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Warum ich ein religionsfreundlicher Atheist bin
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Malcolm
Ekelpaket



Anmeldungsdatum: 25.07.2007
Beiträge: 1231
Wohnort: Hamburg

Beitrag(#1078944) Verfasst am: 02.09.2008, 17:20    Titel: Warum ich ein religionsfreundlicher Atheist bin Antworten mit Zitat

deirfloo hat folgendes geschrieben:

edit: zu deinem Rang: religionsfreundlicher Atheist:
Was zeichnet deiner Meinung nach die Religionen aus, daß du ihnen betont freundlich gegenüberstehst?
edit2: wenn du lieber woanders darüber sprechen willst als in Gears Eso-Thread, dann mach einen Thread mit dem Titel: "warum ich ein religionsfreundlicher Atheist bin" auf.


Das mache ich dann mal.

Warum bin ich ein religionsfreundlicher Atheist? Nun gut, ich komme aus dem Katholizismus. Ich habe bis heute die Religion nicht als etwas "mir Fremdes" weggestoßen. Ich bin damit vertraut. Mit dem Leben dort.

Meine Religionsfreundlichkeit hat sicher viele Facetten. Ein Facette ist sicherlich, daß ich sie als eine Kultur begreife, aus der ich heraus gewachsen bin, über die ich mit der Zeit allerdings sicher auch hinaus gewachsen bin. In diesem Sinne bin ich vielleicht immer noch eine Art Kulturchrist.

Christliche Fanatiker finde ich zum Kotzen, den einfachen Glauben einfacher Menschen finde ich aber irgendwie rührend.

Man kann den Glauben als ein großes System der Illusionen begreifen. Dem würde ich sogar zustimmen. Es ist aber ein System, das seinen Anhängern ein Gefühl vermittelt, in einem ewigen mythischen Gebäude von Glaubensinhalten zu ruhen. Da ich darin aufgewachsen bin, sicher als Kind durchaus auch gläubig war, kann ich dies nachvollziehen. Die "Gefühlswerte" gläubigen Lebens sind mir nicht fremd. Wie ich an anderer Stelle sagte, sind religiöse Begriffe für mich heute "illusionäre Begriffe. Diese Begriffe haben aber ihre emotionalen Bedeutungen. Ich möchte nicht ohne sie Leben, sie machen einen Teil meines emotionalen Reichtums aus.

Man nehme ein Wort wie "heilig". Dieses Wort hat sicherlich seine sprachlichen Wurzeln. Diese sprachlichen Wurzeln sind aber längst bedeutungslos geworden, jeder Versuch, das Wort auf etwas anderes zurückzuführen käme einer sprachlichen Trivialisierung gleich. Im Begriff des "Heiligen" schwingt eine ungeheuere Erhabenheit mit, sie mit "Unantastbarkeit" zu übersetzen, wäre eine sprachliche Trivialisierung und in der Sache auch falsch. Auch andere Wörter etwa haben ihre Wertigkeiten, das Wort "Gnade" etwa, wenn wir von einem begnadeten Künstler sprechen, drückt sich die emotional-begriffliche Wertigkeit darin aus.

Demut und Ehrfurcht sind andere Begriffe. In dem Begriff "Ehrfurcht" steckt die sprachliche Wurzel "Furcht", aber Ehrfurcht hat sich längst von aller trivialer Gottesfurcht gelöst. Und Demut ist etwas anderes als bloße Bescheidenheit.

In diesem Sinne eröffnet Religion dann eine über das Profane hinausgehende Sphäre. Eine Sphäre der Weltabgeschiedenheit, in der man "allem Profanen entrückt ist". Diese Entrückung, dieses Heraustreten aus der Sphäre des Alltags, ist mir kostbar.

Das im übrigen all diese Gefühlswerte mit religiösen Mitteln erreicht werden, die äußerst fragwürdig sind, ist auch wahr.

Sicher sind mir nicht alle Religionen gleich lieb. Es gibt profane Sekten, die sich Religionen nennen, aber in Wirklichkeit nur eine pseudowissenschaftliche Weltanschauung anzubieten haben.

Ich bin Atheist, ganz sicher, aber der christliche Mystizismus steht mir doch nahe. Wobei auch das Wort Mystik für mich ganz persönlich ein eher emotionaler, als ein begrifflich festzulegender Begriff ist. Was Mystik eigentlich ist, hat mich nie interessiert. Wichtig war mir nur, was für mich Mystik war. Und Mystik wurde für mich in erster Linie transportiert von Musik.

Im übrigen finde ich, daß die Bibel oder auch der Koran sehr interessante Texte sind, die zu studieren sich lohnt. Goethes Haltung zum Koran ist mir sehr sympathisch:

"Der Stil des Korans ist seinem Inhalt und Zweck gemäß streng, groß, furchtbar, stellenweise wahrhaft erhaben"

oder vom Koran als einem

"heiligen Buch, das uns, so oft wir auch daran gehen, immer von neuem anwidert, dann aber anzieht, in Erstaunen versetzt und am Ende Verehrung abnötigt"

Ich denke, das ließe sich auf die Bibel übertragen. Und diesen "intellektuellen Respekt" vor der Bibel und den Koran sollte man haben. Es gibt mit Sicherheit manches, was einen an den sogenannten "heiligen Schriften" anwidert, wie Goethe das sagt. Man muß sich nur der Tatsache bewußt sein, daß die Schöpfer von Bibel und Koran sicherlich hochintelligente Menschen waren. Vielleicht keine Menschen, die vom kleinen Mann eine sehr hohe Meinung gehabt haben. Bibel und Koran appellieren an die Primitivität des Menschen, diese ist aber da. Sie reden ihm nach dem Mund, setzen aber auch Glanzlichter. Der Erfolg gibt diesem Konzept recht. Einen "Markt der Religionen" gab es immer, es ist aber nun einmal kein Zufall, daß sich bestimmte Religionen durchgesetzt haben.

Daß die heiligen Schriften mit der Logik auf Kriegsfuß stehen ist auch wahr. Die Bibel wohl noch mehr als der Koran. Ich bin jedoch kein Rationalist. Ich denke, daß der Mensch auch irrational ist und ein Bedürfnis nach Irrationalität hat. Von Irrationalität in der Politik halte ich nicht viel. Aber von Irrationalität in der Kunst eine ganze Menge.

Ich bin sicher auch irrational. Ich bin vermutlich "auf irgendeiner Ebene" immer noch Christ. Vom Glauben an einen persönlichen Gott habe ich mich schon in früheren Jahren gelöst. An dieses superintelligente Superwesen, das alles sieht und alles weiß, kann ich nicht glauben. "Gott ist Licht" ( Jacobus) - das gefällt mir schon besser. Ich glaube allerdings, daß im christlichen Leben eine unpersönliche Vorstellung von höheren Mächten ganz sicher eine Rolle spielt. Aber es läuft letzlich doch immer wieder auf den Mann mit Bart hinaus.

Trotzdem denke ich, daß die Bibel und auch der Koran eine Gottesidee transportieren, die vielleicht ein bißchen über dieses atavistische Denken hinausgeht. "Höhere Mächte", keine intelligenten, keine persönlichen, ja, die gibt es für mich schon. Das Schicksal gibt es und das Gefühl schicksalhafter Begegnung. Und einen Optimismus, eine Lebensfreude, die sich mit einer dermaßen zwar unpersönlichen, aber doch auch erfüllten Gottesidee verbindet. Ich finde es ganz schön, an Gott in diesem Sinne glauben zu können. Nicht einfach einer kalten Welt gegenüber zu stehen, sondern einfach zu fühlen: Das Universum ist erfüllt von Persönlichem, Menschlichen. Ich verstehe das. Ich verstehe das, der kalten Materie einen persönlichen Stempel aufdrücken zu wollen.

Andererseits denke ich auch, daß sich viele Menschen mit der Gottesidee letzlich auch selber betrügen. Sie sagen: Nein, ein ganz so einfaches Gottesbild habe ich nicht. Nein, kein Mann mit Bart. Dann schon eher ein Mann ohne Bart. Das ist doch alles nur Selbstbetrug. Sie sagen Gott ist nicht einfach so eine Person, aber was "er" dann ist, wissen sie nicht recht zu sagen. Ich glaube in diesem Sinne habe ich mich mit meiner Mystik einige Jahre auch selber betrogen. Gott war nicht mehr personal, aber ein bißchen Personalität hatte er halt doch noch. Deshalb bin ich nicht nur religionsfreundlicher Atheist, sondern vor allem auch Atheist, weil Gott in diesem Sinne immer eine Person ist, vor der ich knie und mich verbeuge und das ist etwas, mit dem ich überhaupt nichts mehr anfangen kann. Übrigens ist da glaube ich auch kein so großer Bruch in meinem Leben, weil mir der Glaube an einen persönlichen Gott immer schwer gefallen ist.
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apothecarius
WOLLT IHR DEN TOTALEN FRIEDEN!?



Anmeldungsdatum: 24.07.2008
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Beitrag(#1078958) Verfasst am: 02.09.2008, 17:40    Titel: Antworten mit Zitat

Wenn ich dich recht verstehe, bist du ein Atheist, ohne ausgeprägten Materialismus.

Bei mir fing der aktive Atheismus an, als mir auffiel wie blödsinnig es ist, sich Gott als eine Energieformation mit Bewusstsein vorzustellen. Materialismus ist quasi mein Glaube. Dadurch wurde ich zum Atheisten.
Außerdem gehe ich Dingen lieber auf den Grund, als nur ihr schönes Äußeres zu betrachten. In deinem Post sagst du glaube ich aus, dass du die Illusion bevorzugst.

Respekt vor Religion habe ich auch, da sie eine gute Methode zur moralischen Entwicklung ist (wenn sie denn mal nicht missbraucht wird). Vor allem ist der Respekt aber auch notwendig. Mit Menschen zu reden, von denen man grundsätzlich denkt, sie seien Idioten, obwohl sie doch eigentlich recht nett sind, bringt nicht viel.
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Die Straße ist nicht nass
Also kann es nicht geregnet haben
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Malcolm
Ekelpaket



Anmeldungsdatum: 25.07.2007
Beiträge: 1231
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Beitrag(#1078964) Verfasst am: 02.09.2008, 17:57    Titel: Antworten mit Zitat

Richtig, Materialist bin ich ganz und gar nicht. Das ist vielleicht auch etwas, was mich mit dem Christentum noch verbindet, daß ich ihn gewissermaßen als Verbündeten im Kampf gegen den Materialismus sehe. Ein materialistisches, wissenschaftliches Weltbild finde ich einfach nur scheußlich.

Philosphisch gesehen verstehe ich nicht, warum die Menschen nicht vom Gegebenen ausgehen und stattdessen von dem, was bloße Konstruktion ist. Man sollte vom Sein ausgehen. Seiend, gegeben ist aber immer nur: "Ich sehe ein Pferd", "Ich höre eine Violine" usw. Das Pferd als Teil eines Bewußtseinsaktes ist gegeben. Ein Ding ist gegeben, aber eben nur als Teil eines Bewußtseinsaktes. Was die die Dinge jenseits der Bewußtseinsakte sein sollen, ist mir unklar.

Materie ist nur eine einfache wissenschaftliche Idee mit entsprechenden Folgen für die wissenschaftliche Methodik. Sie ist erfolgreich in der Chemie, wo man Stoffe als materielle Zusammensetzung anderer Stoffe interpretieren kann. Dagegen habe ich auch gar nichts. Ein Problem habe ich erst dann, wenn man eine solche Methodik zur Weltanschauung erhöht.

Ich meine Du bist ein fühlendes, lachendes und leidendes, denkendes, sehendes, fühlendes Individuum. Was für einen Bezug dazu hat da solch ein primitiver Weltgedanke wie Materie?
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Chinasky
dirty ol' man



Anmeldungsdatum: 27.03.2006
Beiträge: 1257
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Beitrag(#1078965) Verfasst am: 02.09.2008, 18:00    Titel: Re: Warum ich ein religionsfreundlicher Atheist bin Antworten mit Zitat

Malcolm hat folgendes geschrieben:


Das mache ich dann mal. ...



Danke für diese ausführliche Darlegung. Hört sich für mich überzeugend und - ich hasse dieses Wort, aber manchmal muß es sein - authentisch an. Allerdings würde ich fragen, ob nicht "spirituell" statt "religiös" der treffendere Begriff wäre? Den Begriff "religiös" verbinde ich persönlich immer, gewissermaßen in einem pawlowschen Reflex, mit "ideologisch". Mit Ideologie hat aber Deine Position, so wie ich sie verstanden habe, sehr, sehr wenig zu tun. Sie scheint mir im Gegenteil sogar als ein Paradebeispiel für das Fehlen alles Ideologischen zu stehen, auch des Ideologischen, daß sich in manchen Spielarten atheistischer Weltanschauungen (leider) findet.
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Zuletzt bearbeitet von Chinasky am 02.09.2008, 18:01, insgesamt einmal bearbeitet
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CoS
Antitheist



Anmeldungsdatum: 10.07.2005
Beiträge: 2734

Beitrag(#1078966) Verfasst am: 02.09.2008, 18:01    Titel: Antworten mit Zitat

Malcolm hat folgendes geschrieben:
Christliche Fanatiker finde ich zum Kotzen

Hmm wie nennst Du eine katholische Kirche, die bis vor 60 Jahren noch einen Diktator bald gottgleich verehrte, seinen "totalen Krieg" als "heiligen Krieg" preiste und seinen Schurken nach misslungenem Weltherrschaftsplan die Flucht ermöglichte?

Wie nennst Du eine katholische Kirche deren Vergangenheit aus Inquisition, Folter, Wissenschaftsfeindlichkeit, Kreuzzügen und Hexenverbrennungen bestand?

Kuschelchristen?

Das Wort "Fanatiker" und "Fundamentalist" ist mehr als nur subjektiv - Nur hats die Kirche in tausenden von Jahren geschafft zu verkaufen, dass es objektiv sei! Selber denken = Sünde!

Malcolm hat folgendes geschrieben:
Es ist aber ein System, das seinen Anhängern ein Gefühl vermittelt, in einem ewigen mythischen Gebäude von Glaubensinhalten zu ruhen.

Falsch! Es ist ein System, dass eine Erlösung von etwas verkauft, dass sie selber erst erfand (Satan). Es ist ein System, dass selbständiges Denken (= Satan - ließ die Bibel) als grundlegendes Übel und gemeinste aller Sünden propagiert und Erlösung nur der finden kann, der sich davon lossagt und den "Wahrheiten" der Kirche glaubt!

Ich finde an diesem Verein absolut NICHTS was in irgendeiner hinsicht seelig machend ist! Es ist ein abartiges, Leben verachtendes (Knie in diesem Leben, denn dieses Leben ist eh Scheisse - Das geile Leben kommt erst im Tod) und intolerantes System von machtgeilen Spinnern!

Das einzig positive was sie geschafft hat, ist den Sklaven tausende von Jahren lang einzubleuen, dass sie dienen sollen - Heute machen sie das mit grenzenloser Hingabe und genau deshalb funktioniert das System heute!
_________________
"Wenn Sie mich suchen, ich halte mich in der Nähe des Wahnsinns auf, genauer gesagt auf der schmalen Linie zwischen Wahnsinn und Panik, gleich um die Ecke von Todesangst, nicht weit weg von Irrwitz und Idiotie!"
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deirfloo
Globulisierungsgegner



Anmeldungsdatum: 26.06.2006
Beiträge: 1126

Beitrag(#1078971) Verfasst am: 02.09.2008, 18:07    Titel: Re: Warum ich ein religionsfreundlicher Atheist bin Antworten mit Zitat

Malcolm hat folgendes geschrieben:

Christliche Fanatiker finde ich zum Kotzen, den einfachen Glauben einfacher Menschen finde ich aber irgendwie rührend.

Rührend wie der Glaube an den Weihnachtsmann/Christkind? Du behandelst Gläubige wie kleine Kinder?
Malcolm hat folgendes geschrieben:

Man kann den Glauben als ein großes System der Illusionen begreifen. Dem würde ich sogar zustimmen. Es ist aber ein System, das seinen Anhängern ein Gefühl vermittelt, in einem ewigen mythischen Gebäude von Glaubensinhalten zu ruhen. Da ich darin aufgewachsen bin, sicher als Kind durchaus auch gläubig war, kann ich dies nachvollziehen. Die "Gefühlswerte" gläubigen Lebens sind mir nicht fremd. Wie ich an anderer Stelle sagte, sind religiöse Begriffe für mich heute "illusionäre Begriffe. Diese Begriffe haben aber ihre emotionalen Bedeutungen. Ich möchte nicht ohne sie Leben, sie machen einen Teil meines emotionalen Reichtums aus.

Ich fasse zusammen: Glaube=Illusion=mystische Gefühle=die mag ich, weil ich mich gerne an sie erinnere.
Ok. das klingt ja ganz gut, wenn da nicht diese Überheblichkeit wäre, die Wahrheit gepachtet zu haben (mal ganz abgesehen von den Übeln, die ausschließlich durch Religion möglich sind)
Malcolm hat folgendes geschrieben:

Man nehme ein Wort wie "heilig". Dieses Wort hat sicherlich seine sprachlichen Wurzeln. Diese sprachlichen Wurzeln sind aber längst bedeutungslos geworden, jeder Versuch, das Wort auf etwas anderes zurückzuführen käme einer sprachlichen Trivialisierung gleich. Im Begriff des "Heiligen" schwingt eine ungeheuere Erhabenheit mit, sie mit "Unantastbarkeit" zu übersetzen, wäre eine sprachliche Trivialisierung und in der Sache auch falsch. Auch andere Wörter etwa haben ihre Wertigkeiten, das Wort "Gnade" etwa, wenn wir von einem begnadeten Künstler sprechen, drückt sich die emotional-begriffliche Wertigkeit darin aus.

ad: Erhabenheit-Gnade: das sind alles Begriffe, die für mich in erster Linie die Überlegenheit des Gläubigen ausdrücken. Und: was unterscheidet einen begnadeten Künstler von einem nicht begnadeten?
Malcolm hat folgendes geschrieben:

In diesem Sinne eröffnet Religion dann eine über das Profane hinausgehende Sphäre. Eine Sphäre der Weltabgeschiedenheit, in der man "allem Profanen entrückt ist". Diese Entrückung, dieses Heraustreten aus der Sphäre des Alltags, ist mir kostbar.

Ok. Den Alltag hinter sich lassen ist ja ok. Aber muß ich mich dabei auf eine außernatürliche Entität beziehen? Wozu? Kannst du nicht in dich gehen und dem Alltagstrudel dem Rücken kehren ohne zugleich religiös zu fühlen (im Gegensatz zu "profan")
Malcolm hat folgendes geschrieben:

Sicher sind mir nicht alle Religionen gleich lieb. Es gibt profane Sekten, die sich Religionen nennen, aber in Wirklichkeit nur eine pseudowissenschaftliche Weltanschauung anzubieten haben.

Na das war beim Christentum genauso, nur daß das halt schon 2000 Jahre her ist. Nur weil die Pseudowissenschaft der Bibel schon so alt ist, daß sie nur noch belächelt wird (auch von Gläubigen) macht sie nicht richtiger.
Malcolm hat folgendes geschrieben:

Ich bin Atheist, ganz sicher, aber der christliche Mystizismus steht mir doch nahe. Wobei auch das Wort Mystik für mich ganz persönlich ein eher emotionaler, als ein begrifflich festzulegender Begriff ist. Was Mystik eigentlich ist, hat mich nie interessiert. Wichtig war mir nur, was für mich Mystik war. Und Mystik wurde für mich in erster Linie transportiert von Musik.

Wozu dann die religiöse Mystik? Musik kann das viel besser.
Malcolm hat folgendes geschrieben:

Im übrigen finde ich, daß die Bibel oder auch der Koran sehr interessante Texte sind, die zu studieren sich lohnt.

OK. Wenns da nicht Menschen gäbe, die daraus ihren Lebenssinn beziehen und mir sagen wollen, daß ich ewig verdammt bin, weil ich das nicht mache.
Malcolm hat folgendes geschrieben:

Aber von Irrationalität in der Kunst eine ganze Menge.

Zustimmung. Irrationalität, wenns um das Leben, das Universum und den ganzen Rest geht, finde ich aber nicht angebracht.

Viele Menschen glauben nicht an einen persönlichen Gott, aber an den Nutzen des Glaubens selbst.
Es wird suggeriert, daß der Glaube etwas erstrebenswertes ist, daß es gut ist, zu glauben, daß man jemand wahrhaft Gläubigen respektieren und beneiden muß.
Ich finde das Gegenteil ist der Fall: jemand, der wahrhaft glaubt, (an einen persönlichen Gott, der Sünden bestraft etc.) ist in meinen Augen sehr, sehr irrational und in keiner weise zu bewundern.
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Skeptical scrutiny is the means, in both science and religion, by which deep thoughts can be winnowed from deep nonsense.
Carl Sagan

was ich grade höre: http://www.cantosonor.eu
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Komodo
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Anmeldungsdatum: 27.05.2005
Beiträge: 4588
Wohnort: 2Fort

Beitrag(#1078972) Verfasst am: 02.09.2008, 18:12    Titel: Antworten mit Zitat

Malcolm hat folgendes geschrieben:
Ich meine Du bist ein fühlendes, lachendes und leidendes, denkendes, sehendes, fühlendes Individuum. Was für einen Bezug dazu hat da solch ein primitiver Weltgedanke wie Materie?
Ein Individuum basiert auf den Eigenschaften von Materie.
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deirfloo
Globulisierungsgegner



Anmeldungsdatum: 26.06.2006
Beiträge: 1126

Beitrag(#1078976) Verfasst am: 02.09.2008, 18:18    Titel: Antworten mit Zitat

Malcolm hat folgendes geschrieben:
Richtig, Materialist bin ich ganz und gar nicht. Das ist vielleicht auch etwas, was mich mit dem Christentum noch verbindet, daß ich ihn gewissermaßen als Verbündeten im Kampf gegen den Materialismus sehe. Ein materialistisches, wissenschaftliches Weltbild finde ich einfach nur scheußlich.

Warum?
Malcolm hat folgendes geschrieben:

Philosphisch gesehen verstehe ich nicht, warum die Menschen nicht vom Gegebenen ausgehen und stattdessen von dem, was bloße Konstruktion ist. Man sollte vom Sein ausgehen. Seiend, gegeben ist aber immer nur: "Ich sehe ein Pferd", "Ich höre eine Violine" usw. Das Pferd als Teil eines Bewußtseinsaktes ist gegeben. Ein Ding ist gegeben, aber eben nur als Teil eines Bewußtseinsaktes. Was die die Dinge jenseits der Bewußtseinsakte sein sollen, ist mir unklar.

Du glaubst also nicht, daß jemand eine Violine spielen muß, damit du sie hörst?
Malcolm hat folgendes geschrieben:

Materie ist nur eine einfache wissenschaftliche Idee mit entsprechenden Folgen für die wissenschaftliche Methodik. Sie ist erfolgreich in der Chemie, wo man Stoffe als materielle Zusammensetzung anderer Stoffe interpretieren kann. Dagegen habe ich auch gar nichts. Ein Problem habe ich erst dann, wenn man eine solche Methodik zur Weltanschauung erhöht.

Der Materealismus hat halt eben Erklärungen parat, ohne auf religiöse Dogmen oder spirituelles Gesülze zurückgreifen zu müsen.
Freilich kannst du deine Umgebung nur als Bewußtseinseindruck erfahren, aber die Kollektiven erfahrungsgleichheiten (zB in wissenschaftlichen Experimenten) haben doch einen sehr hohen Wahrscheinlichkeitsgrad der Wahrheit schon ein Stückchen näher zu sein, als bloße Behauptungen, oder?

Du verdrehst da was: Materie ist eine einer Weltanschauung entgegengesetzte Idee.
Sie zeigt, daß es auch andere Erklärungsversuche gibt, als Behauptungen.
Die wissenschaftliche Methodik war zum ersten mal ein verläßliches und vor allem überprüfbares System der Wahrheitsfindung.
Malcolm hat folgendes geschrieben:

Ich meine Du bist ein fühlendes, lachendes und leidendes, denkendes, sehendes, fühlendes Individuum. Was für einen Bezug dazu hat da solch ein primitiver Weltgedanke wie Materie?

Mir kommt vor, du setzt dein Bewußtsein und dein persönliches Empfinden als außerhalb der Materie befindlich an. Warum sollte das so sein? Nimm dich selbst nicht so wichtig.
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Zuletzt bearbeitet von deirfloo am 02.09.2008, 18:30, insgesamt einmal bearbeitet
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Boson
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Anmeldungsdatum: 02.12.2007
Beiträge: 209

Beitrag(#1078984) Verfasst am: 02.09.2008, 18:26    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Mir kommt vor, du setzt dein Bewußtsein und dein persönliches Empfinden als außerhalb der Materie befindlich an. Warum sollte das so sein? Nimm dich selbst nicht so wichtig.


Ich hoffe nicht, dass er das macht. Wer glaubt, seine Persönlichkeit wäre nicht das Produkt seines materiellen Körpers ist von vornherein raus aus der Diskussion und kann genauso gut zu einem Jesus beten oder hoffen, dass der Hirntumor von einem Stein geheilt wird.

Nur nebenbei, der Materialismus ist die bei weitem schönste und faszinierenste Weltanschauung und vermag die wunderbare Eleganz der Natur aufzudecken. Keine andere Anschauung kann dies, da sie banale Kindsphantasien als Basis verwenden die der Natur absolut unwürdig sind.


Zuletzt bearbeitet von Boson am 02.09.2008, 18:27, insgesamt 2-mal bearbeitet
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Malcolm
Ekelpaket



Anmeldungsdatum: 25.07.2007
Beiträge: 1231
Wohnort: Hamburg

Beitrag(#1078985) Verfasst am: 02.09.2008, 18:27    Titel: Re: Warum ich ein religionsfreundlicher Atheist bin Antworten mit Zitat

Chinasky hat folgendes geschrieben:
Malcolm hat folgendes geschrieben:


Das mache ich dann mal. ...



Danke für diese ausführliche Darlegung. Hört sich für mich überzeugend und - ich hasse dieses Wort, aber manchmal muß es sein - authentisch an. Allerdings würde ich fragen, ob nicht "spirituell" statt "religiös" der treffendere Begriff wäre? Den Begriff "religiös" verbinde ich persönlich immer, gewissermaßen in einem pawlowschen Reflex, mit "ideologisch". Mit Ideologie hat aber Deine Position, so wie ich sie verstanden habe, sehr, sehr wenig zu tun. Sie scheint mir im Gegenteil sogar als ein Paradebeispiel für das Fehlen alles Ideologischen zu stehen, auch des Ideologischen, daß sich in manchen Spielarten atheistischer Weltanschauungen (leider) findet.


Ich habe umgekehrt mit dem Begriff des Spirituellen meine Schwierigkeiten. Er hat für mich unbedingt seine praktische Bedeutung. Im Kontext eines religiösen Rahmens signalisiert "spirituell" für mich das mein Gegenüber, sofern es sich "spirituell" nennt, vielleicht eine etwas komplexere Auffassung religiöser Dinge hat. Diese praktische Bedeutung des Wortes spirituell schätze ich sehr.

Abgesehen davon frage ich mich allerdings, was diese begriffliche Differenzierung zwischen religiös und spirituell wirklich zu sagen hat. Man kann mit Sicherheit auch religiös auf ganz bestimmten Ebenen sein, man kann die Bibel nicht ganz so wörtlich nehmen etcetera. Dann ist man auch religiös, nur anders religiös, vielleicht komplexer religiös.

Heute wollen aber alle "spirituell" sein, dieses Wort macht entschieden Karriere und ich sehe dies sehr skeptisch. Das Wort, das mein alter Duden noch als "bildungssprachlich" ausweist, wird heute mit Sicherheit nicht mehr in der alten begrifflichen Schärfe von "geistig", "geistlich" sondern ist in der Karriere, die es gemacht hat, als "angesagter Massenbegriff" zum bloßen Synonym für "religiös", nur natürlich ganz anders, viel schicker. Also wird heute der Rosenkranz gebetet, aber man ist doch nicht religiös dabei - Gott bewahre - man ist "spirituell". Mit irgendeiner begrifflichen Schärfe hat das wirklich gar nichts mehr zu tun.

Ich habe für dieses "bildungssprachliche" Wort, das früher kaum benutzt wurde, heute aber in aller Munde ist und dabei jede begriffliche Schärfe verliert, überhaupt keine Verwendung. Ich finde seine Karriere interessant, denke aber das dieses Wort nur insofern interessant ist, als mit ihm "Sprachspiele" stattfinden. Sollte es damit weitergehen, wird es vermutlich darauf hinaus laufen, daß das Religiöse unmodern wird und jedes fromme Mütterchen und jeder christliche Fanatiker "spirituell" geworden sind. Spätestens dann wird man sich ein neues einfallen lassen müssen.


Zuletzt bearbeitet von Malcolm am 02.09.2008, 18:31, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag(#1078986) Verfasst am: 02.09.2008, 18:29    Titel: Antworten mit Zitat

Malcolm hat folgendes geschrieben:
Ein materialistisches, wissenschaftliches Weltbild finde ich einfach nur scheußlich.

"scheußlich" ist ja nun eine ästhetische Kategorie. Verstehe ich Dich richtig, daß Du Dein Weltbild nach geschmacklichen Kriterien auswählst, eher nach Schönheit oder Heimeligkeit, als nach Stimmigkeit?
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Beiträge: 1126

Beitrag(#1078997) Verfasst am: 02.09.2008, 18:44    Titel: Re: Warum ich ein religionsfreundlicher Atheist bin Antworten mit Zitat

Malcolm hat folgendes geschrieben:

Heute wollen aber alle "spirituell" sein

falsch
Malcolm hat folgendes geschrieben:
, dieses Wort macht entschieden Karriere und ich sehe dies sehr skeptisch. Das Wort, das mein alter Duden noch als "bildungssprachlich" ausweist, wird heute mit Sicherheit nicht mehr in der alten begrifflichen Schärfe von "geistig", "geistlich" sondern ist in der Karriere, die es gemacht hat, als "angesagter Massenbegriff" zum bloßen Synonym für "religiös", nur natürlich ganz anders, viel schicker. Also wird heute der Rosenkranz gebetet, aber man ist doch nicht religiös dabei - Gott bewahre - man ist "spirituell". Mit irgendeiner begrifflichen Schärfe hat das wirklich gar nichts mehr zu tun.

Spirituell ist abgesehen von der religiösen Bedeutung meistens alles, wofür man in Erklärungsnotstand gerät (Siehe Esoterik)(Siehe Homöopathie, die in Krankheiten "geistartige Verstimmungen" der "Lebenskraft" bzw. des "Lebensprinzips" sieht.
Mal eine Frage: was beantwortet es denn, wenn man schwer beantwortbare Dinge einfach als spirituell bezeichnet?
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Carl Sagan

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Anmeldungsdatum: 21.09.2007
Beiträge: 122

Beitrag(#1078999) Verfasst am: 02.09.2008, 18:48    Titel: Antworten mit Zitat

@ CoS wann war hier von der katholischen Kirche die Rede?

@deirfloo Was ist an Rationalität deiner Meinung nach so erstrebenswert, dass man sie bewundern müsste bzw. das Gegenteil nicht bewundern düfte? Wer gibt dir das Recht zu bewerten, ob Glauben vor allem für einzelne gut oder schlecht ist.

Wer sagt der Rationale Lebensstil sei der einzig gute? Jeder Mensch hat das verdammte Recht sich verblenden zu lassen, wenn er das will.
Der Glaube, man bringe den Menschen mit Rationalität irgend eine Art von Befreiung, man müsse Gläubige von der Unsinnigkeit ihres Glaubens überzeugen ist für mich extrem überheblich.

Zum Materialismus:
Solange der Materialismus ein System zur Wahrheitsfindung bleibt, und nicht zur allgemein hingenommenen "Wahrheit" mutiert ist nichts gegen ihn einzuwenden. Es existiert aber leider auch mittlerweile eine Tendenz vieler "Materialisten" zu glauben sie hätten die Wahrheit für sich gepachtet weil sie behaupten Dinge "wissenschaftlich" anzugehn und sich dabei zum Beispiel auf irgend eine Studie von sagen wir mal 2000 Leuten stützen. Da rutscht das Ganze meiner Meinung nach schon ein bisschen in Richtung "Glaube" ab. Und schon mal darüber nachgedacht?:

wer sagt mir, dass das was ich als grün empfinde für andere nicht (aus meiner Sicht) blau aussehen würde, obwohl er selbst es genauso als Grün bezeichnet? Wissenschaftlich wäre das nicht überprüfbar, weil alle der Meinung sind grün zu sehen, wenn sie die Farbe sehen von der ihnen beigebracht wurde, dass sie "grün" heißt.

Ist natürlich nur ein kindliches Gedankenkonstrukt, aufgrund des sehr ähnlichen Aufbaus des Menschlichen Körpers bzw. Auges ist eine unterschiedliche Verarbeitung eher unwahrscheinlich. Was ich meine - alles was über unsere eigene Wahrnehmung hinaus geht ist entweder nur sekundär untersuchbar oder gar nicht, weil nicht bekannt. Also ist es schlicht nicht möglich "die Wahrheit" zu finden, nur sie zu suchen, was ich persönlich als sehr spannende Beschäftigung empfinde.

Ich sehe keinen Grund religiöse Gefühle an sich abzuwerten. Sie sind nicht weniger und nicht mehr Wert als andere Gefühle, in jedem Fall einfach eine körperliche Reaktion, Hormonausschüttung. Wieso sollte das nicht durch Religion erreicht werden?

Viele Menschen leben gut mit ihrer Religion auch ohne Missionieren zu müssen, genau wie viele "Materialisten". Mit welcher Begründung sollte man ihnen das absprechen? Weil es laut eigener Weltanschauung "verblendet" "irrational" "nicht richtig" ist? Gibt uns das das Recht uns einzumischen?
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Malcolm
Ekelpaket



Anmeldungsdatum: 25.07.2007
Beiträge: 1231
Wohnort: Hamburg

Beitrag(#1079020) Verfasst am: 02.09.2008, 19:17    Titel: Antworten mit Zitat

Boson hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Mir kommt vor, du setzt dein Bewußtsein und dein persönliches Empfinden als außerhalb der Materie befindlich an. Warum sollte das so sein? Nimm dich selbst nicht so wichtig.


Ich hoffe nicht, dass er das macht. Wer glaubt, seine Persönlichkeit wäre nicht das Produkt seines materiellen Körpers ist von vornherein raus aus der Diskussion und kann genauso gut zu einem Jesus beten oder hoffen, dass der Hirntumor von einem Stein geheilt wird.

Nur nebenbei, der Materialismus ist die bei weitem schönste und faszinierenste Weltanschauung und vermag die wunderbare Eleganz der Natur aufzudecken. Keine andere Anschauung kann dies, da sie banale Kindsphantasien als Basis verwenden die der Natur absolut unwürdig sind.


Das ist doch alles Blödsinn. Aus welcher Diskussion bin ich hier bitteschön raus? Der Materialismus ist ganz einfach eine äußerst primitive philosophische Idee. Wobei sich mir schon der Magen umdreht, sie überhaupt philosophisch zu nennen.

Ihren Auftrieb bekommt diese Idee nur dadurch, daß es Menschen gibt, die wissenschaftliche Methodik mit philsoophischer Weltanschauung verwechseln.

Die Tatsache, daß mein Körper aus Atomen besteht, sofern ich ihn wissenschaftlich betrachte, sagt
gar nichts darüber aus, was ich eigentlich bin und was der Mensch ist. Nur weil der Materialismus die unter Atheisten beliebteste Weltidee ist, heißt das nicht, daß irgend jemand aus irgend einer Diskussion raus ist, sofern er diese Meinung nicht teilt.

In Wahrheit ist es doch ganz andersherum. Die Wissenschaften haben ihre Integrität von empirisch nachprüfbaren Methoden, und die Philosophie hat die ihr eigene Integrität. Die Philosophie fragt: Was wissen wir mit Sicherheit? Das ist ihre Integrität. Sie muß von daher von einem Sein ausgehen. "Ich sehe eine Feuerleiter". Das sind Bewußtseinsakte, die seinsmäßig erfahren werden. Was dann das "Ich" ist und was die Feuerleiter, bleibt dabei völlig unklar. Die Bewußtseinsakte sind ursprünglich gegeben. Materialismus dagegen konstruiert ein Sein, daß jenseits meiner Bewußtseinsakte gegeben sein soll und daß ich dann auch noch sein soll. Das ist philosophisch hanebüchen.

Übrigens: Da hier von mir "Bescheidenheit" angemahnt wurde. Die völlige Unbescheidenheit der Materialisten besteht darin, daß sie eine "Weltanschauung" vor sich her tragen, die nun wirklich jeder Idiot begreift und mit dem sie sich jedem Philosophieprofessor gegenüber überlegen fühlen. Dabei haben sie von philosophischen Fragestellungen keinen blassen Schimmer. "Bescheidenheit" heißt da also wirklich nur "Zurück ins Glied". Und das ist der Größenwahn der Durchschnittlichkeit.

"Bescheiden sein" kann man nur in Bezug auf etwas. Alles andere ist nicht besser als "christliche Demut". Ich kann anerkennen, daß Kafka besser schreiben konnte. Daß Beethoven zweifellos musikalischer war. Und daß der Elektriker mehr von Elektroleitungen versteht als ich. Das ist alles eine durchaus sinnvolle Bescheidenheit. Umgekehrt darf ich vielleicht aber auch "unbescheiden" sein. Jenseits dessen hat "Bescheidenheit" für mich überhaupt keinen Sinn. Materialismus mit "Bescheidenheit" zu verbinden und Nichtmaterialismus mit "Unbescheidenheit", wird mir kein Materialist erklären können, das ist einfach nur zutiefst irrational. Wenn auch alltäglich.

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apothecarius
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Beitrag(#1079027) Verfasst am: 02.09.2008, 19:35    Titel: Antworten mit Zitat

Materialismus ist scheußlich.
Wie gesagt: Die Stahlträger drin sind für mich interessanter als die angemalte Fassade.

Die Sinnfrage ist beim Materialismus allerdings auch immer so ein Problem. Da alles Leben zufällig und ohne Plan entstand, gibt es keinen Sinn des Lebens. Für den Materialismus braucht man also einen guten Selbsterhaltungstrieb (zum bleiben, nicht zum werden; wir verstehen uns zwinkern )
Dass ich Emotionen wie (fast) jeder andere Mensch auch habe, will ich schon einräumen.
Aber Frage an dich: Räumst du ein, dass diese nicht viel mehr als Effekte durch Hormone oder Stromstöße sind?

Materialismus ist primitiv
Mag sein, aber er ist stimmig. Je weniger Regeln, desto unwahrscheinlicher sind Fehler.

Nehmen wir mal zwei Gleichungen:

1 = 1
2 = 1+1

Beide sind richtig, auch wenn die erste einfacher zu merken ist.
Wissenschaftliche Methodik und Philosophie können übrigens durchaus viel miteinander zu tun haben. Materialisten und Mathematiker haben so wie ich das sehe viel gemeinsam. Die einen nennen das Logik, die anderen Kaltblütigkeit
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Malcolm
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Beitrag(#1079036) Verfasst am: 02.09.2008, 19:55    Titel: Antworten mit Zitat

deirfloo hat folgendes geschrieben:

Du verdrehst da was: Materie ist eine einer Weltanschauung entgegengesetzte Idee.
Sie zeigt, daß es auch andere Erklärungsversuche gibt, als Behauptungen.
Die wissenschaftliche Methodik war zum ersten mal ein verläßliches und vor allem überprüfbares System der Wahrheitsfindung.


Es geht gar nicht um Materie. Es geht um den Materialismus. Dieser ist eine Weltanschauung. Sie sagt alles, was eigentlich ist, ist Materie und ist darin hinreichend beschreibbar. Alles menschliche Leben sind materielle Prozesse und sind als materielle Prozesse hinlänglich beschreibbar und verstehbar. Dann setzt Du wissenschaftliche Methodik mit dem Materialismus in eins. Und das kann man schlicht nicht machen. Es geht gar nicht darum, daß der Mensch auch materiell beschreibbar ist. Es geht um die Verabsolutierung: Der Mensch ist essentiell Materie und als solche vollständig verstehbar.


Mir geht es gar nicht darum, daß ich außer dem materiellen ein "geistiges" Wesen bin und mein Geist abends, wenn ich das Licht ausschalte noch fluoriszierend leuchte. Das ist Spiritismus und es ist eine Albernheit, mir den unterstellen zu wollen.
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Komodo
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Beitrag(#1079042) Verfasst am: 02.09.2008, 20:02    Titel: Antworten mit Zitat

Und was findest du am Materialismus jetzt scheußlich, Malcolm? Am Kopf kratzen
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step
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Beitrag(#1079062) Verfasst am: 02.09.2008, 20:40    Titel: Antworten mit Zitat

chaoskätzchen hat folgendes geschrieben:
Wer sagt der Rationale Lebensstil sei der einzig gute?

Niemand? Die meisten Rationalisten argumentieren nur, daß die kritisch-rationale Methode bisher das verläßlichste Wissen erwirtschaften konnte, mehr nicht.

chaoskätzchen hat folgendes geschrieben:
Jeder Mensch hat das verdammte Recht sich verblenden zu lassen, wenn er das will.

Genau, das ist ähnlich wie mit den Drogen. Aberglaube sollte nur dann verboten werden, wenn er die Gesellschaft zu teuer zu stehen kommt.

chaoskätzchen hat folgendes geschrieben:
wer sagt mir, dass das was ich als grün empfinde für andere nicht (aus meiner Sicht) blau aussehen würde, obwohl er selbst es genauso als Grün bezeichnet? Wissenschaftlich wäre das nicht überprüfbar, weil alle der Meinung sind grün zu sehen, wenn sie die Farbe sehen von der ihnen beigebracht wurde, dass sie "grün" heißt.

Was wäre denn Besonderes daran, wenn verschiedenen Menschen bei demselben Grün unterschiedliche Empfindungen haben? Ist das nicht ganz normal? Die Theorie von "Grün" bliebe gültig, was noch fehlt wäre eine detaillierte Theorie der Empfindungen. So what?

chaoskätzchen hat folgendes geschrieben:
... Was ich meine - alles was über unsere eigene Wahrnehmung hinaus geht ist entweder nur sekundär untersuchbar oder gar nicht, weil nicht bekannt. Also ist es schlicht nicht möglich "die Wahrheit" zu finden, nur sie zu suchen, was ich persönlich als sehr spannende Beschäftigung empfinde.

Es ist offensichtlich möglich, Theorien auzustellen, mithilfe derer man die wahrzunehmende Welt besser oder schlechter berechnen kann. Es hat sich gezeigt, daß Theorien mit Göttern schlechter geeignet (oder gar keine Theorien) sind.
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Malcolm
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Beitrag(#1079115) Verfasst am: 02.09.2008, 22:03    Titel: Antworten mit Zitat

Komodo hat folgendes geschrieben:
Und was findest du am Materialismus jetzt scheußlich, Malcolm? Am Kopf kratzen


Der Materialismus kommt mir als ein Weltbild daher, daß alles und jedes zu erklären können glaubt, wenn auch nicht in der Gegenwart, aber potentiell. Ich finden den Menschen und das Leben aber staunenswert, geheimnisvoll, wundervoll.

Wie ich schon gedruckt gefunden habe: Liebe ist eigentlich Sexualität. Und Sexualität ist dann wieder ein Instinkt. Und dieser Instinkt ist dann wieder durch chemische Prozesse gesteuert. Findest Du das schön? Findest Du das schön, Liebe als chemischen Prozeß zu begreifen und als wirklich gar nichts anderes?

Das Leben ist geheimnisvoll. Aber was bedeutet Geheimnis? Geheimnis meint hier doch eher eine Metapher und meint nicht irgendein Geheimnis, das irgendwo für mich bereit liegt und das ich nur aufzudecken brauche.

Ich denke letzlich, daß der Mensch frei ist. Und wenn es eine Futorologie auf materialistischer oder wissenschaftlicher Grundlage gäbe, die mir wissenschaftlich bewiese wie ich morgen handelte? Nun, wüßte ich von einer solchen Prognose, dann würde ich doch zweifellos anders handeln können und auch tun und sei es nur, um die Prognose zu widerlegen. Es sei denn ich wäre Zwangsneurotiker und müßte alles tun, was die Wissenschaft mir prognostiziert. Insofern wird die wissenschaftliche Methode einiges Wissenswertes erforschen, aber die menschliche Freiheit niemals einholen können.

Also die Wissenschaft kann einiges erklären, aber vieles wird sie nie begreifen können. Würde sie alles erklären können, würde sie auch menschliches Handeln erklären können, dieses ist aber frei und freies menschliches Handeln erklären zu wollen führt in eine Paradoxie.

All solche Ansichten übrigens verbinden mich teilweise mit dem christlichen Weltbild und trennen mich zweifelsohne vom materialistischen. Schon von daher bin ich ein religionsfreundlicher Atheist, erstmal, weil ich sowieso ein freundlicher Mensch bin, zweitens aber gibt es mancherleie Wahn in dieser Gesellschaft, auch atheistischen und warum sollte ich zu Christen ein schlechtes Verhältnis haben, wenn mich mit den meisten anderen Atheisten möglicherweise sogar noch weniger verbindet.

Und immerhin sehe ich in der Religion eine gewisse Eigendynamik. Weltanschauungen sind dagegen meistens starr und entwickeln sich keinen Schritt weiter. Natürlich schreitet die Wissenschaft voran. Das ist aber eben gerade kein kultureller Fortschritt.
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step
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Beitrag(#1079119) Verfasst am: 02.09.2008, 22:09    Titel: Antworten mit Zitat

Malcolm hat folgendes geschrieben:
Also die Wissenschaft kann einiges erklären, aber vieles wird sie nie begreifen können. Würde sie alles erklären können, würde sie auch menschliches Handeln erklären können, dieses ist aber frei und freies menschliches Handeln erklären zu wollen führt in eine Paradoxie.

Aha, von daher weht der Wind! Du möchtest Dein Dogma der Handlungsfreiheit aufrechterhalten.
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Beitrag(#1079171) Verfasst am: 02.09.2008, 22:58    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Malcolm hat folgendes geschrieben:
Also die Wissenschaft kann einiges erklären, aber vieles wird sie nie begreifen können. Würde sie alles erklären können, würde sie auch menschliches Handeln erklären können, dieses ist aber frei und freies menschliches Handeln erklären zu wollen führt in eine Paradoxie.

Aha, von daher weht der Wind! Du möchtest Dein Dogma der Handlungsfreiheit aufrechterhalten.


Und wenn Dir prognostiziert würde, daß Du morgen blaue Strümpfe trägst, würdest Du Dir vermutlich auch welche anziehen? Also ich nicht. Das meint, kein Wissen kann jemals die menschliche Freiheit tangieren. Inwiefern der Mensch dann tatsächlich auch frei ist und in welchem Maße er auch gesteuert ist, ist eine Frage, über deren Antwort ich wenig weiß und insofern auch gar nicht dogmatisch bin.
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vanini
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Beitrag(#1079187) Verfasst am: 02.09.2008, 23:16    Titel: Antworten mit Zitat

Malcolm hat folgendes geschrieben:
Der Materialismus ist ganz einfach eine äußerst primitive philosophische Idee. Wobei sich mir schon der Magen umdreht, sie überhaupt philosophisch zu nennen.

Ihren Auftrieb bekommt diese Idee nur dadurch, daß es Menschen gibt, die wissenschaftliche Methodik mit philsoophischer Weltanschauung verwechseln.



Nun ja, Malcolm, es steht dir gewiss frei, zu denken und zu glauben, was immer du willst. Aber wenn ich so deine Einlassungen besehe, offenbarst du eine völlige Desorientierung und Unkenntnis der elementarsten Fundemente sowohl von wissenschaftlicher Methodik, Erkenntnistheorie sowie Philosophie im Allgemeinen. Statt dessen versuchst ernsthaft, ich kann mich da nur ausdrücklich wiederholen, unter jenen Etiketten oberflächlichste infantil-religiöse Kampf-Popänze aufzufahren, dass es einem wirklich die Fußnägel hochrollt.
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Komodo
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Beitrag(#1079189) Verfasst am: 02.09.2008, 23:18    Titel: Antworten mit Zitat

Malcolm hat folgendes geschrieben:
Komodo hat folgendes geschrieben:
Und was findest du am Materialismus jetzt scheußlich, Malcolm? Am Kopf kratzen


Der Materialismus kommt mir als ein Weltbild daher, daß alles und jedes zu erklären können glaubt, wenn auch nicht in der Gegenwart, aber potentiell. Ich finden den Menschen und das Leben aber staunenswert, geheimnisvoll, wundervoll.

Wie ich schon gedruckt gefunden habe: Liebe ist eigentlich Sexualität. Und Sexualität ist dann wieder ein Instinkt. Und dieser Instinkt ist dann wieder durch chemische Prozesse gesteuert. Findest Du das schön? Findest Du das schön, Liebe als chemischen Prozeß zu begreifen und als wirklich gar nichts anderes?
Ja, das finde ich sogar sehr schön. Liebe verliert seine Schönheit nicht, weil man weiß, was sie ist. Im Gegenteil, sie Gewinnt einen Aspekt hinzu. Liebe ist Liebe und bleibt Liebe, aber man weiß zusätzlich, was dahinter steckt.

Dasselbe empfinde ich für das ganze Universum. Nichts, keine einzige Existenz verliert seine Natur an sich, sondern wird um seine eigene Natur hin erweitert. Früher war ein Stern ein heller Punkt am Himmel, heute ist es ist ein heller Punkt am Himmel, der eine unvorstellbar weit entfernte, riesige, von Kernfusion erleuchtete Gasblase ist.

Malcolm hat folgendes geschrieben:
Das Leben ist geheimnisvoll. Aber was bedeutet Geheimnis? Geheimnis meint hier doch eher eine Metapher und meint nicht irgendein Geheimnis, das irgendwo für mich bereit liegt und das ich nur aufzudecken brauche.
Sondern?

Malcolm hat folgendes geschrieben:
Ich denke letzlich, daß der Mensch frei ist. Und wenn es eine Futorologie auf materialistischer oder wissenschaftlicher Grundlage gäbe, die mir wissenschaftlich bewiese wie ich morgen handelte? Nun, wüßte ich von einer solchen Prognose, dann würde ich doch zweifellos anders handeln können und auch tun und sei es nur, um die Prognose zu widerlegen. Es sei denn ich wäre Zwangsneurotiker und müßte alles tun, was die Wissenschaft mir prognostiziert. Insofern wird die wissenschaftliche Methode einiges Wissenswertes erforschen, aber die menschliche Freiheit niemals einholen können.
Bei einer entsprechend genauen Prognose, kannst du dich nicht anders Verhalten als vorhergesagt. Eine entsprechend genaue Prognose berücksichtigt jeden dich beeinflussenden Faktor, also auch, dass du die Prognose sehen wirst. Du kannst sie nicht einmal Nachvollziehen, weil sie mehr über dich und deine Umwelt weiß, als du selbst.

Malcolm hat folgendes geschrieben:
Also die Wissenschaft kann einiges erklären, aber vieles wird sie nie begreifen können. Würde sie alles erklären können, würde sie auch menschliches Handeln erklären können, dieses ist aber frei und freies menschliches Handeln erklären zu wollen führt in eine Paradoxie.
Ich halte Menschen nicht für Frei.

Malcolm hat folgendes geschrieben:
All solche Ansichten übrigens verbinden mich teilweise mit dem christlichen Weltbild und trennen mich zweifelsohne vom materialistischen. Schon von daher bin ich ein religionsfreundlicher Atheist, erstmal, weil ich sowieso ein freundlicher Mensch bin, zweitens aber gibt es mancherleie Wahn in dieser Gesellschaft, auch atheistischen und warum sollte ich zu Christen ein schlechtes Verhältnis haben, wenn mich mit den meisten anderen Atheisten möglicherweise sogar noch weniger verbindet.

Und immerhin sehe ich in der Religion eine gewisse Eigendynamik. Weltanschauungen sind dagegen meistens starr und entwickeln sich keinen Schritt weiter. Natürlich schreitet die Wissenschaft voran. Das ist aber eben gerade kein kultureller Fortschritt.
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Beitrag(#1079247) Verfasst am: 03.09.2008, 01:32    Titel: Antworten mit Zitat

@step
Ich denke schon, dass Rationalisten je nachdem welche Prägung sie haben (in der Wissenschaft gibt es ja auch immer viele unterschiedliche Sichtweise) oft versuchen einem vorzuschreiben, wie man sein Leben zu führen hat - z.B. Antiraucher Kampagnen.

Rationalität fließt auch (mehr oder weniger) in die Gesetzgebung ein, wobei die Sinnhaftigkeit dessen nur in den jeweiligen Fällen wirklich diskutabel ist.

Ich rede hier aber auch nur von Extremen, nicht von einer Weltsicht -anschauung -was auch immer- an sich, nur von ihren Fanatikern.

Das Beispiel mit dem grün war nur eine Erklärung zu der nächsten Aussage, sie sollte unterstreichen, dass Wahrnehmung etwas sehr subjektives ist, das viele Ergebnisse verfälschen kann und dies auch tut.

Habe ich behauptet man könnte die "Wirklichkeit" mit Göttern beschreiben? Ich habe eigentlich nur gesagt, dass es keine wirklich objektive Methode gibt die ganze Wirklichkeit zu beschreiben, wodurch für mich ableitbar ist, dass das finden einer einzig wahren "Wahrheit" für Menschen nicht möglich ist.
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Beitrag(#1079249) Verfasst am: 03.09.2008, 01:50    Titel: Antworten mit Zitat

Die menschliche Freiheit würde ich nicht auf die Handlungsfreiheit beschränken.
An sich ist es so - um das Verhalten, das Denken, das Fühlen eines Menschen in jeder Situation jede Sekunde seines Lebens mit all seinen Auslösern und Folgen nachvollziehen zu können bräuchte es eine weitaus höher entwickelte Technologie als sie derzeit existiert.
Deshalb ist es dem Menschen vergleichbar nur sehr eingeschränkt möglich den Menschen in seinem Denken, Handeln und Sein zu manipulieren.
Dies, finde ich, kann man zumindest als persönliche Freiheit titulieren

@Malcolm

Zitat:
Wie ich schon gedruckt gefunden habe: Liebe ist eigentlich Sexualität. Und Sexualität ist dann wieder ein Instinkt. Und dieser Instinkt ist dann wieder durch chemische Prozesse gesteuert. Findest Du das schön? Findest Du das schön, Liebe als chemischen Prozeß zu begreifen und als wirklich gar nichts anderes?

Auch, wenn die Frage nicht an mich war - Ja finde ich, weil es an meinen Empfindungen diesbezüglich nichts ändert. Das muss es auch nicht. In emotionalen Situationen kann man nur allzugut "Wissen" ausblenden, und das ist oft auch gut so.
Sich neues "Wissen" anzueignen entspricht der menschlichen Neugierde und löst bekanntermaßen ausschüttung von Glückshormonen aus, das aber nur nebenbei.
Man sollte den Materialismus nicht allgemein verdammen, bloß weil er auch fanatische Verteter hat. Das wäre wie das Christentum für seine Missionare zu verdammen.
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Malcolm
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Beitrag(#1079250) Verfasst am: 03.09.2008, 01:51    Titel: Antworten mit Zitat

Komodo hat folgendes geschrieben:
Malcolm hat folgendes geschrieben:

Ich denke letzlich, daß der Mensch frei ist. Und wenn es eine Futorologie auf materialistischer oder wissenschaftlicher Grundlage gäbe, die mir wissenschaftlich bewiese wie ich morgen handelte? Nun, wüßte ich von einer solchen Prognose, dann würde ich doch zweifellos anders handeln können und auch tun und sei es nur, um die Prognose zu widerlegen. Es sei denn ich wäre Zwangsneurotiker und müßte alles tun, was die Wissenschaft mir prognostiziert. Insofern wird die wissenschaftliche Methode einiges Wissenswertes erforschen, aber die menschliche Freiheit niemals einholen können.
Bei einer entsprechend genauen Prognose, kannst du dich nicht anders Verhalten als vorhergesagt. Eine entsprechend genaue Prognose berücksichtigt jeden dich beeinflussenden Faktor, also auch, dass du die Prognose sehen wirst. Du kannst sie nicht einmal Nachvollziehen, weil sie mehr über dich und deine Umwelt weiß, als du selbst.


Tut mir leid, ich empfinde Deine Haltung wirklich als aberwitzig. Wirklich vollkommen meschugge. Du glaubst also ernsthaft, daß, wenn es möglich wäre menschliches Handeln wissenschaftlich vorauszusagen, die Menschen sklavisch dieser Prognose folgen würden?

Ich würde wirklich mal gerne wissen, was hinter einer solchen Haltung steht. Was für ein Menschenbild hast Du eigentlich?
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narziss
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Beitrag(#1079252) Verfasst am: 03.09.2008, 03:09    Titel: Antworten mit Zitat

Malcolm hat folgendes geschrieben:
Ich würde wirklich mal gerne wissen, was hinter einer solchen Haltung steht. Was für ein Menschenbild hast Du eigentlich?
Hinter einer solchen Haltung steht eine solide wissenschaftliche Bildung.

Nur weil etwas der menschlichen Vorstellungskraft widerspricht, ist es nicht falsch.

Wenn du einen solchen Gedanken widerlegen willst, hilfst es nicht, dem Gegenüber ein naives Menschenbild vorzuwerfen - du musst auf naturwissenschaftlicher Basis argumentieren.
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Chinasky
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Beitrag(#1079254) Verfasst am: 03.09.2008, 04:07    Titel: Antworten mit Zitat

Malcolm hat folgendes geschrieben:

Tut mir leid, ich empfinde Deine Haltung wirklich als aberwitzig. Wirklich vollkommen meschugge. Du glaubst also ernsthaft, daß, wenn es möglich wäre menschliches Handeln wissenschaftlich vorauszusagen, die Menschen sklavisch dieser Prognose folgen würden?

Ich würde wirklich mal gerne wissen, was hinter einer solchen Haltung steht. Was für ein Menschenbild hast Du eigentlich?


Ich denke eher, daß hier nicht das Menschenbild, sondern das Wissenschaftsbild relevant wäre. Eine Prognose, die derjenige, den sie betrifft, kennen würde, wäre in der Tat recht schwach, und würde in ein logisches Paradoxon münden: Aus dem System heraus können keine absolut sicheren Aussagen über das System selbst gemacht werden. Anders sähe es aus, wenn der Mensch die Prognose nicht kennen würde. Im Prinzip müßte menschliches Handeln da hundertprozentig genau vorausgesagt werden können. Praktisch dürften solche Prognosen mit zunehmenden wissenschaftlichen Kenntnissen vielleicht präziser als heute werden (wo es ja auch schon beispielsweise psychologische Prognosen mit hoher Treffsicherheit gibt), aber sicherlich nie die vollen 100 Prozent erreichen, allein schon aus Komplexitätsgründen. Es dürfte schier unmöglich sein, genügend Informationen über eine Person zu sammeln, um ihr Verhalten exakt vorhersagen zu können. (Laplacescher Dämon)
Naja, letztlich haben wir hier das uralte Determinismus-Thema; und bislang habe ich nie so recht verstehen können, wo genau die "Freiheitsräume" liegen sollen, die gegen das Determinismus-Prinzip ins Feld geführt werden können. Frei nach Schopenhauer: "Wir können zwar tun, was wir wollen, aber wir können nicht wollen, was wir wollen..."

Übrigens frage ich mich, ob solche Begriffe wie "meschugge" hier der Diskussion förderlich sind.
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Gnazz
gnazzig



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Beitrag(#1079335) Verfasst am: 03.09.2008, 10:33    Titel: Antworten mit Zitat

CoS hat folgendes geschrieben:

Das einzig positive was sie geschafft hat, ist den Sklaven tausende von Jahren lang einzubleuen, dass sie dienen sollen - Heute machen sie das mit grenzenloser Hingabe und genau deshalb funktioniert das System heute!


@CoS
Der Satz ist doch bestimmt ironisch gemeint oder ?
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Effô Tisetti
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Beitrag(#1079339) Verfasst am: 03.09.2008, 10:40    Titel: Antworten mit Zitat

chaoskätzchen hat folgendes geschrieben:
Ich habe eigentlich nur gesagt, dass es keine wirklich objektive Methode gibt die ganze Wirklichkeit zu beschreiben, wodurch für mich ableitbar ist, dass das finden einer einzig wahren "Wahrheit" für Menschen nicht möglich ist.


Das ist ein schönes Plädoyer für kritischen Rationalismus. zwinkern
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