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Forscher widerlegen Willensfreiheit
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Wolf
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Anmeldungsdatum: 23.08.2004
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Beitrag(#990265) Verfasst am: 28.04.2008, 23:26    Titel: Antworten mit Zitat

Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Kein Schuldprinzip also, weil es keinen Freien Willen gibt oder er nicht sicher fest steht?
Es reicht, dass es nicht fest steht. Wobei ich nicht der Meinung bin, dass dies eine offene Frage ist.
Zitat:

Der Begriff "Strafe" ist damit Fehl am Platz. Aus Gründen der Prävention ist somit eine vorbeugende Maßnahme, die der Sicherungsverwahrung gleich kommt. Für Dich ist eine "Bestrafung" letztlich in jedem Fall falsch?

Gegen Prävention habe ich nichts.
_________________
Trish:(
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
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Beitrag(#990268) Verfasst am: 28.04.2008, 23:30    Titel: Antworten mit Zitat

Heiner hat folgendes geschrieben:
Du machst allerdings den typischen Fehler, Determinismus mit Fatalismus gleichzusetzen. Das ist nicht zulässig. Fatalismus würde bedeuten, es als gegebene Tatsache hinzunehmen, dass eine Person, die bei einem Unfall gafft, das auch in Zukunft unverändert so tun wird.

Der Determinist sagt dergleichen nicht.

Ach, tatsächlich? Was sagt er denn? Wir können die Zukunft beeinflussen mit dem, was wir wollen und tun? Wenn ja: das exakt ist es doch auch, was ich sage. Wo ist nun der Unterschied?

Heiner hat folgendes geschrieben:
Die ethische Norm, dass es besser ist zu helfen statt zu gaffen, macht auch ohne freien Willen Sinn, denn

"Helfen statt gaffen" liegt prinzipiell im Möglichkeitsbereich des menschlichen Handelns, wenn auch nicht zu jedem konkreten Zeitpunkt für alle Menschen.

Es macht also Sinn zu versuchen auf "Gaffer" so einzuwirken, dass sie in Zukunft vielleicht nicht mehr gaffen.

Ja, das macht genau dann Sinn, wenn man meint, die Zukunft aufgrund der eigenen (moralischen) Vorstellungen beeinflussen zu können. Wenn man das aber kann, wieso können es die anderen Menschen nicht? Das ist ein Widerspruch. Wenn sie es aber können, dann wieder kann man sie als verantwortlich für ihre eigenen Handlungen ansehen. Entweder - oder. Da musst Du Dich schon entscheiden.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Nun zeigt die Realität, dass dies offenbar sehr schwierig ist. Moralische Appelle an den Willen helfen eben allein nicht aus, da der Wille nun mal nicht frei ist.

Hum? Vielleicht sehen andere etwas nur anders als Du? Wäre immerhin eine Möglichkeit, die Du natürlich nicht berücksichtigen kannst, wenn Du nicht dazu determiniert bist.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Hier kann man auch sehen, wie unterschiedlich FW-Vertreter und Deterministen an ethische Probleme herangehen. Während sich FW-Vertreter noch mit moralischer Empörung und moralischen Appellen aufhalten und an einer konkreten Situation retrospektiv kleben bleiben,

Ja, tatsächlich kann man hier schön sehen, wie Deterministen dazu determiniert sind, mit blödsinnigen Diffamierungen und Unterstellungen arbeiten zu müssen. Das wäre wirklich traurig, wenn es nicht so determiniert wäre.

Heiner hat folgendes geschrieben:
sind Deterministen schon dabei, ganz praktisch die Zukunft (!) ins Auge zu fassen und zu schauen, wie sich Verletzungen (allgemein akzeptierter) ethischer Normen präventiv vermeiden lassen.

Ja, Deterministen sind was ganz was Tolles. Dafür empfinde ich tiefen Respekt.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Der Präventionsgedanke lässt sich übrigens mit der Annahme eines freien Willens gar nicht schlüssig vereinbaren, nebenbei bemerkt.

Aha. Wieso dieses?
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Mad Magic
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Anmeldungsdatum: 08.09.2007
Beiträge: 2172

Beitrag(#990281) Verfasst am: 28.04.2008, 23:52    Titel: Antworten mit Zitat

Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Kein Schuldprinzip also, weil es keinen Freien Willen gibt oder er nicht sicher fest steht?
Es reicht, dass es nicht fest steht. Wobei ich nicht der Meinung bin, dass dies eine offene Frage ist.
Ich "kann" und "will" diese Position nicht teilen zwinkern
Du verneinst damit ja auch die grundsätzliche Entscheidungsfreiheit? Sehr befremdlich in meinen Augen.
Wie sollte z.B. eine auf dieser Weltanschauung beruhende Kindeserziehung aussehen?
"Du kannst ja nichts dafür" kann es ja nicht sein...

Eine nur auf Prävention basierende erfolgreiche Erziehung möchte ich in der Praxis sehen (bezogen auf den Unsinn, den die Racker treiben...).
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Mad Magic
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Anmeldungsdatum: 08.09.2007
Beiträge: 2172

Beitrag(#990290) Verfasst am: 29.04.2008, 00:06    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
[...] Wäre immerhin eine Möglichkeit, die Du natürlich nicht berücksichtigen kannst, wenn Du nicht dazu determiniert bist.[...]

Eine feine Aussage! Darf ich die in Diskussionen benutzen oder erhebst Du ein Copyright drauf?
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Heiner
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Anmeldungsdatum: 29.05.2006
Beiträge: 1217

Beitrag(#990293) Verfasst am: 29.04.2008, 00:11    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ach, tatsächlich? Was sagt er denn? Wir können die Zukunft beeinflussen mit dem, was wir wollen und tun? Wenn ja: das exakt ist es doch auch, was ich sage. Wo ist nun der Unterschied?


Der Unterschied ist folgender:

Ein FW-Vertreter glaubt, dass eine einzelne Person A sich nach Belieben für den Weg A oder B entscheiden kann. Jeder ist jederzeit frei zu entscheiden, ob er Krimineller oder Heiliger werden will. Ich sage, um beim Beispiel zu bleiben, eine Person ist dazu determiniert, kriminell - oder eben nicht - zu werden.

Zu den determinierenden Faktoren gehören nun aber auch sämliche kulturellen und sozialen Faktoren, also auch das Handeln anderer Menschen. Das Feld der determinierenden Einflussfaktoren ist damit keineswegs statisch, sondern dynamisch.
Wenn der zur Kriminalität Determinierte in ein nicht kriminalitätsförderndes Umfeld gelangt, können andere determinierende Mechanismen greifen, die den Betreffenden auf einen anderen Weg bringen können.
Wenn sich determinierende Faktoren ändern, kann sich auch die Person ändern. Das, was aber nicht geht, ist, sich qua Willensfreiheit wie Münchhausen beim eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen.

Zitat:
Ja, das macht genau dann Sinn, wenn man meint, die Zukunft aufgrund der eigenen (moralischen) Vorstellungen beeinflussen zu können. Wenn man das aber kann, wieso können es die anderen Menschen nicht? Das ist ein Widerspruch.


Warum können die einen auf Gewalt verzichten und warum können die anderen das nicht, warum können die sich nicht beherrschen und müssen zuschlagen? Ist das ein Widerspruch?

Bei den Menschen sind eben unterschiedliche determinierende Faktoren wirksam.

Eine Einflussnahme ist sowohl von Seiten der Gewalttätigen auf die Friedfertigen wie umgekehrt der Friedfertigen auf die Gewalttätigen möglich, letztlich ist es eine Frage, welche Gruppe in der Gesellschaft dominiert.

Zitat:
Wenn sie es aber können, dann wieder kann man sie als verantwortlich für ihre eigenen Handlungen ansehen. Entweder - oder. Da musst Du Dich schon entscheiden.


Manche "können es aber nicht", können sich nicht an die herrschenden ethischen Standards halten. Andere wiederum können es.



Zitat:

Aha. Wieso dieses?


Zuletzt bearbeitet von Heiner am 29.04.2008, 00:14, insgesamt einmal bearbeitet
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PataPata
Agnostiker und Pataphysiker



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Beitrag(#990295) Verfasst am: 29.04.2008, 00:13    Titel: Antworten mit Zitat

Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Du verneinst damit ja auch die grundsätzliche Entscheidungsfreiheit? Sehr befremdlich in meinen Augen.
Wie sollte z.B. eine auf dieser Weltanschauung beruhende Kindeserziehung aussehen?
"Du kannst ja nichts dafür" kann es ja nicht sein...

Eine nur auf Prävention basierende erfolgreiche Erziehung möchte ich in der Praxis sehen (bezogen auf den Unsinn, den die Racker treiben...).

Als meine erste Tochter geboren war, fragte ich mich ernsthaft, was denn nun meine Aufgabe sei. Ich kam auf die Lösung, dass ich ja sowieso später für alles Negative, was eintreffen könnte, verantwortlich gemacht würde, was ich auch tun würde. Meine persönliche Lösung dieser Tatsache war, dass es also nicht darauf ankommt, was ich tue, solange ich einfach mich selber bin mit all meinen Schwächen und Stärken, mit meiner Geduld und Ungeduld, mit meinen Launen und Inkonsequenzen, aber auch mit meiner inneren Stabilität. Ich habe nicht den Eindruck, dass ich meine Kinder "erzogen" habe. Und trotzdem - oder vielleicht eher deshalb - wurde mir bis anhin noch nie ein Vorwurf über meine "Erziehungsmethoden" gemacht. Und ich selbst hatte auch keinen Anlass dazu. Das Resultat lässt sich wirklich zeigen! Immerhin drei Kinder...

Dabei war der Gedanken an meine Entscheidungsfreiheit und an jene meiner Kinder eigentlich zentral, obwohl ein bewusster Entscheid eigentlich nie wirklich fallen musste. Das unterstützt die Idee nach Wunsch nach Entscheidungsfreiheit, unterstützt aber auch die Tatsache, dass Entscheide wohl nie wirklich frei sind...
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Agnost
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Beitrag(#990318) Verfasst am: 29.04.2008, 00:35    Titel: Antworten mit Zitat

Heiner hat folgendes geschrieben:
.

Wenn sich determinierende Faktoren ändern, kann sich auch die Person ändern. Das, was aber nicht geht, ist, sich qua Willensfreiheit wie Münchhausen beim eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen.



Sie kann sich also ändern, muss sie aber auch?

Und wer bitteschön benimmt sich wie Münchhausen, wenn er mal freiwillig bei Rot über eine Strasse geht und das nächste mal nicht?

Du baust ständig Szenarien auf, die wenig mit der Realität zu tun haben.

Oder um es mit einem Wort von dir zu sagen: Das wir nicht Münchhausen sein können ist
trivial.

Agnost
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Mad Magic
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Beitrag(#990319) Verfasst am: 29.04.2008, 00:37    Titel: Antworten mit Zitat

Agnostiker hat folgendes geschrieben:

Dabei war der Gedanken an meine Entscheidungsfreiheit und an jene meiner Kinder eigentlich zentral, obwohl ein bewusster Entscheid eigentlich nie wirklich fallen musste. Das unterstützt die Idee nach Wunsch nach Entscheidungsfreiheit, unterstützt aber auch die Tatsache, dass Entscheide wohl nie wirklich frei sind...
Eine absolute Willensfreiheit ist nicht möglich, ich dachte das sei klar... Mit den Augen rollen
Impliziert denn eine "bedingte Willensfreiheit" keine Entscheidungsfreiheit? Wohl kaum... Wo liegt denn der Sinn der Beantwortung der Frage des Freien Willens ja/nein/bedingt... ?
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PataPata
Agnostiker und Pataphysiker



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Beitrag(#990323) Verfasst am: 29.04.2008, 00:41    Titel: Antworten mit Zitat

Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Eine absolute Willensfreiheit ist nicht möglich, ich dachte das sei klar... Mit den Augen rollen
Impliziert denn eine "bedingte Willensfreiheit" keine Entscheidungsfreiheit? Wohl kaum... Wo liegt denn der Sinn der Beantwortung der Frage des Freien Willens ja/nein/bedingt... ?
Paradoxerweise in der Befreiung! Besonders davor, dass man sich diese Frage stellt.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#990324) Verfasst am: 29.04.2008, 00:42    Titel: Antworten mit Zitat

Mad Magic hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
[...] Wäre immerhin eine Möglichkeit, die Du natürlich nicht berücksichtigen kannst, wenn Du nicht dazu determiniert bist.[...]

Eine feine Aussage! Darf ich die in Diskussionen benutzen oder erhebst Du ein Copyright drauf?

Nein, Letzteres tue ich nicht. Du darfst das gerne benutzen.
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Agnost
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Beiträge: 5618

Beitrag(#990329) Verfasst am: 29.04.2008, 00:47    Titel: Antworten mit Zitat

Bedingte Willensfreiheit, ergibt sich quasi aus der Tatsache, dass du durch alles was dich bis zu einer Wahlmöglichkeit gebracht hat, determiniert bist.

Wenn du zu Fuss vor die Rote Ampel kommst und dich entscheiden kannst, ob du nun subversiv bei Rot rüber willst oder bis Grün stehen bleibst, triffst du z.Bsp keine bewusste Entscheidung, wenn dir aber der Code Rot=gleich Verboten, Grün=du darfst rüber nicht bekannt ist, hast du in dieser Situation einfach nur gehandelt.

Step, Heiner und einige Andere glauben nun, dass es die Wahlmöglichkeit bewusst bei Rot rüber zu gehen oder bis auf Grün zu warten nicht wirklich gäbe, sondern nur als Illusion.

Tatsächlich sei ich determiniert.

Gleichfalls glauben sie, dass ich durch Sanktionen dazugebrachtet werden könnte, dass ich unfreiwillig das nächste mal brav auf Grün warten würde.

Ihr Konzept der Menschenerziehung beruht also auf Dressur.

Machst du das Richtige gibst ein Guetsli, machst du das Falsche gibts die Peitsche.

Agnost
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Mad Magic
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Anmeldungsdatum: 08.09.2007
Beiträge: 2172

Beitrag(#990330) Verfasst am: 29.04.2008, 00:48    Titel: Antworten mit Zitat

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Eine absolute Willensfreiheit ist nicht möglich, ich dachte das sei klar... Mit den Augen rollen
Impliziert denn eine "bedingte Willensfreiheit" keine Entscheidungsfreiheit? Wohl kaum... Wo liegt denn der Sinn der Beantwortung der Frage des Freien Willens ja/nein/bedingt... ?
Paradoxerweise in der Befreiung! Besonders davor, dass man sich diese Frage stellt.
Nun ja, jedem seins, das ist wirklich ehrlich gemeint und entsprang meinem Freien Willen Smilie
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PataPata
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Anmeldungsdatum: 05.11.2007
Beiträge: 2977
Wohnort: Toscana

Beitrag(#990342) Verfasst am: 29.04.2008, 01:10    Titel: Antworten mit Zitat

So ein Gedanke für die Nacht: Die freieste Entscheidung ist, nicht zu entscheiden.
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Zuletzt bearbeitet von PataPata am 29.04.2008, 11:42, insgesamt einmal bearbeitet
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
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Beitrag(#990344) Verfasst am: 29.04.2008, 01:13    Titel: Antworten mit Zitat

Heiner hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ach, tatsächlich? Was sagt er denn? Wir können die Zukunft beeinflussen mit dem, was wir wollen und tun? Wenn ja: das exakt ist es doch auch, was ich sage. Wo ist nun der Unterschied?

Der Unterschied ist folgender:

Ein FW-Vertreter glaubt, dass eine einzelne Person A sich nach Belieben für den Weg A oder B entscheiden kann.

Beliebig?

Nö, ich tue das nicht, im Gegenteil sogar, ich habe meist Gründe (unbewusste und bewusste), warum ich etwas tue. Und das halte ich auch für notwendig dafür, um eine Handlung rechtfertigen zu können. Wenn ich lediglich völlig beliebig (unkontrolliert) handeln würde, dann würde ich das nicht als meine mir zugehörigen Handlungen ansehen.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Jeder ist jederzeit frei zu entscheiden, ob er Krimineller oder Heiliger werden will. Ich sage, um beim Beispiel zu bleiben, eine Person ist dazu determiniert, kriminell - oder eben nicht - zu werden.

Alles passiert so, wie es passiert. Ist es das, was Du mir sagen willst? Nun, das mag wohl so sein. Ich habe noch nie etwas getan, was ich nicht getan habe und ich nehme keineswegs an, dass irgend jemand irgendwann mal etwas getan hat, was er nicht getan hat. Oder dass er etwas nicht getan hat, was er getan hat.

Und nun? Kann man daraus ein Argument basteln? Wie genau sieht das denn wohl aus? Ist mir noch unklar, aber das würde ich doch zu gerne kennen lernen.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Zu den determinierenden Faktoren gehören nun aber auch sämliche kulturellen und sozialen Faktoren, also auch das Handeln anderer Menschen. Das Feld der determinierenden Einflussfaktoren ist damit keineswegs statisch, sondern dynamisch.

Ja, selbstverständlich, es gab und gibt sicher keinen einzigen Menschen, der ganz unbeeinflusst von seiner Umwalt war/ist.

Aber das ist doch gar nicht die Frage, um die es hier geht. Die Frage ist vielmehr: gibt es auch Faktoren, die vom Menschen selber bestimmt werden können? Kann ein Mensch aufgrund eigener Überlegungen bestimmte Dinge für richtig halten und diese dann auch umsetzen?

Heiner hat folgendes geschrieben:
Wenn sich determinierende Faktoren ändern, kann sich auch die Person ändern. Das, was aber nicht geht, ist, sich qua Willensfreiheit wie Münchhausen beim eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen.

Ja, sicher. Was ich zum Beispiel auch nicht behaupte, oder?

Ist also Dein Argument: wenn jemand sich nicht vollständig selber erschaffen kann, dann kann man ihn auch nicht für seine Handlungen verantwortlich erklären?

Wäre doch endlich mal ein konkretes Statement.

Oder behauptest Du, dass ein Mensch nie das umsetzen kann, was er für richtig hält, dass er keine Argumente erkennen und umsetzen kann und daraufhin seine Handlungen ausrichten kann?

Bin ratlos.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Ja, das macht genau dann Sinn, wenn man meint, die Zukunft aufgrund der eigenen (moralischen) Vorstellungen beeinflussen zu können. Wenn man das aber kann, wieso können es die anderen Menschen nicht? Das ist ein Widerspruch.

Warum können die einen auf Gewalt verzichten und warum können die anderen das nicht, warum können die sich nicht beherrschen und müssen zuschlagen? Ist das ein Widerspruch?

Nein. Wieso sollte es?

Der Widerspruch ist folgender: Du meinst, Du könntest Deine moralischen Vorstellungen zukünftig umsetzen, glaubst aber auf der anderen Seite, dass andere Leute das nicht könnten. Wenn Du determiniert bist, das zu tun, was äußere Umstände Dir unverständlicherweise vorschreiben, dann ist Dein Glaube an Deine eigene Fähigkeit, Deine moralischen Forderungen umsetzen zu können (im Gegensatz zu allen anderen) ziemlich irrational. Aber gut, Du kannst dann ja nicht anders.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Wenn sie es aber können, dann wieder kann man sie als verantwortlich für ihre eigenen Handlungen ansehen. Entweder - oder. Da musst Du Dich schon entscheiden.

Manche "können es aber nicht", können sich nicht an die herrschenden ethischen Standards halten. Andere wiederum können es.

Manche wollen sich nicht an die ethischen Standards halten. Daraus folgt aber keineswegs, dass sie es nicht könnten. Und denjenigen, die es könnten, aber nicht wollen, kann man mMn einen Vorwurf daraus machen. Denjenigen, die es nicht können, nicht.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Aha. Wieso dieses?

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Argáiþ
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Beiträge: 12486

Beitrag(#990373) Verfasst am: 29.04.2008, 02:15    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Wie jetzt? Bestreitest Du, dass es sich um eine normative Setzung handelt? Oder bestreitest Du, dass man normative Setzungen begründen muss?


Ehm, hallo, ja. Das verwässert aber völlig, zumal diese Begründungen am Charakter einer Setzung letztlich nichts ändern, bzw. auch nur konkretere Spezifizierungen der gängigen Normen sind.
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kolja
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Anmeldungsdatum: 02.12.2004
Beiträge: 16631
Wohnort: NRW

Beitrag(#990430) Verfasst am: 29.04.2008, 09:56    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Wie jetzt? Bestreitest Du, dass es sich um eine normative Setzung handelt? Oder bestreitest Du, dass man normative Setzungen begründen muss?
Argaith hat folgendes geschrieben:
Ehm, hallo, ja.

Hallo. Smilie

Argaith hat folgendes geschrieben:
Das verwässert aber völlig, zumal diese Begründungen am Charakter einer Setzung letztlich nichts ändern, bzw. auch nur konkretere Spezifizierungen der gängigen Normen sind.

Das ist richtig, leugne ich auch gar nicht. Ich dränge hier auf ein bestimmtes Begründungsverfahren, nämlich, Normen, Werte udg. als Mittel zum Zweck zu begründen. Das soll die rationale Nachvollziehbarkeit verbessern, die Diskussion versachlichen und die Kritisierbarkeit der Setzungen ermöglichen. Nur wenn Zwecke angegeben werden, kann überhaupt erst sachlich diskutiert werden, ob die vorgeschlagenen Normen diesen Zwecken dient oder ob nicht andere Normen diesen Zwecken besser dienen würde. Damit werden die Normen falsifizierbar. Die Zwecke sollten so beschrieben werden, dass die Erreichung intersubjektiv nachvollziehbar und prüfbar wird. Es sollten also zukünftige Sollzustände - Ziele - beschrieben werden, die zumindest prinzipiell operationalisierbar sind. Natürlich muss auch über diese Ziele ein Konsens hergestellt werden, aber zumindest wird es bei diesem Verfahren leichter, einen Abgleich zwischen individuellen Interessen und Zielen vorzunehmen.
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Agnost
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Beiträge: 5618

Beitrag(#990450) Verfasst am: 29.04.2008, 10:26    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:


Argaith hat folgendes geschrieben:
Das verwässert aber völlig, zumal diese Begründungen am Charakter einer Setzung letztlich nichts ändern, bzw. auch nur konkretere Spezifizierungen der gängigen Normen sind.

Das ist richtig, leugne ich auch gar nicht. Ich dränge hier auf ein bestimmtes Begründungsverfahren, nämlich, Normen, Werte udg. als Mittel zum Zweck zu begründen. Das soll die rationale Nachvollziehbarkeit verbessern, die Diskussion versachlichen und die Kritisierbarkeit der Setzungen ermöglichen. Nur wenn Zwecke angegeben werden, kann überhaupt erst sachlich diskutiert werden, ob die vorgeschlagenen Normen diesen Zwecken dient oder ob nicht andere Normen diesen Zwecken besser dienen würde. Damit werden die Normen falsifizierbar. Die Zwecke sollten so beschrieben werden, dass die Erreichung intersubjektiv nachvollziehbar und prüfbar wird. Es sollten also zukünftige Sollzustände - Ziele - beschrieben werden, die zumindest prinzipiell operationalisierbar sind. Natürlich muss auch über diese Ziele ein Konsens hergestellt werden, aber zumindest wird es bei diesem Verfahren leichter, einen Abgleich zwischen individuellen Interessen und Zielen vorzunehmen.


Du weisst aber, dass du mit der Falsifierbarkeit auf Karl Popper rekurierst,

Zitat:
Damit werden die Normen falsifizierbar.


einen knallharten Ideterminsiten.

Das ist natürlich nicht verboten, aber zumindest sehr erklärungbedürfig.

War doch Karl Popper, der den Begriff der Falsifikation als erster so richtig in den philosophischen und wissenschaftlichen Diskurs eingebracht hat, ein klarer Vertrerter des "Freien Willens".

Agnost
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kolja
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Beitrag(#990452) Verfasst am: 29.04.2008, 10:30    Titel: Antworten mit Zitat

Agnost hat folgendes geschrieben:
Du weisst aber, dass du mit der Falsifierbarkeit auf Karl Popper rekurierst,

Popper ist nicht der einzige kritische Rationalist. Ich weiß nicht mal genau, ob meine Vorschläge zum Begründungsverfahren von Normen von ihm stammen, ist mir auch egal.

Agnost hat folgendes geschrieben:
einen knallharten Ideterminsiten. [...] War doch Karl Popper [...] ein klarer Vertrerter des "Freien Willens".

Na und? Dann hat er sich halt geirrt. Was hat das mit meinem Punkt zu tun?
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Beitrag(#990474) Verfasst am: 29.04.2008, 10:59    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Du weisst aber, dass du mit der Falsifierbarkeit auf Karl Popper rekurierst,

Popper ist nicht der einzige kritische Rationalist. Ich weiß nicht mal genau, ob meine Vorschläge zum Begründungsverfahren von Normen von ihm stammen, ist mir auch egal.

Agnost hat folgendes geschrieben:
einen knallharten Ideterminsiten. [...] War doch Karl Popper [...] ein klarer Vertrerter des "Freien Willens".

Na und? Dann hat er sich halt geirrt. Was hat das mit meinem Punkt zu tun?


Wenn du als Determintist dich auf eine Methodik eines knallharrten Gegners der Determinik beziehst, solltest du mehr bieten, als ein ist "mir auch egal".

Denn das tönt so volutaristisch, dass man glauben könnte, dass du dich "Freien Willens" über den "Freien Willen" erhebst.

Wem die Herkunft von Normen egal ist, ist kein überzeugender Vertreter der strengen Determination.

Man kann nicht mit volutaristischen Sprüchen gegen den Volutarismus argumentiern.

Agnost
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kolja
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Beitrag(#990477) Verfasst am: 29.04.2008, 11:05    Titel: Antworten mit Zitat

Agnost hat folgendes geschrieben:
Wenn du als Determintist dich auf eine Methodik eines knallharrten Gegners der Determinik beziehst, solltest du mehr bieten, als ein ist "mir auch egal".

Ich sehe da überhaupt keinen Zusammenhang. Ob die Methodik, die ich vorschlage, nützlich ist oder nicht, ist doch eine Frage, die überhaupt nichts damit zu tun hat, von wem sie vorher vorgeschlagen wurde und was der sonst noch so behauptet hat.

Popper ist doch nicht mein Prophet. Sind wir denn hier in der Kirche?
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Beitrag(#990488) Verfasst am: 29.04.2008, 11:25    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Wenn du als Determintist dich auf eine Methodik eines knallharrten Gegners der Determinik beziehst, solltest du mehr bieten, als ein ist "mir auch egal".

Ich sehe da überhaupt keinen Zusammenhang. Ob die Methodik, die ich vorschlage, nützlich ist oder nicht, ist doch eine Frage, die überhaupt nichts damit zu tun hat, von wem sie vorher vorgeschlagen wurde und was der sonst noch so behauptet hat.

Popper ist doch nicht mein Prophet. Sind wir denn hier in der Kirche?


Die Falsifikationstheorie von Popper ist nun mal aus seinem Hauptwerk,

http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Popper

http://de.wikipedia.org/wiki/Offene_Gesellschaft

(1945): Die offene Gesellschaft und ihre Feinde (2 Bände)

http://de.wikipedia.org/wiki/Falsifikation

In der Wissenschaft steht die Falsifizierung im Rahmen einer Validierung als Ergebnis neben der Verifizierung, in der Wissenschaftstheorie nach Karl Popper nimmt die Falsifizierbarkeit einer Theorie oder Hypothese eine zentrale Rolle ein. Falsifizierte Aussagen, Thesen, Theorien sind für die Wissenschaft als Methode des Kenntnisgewinns wertlos und werden verworfen. Sinn haben sie nurmehr in der wissenschaftsgeschichtlichen Betrachtung, um Lehren aus falschen Ansätze zu ziehen (siehe Kategorie:Überholte Theorie). Details und Probleme dieses Ansatzes werden unter Falsifikationismus behandelt.

die offene Gesellschaft und ihre Feinde,

eindeutig antideterministisch begründet,

Wenn du also als Determinist, diese Antideterministische Theorie für deine determinitistischen Theorien ummünzt, musst du nachweisen könne, warum das geht,

Wenn du das nicht kannst, beweisst du, dass du Voluntaristisch agierst.

Du bist dann der lebende Beweis, dass der "Freie Wille" existiet.

Agnost
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kolja
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Beitrag(#990493) Verfasst am: 29.04.2008, 11:31    Titel: Antworten mit Zitat

Agnost hat folgendes geschrieben:
Die Falsifikationstheorie von Popper ist nun mal aus seinem Hauptwerk [...] eindeutig antideterministisch begründet,

Es ist für meine Begründung belanglos, wo die herkommt, und meine Begründung ist auch nicht "antideterministisch". Es gibt da schlichtweg keinen Zusammenhang, und Du konntest ihn auch nicht zeigen, Du wiederholst einfach nur stumpf Deine Behauptung.
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Agnost
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Beitrag(#990500) Verfasst am: 29.04.2008, 11:38    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Die Falsifikationstheorie von Popper ist nun mal aus seinem Hauptwerk [...] eindeutig antideterministisch begründet,

Es ist für meine Begründung belanglos, wo die herkommt, und meine Begründung ist auch nicht "antideterministisch". Es gibt da schlichtweg keinen Zusammenhang, und Du konntest ihn auch nicht zeigen, Du wiederholst einfach nur stumpf Deine Behauptung.


Wenn es keine Rolle spielt, aus welcher Ecke du deine Stützung deterministischer Theorien herholst, kann es mit der der Determiniertheit deiner Theorien nicht sehr weit her sein.

Meine redundante Insistenz würde viel mehr für Determinismus sprechen.

Agnost
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kolja
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Beitrag(#990511) Verfasst am: 29.04.2008, 11:50    Titel: Antworten mit Zitat

Agnost hat folgendes geschrieben:
Wenn es keine Rolle spielt, aus welcher Ecke du deine Stützung deterministischer Theorien herholst, kann es mit der der Determiniertheit deiner Theorien nicht sehr weit her sein.

Du redest wirres Zeug. Mein Beitrag, auf den Du ursprünglich eingegangen bist, hatte überhaupt nix mit Determinismus zu tun, sondern drehte sich um ein Verfahren, wie man Normen rational begründen könnte.
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Skeptiker
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Beitrag(#990514) Verfasst am: 29.04.2008, 11:54    Titel: Schicksal und Moral Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
"Moralisch" nennen wir eine Erwartung dann, wenn es sich auf ein von der Allgemeinheit erwünschtes Verhalten eines Einzelnen bezieht.
Egal, worin die Erwartung besteht? Nur weil sie von der "Allgemeinheit" kommt?

Ja. "Moralisch gut" trifft es vielleicht besser. So galt das Töten von Ungläubigen in bestimmten Kulturkreisen als moralisch gut. Ebenso Vergewaltigung oder die Todesstrafe. Umgekehrt galt bis vor kurzem z.B. "Gottesleugnung" oder Demokratie bei uns als moralisch schlecht (böse).


Die herrschaftlich abgesegneten Gewalttaten gegen Untertanen, Minderheiten, Kritiker oder Nonkonformisten wurden sicherlich ebenso "begründet" wie die christlichen Kreuzzüge, so wie auch die heutigen imperialistischen Raubzüge um Rohstoffe, Ländereien und Märkte super "begründet" werden. Auch der "Antiterrorkampf", den einige hier wohl als Prävention bezeichnen würden, wird professionell verkauft.

Guckt man sich solche Begründungen an, stellt man fest, dass sie mit Moral nichts zu tun haben. Immer geht es dabei um die Sicherung der herrschenden Verhältnisse und um Erweiterung der Herrschaft.

Moral dagegen geht ja von den menschlichen Bedürfnissen aus und nicht von den Interessen irgend welcher Institutionen.

Wenn du dir die Konzeption der Menschenrechte ansiehst, dann hast du es mit Rechten der Menschen gegenüber dem Staat zu tun und nicht umgekehrt.

Deine "Moral"-Definition stellt dies genau auf den Kopf, indem Du nämlich von Pflichten des einzelnen gegenüber der "Allgemeinheit" sprichst.

Das sind schon interessante politische Schlenker, die sich da offenbaren.

Von der physikalisch begründeten Schicksalsgläubigkeit zur Aushöhlung des Moralbegriffs ...-

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Wenn irgendeine faschistisch verhetzte "Allgemeinheit" an den Einzelnen eine Erwartung hat, dann sollte man das wohl eher das Gegenteil von "moralisch" nennen.

Du sagst "sollte", weil Du von einer Erziehung geprägt bist, gegen deren Werte eine solche faschistische Forderung verstößt. Oder Du bist selbst so erzogen, z.B. als kleiner Hitlerjunge. Je nachdem findest Du es moralisch gut oder böse.


Du sprichst hier von Prägungen per Erziehung, denen Du - wie sollte es anders sein! - determinierende Funktion zuschreibst.

Aber man sollte doch nicht anfangen, die Begriffe zu verhunzen. Durch eine Erziehung zur äußersten Rücksichtslosigkeit wird doch der Begriff des Moralischen überhaupt nicht angetastet. Moral ist auch dann Moral, wenn sie als solche nicht verwirklicht wird.

Die auf den Kopf gestellte Moral ist eben keine mehr. Punkt

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Zuletzt bearbeitet von Skeptiker am 29.04.2008, 12:05, insgesamt einmal bearbeitet
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Agnost
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Beitrag(#990516) Verfasst am: 29.04.2008, 11:57    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Wenn es keine Rolle spielt, aus welcher Ecke du deine Stützung deterministischer Theorien herholst, kann es mit der der Determiniertheit deiner Theorien nicht sehr weit her sein.

Du redest wirres Zeug. Mein Beitrag, auf den Du ursprünglich eingegangen bist, hatte überhaupt nix mit Determinismus zu tun, sondern drehte sich um ein Verfahren, wie man Normen rational begründen könnte.


Das ist mir sehr wohl klar, aber da du in diesem Thread bisher streng deterministisch argumentiert hast, ist es sehr wohl erlaubt, warum du auf die Falisifikationstheorie des "Strengen Antideterministen" Karl Popper rekurierst.

Deine Antwor auf meine Frage war sinngemäss:

Ist doch egal.

Einem Indeterministen würde ich das ja durgehen lassen, aber ein strenger Determinst muss diese Frage schon stringenter und weniger voluntaristisch beantworten können.

Agnost
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kolja
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Beitrag(#990523) Verfasst am: 29.04.2008, 12:06    Titel: Antworten mit Zitat

Agnost hat folgendes geschrieben:
Das ist mir sehr wohl klar, aber da du in diesem Thread bisher streng deterministisch argumentiert hast, ist es sehr wohl erlaubt, warum du auf die Falisifikationstheorie des "Strengen Antideterministen" Karl Popper rekurierst.

Nochmal: es geht um zwei unterschiedliche Punkte, und bloß weil ich in einem Punkt mit Popper übereinstimme, muss ich das nicht in allen Punkten tun, vor allem dann, wenn es überhaupt keinen logischen Zusammenhang zwischen diesen Punkten gibt. Entweder Du kannst einen solchen Zusammenhang zeigen, oder Du hast kein Argument.
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PataPata
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Beitrag(#990571) Verfasst am: 29.04.2008, 12:46    Titel: Antworten mit Zitat

Eines vorweg: Ich habe Mühe, in der hiesigen Streitkultur noch den Überblick zu bewahren. Jedes Argument wird in viel "Rauschen" eingetaucht (gegenseitige Vorwürfe - meist desselben - Zitatkriege und viel Persönliches, das mit dem Thema nicht das geringste zu tun hat), sodass es oft sehr schwierig und sehr mühsam ist, das "Signal" daraus zu erlesen. Ich weiss daher nicht, ob folgendes Argument in Bezug auf "Verantwortung" schon gefallen und diskutiert worden ist.

Abgesehen davon, ob wir deterministisch oder indeterministisch funktionieren, ob freier Wille existiert oder nicht, ob dabei eine Kompatibilität herrscht oder nicht, ob Moral eine Berechtigung hat oder nicht, kann man doch "Verantwortung" auch einfach davon ableiten, dass wir existieren. Rein durch unsere Existenz bewirken wir doch einiges in unserem Umfeld (das kleiner oder grösser sein kann, je nachdem), ob wir das nun wollen oder nicht. Ich denke, das muss ich nicht weiter erläutern, jeder kann sich vorstellen, was ich damit meine.

Es gibt im Gesetz eine Analogie, die recht vernünftig ist: Wenn ein Unfall zwischen einem grossen Vehikel und einem kleineren beurteilt werden soll, so wird rein durch die grössere Masse dem grossen tendenziell mehr Verantwortung zugeordnet. Wird z.B. ein Mensch von einem Auto überfahren, so wird das Auto automatisch mehr in die Pflicht genommen als der Fussgänger. Es kann dann immer noch entschieden werden, dass der Lenker des Wagens völlig unschuldig ist, aber die Verantwortungslast steckt immer noch eher in der Existenz des massigeren Autos. Wenigstens meine ich, dass das so ist - juristisch Versiertere mögen mich korrigieren.

In diesem Sinne kann man dann jedem Menschen eine durch seine blosse Existenz verursachte Verantwortung für seine Handlungen zuordnen. Dies ganz ohne Moralvorstellungen. Dass bei einer Gerichtsverhandlung die moralische Verantwortung des einzelnen moduliert werden kann durch Berücksichtigung seiner Vorgeschichte, seiner psychischen und physischen Verfassung zur Tatzeit und anderer Faktoren, ändert grundsätzlich nichts daran.

Man könnte dann immer noch argumentieren, dass ja jeder einzelne nicht "freiwillig" exisitiert, und daher jegliche Verantwortung abstreiten kann. Das kann er - aber leider nützt ihm das nicht das geringste. Er existiert nunmal, und wenn er das nicht ertragen kann, dann soll er halt abtreten...
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Beitrag(#990575) Verfasst am: 29.04.2008, 12:59    Titel: Antworten mit Zitat

Agnostiker hat folgendes geschrieben:

Es gibt im Gesetz eine Analogie, die recht vernünftig ist: Wenn ein Unfall zwischen einem grossen Vehikel und einem kleineren beurteilt werden soll, so wird rein durch die grössere Masse dem grossen tendenziell mehr Verantwortung zugeordnet. Wird z.B. ein Mensch von einem Auto überfahren, so wird das Auto automatisch mehr in die Pflicht genommen als der Fussgänger. Es kann dann immer noch entschieden werden, dass der Lenker des Wagens völlig unschuldig ist, aber die Verantwortungslast steckt immer noch eher in der Existenz des massigeren Autos. Wenigstens meine ich, dass das so ist - juristisch Versiertere mögen mich korrigieren.


Das ist keine Analogie. Die Haftung im Straßenverkehr bei durch Kfz verursachten Unfällen ist eine Gefährdungshaftung, also keine Verschuldenshaftung. Man haftet auch ohne verschulden. Wenn nun zwei Kfz einen Unfall verursachen und die Verursachungsbeiträge gleich zu bewerten sind (zB bleibt der Unfallhergang unklar/unbewiesen), dann wird die Gefährlichkeit der Kfz berücksichtigt, sog. Betriebsgefahr des Kfz. Es wird also ermittelt, ob von einem Kfz eine höhere abstrakte Gefährlichkeit ausgeht und ob sich diese höhere Gefährlichkeit in dem konkreten Unfall auch verwirklicht hat, wobei nur vom bewiesenen Unfallhergang ausgegangen werden darf, u.U. also nur davon, dass die Kfz kollidiert sind. So ist die Betriebsgefahr eines LKW grds. höher als die eines PKW.
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Beitrag(#990577) Verfasst am: 29.04.2008, 13:02    Titel: Antworten mit Zitat

Agnostiker hat folgendes geschrieben:

In diesem Sinne kann man dann jedem Menschen eine durch seine blosse Existenz verursachte Verantwortung für seine Handlungen zuordnen. Dies ganz ohne Moralvorstellungen. Dass bei einer Gerichtsverhandlung die moralische Verantwortung des einzelnen moduliert werden kann durch Berücksichtigung seiner Vorgeschichte, seiner psychischen und physischen Verfassung zur Tatzeit und anderer Faktoren, ändert grundsätzlich nichts daran.

Man könnte dann immer noch argumentieren, dass ja jeder einzelne nicht "freiwillig" exisitiert, und daher jegliche Verantwortung abstreiten kann. Das kann er - aber leider nützt ihm das nicht das geringste. Er existiert nunmal, und wenn er das nicht ertragen kann, dann soll er halt abtreten...


"Gefährdungs"strafbarkeit beim Menschen (der Begriff Verantwortung ist hier irreführend). Völlig inkompatibel mit dem deutschen Strafrecht und intuitiv sehe ich auch ein verfassungsrechtliches Problem.
Dennoch ein interessanter Gedanke.
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