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Uriziel Herpiderpi
Anmeldungsdatum: 22.12.2007 Beiträge: 1728
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(#949576) Verfasst am: 07.03.2008, 15:51 Titel: Re: Was für Werte haben wir? Brauchen wir Werte und Moral? |
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Gott_der_Luecke hat folgendes geschrieben: | weil ich das als wichtigen Kritikpunkt finde, dass Religion durchaus Werte hat und für die Menschen in der Regel etwas Gutes möchte und Atheisten gerne vorgeworfen wird keine Werte zu haben, sondern im Gegenteil total böse und gierige Menschen sind.
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Ironischerweise sind "sehr böse", "sehr gewalttätige" und "sehr gierige" Menschen nicht selten ziemlich gläubig.
Beispiel: "Bush".
Au', nicht mit der Anti-Ami-Keule nach mir schlagen >.< ich bin ja schon still...
Zitat: |
Also sie sehen uns als Menschen, die andere ausbeuten und sich keine Gedanken um die Welt machen und sowieso total egoistisch sind.
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Oh!
Da stimmt ein wenig was bei mir:
- Ich "bin" Egoist.
- Ich "bin" Atheist.
Aber ich mache mir Gedanken um die Umwelt, jedesmal wenn ich ein Kaugummi- oder Bonbon-Papier in die Tasche stecke, statt es auf'm Feldweg in's Gras zu werfen.
Und ausgebeutet habe "ich" meines Wissens noch nie jemanden. Ich bin ein ganz kleiner Arbeitnehmer in Deutschland. Ich "kann" gar nicht ausbeuten... ... eher muss ich aufpassen, nicht "ausgebeutet zu werden" ...
Zitat: |
Ich weiß ja nicht was ihr darüber denkt, aber ich finde Religion in manchen Bereiche einfach sehr gutherzig und sind wir das eigentlich auch in der breiten Masse?
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Och, wenn sich die Horden der Gesellschaft(en) nicht denkfaul' von irgendwelchen Schwätzern gegen irgendwelche, andere Menschen aufhetzen lassen, dann kann die breite Masse im Grunde eigentlich schon ziemlich nett sein...
... nur müssen eben Dinge wie Respekt im Alltag vor dem ganz normalen Mitmenschen dazu gehören. Mit der Einstellung fängt es an...
Zitat: |
Also ich möchte niemand seine Werte vorschreiben, aber ich finde es gut welche zu haben oder?
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Es ist nicht verkehrt/verboten, wenn du sagst, was du gut findest...
Zitat: |
Ich finde wir sollten die Welt überzeugen, dass man auch ohne Religion ein guter Mensch sein kann.
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Unmöglich!
Es gibt viel zu viele "schwache" Menschen, die ohne die Religion gar keine Lebenskraft, keinen Lebensmut hätten
Von da aus gesehen hat die Religion echt was gutes. Sie bietet psychisch schwachen Unterschlupf und Geborgenheit und das reduziert widerrum Dinge wie die Selbstmordrate...
Zitat: |
Ich finde wir sollten dieses Image vom bösen Menschen so schnell wie möglich loswerden, weil nur so kann man etwas erreichen oder seid ihr sogar schon dabei?
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Och es ist ganz einfach, zu begründen das "wir" Atheisten nicht böse sind ^^
Wir fliegen zum Beispiel nicht mit Jumbo-Jet's in Hochhäuser, bringen unsere Frauen nicht um, selbst wenn sie uns nur Töchter und keine Söhne schenken und wir müssen auch nicht beten, nur um zu wissen, das wir an etwas "glauben"
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
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(#949787) Verfasst am: 07.03.2008, 21:54 Titel: |
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Er_Win hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Würdest Du denn wenigstens zustimmen, daß nichts anderes als die Physik das Gesamtverhalten bestimmt, auch wenn es unberechenbar ist? | Ja gerne, aber was habe ich von dieser "Aussage" ? Die sagt nichts wesentliches aus - "Physik" ist doch nur eine spezielle Betrachtungsweise, bzw. ein bestimmtes Forschungsgebiet. Ich glaube nicht, dass Bewußtsein irgendetwas "göttliches" benötigt - ist es das, was du meinst ? |
Nein, ich meine, daraus folgt, daß es sich bei den von Dir angesprochenen Phänomenen um reine Epiphänomene handelt. Du hast weiter oben einen kategorischen Unterschied zu ziehen versucht zwischen "einfachen" und "komplexen, selbstorganisierenden" emergenten Phänomenen. Für mich ist das aber nur ein gradueller Unterschied. So kann jemand, der wenig über die Physik der Eiskristalle oder über Fraktale weiß, die vielfältigen Formen von Schneeflocken oder Juliamengen für komplex selbstorganiserend und irreduzibel halten.
Er_Win hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Im Bewußtsein spielt der quantenmechanische Zufall aber keine Rolle, ebensowenig wohl beim Wetter und bei den meisten makroskopischen Phänomenen. |
Wie kommst du zu dieser Auffassung ? |
Durch mein Studium der theoretischen Quantenphysik
Er_Win hat folgendes geschrieben: | ... aber das Forschungsgebiet um Quanteneffekte ist auch noch ziemlich neu und focusiert momentan eher im Bereich der Physik/Kosmologie und weniger im systemtheoretischen Bereich - eigentlich schade. |
Das liegt aber in der Natur der Sache: Im mesokosmischen Bereich (normale Entfernungen, Zeiten, Drücke, Temperaturen usw.) wird die Physik im wesentlichen von Eigenwerten und Mittelwerten bestimmt. Die Zustände im Gehirn beipielsweise erlauben keine kohärenten Zustände über Ausdehnung und Reaktionszeiten von Neuronen hinweg. Das Gehirn arbeitet daher im wesentlichen dekohärent, im Gegensatz etwa zu einem Quantencomputer. Bereits daraus können wir schließen, daß - wie auch immer Bewußtsein genau funktioniert - Quanteneffekte dabei extrem ausgemittelt werden. Ich habe das hier im Forum schon ausführlich belegt, z.B. damals in der Diskussion mit Quanten-George über Penrose, Hameroff & Co.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
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(#949944) Verfasst am: 08.03.2008, 00:54 Titel: |
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Mal eine Anmerkung am Rande dazu:
step hat folgendes geschrieben: | Nein, ich meine, daraus folgt, daß es sich bei den von Dir angesprochenen Phänomenen um reine Epiphänomene handelt. Du hast weiter oben einen kategorischen Unterschied zu ziehen versucht zwischen "einfachen" und "komplexen, selbstorganisierenden" emergenten Phänomenen. Für mich ist das aber nur ein gradueller Unterschied. |
Du verwendest "Epiphänomen" wohl synonym zu "emergentes Phänomen", aber die Bedeutung ist mE eine andere:
Wikipedia hat folgendes geschrieben: | Als Epiphänome bezeichnet man Entitäten, die zwar eine Ursache, aber selbst keine Wirkung haben. Dabei gibt es zwei verschiedene Verwendungsweisen des Begriffs. |
Besonders verwirrend finde ich Deine Verwendung in Bezug auf das Bewusstsein, denn es gibt einige Philosophen, die das Bewusstsein als Epiphänomen im obigen Sinne ansehen (hat keinerlei Auswirkungen) - siehe auch den Wikipedia-Artikel. Wenn Du das nicht so meinst, dann solltest Du vielleicht, um Missverständnisse zu vermeiden, den Begriff in diesem Zusammenhang nicht mehr verwenden.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
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(#950155) Verfasst am: 08.03.2008, 11:45 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Mal eine Anmerkung am Rande dazu:
step hat folgendes geschrieben: | Nein, ich meine, daraus folgt, daß es sich bei den von Dir angesprochenen Phänomenen um reine Epiphänomene handelt. Du hast weiter oben einen kategorischen Unterschied zu ziehen versucht zwischen "einfachen" und "komplexen, selbstorganisierenden" emergenten Phänomenen. Für mich ist das aber nur ein gradueller Unterschied. |
Du verwendest "Epiphänomen" wohl synonym zu "emergentes Phänomen", aber die Bedeutung ist mE eine andere:
Wikipedia hat folgendes geschrieben: | Als Epiphänome bezeichnet man Entitäten, die zwar eine Ursache, aber selbst keine Wirkung haben. Dabei gibt es zwei verschiedene Verwendungsweisen des Begriffs. |
Besonders verwirrend finde ich Deine Verwendung in Bezug auf das Bewusstsein, denn es gibt einige Philosophen, die das Bewusstsein als Epiphänomen im obigen Sinne ansehen (hat keinerlei Auswirkungen) - siehe auch den Wikipedia-Artikel. Wenn Du das nicht so meinst, dann solltest Du vielleicht, um Missverständnisse zu vermeiden, den Begriff in diesem Zusammenhang nicht mehr verwenden. |
Ja, da gebe ich Dir einigermaßen recht, es ist nicht dasselbe. Ich benutze "Epiphänomen" aber manchmal so, um zu implizieren, daß mE auch die Wirkung des Epiphänomens nichts anderes ist als die emergente Wirkung seiner konstituierenden Teile.
Wenn ich den von Dir verlinkten Artikel so durchlese, kann ich der These, Bewußtsein sein ein Epiphänomen, durchaus etwas abgewinnen. Insbesondere sind die Einwände von Bieri et al. für mich nicht nachvollziehbar.
Die dort angegeben Grafik scheint mir korrekt:
Und daß der Epiphänomenalismus auf den ersten Blick "kontraintuitiv" ist, liegt an der Reifizierung, zu der wir (beim Thema Person und auch beim Bewußtsein) neigen: Da der physikalische Zustand komplex ist und da wir seine Verursachung des Mentalen Zustands noch nicht verstehen, reifizieren wir den Mentalen Zustand und interpretieren diesen als z.B. "handelnd".
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
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(#950320) Verfasst am: 08.03.2008, 17:15 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Ja, da gebe ich Dir einigermaßen recht, es ist nicht dasselbe. Ich benutze "Epiphänomen" aber manchmal so, um zu implizieren, daß mE auch die Wirkung des Epiphänomens nichts anderes ist als die emergente Wirkung seiner konstituierenden Teile. |
Aber es gibt nun mal laut Definition keine Wirkung eines Epiphänomens.
step hat folgendes geschrieben: | Wenn ich den von Dir verlinkten Artikel so durchlese, kann ich der These, Bewußtsein sein ein Epiphänomen, durchaus etwas abgewinnen. Insbesondere sind die Einwände von Bieri et al. für mich nicht nachvollziehbar. |
Der Epiphänomenalismus ist eine dualistische Position und beißt sich mit monistischen Positionen.
step hat folgendes geschrieben: | Und daß der Epiphänomenalismus auf den ersten Blick "kontraintuitiv" ist, liegt an der Reifizierung, zu der wir (beim Thema Person und auch beim Bewußtsein) neigen: Da der physikalische Zustand komplex ist und da wir seine Verursachung des Mentalen Zustands noch nicht verstehen, reifizieren wir den Mentalen Zustand und interpretieren diesen als z.B. "handelnd". |
Nur bedeutet Epiphänomenalismus nun mal, es gäbe eine Einbahnstraße von physischen zu davon losgelösten psychischen Zuständen, was konkret bedeutet, dass a) psychische Zustände verzichtbar seien, da sozusagen nur ein Abfallprodukt der physischen Zustände und b) ich mir dann auch keinen Grund denken kann, warum mentale Zustände nicht vollkommen beliebig sein können.
Mentale Zustände könnten natürlich trotz der Kontraintuitivität ein Epiphänomen sein, nur führt sich diese Ansicht mMn schlicht selber ad absurdum, denn wenn Gedanken völlig beliebig sind, dann natürlich auch der Gedanke des Epiphänomenalismus.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#950358) Verfasst am: 08.03.2008, 18:38 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Und daß der Epiphänomenalismus auf den ersten Blick "kontraintuitiv" ist, liegt an der Reifizierung, zu der wir (beim Thema Person und auch beim Bewußtsein) neigen: Da der physikalische Zustand komplex ist und da wir seine Verursachung des Mentalen Zustands noch nicht verstehen, reifizieren wir den Mentalen Zustand und interpretieren diesen als z.B. "handelnd". |
Nur bedeutet Epiphänomenalismus nun mal, es gäbe eine Einbahnstraße von physischen zu davon losgelösten psychischen Zuständen, was konkret bedeutet, dass a) psychische Zustände verzichtbar seien, da sozusagen nur ein Abfallprodukt der physischen Zustände und b) ich mir dann auch keinen Grund denken kann, warum mentale Zustände nicht vollkommen beliebig sein können. |
Letzteres leuchtet mir nicht ein: Die physikalischen Zustände (in und außerhalb des Gehirns) produzieren halt nur ganz bestimte mentale Zustände, ebenso wie es auch nur eine begrenzte Menge von Schneflockenformen gibt.
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Er_Win dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 31.01.2008 Beiträge: 4482
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(#950436) Verfasst am: 08.03.2008, 21:00 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Er_Win hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Würdest Du denn wenigstens zustimmen, daß nichts anderes als die Physik das Gesamtverhalten bestimmt, auch wenn es unberechenbar ist? | Ja gerne, aber was habe ich von dieser "Aussage" ? Die sagt nichts wesentliches aus - "Physik" ist doch nur eine spezielle Betrachtungsweise, bzw. ein bestimmtes Forschungsgebiet. Ich glaube nicht, dass Bewußtsein irgendetwas "göttliches" benötigt - ist es das, was du meinst ? |
Nein, ich meine, daraus folgt, daß es sich bei den von Dir angesprochenen Phänomenen um reine Epiphänomene handelt. Du hast weiter oben einen kategorischen Unterschied zu ziehen versucht zwischen "einfachen" und "komplexen, selbstorganisierenden" emergenten Phänomenen. Für mich ist das aber nur ein gradueller Unterschied. So kann jemand, der wenig über die Physik der Eiskristalle oder über Fraktale weiß, die vielfältigen Formen von Schneeflocken oder Juliamengen für komplex selbstorganiserend und irreduzibel halten. |
Ja, ich sehe einen strukturellen Unterschied zwischen Systemen, die geeignet sind Emergenz zu "produzieren" und anderen.
Zitat: |
Er_Win hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Im Bewußtsein spielt der quantenmechanische Zufall aber keine Rolle, ebensowenig wohl beim Wetter und bei den meisten makroskopischen Phänomenen. |
Wie kommst du zu dieser Auffassung ? |
Durch mein Studium der theoretischen Quantenphysik
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Ist das nicht eher ein (Grenz-)bereich der gar nicht Ziel und Inhalt des Studienplans ist - also jetzt speziell die Frage inwieweit die klare Abgrenzbarkeit gegeben ist, oder eher aus der (gemittelten) Art der makroskopischen Betrachtung keine Rolle spielt. Zitat: |
Er_Win hat folgendes geschrieben: | ... aber das Forschungsgebiet um Quanteneffekte ist auch noch ziemlich neu und focusiert momentan eher im Bereich der Physik/Kosmologie und weniger im systemtheoretischen Bereich - eigentlich schade. |
Das liegt aber in der Natur der Sache: Im mesokosmischen Bereich (normale Entfernungen, Zeiten, Drücke, Temperaturen usw.) wird die Physik im wesentlichen von Eigenwerten und Mittelwerten bestimmt. Die Zustände im Gehirn beipielsweise erlauben keine kohärenten Zustände über Ausdehnung und Reaktionszeiten von Neuronen hinweg. Das Gehirn arbeitet daher im wesentlichen dekohärent... |
Du siehst also die Neuronen als "Schranke" dessen an, ab der es erst sinnvoll ist, das System in seiner Struktur zu betrachten ?
Könnte man sagen, daß du an den Laplaceschen Dämon "glaubst" ?
Das Problem mit Leuten wie Penrose ist ja nicht der grundsätzliche systemtheoretische Aspekt, daß sie meinen Quanteneffekte könnten auch makroskopische Relevanz haben, sondern die unausgegorenen Theorien des "Wie". Aber auch da sehe ich in der strikten Polarisierung, die mir (systemtheoretisch *fg* ) als Revierkämpfe erscheinen, keine legitime wissenschaftliche Motivation.
Erwin
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
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(#950496) Verfasst am: 08.03.2008, 22:12 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Nur bedeutet Epiphänomenalismus nun mal, es gäbe eine Einbahnstraße von physischen zu davon losgelösten psychischen Zuständen, was konkret bedeutet, dass a) psychische Zustände verzichtbar seien, da sozusagen nur ein Abfallprodukt der physischen Zustände und b) ich mir dann auch keinen Grund denken kann, warum mentale Zustände nicht vollkommen beliebig sein können. |
Letzteres leuchtet mir nicht ein: Die physikalischen Zustände (in und außerhalb des Gehirns) produzieren halt nur ganz bestimte mentale Zustände, ebenso wie es auch nur eine begrenzte Menge von Schneflockenformen gibt. |
"Ist halt so" magst Du als Grund ansehen - mir aber scheint das überhaupt nicht plausibel zu sein.
Wenn Gedanken nicht auf Gedanken aufbauen, wenn also nicht ein Gedanke aus einem anderen Gedanken folgt, wenn nicht ein Gedanke auf einem anderen aufbaut; wenn ein Gedanke nichts bewirkt, auch keinen anderen Gedanken, wenn eine Schlussfolgerung also demnach logischerweise nicht möglich ist, dann ist mMn auch keine Argumentation möglich. Es sei denn, wir würden aus irgend einem uns prinzipiell unergründlichen Zufall/Gesetz meist richtig liegen.
Klar kann man gauben, dass man zufällig immer richtig liegt mit dem, was einem die physikalischen Prozesse gerade vorgeben. Könnte immerhin sein. Aber warum sollte man? Wieso, weshalb und warum? Einfach nur so? Um das zu glauben, bin ich wohl zu rational.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
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(#950576) Verfasst am: 08.03.2008, 23:42 Titel: |
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Er_Win hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Im Bewußtsein spielt der quantenmechanische Zufall aber keine Rolle, ebensowenig wohl beim Wetter und bei den meisten makroskopischen Phänomenen. |
Ist das nicht eher ein (Grenz-)bereich der gar nicht Ziel und Inhalt des Studienplans ist - also jetzt speziell die Frage inwieweit die klare Abgrenzbarkeit gegeben ist, oder eher aus der (gemittelten) Art der makroskopischen Betrachtung keine Rolle spielt. |
Hier geht es aber eben nicht um den Grenzbereich, sondern es ist einfach thermodynamisch nicht möglich.
Er_Win hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Im mesokosmischen Bereich (normale Entfernungen, Zeiten, Drücke, Temperaturen usw.) wird die Physik im wesentlichen von Eigenwerten und Mittelwerten bestimmt. Die Zustände im Gehirn beipielsweise erlauben keine kohärenten Zustände über Ausdehnung und Reaktionszeiten von Neuronen hinweg. Das Gehirn arbeitet daher im wesentlichen dekohärent... |
Du siehst also die Neuronen als "Schranke" dessen an, ab der es erst sinnvoll ist, das System in seiner Struktur zu betrachten ? |
Natürlich nicht. Emergente Phänomene gibt es auf höheren Skalen ebenso, z.B. Schwarmverhalten oder Galaxienformen. Auch im Bewußtsein kann ich mir emergente Phänomene vorstellen. Aber eben keine durch Quanteneffekte induzierte.
Er_Win hat folgendes geschrieben: | Könnte man sagen, daß du an den Laplaceschen Dämon "glaubst" ? |
Nein. Ich meine, daß die Physik die einfachste Simulation ihrer selbst ist, weswegen eine totale Berechenbarkeit vermutlich überkomplex ist. Dennoch denke ich, daß die Beziehungen zwischen den Weltzuständen zu unterschiedlichen Raumzeitpunkten durch physikalische Beziehungen gegeben sind.
Er_Win hat folgendes geschrieben: | Das Problem mit Leuten wie Penrose ist ja nicht der grundsätzliche systemtheoretische Aspekt, daß sie meinen Quanteneffekte könnten auch makroskopische Relevanz haben, sondern die unausgegorenen Theorien des "Wie". |
Klar haben Quanteneffekte eine mnkroskopische Relevanz. Durch ihre Eigenwerte und durch ihre Statistik. Und bei sehr exotischen Objekten, etwa beim Urknall oder bei schwarzen Löchern.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
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(#950585) Verfasst am: 08.03.2008, 23:50 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Die physikalischen Zustände (in und außerhalb des Gehirns) produzieren halt nur ganz bestimte mentale Zustände, ebenso wie es auch nur eine begrenzte Menge von Schneflockenformen gibt. | ... Wenn Gedanken nicht auf Gedanken aufbauen, wenn also nicht ein Gedanke aus einem anderen Gedanken folgt, wenn nicht ein Gedanke auf einem anderen aufbaut; wenn ein Gedanke nichts bewirkt, auch keinen anderen Gedanken, wenn eine Schlussfolgerung also demnach logischerweise nicht möglich ist, dann ist mMn auch keine Argumentation möglich. Es sei denn, wir würden aus irgend einem uns prinzipiell unergründlichen Zufall/Gesetz meist richtig liegen.
Klar kann man gauben, dass man zufällig immer richtig liegt mit dem, was einem die physikalischen Prozesse gerade vorgeben. Könnte immerhin sein. Aber warum sollte man? Wieso, weshalb und warum? Einfach nur so? Um das zu glauben, bin ich wohl zu rational. |
Nicht "zufällig". Und man liegt auch nicht immer richtig mit dem, was das Gehirn vorgibt. Sondern man liegt nur dann mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit richtig, wenn im Gehirn eine gute Theorie dazu vorliegt. Diese hat sich durch Erfahrung, Selektion, kulturelle Tradition usw. gebildet.
Dein Argument müßte konsequenterweise zu einer großen Verwunderung darüber führen, warum alle Tiere sich bewegen und fortpflanzen, könnten doch die physikalischen Prozesse auch etwas ganz anderes vorgeben.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
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(#950641) Verfasst am: 09.03.2008, 00:48 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Nicht "zufällig". Und man liegt auch nicht immer richtig mit dem, was das Gehirn vorgibt. Sondern man liegt nur dann mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit richtig, wenn im Gehirn eine gute Theorie dazu vorliegt. Diese hat sich durch Erfahrung, Selektion, kulturelle Tradition usw. gebildet. |
Nehmen wir uns noch einmal die Grafik aus der Wikipedia vor, die den Epiphänomenalismus verdeutlichen soll:
Das Wesentliche hierbei ist, dass es keinerlei Zusammenhang zwischen dem mentalen Zustand A und dem mentalen Zustand B gibt. Es gibt nur kausale Zusammenhänge zwischen den physischen Zuständen A, B und C (die wir wohl normalerweise in unserem Alltag nicht kennen und/oder beschreiben können). Genau das bedeutet eben auch definitionsgemäß Epiphänomenalismus: der mentale Zustand A darf keine Auswirkung haben, er steht nur für sich, er darf nicht den mentalen Zustand B verursachen/beeinflussen, weil, wenn er das täte, hätte er eine Auswirkung und dann wäre es kein Epiphänomenalismus mehr.
Um das mal konkreter zu machen: der mentale Zustand A sei eine Abwägung von Argumenten und der mentale Zustand B sei eine Schlussfolgerung aus A. Der E. behauptet nun, (so wie ich das verstehe), dass die Abwägung A unabhängig von der Schlussfolgerung B sein müsse, weil A keinerlei Auswirkungen haben dürfe.
Man kann nun zwar glauben, die (voneinander unabhängigen) mentalen Zustände A und B ergäben irgendwie einen Sinn, aber ich sehe wirklich keinen Grund, warum das anzunehmen sei. Wenn sie nur ein Epiphänomen wären (d.h. keinerlei Auswirkungen hätten!), dann hielte ich es für viel wahrscheinlicher, dass sie entweder vollkommen beliebig oder auch gar nicht vorhanden wären, (natürlich nur, wenn man denn einen solchen Dualismus, wie ihn der E. postuliert, als wahr ansieht!).
step hat folgendes geschrieben: | Dein Argument müßte konsequenterweise zu einer großen Verwunderung darüber führen, warum alle Tiere sich bewegen und fortpflanzen, könnten doch die physikalischen Prozesse auch etwas ganz anderes vorgeben. |
Nein, wieso? Die physikalischen Prozesse sind ja mMn sozusagen evolutionär determiniert. Nur wieso die mentalen Zustände irgend einen Sinn ergeben sollten, wenn sie keinerlei Auswirkungen haben, wie der Epiphänomenalismus behauptet, will mir nicht einleuchten.
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Er_Win dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 31.01.2008 Beiträge: 4482
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(#950864) Verfasst am: 09.03.2008, 13:02 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Er_Win hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Im Bewußtsein spielt der quantenmechanische Zufall aber keine Rolle, ebensowenig wohl beim Wetter und bei den meisten makroskopischen Phänomenen. |
Ist das nicht eher ein (Grenz-)bereich der gar nicht Ziel und Inhalt des Studienplans ist - also jetzt speziell die Frage inwieweit die klare Abgrenzbarkeit gegeben ist, oder eher aus der (gemittelten) Art der makroskopischen Betrachtung keine Rolle spielt. |
Hier geht es aber eben nicht um den Grenzbereich, sondern es ist einfach thermodynamisch nicht möglich. |
Kannst du das kurz erläutern ? Ich kann keinen informationsverarbeitungs- bzw. systemtechnischen Aspekt i.d. klassischen Thermodynamik erkennen, der QM-Effekte bezogen auf die Gesamtsystemsicht zwingend verhindert.
Zitat: |
Er_Win hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | [...] Das Gehirn arbeitet daher im wesentlichen dekohärent... |
Du siehst also die Neuronen als "Schranke" dessen an, ab der es erst sinnvoll ist, das System in seiner Struktur zu betrachten ? |
[...] Auch im Bewußtsein kann ich mir emergente Phänomene vorstellen. Aber eben keine durch Quanteneffekte induzierte. |
Das wollte ich so auch gar nicht andeuten, vorallem "induziert" wäre ein völlig falscher Begriff in dem Zusammenhang. Die Systemeigenschaft (wenn man den Begriff verwenden will) "induziert" die Emergenz. Also Strukturanalogon würde ich auch sagen, dass ein chaotisches System das Chaos induziert, nicht aber "der Schmetterlingsflügel"
Zitat: |
Er_Win hat folgendes geschrieben: | Könnte man sagen, daß du an den Laplaceschen Dämon "glaubst" ? |
Nein. Ich meine, daß die Physik die einfachste Simulation ihrer selbst ist, weswegen eine totale Berechenbarkeit vermutlich überkomplex ist. Dennoch denke ich, daß die Beziehungen zwischen den Weltzuständen zu unterschiedlichen Raumzeitpunkten durch physikalische Beziehungen gegeben sind. |
Keinerlei Einspruch, aber eine Ergänzung, der vorallem die down-top richtungsbezogene und einschränkende nur physikalische Sichtweise betrifft.
Bewußtsein als reines Epiphänomen (i.d. auch von A.P. bzw. Wikipedia, gemeinten Weise) halte ich aus systemtheoretischer, informationstechnischer Sicht für ausgemachten Unsinn, da es die (einfach nachweisbaren) Rückkoppungs- bzw. Steuerungsmechanismen des (Selbst-)Bewußtseins, die von der "obersten" Systemschicht (also dem Bewußtsein) ausgehen, quasi übersieht. Ich kann ganz bewußt zB. meine Aufmerksamkeit lenken und das wird sich dann auch in gewisser neuronaler Aktivität ausdrücken.
Und dem Sinne verstehe ich Bewußtsein als emergentes Phänomen von (hirnartig) komplexen Systemen das selbst auch wieder die Fähigkeit besitzt (informationstechnisch gesehen) emergente "Ideen" zu produzieren. Natürlich bietet die Physik den (reduktionistisch gesehenen) Träger bzw. Rahmen des Systems, aber nicht in der (Kausal-)Vorstellung eines determinierenden Reduktionismus.
Das soll jetzt aber wiederum nicht heißen, das ich einem Leib-Seele Dualismus das Wort rede, sondern nur, daß in einem komplexen System auf "höheren" Ebenen Effekte und Phänomene auftreten, die auf den "unteren" Ebenen keine Bedeutungsentsprechung haben, aber sehr wohl mit denen wechselwirken.
Die Interpretationen, die qua fMRT u.a. neuronalen Messungen seitens einiger Neurobiologen getroffen werden, scheinen mir in dem Zusammenhang ähnlich kurzsichtig bis naiv, als wollte ich mich der informationstechnischen Bedeutung des Internets qua Messungen von Speicherzuständen nähern, oder wäre der Ansicht, irgendein - zwar nicht berechenbarer - Determinismus sei reduktionistischer Weise in einer reduzieblen Weise so vorhanden, daß sich die Bedeutung des Internets wesentlich durch hardwareseitige Speicherzustände erklären liesse.
Erkenntnistheoretisch interessanter ist auch da die systemisch "umgekehrte" Sicht auf das Internet, nämlich daß sich dessen Bedeutung klarerweise auch in Speicherzuständen der beteiligten Hardware ausdrückt und widerspiegelt.
Erwin
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#950880) Verfasst am: 09.03.2008, 13:54 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Das Wesentliche hierbei ist, dass es keinerlei Zusammenhang zwischen dem mentalen Zustand A und dem mentalen Zustand B gibt. Es gibt nur kausale Zusammenhänge zwischen den physischen Zuständen A, B und C (die wir wohl normalerweise in unserem Alltag nicht kennen und/oder beschreiben können). Genau das bedeutet eben auch definitionsgemäß Epiphänomenalismus: der mentale Zustand A darf keine Auswirkung haben, er steht nur für sich, er darf nicht den mentalen Zustand B verursachen/beeinflussen, weil, wenn er das täte, hätte er eine Auswirkung und dann wäre es kein Epiphänomenalismus mehr.
Um das mal konkreter zu machen: der mentale Zustand A sei eine Abwägung von Argumenten und der mentale Zustand B sei eine Schlussfolgerung aus A. Der E. behauptet nun, (so wie ich das verstehe), dass die Abwägung A unabhängig von der Schlussfolgerung B sein müsse, weil A keinerlei Auswirkungen haben dürfe. |
Keine direkte Auswirkung. Einen scheinbar direkten Zusammenhang zwischen A und B gibt es nur deshalb, weil es einen direkten kausalen Zusammenhang zwischen den entsprechenden physikalischen Zuständen gibt. A un B sind also nicht unabhängig, sondern sie korrelieren, allerdings einzig aufgrund der Kausalität der zugrundeliegenden physikalischen Zustände, die wiederum einer evolutionären (oder auch designten!) Prägung unterliegt.
Bei Dir als turingartig einsichtigen Systemen wirst Du das vermutlich klaglos akzeptieren, z.B. ein Computerprogramm, das sagen wir eine Quadrierung implementiert. A und B entsprechen hier dem input, z.B. 3, und dem output, 9. Offensichtlich hängen die logisch zusammen, aber eben nur aufgrund des Zusammenhangs der darunterliegenden physikalischen Zustände (Implementierung).
Vermutest Du bei einem komplexeren System wie dem Bewußtsein eine direkt implementierte Kausalität zwischen A und B?
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Man kann nun zwar glauben, die (voneinander unabhängigen) mentalen Zustände A und B ergäben irgendwie einen Sinn, aber ich sehe wirklich keinen Grund, warum das anzunehmen sei. Wenn sie nur ein Epiphänomen wären (d.h. keinerlei Auswirkungen hätten!), dann hielte ich es für viel wahrscheinlicher, dass sie entweder vollkommen beliebig oder auch gar nicht vorhanden wären, (natürlich nur, wenn man denn einen solchen Dualismus, wie ihn der E. postuliert, als wahr ansieht!). |
Ich verstehe nicht, was an meiner Ansicht und an dem hier diskutierten Aspekt des E. dualistisch sein soll. Die Zustände A und B sind ja "nur" emergente Phänomene.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Dein Argument müßte konsequenterweise zu einer großen Verwunderung darüber führen, warum alle Tiere sich bewegen und fortpflanzen, könnten doch die physikalischen Prozesse auch etwas ganz anderes vorgeben. |
Nein, wieso? Die physikalischen Prozesse sind ja mMn sozusagen evolutionär determiniert. Nur wieso die mentalen Zustände irgend einen Sinn ergeben sollten, wenn sie keinerlei Auswirkungen haben, wie der Epiphänomenalismus behauptet, will mir nicht einleuchten. |
Die mentalen Zustände sind (über die physikalischen Zustände) ebenso evolutionär determiniert. Es macht zudem evolutionär durchaus Sinn, daß gerade solche Gehirne sich physikalisch herausbilden und überleben, deren physikalische Zustände mentale Zustände erzeugen, die z.B. Abstraktion erlauben.
Vielleicht liegt das Problem nur im Verständnis von "Auswirkung", "Kausalität" usw. - so würde ich durchaus zugestehen, daß man den Zusammenhang zwischen den mentalen Zuständen A und B oft naturgesetzlich angeben kann und ihn im weiteren Sinne als kausal bezeichnen könnte, ähnlich wie den vereinfachten Zusammenhang zwischen 3 und 9 oben. Dieses Vorgehen funktioniert gut, wenn der Zusammenhang einfach ist, etwa bei evolutionär gut eingespielten Grundfunktionen des Bewußtseins, und es versagt regelmäßig, wenn ein unerklärliches emergentes Phänomen auftritt, z.B. warum Wasser flüssig ist oder wie wir uns einen freien Willen einbilden.
Die Beschreibung und Erklärung des Bewußtseins auf rein emergenter Ebene erinnert mich irgendwie an die Zoologie oder die vergleichende Schneeflockensammlung.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step registriert
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(#950903) Verfasst am: 09.03.2008, 14:34 Titel: |
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Er_Win hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Er_Win hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Im Bewußtsein spielt der quantenmechanische Zufall aber keine Rolle, ebensowenig wohl beim Wetter und bei den meisten makroskopischen Phänomenen. |
Ist das nicht eher ein (Grenz-)bereich der gar nicht Ziel und Inhalt des Studienplans ist - also jetzt speziell die Frage inwieweit die klare Abgrenzbarkeit gegeben ist, oder eher aus der (gemittelten) Art der makroskopischen Betrachtung keine Rolle spielt. |
Hier geht es aber eben nicht um den Grenzbereich, sondern es ist einfach thermodynamisch nicht möglich. |
Kannst du das kurz erläutern ? Ich kann keinen informationsverarbeitungs- bzw. systemtechnischen Aspekt i.d. klassischen Thermodynamik erkennen, der QM-Effekte bezogen auf die Gesamtsystemsicht zwingend verhindert. |
The importance of quantum decoherence in brain processes (M Tegmark 2000, quant-ph/9907009, Phys. Rev. E 61, 4194-4206) und Why the brain is probably not a quantum computer (M Tegmark 2000, Information Sciences 128, 155-179)
Hier ein paar threads und Beiträge zwischen 2003 und 2007, mit links auf entsprechende papers auch von Roth und anderen:
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=120130#120130
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=179148#179148
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=410118#410118
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=479095#479095
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=553055#553055
Hier nochmal für Quanten-George extra ausführlich erklärt:
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=450817#450817
Ich bin da inzwischen etwas allergisch ...
Er_Win hat folgendes geschrieben: | Bewußtsein als reines Epiphänomen (i.d. auch von A.P. bzw. Wikipedia, gemeinten Weise) halte ich aus systemtheoretischer, informationstechnischer Sicht für ausgemachten Unsinn, da es die (einfach nachweisbaren) Rückkoppungs- bzw. Steuerungsmechanismen des (Selbst-)Bewußtseins, die von der "obersten" Systemschicht (also dem Bewußtsein) ausgehen, quasi übersieht. Ich kann ganz bewußt zB. meine Aufmerksamkeit lenken und das wird sich dann auch in gewisser neuronaler Aktivität ausdrücken. |
Du kannst das Lenken Deiner Aufmerksamkeit bewußt erleben und Dir einbilden, Du hättest freiwillig gehandelt.
Er_Win hat folgendes geschrieben: | Natürlich bietet die Physik den (reduktionistisch gesehenen) Träger bzw. Rahmen des Systems, aber nicht in der (Kausal-)Vorstellung eines determinierenden Reduktionismus. Das soll jetzt aber wiederum nicht heißen, das ich einem Leib-Seele Dualismus das Wort rede, sondern nur, daß in einem komplexen System auf "höheren" Ebenen Effekte und Phänomene auftreten, die auf den "unteren" Ebenen keine Bedeutungsentsprechung haben, aber sehr wohl mit denen wechselwirken. |
"Bedeutung" möchte ich mal rauslassen, das verwirrt nur zusätzlich. Siehe mein Beispiel mit dem Computerprogramm an AP: 3 und 9 haben Bedeutung (Quadrat), das zugrundeliegende Programm auch (wenn man dessen SPrache versteht), was ist mit dem Objektcode und Assemblierung? Mit den Strömen auf der CPU?
Aus meiner Sicht betreibst Du Dualimus, sobald Du behauptest, es gebe eine direkte Wirkung (also nicht nur über die Physik) zwischen mentalen Zuständen.
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AgentProvocateur registrierter User
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(#951023) Verfasst am: 09.03.2008, 16:55 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Bei Dir als turingartig einsichtigen Systemen wirst Du das vermutlich klaglos akzeptieren, z.B. ein Computerprogramm, das sagen wir eine Quadrierung implementiert. A und B entsprechen hier dem input, z.B. 3, und dem output, 9. Offensichtlich hängen die logisch zusammen, aber eben nur aufgrund des Zusammenhangs der darunterliegenden physikalischen Zustände (Implementierung). |
In einem Algorithmus hängt die Ausgabe auf einer abstrakten Ebene direkt von der Eingabe ab und zwar in meiner Sicht auch unabhängig von der konkreten Implementierung des Algorithmus.
step hat folgendes geschrieben: | Vermutest Du bei einem komplexeren System wie dem Bewußtsein eine direkt implementierte Kausalität zwischen A und B? |
Bin mir nicht sicher, ob ich verstehe, was Du mit "direkt implementierter Kausalität" meinst.
Das Bewusstein ist eher eine abstraktere Ebene (im weitesten Sinne vergleichbar mit dem Algorithmus) und nicht eine konkrete Implementierung.
Ich meine einfach nur, im Gegensatz zum Epiphänomenalismus, dass es sinnvoll ist, zum Beispiel zu sagen: "Ich bin nach Abwägung der Argumente X und Y zu dem Schluss Z gekommen." oder "Ich bin zum Zahnarzt gegangen, weil ich Zahnschmerzen hatte." Dass diese Zahnschmerzen sozusagen eine bestimmte physikalische Implementierung haben, nehme ich natürlich an, nur ist mir dabei egal, wie die konkret aussieht und ich halte das auch nicht für wesentlich bei meiner Annahme der obigen Kausalbeziehungen.
step hat folgendes geschrieben: | Ich verstehe nicht, was an meiner Ansicht und an dem hier diskutierten Aspekt des E. dualistisch sein soll. Die Zustände A und B sind ja "nur" emergente Phänomene. |
Die Grundmotivation für einen Epiphänomenalimus ist u.a. die Abgrenzung zu einem reduktionistischen Physikalismus, deswegen wundert mich es schon, dass Du ihn so verteidigst.
step hat folgendes geschrieben: | Die mentalen Zustände sind (über die physikalischen Zustände) ebenso evolutionär determiniert. Es macht zudem evolutionär durchaus Sinn, daß gerade solche Gehirne sich physikalisch herausbilden und überleben, deren physikalische Zustände mentale Zustände erzeugen, die z.B. Abstraktion erlauben. |
Aber nur wenn man meint, dass diese Abstraktionen sinnvoll sind und daher Auswirkungen auf das Verhalten haben. Was aber dann nicht mehr E. sein kann.
step hat folgendes geschrieben: | Vielleicht liegt das Problem nur im Verständnis von "Auswirkung", "Kausalität" usw. - so würde ich durchaus zugestehen, daß man den Zusammenhang zwischen den mentalen Zuständen A und B oft naturgesetzlich angeben kann und ihn im weiteren Sinne als kausal bezeichnen könnte, ähnlich wie den vereinfachten Zusammenhang zwischen 3 und 9 oben. |
Tja, dann verstehe ich wohl tatsächlich nicht, was Du unter "Auswirkung" und "Kausalität" verstehst.
step hat folgendes geschrieben: | Dieses Vorgehen funktioniert gut, wenn der Zusammenhang einfach ist, etwa bei evolutionär gut eingespielten Grundfunktionen des Bewußtseins, und es versagt regelmäßig, wenn ein unerklärliches emergentes Phänomen auftritt, z.B. warum Wasser flüssig ist oder wie wir uns einen freien Willen einbilden. |
Verstehe ich nicht, was Du damit sagen willst. Falls Du nur sagen möchtest, dass wir uns jederzeit bei der Analyse von Kausalzusammenhängen irren können, dann ist das geschenkt.
step hat folgendes geschrieben: | Die Beschreibung und Erklärung des Bewußtseins auf rein emergenter Ebene erinnert mich irgendwie an die Zoologie oder die vergleichende Schneeflockensammlung. |
Verstehe ich auch nicht, was Du damit sagen willst.
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step registriert
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(#951031) Verfasst am: 09.03.2008, 17:08 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ich verstehe nicht, was an meiner Ansicht und an dem hier diskutierten Aspekt des E. dualistisch sein soll. Die Zustände A und B sind ja "nur" emergente Phänomene. |
Die Grundmotivation für einen Epiphänomenalimus ist u.a. die Abgrenzung zu einem reduktionistischen Physikalismus, deswegen wundert mich es schon, dass Du ihn so verteidigst. |
Ich verteidige nicht den Epiphänomenalimus insgesamt, sondern nur die Ansicht, daß es außer dem Weg über die physikalische Kausalität keinen Wirkmechanismus zwischen A und B gibt. Dennoch gibt es im nichtchaotischen Fall eine signifikante Korrelation.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Dieses Vorgehen funktioniert gut, wenn der Zusammenhang einfach ist, etwa bei evolutionär gut eingespielten Grundfunktionen des Bewußtseins, und es versagt regelmäßig, wenn ein unerklärliches emergentes Phänomen auftritt, z.B. warum Wasser flüssig ist oder wie wir uns einen freien Willen einbilden. |
Verstehe ich nicht, was Du damit sagen willst. Falls Du nur sagen möchtest, dass wir uns jederzeit bei der Analyse von Kausalzusammenhängen irren können, dann ist das geschenkt. |
Experimente könnten zeigen, daß kein direkter Wirkzusammenhang zwischen bspw. Wollen und Handeln besteht, indem man die Physik/Biologie darunter stört, ohne daß sich die mentalen Zustände merklich ändern.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Die Beschreibung und Erklärung des Bewußtseins auf rein emergenter Ebene erinnert mich irgendwie an die Zoologie oder die vergleichende Schneeflockensammlung. |
Verstehe ich auch nicht, was Du damit sagen willst. |
Man sammelt und ordnet Phänomene und Korrelationen, versteht aber oft nicht, wie es dazu kommt.
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Er_Win dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 31.01.2008 Beiträge: 4482
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(#951032) Verfasst am: 09.03.2008, 17:09 Titel: |
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*seufz* @step
Wieso versuchst du etwas zu widerlegen, auf das ich gar nicht focusiere. Ich halte das Hameroff-Penrose-Modell genauso für unsinnig, was aber dem keinen Abbruch tut, daß ich auch die Interpretation der neurobiologischen Forschungen bzgl. der zwingenden Auswirkung der (schwachen, physikalischen) Determiniertheit bzw. des "Beweises" der Nichtexistenz eines freien Willens aus systemtheoretischer Betrachtung, für genauso unsinnig halte.
Zitat: | "Bedeutung" möchte ich mal rauslassen, das verwirrt nur zusätzlich. |
Dann brauchen wir das an dieser Stelle eigentlich gar nicht weiter vertiefen, denn erst da fangt es doch an interessant zu werden. Aber vielleicht bist du auch der Ansicht, daß das, was wir hier zB. diskutieren sowieso bedeutungslos ist, weil "irgendwie" physikalisch determiniert.
Ich behaupte auch gar nicht, daß auf der Bewußtseinsebene QM irgendeine direkte Rolle spielt, sondern behaupte lediglich, daß die momentane (für meinen Begriff) mechanistisch gefärbte neuronale Forschung ziemlich unzulässige Interpretationen auf der Bedeutungsebene versucht, welche in keiner Weise meinem Verständnis komplexer Systeme gerecht wird. Genauso unbestritten dürfte aber auch sein, daß auf der (bis dato bekannten) "tiefsten" Schicht im Gesamtsystem QM eine Rolle spielt, selbst wenn dann auf neuronaler Betrachtungsebene (die auch wieder nur eine spezielle sehr eingeschränkte Teilsystemsicht ist) QM-Effekte als irrelevant erscheinen. Damit habe ich auch kein Problem.
Zitat: | Aus meiner Sicht betreibst Du Dualimus, sobald Du behauptest, es gebe eine direkte Wirkung (also nicht nur über die Physik) zwischen mentalen Zuständen. |
Dann hast du - aus meiner Sicht - essentielle strukturelle Gegenbenheiten in komplexen Systemen zu wenig in Betracht gezogen. Aus systemtheoretischer Ansicht, habe ich sogar mit dem Begriff "mentaler Zustand" ein ziemliches Definitionsproblem. Was genau soll auf Bewußtseinsebene ein "mentaler Zustand" sein ?
Mir scheinen den hier (und anderswo) gemachten Aussagen über Bewußtsein eben viel zu mechanistische, kausale, 2-wertig-logische Vorstellungen über das Hirn als Art "komplizierter Automat" zugrunde zu liegen.
Computersimulierte neuronale Netze erhalten ihr Eigenschaften auch nicht qua der deterministisch Hardware oder des BS, sondern erst auf einer wesentlich höheren Modellebene. Und die sind aber noch sehr, sehr simpel im Vergleich zum Hirn und eingeschränkt in den Möglichkeiten der vielschichtigen Selbstorganisation. Sie dienen mir jetzt auch gar nicht als Funktionsäquivalent zum Hirn sondern als systemtheoretisches Strukturäquivalent, wo ich mir aber der Vereinfachung der Sichtweise immer bewußt bleibe *ops* ich mir einbilde mir dessen bewußt zu bleiben *xfg*.
Ein Satz beim Luzerner Symposion, über den es sich lohnt etwas "mehrschichtiger" nachzudenken:
Auf dem Luzerner Symposium "Das Rätsel des Bewusstseins" attackierte einmal der österreichische Philosoph Josef Mitterer sanft die anwesenden Physiker: ob es denn wirklich diese Einheitlichkeit in Bezug auf angeblich zurecht vertretene und sich irrende bzw. abweichende Theorien gäbe, fragte er. Darauf antwortete der Quantenphysiker Anton Zeilinger sinngemäß: Das Problem, dass beliebige Theorien für gültig erklärt werden könnten, sei eines der Geisteswissenschaften. Seine Position blieb unwidersprochen. (Zitat)
Erwin
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Er_Win dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 31.01.2008 Beiträge: 4482
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(#951041) Verfasst am: 09.03.2008, 17:31 Titel: |
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Zitat: | Experimente könnten zeigen, daß kein direkter Wirkzusammenhang zwischen bspw. Wollen und Handeln besteht, indem man die Physik/Biologie darunter stört, ohne daß sich die mentalen Zustände merklich ändern.
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Das ist trivial und ausserdem focusiert es wieder nur auf das, was du als (messbare) mentale Zustände zu verstehen scheinst. Die Interpretation der Systemstörung auf Bedeutungsebene ist schon wieder fragwürdig.
Erwin
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
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(#951047) Verfasst am: 09.03.2008, 17:41 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Ich verteidige nicht den Epiphänomenalimus insgesamt, sondern nur die Ansicht, daß es außer dem Weg über die physikalische Kausalität keinen Wirkmechanismus zwischen A und B gibt. |
Kommt halt darauf an, was man unter Kausalität versteht. Wenn man eine "stark realistische Konzeption" von Kausalität hat, wonach Kausalität in einer Übertragung von Energie, Impuls oder einer ähnlichen Größe besteht, dann kann es logischerweise eine solche Kausalität zwischen A und B nicht geben, da diese keine stofflichen Entitäten sind. Wenn man Kausalität aber weitergefasst und abstrakter sieht, dann kann es das sehr wohl und nur das ist jedoch mMn die interessante Frage hier.
Anders gesagt: können Beschreibungen von Handlungen von Individuen auf der abstrakten Ebene der Gefühle/Motive/Interessen sinnvoll sein (weil diese Auswirkungen haben) oder können sie es nicht (weil sie keine Auswirkungen haben, wie der E. behauptet).
step hat folgendes geschrieben: | Experimente könnten zeigen, daß kein direkter Wirkzusammenhang zwischen bspw. Wollen und Handeln besteht, indem man die Physik/Biologie darunter stört, ohne daß sich die mentalen Zustände merklich ändern. |
Beispiel?
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Er_Win dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 31.01.2008 Beiträge: 4482
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(#951052) Verfasst am: 09.03.2008, 17:59 Titel: |
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@A.P.
ich denke step zielt auf Libet u.a.ä.
Das was Libet, Roth u.a. das messen ist zB. völlig verträglich mit meiner Auffassung einer evolutionären Entwicklung des Hirns. In vor-(selbst)-bewußten hirnähnlichen Systemen ist das auch sehr günstig im Sinne sensorisch reflexhaften Verhaltens.
Erwin
Zuletzt bearbeitet von Er_Win am 09.03.2008, 19:23, insgesamt 2-mal bearbeitet |
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step registriert
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Wohnort: Germering
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(#951054) Verfasst am: 09.03.2008, 18:02 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ich verteidige nicht den Epiphänomenalimus insgesamt, sondern nur die Ansicht, daß es außer dem Weg über die physikalische Kausalität keinen Wirkmechanismus zwischen A und B gibt. |
Kommt halt darauf an, was man unter Kausalität versteht. Wenn man eine "stark realistische Konzeption" von Kausalität hat, wonach Kausalität in einer Übertragung von Energie, Impuls oder einer ähnlichen Größe besteht, dann kann es logischerweise eine solche Kausalität zwischen A und B nicht geben, da diese keine stofflichen Entitäten sind. Wenn man Kausalität aber weitergefasst und abstrakter sieht, dann kann es das sehr wohl und nur das ist jedoch mMn die interessante Frage hier. |
Ja, wenn man "Kausalität" und "Wirkung" und vermutlich auch "Realität" sehr allgemein faßt, kann man eine solche Korrelation kausal interpretieren und die daran beteiligten Modelleinheiten als reale Entitäten interpretieren. Für ein Modell auf einer bestimmten Ebene reicht das manchmal aus, da es aus von mir oben genannten Gründen oft funktioniert. Schwierig wird es, wenn diese oberflächliche Theorie sich als physikalisch widersprüchlich herausstellt, wir hatten als Beispiel die Diskussion über "Motiv" im Strafrecht. Wenn man dann an "schwach realistischen" Konzepten festhält, nur weil sie die Sache vereinfachen, ist das nicht mehr vertretbar.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Anders gesagt: können Beschreibungen von Handlungen von Individuen auf der abstrakten Ebene der Gefühle/Motive/Interessen sinnvoll sein (weil diese Auswirkungen haben) oder können sie es nicht (weil sie keine Auswirkungen haben, wie der E. behauptet). |
Sie können sinnvoll sein (als Beschreibungen emergenter Phänomene), OBWOHL sie physikalisch reduzierbar sind und im Rahmen einer naturalistischen / hyp.realistischen Konzeption keinen direkten Wirkzusammenhang haben.
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step registriert
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(#951055) Verfasst am: 09.03.2008, 18:03 Titel: |
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Am besten jetzt keine Diskussion über den FW, das hatten AP und ich wirklich schon zur Genüge.
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Er_Win dauerhaft gesperrt
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(#951060) Verfasst am: 09.03.2008, 18:09 Titel: |
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@step
Zitat: | Am besten jetzt keine Diskussion über den FW... |
bin deiner Auffassung, dass das nichts neues bringt. Wir sind da einfach anderer Meinung und haben beide unsere Gründe und Argumente ...
Erwin
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
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(#951066) Verfasst am: 09.03.2008, 18:17 Titel: |
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Er_Win hat folgendes geschrieben: | Ich halte das Hameroff-Penrose-Modell genauso für unsinnig, ... |
Gut, mir war das nicht so klar.
Er_Win hat folgendes geschrieben: | ... was aber dem keinen Abbruch tut, daß ich auch die Interpretation der neurobiologischen Forschungen bzgl. der zwingenden Auswirkung der (schwachen, physikalischen) Determiniertheit bzw. des "Beweises" der Nichtexistenz eines freien Willens aus systemtheoretischer Betrachtung, für genauso unsinnig halte. |
Ja, da sind wir eben unterschiedlicher Ansicht. Was auch immer die Systemtheorie hervorbringt, es wird wohl nicht der Physik widersprechen. Aber natürlich kann man alle möglichen Phänomene reifizieren, und in einem bestimmten Umfeld macht es sogar Sinn, von "Seele" und dgl. zu sprechen.
Er_Win hat folgendes geschrieben: | Aber vielleicht bist du auch der Ansicht, daß das, was wir hier zB. diskutieren sowieso bedeutungslos ist, weil "irgendwie" physikalisch determiniert.  |
Ich bin der ANsicht, daß es physikalisch determiniert ist. Bist Du der Ansicht, daß es deshalb bedeutungslos wäre? Ich nicht.
Er_Win hat folgendes geschrieben: | Genauso unbestritten dürfte aber auch sein, daß auf der (bis dato bekannten) "tiefsten" Schicht im Gesamtsystem QM eine Rolle spielt, ... |
Klar, ohne QM keine Chemie.
Er_Win hat folgendes geschrieben: | Aus systemtheoretischer Ansicht, habe ich sogar mit dem Begriff "mentaler Zustand" ein ziemliches Definitionsproblem. Was genau soll auf Bewußtseinsebene ein "mentaler Zustand" sein ? |
Ja, der Begriff ist in der Tat problematisch. Vielleicht ist damit so etwas gemeint wie
AP hat folgendes geschrieben: | ... Beschreibungen von Handlungen von Individuen auf der abstrakten Ebene der Gefühle/Motive/Interessen ... | ?
Ich finde, diejenigen sollten das definieren, die ein Herz für "schwach realistische" Konzeptionen haben
Er_Win hat folgendes geschrieben: | Mir scheinen den hier (und anderswo) gemachten Aussagen über Bewußtsein eben viel zu mechanistische, kausale, 2-wertig-logische Vorstellungen über das Hirn als Art "komplizierter Automat" zugrunde zu liegen. |
Vorsicht, ich zweifle keineswegs an, daß es sich beim Gehirn um ein selbstorganisierendes System handelt, das auf diese Weise Bewußtsein hervorbringt. Es ist sicher nicht geschlossen algorhithmisch darstellbar.
Er_Win hat folgendes geschrieben: | Auf dem Luzerner Symposium "Das Rätsel des Bewusstseins" attackierte einmal der österreichische Philosoph Josef Mitterer sanft die anwesenden Physiker: ob es denn wirklich diese Einheitlichkeit in Bezug auf angeblich zurecht vertretene und sich irrende bzw. abweichende Theorien gäbe, fragte er. Darauf antwortete der Quantenphysiker Anton Zeilinger sinngemäß: Das Problem, dass beliebige Theorien für gültig erklärt werden könnten, sei eines der Geisteswissenschaften. Seine Position blieb unwidersprochen. (Zitat) |
Da stimme ich ihm zu. Gute Theorien, egal auf welcher Ebene, müssen gute Voraussagen ermöglichen.
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#951068) Verfasst am: 09.03.2008, 18:28 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: |
Du kannst das Lenken Deiner Aufmerksamkeit bewußt erleben und Dir einbilden, Du hättest freiwillig gehandelt.
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Da es kein abgeschlossenes 'Ich-System' in deinem herbeigestrohmannten Sinn geben kann, erübrigt sich die Stipulierung der Vorstellungen einer (wohl beinahe entitätartigen) physikalistisch-deterministschien Fernlenkung oder Fremdbestimmung. Daher ist das Konzept der sozialen Relevanz des Determinismus, bzw der Willensunfreiheit, das du allgemein zu vertreten scheinst, als Kontraposition zum christlichen Dogma im Grunde zutiefst verbrämt. Entweder du sprichst vom determinierten, aber 'subjektiv' (bzw ethisch und soziokulturell objektiv) freien Willen eines offenen Bewußtseinssystems oder du sprichst vom Determinismus des Gesamtsystems, also des Bewußtseins und seiner Wahrnehmungsrückkopplung mit der Umgebung.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#951069) Verfasst am: 09.03.2008, 18:29 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Anders gesagt: können Beschreibungen von Handlungen von Individuen auf der abstrakten Ebene der Gefühle/Motive/Interessen sinnvoll sein (weil diese Auswirkungen haben) oder können sie es nicht (weil sie keine Auswirkungen haben, wie der E. behauptet). |
Sie können sinnvoll sein (als Beschreibungen emergenter Phänomene), OBWOHL sie physikalisch reduzierbar sind und im Rahmen einer naturalistischen / hyp.realistischen Konzeption keinen direkten Wirkzusammenhang haben. |
Wenn man aber meint, dass sie sinnvoll sein können (und das können sie nur dann, wenn man sie nicht als wirkungslos ansieht; anders gesagt, wenn man eine abstraktere Erklärungsebene als die Ebene der stofflichen Elementarteilchen akzeptiert), kann man nicht mehr dem Epiphänomenalismus anhängen. Und nur darum ging es mir hier.
Ob etwas physikalisch reduzierbar ist oder nicht, ist dabei übrigens eine andere Frage und erst einmal unwesentlich für die Frage, ob abstrakte Erklärungsebenen a) sinnvoll und b) erweitert gesehen nicht eigentlich sogar unverzichtbar sind.
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#951071) Verfasst am: 09.03.2008, 18:31 Titel: |
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Insoweit ich diese Entwicklung beobachtet habe, kann ich sagen, dass sich steps Position diesbezüglich mglw. deutlich radikalisiert hat.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#951073) Verfasst am: 09.03.2008, 18:35 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Er_Win hat folgendes geschrieben: | Aus systemtheoretischer Ansicht, habe ich sogar mit dem Begriff "mentaler Zustand" ein ziemliches Definitionsproblem. Was genau soll auf Bewußtseinsebene ein "mentaler Zustand" sein ? |
Ja, der Begriff ist in der Tat problematisch. |
Unter mentalen Zuständen verstehe ich z.B. Gedanken, Gefühle, Überlegungen, Abwägungen, Interessen, Motive u. dergl.
step hat folgendes geschrieben: | Vielleicht ist damit so etwas gemeint wie
AP hat folgendes geschrieben: | ... Beschreibungen von Handlungen von Individuen auf der abstrakten Ebene der Gefühle/Motive/Interessen ... | ?
Ich finde, diejenigen sollten das definieren, die ein Herz für "schwach realistische" Konzeptionen haben  |
Ich hoffe, ich muss nicht erklären, was Abstraktionen und Abstraktionsebenen sind.
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Er_Win dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 31.01.2008 Beiträge: 4482
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(#951076) Verfasst am: 09.03.2008, 18:48 Titel: |
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Vielleicht noch ein paar Worte zu "Libet-artigen" Experimenten und dem darin enthaltenen eigentlich sehr banalen Interpretationsfehler:
Das was er und andere als Willen-zur-Handlung zu messen meinen, ist die dem Bewußtsein rückgemeldete Einleitung der Handlung und hat meinem Verständnis von (freiem) Willen der sich im Bewußtsein bildet, nichts essentielles zu tun.
Erwin
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#951079) Verfasst am: 09.03.2008, 18:53 Titel: |
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Zitat: | Experimente könnten zeigen, daß kein direkter Wirkzusammenhang zwischen bspw. Wollen und Handeln besteht, indem man die Physik/Biologie darunter stört, ohne daß sich die mentalen Zustände merklich ändern. |
das kann sich allenfalls auf Ausnahmefälle oder untergeordnete Prozesse beziehen.
Der Epiphänomenalismus ist ein unsinniger Gedanenknoten: In dem man ein Epiphänomen überhaupt als ein angebliches solches identifiziert, hat es ganz offensichtlich bereits eine Wirkung und kann per Def. keines mehr sein
Ausserdem bringen all die totschicken antiintuitionistischen Einwände nichts, wenn ganz offensichtlich das Bewußtsein, bzw Kognitivität als Emergenz unbewußter Prozesse im Gehirn, Wirkung auf einen Großteil des Handelns hat und natürlich - die Eigenwahrnehumg ist hier ausnahmsweise nicht trügerisch, sondern faktisch! - entzieht sich das trotzdem nicht der Physikalität, bzw ist nicht begründbar (alogisch) einer Kategorie des Übernatürlichen zuzuordnen. Das Ausschließen der Kennzeichnung als 'prinzipiell unerklärbar, weil göttlich/übernatürlich/...' ist i.Ü. das Einzige, was der Hinweis auf den Determinismus des Bewußtseins leisten kann, mehr nicht.
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