documenta 14
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Freigeisterhaus -> Kultur und Gesellschaft

#1: documenta 14 Autor: unquest BeitragVerfasst am: 13.06.2017, 00:32
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Für alle Freunde der Kritik geht es hier lang
Zitat:
Selbst wenn die documenta in unserem Wohnzimmer wäre, wir würden nicht hingehen!


Für den Kunstbanausen erleichtern Texte den Zugang:

Zitat:
Ihre dislozierte Kunstpraxis lässt sich nicht einfach dem Tanz oder Theater zuordnen, sondern versteht sich als Erkundung und Dekonstruktion des politischen Status performativen Handelns und der Grenzen zwischen biologischem und theatralischem Körper.

Text 1
oder
Zitat:
Mutierend und performativ konstituieren die Gesellschaften gemeinsam die Affektseele des im Werden begriffenen Parlaments der Körper.

Text 2


Kleine politische Aktion am Rande:
Zitat:
Die am Samstag eröffnete documenta bezeichnet die Holländische Straße in Kassel in einem «Map booklet» als «Halitstraße, ehemalige Holländische Straße». Dort war 2006 Halit Yozgat in seinem Internetcafe bei einem Anschlag, der dem rechtsextremistischen Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) zugeschrieben wird, getötet worden.
Der Vater des Ermordeten, Ismail Yozgat, fordert seit Jahren eine Umbenennung der Straße in «Halitstraße».

FR



Überhaupt soll die diesjährige Documenta "sehr politisch" sein (Performativ scheint ja schon vieles zu sein).
Vielleicht ist das ein oder andere Kunstwerk ja einer Diskussion würdig.

#2:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 29.06.2017, 13:48
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Adam Szymczyk ist es gelungen, das Thema der Documenta 14: „Migration, Flucht, Vertreibung“ 100%ig rüber zu bringen.

Bei den bisherigen Documentas, haben wir uns immer im Voraus den Katalog besorgt, und uns vorbereitet.
Das war bei der Documenta 14 kaum möglich.
Es gab zwar einen „Katalog“; ein Buch, worin in für unsere Ohren geschwollene Texte, alle Künstler vorgestellt wurden, dennoch stand nirgends so genau, was wo zu sehen war.
Einen genaueren Plan gab es erst vor Ort; nach Vorlage eines Zettels, der dem „Katalog“ beigefügt war.

Angekommen irrten wir erst mal kopflos durch Kassel.
Am Hauptbahnhof gab es keine Eintrittskarten. Allerdings eine (nach unserer Meinung, nicht besonders gute) Installation, die man kostenlos besichtigen konnte.
Einen unterirdischen Teil des Bahnhofs führte uns total vom Weg ab.
Der später einsetzende Regen tat sein Übriges.
Mehr oder weniger durch Zufall landeten wir bei der „Neue neue Galerie (neue Hauptpost)“
Das war allerdings nicht der Ort, wo wir anfangen wollten. Üblicherweise ist die Hauptausstellung in dem Fridericianum. Dort wollten wir hin.
Erfreulicherweise konnten wir aber Eintrittskarten kaufen, und unseren Zettel gegen einen Plan umtauschen.
Wir irrten dann noch durch ein paar Straßen (mein Orientierungssinn ist nicht der beste) bis wir endlich eine Haltestelle fanden, wo eine Bahn hielt, die uns zum Fridericianum brachte.
Mittlerweile hatte es aufgehört zu nieseln... zwischenzeitlich regnete es in Strömen.
Wir hatten nur einen kleinen Faltschirm dabei, sodass wir beide (der eine links, der andere rechts) ziemlich durchnässt waren.
Es tat uns schon fast Leid, dass wir nach Kassel gekommen waren.
Wir schauten uns das mit „verbotenen Büchern“ aufgebaute Parthenon an. Sehr imposant muß ich sagen.
Vor dem Fridericianum stand eine lange Schlange, und es sah nicht danach aus, alsob sich da irgendwas bewegte.
Meinen Rucksack mußte ich auch in Verwahrung geben. Die Ausstellungsräume durfte man damit nicht betreten. Mein darin befindliches Tablet aus der Hand zu geben, war für mich schon eine Überwindung.
Des Wartens müde, sind wir erst mal zu, der in der Nähe befindlichen Documentahalle gegangen. Dort war weniger Andrang.
Wir kamen auch bald herein.
Zum Glück war es dort ziemlich warm, sodass mein durchnässtes Hemd allmählich trocknete.
Viele ansprechende Objekte waren dort zu sehen.
In der Documentahalle haben wir uns ziemlich lange aufgehalten.
Ein Cafe gibt’s dort auch. Da tranken wir einen Espresso, und legten eine Pause ein. Die Bedienung war sehr freundlich, und der Espresso schmeckte hervorragend.
Die Bedienung trug übrigens ein T-Shirt, mit der Rückenaufschrift: „Documenta 14. Augen auf und durch“.
Da merkten wir, wie das gemeint war: Das Herumirren und nicht wissen wohin, gehörte zum Konzept! 100% gelungen würde ich sagen.

Frisch gestärkt und einigermaßen erholt, haben wir uns nochmals an das Fridericianum angestellt. Nach ca 15 Minuten; (mittlerweile das zweite mal durchnässt) durften wir herein.
Über 3 Etagen 1A Bilder und Skulpturen.
Unsere Kleider wurden auch dort allmählich trocken.
Als wir heraus kamen, hatte es so gut wie aufgehört zu regnen. Wir beschlossen erst mal was zu essen.
Nach dem Essen widmeten wir uns mal dem Plan, den wir bekommen hatten.
Das meiste (was wir sehen wollten) hatten wir gesehen. Wir machten uns eine Route zurecht. Über die Orangerie und das Naturkundemuseum. Schauten uns die draußen befindlichen Objekte „Liegen statt Stehen“ von Hiwa K und die Rekonstruktion einer antiken Münzprägemaschine von Antonio Vega Macotela an. Machten eine Klettertour auf den „Rahmenbau“ aus der Documenta 6, schauten uns en passant noch mal den ebenfalls aus der Documenta 6 stammenden „Erdkilometer“ an, bis wir am Ende noch ein Stück mit der Straßenbahn fuhren und da abschlossen, wo wir anfangs versehentlich gelandet waren; bei der „Neue neue Gallerie (Neue Hauptpost). Ein Gebäude was an sich schon zum Konzept passte. Ein überwiegend leerstehendes Gebäude, dass sich durch riesige Leerflächen als „Zeugniss der Endphase der Wirtschaft“ darbietet.
Wieder draußen hatten wir noch genügend Zeit, um ohne Hetze zum Hauptbahnhof zu wandern, währenddessen wir uns über die gewonnenen Eindrücke austauschten.

Mittlerweile waren wir von der Documenta 14 sowas von begeistert. Wir fanden sie, bis auf die Documenta IX, die beste, die wir bisher gesehen haben.

#3:  Autor: swifty BeitragVerfasst am: 29.06.2017, 14:42
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Schöner Bericht. Coole Sache, das... Und Fotos hast Du keine weil Du Dein Tablet im Rucksack abgeben musstest? Oder weils so geregnet hat? Auf den Arm nehmen

#4:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 29.06.2017, 15:23
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Despiteful hat folgendes geschrieben:
Schöner Bericht. Coole Sache, das... Und Fotos hast Du keine weil Du Dein Tablet im Rucksack abgeben musstest? Oder weils so geregnet hat? Auf den Arm nehmen


Doch; habe ich. Zusammen haben wir fast 80 Bilder gemacht.
Ich war so sehr mit meinen Text beschäftigt, dass ich glatt vergessen habe, ein paar Bilder hier dazu zu posten.
Bilder mache ich nicht mit dem Tablet. das ist mir zu unhandlich. Die mache ich mit dem Smartphone. Das macht ganz passable Fotos.
Schau mal:























Noch aus der Documenta 6:


#5:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 29.06.2017, 15:43
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Es gab übrigens auch einige Installationen, die man nicht so bildlich wiedergeben kann.
Es gab z.B. eine Lampeninstallation von Strahler, die ihr Licht auf der gegenübeliegende wand projizierten. Wenn man sich im Scheinwerferlicht stellte, sah man durch das grelle Licht geblendet nichts mehr, und es klangen Schüsse.

#6:  Autor: AlchemistWohnort: Hamburg BeitragVerfasst am: 29.06.2017, 16:55
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Ich habe da echt nicht den geringsten Zugang zu Schulterzucken

#7:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 29.06.2017, 18:07
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Alchemist hat folgendes geschrieben:
Ich habe da echt nicht den geringsten Zugang zu Schulterzucken


Da bist Du nicht allein. Da gibts viele.

Ich habe 10 Jahr in der Nähe der Staatsgallerie in Stuttgart gewohnt. Wenn es schlechtes Wetter war, sind wir dort öfters spazieren gegangen. (Am Anfang war der Eintritt frei)
Die erste Male bin ich die Kunstwerke dort auch mit Befremden begegnet.
Im Laufe der Zeit habe ich einen Zugang dazu bekommen.

#8:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 06.08.2017, 10:15
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Wer war schon da?
Irgend jemand, der meine Impressionen teilen kann?

#9:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 06.08.2017, 10:31
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vrolijke hat folgendes geschrieben:
Alchemist hat folgendes geschrieben:
Ich habe da echt nicht den geringsten Zugang zu Schulterzucken


Da bist Du nicht allein. Da gibts viele.

Ich habe 10 Jahr in der Nähe der Staatsgallerie in Stuttgart gewohnt. Wenn es schlechtes Wetter war, sind wir dort öfters spazieren gegangen. (Am Anfang war der Eintritt frei)
Die erste Male bin ich die Kunstwerke dort auch mit Befremden begegnet.
Im Laufe der Zeit habe ich einen Zugang dazu bekommen.


Wenn du einen Zugang hast, dann kannst du ja auch mal einige Exponate interpretieren.

Oben beschreibst du nur, wie du angekommen bist, dass es warm war usw.

Das Thema ist doch nicht unwichtig.

Gute Kunst lässt einen nicht nur staunen, sondern auch nachdenken.

#10:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 06.08.2017, 11:17
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Skeptiker hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Alchemist hat folgendes geschrieben:
Ich habe da echt nicht den geringsten Zugang zu Schulterzucken


Da bist Du nicht allein. Da gibts viele.

Ich habe 10 Jahr in der Nähe der Staatsgallerie in Stuttgart gewohnt. Wenn es schlechtes Wetter war, sind wir dort öfters spazieren gegangen. (Am Anfang war der Eintritt frei)
Die erste Male bin ich die Kunstwerke dort auch mit Befremden begegnet.
Im Laufe der Zeit habe ich einen Zugang dazu bekommen.


Wenn du einen Zugang hast, dann kannst du ja auch mal einige Exponate interpretieren.

Oben beschreibst du nur, wie du angekommen bist, dass es warm war usw.

Das Thema ist doch nicht unwichtig.

Gute Kunst lässt einen nicht nur staunen, sondern auch nachdenken.


Den Eindruck, wie fremde eine Umgebung wahrnehmen, sich durch ein Dickicht von fremde Gebräuche, Vorurteile und Gewohnheiten durchwurschteln müssen, und sich allmählich zurechtfinden, war körperlich spürbar.
Einzelne Werke kann ich nicht gut interpretieren. Dazu fehlt mir die entsprechende Bildung.
Bei Kunstbetrachtungen fühle einiges in mir; Beklemmung, Fremdheit, Erlösung, Trauer, Freude. Das reicht mir.
Es tut mir Leid, dass dass das aus meinem Text nicht hervorging.
So war es jedenfalls gemeint.

#11:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 06.08.2017, 11:31
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vrolijke hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Alchemist hat folgendes geschrieben:
Ich habe da echt nicht den geringsten Zugang zu Schulterzucken


Da bist Du nicht allein. Da gibts viele.

Ich habe 10 Jahr in der Nähe der Staatsgallerie in Stuttgart gewohnt. Wenn es schlechtes Wetter war, sind wir dort öfters spazieren gegangen. (Am Anfang war der Eintritt frei)
Die erste Male bin ich die Kunstwerke dort auch mit Befremden begegnet.
Im Laufe der Zeit habe ich einen Zugang dazu bekommen.


Wenn du einen Zugang hast, dann kannst du ja auch mal einige Exponate interpretieren.

Oben beschreibst du nur, wie du angekommen bist, dass es warm war usw.

Das Thema ist doch nicht unwichtig.

Gute Kunst lässt einen nicht nur staunen, sondern auch nachdenken.


Den Eindruck, wie fremde eine Umgebung wahrnehmen, sich durch ein Dickicht von fremde Gebräuche, Vorurteile und Gewohnheiten durchwurschteln müssen, und sich allmählich zurechtfinden, war körperlich spürbar.
Einzelne Werke kann ich nicht gut interpretieren. Dazu fehlt mir die entsprechende Bildung.
Bei Kunstbetrachtungen fühle einiges in mir; Beklemmung, Fremdheit, Erlösung, Trauer, Freude. Das reicht mir.
Es tut mir Leid, dass dass das aus meinem Text nicht hervorging.
So war es jedenfalls gemeint.


O.k.

Kunst funktioniert ja auch jenseits der Sprache. Vielleicht muss man es wirklich nachempfinden.

#12:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 06.08.2017, 23:25
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Das ist ein schöner, altmodischer Plattenspieler. Ich höre das Knistern der Single in meinem Ohr, schon wenn ich ihn sehe



Das ist eine Installation mit unterschiedlichen Papieren. Die flatterten geräuschvoll in unterschiedlichen Frequenzen.



Der hintere Teil der Ebene hat eine Steigung von 5cm.



Aus der Gegenperspektive hat sie ein Gefälle von 5cm.

#13:  Autor: AhrimanWohnort: 89250 Senden BeitragVerfasst am: 07.08.2017, 12:17
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zelig hat folgendes geschrieben:

Das ist ein schöner, altmodischer Plattenspieler. Ich höre das Knistern der Single in meinem Ohr, schon wenn ich ihn sehe

Nein, das ist ein Grammophon, zu seiner Zeit gab es den Begriff "Plattenspieler" noch nicht. Und das kann keine 45er Stereos abspielen (die macht es sofort kaputt), sondern nur Schellackplatten mit 78 rpm. Und die knisterten nicht, die rauschten. Und wie!

Zitat:
Der hintere Teil der Ebene hat eine Steigung von 5cm.

Aus der Gegenperspektive hat sie ein Gefälle von 5cm.

Ja und? Ist ja doll, da staune ich aber. Da war aber wer sehr kreativ.

Merke:
1. Ein Kunstwerk, das man nur darum als solches erkennt, weil es in einem Museum oder auf einem Sockel steht, ist kein Kunstwerk.
2.Ein Kunstwerk, das man erklären muß hat sein Ziel verfehlt.

#14:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 07.08.2017, 15:54
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Auf der Documenta war ich nur Auge. Die Schlichtheit der Untertitel ist der Versuch das zu vermitteln. Über Kunst habe ich mir keine Gedanken gemacht.

Interessant finde ich dennoch, wie Du einen thematischen Punkt triffst. Denn die beobachtende, nicht wertende Haltung scheint mir zur Seltenheit zu werden. Und als ich die Fotos mitsamt Texten hochgeladen habe, war mein Gedanke, wie schön es sei, in diesem Thread, einer Oase des interessierten Schauens etwas zu schreiben. So hast Du den Punkt nicht in meinem Sinn getroffen, und doch hat er mir die Möglichkeit bereitet, mich zu erklären. Dafür danke.

#15:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 08.08.2017, 09:34
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Beitrag zu Urheberrecht in den Thread Urheberrecht verschoben.

#16:  Autor: jdfWohnort: Nekropole E|B BeitragVerfasst am: 24.06.2022, 09:14
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Beiträge zur Documenta 15 als neuen Thread abgetrennt.



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