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Telliamed registrierter User
Anmeldungsdatum: 05.03.2007 Beiträge: 5125
Wohnort: Wanderer zwischen den Welten
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(#977806) Verfasst am: 11.04.2008, 16:53 Titel: Grenzen der ärztlichen Schweigepflicht |
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Das Vertrauen zum behandelnden Arzt ist ein hohes Gut. Das weiß man gerade in Grenzsituationen des menschlichen Lebens zu schätzen. Anwaltliche Schweigepflicht und Bankgeheimnis sind ebenso geschützte Rechtsgüter (um das Beichtgeheimnis ist es ein "eigen Ding", das in diesem Forum wohl weniger zur Debatte steht).
Haben Ärzte in ihrer Ausbildung ausreichend zur Kenntnis genommen, welche Regeln es im Zusammenhang mit der ärztlichen Schweigepflicht einzuhalten gilt?
In einem kleinen Ort, einem Dorf, verbreiten sich häufig bestimmte Diagnosen wie ein Lauffeuer, obwohl doch angeblich alle (außer Heilpraktikern) an die Schweigepflicht gebunden sind.
Es gibt aber Grenzfälle.
Beispielsweise gegenüber nahen Angehörigen / Ehepartnern. Der günstige Fall ist die Entbindung des Arztes von der Schweigepflicht gegenüber nahen Angehörigen durch den Patienten selbst. Im Fall der Bewusstlosigkeit eines Patienten darf wegen der Dringlichkeit ärztlicher Entscheidungen vom mutmaßlichen Willen eines Patienten ausgegangen werden.
Fälle der HIV-Infizierung eines Ehepartners sind publik geworden. Es liegt im dringlichen Interesse des Nächsten, dass es keine Infizierung gibt. Solche Fälle des Unwissens der nächsten Angehörigen dürften allerdings eher selten sein.
Geht es um den mutmaßlichen baldigen Todeseintritt, so dürfte erleichternd ins Gewicht fallen, dass die meisten Betroffenen ziemlich gut selbst wissen, wie ernst es um sie steht. Fehlgriffe von Ärzten bei solchen Prognosen kommen zwar vor. Doch oft können sie mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass es bald zu Ende geht.
Auch "gutgemeinte" Eröffnungen eines Arztes gegenüber einem Ehepartner können unter Umständen Verwirrungen stiften.
Wie steht es damit?
Arzt: "Aus dem Labor sind die Werte Ihrer Frau erst jetzt gekommen. Sie sehen recht bedenklich aus. Sorgen Sie mit dafür, dass sie sich künftig mehr in acht nimmt?"
In diesem Falle ist zwar das Mitwirken von Familienangehörigen an der Genesung erwünscht. Aber die Patientin hat offenbar nicht eine so weit reichende Einwilligung gegeben, dass auch der Ehemann ins Bild gesetzt werden würde.
In der DDR bekam die Arbeitsstelle des Patienten auf dem Krankenschein eine Nummer übermittelt. Jeder Heinz wusste also im Betrieb, dass X ein Alkoholproblem hat.
Ärzte sind von der Schweigepflicht gegenüber Sozialeinrichtungen entbunden, unter Umständen gegenüber Polizei und Justiz.
Im Falle der Arbeits- und Dienststellen ("Arbeitgeber") ist sicher ein besonders sensibler Bereich angeschnitten: das Wissen um eventuelle Erkrankungen kann sich auf den Einsatz, die Einstufung des/der Betreffenden auswirken.
Sollte eine Verletzung der Schweigepflicht offenkundig geworden sein, auch wenn sie unbeabsichtigt war, wird man dann den Arzt verklagen? Da Ärzte/Innen den Helfer-Status und -Nimbus genießen, dürften hier eher Hemmungen bestehen.
Habt Ihr Erfahrungen mit solchen Grenzfällen der ärztlichen Schweigepflicht?
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Sanne gives peas a chance.
Anmeldungsdatum: 05.08.2003 Beiträge: 12088
Wohnort: Nordschland
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(#977815) Verfasst am: 11.04.2008, 17:07 Titel: Re: Grenzen der ärztlichen Schweigepflicht |
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Telliamed hat folgendes geschrieben: | Sollte eine Verletzung der Schweigepflicht offenkundig geworden sein, auch wenn sie unbeabsichtigt war, wird man dann den Arzt verklagen? Da sie den Helfer-Status und -Nimbus genießen, dürften hier eher Hemmungen bestehen.
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Nicht wegen ihres guten Rufs,
sondern weil ich Angst hätte, daß die sich an mir rächen, wenn ich ihnen nächstes Mal als Patient ausgeliefert bin, deswegen lege ich mich nicht gerne mit Ärzten an
Aber wenn man wegen Verletzung der Schweigepflicht einen finanziellen oder persönlichen Nachteil hat, vielleicht den Job verliert oder durch die Bekanntmachung Opfer von Tratsch und Mobbing wird, sollte man schon klagen.
Erfahrungen habe ich da zum Glück nicht. Aber in den meisten mir bekannten Arztpraxen ist es nicht schwer, zufällig irgendwas mitzubekommen, wenn man an der Rezeption wartet, oder wenn die Tür zum benachbarten Behandlungszimmer nicht schalldicht ist.
Man sollte auch selber aufpassen, wo und mit wem man in der Arztpraxis seine Krankengeschichte bespricht. Streng vertrauliches nur im Behandlungszimmer in gedämpfter Lautstärke (für schwerhörige Patienten geht das auch wieder nicht )
_________________ Ich will das Internet doch nicht mit meinen Problemen belästigen! (Marge Simpson)
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Rasmus entartet und notorisch gottlos - Ich bin Papst
Anmeldungsdatum: 20.05.2004 Beiträge: 17559
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(#977902) Verfasst am: 11.04.2008, 19:18 Titel: Re: Grenzen der ärztlichen Schweigepflicht |
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Ich kenne die genaue Rechtslage nicht, aber ...
Telliamed hat folgendes geschrieben: | Es gibt aber Grenzfälle. |
Ach?
Zitat: | Beispielsweise gegenüber nahen Angehörigen / Ehepartnern. |
Ach?
Zitat: | Der günstige Fall ist die Entbindung des Arztes von der Schweigepflicht gegenüber nahen Angehörigen durch den Patienten selbst. Im Fall der Bewusstlosigkeit eines Patienten darf wegen der Dringlichkeit ärztlicher Entscheidungen vom mutmaßlichen Willen eines Patienten ausgegangen werden. |
Ja, im Falle von Bewußtlosigkeit darf der Arzt den oder die nächsten Angehörigen konsultieren. Mehr nicht!
Zitat: | Fälle der HIV-Infizierung eines Ehepartners sind publik geworden. Es liegt im dringlichen Interesse des Nächsten, dass es keine Infizierung gibt. Solche Fälle des Unwissens der nächsten Angehörigen dürften allerdings eher selten sein. |
Es wäre mir gänzlich neu, daß es Ärzten hier zusteht, den Ehepartner zu informieren. Mein Arzt darf in wenigen Fällen das Gesundheitsamt über meine Erkrankungen in Kenntnis setzen. HIV und AIDS gehören nicht dazu.
Zitat: | Geht es um den mutmaßlichen baldigen Todeseintritt, so dürfte erleichternd ins Gewicht fallen, dass die meisten Betroffenen ziemlich gut selbst wissen, wie ernst es um sie steht. Fehlgriffe von Ärzten bei solchen Prognosen kommen zwar vor. Doch oft können sie mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass es bald zu Ende geht. |
Äh... und? Das können sie mir sagen. Wen das sonst noch etwas angeht entscheide ich alleine.
Zitat: | Auch "gutgemeinte" Eröffnungen eines Arztes gegenüber einem Ehepartner können unter Umständen Verwirrungen stiften.
Wie steht es damit? |
Der Arzt der das macht trifft mich vor Gericht wieder.
Zitat: | Arzt: "Aus dem Labor sind die Werte Ihrer Frau erst jetzt gekommen. Sie sehen recht bedenklich aus. Sorgen Sie mit dafür, dass sie sich künftig mehr in acht nimmt?" |
Gericht.
Zitat: | Habt Ihr Erfahrungen mit solchen Grenzfällen der ärztlichen Schweigepflicht? |
Ich weiß nicht, worauf Du hinaus willst.
Aber ich kann keine "Grenzfälle" erkennen.
_________________ Brother Sword of Enlightenment of the Unitarian Jihad
If you ask the wrong questions you get answers like '42' or 'God'.
"Glaubst Du noch oder hüpfst Du schon?"
Sylvia Browne - Wahrsager oder Scharlatan?
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