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MWI und Determinismus
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
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Beitrag(#973010) Verfasst am: 05.04.2008, 23:02    Titel: MWI und Determinismus Antworten mit Zitat

Ich habe mal eine (wahrscheinlich blöde) Frage zur Viele-Welten-Interpretation:

Es heißt ja, die Viele-Welten-Interpretation sei eine deterministische, sie würde also den Indeterminismus anderer Interpretationen vermeiden.

Meine Frage lautet nun: warum bin ich genau in der Welt, in der ich gerade bin, die ich gerade wahrnehme? Warum bin ich nicht in irgendeiner der unzähligen anderen Welten? Wenn die MWI deterministisch wäre, dann müsste das doch ableitbar sein, oder nicht? Wenn es aber Zufall wäre, dass ich gerade in dieser Welt bin, wieso kann man dann das noch Determinismus nennen?
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kolja
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Beitrag(#973016) Verfasst am: 05.04.2008, 23:16    Titel: Antworten mit Zitat

In vielen Welt sind Kopien von Dir und stellen sich die gleiche Frage. Ist ungefähr so sinnvoll wie die Frage, warum Du Du bist und nicht Ich.
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zelig
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Anmeldungsdatum: 31.03.2004
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Beitrag(#973018) Verfasst am: 05.04.2008, 23:17    Titel: Antworten mit Zitat

Meiner Meinung nach hebt die Viele-Welten-Theorie den Streit um den Determinismus/Indeterminismus auf, da vor allem der Begriff "Möglichkeit" eine völlig andere Bedeutung erhält bzw sinnlos wird. Ich habe immer Probleme damit, wenn das Thema auf diese Ebene abgleitet (und das tut sie oft), da wir unter der Annahme, das Multiversum sei real (bzw aus der hypothetischen MWI-Perspektive), jede Menge Denk- und Argumentationsgewohnheiten aufgeben und umstellen müssen. Und zwar auf eine Weise, deren Konsequenzen wir (besser: ich) überhaupt nicht abschätzen können(kann).
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narziss
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Beitrag(#973019) Verfasst am: 05.04.2008, 23:17    Titel: Antworten mit Zitat

Person X in Universum A hat Bewusstsein X
Person Y in Universum B hat Bewusstsein Y
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kolja
der Typ im Maschinenraum
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Beitrag(#973024) Verfasst am: 05.04.2008, 23:23    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Meiner Meinung nach hebt die Viele-Welten-Theorie den Streit um den Determinismus/Indeterminismus auf, da vor allem der Begriff "Möglichkeit" eine völlig andere Bedeutung erhält bzw sinnlos wird.

Nein, denke ich nicht. Auch hier darfst Du gefühlte Entscheidungsfreiheit nicht mit physikalischer Möglichkeit verwechseln. Verzweigungen gibt es ja nur dort, wo in der KI der "echte Zufall" gewählt hätte. Es gibt weiterhin denkmögliche Zukünfte, die aber physikalisch unmöglich sind. Also werden manche Entscheidungsmöglichkeiten in keiner Zukunft realisiert.
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
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Beitrag(#973032) Verfasst am: 05.04.2008, 23:35    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
In vielen Welt sind Kopien von Dir und stellen sich die gleiche Frage.

Ja, natürlich, aber das bin nicht ich. Ich bin nur hier.

kolja hat folgendes geschrieben:
Ist ungefähr so sinnvoll wie die Frage, warum Du Du bist und nicht Ich.

Hm, nein, ich denke nicht. Ich bin ich, weil ich eine fortlaufende Geschichte habe, die sich über die vergangenen Welten zurückverfolgen lässt. Deswegen bin ich nicht Du, weil Du eine andere Geschichte hast. Wir haben keine einzige (exakt dieselben) Erinnerungen gemeinsam.

Nun bin ich aber hier (und es gibt in anderen Welten unzählige andere, die meine Erinnerungen teilen, aber das bin nicht ich).

Warum bin ich hier gelandet? Kann es überhaupt eine Ursache dafür geben?
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narziss
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
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Beitrag(#973039) Verfasst am: 05.04.2008, 23:43    Titel: Antworten mit Zitat

Diese Diskussion weist Parallelen zur Diskusion über das Scheinproblem der Qualia auf.
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zelig
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Beitrag(#973041) Verfasst am: 05.04.2008, 23:44    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Meiner Meinung nach hebt die Viele-Welten-Theorie den Streit um den Determinismus/Indeterminismus auf, da vor allem der Begriff "Möglichkeit" eine völlig andere Bedeutung erhält bzw sinnlos wird.

Nein, denke ich nicht. Auch hier darfst Du gefühlte Entscheidungsfreiheit nicht mit physikalischer Möglichkeit verwechseln. Verzweigungen gibt es ja nur dort, wo in der KI der "echte Zufall" gewählt hätte. Es gibt weiterhin denkmögliche Zukünfte, die aber physikalisch unmöglich sind. Also werden manche Entscheidungen in keiner Zukunft realisiert.


Das ist mir bekannt, trifft aber meine Überlegung nicht. Vieles (wieviel - das hängt eben davon ab, ob der Vielwelter auch an die Existenz von Universen mit einer anderen Physik - oder sogar Universen mit einer anderen Mathematik glaubt) von dem, was wir als möglich bezeichnen, existiert (möglicherweise wird selbst der Begriff "Existenz" hinfällig) dann eben wirklich.
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kolja
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Beitrag(#973042) Verfasst am: 05.04.2008, 23:45    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ja, natürlich, aber das bin nicht ich. Ich bin nur hier.

Das sagen sie alle ...

kolja hat folgendes geschrieben:
Ist ungefähr so sinnvoll wie die Frage, warum Du Du bist und nicht Ich.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Hm, nein, ich denke nicht. Ich bin ich, weil ich eine fortlaufende Geschichte habe, die sich über die vergangenen Welten zurückverfolgen lässt. Deswegen bin ich nicht Du, weil Du eine andere Geschichte hast. Wir haben keine einzige (exakt dieselben) Erinnerungen gemeinsam.

Aber warum hast Du Deine Geschichte und ich meine und nicht umgekehrt? Warum wurde ich als ich geboren und nicht als Du? Was war die Ursache dafür?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Warum bin ich hier gelandet? Kann es überhaupt eine Ursache dafür geben?

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zelig
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Beitrag(#973044) Verfasst am: 05.04.2008, 23:47    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Aber warum hast Du Deine Geschichte und ich meine und nicht umgekehrt? Warum wurde ich als ich geboren und nicht als Du?


Über solche Fragen dürfen sich Naturalisten keine Gedanken machen.

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kolja
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Beitrag(#973048) Verfasst am: 05.04.2008, 23:52    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Vieles [...] von dem, was wir als möglich bezeichnen, existiert [...] dann eben wirklich.

Trotzdem bleibt noch zu unterscheiden, welche Verzweigungen von hier aus möglich sind. Nicht alle Schnappschüsse, die im Multiversum realisiert sind, sind auch eine mögliche Zukunft des hiesigen Schnappschusses. Aber nur auf solche bezieht sich unserer Begriff der physikalischen Möglichkeit.

zelig hat folgendes geschrieben:
Über solche Fragen dürfen sich Naturalisten keine Gedanken machen.

Man kann auch über Fragen nachdenken, um dann festzustellen, dass sie keinen Sinn machen. Übrigens machen die Fragen auch für den Metaphysiker keinen Sinn, er merkt das bloß nicht, weil er das Problem in ein nicht-physikalisches Reich verschoben hat. Wenn meine Antwort als Metaphysiker lauten würde, Ich bin Ich, weil meine Seele in diesen Embryo eingesetzt wurde, dann bleibt immer noch offen, warum Ich diese Seele bin und keine andere.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#973054) Verfasst am: 05.04.2008, 23:55    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ja, natürlich, aber das bin nicht ich. Ich bin nur hier.

Das sagen sie alle ...

Und alle haben Recht...

kolja hat folgendes geschrieben:
kolja hat folgendes geschrieben:
Ist ungefähr so sinnvoll wie die Frage, warum Du Du bist und nicht Ich.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Hm, nein, ich denke nicht. Ich bin ich, weil ich eine fortlaufende Geschichte habe, die sich über die vergangenen Welten zurückverfolgen lässt. Deswegen bin ich nicht Du, weil Du eine andere Geschichte hast. Wir haben keine einzige (exakt dieselben) Erinnerungen gemeinsam.

Aber warum hast Du Deine Geschichte und ich meine und nicht umgekehrt? Warum wurde ich als ich geboren und nicht als Du? Was war die Ursache dafür?

Okay, das ist eine gute Frage. Da muss ich erst einmal darüber nachdenken.
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zelig
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Beitrag(#973059) Verfasst am: 06.04.2008, 00:01    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Vieles [...] von dem, was wir als möglich bezeichnen, existiert [...] dann eben wirklich.

Trotzdem bleibt noch zu unterscheiden, welche Verzweigungen von hier aus möglich sind.[...]

Kann man unterscheiden, ist aber für meine Überlegung irrelevant, sobald man die vielgenannte Vogelperspektive einnimmt.

kolja hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Über solche Fragen dürfen sich Naturalisten keine Gedanken machen.

Man kann auch über Fragen nachdenken, um dann festzustellen, dass sie keinen Sinn machen.[...]

Klar. Aber erst nachdem jemand meint die Sinnlosigkeit dieser Fragestellung für sich festgestellt zu haben, wird er (eventuell) zum Naturalisten. Vorher war er keiner. Und nach dem Prozess verbietet sich eben die Frage.

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kolja
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Beitrag(#973069) Verfasst am: 06.04.2008, 00:13    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Kann man unterscheiden, ist aber für meine Überlegung irrelevant, sobald man die vielgenannte Vogelperspektive einnimmt.

Warum irrelevant? Du hast gemeint, der Begriff der "Möglichkeit" bekäme eine andere Bedeutung bzw. würde sinnlos. Das ist aber falsch, Du hast lediglich einen neuen Begriff (möglich = irgendwo im Multiversum realisiert) mit einer neuen Bedeutung definiert, während der alte Begriff (möglich = als Zukunft von diesem Schnappschuss realisiert) immer noch unverändert vorhanden ist. Einzelne Schnappschüsse und deren Zukünfte kann man auch aus der Vogelperspektive identifizieren.

zelig hat folgendes geschrieben:
Aber erst nachdem jemand meint die Sinnlosigkeit dieser Fragestellung für sich festgestellt zu haben, wird er (eventuell) zum Naturalisten. Vorher war er keiner. Und nach dem Prozess verbietet sich eben die Frage.

Verstehe ich nicht. Warum war ich kein Naturalist, bevor ich die Frage gestellt habe? Vielleicht habe ich diese Frage noch nie für sinnvoll gehalten? (Ich weiß es ehrlich gesagt nicht genau, ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern.)
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Myron
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Beitrag(#973110) Verfasst am: 06.04.2008, 01:23    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Vieles (wieviel - das hängt eben davon ab, ob der Vielwelter auch an die Existenz von Universen mit einer anderen Physik - oder sogar Universen mit einer anderen Mathematik glaubt) von dem, was wir als möglich bezeichnen, existiert (möglicherweise wird selbst der Begriff "Existenz" hinfällig) dann eben wirklich.


David Lewis treibt es mit seinem der VWI verwandten modalen Realismus auf die Spitze:

"Es gibt tatsächlich so viele andere Welten, dass absolut jede Weise, wie eine Welt möglicherweise sein könnte, eine Weise ist, wie eine bestimmte Welt ist."
[meine Übers.]

(Lewis, David. On the Plurality of Worlds. Oxford: Blackwell, 1986. p. 2)

Das heißt, für Lewis ist absolut jede logisch mögliche Welt eine konkret existierende Welt, die zwar von der unsrigen Welt raumzeitlich und kausal isoliert, aber keinen Deut weniger real ist als diese.
Für Lewis gibt es somit unendlich viele unterschiedliche Welten.

Er geht sogar über die VWI noch hinaus, da er sämtliche logisch möglichen Welten in Betracht zieht und nicht nur sämtliche (quanten-)physisch möglichen:

"One might consider also a possible philosophical advantage of the plurality of worlds in the MWI, similar to that claimed by realists about possible worlds, such as Lewis 1986 (see the discussion of the analogy between the MWI and Lewis's theory by Skyrms 1976). However, the analogy is not complete: Lewis' theory considers all logically possible worlds, many more than all worlds incorporated in the quantum state of the Universe."
(http://plato.stanford.edu/entries/qm-manyworlds [6.1])
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AgentProvocateur
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Beitrag(#973116) Verfasst am: 06.04.2008, 01:31    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
kolja hat folgendes geschrieben:
Aber warum hast Du Deine Geschichte und ich meine und nicht umgekehrt? Warum wurde ich als ich geboren und nicht als Du? Was war die Ursache dafür?

Okay, das ist eine gute Frage. Da muss ich erst einmal darüber nachdenken.

Ich bin noch nicht so recht weitergekommen mit meinen Überlegungen, aber es hat sich mir eine neue Frage aufgedrängt, die wir vielleicht auch noch zusätzlich behandeln können:

Was bedeutet eigentlich genau "physikalisch möglich"? Können wir wissen, was physikalisch möglich ist oder entzieht sich das grundsätzlich unserer Kenntnis?

Dazu möchte ich nochmal auf mein blödes Beispiel aus dem anderen Thread zurückkommen: also, nehmen wir an, ich möchte meine Handlungsfreiheit beweisen. Ich nehme von zwei unterschiedlichen Kugeln tausendmal jeweils eine bestimmte Kugel und lege sie wieder zurück. Diesen Vorgang werde ich im Vorneherein genau beschreiben: ich nehme erst die, dann die usw.

Wäre es nun physikalisch möglich, (bzw. entspräche es der MWI), dass ich nur in einer Welt diejenigen Kugeln nehmen könnte, die ich vorausgesagt habe und alle möglichen Kugel-Nehm-Kombinationen-Welten existierten ebenso? Oder ist nur die Welt physikalisch möglich, in der ich meine Vorhersage einhalte?

@myron:
Und was bedeutet "logisch möglich" bezogen auf mein Beispiel? Ist es "logisch möglich", dass ich die blaue Kugel nehme, obwohl ich mir fest vorgenommen hatte, die rote Kugel zu nehmen?
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Myron
Pansomatist



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Beitrag(#973129) Verfasst am: 06.04.2008, 01:54    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Und was bedeutet "logisch möglich" bezogen auf mein Beispiel? Ist es "logisch möglich", dass ich die blaue Kugel nehme, obwohl ich mir fest vorgenommen hatte, die rote Kugel zu nehmen?


Logisch möglich ist alles Nichtwidersprüchliche.

Es ist beispielsweise durchaus logisch möglich, sechs Flaschen Bier zu trinken, auch wenn man sich fest vorgenommen hat, nur drei zu trinken. Das Handeln steht dann freilich im Widerspruch zum Vorsatz, aber das ist kein Widerspruch im logischen Sinne, sondern ein Fall von praktischer Inkonsequenz.


Zuletzt bearbeitet von Myron am 06.04.2008, 02:02, insgesamt einmal bearbeitet
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AgentProvocateur
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Beitrag(#973132) Verfasst am: 06.04.2008, 02:01    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Und was bedeutet "logisch möglich" bezogen auf mein Beispiel? Ist es "logisch möglich", dass ich die blaue Kugel nehme, obwohl ich mir fest vorgenommen hatte, die rote Kugel zu nehmen?


Logisch möglich ist alles Nichtwidersprüchliche.

Es ist beispielsweise durchaus logisch möglich, sechs Flaschen Bier zu trinken, obwohl man sich fest vorgenommen hatte, nur drei zu trinken. zwinkern

Cool.

Dann wäre es doch möglich, die Behauptung wissenschaftlich zu widerlegen: wenn alle Welten, die logisch möglich sind, auch eintreten werden, dann müssen wir nur immer wieder mein Experiment durchführen, immer mit anderen Probanden.

Wenn dabei nie eine der anderen logisch möglichen Welten eintritt, (der Proband hat vorausgesagt, dass er die blaue Kugel nimmt, nimmt aber die rote), dann müsste man nach x(vielen)-Versuchen die Theorie als widerlegt ansehen. Oder nicht?

Man könnte einen kleinen finanziellen Anreiz setzen, wenn die Probanden die Aufgabe lösen...
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Yamato
Teeist



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Beitrag(#973137) Verfasst am: 06.04.2008, 02:08    Titel: Antworten mit Zitat

Das heißt dann nur, dass wir uns eben in dieser bestimmten Welt befinden, in der das Experiment immer klappt. (Die muss es ja auch geben.)
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AgentProvocateur
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Beitrag(#973141) Verfasst am: 06.04.2008, 02:12    Titel: Antworten mit Zitat

Yamato hat folgendes geschrieben:
Das heißt dann nur, dass wir uns eben in dieser bestimmten Welt befinden, in der das Experiment immer klappt. (Die muss es ja auch geben.)

Ja, sicher muss es die geben. Aber wäre das nicht sehr unwahrscheinlich, dass ausgerechnet das unsere Welt wäre und auch in Zukunft sein wird (wenn es unzählige andere Welten gibt)? Müsste man nicht davon ausgehen, dass irgendwann jemand sagen wird: "ich wollte die rote nehmen, musste aber die blaue nehmen"?

Und selbst wenn man das annimmt: muss man dann nicht auch zwingend annehmen, dass nur in unserer Welt die Naturgesetze so sind, wie sie sind? Zufällig?
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Yamato
Teeist



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Beitrag(#973146) Verfasst am: 06.04.2008, 02:17    Titel: Antworten mit Zitat

Wieso? Die Welten sind doch wohl alle gleich wahrscheinlich. (Und es könnte doch auch so sein, dass einer der Probanden tatsächlich eine andere Kugel nimmt, aus welchen Gründen auch immer.)
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AgentProvocateur
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Beitrag(#973148) Verfasst am: 06.04.2008, 02:24    Titel: Antworten mit Zitat

Yamato hat folgendes geschrieben:
Wieso? Die Welten sind doch wohl alle gleich wahrscheinlich. (Und es könnte doch auch so sein, dass einer der Probanden tatsächlich eine andere Kugel nimmt, aus welchen Gründen auch immer.)

Wenn alle Welten gleich wahrscheinlich sind, dann ist es wohl sehr unwahrscheinlich, dass ausgerechnet in unserer Welt (und allen unseren zukünftigen Welten) bei einer sehr großen Anzahl der Experimente es (fast) immer zu dem gleichen Ergebnis führt (der Proband nimmt die Kugel, die er vorausgesagt hat).

Naja, aber letztlich kann es natürlich auch sein, dass in unserer Welt zufällig immer ein Gegenstand zu Boden fällt. In anderen Welten fällt er dann manchmal nach unten und manchmal verschwindet er im Weltraum.
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Yamato
Teeist



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Beitrag(#973150) Verfasst am: 06.04.2008, 02:27    Titel: Antworten mit Zitat

Ist wie mit einem Würfel. Jede einzelne Augenzahl für sich alleine ist recht unwahrscheinlich, aber irgendeine muss gewürfelt werden.
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
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Beitrag(#973153) Verfasst am: 06.04.2008, 02:40    Titel: Antworten mit Zitat

Yamato hat folgendes geschrieben:
Ist wie mit einem Würfel. Jede einzelne Augenzahl für sich alleine ist recht unwahrscheinlich, aber irgendeine muss gewürfelt werden.

Ja, natürlich.

Irgendwas kommt mir aber an Deiner Aussage nicht ganz koscher vor. Wenn wir annehmen würden, dass alles zufällig so ist, wie es ist, (in unserer Welt fielen Gegenstände zufällig immer zu Boden, wir können heute zufällig Licht wahrnehmen, Leute starben zufällig immer bisher, eine Bombe verursachte bisher zufällig immer Schaden usw. usf.) - was natürlich theoretisch sein könnte - dann müssten wir die Wissenschaft insgesamt für unnötig halten - wir könnten gar keine Kausalität feststellen - morgen könnte alles ganz anders sein - in einer anderen Welt.

Tut mir leid, ich kann das jetzt nicht genauer formulieren, ich bin müde. Gute Nacht.
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zelig
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Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25405

Beitrag(#973195) Verfasst am: 06.04.2008, 09:58    Titel: Antworten mit Zitat

@kolja
Ich habe Deinen Punkt. Der ändert nichts an dem grundlegenden Einwand, daß Möglichkeit in einem Multiversum ein anderes Konzept darstellt als in einem Universum. Und Möglichkeit ist nur ein Beispiel für die grundlegend andere Beschaffenheit der multiversalen Realität, die meine Skepsis gegenüber dem diskursiven Abgleiten auf diese Ebene begründet. Viele wichtige Begrifflichkeiten müssten komplett neu definiert oder möglicherweise sogar fallengelassen werden.

kolja hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Aber erst nachdem jemand meint die Sinnlosigkeit dieser Fragestellung für sich festgestellt zu haben, wird er (eventuell) zum Naturalisten. Vorher war er keiner. Und nach dem Prozess verbietet sich eben die Frage.

Verstehe ich nicht.[...]

Möglicherweise weil Du meinen : teufel : jedesmal vernachlässigst. Ich will den Witz in meiner Bemerkung allerdings nicht erklären müssen
Lass Dich nicht hochnehmen. ; )
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#973226) Verfasst am: 06.04.2008, 11:36    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn wir annehmen würden, dass alles zufällig so ist, wie es ist, (in unserer Welt fielen Gegenstände zufällig immer zu Boden, wir können heute zufällig Licht wahrnehmen, Leute starben zufällig immer bisher, eine Bombe verursachte bisher zufällig immer Schaden usw. usf.) - was natürlich theoretisch sein könnte - dann müssten wir die Wissenschaft insgesamt für unnötig halten - wir könnten gar keine Kausalität feststellen - morgen könnte alles ganz anders sein - in einer anderen Welt.

Wir sehen Naturgesetzlichkeit / Kausalität, weil in den meisten für uns relevanten Fällen eine universale Stichprobe aus dem Multiversum mit hoher Wahrscheinlichkeit ein bestimmtes Ergebnis ergibt. Wenn also z.B. jemand aus dem Fenster springt, ist es extrem unwahrscheinlich, daß wir uns in einem Universum wiederfinden, in dem er nicht runterfällt. Daher sprechen wir in extrem guter Näherung von einem "Gravitationsgesetz".
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
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Beitrag(#973300) Verfasst am: 06.04.2008, 14:11    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Wir sehen Naturgesetzlichkeit / Kausalität, weil in den meisten für uns relevanten Fällen eine universale Stichprobe aus dem Multiversum mit hoher Wahrscheinlichkeit ein bestimmtes Ergebnis ergibt. Wenn also z.B. jemand aus dem Fenster springt, ist es extrem unwahrscheinlich, daß wir uns in einem Universum wiederfinden, in dem er nicht runterfällt. Daher sprechen wir in extrem guter Näherung von einem "Gravitationsgesetz".

Hm, wie kommst Du jetzt auf Wahrscheinlichkeiten, woher leitest Du die ab?

Müsste man das nicht irgendwie andersherum sehen: in Welten, in denen es keine Gravitation gibt, ist, nehme ich an, unser Leben nicht möglich. Daher können wir uns auch nicht an eine Welt erinnern, in der es keine Gravitation gibt. Daraus kann man aber keine Wahrscheinlichkeiten ableiten. Wir können uns also jederzeit in einer solchen Welt vorfinden. Nur eben nicht besonders lange. Woraus man schließen kann, dass unsere Naturgesetzlichkeit etwas höchst Subjektives ist, da nur auf bestimmte Verzweigungen der möglichen Welten bezogen und wir gar nichts über eine "generelle Naturgesetzlichkeit" außerhalb dessen aussagen können.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#973311) Verfasst am: 06.04.2008, 14:29    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Wir sehen Naturgesetzlichkeit / Kausalität, weil in den meisten für uns relevanten Fällen eine universale Stichprobe aus dem Multiversum mit hoher Wahrscheinlichkeit ein bestimmtes Ergebnis ergibt. Wenn also z.B. jemand aus dem Fenster springt, ist es extrem unwahrscheinlich, daß wir uns in einem Universum wiederfinden, in dem er nicht runterfällt. Daher sprechen wir in extrem guter Näherung von einem "Gravitationsgesetz".

Hm, wie kommst Du jetzt auf Wahrscheinlichkeiten, woher leitest Du die ab?

Ich hatte Deine Frage so verstanden, warum wir in einem hyp. deterministischen Multiversum überhaupt sinnvoll Wissenschaft betreiben können. Die Wahrscheinlichkeit in der Begründung ist natürlich jetzt nicht mehr die auf echtem Zufall basierende, sondern die einer hypothetischen outer-view Stichprobe.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Müsste man das nicht irgendwie andersherum sehen: in Welten, in denen es keine Gravitation gibt, ...

Mir ging es ja erstmal um Welten, in denen der seltene Fall einer extrem un-ausgemittelten Kombination von Quantenereignissen auftritt, und nicht um Welten, die gleich ganz ohne Gravitation entstanden sind.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... ist, nehme ich an, unser Leben nicht möglich. Daher können wir uns auch nicht an eine Welt erinnern, in der es keine Gravitation gibt.

Das ist zwar richtig, aber auch in einer Welt MIT Gravitation, in der diese aber mit extrem niedriger Wahrscheinlichkeit mal außer Kraft ist, könnten wir uns sehr wahrscheinlich nicht an ein solches Ereignis erinnern.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
...

Die restlichen Schlüsse sind dann mangels richtiger Voraussetzungen auch nicht zulässig.
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Myron
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Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3625

Beitrag(#973424) Verfasst am: 06.04.2008, 17:42    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Was bedeutet eigentlich genau "physikalisch möglich"?


Ein Sachverhalt S ist genau dann physisch möglich, wenn er mit allen physikalischen Gesetzen (Naturgesetzen) vereinbar ist, d.h. zu keinem davon im Widerspruch steht.

Ein Sachverhalt S ist genau dann physisch unmöglich, wenn er nicht mit allen physikalischen Gesetzen (Naturgesetzen) vereinbar ist, d.h. zu mindestens einem davon im Widerspruch steht.

(Statt von "physischer/physikalischer Möglichkeit/Unmöglichkeit/Notwendigkeit" wird auch von "nomischer Möglichkeit/Unmöglichkeit/Notwendigkeit" (von Griech. "nomos" = "Gesetz") gesprochen.)


Des Weiteren gilt:
Alles physisch Mögliche ist logisch möglich; aber nicht alles logisch Mögliche ist physisch möglich.
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Beitrag(#973440) Verfasst am: 06.04.2008, 18:14    Titel: Antworten mit Zitat

@Myron: Was ist denn "logisch möglich"?
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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