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Sticky vae victis
Anmeldungsdatum: 12.10.2005 Beiträge: 5449
Wohnort: Am Arsch der Welt anstatt am Busen der Natur!
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(#911390) Verfasst am: 17.01.2008, 13:02 Titel: Ewiges Leben und Trauer: Ein Widerspruch? |
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Nun mal eine recht provokante Frage:
Ist es nicht paradox, dass ausgerechnet die Anhänger des Glaubens an ein ewiges Leben, Paradies, 72 Jungfrauen, etc. trauern?
Als Beispiel:
Ein Djihad-Kämpfer wird von einem "Ungläubigen" erschossen. Nach der muslimischen Vorstellung und Lehre tritt er damit automatisch ins Paradies ein und kann sich um die ihm garantierten 72 Jungfrauen "kümmern"! Wieso trauern dann seine Angehörigen um ihn und brüllen Hassparolen gegen "Ungläubige"? Hat denn der "Ungläubige" mit der Tötung des Djihad-Kämpfers ihm nicht zu einer "Verbesserung seiner Lebensqualität" verholfen, indem der "Ungläubige" den Kämpfer gleich ins Paradies beförderte? Oder sind seine Angehörigen nur neidisch, weil sie (noch) nicht an so einem schönen Ort ihre herbeigesehnte Ewigkeit verbringen dürfen?
_________________ Gruss: Sticky
Die staatliche Ordnung basiert auf Recht und Gesetz.
Ich bin rechtlos, folglich bin ich auch gesetzlos.
Schwarzer Block
„Wenn Du ein Problem erkannt hast und nichts zur Lösung beiträgst, wirst Du selbst ein Teil des Problems!“ (Alte Indianerweisheit)
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pariparo Bright & HyperAtheist
Anmeldungsdatum: 22.06.2007 Beiträge: 2378
Wohnort: Berlin
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(#911396) Verfasst am: 17.01.2008, 13:07 Titel: |
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verstehe diesbzgl. deren jammerei auch nicht. zumal die familien des "kämpfers" i.d.r. finanziell unterstützt werden...
es gibt natürlich viele mütter, die der fanatischen sache nichts abgewinnen können und um den verlust ihrer söhne wirklich trauern.
_________________ Glaubst du noch oder denkst du schon?
Ich bin selbst gegenüber allen bekannten Religionen Dissident, und ich hoffe, dass jede Art religiöser Gläubigkeit ausstirbt. (B.Russell)
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Sticky vae victis
Anmeldungsdatum: 12.10.2005 Beiträge: 5449
Wohnort: Am Arsch der Welt anstatt am Busen der Natur!
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(#911402) Verfasst am: 17.01.2008, 13:13 Titel: |
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pariparo hat folgendes geschrieben: | verstehe diesbzgl. deren jammerei auch nicht. zumal die familien des "kämpfers" i.d.r. finanziell unterstützt werden...
es gibt natürlich viele mütter, die der fanatischen sache nichts abgewinnen können und um den verlust ihrer söhne wirklich trauern. |
Nun, es muss sich ja nicht um eine fanatische Religionsausübung handeln. Auch im Christentum glaubt man an ein Leben nach dem Tod und wird auch so zu genüge propagiert. Und dennoch freut sich kein Christ darüber, dass der Verstorbene bei Gott ist und es ihm gut gehen muss...
_________________ Gruss: Sticky
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Ich bin rechtlos, folglich bin ich auch gesetzlos.
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Sanne gives peas a chance.
Anmeldungsdatum: 05.08.2003 Beiträge: 12088
Wohnort: Nordschland
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(#911404) Verfasst am: 17.01.2008, 13:14 Titel: |
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Wenn man einen Menschen vermißt, den man geliebt hat, oder an den man gewöhnt war, ist das ein Verlust, also ein Grund zur Trauer.
Ob dieser Mensch nun in ein unerreichbares Land auswandert, wovon er nie zurückkehren wird und wohin kein Kontakt möglich ist, oder ob er stirbt: Es ist jedenfalls ein Verlust für die Hinterbliebenen.
_________________ Ich will das Internet doch nicht mit meinen Problemen belästigen! (Marge Simpson)
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Sticky vae victis
Anmeldungsdatum: 12.10.2005 Beiträge: 5449
Wohnort: Am Arsch der Welt anstatt am Busen der Natur!
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(#911417) Verfasst am: 17.01.2008, 13:30 Titel: |
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Sanne hat folgendes geschrieben: | Wenn man einen Menschen vermißt, den man geliebt hat, oder an den man gewöhnt war, ist das ein Verlust, also ein Grund zur Trauer.
Ob dieser Mensch nun in ein unerreichbares Land auswandert, wovon er nie zurückkehren wird und wohin kein Kontakt möglich ist, oder ob er stirbt: Es ist jedenfalls ein Verlust für die Hinterbliebenen. |
Daran habe ich keinen Zweifel...
_________________ Gruss: Sticky
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Sanne gives peas a chance.
Anmeldungsdatum: 05.08.2003 Beiträge: 12088
Wohnort: Nordschland
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(#911458) Verfasst am: 17.01.2008, 14:14 Titel: |
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Sticky hat folgendes geschrieben: | Sanne hat folgendes geschrieben: | Wenn man einen Menschen vermißt, den man geliebt hat, oder an den man gewöhnt war, ist das ein Verlust, also ein Grund zur Trauer.
Ob dieser Mensch nun in ein unerreichbares Land auswandert, wovon er nie zurückkehren wird und wohin kein Kontakt möglich ist, oder ob er stirbt: Es ist jedenfalls ein Verlust für die Hinterbliebenen. |
Daran habe ich keinen Zweifel... |
Und warum wunderst du dich dann darüber, daß getrauert wird? Oder stört dich mehr die Art, wie die trauer öffentlich bekundet wird? Daß Trauerfälle und Trauerfeiern gelegentlich zu politischen Demonstrationen genutzt werden, ist aber in allen Kulturen üblich.
_________________ Ich will das Internet doch nicht mit meinen Problemen belästigen! (Marge Simpson)
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#911468) Verfasst am: 17.01.2008, 14:24 Titel: |
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Sanne hat folgendes geschrieben: | Daß Trauerfälle und Trauerfeiern gelegentlich zu politischen Demonstrationen genutzt werden, ist aber in allen Kulturen üblich. |
So wie in den USA die Trauer um die Opfer von 9/11...
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Babyface Altmeister
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 11519
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(#911524) Verfasst am: 17.01.2008, 15:19 Titel: |
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Sticky hat folgendes geschrieben: | Sanne hat folgendes geschrieben: | Wenn man einen Menschen vermißt, den man geliebt hat, oder an den man gewöhnt war, ist das ein Verlust, also ein Grund zur Trauer.
Ob dieser Mensch nun in ein unerreichbares Land auswandert, wovon er nie zurückkehren wird und wohin kein Kontakt möglich ist, oder ob er stirbt: Es ist jedenfalls ein Verlust für die Hinterbliebenen. |
Daran habe ich keinen Zweifel... |
Vielleicht wird es noch klarer, wenn man mal die genaue Funktion der Trauer betrachtet. Sanne hat Recht, dass ein Verlust eingetreten ist und ein Verlust normalerweise ein Grund für Trauer ist. Ein Verlust muss aber nicht zwangsläufig zu Trauer führen, sondern kann auch Depression auslösen. Wo ist der Unterschied? Nun, im Gegensatz zur Depression steckt in der Trauer auch die Akzeptanz des Verlustes. Trauer ist das Gefühl loszulassen und den Schmerz zu spüren, der damit verbunden ist. Depression ist das genaue Gegenteil davon. Das bestimmende Gefühl in der Depression ist nicht Trauer, sondern das Gefühl der Gefühllosigkeit, damit man den Schmerz nicht spüren muss, denn das würde bedeuten, den Verlust zu akzeptieren. Man könnte daher vermuten, dass der Glaube an ein Wiedersehen im Himmel den Verlust kleiner und weniger bedrohlich erscheinen lässt und damit seine Akzeptanz und die damit einhergehenden intensiven Trauergefühle erst ermöglicht.
_________________ posted by Babyface
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allb gesperrt
Anmeldungsdatum: 14.09.2006 Beiträge: 633
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(#911533) Verfasst am: 17.01.2008, 15:33 Titel: |
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Babyface hat folgendes geschrieben: | Sticky hat folgendes geschrieben: | Sanne hat folgendes geschrieben: | Wenn man einen Menschen vermißt, den man geliebt hat, oder an den man gewöhnt war, ist das ein Verlust, also ein Grund zur Trauer.
Ob dieser Mensch nun in ein unerreichbares Land auswandert, wovon er nie zurückkehren wird und wohin kein Kontakt möglich ist, oder ob er stirbt: Es ist jedenfalls ein Verlust für die Hinterbliebenen. |
Daran habe ich keinen Zweifel... |
Vielleicht wird es noch klarer, wenn man mal die genaue Funktion der Trauer betrachtet. Sanne hat Recht, dass ein Verlust eingetreten ist und ein Verlust normalerweise ein Grund für Trauer ist. Ein Verlust muss aber nicht zwangsläufig zu Trauer führen, sondern kann auch Depression auslösen. Wo ist der Unterschied? Nun, im Gegensatz zur Depression steckt in der Trauer auch die Akzeptanz des Verlustes. Trauer ist das Gefühl loszulassen und den Schmerz zu spüren, der damit verbunden ist. Depression ist das genaue Gegenteil davon. Das bestimmende Gefühl in der Depression ist nicht Trauer, sondern das Gefühl der Gefühllosigkeit, damit man den Schmerz nicht spüren muss, denn das würde bedeuten, den Verlust zu akzeptieren. Man könnte daher vermuten, dass der Glaube an ein Wiedersehen im Himmel den Verlust kleiner und weniger bedrohlich erscheinen lässt und damit seine Akzeptanz und die damit einhergehenden intensiven Trauergefühle erst ermöglicht. | Danke!
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Einsiedler registrierter User
Anmeldungsdatum: 01.03.2007 Beiträge: 1435
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(#911735) Verfasst am: 17.01.2008, 18:50 Titel: |
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Es bleibt die Frage, warum Gläubige Angst vor ihrem eigenen Tod haben.
Eigentlich sollten sie sich doch freuen, dem irdischen Jammertal zu entfliehen.
Auch kann ich den Kult um den Körper Verstorbener nicht verstehen - nachdem
die Seele den Leib verlassen hat, ist er doch bedeutungslos.
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Heizölrückstoßabdämpfung Hedonist

Anmeldungsdatum: 26.07.2007 Beiträge: 17543
Wohnort: Stralsund
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(#911741) Verfasst am: 17.01.2008, 18:55 Titel: |
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Einsiedler hat folgendes geschrieben: | Es bleibt die Frage, warum Gläubige Angst vor ihrem eigenen Tod haben.
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Sie könnten ja in die Hölle kommen
_________________ „Wer in einem gewissen Alter nicht merkt, daß er hauptsächlich von Idioten umgeben ist, merkt es aus einem gewissen Grunde nicht.“ Curt Goetz
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Sticky vae victis
Anmeldungsdatum: 12.10.2005 Beiträge: 5449
Wohnort: Am Arsch der Welt anstatt am Busen der Natur!
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(#911743) Verfasst am: 17.01.2008, 18:58 Titel: |
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Heizölrückstoßabdämpfung hat folgendes geschrieben: | Einsiedler hat folgendes geschrieben: | Es bleibt die Frage, warum Gläubige Angst vor ihrem eigenen Tod haben.
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Sie könnten ja in die Hölle kommen |
Oder es könnte sich herausstellen, dass nach dem Tod nichts mehr kommt. Und noch schlimmer: sie können sich auch nicht beschweren! Wie denn auch; und bei wem?
_________________ Gruss: Sticky
Die staatliche Ordnung basiert auf Recht und Gesetz.
Ich bin rechtlos, folglich bin ich auch gesetzlos.
Schwarzer Block
„Wenn Du ein Problem erkannt hast und nichts zur Lösung beiträgst, wirst Du selbst ein Teil des Problems!“ (Alte Indianerweisheit)
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Zampana bin dagegen
Anmeldungsdatum: 01.06.2007 Beiträge: 411
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kereng Privateer
Anmeldungsdatum: 12.12.2006 Beiträge: 3052
Wohnort: Hamburg
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(#911982) Verfasst am: 17.01.2008, 23:11 Titel: Ewiges Leben und Trauer: Ein Widerspruch? |
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Ein ähnlicher Gedanke kommt mir, wenn ich Floskeln lese wie "Gott liebt euch so sehr, dass er seinen Sohn gab".
Wenn dieser Sohn ein paar Tage später wieder zur Rechten des Vaters sitzt, ist das Opfer ja nicht besonders groß.
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Zampana bin dagegen
Anmeldungsdatum: 01.06.2007 Beiträge: 411
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(#911999) Verfasst am: 17.01.2008, 23:29 Titel: |
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Stimmt Allerdings gab er ihn ja auch unsäglichen Schmerzen preis. Ziemlich kranke Vaterliebe
Ich war mal auf der Beerdigung eines sehr guten Freundes und musste mir da anhören, dass die Eltern Gott dankbar seien, dass er ihren Sohn zu sich geholt hat und sich freuten Die waren echte Hardcorechristen. Ich wäre am liebsten aufgestanden und gegangen. Heute, bald 20 Jahre später würde ich das wahrscheinlich auch fertigbringen, aber damals war ich einfach nur sprachlos-schockiert.
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gwarpy Psychonaut
Anmeldungsdatum: 19.09.2004 Beiträge: 2012
Wohnort: KinA
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(#912196) Verfasst am: 18.01.2008, 09:14 Titel: |
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Zampana hat folgendes geschrieben: |
Ich war mal auf der Beerdigung eines sehr guten Freundes und musste mir da anhören, dass die Eltern Gott dankbar seien, dass er ihren Sohn zu sich geholt hat und sich freuten Die waren echte Hardcorechristen. Ich wäre am liebsten aufgestanden und gegangen. Heute, bald 20 Jahre später würde ich das wahrscheinlich auch fertigbringen, aber damals war ich einfach nur sprachlos-schockiert. |
Es ist jetzt auch zwanzig Jahre her, dass sich ein Freund in seinem Zimmer erhängt hat. Er war der Sohn meines ziemlich fanatischen Religionslehrers, hatte mit der Religion aber nichts am Hut und war deshalb auch oft ziemlich deprimiert.
Uns, also seinen Freunden, war klar, was der Grund für seine Selbsttötung war, und als bei der Trauerfeier sein Vater davon schwafelte, dass Gott den Sohn zu sich geholt hat, brauchte es schon einiges um uns ruhig zu halten
gwarpy
_________________ Die Menschen glauben das, was sie wünschen.
Gaius Julius Caesar
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gwarpy Psychonaut
Anmeldungsdatum: 19.09.2004 Beiträge: 2012
Wohnort: KinA
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(#912199) Verfasst am: 18.01.2008, 09:19 Titel: |
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Einsiedler hat folgendes geschrieben: | Es bleibt die Frage, warum Gläubige Angst vor ihrem eigenen Tod haben.
Eigentlich sollten sie sich doch freuen, dem irdischen Jammertal zu entfliehen. |
Die Donatisten bemühten sich ja nach Kräften möglichst schnell abzunippeln, damit sie schnellstens zu Gott kommen konnten. Diese Bewegung von Selbstmördern und besonders eifrigen Märtyrern war mit ein Grund, warum Selbstmord zur Sünde erklärt wurde. Die Kirche, die ja im Grunde als Endzeitsekte angefangen hat, hatte einfach Angst, dass ihnen die Anhänger abhanden kommen würden, und die brauchten sie ja noch, weil der Weltuntergang ja abgesagt bzw. auf unbestimmte Zeit verschoben wurde.
Zitat: | Auch kann ich den Kult um den Körper Verstorbener nicht verstehen - nachdem
die Seele den Leib verlassen hat, ist er doch bedeutungslos. |
Für den jüngsten Tag brauchen sie ja die modernden Knochen noch
gwarpy
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Gaius Julius Caesar
Zuletzt bearbeitet von gwarpy am 18.01.2008, 09:30, insgesamt einmal bearbeitet |
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gwarpy Psychonaut
Anmeldungsdatum: 19.09.2004 Beiträge: 2012
Wohnort: KinA
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(#912201) Verfasst am: 18.01.2008, 09:29 Titel: |
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Babyface hat folgendes geschrieben: |
Vielleicht wird es noch klarer, wenn man mal die genaue Funktion der Trauer betrachtet. Sanne hat Recht, dass ein Verlust eingetreten ist und ein Verlust normalerweise ein Grund für Trauer ist. Ein Verlust muss aber nicht zwangsläufig zu Trauer führen, sondern kann auch Depression auslösen. Wo ist der Unterschied? Nun, im Gegensatz zur Depression steckt in der Trauer auch die Akzeptanz des Verlustes. Trauer ist das Gefühl loszulassen und den Schmerz zu spüren, der damit verbunden ist. Depression ist das genaue Gegenteil davon. Das bestimmende Gefühl in der Depression ist nicht Trauer, sondern das Gefühl der Gefühllosigkeit, damit man den Schmerz nicht spüren muss, denn das würde bedeuten, den Verlust zu akzeptieren. Man könnte daher vermuten, dass der Glaube an ein Wiedersehen im Himmel den Verlust kleiner und weniger bedrohlich erscheinen lässt und damit seine Akzeptanz und die damit einhergehenden intensiven Trauergefühle erst ermöglicht. |
Bei Trauernden Gläubigen hatte ich immer den Eindruck, dass sie sich nicht dem Verlust in seinem ganzen Ausmaß stellen, weil sie sich ja auf einen späteren Zeitpunkt vertrösten, an dem sie sich wieder mit den Verstorbenen Vereint wähnen. Bestätigt finde ich das dann darin, wie der Tod und die Trauer immer und immer wieder über teils sehr lange Zeiträume "aufgewärmt" werden (Kerzen anzünden, christliche Feste mit traurigkeitstriefenden Friedhofsbesuchen, Bittgebete für den Verstorbenen, etc.).
Mir drängt sich der Vergleich mit den Angehörigen spurlos verschwundener Menschen auf, die zwar den Verlust betrauern, aber oft sehr lang an der Hoffnung festhalten, mit den Vermissten wieder vereint zu werden, und erst recht zusammenbrechen, wenn diese Hoffnung zerbricht.
Ist der christliche Selbstbetrug da nicht eher kontraproduktiv?
gwarpy
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Gaius Julius Caesar
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Heizölrückstoßabdämpfung Hedonist

Anmeldungsdatum: 26.07.2007 Beiträge: 17543
Wohnort: Stralsund
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(#912204) Verfasst am: 18.01.2008, 09:32 Titel: |
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gwarpy hat folgendes geschrieben: |
Mir drängt sich der Vergleich mit den Angehörigen spurlos verschwundener Menschen auf, die zwar den Verlust betrauern, aber oft sehr lang an der Hoffnung festhalten, mit den Vermissten wieder vereint zu werden, und erst recht zusammenbrechen, wenn diese Hoffnung zerbricht.
Ist der christliche Selbstbetrug da nicht eher kontraproduktiv?
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Nein, wieso? Das Wiedersehen findet doch nach dem Tod im Himmel statt. Oder verstehe ich da was falsch?
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gwarpy Psychonaut
Anmeldungsdatum: 19.09.2004 Beiträge: 2012
Wohnort: KinA
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(#912210) Verfasst am: 18.01.2008, 09:46 Titel: |
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Heizölrückstoßabdämpfung hat folgendes geschrieben: |
Nein, wieso? Das Wiedersehen findet doch nach dem Tod im Himmel statt. Oder verstehe ich da was falsch? |
Ich meine damit ja nicht, dass nach dem Tod das böse Erwachen kommt (ich muss grad an Zombies denken ), sondern dass man den Tod und die aus dem Sterben resultierenden endgültigen Konsequenzen nicht wirklich zur Gänze annimmt, sondern zumindest einen Teil davon beiseite schiebt, also nicht wirklich aufarbeitet.
Ganz krass kenne ich das bei den Menschen jenseits der 70 und 80 Jahre, die nicht selten immer noch davon reden, dass sie nun bald wieder mit diesem oder jenem Menschen vereint sein werden, den sie nun schon so lange vermissen (und für den sie jeden Tag eine Kerze anzünden, jeden Tag beten, mit dem sie jeden Tag "reden", etc.)
Das kann ja nicht gesund sein. Gedenken ist ja absolut in Ordnung, aber diese "Sucht" nach den Verstorbenen, weil sie ja nicht wirklich tot sind, finde ich schon sehr befremdlich.
gwarpy
_________________ Die Menschen glauben das, was sie wünschen.
Gaius Julius Caesar
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Heizölrückstoßabdämpfung Hedonist

Anmeldungsdatum: 26.07.2007 Beiträge: 17543
Wohnort: Stralsund
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(#912213) Verfasst am: 18.01.2008, 09:54 Titel: |
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gwarpy hat folgendes geschrieben: | Heizölrückstoßabdämpfung hat folgendes geschrieben: |
Nein, wieso? Das Wiedersehen findet doch nach dem Tod im Himmel statt. Oder verstehe ich da was falsch? |
Ich meine damit ja nicht, dass nach dem Tod das böse Erwachen kommt (ich muss grad an Zombies denken ), |
Zitat: | sondern dass man den Tod und die aus dem Sterben resultierenden endgültigen Konsequenzen nicht wirklich zur Gänze annimmt, sondern zumindest einen Teil davon beiseite schiebt, also nicht wirklich aufarbeitet. |
Vielleicht weil einige nicht in der Lage sind, sämtliche Konsequenzen anzunehmen und zu akzeptieren, für die lebt es sich so leichter.
_________________ „Wer in einem gewissen Alter nicht merkt, daß er hauptsächlich von Idioten umgeben ist, merkt es aus einem gewissen Grunde nicht.“ Curt Goetz
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astarte Foren-Admin

Anmeldungsdatum: 13.11.2006 Beiträge: 46545
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(#912214) Verfasst am: 18.01.2008, 09:58 Titel: |
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gwarpy hat folgendes geschrieben: | Heizölrückstoßabdämpfung hat folgendes geschrieben: |
Nein, wieso? Das Wiedersehen findet doch nach dem Tod im Himmel statt. Oder verstehe ich da was falsch? |
Ich mine damit ja nicht, dass nach dem Tod das böse Erwachen kommt (ich muss grad an Zombies denken ), sondern dass man den Tod und die aus dem Sterben resultierenden endgültigen Konsequenzen nicht wirklich zur Gänze annimmt, sondern zumindest einen Teil davon beiseite schiebt, also nicht wirklich aufarbeitet.
Ganz krass kenne ich das bei den Menschen jenseits der 70 und 80 Jahre, die nicht selten immer noch davon reden, dass sie nun bald wieder mit diesem oder jenem Menschen vereint sein werden, den sie nun schon so lange vermissen (und für den sie jeden Tag eine Kerze anzünden, jeden Tag beten, mit dem sie jeden tag "reden", etc.)
Das kann ja nicht gesund sein. Gedenken ist ja absolut in Ordnung, aber diese "Sucht" nach den Verstorbenen, weil sie ja nicht wirklich tot sind, finde ich schon sehr befremdlich.
gwarpy |
Ich denke, das biegt sich im Normalfall jeder so hin, wie es ihm taugt. Die Hoffnung auf ein Wiedersehen taugt dem einen als Mittel gegen die Angst vor dem unvermeidlichen Tod. Wer sich danach sehen und es kaum erwarten kann, muss schon eine gewisse eine Disposition zur Todessehnsucht oder Lebensmüdigkeit haben. Ich glaube nicht, dass es einen lebenslustigen Menschen so weit runterziehen kann. Die Menschen gestalten ihren Glauben nach meiner Erfahrung, entsprechend ihrer Lebenseinstellung. Der Mensch schafft sich Gott nach seinem Bild und seinem Bedürfnis, zumindest der Erwachsene.
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Telliamed registrierter User
Anmeldungsdatum: 05.03.2007 Beiträge: 5125
Wohnort: Wanderer zwischen den Welten
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(#912292) Verfasst am: 18.01.2008, 12:45 Titel: |
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@astarte007
Zitat: | Ich denke, das biegt sich im Normalfall jeder so hin, wie es ihm taugt. Die Hoffnung auf ein Wiedersehen taugt dem einen als Mittel gegen die Angst vor dem unvermeidlichen Tod. Wer sich danach sehen und es kaum erwarten kann, muss schon eine gewisse eine Disposition zur Todessehnsucht oder Lebensmüdigkeit haben. Ich glaube nicht, dass es einen lebenslustigen Menschen so weit runterziehen kann. Die Menschen gestalten ihren Glauben nach meiner Erfahrung, entsprechend ihrer Lebenseinstellung. Der Mensch schafft sich Gott nach seinem Bild und seinem Bedürfnis, zumindest der Erwachsene. |
Um das noch etwas weiter zu spinnen: Trauer ist eine zutiefst menschliche Regung, um die Erfahrung des Todes anderer und die Gewissheit des eigenen Todes zu verarbeiten, für Gläubige und Nichtgläubige. Sie ist individuell verschieden, je nachdem, wie nahe die/der Verstorbene stand, und findet unterschiedlichen Ausdruck: das laute Wehklagen in Russland, auf dem Balkan, im Vorderen Orient hält unter Umständen nicht so lange an, wie die ins Herz gedrungene Klage, die innen verschlossen bleibt.
(ich meine jetzt nicht Dich, @astarte007, sehe, wie schon mehrfach, die Übereinstimmung mit Dir)
So, und jetzt stellen sich manche neben die Christen und sagen: "Eigentlich müßtet Ihr Euch doch freuen, bei Eurer Lehre, daß Eure Lieben bald im Himmel sind, dass Ihr selbst dort sein und Eure Angehörigen wiedersehen werdet! Aber Ihr tut es nicht!"
Entschuldigung, aber das wäre mir zu billig, wenn es um die Trauer von Menschen wie Du und ich geht, die ihre Angehörigen verloren haben. Da niemand aus dem Himmel zurückgekommen ist und noch niemand seine verstorbenen Angehörigen wirklich wiedergesehen hat (von Visionen abgesehen), steht auch ein gläubiger Mensch vor der Situation, mit dem immer wieder unfassbaren Sterben und dem Tod fertig zu werden. Manche äußern dann vielleicht Glaubensgewißheit, manche verbergen ihre Zweifel, an den Umständen lässt sich nichts ändern. Was habe ich darüber zu richten, wie sie mit der Todeserfahrung fertig werden?
M. E. ist die Trauer ein ungeeignetes Feld der Auseinandersetzung mit Glauben und Religion, wenn sie sich auf den einfachen Gläubigen neben mir bezieht, und nicht auf Fanatiker oder die bezahlten geistigen Fechter und Theologen, die ihre Lehren von der Unsterblichkeit der Seele und dem Weiterleben nach dem Tode unter die Massen zu bringen suchen. Ich sehe in erster Linie meinen trauernden Mitmenschen, ob sie gläubig sind oder nicht.
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astarte Foren-Admin

Anmeldungsdatum: 13.11.2006 Beiträge: 46545
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(#912337) Verfasst am: 18.01.2008, 13:29 Titel: |
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@Telliamed: ich gönne auch jedem sein Hilfsmittel mit einem schweren Verlust fertig zu werden, ob einem sein Glauben hilft, oder seine Lebensfreude, oder sein Horoskop oder sein Hobby...ist mir egal. Jede Taktik, etwas zu verabrbeiten, könnte man als sich selber nur was vormachen bezeichnen. Manche tun das auch, ich finde es aber sehr gut, dass die menschliche Psyche so hilfreiche Tricks drauf hat.
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