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Was ist Kulturchristentum?
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Malcolm
Ekelpaket



Anmeldungsdatum: 25.07.2007
Beiträge: 1231
Wohnort: Hamburg

Beitrag(#1165422) Verfasst am: 29.12.2008, 05:19    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Agnost,

mag sein. Mir ist Deine agnostische Position allerdings auch nicht klar. Man nimmt eine Mittelposition ein, aber worin diese Mittelposition nun eigentlich besteht, bleibt völlig offen. Ob man zum Beispiel Mitglied einer Kirche sein will oder nicht - da muß man sich dann schon entscheiden. Ich habe mich für den moment für die katholische Kirche entschieden. Es gibt da keine "Mittelposition", tut mir leid.

Daß ich als Christ eine säkulare Gesellschaft einschließlich des Atheismus sehr zu schätzen weiß, ist allerdings auch klar. Das tun mit Sicherheit auch viele Christen in dieser Gesellschaft, das ist sicher völlig richtig, wie Du ja auch völlig klar siehst.

Grundsätzlich gilt für mich: Das Christentum ist für mich meine Kultur, die ich verteidige, der Atheismus und überhaupt die Argumentation unabgestützt durch Religion Teil der Zivilisation, die ich durchaus auch verteidige. Insofern ist das auch kein eigentliches "Schwanken", da beide Dinge doch auch auf sehr verschiedenen Ebenen angesiedelt sind. Ich werde immer beides verteidigen: Christliche Kultur und aufgeklärte Zivilisation. Aber einen "Gottesstaat" will ich nun weiß Gott nicht und das will doch auch nun wirklich niemand hier. Und sicher will ich auch keinen Schöpfungsbericht in der Biologiestunde. Roland Koch aus Hessen will es auch nicht und spricht von unterschiedlichen kulturellen Räumen, in denen Evolutionslehre und Schöpfungsbericht stattfinden. Dieser Meinung kann ich mich anschließen. Aber nun werde ich hier sicher gekreuzigt, weil ich Roland Koch zitiert habe.

Und nicht nur der Einfluß der Kirchen in der Gesellschaft ist geschwunden, was doch viel wichtiger ist, ist eine weitgehend geänderte Religionspraxis. Bei meinem Wiedereintritt in die Kirche versicherte mir der Priester, daß es für meinen Katholizismus gar nicht wichtig wäre, daß ich in die Kirche ginge. Das wäre doch vor ein paar Jahrzehnten undenkbar gewesen. Die Beichte in der katholischen Kirche gibt es noch, nur geht kaum noch einer hin, stattdessen gibt es Bußgottesdienste. Also wichtiger als die gesellschaftliche Macht der Kirchen ist für mich, daß die Kirchen auch ihren Einfluß über die Schäflein sehr verloren haben, und daß man überhaupt sehr froh ist, wenn jemand bei der Stange bleibt oder gar zur Kirche zurückfindet wie ich. Dieser Einfluß des Säkularen ist mir eigentlich noch wichtiger als der zurückgedrängte Einfluß der Kirchen, weil er so etwas wie christliche Kultur erst erträglich macht. Wobei ich vielleicht durchaus auch einmal wieder eine Messe besuchen werde und vielleicht ins christliche Leben mehr rein riechen werde, aber doch nicht mit Zwang und Druck und Verpflichtung. Und im übrigen werde ich sicherlich innerhalb einer christlichen Messe jedes Glaubensbekenntnis sprechen und mich überhaupt eifrig beteiligen, nur ich werde deshalb doch keine indiskreten Fragen nach dem Grad meiner Glaubensinbrunst beantworten. Und wenn ein Herr Dawkins wie ich im anderen Thread gelesen habe, den Katholizismus offensichtlich als Reich des Bösen ansieht, dann ist der doch einfach ein Vollidiot, der sich ernsthafte Fragen nach gelebter Glaubenspraxis nie gestellt hat.

@Hope. Nein, selbstverständlich wollte ich Vernunft und Christentum nicht diametral gegenüber stellen, weil es erstens Unsinn wäre und es zweitens sowieso jedem Christen frei steht, so vernünftig zu sein, wie er will. Allerdings kann ich einer Vernunft, die sich auch von religiöser Bevormundung frei gemacht hat, durchaus etwas abgewinnen.

Gruß Malcolm
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Ohne die Musik wäre das Leben ein Irrtum.

"Das beste, was du weißt, kannst du den Buben doch nicht sagen." ( Goethe)
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atheist666
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Anmeldungsdatum: 17.02.2007
Beiträge: 8494

Beitrag(#1165425) Verfasst am: 29.12.2008, 05:26    Titel: Antworten mit Zitat

Es juckt mich doch nochmal.
Warum ist es ein Ausdruck von Kultur an höhere Wesenheiten und Geister zu glauben ?
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Agnost
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Anmeldungsdatum: 12.11.2006
Beiträge: 5618

Beitrag(#1165431) Verfasst am: 29.12.2008, 05:30    Titel: Antworten mit Zitat

Das ist nur ein Nick und heisst Ungläubiger und/oder Unwissender, wie es gerade passt.

Unglaube kann sich gegen alle möglichen Ideologien oder Theoreme richten. Muss also gar nix mit Religion zu tun haben.

In einem modernen demokratischen Rechtsstaat muss ich mich zu gar keiner "Richtung" bekennen.

Der Begriff Atheist implizierte nur, dass ich ungläubig gegenüber Göttern wäre, der Begriff Areligiös nur, dass ich ungläubig gegenüber Religionen wäre.

Ich leiste mir meinen Unglauben aber auch gegenüber anderen "Schulen" und "Richtungen".

Agnost
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Agnost
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Anmeldungsdatum: 12.11.2006
Beiträge: 5618

Beitrag(#1165433) Verfasst am: 29.12.2008, 05:34    Titel: Antworten mit Zitat

atheist666 hat folgendes geschrieben:
Es juckt mich doch nochmal.
Warum ist es ein Ausdruck von Kultur an höhere Wesenheiten und Geister zu glauben ?


Unter Kultur wird ja auch Fussball subsumiert.

Und somit, dass der Ball rund sei und ein Spiel 90 Minuten dauert.

Dabei weiss jedes Amikind, dass der Ball ein Elilpsoid ist und das Spiel dank 3 Pausen und den vielen Unterbrechungen und Time-Outs mindestens 5 Pop-Corn-Packungen lang geht.

Agnost
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atheist666
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Anmeldungsdatum: 17.02.2007
Beiträge: 8494

Beitrag(#1165439) Verfasst am: 29.12.2008, 05:46    Titel: Antworten mit Zitat

Agnost hat folgendes geschrieben:
atheist666 hat folgendes geschrieben:
Es juckt mich doch nochmal.
Warum ist es ein Ausdruck von Kultur an höhere Wesenheiten und Geister zu glauben ?


Unter Kultur wird ja auch Fussball subsumiert.

Und somit, dass der Ball rund sei und ein Spiel 90 Minuten dauert.

Dabei weiss jedes Amikind, dass der Ball ein Elilpsoid ist und das Spiel dank 3 Pausen und den vielen Unterbrechungen und Time-Outs mindestens 5 Pop-Corn-Packungen lang geht.

Agnost


Komm, der Fußball existiert und ist somit fester Bestandteil unserer Kultur; warum ich aber Phanntastereien noch als Kulturgut ansehen soll, erschließt sich mir gar nicht.
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Argáiþ
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Anmeldungsdatum: 27.01.2007
Beiträge: 12486

Beitrag(#1165451) Verfasst am: 29.12.2008, 06:04    Titel: Antworten mit Zitat

Selbstverständlich ist das ein "Kulturgut", du Napf. Kultur muss nicht für jedem unbedingt positiv erscheinen, sie ist nicht für jeden zwingend ein "Gut". Begreifst du eigentlich gar nichts?
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atheist666
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Anmeldungsdatum: 17.02.2007
Beiträge: 8494

Beitrag(#1165461) Verfasst am: 29.12.2008, 07:48    Titel: Antworten mit Zitat

Argaith hat folgendes geschrieben:
Selbstverständlich ist das ein "Kulturgut", du Napf. Kultur muss nicht für jedem unbedingt positiv erscheinen, sie ist nicht für jeden zwingend ein "Gut". Begreifst du eigentlich gar nichts?


An einen Wüstengott und einen obskuren Wanderprediger zu glauben ist Kultur, jetzt bin ich platt..
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Evilbert
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Anmeldungsdatum: 16.09.2003
Beiträge: 42408

Beitrag(#1165465) Verfasst am: 29.12.2008, 08:02    Titel: Antworten mit Zitat

666, Kultur ist alles, was der Mensch gestaltend hervorbringt.

Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Hopfen und Malz oder um Unkraut handelt.
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zelig
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Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25405

Beitrag(#1165468) Verfasst am: 29.12.2008, 08:28    Titel: Antworten mit Zitat

Ich halte den Umstand, daß das moderne Menschenbild und das Christentum in denselben Kulturkreisen zur Geltung kommen, nicht für bloßen Zufall. Dabei sollte bedacht werden, daß die Rezeption der Antike, der griechischen Philosophie, in der Moderne ebenfalls in einem christlich geprägten Kulturkreis möglich war.
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Agnost
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Anmeldungsdatum: 12.11.2006
Beiträge: 5618

Beitrag(#1165483) Verfasst am: 29.12.2008, 09:45    Titel: Antworten mit Zitat

atheist666 hat folgendes geschrieben:
Argaith hat folgendes geschrieben:
Selbstverständlich ist das ein "Kulturgut", du Napf. Kultur muss nicht für jedem unbedingt positiv erscheinen, sie ist nicht für jeden zwingend ein "Gut". Begreifst du eigentlich gar nichts?


An einen Wüstengott und einen obskuren Wanderprediger zu glauben ist Kultur, jetzt bin ich platt..


Voodoo ist auch Kultur.

Agnost
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
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Beitrag(#1165506) Verfasst am: 29.12.2008, 10:33    Titel: Antworten mit Zitat

Malcolm hat folgendes geschrieben:
Künstler lassen sich auch in modernen Zeiten von der Religion inspiririeren. ... Warum sollte man sich mit dieser Musik nicht auseinandersetzen, nur weil sie teilweise religiös inspiriert ist?

Malcolm hat folgendes geschrieben:
Wenn jemand durch andere Quellen angeregt wird, ist das ja auch in Ordnung, nur warum soll man diese Anregung verleugnen und stigmatisieren?

- wer "verleugnet" denn überhaupt diese Anregung? Ich jedenfalls nicht.

- aus musikalischer/musikwissenschaftlicher Sicht spricht überhaupt nichts dagegen, sich mit religiös, stalinistisch oder nazionalsozialistisch inspirierter Musik auseinanderzusetzen. Ebenso wie man sich anthropologisch, historisch, soziologisch, literarisch mit der Bibel sinnvoll auseinandersetzen kann.

- Als Musiker nehme ich ein Musikstück aber nun mal als Gesamtwerk auf, es erfordert schon eine gewisse Verbiegung, bei Bruckner oder Messiaen nicht an die religiöse Inspiration (resp. Neurose) zu denken, bei Bach-Texten nur die Vokale zu hören, oder bei Riefenstahl-Filmen nicht an die Endlösung zu denken.

- Ich denke, Du kannst meine Position leichter nachvollziehen, wenn Du statt Religion eine andere inspirierende Ideologie als Beispiel wählst.
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#1165511) Verfasst am: 29.12.2008, 10:43    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Ich halte den Umstand, daß das moderne Menschenbild und das Christentum in denselben Kulturkreisen zur Geltung kommen, nicht für bloßen Zufall.

Für bloßen Zufall halte ich das auch nicht, sondern für ein von vielen Faktoren bedingtes Resultat. Aus meiner Sicht sind Kulturen denkbar, in denen sich das moderne Menschenbild besser oder auch schlechter als in einer christlich geprägten Gesellschaft durchgesetzt hätte. Mir scheint aber wichtig zu erwähnen, daß das moderne Menschenbild immer weniger dem christlichen entspricht, so daß ich hier eher eine Art Katalysatorrolle sehe.

zelig hat folgendes geschrieben:
Dabei sollte bedacht werden, daß die Rezeption der Antike, der griechischen Philosophie, in der Moderne ebenfalls in einem christlich geprägten Kulturkreis möglich war.

Wenn wir schon mal dabei sind, sollte auch bedacht werden, daß die Aspekte des Christentums, die noch den stärksten Einfluß auf das moderne Menschenbild hatten, selbst aus anderen Philosophien übernommen wurden.
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Evilbert
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Anmeldungsdatum: 16.09.2003
Beiträge: 42408

Beitrag(#1165518) Verfasst am: 29.12.2008, 10:50    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:

Wenn wir schon mal dabei sind, sollte auch bedacht werden, daß die Aspekte des Christentums, die noch den stärksten Einfluß auf das moderne Menschenbild hatten, selbst aus anderen Philosophien übernommen wurden.


Welche Aspekte des Christentums wurden eigentlich nicht von woanders übernommen?

Mir fällt da spontan nix ein, jedenfalls.
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Agnost
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Anmeldungsdatum: 12.11.2006
Beiträge: 5618

Beitrag(#1165519) Verfasst am: 29.12.2008, 10:51    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Malcolm hat folgendes geschrieben:
Künstler lassen sich auch in modernen Zeiten von der Religion inspiririeren. ... Warum sollte man sich mit dieser Musik nicht auseinandersetzen, nur weil sie teilweise religiös inspiriert ist?

Malcolm hat folgendes geschrieben:
Wenn jemand durch andere Quellen angeregt wird, ist das ja auch in Ordnung, nur warum soll man diese Anregung verleugnen und stigmatisieren?

- wer "verleugnet" denn überhaupt diese Anregung? Ich jedenfalls nicht.

- aus musikalischer/musikwissenschaftlicher Sicht spricht überhaupt nichts dagegen, sich mit religiös, stalinistisch oder nazionalsozialistisch inspirierter Musik auseinanderzusetzen. Ebenso wie man sich anthropologisch, historisch, soziologisch, literarisch mit der Bibel sinnvoll auseinandersetzen kann.

- Als Musiker nehme ich ein Musikstück aber nun mal als Gesamtwerk auf, es erfordert schon eine gewisse Verbiegung, bei Bruckner oder Messiaen nicht an die religiöse Inspiration (resp. Neurose) zu denken, bei Bach-Texten nur die Vokale zu hören, oder bei Riefenstahl-Filmen nicht an die Endlösung zu denken.

- Ich denke, Du kannst meine Position leichter nachvollziehen, wenn Du statt Religion eine andere inspirierende Ideologie als Beispiel wählst.


Schostakowitsch war wohl eher Zwangsstalinist.

Messiaen kann man, als Liebhaber der Gesammtwellenfunkiton doch sehr gut hören.

Mit Bach kann ich bis heute nicht warm werden, aber das hat kaum was mit seinem Protestantismus zu tun. (Es ist ohne Zweifel wahr, das Bach einer der grössten Komponisten der westeuropäischen Musik war, aber mir ist er wohl in den meisten Werken zu kristalin, ist aber wohl eher mein Fehler als seiner.)

Er hat mal ein Stück geschrieben in dem er alle schlechten Moden seiner Zeit karikierte, ich hab es etwa drei-,viermal gehört und es hat mir von allem was er geschrieben hatte am besten gefallen.

Bach hatte wohl einen zu guten Geschmack, weshalb mir diese Uebung in Geschmacklosigkeit am besten gefällt.

Fragt mich nicht, wie das Werk heisst, ich weiss nur dass es existiert,

Agnost
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zelig
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Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25405

Beitrag(#1165572) Verfasst am: 29.12.2008, 12:20    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Ich halte den Umstand, daß das moderne Menschenbild und das Christentum in denselben Kulturkreisen zur Geltung kommen, nicht für bloßen Zufall.

Für bloßen Zufall halte ich das auch nicht, sondern für ein von vielen Faktoren bedingtes Resultat.

Ja. Die Wechselwirkungen zwischen Aufklärung, Christentum und Humanismus sind vielfältig.

step hat folgendes geschrieben:
Aus meiner Sicht sind Kulturen denkbar, in denen sich das moderne Menschenbild besser oder auch schlechter als in einer christlich geprägten Gesellschaft durchgesetzt hätte.


Klar. Keine Frage. Kannst Du reale Beispiele für Kulturkreise nennen, die nach Deinem Dafürhalten der Umsetzung dieses Menschenbildes in soziale und politische Strukturen nahe kommen? Mir fallen zum Beispiel gerade die Südsee-Gesellschaften ein. Aber ich kenne mich da nicht besonders aus, habe vielleicht ein romantisiertes Bild.

step hat folgendes geschrieben:
Mir scheint aber wichtig zu erwähnen, daß das moderne Menschenbild immer weniger dem christlichen entspricht, so daß ich hier eher eine Art Katalysatorrolle sehe.

In welchen Punkten siehst Du denn eine prinzipielle Unvereinbarkeit mit diesem Menschenbild?
Mit der Katalysater-Analogie habe ich eigentlich keine Probleme.

step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Dabei sollte bedacht werden, daß die Rezeption der Antike, der griechischen Philosophie, in der Moderne ebenfalls in einem christlich geprägten Kulturkreis möglich war.

Wenn wir schon mal dabei sind, sollte auch bedacht werden, daß die Aspekte des Christentums, die noch den stärksten Einfluß auf das moderne Menschenbild hatten, selbst aus anderen Philosophien übernommen wurden.

Ja. Ich würde sagen, daß es nur wenige, dafür aber doch konstituierende originär-christliche Elemente gibt, die ihre Entsprechung in der der Verfasstheit unserer Gesellschaft finden. Ich denke an die Menschenwürde beispielsweise.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
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Wohnort: Germering

Beitrag(#1165624) Verfasst am: 29.12.2008, 13:24    Titel: Antworten mit Zitat

Noseman hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Wenn wir schon mal dabei sind, sollte auch bedacht werden, daß die Aspekte des Christentums, die noch den stärksten Einfluß auf das moderne Menschenbild hatten, selbst aus anderen Philosophien übernommen wurden.

Welche Aspekte des Christentums wurden eigentlich nicht von woanders übernommen? Mir fällt da spontan nix ein, jedenfalls.

Es gibt in der Tat nur sehr wenig, was schon daran liegt, daß alle Aspekte / Ideen letztlich immer wieder auf zuvor bestehenden Kulturen basieren, nicht nur beim Christentum.

Oft genannt wird idZ ja die Idee der unebdingten Menschenwürde, ich bin allerdings (auch @zelig) der Meinung, daß auch hier die Einflüsse gemischt sind.

Wurzeln dieser Idee finden sich im Judentum, später auch im Christentum, vor allem durch den Mythos der Gottesebenbildlichkeit. In diesem Zusammenhang war die Menschenwürde allerdings vorerst nur eine Gleichheit der Knechte untereinander, vor Gott. Der Protestantismus hat später immerhin noch den Aspekt der Gewissensfreiheit eingebracht.

Allerdings gibt es auch in der nichtchristlichen Antike bereits Wurzeln der Ideen von Gleichheit und Brüderlichkeit. Und schließlich wurden wesentliche Elemente, die eine Gleichheit und Freiheit als tatsächliche Rechte etablierten, erst durch die Aufklärung möglich, die in weiten Teilen eine Entfernung von den christlichen Wurzeln bedeutete. Es mag Geschmacksache sein, ob man eine wesentliche Veränderung des Menschenbildes eher als dialektische Weiterentwicklung seiner Wurzeln oder als Bruch ansieht. Man sollte aber nicht mit zweierlei Maß messen: Wenn man die christlichen Wurzeln des Humanismus betont, sollte man z.B. ebenso die animistischen Wurzeln des Christentums betonen.

Und schließlich gab es unabhängige Strömungen, die Wert und Würde des einzelnen Menschen (und sogar so etwas wie die Nächstenliebe) schon lange vor dem Christentum betonten, etwa der Konfuzianismus - auch wenn der vermutlich keine wesentlichen EInflüsse auf unseren Kulturkreis hatte.

Ich möchte idZ noch zwei Aspekte erwähnen, wenn wir schon beim Menschenbild sind:

- einen wesentlichen Einfluß auf das hier und heute gebräuchliche Menschenbild hatten sicher auch die vielen Verstöße gegen elementare Regeln des Zusammenlebens, insbesondere in letzter Zeit der Nationalsozialismus. Dadurch haben viele gesehen, wie schlimm es enden kann, und auch deshalb sieht unser Grundgesetz heute so aus, wie es aussieht.

- wenn wir hier vom "modernen Menschenbild" reden, so ist das ja schon wieder nicht das modernste, sondern vielleicht das augenblicklich verbreitetste, nämlich das humanistische. Es findet aber bereits ein weitere Veränderung statt, der moderne Mensch wird - wie Sloterdijk in einem seiner besseren Momente formulierte - mehr und mehr zum "Projekt seiner selbst". Außerdem wird immer klarer, daß Menschenwürde keine am Individuum per se klebende Eigenschaft ist, sondern von der Zuweisung durch Andere lebt. Das Grundgesetz spiegelt noch beide Aspekte wieder, während moderne Verfassungsinterpretationen das bereits (mE zurecht) relativieren. Der Stand der Philosophie ist also bereits weiter, s.z.B.

http://www.amazon.de/Illusion-Menschenw%C3%BCrde-Aufstieg-eines-Grundwerts/dp/3608941223
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#1165630) Verfasst am: 29.12.2008, 13:38    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Aus meiner Sicht sind Kulturen denkbar, in denen sich das moderne Menschenbild besser oder auch schlechter als in einer christlich geprägten Gesellschaft durchgesetzt hätte.

Klar. Keine Frage. Kannst Du reale Beispiele für Kulturkreise nennen, die nach Deinem Dafürhalten der Umsetzung dieses Menschenbildes in soziale und politische Strukturen nahe kommen? Mir fallen zum Beispiel gerade die Südsee-Gesellschaften ein. Aber ich kenne mich da nicht besonders aus, habe vielleicht ein romantisiertes Bild.

Ansätze gab es mE zB in der konfuzianischen Gesellschaft und auch in der antik-griechischen Demokratie. Aber da fehlten jeweils andere Faktoren, z.B. blieben im antiken Griechenland nicht 1800 Jahre, um - über Wissenschaft, gesellschaftliches trial&error, Wohlstand usw. auf den Trichter zu kommen.

zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Mir scheint aber wichtig zu erwähnen, daß das moderne Menschenbild immer weniger dem christlichen entspricht, so daß ich hier eher eine Art Katalysatorrolle sehe.

In welchen Punkten siehst Du denn eine prinzipielle Unvereinbarkeit mit diesem Menschenbild?

Tja, was heißt schon prinzipiell, man kann alles irgendwie hinbiegen ... aber ein paar Ideen hätte ich schon:
- die Gleichheit der Seelen vor Gott erlaubte ja über mehr als 1700 Jahre Christen durchaus Sklaverei, Diskriminierung von Frauen und anderen Rassen, usw.
- mit dem Freiheitsbegriff war es ja auch lange Zeit nicht weit her, meines Wissens kam eine gewisse Freiheit erst durch den Protestantismus hinzu
- ja, und schließlich der Meta-Wert überhaupt, die Aufklärung: Es erfordert nmV schon eine gewisse Verbiegungsfähigkeit, wenn man den Ausgang aus Unmündigkeit, die Entmystifizierung usw. aus einem per se irrationalen Ideensystem heraus unternehmen soll.
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Tapuak
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Anmeldungsdatum: 23.02.2006
Beiträge: 1264

Beitrag(#1165656) Verfasst am: 29.12.2008, 14:22    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Außerdem wird immer klarer, daß Menschenwürde keine am Individuum per se klebende Eigenschaft ist, sondern von der Zuweisung durch Andere lebt. Das Grundgesetz spiegelt noch beide Aspekte wieder, während moderne Verfassungsinterpretationen das bereits (mE zurecht) relativieren. Der Stand der Philosophie ist also bereits weiter

Ja; ich habe jedoch den Eindruck, dass die Philosophie hier einen gewissen Vorsprung vor der Rechtswissenschaft hat, in der traditionelle Interpretationen der Menschenwürde als etwas "an sich Seiendes" nach meinem Eindruck durchaus noch im Umlauf sind. In der modernen Philosophie wird hingegen häufiger von einem Konstruktcharakter der Menschenwürde ausgegangen. Ich würde mir wünschen, dass sich derart entmystifizierte Deutungen langsam auch stärker in der Rechtswissenschaft durchsetzen, denn erst dann scheint mit eine vernünftige Diskussion über die Funktion solcher Werte überhaupt möglich. Während ich mit einem "ontologischen " Menschenwürdebegriff nichts anfangen kann, denke ich, dass der Begriff durchaus sinnvoll rekonstruiert werden könnte, wenn man unter dem "Schutz der Menschenwürde" den Schutz fundamentaler menschlicher Interessen versteht. Man weist sich diese Menschenwürde gegenseitig zu und versichert sich damit gegenseitig, nicht gegen diese elementaren Interessen zu verstoßen.
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zelig
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Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25405

Beitrag(#1165669) Verfasst am: 29.12.2008, 14:36    Titel: Antworten mit Zitat

Ich möchte mich mal aus dem Morast der Vorwürfe gegenüber dem Christentum raushalten. In einigen Punkten würde ich eher noch pointierter kritisieren, was die Rolle der Kirche im NS, oder die Wegbereitung durch den Antijudaismus betrifft. Aber eigentlich könnte man mal, in dieser Diskussion zumindest, die eingleisige Kritik beiseite lassen. Ein Kulturvergleich müsste synchronoptisch erfolgen, um einigermaßen neutral urteilen zu können. Der würde zeigen, daß der Logos nunmal aus dem Mythos entsteht.
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zelig
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Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25405

Beitrag(#1165671) Verfasst am: 29.12.2008, 14:39    Titel: Antworten mit Zitat

Tapuak hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Außerdem wird immer klarer, daß Menschenwürde keine am Individuum per se klebende Eigenschaft ist, sondern von der Zuweisung durch Andere lebt. Das Grundgesetz spiegelt noch beide Aspekte wieder, während moderne Verfassungsinterpretationen das bereits (mE zurecht) relativieren. Der Stand der Philosophie ist also bereits weiter

Ja; ich habe jedoch den Eindruck, dass die Philosophie hier einen gewissen Vorsprung vor der Rechtswissenschaft hat, in der traditionelle Interpretationen der Menschenwürde als etwas "an sich Seiendes" nach meinem Eindruck durchaus noch im Umlauf sind. In der modernen Philosophie wird hingegen häufiger von einem Konstruktcharakter der Menschenwürde ausgegangen. Ich würde mir wünschen, dass sich derart entmystifizierte Deutungen langsam auch stärker in der Rechtswissenschaft durchsetzen, denn erst dann scheint mit eine vernünftige Diskussion über die Funktion solcher Werte überhaupt möglich. Während ich mit einem "ontologischen " Menschenwürdebegriff nichts anfangen kann, denke ich, dass der Begriff durchaus sinnvoll rekonstruiert werden könnte, wenn man unter dem "Schutz der Menschenwürde" den Schutz fundamentaler menschlicher Interessen versteht. Man weist sich diese Menschenwürde gegenseitig zu und versichert sich damit gegenseitig, nicht gegen diese elementaren Interessen zu verstoßen.

Der zuweisende Charakter der Menschenwürde steht für mich außer Frage. Das betone ich auch immer wieder, wenn es um den Seelen-Begriff geht beispielsweise.
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Argáiþ
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Anmeldungsdatum: 27.01.2007
Beiträge: 12486

Beitrag(#1165720) Verfasst am: 29.12.2008, 15:27    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:

Ansätze gab es mE zB in der konfuzianischen Gesellschaft und auch in der antik-griechischen Demokratie. Aber da fehlten jeweils andere Faktoren, z.B. blieben im antiken Griechenland nicht 1800 Jahre, um - über Wissenschaft, gesellschaftliches trial&error, Wohlstand usw. auf den Trichter zu kommen.


Das es für die meisten besser und gerechter ist, wenn alle ein Wahlrecht haben und alle unter rechtlichem Schutz stehen, das war auch den Griechen klar, genau wie ihnen auch klar war, dass Frauen eigentlich schon lieber mitbestimmen würden und Sklaven nicht gern Sklaven sind. Hinter unserer freiheitlichen Gesellschaftsordnung stehen keine intellektuellen Klimmzüge, Demokratie ist kein außerordentlicher Ausdruck von Einfallsreichtum. Das Trial&Error in diesem Fall erklärt sich eher dadurch, dass Zusammenbrüche zentralistischer Machtstrukturen besonders unter der Bedingung der Dynastie fatal sind, d.h. vor allem weitgehend irreversibel. Man kann die Tendenz zur Maximierung der sozialen Gleichheit eher als sich allmählich etablierende Breitenwirkung ziviler Unruhen auffassen, die vor allem ihrerseits dezentral strukturiert sind. Jedes Mal, wenn ein System zusammenbricht, gibt es konkurrierende Interessen und damit die Wahl zwischen Bürgerkrieg oder Kompromiss. Die Demokratie findet diesen Kompromiss sozusagen a priori und ist damit ein sehr stabiles System.
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Anmeldungsdatum: 27.01.2007
Beiträge: 12486

Beitrag(#1165724) Verfasst am: 29.12.2008, 15:32    Titel: Antworten mit Zitat

Noseman hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:

Wenn wir schon mal dabei sind, sollte auch bedacht werden, daß die Aspekte des Christentums, die noch den stärksten Einfluß auf das moderne Menschenbild hatten, selbst aus anderen Philosophien übernommen wurden.


Welche Aspekte des Christentums wurden eigentlich nicht von woanders übernommen?

Mir fällt da spontan nix ein, jedenfalls.


Der Einfluss des Chirstentums auf das Menschenbild ist meines Erachtens nahezu vollständig Wunschdenken. Man nimmt überwiegend einfach an, dass das Christentum auch heute noch unheimlich wichtig sein müsse und übertreibt es dadurch schon maßlos mit der Rückführung der Aufklärung auf das Christentum und anderem.
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Anmeldungsdatum: 16.09.2003
Beiträge: 42408

Beitrag(#1165730) Verfasst am: 29.12.2008, 15:37    Titel: Antworten mit Zitat

Argaith hat folgendes geschrieben:
Noseman hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:

Wenn wir schon mal dabei sind, sollte auch bedacht werden, daß die Aspekte des Christentums, die noch den stärksten Einfluß auf das moderne Menschenbild hatten, selbst aus anderen Philosophien übernommen wurden.


Welche Aspekte des Christentums wurden eigentlich nicht von woanders übernommen?

Mir fällt da spontan nix ein, jedenfalls.


Der Einfluss des Chirstentums auf das Menschenbild ist meines Erachtens nahezu vollständig Wunschdenken. Man nimmt überwiegend einfach an, dass das Christentum auch heute noch unheimlich wichtig sein müsse und übertreibt es dadurch schon maßlos mit der Rückführung der Aufklärung auf das Christentum und anderem.


Ich möchte diesbezüglich auch noch eine Anmerkung in die gleiche Richtung machen.

Es gibt eine Menge Leute, die sich für andere einsetzen. Auch christliche.

Aber ihr kennt ja das Sandkastenbeispiel.

Meines Erachtens würden die gleichen Leute das auch tun, wenn sie Atheisten, Buddhisten oder Pastafaris wären.

Niemand wird aufgrund religiösen Drucks "lieb", sowas kann nur dazu taugen, einen Charakter zu verderben, niemals ihn besser zu machen.


Zuletzt bearbeitet von Evilbert am 29.12.2008, 15:38, insgesamt einmal bearbeitet
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Effô Tisetti
Königsblau bis in den Tod



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Beitrag(#1165731) Verfasst am: 29.12.2008, 15:38    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:

Wurzeln dieser Idee finden sich im Judentum, später auch im Christentum, vor allem durch den Mythos der Gottesebenbildlichkeit. In diesem Zusammenhang war die Menschenwürde allerdings vorerst nur eine Gleichheit der Knechte untereinander, vor Gott. Der Protestantismus hat später immerhin noch den Aspekt der Gewissensfreiheit eingebracht.


So sehe ich das auch. Der biblische Gleichheitsbegriff ist ein ausschließlich in moralischer Dimension (vor Gott) gedachter. Die Errungenschaft der sozialen Gleichheit ist eine neue Errungenschaft. M.E. ist weniger der moderne Gleichheitsbegriff selbst der jüdisch-christlichen Gedankenwelt entlehnt, sondern eher die Art seiner Begründung bzw. wie bzw. als was er eingeführt wird: nämlich nicht als eine begründbare Konvention (inkl. ihrer hauptsächlich in der Aufklärung gründenden philosophischen Vorüberlegungen), sondern als göttlich letztbegründet:

Amerikanische Unabhängigkeitserklärung hat folgendes geschrieben:
We hold these truths to be self-evident that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights


Überspitzt könnte man sagen: Der christlich-jüdische Einfluss auf die Idee der Gleichheit und Menschenwürde zeigt sich v.a. in der miserablen Begründung einer an sich gut durchdachten Idee bzw. eines praktikablen ethischen Konstrukts.

Andererseits muss man wohl auch zugestehen, dass vor dem Hintergrund der damaligen Zeit diese dumme "Begründung" die möglicherweise bestmögliche, weil erfolgsversprechendste war.
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zelig
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Beitrag(#1165767) Verfasst am: 29.12.2008, 16:20    Titel: Antworten mit Zitat

Argaith hat folgendes geschrieben:
Noseman hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:

Wenn wir schon mal dabei sind, sollte auch bedacht werden, daß die Aspekte des Christentums, die noch den stärksten Einfluß auf das moderne Menschenbild hatten, selbst aus anderen Philosophien übernommen wurden.


Welche Aspekte des Christentums wurden eigentlich nicht von woanders übernommen?

Mir fällt da spontan nix ein, jedenfalls.


Der Einfluss des Chirstentums auf das Menschenbild ist meines Erachtens nahezu vollständig Wunschdenken. [...]

Niemand hat von dem Menschenbild gesprochen. Sowas gibt es nicht. Aber es gibt ein christliches Menschenbild, daß das Aufkommen des modernen Menschenbildes im Vergleich zu anderen Kulturkreisen begünstigt.
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Evilbert
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Beitrag(#1165768) Verfasst am: 29.12.2008, 16:22    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Aber es gibt ein christliches Menschenbild, daß das Aufkommen des modernen Menschenbildes im Vergleich zu anderen Kulturkreisen begünstigt.


Es gibt kein "modernes Menschenbild". Wie kann man als User dieses Forums so etwas postulieren?
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zelig
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Beitrag(#1165771) Verfasst am: 29.12.2008, 16:27    Titel: Antworten mit Zitat

Hm? Wie meinst Du das?
Mit allen Vorbehalten gegen den Artikel, aber es gibt Menschenbilder:
http://de.wikipedia.org/wiki/Menschenbild
Sie wandeln sich erheblich im Laufe der Zeit.
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Argáiþ
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Beitrag(#1165773) Verfasst am: 29.12.2008, 16:29    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:

Niemand hat von dem Menschenbild gesprochen. Sowas gibt es nicht. Aber es gibt ein christliches Menschenbild, daß das Aufkommen des modernen Menschenbildes im Vergleich zu anderen Kulturkreisen begünstigt.


Ich glaube, dass das eine Möglichkeit ist, aber keine Sicherheit, das dürfte schwierig zu untersuchen sein, da man Europa auch unabhängig vom Christentum als einigermaßen einheitlich "kulturell aktiv" ansehen kann. Zumindest muss ich aber denken, dass der Einfluss des Christentums hier deutlich überschätzt wird. Vor allem in engerer Eingrenzung um einen angenommenen Zeitpunkt der Einführung des Christentums betrachtet, kann man nicht einfach von einer Humanisierung der Gesellschaft durch das Christentum reden. Was also, wenn das Christentum durch einen separaten Mechanismus zum dominanten Kulturmerkmal Europas geworden ist und die Humanisierung und Aufklärung eigentlich unabhäng davon verlief und dem Christentum nur zugeordnet wird, weil es scheinbar zusammenpasst und weil das Christentum moralische Überlegenheit beansprucht?


Zuletzt bearbeitet von Argáiþ am 29.12.2008, 16:30, insgesamt einmal bearbeitet
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Evilbert
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Beitrag(#1165774) Verfasst am: 29.12.2008, 16:29    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Hm? Wie meinst Du das?
Mit allen Vorbehalten gegen den Artikel, aber es gibt Menschenbilder:
http://de.wikipedia.org/wiki/Menschenbild
Sie wandeln sich erheblich im Laufe der Zeit.


Es gibt aber kein scharf definiertes Menschenbuilkd mehr, welches alle Leute teilen. Nicht mal mehr in ein und demselben Kulturkreis. Das war anno 1000 oder soim christlichen europa wohl noch etwas anders; heutzutage dürfte es so eine Vereinheitlichung nicht malmehr am Hindukusch geben.
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Effô Tisetti
Königsblau bis in den Tod



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Beitrag(#1165776) Verfasst am: 29.12.2008, 16:32    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Argaith hat folgendes geschrieben:
Noseman hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:

Wenn wir schon mal dabei sind, sollte auch bedacht werden, daß die Aspekte des Christentums, die noch den stärksten Einfluß auf das moderne Menschenbild hatten, selbst aus anderen Philosophien übernommen wurden.


Welche Aspekte des Christentums wurden eigentlich nicht von woanders übernommen?

Mir fällt da spontan nix ein, jedenfalls.


Der Einfluss des Chirstentums auf das Menschenbild ist meines Erachtens nahezu vollständig Wunschdenken. [...]

Niemand hat von dem Menschenbild gesprochen. Sowas gibt es nicht. Aber es gibt ein christliches Menschenbild, daß das Aufkommen des modernen Menschenbildes im Vergleich zu anderen Kulturkreisen begünstigt.


Nun kommt dieses Menschenbild aber auch aus einem Kulturkreis, der zu der Zeit den Rest der Welt wirtschaftlich und militärisch hegemonial beherrschte, also aus dem einzigen Kulturkreis, wo man genug Zeit, Muße und Ressourcen zur Verfügung hatte, um sich um - für die damalige Zeit - derartige Luxusprobleme wie die Entwicklung neuartiger ethischer Ideen kümmern zu können. Auch die hellenistische philosophische Tradition wollen wir mal nicht schamhaft verschweigen. Ich halte es kaum für Zufall, dass in den 1.000 christlichen Jahren zuvor niemand auf die glorreiche Idee gekommen ist, die uns Jahwe-Jesus-Heilgeist so fein auf dem Präsentierteller drapiert hätte. Siehe auch mein Posting oben.
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