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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44651
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(#885536) Verfasst am: 15.12.2007, 20:34 Titel: |
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Myron hat folgendes geschrieben: | "An inductive logic is a system of reasoning that extends deductive logic to less-than-certain inferences. In a valid deductive argument the premises logically entail the conclusion, where such entailment means that the truth of the premises provides a guarantee of the truth of the conclusion. Similarly, in a good inductive argument the premises should provide some degree of support for the conclusion, where such support means that the truth of the premises indicates with some degree of strength that the conclusion is true." |
Eine Frage dazu, die auch Goodman in dem von mir bereits erwähnten Buch stellt: Was bedeutet "support"? Wann kann etwas als "support" für etwas anderes fungieren und wann nicht?
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Tapuak registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.02.2006 Beiträge: 1264
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(#885637) Verfasst am: 15.12.2007, 21:46 Titel: |
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Myron hat folgendes geschrieben: | Kival hat folgendes geschrieben: |
Ja. Genau darauf wollen wir hinaus, dass es keine Möglichkeit gibt, Tatsachen festzustellen, zu erkennen, ob etwas eine wahre Prämisse ist, dass unser Wissen vorläufig, unsere Vernunft fallibel und wir uns bestenfalls Wahrheit annähern können, obwohl das auch noch fraglich ist, wie das nachgeweisen sein sollte. Letztlich ist unser Wissen ein Modell einer hypothetisch angenommen Realität und wird hoffentlich ständig den Umständen angepasst. - Und bevor dieses alberne Argument kommt: Auch dies ist nur vorläufig, bis zu dem Moment, wo jemand aufzeigen kann, wie und das eine wahre Prämisse festgestellt werden kann oder anders gesagt: Das Münchhausen-Trilemma umgeht, ohne den Begründungszwang aufzugeben. |
Wenn Du der Meinung bist, dass fehlbare Lebewesen im Grunde nichts wissen und damit nichts beweisen können, dann sieht's freilich düster aus. |
Meine Meinung dazu: Nichts "beweisen" zu können bedeutet nicht, nichts wissen können. Wir können Hypothesen/Modelle/Theorien konstruieren und sie anhand ihrer Leistungsfähigkeit (Erklärungskraft, Prognosefähigkeit) miteinander vergleichen. Darüber hinaus können wir unsere Hypothesen/Modelle/Theorien versuchen zu verbessern, wenn sie nicht funktionieren. Da wir das ununterbrochen tun, wissen wir eine ganze Menge, im Alltag und in der Wissenschaft. Dennoch haben wir keine "wahren" Hypothesen/Modelle/Theorien (und angenommen wir hätten sie, könnten wir das nicht feststellen), sondern immer nur relativ mehr oder weniger leistungsfähige. Wir können also nichts sicher beweisen, aber das brauchen wir auch gar nicht.
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#885667) Verfasst am: 15.12.2007, 22:10 Titel: |
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Myron hat folgendes geschrieben: | Kival hat folgendes geschrieben: |
Nein, das habe ich nicht gesagt. Ich sagte, es wäe nicht feststellbar ob eine Prämisse wahr ist. Mancherlei Prämisse mag wahr sein, wir können das aber letztlich nicht wissen. |
Gut, dann kann es aber eben durchaus Beweise geben; denn wenn die Prämissen eines folgerichtigen Arguments wahr sein können, dann kann das Argument auch beweiskräftig sein.
Inwieweit die Wahrheit einer Prämisse feststellbar ist, hängt natürlich von der jeweiligen Prämisse ab.
Eigentlich geht es ja darum, möglichst gute logisch-rationale oder empirische Gründe zu finden, die den Glauben an die Wahrheit einer Prämisse objektiv rechtfertigen. |
Wenn es keine feststellbar wahren Prämissen gibt, können wir außerhalb formaler Systeme auch nicht von einem Beweis sprechen. Und es gibt keine logisch-rationalen oder empirischen Gründe, die den Glauben an die Wahrheit einer Prämisse rechtfertigen. Deswegen fordert der kritische Rationalismus den Anspruch an absolute Wahrheit aufzugeben und die Suche nach einem festen Angelpunkt der Erkenntnis sein zu lassen. Der Begründungszwang wird aufgehoben und ersetzt durch die Forderung nach Falsifzierbarkeit und der ständigen Verbesserung der Modelle. Auch dazu gehört eigentlich die ständige Suche nach Alternativen, weil Wisenschaft nicht nur bedeutez, falsifzierbare Theorien aufzustellen, sondern eigentlich auch, ständig zu versuchen, diese zu falsifzieren, sonst sagt der Status "bewährt" nicht viel aus, und das ist das beste was wir haben können.
Myron hat folgendes geschrieben: | Kival hat folgendes geschrieben: |
Ja. Genau darauf wollen wir hinaus, dass es keine Möglichkeit gibt, Tatsachen festzustellen, zu erkennen, ob etwas eine wahre Prämisse ist, dass unser Wissen vorläufig, unsere Vernunft fallibel und wir uns bestenfalls Wahrheit annähern können, obwohl das auch noch fraglich ist, wie das nachgeweisen sein sollte. Letztlich ist unser Wissen ein Modell einer hypothetisch angenommen Realität und wird hoffentlich ständig den Umständen angepasst. - Und bevor dieses alberne Argument kommt: Auch dies ist nur vorläufig, bis zu dem Moment, wo jemand aufzeigen kann, wie und das eine wahre Prämisse festgestellt werden kann oder anders gesagt: Das Münchhausen-Trilemma umgeht, ohne den Begründungszwang aufzugeben. |
Wenn Du der Meinung bist, dass fehlbare Lebewesen im Grunde nichts wissen und damit nichts beweisen können, dann sieht's freilich düster aus. |
Nein, wir brauchen gar keine Beweise und Wissen im strengen z. B. platonischen Sinne, d. h. dass Wissen Gewissheit impliziert, haben und brauchen wir auch nicht. Ich teile nicht die Denunziation der doxa, der bloßen Meinung, in einem funktionierenden, kritsichen System sind Meinungen etwas gut brauchbares. Diese müssen in einem Prozess der ständigen Prüfung bestehen und dann ist es auch vollauf gerechtfertigt, sich darauf zu berufen. Ansonsten schließe ich mich Tapauk an.
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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Algol Katholik, saugverwirrte schleichende Scharia
Anmeldungsdatum: 22.06.2006 Beiträge: 4797
Wohnort: Berlin
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(#885674) Verfasst am: 15.12.2007, 22:21 Titel: |
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Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Algol hat folgendes geschrieben: | Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Myron hat folgendes geschrieben: | Die Behauptung, die Nichtexistenz von etwas sei grundsätzlich unbeweisbar, ist schlicht falsch!
Eine Beweis ist jedes beweiskräftige Argument, d.h. jedes folgerichtige Argument mit wahren Prämissen.
Und es kann sehr wohl beweiskräftige Argumente geben, deren Konklusion eine negative Existenzaussage ist.
Das entsprechende logische Schema sieht wie folgt aus:
— Wenn x existiert, dann p. [Prämisse]
— Es ist nicht der Fall, dass p. [Prämisse]
— Folglich ist es nicht der Fall, dass x existiert. [aus 1+2 per modus tollens]
Das ist ein logisch folgerichtiges Schema!
Ob es tatsächlich beweiskräftige Argumente gibt, die die Nichtexistenz Gottes beweisen, ist freilich eine andere Frage. |
Eben. Was Du beschreibst, ist die hypothetisch-deduktive Methode. Damit sie anwendbar ist, müssen in den Prämissen Gesetzesaussagen enthalten sein. Diese setzen widerum die Akzeptanz des ontologischen Naturalismus voraus, weil die Bedingung der Einbindung in das Gesetzesnetz der Natur für transnaturale Objekte ja gerade nicht gilt. |
Selbst die beschreibenden, abkürzenden Modelle des wissenschaftlichen Naturalismus sind keine Gesetzesaussagen, obwohl der Volksmund gerne von "Naturgesetzen" spricht. |
Meines Erachtens verwechselst Du hier Objekt- und Metaebene. Die Forderung nach Falsifizierbarkeit erstreckt sich nur auf wissenschaftliche Aussagen, die sich auf konkrete Objekte beziehen. Der Naturalismus hingegen ist ein metatheoretisches Postulat, das Wissenschaft überhaupt erst ermöglicht. In diesem Sinne ist der Naturalismus auch nicht direkt falsifizierbar, gleichwohl aber kann er kritisiert werden... |
Genauer gesagt, erstreckt sich Falsifizierbarkeit lediglich auf empirische Aussagen: "Algol sitzt jetzt" ist falsifizierbar.
(Die Position des Naturalismus habe ich wo genau kritisiert?
Die Aussage: "alles ist Natur" wäre nur dann relevant, wenn man ein "außerhalb der Natur" bestimmen könnte, was mW wiederum sog. "Naturgesetze" voraussetzt.)
Wikipedia: "Er [Popper] warnte vor Fehlinterpretationen: „das Ziel der Abgrenzung [wurde] völlig mißverstanden“[4] Falsifizierbarkeit ist kein Kriterium, das rationale Akzeptierbarkeit, wissenschaftliche Anerkennung, wissenschaftliche Autorität oder Sinnhaftigkeit einer Aussage kennzeichnet. Auch ist sie kein Qualitäts- oder Gütekriterium."
Und das ist auch meine Position.
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Algol hat folgendes geschrieben: | Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Folglich ist das Schema auch nicht auf Übernatürliches anwendbar. |
Wobei derjenige, der den Begriff des Übernatürlichen führt, diesen Begriff erst einmal nachvollziehbar darlegen sollte. |
Das ist kein Problem. Kennst Du:
Bunge, M.; Mahner, M. (2004) Über die Natur der Dinge. Materialismus und Wissenschaft. S. Hirzel, Stuttgart.
Neukamm, M. (2007) Wissenschaft und ontologischer Naturalismus. In: Kutschera, U. (Hg.) Kreationismus in Deutschland. Lit-Verlag, Münster. |
Kenne ich nicht, wie lösen die Autoren das Dilemma, ohne direkt oder indirekt auf das Konstrukt von "Naturgesetzen" Bezug zu nehmen?
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Algol hat folgendes geschrieben: | Und schon befindet man sich einem Dilemma:
Die Definition von Übernatürlichem setzt mW die Prämisse von sog. Naturgesetzen voraus.
Diese angeblichen Naturgesetze sind aber keine Gesetze, sondern wiederum wandelbare Prämissen, die man aus beschreibenden, abkürzenden Modellen zaubert. |
Nein, da wird nix gezaubert. Naturgesetze repräsentieren konstant miteinander verbundene Eigenschaften von Dingen: Ändert man die eine Eigenschaft, ändert sich auch die andere. Denk z.B. an die Beziehung zwischen Druck, Temperatur und Volumen eines Gases. Diese Verhältnisse sind intersubjektiv nachvollziehbar und reproduzierbar. |
Ach so, Du bezeichnest die mathematische Formulierung physikalischer Modelle als Naturgesetze.
Dann sind diese "Naturgesetze" aber ständigem Wandel unterworfen und was als "übernatürlich" gilt, hängt von der jeweiligen Mode ab.
Die heute naturgesetzliche Geschwindigkeitsabhängikeit der Masse wäre demnach zu Newtons Zeiten übernatürlich gewesen.
Ebenso die heute naturgesetzliche, nichtvektorielle Addition von Geschwindigkeiten:
so weit kein Widerspruch ...
damit wäre das Übernatürliche klar belegt und die Position der Naturalisten lediglich ein Haufen Schrott.
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Dementsprechend wäre der Naturalismus kritisierbar, wenn das Gesetzesnetz der Natur an irgendeiner Stelle auf unerklärliche Weise außer Kraft gesetzt würde. |
Wie ich vermute: Du setzt ein "Gesetzesnetz der Natur" vorraus.
(Weshalb sollte eine Gottheit darin keinen Platz finden?)
Zusätzlich impliziert diese Aussage, daß wir dieses "Gesetzesnetz der Natur" prinzipiell erkennen können und daß wir es bereits erkannt hätten.
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Algol hat folgendes geschrieben: | Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Mit anderen Worten: Die Existenzhypothese Gottes ist prinzipiell nicht falsifizierbar, und das ist einer der zentralen Einwände aus wissenschaftstheoretischer Sicht. |
Viele Modelle sind nicht falsifizierbar, dazu zählen zB die Evolutionstheorie... |
Ups. |
Ich habe das Beispiel bewußt gewählt:
Erstens scheinst Du darin eine Art Experte zu sein
und zweitens interessiert mich ein Falsifikationskriterium für die EVT.
Und wer könnte das liefern, wenn nicht Du?
Lt. Poppers eigener Einschätzung ist das Fehlen eines Falsifikationskriteriums aber keineswegs ein Manko ...
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Vielleicht sollten wir erst mal darüber reden, was ein Modell ist und was Du unter der Evolutionstheorie verstanden haben möchtest. Und selbstverständlich ist die Evolutionstheorie und jede ihrer Einzelaussagen falsifizierbar! |
Unter (biologischer) Evolutionstheorie verstehe ich die These, daß sich die Lebewesen aus anderen Lebewesen (bzw. aus der angeblich unbelebten Natur) entwickelt haben.
Modell: im weitesten Sinne deckt sich meine Verwendung dieses Begriffes mit der von Wikipedia, mit dem wesentlichen Unterschied, daß ich dabei ohne die Begriffe Realität oder Wirklichkeit auskomme (die idR "das Ding an sich" oder eine "absolute Wahrheit" implizieren).
_________________ Leben kann tödlich sein
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