens, ..."


Aufgrund dieser Postulate wird klar, warum "hypothetischer Realismus" keine umfassende Theorie hervorbringen kann. Das Postulat "bewusstseinsunabhängig" impliziert den materiellen Naturalismus bereits, der dann daraus abgeleitet wird. Das ist ein klassischer Zirkelschluss.
Besser müsste es heißen: "unabhängig vom individuellen Einzelbewusstsein" und mit entsprechendem Hinweis versehen, dass dieser "hypothetische Realismus" aus Erfahrungen abgeleitet wird, und dass jeder Erfahrung selbstverständlich ein Bewusstsein zugrundeliegt.

Dein Einwand scheint mir epistemologisach korrekt, allerdings ist es wichtig darauf hinzuweisen, daß die dadurch implizierte Relativierung naturwissenschaftlicher Theorien sehr schwach ist. Solange man nämlich die Intention der Wissenschaft in der Erstellung möglichst voraussagekräftiger Modelle (Theorien) sieht, ist es ziemlich egal, daß etwa der Findungsprozeß solcher Theorien letztlich ontologische Aussagen, Reifizierungen usw. unmöglich macht.

Gerard hat folgendes geschrieben:

Zitat:
Vollmer schreibt in "Was können wir wissen":

"Nicht nur Sinnesorgane, Zentralnervensystem und Gehirn sind evolutiv entstanden, sondern natürlich auch ihre Funktionen: Sehen, Wahrnehmen, Gedächtnis, Erkennen, Denken, Sprechen. Eine solche These erscheint vielen Geisteswissenschaftlern kühn, dem Biologen dagegen geradezu zwingend."


Ich weiß nicht, welche Geisteswissenschaftler er da im Auge hatte, aber ich fühle mich eher als Geisteswissenschaftler und finde diese These auch zwingend. Eigentlich könnte ich mir dazu nicht einmal eine Alternative vorstellen zwinkern

Ich denke, diese Ansicht impliziert Geist mehr oder weniger als reines Epiphänomen und geht daher vor allem denjenigen GW gegen den Strich, die einem ontologischen Dualismus, Seelenglauben usw. anhängen. Einige Kompatibilisten wiederum gehen diesem Konflikt aus dem Weg, wenn auch nicht überzeugend.

Gerard hat folgendes geschrieben:

Zitat:
Vollmer schreibt in "Was können wir wissen":

"Das komplizierteste System schließlich, das die Evolution bisher hervorgebracht hat, ist das Gehirn. Kein Wunder, daß wir Schwierigkeiten haben, es zu durchschauen. Insbesondere zeigen viele Gehirnprozesse einen Innenaspekt, eine subjektive Seite, die wir ganz anders erleben als den bei allen anderen Systemen allein zugänglichen Außenaspekt. Diese Verschiedenheit des Erlebens führt zum Leib-Seele-Problem, zur Frage nach dem Verhältnis von Seele, Geist, Bewußtsein zum Gehirn. Die Evolutionäre Erkenntnistheorie steht in dieser Frage eindeutig zu einer Identitätsauffassung, nach der psychische und physische Prozesse nur verschiedene Aspekte ein und desselben Vorgangs sind."


Hier zeigt sich der blinde Fleck der Naturalisten. Mit der Ausformulierung der Identitätstheorie wird so getan, als wäre das eine Antwort. Dabei ist es lediglich eine Umformulierung der Frage. Genau betrachtet ist die Identitätstheorie leer, weil sie nichts erklärt.

Das ist richtig. Meines Wissens allerdings wrd die Identitätstheorie von GW (von mir aus naturalistisch gepolten GW) viel lieber verwendet als in der eigentlichen Kognitionswissenschaft. Der Naturwissenschaftler versteht unter einer Erklärung nämlich eher eine Theorie des Mechanismus, ist also quasi p.d. nicht zufrieden mit der Identitäts"theorie".

Gerard hat folgendes geschrieben:
Ich bin auch der Ansicht, dass ein Gedanke und eine Gehirnaktivität identisch sind, aber das führt doch nur umso dringlicher zu der Frage, was die Qualia denn eigentlich sei. Denn auch wenn Gedanke und Neuronenaktivität identisch sind ist die Neuronenaktivität keine Erklärung für mein Erleben derselben.

Sehe ich ebenso.

Gerard hat folgendes geschrieben:
Wenn man annimmt, dass Bewusstsein (im Sinne der Qualia und nicht lediglich als selbstreflexive Datenverarbeitung,die es sicher auch ist) aus der Komplexität des Gehirns hervorgeht, also Bewusstsein eine emergente Eigenschaft von komplex organisierter Materie sei, dann könnte man auch glauben, dass man nur lange genug Wasser in einen Topf schütten muss, bis daraus Feuer entsteht.

Das sehe ich anders, insbesondere diese Analogie scheint mir ungerechtfertigt. Das Qualia-Problem ist ein Scheinproblem, insofern es nicht als Argument gegen Bewußtsein als reines Epiphänomen taugt. Das Qualia-Problem ist ein echtes Problem, insofern die Naturwissenschaft ein plausibles mechanistisches Modell für das Entstehen von Gedanken, Emotionen usw. entwickeln muß.

Gerard hat folgendes geschrieben:
Die Frage bleibt ungeklärt, solange man nicht die Qualia im Wesen der Materie selbst nachweisen kann (oder wenigstens theoretisch dort verortet - mit allen Konsequenzen). Sollte das aber einmal der Fall sein, dann wird sich die Position des neurokybernetischen Naturalismus von spirituellen Lehren nicht mehr so viel unterscheiden.

DIe Qualia müssen sich nicht im "WEsen" (was soll das überhaupt sein?) der Materie nachweisen lassen, sondern es reicht ein Mechanismus, der sie als entstehendes Epiphänomen erklärt. Und das unterscheidet sich doch stark von spirituellen Lehren, was man an der Vorhersagekraft einer solchen Theorie wird sehen können.

Gerard hat folgendes geschrieben:
Auch aus diesem Grund plädiere ich für mehr Bescheidenheit gegenüber religiös empfindenden Menschen, es könnte sich herausstellen, dass ihre Position so falsch nicht ist ...

Es hat sich bereits herausgestellt, daß die meisten Teile ihrer Position falsch sind. So kann auch eine zukünftige gute Theorie des Bewußtseins nichts daran ändern, daß eine Person nach dem Tode nicht als Seele weiterlebt. Nur eine nahezu komplett aussagefreie Religion kann natürlich immer beanspruchen, "so falsch nicht zu sein".
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Beitrag(#871839) Verfasst am: 29.11.2007, 16:07    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Mit der ebenfalls angesprochenen Frage der Willensfreiheit beschäftigte ich mich ausführlich in meinem Referat auf dem 10. Philosophicum Lech


Mir ist aufgefallen, dass Voltaire die Frage auf exakt die selbe Weise und fast mit den selben Worten beantwortet hat wie du:

"What is the meaning of this phrase 'to be free'? It means 'to be able,' or else it has no meaning. To say that the will 'can' is as ridiculous at bottom as to say that the will is yellow or blue, round or square.

(...)

In what, then does liberty consist? In the power to do what one wills. (Vgl. deine "Handlungsfreiheit")

(...)

Liberty is only the power of acting.

(...)

Über den Zweck der Strafe: "If, when a brigand is executed, his accomplice who sees him expire has the liberty of not being frightened at the punishment; if his will is determined by itself, he will go from the foot of the scaffold to commit murder on the broad highway. But if his organs, stricken with horror, make him experience an unconquerable terror, he will abandon crime. His companion's punishment becomes useful to him, and an insurance for society, only so long as his will is not free."

(Aus dem Philosophischen Lexikon.)

Ich finde seine Ausführungen über die Strafe sogar überzeugender als deine, weil moderne Freier-Wille-Ablehner viel zu oft in den Fehlschluss verfallen, die Strafe abschaffen oder reduzieren zu wollen, weil der Wille nicht frei ist, obwohl die Willensunfreiheit die Vorraussetzung für die Wirkung der Strafe ist.

Ich wäre sogar dafür, wie auch Steven Pinker, gewalttätige Psychopathen für immer einzusperren, weil dies eine Frage der Veranlagung und nicht heilbar ist. Psychopathisches Verhalten ist unter Umständen ein Überlebensvorteil und wird selektiert, es ist insofern "normal". Was natürlich nicht heißen soll, dass man ihnen das Leben im Gefängnis zur Hölle machen soll, sie können ja, im klassischen Sinne, nichts dafür.
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step
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Beitrag(#872246) Verfasst am: 29.11.2007, 21:34    Titel: Antworten mit Zitat

Der Autor an MSS hat folgendes geschrieben:
Ich finde seine Ausführungen über die Strafe sogar überzeugender als deine, weil moderne Freier-Wille-Ablehner viel zu oft in den Fehlschluss verfallen, die Strafe abschaffen oder reduzieren zu wollen, weil der Wille nicht frei ist, obwohl die Willensunfreiheit die Vorraussetzung für die Wirkung der Strafe ist.

Hier fühle ich mich angesprochen. Ich möchte Strafe nur insoweit abschaffen, wie sie durch Aspekte der Vergeltung und Abschreckung Dritter motiviert ist.

Der Autor an MSS hat folgendes geschrieben:
Ich wäre sogar dafür, wie auch Steven Pinker, gewalttätige Psychopathen für immer einzusperren, weil dies eine Frage der Veranlagung und nicht heilbar ist. Psychopathisches Verhalten ist unter Umständen ein Überlebensvorteil und wird selektiert, es ist insofern "normal". Was natürlich nicht heißen soll, dass man ihnen das Leben im Gefängnis zur Hölle machen soll, sie können ja, im klassischen Sinne, nichts dafür.

Genau, das sehe ich ähnlich.
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Beitrag(#872306) Verfasst am: 29.11.2007, 22:28    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Aspekte der Vergeltung und Abschreckung Dritter


"Vergeltung" ist notwendig, um dem inhärenten Gerechtigkeitsempfinden genüge zu tun und um das Vertrauen in die Normgebung aufrecht zu erhalten. Man muss einfach zeigen, dass ein unerwünschtes Verhalten nicht ungesühnt bleibt. Ansonsten gehen die Leute erfahrungsgemäß selbst auf Lynchtour.

"Vergeltung" aber eher im Sinne von Strafe für erlittene Untaten als im Sinne von Rache. Rache wäre ansonsten ein Ersatz für Strafe. Um die Berechtigung von Rache auszuschalten braucht es Strafe an deren Stelle.

Siehe die Logik von "The Punisher". zwinkern Genau um das Thema ging es bei der Debatte um die Indizierung des Films. Natürlich haben es die Zensierer mal wieder nicht kapiert.
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Kival
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Beitrag(#872602) Verfasst am: 30.11.2007, 02:00    Titel: Antworten mit Zitat

Der Autor hat folgendes geschrieben:
"Vergeltung" aber eher im Sinne von Strafe für erlittene Untaten als im Sinne von Rache. Rache wäre ansonsten ein Ersatz für Strafe. Um die Berechtigung von Rache auszuschalten braucht es Strafe an deren Stelle.


Was ist den der UNterschied von Rache und Strafe i. d. S.?
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Kramer
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Beitrag(#872606) Verfasst am: 30.11.2007, 02:07    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
Der Autor hat folgendes geschrieben:
"Vergeltung" aber eher im Sinne von Strafe für erlittene Untaten als im Sinne von Rache. Rache wäre ansonsten ein Ersatz für Strafe. Um die Berechtigung von Rache auszuschalten braucht es Strafe an deren Stelle.


Was ist den der UNterschied von Rache und Strafe i. d. S.?


Rache ist, wenn ein User, der beleidigt wurde, sich mit einer Beleidigung rächt. Strafe ist, wenn der Beleidiger vom Team verwarnt wird.
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Beitrag(#872610) Verfasst am: 30.11.2007, 02:12    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Was ist den der UNterschied von Rache und Strafe i. d. S.?


Der deutschen Sprache fehlt hier ein Wort, ich versuche es mal so:

Rache erfolgt persönlich, willkürlich, außerhalb des Gesetzes, Vergeltung erfolgt auf Basis von Gesetzes und durch Entscheidung eines Gerichts.

Sehr glücklich
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Kival
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Beitrag(#872612) Verfasst am: 30.11.2007, 02:23    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Der Autor hat folgendes geschrieben:
"Vergeltung" aber eher im Sinne von Strafe für erlittene Untaten als im Sinne von Rache. Rache wäre ansonsten ein Ersatz für Strafe. Um die Berechtigung von Rache auszuschalten braucht es Strafe an deren Stelle.


Was ist den der UNterschied von Rache und Strafe i. d. S.?


Rache ist, wenn ein User, der beleidigt wurde, sich mit einer Beleidigung rächt. Strafe ist, wenn der Beleidiger vom Team verwarnt wird.


Die Verwarnung erfolgt aber, um davor zu warnen, das Verhalten weiter zu begehen, da ansonsten Konsequenzen drohen (Prävention), insofern ist es nicht mit Vergeltungsstrafen gleichzusetzen.
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Kramer
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Beitrag(#872631) Verfasst am: 30.11.2007, 03:23    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
Die Verwarnung erfolgt aber, um davor zu warnen, das Verhalten weiter zu begehen, da ansonsten Konsequenzen drohen (Prävention), insofern ist es nicht mit Vergeltungsstrafen gleichzusetzen.


Den Vergeltungsaspekt kann man m.E. nie ganz verhindern, selbst wenn man andere Ziele verfolgt. Und ich halte ihn auch nicht für völlig sinnlos, auch wenn ich ihn lieber als Nebeneffekt in Kauf nehme, als ihn zum Programm zu machen. Es geht darum, inwieweit die emotionalen Erwartungen von Unbeteiligten an eine Sanktion befriedigt werden - wie weit weicht die Rechtsprechung dem Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung ab und ab wann wird eine Abweichung selber zum Problem für die Gesellschaft? Eine solche Abweichung muss nicht immer in einer zu niedrigen Strafe bestehen. Das Vertrauen in ein Rechtssystem kann auch dadurch beeinträchtigt werden, dass zu hohe Strafen ausgesprochen werden. Und da sehe ich den entscheidenden Unterschied zwischen Rache und Vergeltung. Rache ist diffus, da geht es nur um eine Bestrafung um jeden Preis. Hauptsache, der Täter hat zu leiden. Bei der Vegeltung spielt es m.E. auch eine Rolle, ob man die Sanktion für sich selber akzeptieren könnte. "Ja, wenn ich besoffen Auto fahre, ist es nur gerecht, wenn man mir für eine bestimmte Zeit den Führerschein entzieht. Wer so dumm ist, hat es nicht anders verdient - auch wenn ich es sein könnte, der sich so dumm verhält. Zehn Jahre Gefängnis für so eine Tat sind aber übertrieben. Einem Rechtssystem mit so drakonischen Strafen wäre ich gegenüber nicht loyal."
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Gerard
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Beitrag(#872726) Verfasst am: 30.11.2007, 11:05    Titel: personaler Gott und philosophische Bücher Antworten mit Zitat

Hallo M.S.Salomon,
(Zuerst: Ich hab Dich schon öfter im Fernsehen gesehen und bin ein Fan von Dir zwinkern

M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
Wir kritisieren nur den "personalen Gottesbegriff".


Den kritisiere ich auch. Schließlich erweist sich jede anthropomorphe Projektion als zu kurz gedacht.
Auf jeden Fall beruhigt mich das, da ich nun - trotz meiner grundsätzlichen spirituellen Überzeugung - den politischen und sozialen Zielen der GBS vorbehaltlos zustimmen kann. Auch wenn ich bezüglich der philosophischen Grundpositionen eine leicht abweichende Meinung habe.

M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
Mit der ebenfalls angesprochenen Frage der Willensfreiheit ...
Zur Zeit arbeite ich übrigens an einem Buch zum Thema "Willensfreiheit". Darin wird es nicht nur um die wissenschaftlich-philosophische Widerlegung des Willensfreiheitskonzepts gehen, sondern auch um eine Erörterung der weitreichenden Folgen, die aus der Suspendierung dieses Postulats resultieren. Mehr kann und darf ich im Moment allerdings nicht über das Buchprojekt verraten...


Ich schreibe selbst Bücher und habe einen kleinen Verlag, kenne also die Schwierigkeit, über ein Buchprojekt vor der Veröffentlichung zu reden. Ich selbst schreibe ebenfalls gerade an einem Buch, dass eigentlich im November/Dezember 2007 veröffentlicht werden sollte. Aber ich muss diesen Termin verschieben, da ich noch nicht ganz fertig bin. Es ist ein schwieriger Balanceakt, wenn man ein lückenloses philosophisches Traktat schreiben will, dass allgemein verständlich ist.
In diesem Buch komme ich übrigens bezüglich der Willensfreiheit zu einem gegensätzlichen Ergebnis. Es könnte interessant sein, unsere beiden Bücher zu vergleichen zwinkern

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kolja
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Beitrag(#872741) Verfasst am: 30.11.2007, 11:23    Titel: Antworten mit Zitat

Der Autor hat folgendes geschrieben:
"Vergeltung" ist notwendig, um dem inhärenten Gerechtigkeitsempfinden genüge zu tun und um das Vertrauen in die Normgebung aufrecht zu erhalten.

Das muss für eine aufgeklärte Gesellschaft, die nicht mehr in Schuld- und Gerechtigkeits-Kategorien denkt, sondern sich der Ziele des Strafrechtssystem bewusst ist (Prävention!), nicht mehr notwendigerweise gelten. Diese Argumentation ist also tendenziell zirkulär.
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Beitrag(#872764) Verfasst am: 30.11.2007, 12:23    Titel: Antworten mit Zitat

Es wäre allerdings ein verhängnisvoller Fehler aus dem Präventionsgedanken die Forderung nach einem Präventionsstrafrecht abzuleiten. Leider geschieht dies, ohne daß erkannt wird, daß dadurch wichtige Grundrechte ausgehebelt bzw verletzt würden. Schäuble lässt grüßen.
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Gerard
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Beitrag(#872776) Verfasst am: 30.11.2007, 12:39    Titel: Re: zu Vollmers "Was können wir wissen" Antworten mit Zitat

Hallo Stepp

step hat folgendes geschrieben:
Dein Einwand scheint mir epistemologisch korrekt, allerdings ist es wichtig darauf hinzuweisen, daß die dadurch implizierte Relativierung naturwissenschaftlicher Theorien sehr schwach ist.

Ich möchte ja gar nicht die naturwissenschaftlichen Theorien als solche relativieren. Nichts liegt mir ferner.
Es geht lediglich um die Relativierung einer naturalistischen (meint materialistischen) Kosmologie. Nur dort, wo wissenschaftliche Argumente in absolute Bereiche interpoliert werden, melde ich meine Zweifel an. Schließlich wird die Qualia explizit ausgeschlossen BEVOR der naturalistische Standpunkt begründet wird. Wie sollte also eine naturalistische Kosmologie die Qualia einschließen können?

step hat folgendes geschrieben:
Gerard hat folgendes geschrieben:
Ich bin auch der Ansicht, dass ein Gedanke und eine Gehirnaktivität identisch sind, aber das führt doch nur umso dringlicher zu der Frage, was die Qualia denn eigentlich sei. Denn auch wenn Gedanke und Neuronenaktivität identisch sind ist die Neuronenaktivität keine Erklärung für mein Erleben derselben.

Sehe ich ebenso.

Gerard hat folgendes geschrieben:
Wenn man annimmt, dass Bewusstsein (im Sinne der Qualia und nicht lediglich als selbstreflexive Datenverarbeitung,die es sicher auch ist) aus der Komplexität des Gehirns hervorgeht, also Bewusstsein eine emergente Eigenschaft von komplex organisierter Materie sei, dann könnte man auch glauben, dass man nur lange genug Wasser in einen Topf schütten muss, bis daraus Feuer entsteht.

Das sehe ich anders, insbesondere diese Analogie scheint mir ungerechtfertigt. Das Qualia-Problem ist ein Scheinproblem, insofern es nicht als Argument gegen Bewußtsein als reines Epiphänomen taugt. Das Qualia-Problem ist ein echtes Problem, insofern die Naturwissenschaft ein plausibles mechanistisches Modell für das Entstehen von Gedanken, Emotionen usw. entwickeln muß.

Genau hier ist die Analogie aber gerechtfertigt. Denn es gibt keine Brücke, über die eine Erforschung von Mechanismen schreiten kann, um dann bei der Qualia anzukommen. Objektive Beobachtung und subjektives Erleben sind von ihrer prinzipiellen Natur so unterschiedlich wie Feuer und Wasser. Was wir erforschen können ist, wie über Datenverarbeitung in neuronalen Netzwerken ein Selbstbild und ein Ich entsteht, nicht aber, wie es dazu kommt, dass es ETWAS gibt, das dieses Ich auch erlebt. Das ist die zweite Seite der Identitäsmedailie, die wir nur akzeptieren, aber nicht mechanistisch erklären können.

step hat folgendes geschrieben:
Gerard hat folgendes geschrieben:
Die Frage bleibt ungeklärt, solange man nicht die Qualia im Wesen der Materie selbst nachweisen kann (oder wenigstens theoretisch dort verortet - mit allen Konsequenzen). Sollte das aber einmal der Fall sein, dann wird sich die Position des neurokybernetischen Naturalismus von spirituellen Lehren nicht mehr so viel unterscheiden.

DIe Qualia müssen sich nicht im "WEsen" (was soll das überhaupt sein?) der Materie nachweisen lassen, sondern es reicht ein Mechanismus, der sie als entstehendes Epiphänomen erklärt. Und das unterscheidet sich doch stark von spirituellen Lehren, was man an der Vorhersagekraft einer solchen Theorie wird sehen können.

Es ist prinzipiell kein Mechanismus vorstellbar, der Qualia als Epiphänomen erklären könnte. Das ist kein Problem der ausreichenden Kenntnis von naturalistischen Mechanismen und daher auch nicht durch eine Ausweitung der Forschung zu lösen. Es gibt prinzipiell keinen lückenlosen Weg vom Objekt zur Qualia.

step hat folgendes geschrieben:
Gerard hat folgendes geschrieben:
Auch aus diesem Grund plädiere ich für mehr Bescheidenheit gegenüber religiös empfindenden Menschen, es könnte sich herausstellen, dass ihre Position so falsch nicht ist ...

Es hat sich bereits herausgestellt, daß die meisten Teile ihrer Position falsch sind. So kann auch eine zukünftige gute Theorie des Bewußtseins nichts daran ändern, daß eine Person nach dem Tode nicht als Seele weiterlebt. Nur eine nahezu komplett aussagefreie Religion kann natürlich immer beanspruchen, "so falsch nicht zu sein".

Das ist ein Postulat der naturalistischen Religion. zwinkern
Hier liegt das zu Beweisende als Grundposition vor der Beweisführung vor. Ich werde in meinem Buch eine andere Position aufzeigen, die – ohne den Pfad der Wissenschaftlichkeit zu verlassen – eine andere Kosmologie vorschlägt.

Herzlichen Gruß
Gerhard
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Beitrag(#872790) Verfasst am: 30.11.2007, 12:53    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Kolja
kolja hat folgendes geschrieben:
Der Autor hat folgendes geschrieben:
"Vergeltung" ist notwendig, um dem inhärenten Gerechtigkeitsempfinden genüge zu tun und um das Vertrauen in die Normgebung aufrecht zu erhalten.

Das muss für eine aufgeklärte Gesellschaft, die nicht mehr in Schuld- und Gerechtigkeits-Kategorien denkt, sondern sich der Ziele des Strafrechtssystem bewusst ist (Prävention!), nicht mehr notwendigerweise gelten. Diese Argumentation ist also tendenziell zirkulär.

Jede Theorie steht in der Praxis vor dem Problem, dass sie "fetischierbar" sein muss um Eingang ins Leben finden zu können. Daher ist jede Kosmologie, die eine allgemeine Weltanschauung werden will, gefordert, lebensbegleitende Rituale zur Verfügung zu stellen, welche die theoretischen Grundpositionen im Alltagsleben erinnerbar macht. Der Mensch besteht nicht nur aus theoretischem, logischem Denken. Das System Mensch erstreckt sich über die gesamte Bandbreite seiner organismischen Hierarchie - auch psychisch (wenn man die Identitätstheorie ernst nehmen will).

herzlichen Gruß
Gerhard
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"Beim Prozess des Verstehens und Deutens bildet das Verhältnis zwischen dem Teil und dem Ganzen einen hermeneutischen Zirkel: Um das Ganze verstehen zu können, muss man die Teile verstehen, aber man kann die Teile nur verstehen, wenn man einen gewissen Begriff vom Ganzen hat." David Couzens Hoy
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kolja
der Typ im Maschinenraum
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Beitrag(#882345) Verfasst am: 12.12.2007, 00:47    Titel: Antworten mit Zitat

Dieser Thread stammt ursprünglich aus dem ehemaligen GBS-Forum und wurde hierher verschoben.
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Gerard
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Beitrag(#1599002) Verfasst am: 13.01.2011, 20:32    Titel: Antworten mit Zitat

Übrigens ist mein Buch jetzt endlich fertig und veröffentlicht:

Evolutionärer Idealismus

herzlichen Gruß
Gerhard

Werbelink vorläufig in Code ungewandelt unmd wieder als Link kaktiviert. Gucksdu da. und da
fwo



Link aufgrund eines Beschlusses des Betreibers entfernt,
Zoff

Okay, soll mir recht sein. Will nicht daran Schuld sein, dass andere Menschen Zoff haben.
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"Beim Prozess des Verstehens und Deutens bildet das Verhältnis zwischen dem Teil und dem Ganzen einen hermeneutischen Zirkel: Um das Ganze verstehen zu können, muss man die Teile verstehen, aber man kann die Teile nur verstehen, wenn man einen gewissen Begriff vom Ganzen hat." David Couzens Hoy


Zuletzt bearbeitet von Gerard am 16.01.2011, 23:35, insgesamt einmal bearbeitet
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