Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen |
Autor |
Nachricht |
narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
|
(#93685) Verfasst am: 20.02.2004, 13:27 Titel: |
|
|
Na bitte ich habs richtig eingeschätzt *freu*
|
|
Nach oben |
|
 |
Volker Bekennender Atheist
Anmeldungsdatum: 29.07.2003 Beiträge: 190
Wohnort: Würzburg
|
(#94228) Verfasst am: 21.02.2004, 16:09 Titel: |
|
|
Nachtrag und Ergänzungen:
Meine bisherigen Argumente (bis auf Nr. 18) sind nicht spezifisch auf das Christentum ausgerichtet, sie lassen sich meist auch auf andere Religionen - Judentum, Islam, Hinduismus - übertragen, mal mehr, mal weniger gut (das Argument des Unglaubens und das Theodizeeproblem können beispielsweise dem Hinduismus nichts anhaben, das Theodizeeproblem kann kaum gegen den Islam verwendet werden, aber da wiederum das Argument des Unglaubens etc.)
Außerdem habe ich ein gutes Argument vergessen:
19. Die Vielfalt der Religionen - in gewisser Hinsicht ist das in 13. bereits enthalten bzw. 13. erklärt, warum das ein Argument gegen den Wahrheitsgehalt der Religionen insgesamt ist. Wir leben in einer Welt - wenn eine Theorie universellen Anspruch auf Wahrheit hat, dann müsste man dies an einer Konvergenz der Ansichten erkennen können (es gibt nur eine Physik, eine Biologie, aber tausende von Religionen mit zehntausenden von Gottheiten). Alternativ, wenn man subjektive Wahrheitstheorien gelten lassen würde, dann existiert eben [I]für mich[I] kein Gott - Ende der Diskussion. Siehe auch Die Vielfalt der Religionen aus atheistischer Sicht. Selbst wenn man sich auf das Christentum beschränkt, dann macht dessen Vielfalt es einem kaum möglich, sich für eine spezifische Variante zu entscheiden.
Es gibt natürlich noch spezifische Einwände gegen das Christentum selbst, wie etwa Argument 18 oder die Geschichte des Christentums, etwa die Gründe, die Historizität von Jesus zu bestreiten oder die der Auferstehung, die (Ver)Fälschungen des Glaubens, die Historizität der Bibel, die Kirchengeschichte, die Wundergeschichte u. v. a. m. Aber mir erscheinen Angriffe auf das Fundament (beispielsweise den Glauben) als sehr viel aussichtsreicher.
_________________ Die erste Sünde der Menschheit war Glauben, ihre erste Tugend war Zweifel.
|
|
Nach oben |
|
 |
Sokrateer souverän
Anmeldungsdatum: 05.09.2003 Beiträge: 11649
Wohnort: Wien
|
(#94243) Verfasst am: 21.02.2004, 16:42 Titel: |
|
|
Was verstehst du unter dem Zangenargument?
Das vielleicht:
Behauptung: Gott hat Gutes erschaffen, daher ist Gott gut.
Einwand: Gott hat Schlechtes erschaffen, daher ist Gott böse.
Ich finde das sollte man eher das Papageienargument nennen.
|
|
Nach oben |
|
 |
frajo dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 25.08.2003 Beiträge: 11440
|
(#94266) Verfasst am: 21.02.2004, 17:27 Titel: |
|
|
Volker hat folgendes geschrieben: | 1. Bayes Theorem - warum und unter welchen Umständen kann man etwas glauben? |
das ist ein argument für das individuum, nicht für eine ganze gesellschaft.
m.a.w. es muß dem indiviuum überlassen bleiben, unter welchen umständen es etwas glaubt (solange der restlichen gesellschaft dadurch kein schaden entsteht).
in einundderselben situation mag person A etwas nicht glauben, während person B es glaubt.
Zuletzt bearbeitet von frajo am 21.02.2004, 21:10, insgesamt einmal bearbeitet |
|
Nach oben |
|
 |
Volker Bekennender Atheist
Anmeldungsdatum: 29.07.2003 Beiträge: 190
Wohnort: Würzburg
|
(#94346) Verfasst am: 21.02.2004, 20:41 Titel: |
|
|
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Was verstehst du unter dem Zangenargument? |
Nehmen wir das Theodizeeproblem - das selbst ist noch kein Zangenargument. Aber nehmen wir an, wir haben eine Lösung für das Theodizeeproblem, also eine gelungene Theodizee. Ich vereinfache das Ganze jetzt mal - nehmen wir an, das Argument des freien Willens sei eine "perfekte" Lösung des Problems.
Problem: Wie kann ein allmächtiger und liebender Gott die Übel der Welt zulassen?
Lösung: Er will den Menschen nicht den freien Willen nehmen, also lässt er sie Böses tun. Würde er immer eingreifen, dann nähme er den Menschen den freien Willen, Böses zu tun. Da der freie Willen ein "höheres Gut" ist, wichtig damit die Menschen in freier Verantwortung Gutes tun, ist das Entstehen von Übeln damit gerechtfertigt.
Akzeptieren wir diese Lösung (nur um der Erklärung des Arguments willen). Und nun drehen wir das Problem um:
Problem: Wie kann ein allmächtiger und bösartiger Gott das Gute in der Welt zulassen?
Lösung: Er will den Menschen nicht den freien Willen nehmen, also lässt er sie Gutes tun. Würde er immer eingreifen, dann nähme er den Menschen den freien Willen, Böses zu tun. Da der freie Willen ein "höheres Gut" ist, wichtig damit die Menschen in freier Verantwortung Böses tun, ist das Entstehen von Gutem damit gerechtfertigt.
Die Lösung erklärt nun sowohl die Vereinbarkeit der Übel mit einem guten Gott als auch die Vereinbarkeit des Guten mit einem bösen Gott. Anders gesagt, auch wenn sich die Lösung völlig plausibel anhört, "erklärt" sie zwei völlig gegensätzliche Dinge und kann daher nicht gültig sein. Das Argument setzt sich selbst Patt bzw. hebt sich auf, es ist damit weder ein Argument für noch gegen einen guten Gott. Damit ist aber die Lösung des Problems gescheitert ...
Das kann man auf viele Dinge übertragen. Wir haben die Lösung gleichsam "in die Zange genommen".
Behauptung: Die vielen Wunder des Christentums beweisen die Wahrheit des Christentums.
Wenn diese Behauptung stimmt - wir akzeptieren sie wieder einfach mal - dann beweisen die Wunder des Islam die Wahrheit des Islam, die Wunder des Hinduimus die Wahrheit des Hinduismus, die Wunder des Buddhismus die Wahrheit des Buddhismus, die Wunder des Jainismus die Wahrheit des Jainismus usw. usf.
Nun widersprechen sich diese Religionen aber fundamental. Sie könne nicht alle gleichzeitig wahr sein. Also deuten die Wunder nicht auf die Wahrheit der Religionen, sie heben sich gegenseitig auf.
Die meisten Atheisten machen den Fehler, die Wunder selbst anzugreifen. Nun macht der Theist eine Behauptung nach der anderen, und nie gelingt es dem Atheisten, diese alle zu widerlegen. Nach einiger Zeit wird daraufhin der Theist den Sieg für seine Position reklamieren ...
Mit dem obigen Argument nimmt er sich aber selbst "in die Zange". Denn jetzt muss er die Wunder aller anderen Religionen bestreiten - eine unmögliche Aufgabe. Tut er es nicht, muss er zugeben, dass sein Argument fehlgeschlagen ist, denn er möchte ja gerade nicht behaupten, dass alle anderen Religionen auch wahr sind.
Statt Wunder kann man auf dieselbe Art und Weise auch Märtyrer, Offenbarungen, die Lebenspraxis, die Moral usw. usf. nehmen.
Taktisch gesehen ist man nun im Vorteil - denn die Theisten kennen es schon, dass ihre Behauptungen angegriffen werden. Akzeptiert man sie und dreht man sie um, dann ist er hilflos, weil er mit seinen eigenen Waffen geschlagen wird. Und findet er ein richtig gutes Argument, um die Wunder anderer Religionen anzuzweifeln, so kann man danach dieses Argument gegen seine eigenen Wunderbehauptungen anführen. Entweder, er gibt zu, dass das Argument nicht so gelungen ist, dann ist sein Angriff auf die anderen Wunder gescheitert, oder er gibt zu, dass das Argument gut ist, dann muss er es gegen seine eigenen Wunder akzeptieren. Wieder steckt er in der Klemme ...
Natürlich benutzt das Argument die Logik. Aber nehmen wir einmal an, die Logik gilt nicht für das, worauf es ankommt (Gott z. B.). Wenn aber die Logik nicht gilt, um A zu widerlegen, dann gilt die Logik auch nicht, um ~A zu widerlegen. Folglich muss beides wahr sein, sowohl A als auch ~A. Also kann ich es akzeptieren, dass die Logik nicht gilt - und damit hat er keine Argumente mehr, um das Gegenteil zu seiner Position anzugreifen oder zurückzuweisen. Aber soweit zu gehen, dass Gott nun existiert und nicht existiert gleichzeitig wird er dann nicht gehen wollen. Und abermals steckt er in der Klemme ... zwischen den Backen einer Zange.
Macht man damit nicht seine eigene Position angreifbar? Ja, wenn man ähnliche Fehler begeht, wie sie im Theismus stecken, dann passiert das. Es ist aber nur eine bestimmte Klasse von Argumenten damit angreifbar (aber eben die Mehrheit der theistischen Argumente). Allgemeiner gesagt, jedes Argument, dass nicht auf Fakten beruht, ist anfällig für ein Zangenargument.
Lustig wird es, wenn jemand behauptet, dass etwas wahr ist, weil man daran glaubt. Man muss eben an Gott glauben, damit man sehen kann, dass er existiert - um eine gängige Argumentationsschiene zu benutzen. Ok, wir akzeptieren das und drehen es herum: Man muss eben an die Nichtexistenz von Gott glauben, damit man sehen kann, dass es ihn nicht gibt. Ich glaube an die Nichtexistenz Gottes. Nun wird der Theist sagen: "Ja, der Atheismus ist auch nur ein Glauben!". Wieso nur? Bedeutet das nicht, dass Glauben nur ein schwaches Argument ist für die Nichtexistenz Gottes? Wenn ja, dann ist der Glauben an Gott aber auch nur ein schwaches Argument. Wenn nein, dann ist es ein starkes Argument für die Nichtexistenz Gottes, wenn ich nicht an ihn glaube. Wenn man sagt, der Atheismus sei auch nur ein Glauben, dann wertet man damit den Glauben ab. Das gilt natürlich auch für den Glauben an Gott - auch das ist nur ein Glauben. Wenn es doch mehr sein sollte, dann gilt dieses "Mehr" auch für meinen Nichtglauben ...
Und jedes Argument, mit dem man etablieren kann, dass dies nur für den Glauben an Gott gilt, etabliert man zugleich wieder das Gegenteil, ich kann jedes dieser Argumente aufgreifen und selbst verwenden. Und wenn ich es nicht kann, dann weil das Argument offensichtlich wertlos ist, was seine Position schwächt.
Und nun als Übung für den Leser:
Ich behaupte, dass Gott existiert. Begründung: Du kannst das Gegenteil nicht beweisen. Und nun nehmt mich in die Zange ... das ist doch einfach, oder? Selbst wenn in einer Diskussion ein überraschendes Argument auftaucht: Aufgreifen, akzeptieren, umdrehen - in den meisten Fällen reicht das schon aus, um das Argument zu widerlegen oder abzuschwächen. Das ist eine gute Übung.
_________________ Die erste Sünde der Menschheit war Glauben, ihre erste Tugend war Zweifel.
|
|
Nach oben |
|
 |
Volker Bekennender Atheist
Anmeldungsdatum: 29.07.2003 Beiträge: 190
Wohnort: Würzburg
|
(#94347) Verfasst am: 21.02.2004, 20:50 Titel: |
|
|
frajo hat folgendes geschrieben: | Volker hat folgendes geschrieben: | 1. Bayes Theorem - warum und unter welchen Umständen kann man etwas glauben? |
das ist ein argument für das individuum, nicht für eine ganze gesellschaft.
m.a.w. es muß dem indiviuum überlassen bleiben, unter welchen umständen es etwas glaubt (solange der restlichen gesellschaft dadruch kein schaden entsteht).
in einundderselben situation mag person A etwas nicht glauben, während person B es glaubt. |
Ja, das sehe ich auch so. Sobald ich aber anfange, meinen Glauben gegenüber mehr als einer Person zu äußern, muss ich ihn auch rechtfertigen - andernfalls kommen wir nie zu einer Einigung. Das müssen wir nicht, aber was ist im Konfliktfall? Was ist, wenn wir uns einigen müssen?
Religion und Glauben ist Privatsache und als solche und nur als solche unantastbar. Damit kann man positive wie auch negative Religionsfreiheit begründen. Bewegen wir uns in den öffentlichen Raum, dann sieht die Sache anders aus (öffentlich ist alles, was von den Konsequenzen her nicht nur mich, sondern auch andere Personen betrifft).
Glauben kann zwar Konflikte hervorbringen und schüren, ist aber gänzlich ungeeignet, um Konflikte zu lösen, wenn wir keine Methode haben, zu einer Konvergenz der Meinungen der zu kommen. Und dazu braucht man nunmal Tatsachen und Argumente, keinen Glauben.
Das habe ich ausgeführt in: Der Glauben als Konflikt.
_________________ Die erste Sünde der Menschheit war Glauben, ihre erste Tugend war Zweifel.
|
|
Nach oben |
|
 |
step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
|
(#94350) Verfasst am: 21.02.2004, 20:59 Titel: |
|
|
Volker hat folgendes geschrieben: | Glauben kann zwar Konflikte hervorbringen und schüren, ist aber gänzlich ungeeignet, um Konflikte zu lösen, wenn wir keine Methode haben, zu einer Konvergenz der Meinungen der zu kommen. Und dazu braucht man nunmal Tatsachen und Argumente, keinen Glauben. |
Glauben kann sicherlich nicht dazu beitragen, eine umstrittene "Wahrheit" zu entscheiden. Doch kann Glauben andere Konflikte auf andere Art lösen, sogar zu einer Konvergenz der Meinungen führen, etwa indem sich eine Glaubensgruppe einem gemeinsamen Ziel oder einer vorgegebenen Moral disziplinierter unterwirft, als dies vernünftige Ungläubige tun würden.
Die Nachteile liegen natürlich ebenso auf der Hand: die Gefahr besonderer Aggressivität gegen Nicht- oder Andersgläubige, Ausbeutung wird erleichtert, kein Fortschritt usw.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
|
|
Nach oben |
|
 |
frajo dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 25.08.2003 Beiträge: 11440
|
(#94368) Verfasst am: 21.02.2004, 21:50 Titel: |
|
|
Volker hat folgendes geschrieben: | frajo hat folgendes geschrieben: | Volker hat folgendes geschrieben: | 1. Bayes Theorem - warum und unter welchen Umständen kann man etwas glauben? |
das ist ein argument für das individuum, nicht für eine ganze gesellschaft.
m.a.w. es muß dem indiviuum überlassen bleiben, unter welchen umständen es etwas glaubt (solange der restlichen gesellschaft dadruch kein schaden entsteht).
in einundderselben situation mag person A etwas nicht glauben, während person B es glaubt. |
Ja, das sehe ich auch so. Sobald ich aber anfange, meinen Glauben gegenüber mehr als einer Person zu äußern, muss ich ihn auch rechtfertigen - andernfalls kommen wir nie zu einer Einigung. Das müssen wir nicht, aber was ist im Konfliktfall? Was ist, wenn wir uns einigen müssen? |
hier flichst du mehrere sonderfälle ein.
[1]person A äußert ihren glauben gegenüber personen B und C.
[1.1] person A wurde von B und/oder C danach gefragt.
dann besteht keine notwendigkeit für A, ihren glauben zu rechtfertigen. person A hätte genausogut die erbetene auskunft verweigern oder leugnen können.
[1.2] person A äußerte sich, ohne danach gefragt worden zu sein.
[1.2.1] dies ficht B und C nicht weiter an.
[1.2.2] B oder C fühlen sich gestört. dann sollte A begründen können, was sie veranlaßte.
mithin besteht rechtfertigungsbedarf nur in einer teilmenge aller denkbaren fälle.
[2] eine einigung ist in der überwiegenden mehrzahl aller fälle von informationsaustausch nicht erforderlich. wenn ich schwarze socken trage, du rote, und wir uns gegenseitig darüber informieren, kann es dabei bleiben, ohne daß irgendjemand einen schaden zu befürchten hat.
[3] zu konflikten wegen verschiedener glaubensansichten muß es i.a. nicht kommen.
bei näherem besehen stellt sich in den sattsam bekannten historischen fällen, wo konflikte im zusammenhang mit verschiedenen glaubensansichten auftraten (und -treten) immer heraus, daß der glaubenszwietracht materielle und machtinteressen zugrundeliegen.
m.e. ist glauben im konfliktfall ein aggressionsverstärker, jedoch kein aggressionsverursacher.
betrachten wir die geschichte als experimentierfeld. gibt es einen einzigen fall, wo eine glaubensgemeinschaft macht oder materielle güter anstrebte, obwohl der kampf darum voraussehbar ihre ressourcen überstieg?
wäre der glauben per se aggressionsverursachend, so müßten sich in der geschichte beispiele auftreiben lassen, wo eine gläubige gesellschaft unprovozierte aggressionen beging, obwohl sie sich das von ihren ressourcen her nicht leisten konnte.
mir ist ein solcher fall jedoch nicht bekannt. im gegenteil, die kleinen glaubensgemeinschaften sind häufig musterbeispiele von friedfertigkeit. (z.b. die quäker.)
von daher gelange ich zur auffassung, daß nicht der glaube an sich es ist, der unheil über die menschheit bringt, sondern das unselige konkubinat von glaube und macht.
Zitat: | Glauben kann zwar Konflikte hervorbringen und schüren, |
genau diese aussage bitte ich, präzise zu überdenken. ist es wirklich der glaube an sich? ist es nicht vielmehr das amalgam aus glaube und macht?
Zitat: | ist aber gänzlich ungeeignet, um Konflikte zu lösen, wenn wir keine Methode haben, zu einer Konvergenz der Meinungen der zu kommen. |
eine konvergenz von meinungen halte ich weder für erforderlich noch für erstrebenswert.
dagegen ist eine konvergenz des verhaltensrepertoires im konfliktfall unbedingt erforderlich.
Zitat: | Und dazu braucht man nunmal Tatsachen und Argumente, keinen Glauben. |
mir gefällt der begriff "lösungen" nicht. er hat einen utilitaristischen und einen martialischen beigeschmack.
m.e. bleibt uns nichts anderes übrig, als uns weiterhin um einen globalen verhaltenskodex zu bemühen. auch wenn die tonangebenden kreise der westlichen wertegemeinschaft mit ihren wohlwollend helfenden wählern derzeit viel wertvolles porzellan zertrampeln.
ein von jeder macht entkoppelter glaube ist m.e. kein hindernis auf dem weg zu einem globalen verhaltensstandard im konfliktfall.
die macht selbst, verkörpert durch die jeweils sie manifestierenden menschen, ist es, die destruktiv wirkt. der glaube spielt keine eigenständige rolle; er wird nur usurpiert.
allerdings läßt er sich leicht usurpieren. daher müssen die gläubigen, wollen sie ernst genommen werden in der entwicklung der menschheit, jedem beischlaf mit der macht entsagen.
|
|
Nach oben |
|
 |
kamelpeitsche Weapon of Mass Discussion
Anmeldungsdatum: 15.11.2003 Beiträge: 4555
Wohnort: Devil's Dancefloor
|
(#94374) Verfasst am: 21.02.2004, 22:15 Titel: |
|
|
Volker hat folgendes geschrieben: | Er will den Menschen nicht den freien Willen nehmen, also lässt er sie Böses tun. Würde er immer eingreifen, dann nähme er den Menschen den freien Willen, Böses zu tun. |
Und was ist mit Menschen, die von einem Blitz getroffen werden?
_________________ "Was immer jeder Einzelne mitbringen will an Prägung oder Anderssein - einem kollektiven Imperativ enzieht es sich mit Sicherheit"
|
|
Nach oben |
|
 |
Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
|
(#94378) Verfasst am: 21.02.2004, 22:24 Titel: |
|
|
Es wäre eine ziemliche Qual, im Paradies zu leben. Wenn man alles abzieht, was Menschen einander antun, ist ein gewisses Restrisiko durch die Natur ganz angenehm.
|
|
Nach oben |
|
 |
kamelpeitsche Weapon of Mass Discussion
Anmeldungsdatum: 15.11.2003 Beiträge: 4555
Wohnort: Devil's Dancefloor
|
(#94382) Verfasst am: 21.02.2004, 22:37 Titel: |
|
|
Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Es wäre eine ziemliche Qual, im Paradies zu leben. Wenn man alles abzieht, was Menschen einander antun, ist ein gewisses Restrisiko durch die Natur ganz angenehm. |
Natürlich, aber wenn Gott doch weiß, dass Menschen einander Böses antun, braucht es das Restrisiko nicht.
_________________ "Was immer jeder Einzelne mitbringen will an Prägung oder Anderssein - einem kollektiven Imperativ enzieht es sich mit Sicherheit"
|
|
Nach oben |
|
 |
Volker Bekennender Atheist
Anmeldungsdatum: 29.07.2003 Beiträge: 190
Wohnort: Würzburg
|
(#94394) Verfasst am: 21.02.2004, 23:06 Titel: |
|
|
step hat folgendes geschrieben: | Volker hat folgendes geschrieben: | Glauben kann zwar Konflikte hervorbringen und schüren, ist aber gänzlich ungeeignet, um Konflikte zu lösen, wenn wir keine Methode haben, zu einer Konvergenz der Meinungen der zu kommen. Und dazu braucht man nunmal Tatsachen und Argumente, keinen Glauben. |
Glauben kann sicherlich nicht dazu beitragen, eine umstrittene "Wahrheit" zu entscheiden. |
Ja, auf diese Art von Konflikten wollte ich es auch eingeschränkt wissen. Aber Wahrheit ist natürlich auch für moralische Fragen relevant (wie jeder Krimileser weiß).
Zitat: | Doch kann Glauben andere Konflikte auf andere Art lösen, sogar zu einer Konvergenz der Meinungen führen, etwa indem sich eine Glaubensgruppe einem gemeinsamen Ziel oder einer vorgegebenen Moral disziplinierter unterwirft, als dies vernünftige Ungläubige tun würden. |
Ja, das stimmt natürlich.
Zitat: | Die Nachteile liegen natürlich ebenso auf der Hand: die Gefahr besonderer Aggressivität gegen Nicht- oder Andersgläubige, Ausbeutung wird erleichtert, kein Fortschritt usw. |
Und die (wohl kaum zu entscheidende) Streitfrage ist: Ist die Gesamtbilanz positiv oder negativ? Und löst der Glauben nicht oft Konflikte, die ohne ihn nicht erst entstanden wären?
Nehmen wir mal ein Beispiel: "Beliebt" bei vielen Weißen ist der Glauben an die Überlegenheit der eigenen Rasse. Durch Tatsachen ist dieser Glauben mehr als nur schlecht gestützt, im Gegenteil. Wenn man nun den Leuten einredet, es sei Ok, etwas zu glauben, ohne dafür angemessene Beweise zu haben, dann fördert man damit nicht nur den - moralisch gesehen - positiven Glauben, seinen Nächsten lieben zu müssen wie sich selbst, sondern ebenso den Rassismus (wenn auch nur indirekt). Ist es also wünschenswert, wenn Menschen an Dinge glauben, ohne dafür ausreichende Beweise zu haben? Was ist, wenn das zur Gewohnheit wird? Schleichen sich dann nicht auch zwangsläufig Ansichten ein wie die der "Überlegenheit" der weißen Rasse?
Wer also behauptet, es sei "gut", etwas ohne Beweise zu glauben, der fördert damit vielleicht mehr, als er ahnt oder gutfinden kann ...
_________________ Die erste Sünde der Menschheit war Glauben, ihre erste Tugend war Zweifel.
|
|
Nach oben |
|
 |
Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
|
(#94395) Verfasst am: 21.02.2004, 23:08 Titel: |
|
|
OK, Kamelpeitsche. Ich hab mich redlich bemüht. Ich weiß auch nicht, wie Gott zugleich allmächtig und allgütig sein kann. Vielleicht sollten wir uns ein paar Typen vom Kath.Net holen.
|
|
Nach oben |
|
 |
Volker Bekennender Atheist
Anmeldungsdatum: 29.07.2003 Beiträge: 190
Wohnort: Würzburg
|
(#94398) Verfasst am: 21.02.2004, 23:15 Titel: |
|
|
kamelpeitsche hat folgendes geschrieben: | Volker hat folgendes geschrieben: | Er will den Menschen nicht den freien Willen nehmen, also lässt er sie Böses tun. Würde er immer eingreifen, dann nähme er den Menschen den freien Willen, Böses zu tun. |
Und was ist mit Menschen, die von einem Blitz getroffen werden? |
Mir ging es nicht darum, eine wirkliche Lösung des Theodizeeproblems anzusprechen, sondern nur zu zeigen, dass man die Lösung auch dann anzweifeln kann, wenn man keine der Prämissen bestreitet.
Das sind die zwei verschiedenen Möglichkeiten:
(1) Bestreite die Prämissen.
(2) Akzeptiere die Prämissen und wende das Zangenargument an.
Der Punkt ist: Wenn man (2) erfolgreich durchführt, dann ist ohnehin klar, dass etwas mit den Prämissen nicht stimmen kann. Man bekommt damit eine zusätzliche Rechtfertigung dafür, die Prämissen anzugreifen. Das ist in einer Diskussion immer von Vorteil, wenn man den Anderen dazu bringen kann, seine eigenen Prämissen in Zweifel zu ziehen.
Zusätzlich hat das natürlich auch die Wirkung, dass man seinem Gegenüber signalisiert, dass man bereit ist, wenigstens mal versuchsweise sich auf seine Sicht der Dinge einzulassen.
_________________ Die erste Sünde der Menschheit war Glauben, ihre erste Tugend war Zweifel.
|
|
Nach oben |
|
 |
Volker Bekennender Atheist
Anmeldungsdatum: 29.07.2003 Beiträge: 190
Wohnort: Würzburg
|
(#94488) Verfasst am: 22.02.2004, 12:10 Titel: |
|
|
Das Hauptargument gegen den freien Willen ist natürlich, dass es diesen entweder nicht gibt, oder dass dieser, falls es ihn doch geben sollte, irrelevant ist. Denn man müsste zunächst einmal nachweisen, dass es einen bewussten Willen überhaupt gibt. Das aber ist, wenn man die ganzen Argumente zusammenträgt, sehr, sehr schwer. Siehe auch:
Wegner, Daniel M.: 2002, The Illusion of Conscious Will, Bradford Book, Cambridge.
Ein unbewusst und nicht bewusstseinsfähiger "freier Willen" wäre nämlich keiner, sondern allenfalls ein unbewusster Einflussfaktor, der uns teils gegen das, was uns bewusst ist, beeinflusst. Also etwas, was unsere Handlungen "chaotisiert", weil es uns zu Handlungen antreibt, die frei von allen Überlegungen betreffs der Konsequenzen sind.
Das Zangenargument macht nur plausibel, warum die Lösungsversuche mit dem freien Willen letztlich scheitern müssen.
_________________ Die erste Sünde der Menschheit war Glauben, ihre erste Tugend war Zweifel.
|
|
Nach oben |
|
 |
narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
|
(#94502) Verfasst am: 22.02.2004, 12:31 Titel: |
|
|
Wie soll das Bewusstsein, das sich ja nur über das Empfangen der Sinneswahrnehmungne definiert auch in der Lage sein selbst zu handeln?
|
|
Nach oben |
|
 |
Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
|
(#94523) Verfasst am: 22.02.2004, 13:39 Titel: |
|
|
Volker hat folgendes geschrieben: |
(2) Akzeptiere die Prämissen und wende das Zangenargument an.
|
Was ist das Zangenargument und wie wendet man es an?
|
|
Nach oben |
|
 |
narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
|
(#94526) Verfasst am: 22.02.2004, 13:44 Titel: |
|
|
Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Volker hat folgendes geschrieben: |
(2) Akzeptiere die Prämissen und wende das Zangenargument an.
|
Was ist das Zangenargument und wie wendet man es an? | http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=94346#94346
|
|
Nach oben |
|
 |
Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
|
(#94531) Verfasst am: 22.02.2004, 13:57 Titel: |
|
|
narziss hat folgendes geschrieben: | Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Volker hat folgendes geschrieben: |
(2) Akzeptiere die Prämissen und wende das Zangenargument an.
|
Was ist das Zangenargument und wie wendet man es an? | http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=94346#94346 |
Oups!
|
|
Nach oben |
|
 |
Volker Bekennender Atheist
Anmeldungsdatum: 29.07.2003 Beiträge: 190
Wohnort: Würzburg
|
(#94550) Verfasst am: 22.02.2004, 14:48 Titel: |
|
|
frajo hat folgendes geschrieben: | mithin besteht rechtfertigungsbedarf nur in einer teilmenge aller denkbaren fälle. |
Ja, dem stimme ich zu. Ein Rechtfertigungsbedarf besteht nur für Ansichten, die (erhebliche) Konsequenzen für das Leben Dritter haben. Alles, was Dritten nicht potenziell schaden kann, bedarf nicht der Rechtfertigung.
Beispiel: Wenn ich Abtreibung für Sünde halte, dann ist diese Ansicht mein gutes Recht - ich muss ja nicht abtreiben. Wenn ich diese Ansicht aber zur Norm in der Gesellschaft erheben will, dann brauche ich eine Begründung dafür. Und diese Begründung sollte von der Art sein, dass sie auch jemand mit einer anderen Ansicht sie akzeptieren kann! Ich kann mich also nicht auf meinen Glauben berufen, wenn es eine hinreichend große Zahl von Atheisten gibt, die derartige Begründungen nicht anerkennen (wiederum aus guten Gründen).
Aber dass ich selbst keine Abtreibung gutheisse oder vornehmen will, dafür brauche ich keine Rechtfertigung.
Zitat: | [2] eine einigung ist in der überwiegenden mehrzahl aller fälle von informationsaustausch nicht erforderlich. wenn ich schwarze socken trage, du rote, und wir uns gegenseitig darüber informieren, kann es dabei bleiben, ohne daß irgendjemand einen schaden zu befürchten hat. |
Ja. Ich schade Dir nicht mit meinen Socken, Du schadest mir nicht mit Deinen Socken. Es gibt also keinen Konflikt. Sollte ich einen Konflikt sehen, müsste ich das begründen Kann ich das nicht (und es würde mir im Beispiel auch schwer fallen), dann dürfen wir jeder unsere Socken tragen.
Zitat: | [3] zu konflikten wegen verschiedener glaubensansichten muß es i.a. nicht kommen. |
Nein, solange man seine Ansichten nicht dazu benutzt, das Leben anderer zu reglementieren, denn dies könnte ihnen ja Schaden zufügen.
Zitat: | bei näherem besehen stellt sich in den sattsam bekannten historischen fällen, wo konflikte im zusammenhang mit verschiedenen glaubensansichten auftraten (und -treten) immer heraus, daß der glaubenszwietracht materielle und machtinteressen zugrundeliegen. |
Mag sein. Angenommen, dem wäre so. Dann dient der Glauben aber immer noch der Rechtfertigung des Konflikts selbst, und das sollte nicht so sein. Es ist außerdem sehr schwer - oft unmöglich - Glaubenskonflikte und materielle Interessen sauber voneinander zu trennen.
Zitat: | m.e. ist glauben im konfliktfall ein aggressionsverstärker, jedoch kein aggressionsverursacher. |
Ja. Glauben ist nicht oder sehr selten (alleine) die Ursache von Konflikten. Glauben kann aber die vorhandenen Konflikte verstärken.
Zitat: | betrachten wir die geschichte als experimentierfeld. gibt es einen einzigen fall, wo eine glaubensgemeinschaft macht oder materielle güter anstrebte, obwohl der kampf darum voraussehbar ihre ressourcen überstieg? |
Ja - der zweite Weltkrieg.
Zitat: | wäre der glauben per se aggressionsverursachend, so müßten sich in der geschichte beispiele auftreiben lassen, wo eine gläubige gesellschaft unprovozierte aggressionen beging, obwohl sie sich das von ihren ressourcen her nicht leisten konnte. |
Wie wäre es mit den Kreuzzügen?
Zitat: | mir ist ein solcher fall jedoch nicht bekannt. im gegenteil, die kleinen glaubensgemeinschaften sind häufig musterbeispiele von friedfertigkeit. (z.b. die quäker.) |
Ja, Glauben kann auch Konflikte vermindern oder vermeiden. Er ist zu beidem gut, aber man muss auch beide Seiten sehen.
Zitat: | von daher gelange ich zur auffassung, daß nicht der glaube an sich es ist, der unheil über die menschheit bringt, sondern das unselige konkubinat von glaube und macht. |
Ja, auch das finde ich richtig.
Zitat: | Glauben kann zwar Konflikte hervorbringen und schüren, |
genau diese aussage bitte ich, präzise zu überdenken. ist es wirklich der glaube an sich? ist es nicht vielmehr das amalgam aus glaube und macht?
Zitat: | eine konvergenz von meinungen halte ich weder für erforderlich noch für erstrebenswert. |
Ja, das sehe ich auch so.
Zitat: | dagegen ist eine konvergenz des verhaltensrepertoires im konfliktfall unbedingt erforderlich. |
Eben - und nur darum ging es mir. In diesem Fall ist der Glauben aber eher hinderlich als förderlich, wenn zusätzlich ein Glaubenskonflikt besteht. Allerdings hat der Glauben in der Geschichte der christlichen Konflikte auch wenig dazu beigetragen, diese zu verhindern, obwohl er theoretisch dazu geeignet wäre.
Zitat: | Zitat: | Und dazu braucht man nunmal Tatsachen und Argumente, keinen Glauben. |
mir gefällt der begriff "lösungen" nicht. er hat einen utilitaristischen und einen martialischen beigeschmack. |
Ich betrachte alles Leben als Problemlösen, was selbstverständlich einen utilitaristischen Beigeschmack hat.
Zitat: | m.e. bleibt uns nichts anderes übrig, als uns weiterhin um einen globalen verhaltenskodex zu bemühen. auch wenn die tonangebenden kreise der westlichen wertegemeinschaft mit ihren wohlwollend helfenden wählern derzeit viel wertvolles porzellan zertrampeln. |
Ja.
Zitat: | ein von jeder macht entkoppelter glaube ist m.e. kein hindernis auf dem weg zu einem globalen verhaltensstandard im konfliktfall.
die macht selbst, verkörpert durch die jeweils sie manifestierenden menschen, ist es, die destruktiv wirkt. der glaube spielt keine eigenständige rolle; er wird nur usurpiert. |
Wenn man nicht noch den Glauben hätte, dann gäbe es ein Instrument weniger, um Konflikte zu schüren.
Zitat: | allerdings läßt er sich leicht usurpieren. daher müssen die gläubigen, wollen sie ernst genommen werden in der entwicklung der menschheit, jedem beischlaf mit der macht entsagen. |
Ja, Zustimmung.
_________________ Die erste Sünde der Menschheit war Glauben, ihre erste Tugend war Zweifel.
|
|
Nach oben |
|
 |
|