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Die reduktionistische Falle

 
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phoenix
registrierter User



Anmeldungsdatum: 26.04.2005
Beiträge: 937

Beitrag(#957678) Verfasst am: 18.03.2008, 15:44    Titel: Die reduktionistische Falle Antworten mit Zitat

Die reduktionistische Falle

Gern benutzt von den Religiösen.

Lütz hat folgendes geschrieben:
Wer behauptet, die naturwissenschaftliche Sicht sei „die einzige Sicht der Welt, der hat keine Ahnung von Liebe, von Mozart, von Bach. Dem fehlt ganz viel an Wahrnehmung von Wirklichkeit.“


Aber auch die Naturalisten können ihr nicht immer widerstehen:

pariparo hat folgendes geschrieben:
Heroes? Fliegende Menschen...mit Selbstheilungskräften...die Wasser kochen lassen können...Raum und Zeit beeinflussen und Gegenstände durchdringen können... mit Maschinen kommunizieren... der Pyrokinese mächtig sind... sich unsichtbar machen können...?? Mit den Augen rollen nix für einen Bright Auf den Arm nehmen


Also Leute, tappt nicht hinein. Es kann dort unten sehr eng werden. Lasst euch nichts nehmen! Sehr glücklich
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kynos
registrierter User



Anmeldungsdatum: 20.04.2006
Beiträge: 163

Beitrag(#957984) Verfasst am: 18.03.2008, 22:58    Titel: mechanische "Naturwissenschaft" von Christen verschuldet! Antworten mit Zitat

Naturwissenschaft, wenn sie denn natürlich ist, ist voller motivierender Emotionen. Die antike Naturwissenschaft war lustvoll: Alles Werden und Vergehen ist eine Abfolge von Dynamis und Energeia, lateinisch: Potenz und Akt, deutsch: Ermöglichungsmacht und Verwirklichungskraft. So im Prinzip bei Aristoteles. Bei Platon im Timaios: ein Demiurg (wörtlich "Volkswerkler", man denke vielleicht an einen Handwerksmeister, der Bürgermeister ist; von den Christen völlig falsch als "Gott" übersetzt) gestalte den Kosmos so, dass er Selbstversorger im Sinne von üppiger Fülle ist und frei von Abhängigkeitsneurosen KEINEN Gott als Dauerreparaturservice braucht; im Kosmos dann das Lustspiel der Elemente, des Himmels und der Erde, des Männlichen und Weiblichen... Platons Kosmos ist voller schönster Sphärenmusik.

Das christliche Mittelalter (Klosterschulen, besonders der Zisterzienserorden) hat die Naturwissenschaft in ihren Denkansätzen und Methoden zu einer zölibazistisch-mechanistischen Ideologie kastriert. Auch die Neuzeit, obwohl wie Galilei oft im Konflikt mit Pfaffen, schluckte die mittelalterlich-klösterliche Mechanikerwelt, sogar Kant blieb geistig irgendwie blutleer, bei aller Rückeroberung der Freiheit, die ihm zu verdanken ist.
Erst die Romantik (in der Dichtung) und Sigmund Freud und Carl Gustav Jung (in der Psychologie) fanden wieder zu einer natürlichen (Natur-) Wissenschaft zurück. Konrad Lorenz betrieb Naturwissenschaft im besten Sinne draußen in der Natur, also voll vital, indem er mit den Graugänsen im Teich schwamm.

Die Christen (Klöster bis zu Descartes) haben eine unnatürliche "Natur"-Wissenschaft ohne selbstschöpferische Fähigkeiten zusammenkonstruiert, damit sie dann ihren "Gott" besser verkaufen können. Die neuzeitlichen Naturwissenschaftler nutzten diese Denke, um sich einen Freiraum zu schaffen: Sie überließen den Gott großzügig den Theologen, um ungestört die Naturgesetze erforschen zu können. Aber "Naturgesetze" sind und bleiben obrigkeitliche Denke, denn welcher Gesetzgeber setzt den diese Gesetze der Natur auf? Der Gedanke, dass "Natur" die "Gebärende" heißt und daher ein selbstschöpferisches Wesen ist, dass sich immer neu erschafft und sich insofern die Freiheit nimmt, sich gerade nicht starren "Gesetzen" unterzuordnen, das blieb in der Neuzeit leider verdrängt.

Wenn man die Natur zölibatär mechanistisch-reduktionistisch als Uhrwerk denkt, braucht man einen Uhrmachergott als Hersteller und evtl. auch als Reparierer. Eine lebendige, echte selbstschöpferische, evolutionäre Natur braucht keinen künstlich aufgesetzten Schöpfergott als Erklärung ihres Werdens und macht die Pfaffen arbeitslos, wenn sie sich nicht wie die Natur immer wieder neu erfinden.

Literatur:
Alistair Crombie: Von Augustinus bis Galilei. Die Emanzipation der Naturwissenschaft.
Dijksterhuis, E. F.: Die Mechanisierung des Weltbildes.
(Verdächtig selten aufgelegte Bücher, aber antiquarisch oder leihweise in Uni- und Landeszentralbibliotheken sollten sie zu finden sein.)
Von Platon sei empfohlen: Phaidros, Gastmahl und Timaios (günstige Taschenbücher).
Desweiteren: Antike Theaterstücke (Aischylos, Sophokles, Euripides) mit ihrem tiefstgängigen unersättlich-leidenschaftlichen Wahrheitseifer; sie gehören ja glücklicherweise hierzulande zum Standardprogramm der Theater.
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phoenix
registrierter User



Anmeldungsdatum: 26.04.2005
Beiträge: 937

Beitrag(#958555) Verfasst am: 19.03.2008, 17:28    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo kynos,

vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Wieder was gelernt. zwinkern

Worauf ich hinaus wollte war den Gedankengang zurückzuweisen, wenn man die Religion etc. beiseite lässt, dann müsse man auch viele andere Dinge beiseite schieben: Poesie, Emotion, Innerlichkeit, Symbolik usw.

Von daher war das Lütz-Zitat wohl etwas unglücklich gewählt. Besser wäre es gewesen auf die Passagen bei L. hinzuweisen, in denen er Atheisten den Nihilismus nahelegt. Dennoch ist seine Stoßrichtung klar: Liebe und Mozart darf nur erleben, wer sich Gott vorstellt. Das muss aber zurückgewiesen werden und das ist es, was ich mit reduktionistischer Falle meinte. Wer behauptet denn, dass Naturwissenschaft die einzige Sicht auf die Welt darstellt, dass man damit alles abdecken kann? Sie ist ein wichtiges Instrument, bringt als einzige echte Erkenntnis. Wenn ich Mozart höre, dann ist da einfach die Musik und ich und die anderen. Wenn ich liebe genauso.

Viele Leute können mit dem Christentum nichts anfangen, bleiben ihm aber doch irgendwie verbunden, weil sie befürchten, im Nichts, im Vakuum dazustehen. Es ist unsere Aufgabe ihnen zu verdeutlichen das dieses Nichts eine Illusion ist und ihnen nichts, aber auch rein gar nichts entgeht, wenn sie den Bereich der Religion hinter sich lassen.

Ok, für die Hardcore-Naturalisten bin ich jetzt wohl auch ein Gläubischer. Was soll's.

Sorry an alle, ich eröffne gerne Threads, die dann schnell untergehen, weil sie nicht sorgfältig genug ausgearbeitet sind oder ich nicht ausreichende Kenntnisse/Denkkapazitäten Lachen und vor allem Nerven Verlegen habe, am Ball zu bleiben.
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kynos
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Anmeldungsdatum: 20.04.2006
Beiträge: 163

Beitrag(#959569) Verfasst am: 20.03.2008, 23:49    Titel: Antworten mit Zitat

Ergänzungen:

Mozart: Er hatte viele Schwierigkeiten mit dem Oberpfaffen Colloredo, mit dem er so wenig wie möglich zu tun haben wollte.

Musik: So unterschiedliche Komponisten wie Richard Wagner, Richard Strauss und Kurt Weill brauchten ebenso wenig einen Pfaffengott zum Komponieren wie die Opernbesucher zum Ohrenspitzen.

Materie ist von Mater=Mutter abgeleitet. Dazu haben Katholen insofern keinen Bezug, als die "Gottesgebärerin" ihres Credos weder einen genetischen noch einen pädagogischen Beitrag für das Jesulein leisten darf und beruflich maximal Vorzimmerdame Gottes aber nicht Chefin werden darf. Dass beim Katholen Descartes (er legte größten Wert auf die Übereinstimmung seiner Theorien mit der RKK) Materie nur geistloser wirbelnder Staub ist, aber nichts Mütterliches, wird man angesichts der skizzierten Tradition kaum Descartes' Mutter anlasten können.

Urknall: Er wurde als Theorie von einem katholischen Pfaffen erfunden, als ABM-Maßnahme für seinen von Arbeitslosigkeit bedrohten Gott, fürwahr eine große Gefahr, zu der die Musik des o.g. Kurt Weill für Brechts Dreigroschenoper beigetragen haben könnte... An einem angeblichen Nullpunkt einer Expansion wären die Zahlenwerte für Weg und Zeit ein Bruch null durch null, ein unlogisches Monstrum und in astrophysikalisch-mathematischer Hinsicht ein bloßes unwissenschaftliches Märchen, bei dessen Berechnung Computer abstürzen oder ein falsches Input melden und gegen das die alten Märchen von Mutter Erde und Vater Himmel bei den Indianern und alten Griechen fast wie der Gipfel von Aufgeklärtheit erscheinen. Aber gläubige Physiker rechnen an einem Urknall herum, rennen einem Unbegriff nach, der als Begriff (vergleichbar dem Spaghettimonster) von einem Kritiker als Spott erfunden wurde: Bei einem Knall wird zerstört, nicht aufgebaut.

Wenn Pfaffen behaupten, einen Gott zu brauchen, dann entweder deshalb, weil ihre Wissenschaftsideologie von einer verrückten toten Unwelt ausgeht, die jedoch von einem verrückten Zölibazistengott am allerwenigsten zur Vernunft erlöst werden kann, oder weil die Pfaffen schlicht nur ihren Arbeitsplatz und Hitlers Kirchensteuer erhalten wollen.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44650

Beitrag(#959772) Verfasst am: 21.03.2008, 02:50    Titel: Antworten mit Zitat

kynos hat folgendes geschrieben:
Bei einem Knall wird zerstört, nicht aufgebaut.

Nein, bei einem Knall wird vor allem gelärmt.
_________________
"Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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