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Pfaffenschreck Schwarzwaldelch; möööh
Anmeldungsdatum: 09.05.2006 Beiträge: 6422
Wohnort: City of dope
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(#913216) Verfasst am: 19.01.2008, 11:16 Titel: Kann ein Atheist ein Fundamentalist sein? |
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Diesen Artikel beim hpd möchte ich euch wärmstens empfehlen.
http://hpd-online.de/node/3639
Großartig geschrieben wie ich finde. Bietet gute Argumentationshilfen.
_________________ Merkwürdig, ich kann mich nicht erinnern, jemals einer kirchlichen Vereinigung beigetreten zu sein. Und doch mußte ich erst austreten, um Nichtmitglied zu werden!
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In jedem Dorf gibt es eine Fackel, den Lehrer;
Und jemanden, der dieses Licht löscht, den Pfarrer.
Victor Hugo
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http://www.humanisten-freiburg.de/
Reinschauen, mitmachen, mitgestalten und etwas bewegen.
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22261
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(#913229) Verfasst am: 19.01.2008, 11:41 Titel: |
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Ein fundamentalistischer Atheist (meinetwegen auch Naturalist) ist für mich jemand, der seine Weltanschauung für objektiv besser hält als andere und sich schon deshalb für berechtigt hält, andere Weltanschauungen zumindest verbal zu kriminalisieren und/oder zu pathologisieren.
Sehr oft neigen Fundamentalisten beliebiger Weltanschauungen dazu, bei anderen Weltanschauungen wiederum nur (oder vor allem) deren Fundamentalisten als "echte" Vertreter ihrer Weltanschauungen wahrzunehmen.
All das wird in dem Artikel schön beispielhaft vorgeführt.
_________________ "YOU HAVE TO START OUT LEARNING TO BELIEVE THE LITTLE LIES." -- "So we can believe the big ones?" -- "YES."
(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#913248) Verfasst am: 19.01.2008, 12:23 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: |
Sehr oft neigen Fundamentalisten beliebiger Weltanschauungen dazu, bei anderen Weltanschauungen wiederum nur (oder vor allem) deren Fundamentalisten als "echte" Vertreter ihrer Weltanschauungen wahrzunehmen. |
Genau so ist das.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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jagy Herb Derpington III.
Anmeldungsdatum: 26.11.2006 Beiträge: 7275
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(#913254) Verfasst am: 19.01.2008, 12:35 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Ein fundamentalistischer Atheist
...
Fundamentalisten beliebiger Weltanschauungen |
Problem: Atheismus in der Definition des kleinsten gemeinsamen Nenners ist keine Weltanschauung, sondern nur das fehlen einer Weltanschauung bzw das Nichtvorhandensein eines Glaubens an Gott.
_________________ INGLIP HAS BEEN SUMMONED - IT HAS BEGUN!
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#913255) Verfasst am: 19.01.2008, 12:39 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Ein fundamentalistischer Atheist (meinetwegen auch Naturalist) ist für mich jemand, der seine Weltanschauung für objektiv besser hält als andere und sich schon deshalb für berechtigt hält, andere Weltanschauungen zumindest verbal zu kriminalisieren und/oder zu pathologisieren. |
Hmm .. ich finde, das trifft es nicht so ganz.
wikipedia hat folgendes geschrieben: | Fundamentalismus ist allgemein gesehen eine Überzeugung, die sich zu ihrer Rechtfertigung auf eine Grundlage beruft, die auf einer Letztbegründung beruhe und absolut wahr sei. ... Im weitesten Sinne wird als fundamentalistisch eine religiöse oder weltanschauliche Bewegung bezeichnet, die eine Rückbesinnung auf die Wurzeln einer bestimmten Religion oder Ideologie fordert, welche notfalls mit radikalen und intoleranten Mitteln durchgesetzt werden soll. |
Ein Naturalist wäre demnach ein Fundamentalist, wenn er etwa
- betimmte wiss. Theorien für absolut wahr hält oder eine entspr. Letztbegründung angibt
- den Naturalismus notfalls mit radikalen und intoleranten Mitteln durchsetzen will, also bspw. durch ein Kritik- oder Religionsverbot
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Sehr oft neigen Fundamentalisten beliebiger Weltanschauungen dazu, bei anderen Weltanschauungen wiederum nur (oder vor allem) deren Fundamentalisten als "echte" Vertreter ihrer Weltanschauungen wahrzunehmen. |
Da kann ich schon eher zustimmen. Dabei bietet auch der mainstream- Volks- und Kirchengott genügend Reibungspotenzial für Atheisten, und in der Tat richtet sich der Naturalismus ja eher gegen Irrationalismus als gegen etwa wörtlichen Bibelglauben oder die Scharia. Vor der naturalistischen Argumentation kann auch z.B. Schwurbelkönig Huber nicht bestehen.
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | All das wird in dem Artikel schön beispielhaft vorgeführt. |
Nehmen wir noch das Beispiel des verweigerten Trostes, also die Frage, wie der Naturalist/Atheist zur (aus seiner Sicht) therapeutischen/pastoralen Unwahrheit steht. Hier gibt es eine unangenehme und unfaire Asymmetrie zwischen Gläubigen und Ungläubigen. Viele Gläubige (nicht nur Fundis!) sind nicht inhaltlich kritikfähig, wenn es ums Eingemachte geht, also z.B. um die Existenz ihrer Götter, Leben nach dem Tod oder was auch immer sie psychisch besonders brauchen. Gläubige, die hier ein Gefühlsverletzungsverbot (über ein Verbot der Hetze hinaus) fordern, können m.E logischerweise nicht gleichzeitig fordern, daß ihre Weltanschauung nicht pathologisiert werden dürfe.
Bis auf wenige kleine Punkte finde ich den Artikel zustimmenswert, auch wenn er nichts wirklich Neues enthält.
EDIT: "Beleidigungsverbot" ersetzt durch "Gefühlsverletzungsverbot"
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
Zuletzt bearbeitet von step am 19.01.2008, 12:51, insgesamt einmal bearbeitet |
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22261
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(#913256) Verfasst am: 19.01.2008, 12:40 Titel: |
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jagy hat folgendes geschrieben: | Problem: Atheismus in der Definition des kleinsten gemeinsamen Nenners ist keine Weltanschauung, sondern nur das fehlen einer Weltanschauung bzw das Nichtvorhandensein eines Glaubens an Gott. |
Bei manchen Leuten ist "das Fehlen des Glaubens an Gott" oder aber - in der engeren Definition - "die Überzeugung, dass es keinen Gott gibt" aber so sehr die Hauptsache ihrer Weltanschauung, dass man Atheismus dann eben doch als ihre Weltanschauung bezeichnen kann. Und auch wenn bei anderen Leuten der Atheismus nur ein Teil ihrer Weltanschauung von geringerer oder größerer Wichtigkeit ist - auch in einem solchen Teilbereich kann man ja Fundamentalist sein.
_________________ "YOU HAVE TO START OUT LEARNING TO BELIEVE THE LITTLE LIES." -- "So we can believe the big ones?" -- "YES."
(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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der kleine Fritz registrierter User
Anmeldungsdatum: 24.06.2005 Beiträge: 2183
Wohnort: Planet Erde
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(#913260) Verfasst am: 19.01.2008, 12:45 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Ein fundamentalistischer Atheist (meinetwegen auch Naturalist) ist für mich jemand, der seine Weltanschauung für objektiv besser hält als andere und sich schon deshalb für berechtigt hält, andere Weltanschauungen zumindest verbal zu kriminalisieren und/oder zu pathologisieren. |
Hallo tillich, was hältst du denn von dieser Fassung:
Ein fundamentalistischer Christ (meinetwegen auch Theist) ist für mich jemand, der seine Weltanschauung für objektiv besser hält als andere und sich schon deshalb für berechtigt hält, andere Weltanschauungen zumindest verbal zu kriminalisieren und/oder zu pathologisieren.
Im übrigen halte "Atheismus" für keine Weltanschauung, sondern lediglich als die Bezeichnung von Menschen für die ein Gott nicht existiert!
_________________ und Gott bleibt stumm....
um so eifriger schwatzen seine selbsternannten Missionare.
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Jan registrierter User
Anmeldungsdatum: 29.10.2004 Beiträge: 440
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(#913261) Verfasst am: 19.01.2008, 12:45 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Ein fundamentalistischer Atheist (meinetwegen auch Naturalist) ist für mich jemand, der seine Weltanschauung für objektiv besser hält als andere |
Ist es nicht Voraussetzung eine Weltanschauung für besser zu halten um sie zur eigenen zu machen? Wenn ich nicht überzeugt wäre, dass der Naturalismus bessere Argumente hat als andere Weltanschauungen, wäre ich ja kein Naturalist. Wobei natürlich alle das Recht haben ihre Weltanschauung für die bessere zu halten. Fundamentalismus würde ich eher durch mangelnde Kritikfähigkeit charakterisieren.
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22261
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(#913269) Verfasst am: 19.01.2008, 12:58 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Ein Naturalist wäre demnach ein Fundamentalist, wenn er etwa
- betimmte wiss. Theorien für absolut wahr hält oder eine entspr. Letztbegründung angibt |
Hmm ... seh ich nicht so. Ein Naturalist ist mMn jemand, der im Grundsatz naturwissenschaftliche Herangehens- und Erklärungsweisen für die einzig mögliche Art der Welterschließung hält. Ein Fundamentalist wäre er mE nicht dann, wenn er bestimmte Theorien für absolut wahr hält, sondern dann, wenn er es für objektiv und beweisbar richtig hät, dass alles, was über die Welt und den Menschen in der Welt gesagt werden kann, in Form wissenschaftlicher Theorien gesagt werden kann (auch wenn bestimmte Theorien immer vorläufig sind) und deswegen andere Weltanschauungen für objektiv falsch hält und sie deswegen pathologisiert oder kriminalisiert.
step hat folgendes geschrieben: | ... - den Naturalismus notfalls mit radikalen und intoleranten Mitteln durchsetzen will, also bspw. durch ein Kritik- oder Religionsverbot |
Das wäre ein sicheres Zeichen für Fundamentalismus, ja. Und gibt es so etwas nicht? Zumindest in Form der Verbotsforderung, Religion mit Kindern zu praktizieren?
step hat folgendes geschrieben: | Hier gibt es eine unangenehme und unfaire Asymmetrie zwischen Gläubigen und Ungläubigen. Viele Gläubige (nicht nur Fundis!) sind nicht inhaltlich kritikfähig, wenn es ums Eingemachte geht, also z.B. um die Existenz ihrer Götter, Leben nach dem Tod oder was auch immer sie psychisch besonders brauchen. Gläubige, die hier ein Beleidigungsverbot (über ein Verbot der Hetze hinaus) fordern, können m.E logischerweise nicht gleichzeitig fordern, daß ihre Weltanschauung nicht pathologisiert werden dürfe. |
Ein Beleidigungsverbot (dass ich - über Hetze hinaus - für unnötig halte) müsste (und ist es formal bei uns ja auch, wenn auch nicht praktisch, sonst hätte der Kölner, den man nicht Hassprediger nennen darf, ein Problem) für Inhalte aller, auch atheistischer, Weltanschauungen gleich gelten. Das ist mE durch das Gleichbehandlungsgebot juriostisch geboten. Völlig unabhängig davon finde ich es inhaltlich völlig selbstverständlich, dass sich pauschale Pathologisierungen - ohne Begründung im Einzelfall - in einem sinnvollen gesellschaftlichen Zusammenleben nicht gehören.
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(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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Ralf Rudolfy Auf eigenen Wunsch deaktiviert.
Anmeldungsdatum: 11.12.2003 Beiträge: 26674
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(#913273) Verfasst am: 19.01.2008, 13:03 Titel: |
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Als einen Fundametalisten würde ich jemanden ansehen, der alles von sich weist, was sein Weltbild angreifen könnte, und für den von vornherein keine Argumente zählen, die es in Frage stellen. Ein fundamentalistischer Atheist wäre demnach einer, der die Existenz eines Gottes verneinen würde, selbst wenn sie objektiv bewiesen wäre. Das mags geben, auch wenn ichs mir schwer vorstellen kann.
_________________ Dadurch, daß ein Volk nicht mehr die Kraft oder Willen hat, sich in der Sphäre des Politischen zu halten, verschwindet das Politische nicht aus der Welt. Es verschwindet nur ein schwaches Volk. (Carl Schmitt)
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22261
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(#913275) Verfasst am: 19.01.2008, 13:04 Titel: |
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Jan hat folgendes geschrieben: | tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Ein fundamentalistischer Atheist (meinetwegen auch Naturalist) ist für mich jemand, der seine Weltanschauung für objektiv besser hält als andere |
Ist es nicht Voraussetzung eine Weltanschauung für besser zu halten um sie zur eigenen zu machen? Wenn ich nicht überzeugt wäre, dass der Naturalismus bessere Argumente hat als andere Weltanschauungen, wäre ich ja kein Naturalist. Wobei natürlich alle das Recht haben ihre Weltanschauung für die bessere zu halten. Fundamentalismus würde ich eher durch mangelnde Kritikfähigkeit charakterisieren. |
Der Unterschied liegt a) darin, ob man, wie von genannt, anderen das Recht zugesteht, eine andere Weltanschauung zu haben, ohne sie zu pathologisieren, und aber auch b) in dem Unterschied zwischen "ich (subjektiv, von meinem Standpunkt) bin davon überzeugt, von einem anderen Standpunkt aus mags anders aussehen, und Zweifel sind möglich" und "das ist objektiv so und sicher richtig".
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(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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AntagonisT Master of Disaster
Anmeldungsdatum: 28.09.2005 Beiträge: 5587
Wohnort: 2 Meter über dem Boden
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(#913276) Verfasst am: 19.01.2008, 13:05 Titel: |
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Jan hat folgendes geschrieben: | tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Ein fundamentalistischer Atheist (meinetwegen auch Naturalist) ist für mich jemand, der seine Weltanschauung für objektiv besser hält als andere |
Ist es nicht Voraussetzung eine Weltanschauung für besser zu halten um sie zur eigenen zu machen? Wenn ich nicht überzeugt wäre, dass der Naturalismus bessere Argumente hat als andere Weltanschauungen, wäre ich ja kein Naturalist. Wobei natürlich alle das Recht haben ihre Weltanschauung für die bessere zu halten. Fundamentalismus würde ich eher durch mangelnde Kritikfähigkeit charakterisieren. |
Das sehe ich auch so.
Der Knackpunkt ist doch eher: Welche Schlüsse leite ich aus meiner Anschauung ab, wie verhalte ich mich anderen Anschauungen gegenüber, Toleranz, Kritikfähigkeit, etc..
_________________ “Primates often have trouble imagining an universe not run by an angry alpha male.”
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22261
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(#913277) Verfasst am: 19.01.2008, 13:05 Titel: |
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der kleine Fritz hat folgendes geschrieben: | tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Ein fundamentalistischer Atheist (meinetwegen auch Naturalist) ist für mich jemand, der seine Weltanschauung für objektiv besser hält als andere und sich schon deshalb für berechtigt hält, andere Weltanschauungen zumindest verbal zu kriminalisieren und/oder zu pathologisieren. |
Hallo tillich, was hältst du denn von dieser Fassung:
Ein fundamentalistischer Christ (meinetwegen auch Theist) ist für mich jemand, der seine Weltanschauung für objektiv besser hält als andere und sich schon deshalb für berechtigt hält, andere Weltanschauungen zumindest verbal zu kriminalisieren und/oder zu pathologisieren. |
OK. Deswegen halte ich ja Jungs wie den Typen aus Köln auch für Fundamentalisten.
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(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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Gustav Aermel dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 05.04.2007 Beiträge: 1811
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(#913278) Verfasst am: 19.01.2008, 13:06 Titel: |
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Ralf Rudolfy hat folgendes geschrieben: | Als einen Fundametalisten würde ich jemanden ansehen, der alles von sich weist, was sein Weltbild angreifen könnte, und für den von vornherein keine Argumente zählen, die es in Frage stellen. Ein fundamentalistischer Atheist wäre demnach einer, der die Existenz eines Gottes verneinen würde, selbst wenn sie objektiv bewiesen wäre. Das mags geben, auch wenn ichs mir schwer vorstellen kann. |
Stimmt.
"Atheist ein Fundamentalist sein?"
Nö, wie auch.
Es geht einfach nach dem Muster, bösen Wort mit dem Gegner verbinden, um sie als böse darzustellen.
Oh, Atheisten sind Fundamentalisten, dann verkehre ich mit ihnen nicht.
Es ist halt ganz simpel. Jeden Blödsinn, den man nicht beweisen kann, ist halt Blödsinn.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#913295) Verfasst am: 19.01.2008, 13:28 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Ein Naturalist ist mMn jemand, der im Grundsatz naturwissenschaftliche Herangehens- und Erklärungsweisen für die einzig mögliche Art der Welterschließung hält. Ein Fundamentalist wäre er mE ..., wenn er es für objektiv und beweisbar richtig hät, dass alles, was über die Welt und den Menschen in der Welt gesagt werden kann, in Form wissenschaftlicher Theorien gesagt werden kann (auch wenn bestimmte Theorien immer vorläufig sind) ... |
Und wenn er diese Methodik auch nur für sehr plausibel, vorläufig und derzeit die mit dem besten Ergebnis hält? Wenn er die Methode, in alten Offenbarungsbüchern zu lesen oder um Erleuchtung zu beten einfach für begründet schlechter hält?
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | ... - den Naturalismus notfalls mit radikalen und intoleranten Mitteln durchsetzen will, also bspw. durch ein Kritik- oder Religionsverbot |
Das wäre ein sicheres Zeichen für Fundamentalismus, ja. Und gibt es so etwas nicht? |
Sowas mag es geben, ist aber unter Naturalisten mE eher selten.
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Zumindest in Form der Verbotsforderung, Religion mit Kindern zu praktizieren? |
Hier muß man unterscheiden, wie weit solche Forderungen gehen und wie gut sie begründet sind. Ein Missionierungsverbot in staatlichen Einrichtungen ist mE gut begründet, allein durch das Neutralitätsgebot. Schwieriger ist die Frage, ob Eltern ihre eigenen Kinder aktiv ideologisch indoktrinieren dürfen, oder ob man dadurch das Kind zu früh zu sehr einengt. Ein sehr weitgehendes Verbot in diesem Bereich käme einem Religionsverbot nahe, und man könnte evtl. tatsächlich von einer fundamentalistischen Herangehensweise sprechen, zumal die Grenze zwischen Vorleben und Prägen sehr schwierig zu ziehen ist. Aber auch hier sind die meisten Atheisten eher unpolitisch, und von den politischen Atheisten (Säkularisten) begnügen sich die meisten mit einer Säkularisierung des öffentlichen Raums, solange die Privatreligionen nicht gegen Grundwerte verstoßen.
EDIT: Selbst wenn objektiv erwiesen wäre, daß ein bestimmtes religiöses Denkelement Kindern schadet (z.B. die Vorstellung, daß Gott alles sieht, das bestimmte sexuelle Orientierungen Sünde sind, die Erbsünde, daß Jesus für uns leidet usw.), ist ein Verbot heikel, ähnlich etwa wie es heikel wäre, Eltern eine ungesunde Ernährung ihrer Kinder zu verbieten.
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Hier gibt es eine unangenehme und unfaire Asymmetrie zwischen Gläubigen und Ungläubigen. Viele Gläubige (nicht nur Fundis!) sind nicht inhaltlich kritikfähig, wenn es ums Eingemachte geht, also z.B. um die Existenz ihrer Götter, Leben nach dem Tod oder was auch immer sie psychisch besonders brauchen. Gläubige, die hier ein Beleidigungsverbot (über ein Verbot der Hetze hinaus) fordern, können m.E logischerweise nicht gleichzeitig fordern, daß ihre Weltanschauung nicht pathologisiert werden dürfe. |
Ein Beleidigungsverbot (dass ich - über Hetze hinaus - für unnötig halte) müsste (und ist es formal bei uns ja auch, wenn auch nicht praktisch, sonst hätte der Kölner, den man nicht Hassprediger nennen darf, ein Problem) für Inhalte aller, auch atheistischer, Weltanschauungen gleich gelten. Das ist mE durch das Gleichbehandlungsgebot juristisch geboten. |
Das nützt aber nichts, wenn die Rechte von Theisten und Atheisten eingeschränkt werden. Die Asymmetrie kommt dadurch zustande, daß viele Gläubige z.B. Satire oder Kritik ihrer Grundüberzeugungen als Verletzung AUFFASSEN, während das bei anderen Überzeugungen (Politik, Kunst, ...) normal ist. Manchmal geht es ja soweit, daß sogar gefordert wird, daß man die wissenschaftliche "Wahrheit" nicht mehr sagen darf, aus volksmoralischen Gründen.
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Völlig unabhängig davon finde ich es inhaltlich völlig selbstverständlich, dass sich pauschale Pathologisierungen - ohne Begründung im Einzelfall - in einem sinnvollen gesellschaftlichen Zusammenleben nicht gehören. |
Und ist es eine "ungehörige" Pathologisierung, wenn eine Theorie über die psychischen Mechanismen von Glauben oder die Illusion des Freien Willens publiziert und vielleicht sogar an den Schulen geehrt werden?
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
Zuletzt bearbeitet von step am 19.01.2008, 14:30, insgesamt einmal bearbeitet |
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Botschafter Kosh auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 26.11.2007 Beiträge: 3972
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(#913297) Verfasst am: 19.01.2008, 13:29 Titel: |
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jagy hat folgendes geschrieben: | tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Ein fundamentalistischer Atheist
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Fundamentalisten beliebiger Weltanschauungen |
Problem: Atheismus in der Definition des kleinsten gemeinsamen Nenners ist keine Weltanschauung, sondern nur das fehlen einer Weltanschauung bzw das Nichtvorhandensein eines Glaubens an Gott. |
Ja genau so ist es.
Dewegen halte ich es für einen Fehler daraus eine Pseudoweltanschauung zu basteln.
Diese wird immer angreifbar sein.
Besser ist, eine freigeistige Haltung zu pflegen und sich gar nicht erst festnageln zu lassen.
mfg Kosh
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hehehe registrierter User
Anmeldungsdatum: 26.07.2006 Beiträge: 674
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(#913306) Verfasst am: 19.01.2008, 13:40 Titel: |
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Der Wikipedia-Artikel ist übrigens unbrauchbar. Die Behauptung, dass Fundamentalisten die Trennung zwischen Kirche und Staat aufheben wollen ist historisch gesehen völliger Schwachsinn. Die ersten "Fundamentalisten" waren die Mitglieder der "Worlds Christian Fundamentals Association". Diese Vereinigung wurde nicht nur von einem Baptisten gegründet, sondern zahlreiche Mitglieder waren ebenfalls Baptisten - und damit natürlich für eine strenge Trennung zwischen Kirche und Staat.
Bezeichnend für die evangelikalen Fundamentalisten ist vielmehr eine bedingungslose wortwörtliche Auslegung der hl. Schrift sowie ihrer widerspruchslosen Irrtumslosigkeit.
Analog unterscheidet man in der Politik, etwa bei den Grünen, zwischen den "Fundis" und den "Realos": Die "Fundis" halten radikal an ihren für wahr geglaubten Prinzipien fest, während die "Realos" sich der Situation bzw. "Realität" anpassen und ihre Prinzipien entsprechend auch schonmal über Bord werfen (Pazifismus z.B.).
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hehehe registrierter User
Anmeldungsdatum: 26.07.2006 Beiträge: 674
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(#913310) Verfasst am: 19.01.2008, 13:45 Titel: |
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Zitat: | Ein fundamentalistischer Christ (meinetwegen auch Theist) ist für mich jemand, der seine Weltanschauung für objektiv besser hält als andere |
Als ob Du Deine Weltanschauung nicht für besser halten würdest als z.B. meine - Heuchelei ist das, nix weiter.
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hehehe registrierter User
Anmeldungsdatum: 26.07.2006 Beiträge: 674
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(#913312) Verfasst am: 19.01.2008, 13:46 Titel: |
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Zitat: | Als einen Fundametalisten würde ich jemanden ansehen, der alles von sich weist, was sein Weltbild angreifen könnte, und für den von vornherein keine Argumente zählen, die es in Frage stellen |
DAS ist eine sinnvolle Definition - auch historisch gesehen, schließlich entstand die fundamentalistische Bewegung als Antwort auf liberale Theologie, kritische Bibelexegese und Evolutionstheorie.
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L.E.N. im falschen Film
Anmeldungsdatum: 25.05.2004 Beiträge: 27745
Wohnort: Hamburg
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(#913318) Verfasst am: 19.01.2008, 13:57 Titel: |
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wenn man fundamentalismus mit kritikresistenz gleichsetzte (was ich jetzt einfach mal mache) kann es durchaus atheistische fundamentalisten geben. es wären zwar ausschließlich argumente aus der richtung der agnostiker die der atheist zu "fürchten" hat, doch wenn er diese nicht gelten lässt kann man ihn durchaus als fundi bezeichnen.
da es mMn keine argumente der gläubigen gibt, die einer wissenschaftlichen prüfung standhalten, muss ein nichtfundamentalistischer atheist sie auch nicht berücksichtigen.
vorwürfe von seiten der gläubigen, ein atheist sei fundamentalist können also nur nach hinten losgehen.
_________________ Ich will Gott lästern dürfen! Weg mit §166 StGB!
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L.E.N. im falschen Film
Anmeldungsdatum: 25.05.2004 Beiträge: 27745
Wohnort: Hamburg
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(#913325) Verfasst am: 19.01.2008, 14:09 Titel: |
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Botschafter Kosh hat folgendes geschrieben: | jagy hat folgendes geschrieben: | tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Ein fundamentalistischer Atheist
...
Fundamentalisten beliebiger Weltanschauungen |
Problem: Atheismus in der Definition des kleinsten gemeinsamen Nenners ist keine Weltanschauung, sondern nur das fehlen einer Weltanschauung bzw das Nichtvorhandensein eines Glaubens an Gott. |
Ja genau so ist es.
Dewegen halte ich es für einen Fehler daraus eine Pseudoweltanschauung zu basteln.
Diese wird immer angreifbar sein.
Besser ist, eine freigeistige Haltung zu pflegen und sich gar nicht erst festnageln zu lassen.
mfg Kosh |
hmm. ich kann mich damit nicht anfreunden.
das würde atheismus als alleinige folge des nihilismus darstellen.
es gibt etliche weltanschauungen, die den atheismus beinhalten, die ich aber nicht gut finde.
wenn man den dawkinsschen atheismus der christen (bezogen auf zeus, FSM etc) noch hinzunimmt, sind alle anderen religionen ebenfalls weltanschauungen, die atheismus beinhalten, halt nur bezogen auf alle götter bis auf den richtigen.
_________________ Ich will Gott lästern dürfen! Weg mit §166 StGB!
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Kramer postvisuell
Anmeldungsdatum: 01.08.2003 Beiträge: 30878
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(#913356) Verfasst am: 19.01.2008, 15:21 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Ein fundamentalistischer Atheist (meinetwegen auch Naturalist) ist für mich jemand, der seine Weltanschauung für objektiv besser hält als andere und sich schon deshalb für berechtigt hält, andere Weltanschauungen zumindest verbal zu kriminalisieren und/oder zu pathologisieren. |
Ich bekenne mich schuldig. Zumindest was meine Haltung gegenüber den monotheistischen Religionen betrifft. Ich müsste mich ungesund verbiegen, um denen so etwas wie Gleichrangigkeit zuzugestehen. Dafür sind die einfach zu spleenig.
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Kramer postvisuell
Anmeldungsdatum: 01.08.2003 Beiträge: 30878
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(#913363) Verfasst am: 19.01.2008, 15:26 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: |
Sehr oft neigen Fundamentalisten beliebiger Weltanschauungen dazu, bei anderen Weltanschauungen wiederum nur (oder vor allem) deren Fundamentalisten als "echte" Vertreter ihrer Weltanschauungen wahrzunehmen. |
Genau so ist das. |
Das ist doch bei inkonsequenten Wischiwaschis nicht anders. Für ein Wischiwaschichristen ist nur ein wischiwaschiagnostischer Atheist ein guter Atheist. Konsequenter Atheismus, der sich sogar böserweise für besser hält als irrationaler Götterglaube geht gar nicht. Das ist Fundamentalismus, das ist Pfui.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#913406) Verfasst am: 19.01.2008, 16:39 Titel: |
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Kramer hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: |
Sehr oft neigen Fundamentalisten beliebiger Weltanschauungen dazu, bei anderen Weltanschauungen wiederum nur (oder vor allem) deren Fundamentalisten als "echte" Vertreter ihrer Weltanschauungen wahrzunehmen. |
Genau so ist das. |
Das ist doch bei inkonsequenten Wischiwaschis nicht anders. Für ein Wischiwaschichristen ist nur ein wischiwaschiagnostischer Atheist ein guter Atheist. Konsequenter Atheismus, der sich sogar böserweise für besser hält als irrationaler Götterglaube geht gar nicht. Das ist Fundamentalismus, das ist Pfui. |
"Echt" ≠ Gut
Liberal ≠ Wischiwaschi
Aber ich weiß, Du brauchst den Kampfjargon ab und an. Kein Problem für mich.
Wenn es was zur Sache gibt, steige ich auch inhaltlich ein. ; )
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Kramer postvisuell
Anmeldungsdatum: 01.08.2003 Beiträge: 30878
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(#913414) Verfasst am: 19.01.2008, 16:50 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: |
Liberal ≠ Wischiwaschi |
In der Bibel gibt es keinen Liberalismus. Bei Jesus auch nicht. Liberales Christentum ist ein Wischiwaschichristentum.
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Louseign (-)
Anmeldungsdatum: 02.06.2006 Beiträge: 5585
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(#913429) Verfasst am: 19.01.2008, 17:21 Titel: |
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hehehe hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Ein fundamentalistischer Christ (meinetwegen auch Theist) ist für mich jemand, der seine Weltanschauung für objektiv besser hält als andere |
Als ob Du Deine Weltanschauung nicht für besser halten würdest als z.B. meine - Heuchelei ist das, nix weiter. |
Es gab da bereits vorher eine umgekehrte Äußerung:
Zitat: | Ein fundamentalistischer Atheist (meinetwegen auch Naturalist) ist für mich jemand, der seine Weltanschauung für objektiv besser hält als andere ... |
Logischerweise wäre das in deinen Augen auch Heuchelei. Oder nicht?
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Telliamed registrierter User
Anmeldungsdatum: 05.03.2007 Beiträge: 5125
Wohnort: Wanderer zwischen den Welten
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(#913440) Verfasst am: 19.01.2008, 17:49 Titel: |
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Im Grayling-Artikel heißt es:
Zitat: | So wie es aussieht, sollte sich niemand Atheist nennen. Diese Bezeichnung gibt Theisten bereits einen Punktevorsprung, weil sie zu einer Debatte in ihrem Bereich einlädt. Ein angemessener Begriff ist „Naturalist". |
Für meinen Teil würde ich eher eine Bezeichnung wie "Nichtreligiös" oder "Nichtgläubig" verwenden.
Es kommt darauf an: Wer fragt mich danach?
Der, der von "unserem gemeinsamen christlichen Abendland" sülzt und mich dafür vereinnahmen will.
Die Klassenlehrerin bei der Einteilung zum Religionsunterricht.
Das Finanzamt mit einer Eintragung auf der Steuerkarte.
Das Arbeitsamt, das stillschweigend von einer Konfessionszugehörigkeit ausgeht.
Für viele ist ein Motiv, sich näher mit der Thematik zu befassen, die Abwehr von Zumutungen der beiden Großkirchen in Deutschland, die ihren Einfluss auf Gebieten behalten haben oder ihn auf weitere Gebiete ausdehnen, der ihnen meiner Auffassung nicht zusteht (Eindringen in Schulen und andere Erziehungsstätten, religiöse Formeln im staatl. Bereich, Bevorzugungen von Staats wegen, Kirchensteuereintreibung, Steuerkarten, Soldatenseelsorge usw. usw.). Zunächst also hier in der eine Verteidigungsposition von Nichtgläubigen in "unserer christlichen BRD" (in Anlehnung an: "unsere sozialistische DDR", drittgrößtes Land der Welt, die mit "U" anfingen), in Hinsicht auf die Kirchen konfessionslosen Menschen.
Insofern geht für mich das Schlagwort vom "fundamentalistischen Atheismus" ins Leere.
Andere beschäftigen sich viel mehr, oft mit wissenschaftlichen Methoden, mit den natürlichen Voraussetzungen für die Entstehung des Weltalls, des Lebens, der Arten, des Menschen, und nehmen dabei eine aktive Haltung ein. Sie treten in die Öffentlichkeit.
In letzter Zeit werden diese Aktivitäten erfreulich in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Viel kommt auf diesem Gebiet aus England. Hier kann man dann von "Naturalisten" sprechen.
Wieder andere kommen hier mit speziellen Islam-Problemen an.
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22261
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(#913451) Verfasst am: 19.01.2008, 18:27 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Und ist es eine "ungehörige" Pathologisierung, wenn eine Theorie über die psychischen Mechanismen von Glauben oder ... und vielleicht sogar an den Schulen geehrt werden? |
Damit habe ich keine Probleme - wofern diese Theorie innerhalb der Psychologie und eben auch auf die psychischen Mechanismen des Nichtglaubens angewendet wird, will heißen: Wenn das merkwürdige Phänomen, dass Menschen nicht religiös sind, derselben psychologischen Ursachenforschung unterzogen wird wie das merkwürdige Phänomen, dass Menschen religiös sind, und nicht eine Entscheidung, was von beidem inhaltlich richtiger wäre (was eine solche Untersuchung mE nicht entscheiden kann), präjudiziert würde.
step hat folgendes geschrieben: | ... die Illusion des Freien Willens publiziert ... |
Das wiederum, ob und wie man von einem freien Willen sprechen kann, halte ich für eine philosophische Frage, die empirisch nicht beantwortet werden kann (das führte mir aber hier zu weit). Natürlich mag jedermann von mir aus die Meinung vertreten, man könne nicht sinnvoll davon reden. SOlange er nicht meint, diejenigen, die das doch tun, hätten eine psychische Störung.
_________________ "YOU HAVE TO START OUT LEARNING TO BELIEVE THE LITTLE LIES." -- "So we can believe the big ones?" -- "YES."
(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#913462) Verfasst am: 19.01.2008, 19:11 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Damit habe ich keine Probleme - wofern diese Theorie innerhalb der Psychologie und eben auch auf die psychischen Mechanismen des Nichtglaubens angewendet wird, will heißen: Wenn das merkwürdige Phänomen, dass Menschen nicht religiös sind, derselben psychologischen Ursachenforschung unterzogen wird wie das merkwürdige Phänomen, dass Menschen religiös sind, und nicht eine Entscheidung, was von beidem inhaltlich richtiger wäre (was eine solche Untersuchung mE nicht entscheiden kann), präjudiziert würde. |
Das möchte ich aber gern noch genauer ausloten. Wenn Du gesagt hättest "auch auf die psychischen Mechanismen anderer Ideologien/Letztbegründungssysteme angewendet", dann hätte ich zugestimmt. Selbst bei "Vergöttlichung der WIssenschaft" könnte ich dem noch etwas abgewinnen. So aber habe ich den Verdacht, daß Du hier präjudizierst, insofern Du eine nichtvorhandene Symmetrie behauptest bzw. aus Fairnessgründen o.ä. forderst, denn ein Atheist behauptet ja gerade keine übernatürlichen Phänomene und sucht nicht nach unhinterfragbaren Letztbegründungen (jedenfalls nicht aus seinem Unglauben heraus), was gibt es da also zu entmystifizieren? Man könnte in puncto Ursachen höchstens erforschen, warum er keinen Aberglauben hat, ob er damit glücklicher/unglücklicher ist o.ä.
Zum Inhaltlichen: Aus wissenschaftlicher Sicht sind religiöse Behauptungen kein Tabu oder spielen "in einer anderen Liga", sie sind entweder falsifizierbar oder sinnlos. Die Wissenschaft macht vor der Widerlegung der falsifizierbaren Glaubensbehauptungen nicht halt, nur um sie zu schützen. Wenn sie eine gute Theorie/Erklärung für das Zustandekommen von Glauben hat, und es keine Belege für Götter gibt, dann sind die Glaubensinhalte damit vorläufig widerlegt. Die Bezeichnung "Illusion" oder "Einbildung" ist dann gerechtfertigt und nicht mehr nur eine Behauptung, die ebenso valide ist wie die Glaubensbehauptungen.
Wenn in solch einer Situation jemand doch an den Glaubensinhalten festhält, dann kann man diese abergläubisch-irrationalistische Haltung damit erklären, daß sein Wunsch nach Halt, Liebe oder nach bestimmten Befriedigungserlebnissen stärker wirkt als sein Wunsch nach einem realistischen Weltmodell oder nach intellektueller Redlichkeit. Das ist lebenspraktisch zwar mglw. legitim, aber weltanschaulich-diskursiv nicht. "Psychische Störung" scheint mir idZ aber der falsche Begriff, denn sonst müßte man viele andere irrationale Fehleinschätzungen ebenso benennen, z.B. wenn man sich alle mögl. tollen EIgenschaften in eine Geliebten reindichtet, oder wenn man sich nach dem Genuß von Alkohol gern mal ganz toll findet.
Den Begriff "psychische Storung" würde ich idZ für extreme Fälle wie ecclesiogene Neurosen (können auch Atheisten haben!) und dgl. vorbehalten.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#913470) Verfasst am: 19.01.2008, 19:31 Titel: |
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@tillich: Diese von dir postulierte Symmetrie beruft sich ja auf eine wissenschaftliche (hier psychologische, evtl neurologische) Diskussion, d.h. mit der Forderung...
Zitat: | Wenn das merkwürdige Phänomen, dass Menschen nicht religiös sind, derselben psychologischen Ursachenforschung unterzogen wird wie das merkwürdige Phänomen, dass Menschen religiös sind, und nicht eine Entscheidung, was von beidem inhaltlich richtiger wäre (was eine solche Untersuchung mE nicht entscheiden kann), präjudiziert würde. |
... gehst du ja von der Wissenschaftlichkeit des religiösen Glaubens aus?!
Ich halte das für eine brisante Forderung, ehrlich gesagt. Der religiöse Glaube wird nicht aus Bosheit oder Arroganz für unwissenschaftlich erklärt, wie step schon ausführlicher dargelegt hat.
Ich denke an dieser Stelle übrigens, dass Glaube keine Anomalie ist, der man als "merkwürdiges Phänomen" auf den Grund gehen muss. Ich sehe das als archaische Denktradition, derer manche angehören und manche nicht, da gibt es nichts klinisch zu untersuchen und das Konstruieren einer theistischen/atheistischen Symmetrie in Bezug auf objektive, wissenschaftliche Diskussionen, ist hier weder erforderlich noch ratsam.
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