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Moraldilemma
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AgentProvocateur
registrierter User



Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1011118) Verfasst am: 30.05.2008, 22:55    Titel: Antworten mit Zitat

Heiner hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
[...] Zu behaupten, die Mutter handele moralisch richtiger, wenn sie das fremde Kind tötet, als wenn sie das eigene Kind tötet, bzw. umgekehrt, ist eine moralische Absurdidät!

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Um mal ein wenig von dem Beispiel zu abstrahieren: meiner Meinung nach wäre es in beiden Fällen moralisch falsch, ein fremdes Kind zu töten, um das eigene Kind zu retten. [...]

Wenn wir uns hier einigen können, ist es ja gut. [...]

Hm, der Widerspruch ist immer noch da. Deine obige Aussage widerspricht meiner Aussage. Ich meine, es ist moralisch falsch, das fremde Kind im Beispiel zu töten, aber nicht moralisch falsch, das eigene Kind zu töten / sterben zu lassen, wenn es keine andere Möglichkeit gibt.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Wenn die Mutter überlegt, ein anderes Kind für ihr eigenes zu töten, gerät sich in das gleiche Tötungsdilemma wie der Pilot, der überlegt, lieber die Vorortsbewohner als die Zentrumsbewohner mit dem Tod zu bedrohen.

Ähm, nein, das sehe ich nicht so. Der Pilot ist in einer symmetrischen moralischen Dilemmasituation, die Mutter nicht. Sie wäre es dann, wenn sie alleine mit den beiden Kindern wäre und nur eines überleben könnte. (Wobei die Frage, welche Situation wann symmetrisch ist, Abwägungssache ist und nicht binär und eindeutig beantwortet werden kann.)

Heiner hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich sehe nicht, wie man das so klar trennen kann (der Pilot trägt voll die Verantwortung, der außerhalb des Flugkörpers sich Befindliche aber gar nicht).

Nein, es macht keinen Unterschied, ob der Pilot ins Cockpit steigt oder ob er draußen bleibt und sich an eine Fernsteuerung setzt. Es macht aber einen Unterschied, ob ein Nichtinvolvierter hinzutritt, ihm die Kontrolle angeboten wird und er die Kontrolle ablehnt.

Hm, ich denke nicht, ich denke eher, dass der vorher Nichtinvolvierte dadurch involviert wird und dann eine Verantwortung erhält. Kommt aber natürlich auf die genaue Situation an.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Genauso absurd ist es zu behaupten, es sei moralisch richtiger, wenn der Pilot den Tod der Vorortsbewohner herbeiführt als wenn er den Tod der Zentrumsbewohner verursacht.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Der Pilot ist in einer Situation, wo es kein richtiges Handeln mehr gibt, weil es IMMER falsch ist, Menschen zu töten (hier gibt’s auch kein „weniger“ falsch)!

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Okay, genau an dieser Stelle ist unser Dissens. Natürlich ist es falsch, Menschen zu töten, aber mMn kann es (extreme Ausnahmesituationen) geben, in denen es besser ist, weniger Menschen zu töten als mehr Menschen zu töten.

Und wie begründest du, dass dies besser wäre? Wie vereinbarst du das mit dem "gleichen Lebensrecht für alle"? Oder zweifelst du diesen Grundsatz an?

Nein, den Grundsatz zweifele ich nicht an.

Ich meine aber, dass es in bestimmten symmetrischen Dilemmasituationen, in denen nur die Wahl bleibt, ob man mehr oder weniger Menschen tötet, man sich für das Zweitere entscheiden sollte, das also moralisch richtiger / geboten ist, weil man dann das Lebensrecht von mehr Menschen berücksichtigt.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Diejenigen, die das anders sehen, mögen sich die Konsequenzen vor Augen halten, die ihre Position hat:

Ist es weniger schlimm, 2 Menschen zu töten als 4 Menschen?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wie gesagt: ja, in Ausnahmesituationen würde ich das so sehen.

Dann verstehe ich nicht, warum die die folgenden Aussagen nicht ebenso konsequent in diesem Sinne bejahst:

Heiner hat folgendes geschrieben:
Ist ein Mörder, der „nur“ 5 Menschen ermordet hat, als moralisch besser einzustufen als ein Mörder, der es auf 10 Mordopfer gebracht hat?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Weiß nicht, halte ich aber auch für unwesentlich, denn ich sehe bei dieser Frage keinen Zusammenhang zur bisherigen Diskussion.

Siehst du diesen Zusammenhang wirklich nicht oder willst du ihn nicht sehen?
Ich hätte auch schreiben können:

Ist das Handeln eines Täters, der „nur“ 5 Menschen getötet hat, als moralisch besser einzustufen als das Handeln eines Täters, der es auf 10 Tötungsopfer gebracht hat?

Darauf müsstest du jetzt wieder antworten: "Ja, es kann durchaus so sein."

Macht es jetzt einen Unterschied, ob ich "morden" oder "töten" sage?

Ich rede von Dilemmasituationen, nicht von Mördern / Totschlägern, die sich nicht in einer solchen Dilemmasituation befanden. Ein Mörder / Totschläger war nicht gezwungen, seine Opfer zu töten. Warum sollte ich hier überhaupt eine moralische Wertung treffen, die Anzahl der Opfer betreffend? Meine moralische Wertung hierbei lautet so: es war falsch, die Menschen zu töten.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Sollen wir es Mördern zur moralischen Pflicht machen, dass, wenn sie schon das Morden nicht lassen können, sie besser 5 Menschen statt 10 ermorden sollen (resp. wenn schon, dann besser Zentrumsbewohner statt Vorortsbewohner, Männer statt Frauen, Greise statt Kindern usw.???!)

Zitat:
Auch dies hat mMn nichts mit den diskutierten moralischen Dilemmasituationen zu tun.

O doch, hat es, mir scheint aber, du willst die Konsequenzen deiner Position nicht wahrhaben...

Weiß nicht. Ich sehe den Zusammenhang mit den Dilemmasituationen nicht. Wenn Du das mal erläutern könntest?
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Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11519

Beitrag(#1011133) Verfasst am: 30.05.2008, 23:14    Titel: Antworten mit Zitat

Heiner hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Ähm, inwiefern ist ein nach Wiki zitierter Paragraph ein Argument? Paragraphen sollten aus Argumenten resultieren und nicht umgekehrt.


Genau genommen ist es kein Paragraph, sondern eine Erläuterung der bestehenden Rechtslage.
Die argumentative Begründung dessen habe ich aufgezeigt...

Und ich habe aufgezeigt, dass Deine Begründung nicht logisch zwingend ist. (s.o.)

Zitat:
Zitat:
Zudem kann ich soweit auch keinen Widerspruch mit meinem Standpunkt erkennen.


Ich schon. Der Hauptwiderspruch liegt darin, dass du ja der Ansicht bist, man handele dann im Sinne des Lebensrechts beider Opfer, wenn man beide nicht rettet (übrigens klar rechtswidrig, wie auch der WIKI-Artikel zeigt).
Irgendetwas stimmt da also bei deiner Position nicht und es deckt sich auch nicht mit der zitierten Rechtslage. Cool

Nö, man handelt nicht im Sinne des Lebensrechts beider Opfer, wenn man niemanden rettet, sondern verletzt beide. Genauso hatte ich das auch geschrieben. Man handelt aber im Sinne "Gleiches Lebensrecht", wenn man beide sterben lässt. Das mag Dir zynisch erscheinen, ist aber so. Deshalb ist die Norm "Gleiches Lebensrecht" nicht geeignet, um die Illegitimität der Nicht-Handlung zu begründen. Aber nur weil ich diese Norm nicht als Begründung für geeignet halte, heißt das noch lange nicht, dass ich die Nicht-Handlung für legitim erkläre.

Zitat:
Zitat:
Mein Standpunkt macht klar die Vorhersage, dass A gerettet werden muss, weil die Möglichkeit besteht, A zu retten. Und man muss B retten, weil man die Möglichkeit hat, B zu retten.


Bis du jetzt eigentlich von deiner ursprünglichen Position abgerückt, die ja lautete, man müsse beide nicht retten, wenn man (folge)richtig handelt? Auf den Arm nehmen

Wo habe ich geschrieben, dass man beide sterben lassen muss? Ich habe nur geschrieben, dass das durch die Norm "Gleiches Lebensrecht" gedeckt wäre. Nicht mehr und nicht weniger.

Zitat:
Zitat:
Von einer Pflichtentbindung ist im Artikel gar nicht die Rede, es wird nur festgelegt, dass es nicht rechtswidrig sei, wenn man nur einer Pflicht nachkommt.


Es wird nicht festgelegt. Die argumentative Herleitung habe ich oben breit ausgeführt.
(Nämlich dass stets eine moralische Notwendigkeit einer anderen moralischen Notwendigkeit gegenübersteht, wobei letzte das Handeln rechtfertigt.... Ich müsste mich aber jetzt wiederholen...

Und ich habe gezeigt, dass Deine Argumentation auf Festlegungen aufbaut.

Zitat:
Zitat:
Fazit: Der Artikel enthält keine neue Argumente und trägt somit nichts zur Klärung bei.


Er bekräftigt meine Position und mach noch einmal deutlich, dass im Dilemma von
ZWEI Pflichten auszugehen ist, nicht von EINER.

Dumm nur, dass das aus meiner Argumentation auch zu folgt. Unser Dissens besteht nicht darin, sondern ob eine Verletzung des Lebensrechts von B vorliegt, wenn ich A rette u.u.. Dazu nimmt der Artikel jedoch keine Stellung. Er sagt nur, dass es nicht rechtswidrig ist, wenn man A oder B nicht rettet. Deshalb trägt der Artikel auch nichts zur Klärung unserer Differenzen bei.

Zitat:
Zitat:
Bitte gehe auf das ein, was ich Dir oben geantwortet habe.


Ich habe deinen Einwand schon verstanden. Der Unterschied zu meiner Position ist, dass du die Sache immer vom Ende her denkst, während ich sie vom Anfang her angehe.
Du gehst davon aus, dass man "A retten muss, B muss man aber nicht retten". Oder "B muss man retten, A muss man aber nicht retten".
Du gehst also immer nur von EINER Pflicht aus, die man befolgen muss.

Ne, ich gehe im Gegensatz zu Dir davon aus, dass keine Rettungspflichten begründet werden können, wenn durch Unterlassung der Rettungshandlung keine Lebensrechte verletzt würden. Da ich aber gerade sage, dass Lebensrechte verletzt würden (entweder von A oder B, oder von beiden), gehe kann ich auch von begründeten Rettungspflichten für A und für B ausgehen.

Zitat:
dass man auch dann gerechtfertigt handelt, wenn man nur EINE Pflicht befolgt.

Das ergibt sich auch bei mir. Aber nicht deswegen, weil man kein Lebensrecht verletzt, sondern obwohl man ein Lebensrecht verletzt. Bei mir folgt schlicht nicht, dass man automatisch schuldhaft handelt, wenn man Rechtsgüter verletzt, nämlich dann nicht, wenn ein Rechtfertigunsgrund für die Verletzung der Rechtsgüter vorliegt. Und dieser Rechtfertigungsgrund lautet beim Dilemma weder "Ich konnte A nicht retten, weil ich B retten mußte", noch "Ich konnte B nicht retten, weil ich A retten musste", sondern schlicht "Ich konnte nicht A und B retten."
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Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11519

Beitrag(#1011137) Verfasst am: 30.05.2008, 23:18    Titel: Antworten mit Zitat

Heiner hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Sollen wir es Mördern zur moralischen Pflicht machen, dass, wenn sie schon das Morden nicht lassen können, sie besser 5 Menschen statt 10 ermorden sollen

Naja, wenn mich ein Mensch anruft und sagt, dass er gleich losziehen will um 10 Menschen zu ermorden, mir aber das Angebot unterbreitet, nur 5 Menschen zu töten, wenn mir das lieber wäre, würde ich das Angebot wohl nicht ausschlagen. Würdest Du auch so entscheiden oder wieder eine Münze werfen?


Wie käme ich dazu, mich auch nur im Ansatz auf ein solch absurdes "Angebot" einzulassen?? Weinen

Weil dann 5 Menschen weniger sterben?
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Heiner
Grundrechte-Fan



Anmeldungsdatum: 29.05.2006
Beiträge: 1217

Beitrag(#1011430) Verfasst am: 31.05.2008, 14:36    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Um mal ein wenig von dem Beispiel zu abstrahieren: meiner Meinung nach wäre es in beiden Fällen moralisch falsch, ein fremdes Kind zu töten, um das eigene Kind zu retten. [...]


Zitat:
Heiner
Wenn wir uns hier einigen können, ist es ja gut. [...]


Zitat:
AgentProvocateur
Hm, der Widerspruch ist immer noch da. Deine obige Aussage widerspricht meiner Aussage. Ich meine, es ist moralisch falsch, das fremde Kind im Beispiel zu töten, aber nicht moralisch falsch, das eigene Kind zu töten / sterben zu lassen, wenn es keine andere Möglichkeit gibt.


Nur noch mal zum Verständnis: Du beziehst dich hier auf zwei unterschiedliche Szenarien, die ich genannt hatte. Zum einen geht es um eine Mutter, die während einer Hungersnot ihrem Kind nicht ausreichend Nahrung geben kann, das Kind stirbt. Zum anderen um eine Mutter und ein Kind während einer Hungerszeit, denen genaue Nahrungsrationen zugeteilt sind und die so überleben könnten; die Mutter entzieht aber ohne Notwendigkeit dem Kind die Ration und bedroht es so mit dem Tod.

Dein Kommentar zum letzten Szenario lautet: „[Es ist] aber nicht moralisch falsch, das eigene Kind zu töten [...], wenn es keine andere Möglichkeit gibt.“

Den Zusatz „wenn es keine Möglichkeit gibt“ kannst du streichen, da unsinnig, zumal auf das letzte Szenario bezogen (siehe Situationsbeschreibung).
Bliebe also das Urteil: „Es ist nicht moralisch falsch, wenn die Mutter das eigene Kind tötet.“
Frage: Hältst du dieses Urteil so aufrecht?

Heiner hat folgendes geschrieben:
Wenn die Mutter überlegt, ein anderes Kind für ihr eigenes zu töten, gerät sich in das gleiche Tötungsdilemma wie der Pilot, der überlegt, lieber die Vorortsbewohner als die Zentrumsbewohner mit dem Tod zu bedrohen.


Zitat:
Ähm, nein, das sehe ich nicht so. Der Pilot ist in einer symmetrischen moralischen Dilemmasituation, die Mutter nicht. Sie wäre es dann, wenn sie alleine mit den beiden Kindern wäre und nur eines überleben könnte. (Wobei die Frage, welche Situation wann symmetrisch ist, Abwägungssache ist und nicht binär und eindeutig beantwortet werden kann.)


Hier weiß ich nicht, was du unter einer „symmetrischen Dilemmasituation“ im Gegensatz zu einer asymmetrischen Dilemmasituation verstehst...

Zitat:
Heiner
Nein, es macht keinen Unterschied, ob der Pilot ins Cockpit steigt oder ob er draußen bleibt und sich an eine Fernsteuerung setzt. Es macht aber einen Unterschied, ob ein Nichtinvolvierter hinzutritt, ihm die Kontrolle angeboten wird und er die Kontrolle ablehnt.


Zitat:
Hm, ich denke nicht, ich denke eher, dass der vorher Nichtinvolvierte dadurch involviert wird und dann eine Verantwortung erhält. Kommt aber natürlich auf die genaue Situation an.


Es geht hier um genau die Situation, die ich geschildert hatte, siehe oben. Ich habe auch begründet, warum mE eine Verantwortlichkeit hier für den Außenstehenden ausscheidet. Bei dir fehlt mir die Begründung für deine Position.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Der Pilot ist in einer Situation, wo es kein richtiges Handeln mehr gibt, weil es IMMER falsch ist, Menschen zu töten (hier gibt’s auch kein „weniger“ falsch)!

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Okay, genau an dieser Stelle ist unser Dissens. Natürlich ist es falsch, Menschen zu töten, aber mMn kann es (extreme Ausnahmesituationen) geben, in denen es besser ist, weniger Menschen zu töten als mehr Menschen zu töten.


Zitat:
Heiner
Und wie begründest du, dass dies besser wäre? Wie vereinbarst du das mit dem "gleichen Lebensrecht für alle"? Oder zweifelst du diesen Grundsatz an?


Zitat:
Nein, den Grundsatz zweifele ich nicht an.

Ich meine aber, dass es in bestimmten symmetrischen Dilemmasituationen, in denen nur die Wahl bleibt, ob man mehr oder weniger Menschen tötet, man sich für das Zweitere entscheiden sollte, das also moralisch richtiger / [b]geboten ist, weil man dann das Lebensrecht von mehr Menschen berücksichtigt.


Hier sträubt sich mir alles: Du willst also ein moralisches TötungGEBOT aufstellen, das hier lautet: Du musst (!!!) mit dem Flugzeug Vorortsbewohner töten statt Zentrumsbewohner.
Es ist moralisch geboten (!!!), Vorortsbewohner statt Zentrumsbewohner zu töten.

Ich habe aufgezeigt, welche absurden Konsequenzen es hat, wenn man, statt prinzipiell am TötungsVERBOT festzuhalten, anfängt, TötungsGEBOTE zu formulieren.

Deine Begründung hierfür („weil man dann das Lebensrecht von mehr Menschen berücksichtigt“) muss schon deshalb im Ansatz scheitern, da ein solches TötungsGEBOT nicht nur mit dem gleichen Lebensrecht aller, sondern mit dem Recht auf Leben überhaupt UNVEREINBAR ist!

Also wiederum: eine moralische Absurdität!

Heiner hat folgendes geschrieben:


Ist das Handeln eines Täters, der „nur“ 5 Menschen getötet hat, als moralisch besser einzustufen als das Handeln eines Täters, der es auf 10 Tötungsopfer gebracht hat?
Darauf müsstest du jetzt wieder antworten: "Ja, es kann durchaus so sein."
Macht es jetzt einen Unterschied, ob ich "morden" oder "töten" sage?


Zitat:
Ich rede von Dilemmasituationen, nicht von Mördern / Totschlägern, die sich nicht in einer solchen Dilemmasituation befanden. Ein Mörder / Totschläger war nicht gezwungen, seine Opfer zu töten.


Aber der Pilot war auch nicht gezwungen, in die Maschine einzusteigen und loszufliegen. Als Pilot weiß er, dass ein Flugzeug auch Schaden nehmen und zum Tötungsinstrument werden kann. Folglich war er auch nicht „gezwungen“, Menschen mit dem Tod zu bedrohen. (Genauso verhält es sich übrigens auch mit Autofahrern!)

Die Frage „Ist das Handeln eines Täters, der „nur“ 5 Menschen getötet hat, als moralisch besser einzustufen als das Handeln eines Täters, der es auf 10 Tötungsopfer gebracht hat?“ steht also im Raum: Wieso beziehst du dein moralisches Bewertungsschema also nicht auch auf andere Fälle von Totschlag?

Zitat:
Warum sollte ich hier überhaupt eine moralische Wertung treffen, die Anzahl der Opfer betreffend? Meine moralische Wertung hierbei lautet so: es war falsch, die Menschen zu töten.


Ja, eine gute Frage, die ich mir ja auch schon die ganze Zeit stelle, genauso im Flugzeug-Szenario!!!!

Heiner hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Sollen wir es Mördern zur moralischen Pflicht machen, dass, wenn sie schon das Morden nicht lassen können, sie besser 5 Menschen statt 10 ermorden sollen (resp. wenn schon, dann besser Zentrumsbewohner statt Vorortsbewohner, Männer statt Frauen, Greise statt Kindern usw.???!)

Zitat:
Auch dies hat mMn nichts mit den diskutierten moralischen Dilemmasituationen zu tun.

O doch, hat es, mir scheint aber, du willst die Konsequenzen deiner Position nicht wahrhaben...

Weiß nicht. Ich sehe den Zusammenhang mit den Dilemmasituationen nicht. Wenn Du das mal erläutern könntest? [/quote]

Dazu kann ich nur sage: Siehe oben...
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Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11519

Beitrag(#1011501) Verfasst am: 31.05.2008, 16:41    Titel: Antworten mit Zitat

Heiner hat folgendes geschrieben:

Es geht hier um genau die Situation, die ich geschildert hatte, siehe oben. Ich habe auch begründet, warum mE eine Verantwortlichkeit hier für den Außenstehenden ausscheidet. Bei dir fehlt mir die Begründung für deine Position.

Nein, Du hast das nicht begründet. Du hast es nur versucht zu begründen:

Heiner hat folgendes geschrieben:

Frage: Wann können wir davon reden, dass jemand für den Tod eines Menschen (schuldhaft) verantwortlich ist?
Antwort: Wir können dann sagen, jemand sei für den Tod eines Menschen (schuldhaft) verantwortlich, wenn jemand Möglichkeiten hat, den Tod des Menschen abzuwenden, und er diese Möglichkeiten nicht nutzt, mit Ausnahme der Möglichkeit, zu töten.

Das Fettgedruckte ist exakt die Definition der diskutierten Dilemmasituation. Folgende Begründung ist damit inhaltlich völlig identisch mit Deiner:

Heiner sinngemäß hat folgendes geschrieben:
Antwort: Wir können dann sagen, jemand sei für den Tod eines Menschen (schuldhaft) verantwortlich, wenn jemand Möglichkeiten hat, den Tod des Menschen abzuwenden, und er diese Möglichkeiten nicht nutzt, mit Ausnahme in der Dilemmasituation.


Und jetzt mal Butter bei die Fische: Das soll eine Begründung sein, warum man in der Dilemmasituation als Außenstehender keine Verantwortung trägt? Weil es eine Dilemmasituation ist?

Ne, mein Lieber. Ob die Dilemmasituation eine Ausnahme ist oder nicht ist hier genau der strittige Punkt, und den kann man nicht mit der Behauptung entscheiden, dass sie eine sei. Wobei, eigentlich kann man das schon so entscheiden, aber dann darf man anschließend nicht behaupten, dass man das begründet hätte. Man hat einfach nur etwas festgelegt, weil es einem gerade in den Kram gepasst hat.

Im übrigen sehe ich weniger diejenigen in der Begründungspflicht, die eine Ausnahme von einer Regel ohne Begründung nicht akzeptieren wollen (Agent Provocateur), sondern eher diejenigen, die so eine Ausnahme behaupten, in dem Fall also immer noch Du.
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posted by Babyface
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Leila*
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Anmeldungsdatum: 29.05.2008
Beiträge: 516

Beitrag(#1011512) Verfasst am: 31.05.2008, 17:00    Titel: Antworten mit Zitat

Ich habe nun alles zu dem hier in Rede stehenden Thema gelesen und fange nochmals von vorne an.

Zur Situation: Ein gewöhnlicher Mensch, der in eine solche, wie anfangs geschilderte Situation gerät, weiß wohl kaum, wie er reagieren würde. Jedenfalls vermute ich, daß er nicht die Zeit dazu fände, um moralische und juristische Überlegungen anzustellen. Wahrscheinlich wäre er schockiert und daher unfähig zu jeglicher überlegten Handlung. Aus Zeitungsmeldungen ist zu erfahren, daß selbst gründlich geschulte und routinierte Zugführer nach einem Unfall unter Schock stehen und der liebe- und verständnisvollen Betreuung bedürfen.

Zur Technik: Kein Passagier ist imstande, einen ‚führerlosen‘ (also eines vermittelst Computer gesteuerten) Zug anzuhalten oder umzuleiten: denn der Führerstand in solchen Zügen ist unzugänglich, weil verschlossen.

Zur Reaktion: Die einzige Reaktion, die ich mir selbst in einer solchen Situation zutrauen würde, wäre das Ziehen der Notbremse. Ich bin mir aber nicht einmal dessen sicher. Ich halte es für möglich, daß ich in Ohnmacht fallen würde.

Zur Organisation: Hierin sehe ich den größten Mangel. Gleisarbeiter sollten mit allen technisch verfügbaren Mitteln geschützt werden.

Zur Moral: Oft, wenn nicht sogar meistens, hinkt sie hinterher – mit einer Langsamkeit, als ob sie niemandem begegnen möchte. Dies wurde auch gestern im Fernsehfilm über das Zugunglück in Eschede gezeigt: Der oberste Rüppel der Deutschen Bahn AG, Hartmut Mehdorn, war zu keiner Stellungnahme bereit.

Die vom mir unbekannten Philosophen R. Precht angeführte, das ‚Moraldilemma‘ betreffende Erwägung, verleitet mich – da ich Kerners Sendungen gewohnheitsmäßig verpasse – zur der folgenden Frage: Was sagte er, der Philosoph R. Precht, selbst dazu?

Gruß von Leila*
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Heiner
Grundrechte-Fan



Anmeldungsdatum: 29.05.2006
Beiträge: 1217

Beitrag(#1011569) Verfasst am: 31.05.2008, 19:01    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:

Es geht hier um genau die Situation, die ich geschildert hatte, siehe oben. Ich habe auch begründet, warum mE eine Verantwortlichkeit hier für den Außenstehenden ausscheidet. Bei dir fehlt mir die Begründung für deine Position.

Nein, Du hast das nicht begründet. Du hast es nur versucht zu begründen:

Heiner hat folgendes geschrieben:

Frage: Wann können wir davon reden, dass jemand für den Tod eines Menschen (schuldhaft) verantwortlich ist?
Antwort: Wir können dann sagen, jemand sei für den Tod eines Menschen (schuldhaft) verantwortlich, wenn jemand Möglichkeiten hat, den Tod des Menschen abzuwenden, und er diese Möglichkeiten nicht nutzt, mit Ausnahme der Möglichkeit, zu töten.

Das Fettgedruckte ist exakt die Definition der diskutierten Dilemmasituation. Folgende Begründung ist damit inhaltlich völlig identisch mit Deiner:

Heiner sinngemäß hat folgendes geschrieben:
Antwort: Wir können dann sagen, jemand sei für den Tod eines Menschen (schuldhaft) verantwortlich, wenn jemand Möglichkeiten hat, den Tod des Menschen abzuwenden, und er diese Möglichkeiten nicht nutzt, mit Ausnahme in der Dilemmasituation.


Und jetzt mal Butter bei die Fische: Das soll eine Begründung sein, warum man in der Dilemmasituation als Außenstehender keine Verantwortung trägt? Weil es eine Dilemmasituation ist?


Quark! Ich schreibe keine ausführlichen Beitrage, damit du sie dann grob verkürzend sinnentstellst!

Wenn du meine Beiträge aufmerksam gelesen hättest, wüsstest du, dass ich schon mal gar nicht von "der" Dilemmasituation rede, sondern differenziere zwischen dem Rettungdilemma einerseits und dem Tötungsdilemma andererseits.

Die Behauptung, ich würde Verantwortung in Dilemma-Situationen rundweg abstreiten, ist erst recht Käse, den du selber fabrizierst. Ich habe die Fälle genau differenziert, wann, wo, bei wem die Verantwortung in den verschiedenen Dilemma-Situationen liegt!
Keine Moral ist voraussetzungslos, auch nicht "mein" Moralkonzept.
Es sind zwei Prämissen, von denen ich ausgehe:

1. Alle haben das gleiche Recht auf Leben.
2. Das Tötungsverbot (Menschen zu töten ist Unrecht, es ist Pflicht, Menschen nicht zu töten).

Davon ausgehend habe ich meine Beurteilung der Dilemma-Situationen entwickelt.
So ergibt sich die Tatsache, dass in dem von dir zitierten Passus die "Möglichkeit zu töten" als Möglichkeit ausscheidet, aus der 2. Prämisse!

Das steht aber alles auf der Seite 13, auf die ich ab jetzt immer verweisen werde.

Sollte jemand dort einen logischen Fehler finden und ausgehend von meinen Prämissen zu anderen Schlüssen gelangen, bin ich gerne bereit, meine Beurteilung zu korrigieren.

Zitat:
Ne, mein Lieber. Ob die Dilemmasituation eine Ausnahme ist oder nicht ist hier genau der strittige Punkt, und den kann man nicht mit der Behauptung entscheiden, dass sie eine sei. Wobei, eigentlich kann man das schon so entscheiden, aber dann darf man anschließend nicht behaupten, dass man das begründet hätte. Man hat einfach nur etwas festgelegt, weil es einem gerade in den Kram gepasst hat.

Im übrigen sehe ich weniger diejenigen in der Begründungspflicht, die eine Ausnahme von einer Regel ohne Begründung nicht akzeptieren wollen (Agent Provocateur), sondern eher diejenigen, die so eine Ausnahme behaupten, in dem Fall also immer noch Du.


Was denn für eine "Ausnahme von der Regel"?? Welche "Regel"?

Ich habe von dir, und auch von anderen, die deiner Meinung sind, bisher noch kein schlüssiges Konzept gelesen. Mir ist auch unklar, von welchen Prämissen ihr ausgeht. Leg doch einfach mal deine Karten auf den Tisch.
Stattdessen lese ich von euch Aussagen, die wirklich abenteuerlich anmuten. Ich darf mal solche Klöpse zitieren.

Klops 1: Da behauptet Wolf, ALLE Mütter seien für den Tod ihrer Kinder verantwortlich. Warum? Weil sie nicht bereit sind, für ihre Kinder ZU TÖTEN. Geschockt

Zitat:
Zitat Wolf
Gilt nicht, da ich die Mutter [Anmerkung: deren Kind ohne eigenes Verschulden verhungerte] zwar für (mit)verantwortlich, aber nicht für eine Mörderin halte bzw "schuldig" halte.

Geschockt

Klops 2: AgentProvocateur findet, dass es nicht moralisch falsch ist, wenn die Mutter ihr eigenes Kind tötet (wobei er noch einen Notwendigkeit zur Tötung insinuiert): Geschockt

Zitat:
Zitat AP
Ich meine, es ist moralisch falsch, das fremde Kind im Beispiel zu töten, aber nicht moralisch falsch, das eigene Kind zu töten / sterben zu lassen, wenn es keine andere Möglichkeit gibt.


Klops 3: Du selbst bist der Ansicht, man würde das "gleiche Lebensrecht" dann beherzigen, wenn man alle Opfer im Rettungsdilemma sterben lässt (nach dem Motto: alle haben das gleiche Recht auf Le..., ääääh, ich meine Sterben). Geschockt

Zitat:
Babyface
Man handelt aber im Sinne "Gleiches Lebensrecht", wenn man beide sterben lässt.

Geschockt

Die Aufforderung geht an alle, die solche Aussagen machen, ihre Prämissen offenzulegen.
Der Verdacht liegt nahe, dass es wohl meine Prämissen nicht sein können, da diese Aussagen vor deren Hintergrund schlicht als abstrus zu werden sind!
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Wolf
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Wohnort: Zuhause

Beitrag(#1011607) Verfasst am: 31.05.2008, 19:20    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Da behauptet Wolf

Dazu ein Zitat aus der Wikipedia:
Zitat:
Damit erweist sich die oft vorgenommene Vermischung der Begriffe Verantwortung und Schuld als inkorrekt, weil das Vorliegen von Schuld voraussetzt, dass die handelnde Person vorsätzlich oder fahrlässig gegen bestehende Normen verstößt, während Verantwortung auch dann geltend gemacht werden kann, wenn als korrekt angesehenes Handeln (ganz gleich, auf Grund welcher Umstände) negative Folgen nach sich zieht.

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Heiner
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Beiträge: 1217

Beitrag(#1011704) Verfasst am: 31.05.2008, 20:19    Titel: Antworten mit Zitat

Wolf hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Da behauptet Wolf

Dazu ein Zitat aus der Wikipedia:
Zitat:
Damit erweist sich die oft vorgenommene Vermischung der Begriffe Verantwortung und Schuld als inkorrekt, weil das Vorliegen von Schuld voraussetzt, dass die handelnde Person vorsätzlich oder fahrlässig gegen bestehende Normen verstößt, während Verantwortung auch dann geltend gemacht werden kann, wenn als korrekt angesehenes Handeln (ganz gleich, auf Grund welcher Umstände) negative Folgen nach sich zieht.


Und was folgt daraus konkret?
Eine Frage: Hältst du dich dafür verantwortlich, dass der König von Ghana Cephas Bansah der Fünfte ist?
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Wolf
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Beiträge: 16610
Wohnort: Zuhause

Beitrag(#1011711) Verfasst am: 31.05.2008, 20:25    Titel: Antworten mit Zitat

Heiner hat folgendes geschrieben:
Und was folgt daraus konkret?
Für sich alleine wohl nicht viel. Ich werde darüber aber noch genauer nachdenken.
Zitat:
Eine Frage: Hältst du dich dafür verantwortlich, dass der König von Ghana Cephas Bansah der Fünfte ist?

(Nahe zu) nicht verantwortlich.
Hatte ja keine/kaum eine Möglichkeit es zu verhindern.
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Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11519

Beitrag(#1011772) Verfasst am: 31.05.2008, 21:52    Titel: Antworten mit Zitat

Heiner hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:

Es geht hier um genau die Situation, die ich geschildert hatte, siehe oben. Ich habe auch begründet, warum mE eine Verantwortlichkeit hier für den Außenstehenden ausscheidet. Bei dir fehlt mir die Begründung für deine Position.

Nein, Du hast das nicht begründet. Du hast es nur versucht zu begründen:

Heiner hat folgendes geschrieben:

Frage: Wann können wir davon reden, dass jemand für den Tod eines Menschen (schuldhaft) verantwortlich ist?
Antwort: Wir können dann sagen, jemand sei für den Tod eines Menschen (schuldhaft) verantwortlich, wenn jemand Möglichkeiten hat, den Tod des Menschen abzuwenden, und er diese Möglichkeiten nicht nutzt, mit Ausnahme der Möglichkeit, zu töten.

Das Fettgedruckte ist exakt die Definition der diskutierten Dilemmasituation. Folgende Begründung ist damit inhaltlich völlig identisch mit Deiner:

Heiner sinngemäß hat folgendes geschrieben:
Antwort: Wir können dann sagen, jemand sei für den Tod eines Menschen (schuldhaft) verantwortlich, wenn jemand Möglichkeiten hat, den Tod des Menschen abzuwenden, und er diese Möglichkeiten nicht nutzt, mit Ausnahme in der Dilemmasituation.


Und jetzt mal Butter bei die Fische: Das soll eine Begründung sein, warum man in der Dilemmasituation als Außenstehender keine Verantwortung trägt? Weil es eine Dilemmasituation ist?


Quark! Ich schreibe keine ausführlichen Beitrage, damit du sie dann grob verkürzend sinnentstellst!

Jaja, wenn ich zeige, dass Deine Begründungen nicht die behauptete Substanz haben, dann stelle ich Deine Beiträge verkürzend und sinnentstellt dar, schon klar...

Tschuldige mal, aber ich habe mich hier völlig legitim auf den Teil Deines Beitrags beschränkt, der die Voraussetzung beschreibt, auf welcher die weitere Argumentaion Deines Beitrages aufbaute. Und ich bin dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass Du diese Voraussetzung nicht begründet hast.

Zitat:
Wenn du meine Beiträge aufmerksam gelesen hättest, wüsstest du, dass ich schon mal gar nicht von "der" Dilemmasituation rede, sondern differenziere zwischen dem Rettungdilemma einerseits und dem Tötungsdilemma andererseits.

Mit "der Dilemmasituation" meinte ich nicht irgendeine Dilemmasituation, sondern genau die, über die ihr gerade (AP und Du) diskutiert hattet, also das Tötungsdilemma des Außenstehenden!

AP leuchtet nicht ein, warum man dem Außenstehenden hier keine Veratnwortung zuweisen kann, Du behauptest, Du hättest begründet, warum man ihm keine Verantwortung zuweisen kann. Ich bestreite, dass Du das begründet hast und habe begründet, warum ich das so sehe.

Zitat:
Keine Moral ist voraussetzungslos, auch nicht "mein" Moralkonzept.
Es sind zwei Prämissen, von denen ich ausgehe:

1. Alle haben das gleiche Recht auf Leben.
2. Das Tötungsverbot (Menschen zu töten ist Unrecht, es ist Pflicht, Menschen nicht zu töten).

Davon ausgehend habe ich meine Beurteilung der Dilemma-Situationen entwickelt.
So ergibt sich die Tatsache, dass in dem von dir zitierten Passus die "Möglichkeit zu töten" als Möglichkeit ausscheidet, aus der 2. Prämisse!

Ich zitiere das nochmal:

Heiner hat folgendes geschrieben:

Frage: Wann können wir davon reden, dass jemand für den Tod eines Menschen (schuldhaft) verantwortlich ist?
Antwort: Wir können dann sagen, jemand sei für den Tod eines Menschen (schuldhaft) verantwortlich, wenn jemand Möglichkeiten hat, den Tod des Menschen abzuwenden, und er diese Möglichkeiten nicht nutzt, mit Ausnahme der Möglichkeit, zu töten.

1. Offenbar scheidet die Möglichkeit zu töten eben nicht aus, Du selbst hast sie hier als Möglichkeit angeführt und zudem als Sonderfall aller Möglichkeiten deklariert.
2. Dass der Außenstehende keine Verantwortung trägt, wenn er töten müsste, folgt nicht logisch aus Deinen zwei obigen Prämissen, sondern ist selbst eine Prämisse. Und die hast Du eben nicht begründet.


Zitat:
Zitat:
Ne, mein Lieber. Ob die Dilemmasituation eine Ausnahme ist oder nicht ist hier genau der strittige Punkt, und den kann man nicht mit der Behauptung entscheiden, dass sie eine sei. Wobei, eigentlich kann man das schon so entscheiden, aber dann darf man anschließend nicht behaupten, dass man das begründet hätte. Man hat einfach nur etwas festgelegt, weil es einem gerade in den Kram gepasst hat.

Im übrigen sehe ich weniger diejenigen in der Begründungspflicht, die eine Ausnahme von einer Regel ohne Begründung nicht akzeptieren wollen (Agent Provocateur), sondern eher diejenigen, die so eine Ausnahme behaupten, in dem Fall also immer noch Du.


Was denn für eine "Ausnahme von der Regel"?? Welche "Regel"?

Die Regel, nach der Du Verantwortung zuweist:

Heiner hat folgendes geschrieben:

Antwort: Wir können dann sagen, jemand sei für den Tod eines Menschen (schuldhaft) verantwortlich, wenn jemand Möglichkeiten hat, den Tod des Menschen abzuwenden, und er diese Möglichkeiten nicht nutzt, mit Ausnahme der Möglichkeit, zu töten.

Das ist eine wenn-dann-Aussage und damit eine Regel. Die Ausnahme habe ich groß hervorgehoben. Und die hast Du nicht begründet.

Zitat:
Ich habe von dir, und auch von anderen, die deiner Meinung sind, bisher noch kein schlüssiges Konzept gelesen. Mir ist auch unklar, von welchen Prämissen ihr ausgeht. Leg doch einfach mal deine Karten auf den Tisch.

Ich habe viele meiner Prämisse bereits offengelegt, insbesondere mein Verantwortungskonzept. Als ich zuletzt Prämissen auf den Tisch gelegt habe und gezeigt habe, dass nicht die absurden Konseqenzen folgen, die die unterstellt hattest, hast Du das als Haarspalterei bezeichnet. Also was willst Du eigentlich?

Zitat:
Zitat:
Babyface
Man handelt aber im Sinne "Gleiches Lebensrecht", wenn man beide sterben lässt.

Geschockt

Das bezieht sich auf das Rettungsdillema. Auch hier hatte ich meine Prämissen bereits erklärt:

Wer jemanden in Not nicht rettet, obwohl er die Möglichkeit hat, der verletzt das Lebensrecht dieser Person.

Daraus folgt im Rettungsdilemma: Wer A rettet, verwirklicht das Lebensrecht von A, verletzt aber das Lebensrecht von B. Wer B rettet, verletzt das Lebensrecht von A. In beiden Fällen liegt damit bzgl. der Verwirklichung/Verletzung von Lebensrechten eine Assymetrie vor.

Daraus folgt: Wer entweder A oder B rettet, genügt nicht dem Grundsatz "Gleiches Lebensrecht für A und B", denn dieser Grundsatz definiert eine Symetrie. Wer gar nicht eingreift, der veletzt zwar das Lebensrecht von A also auch das von B, genügt aber immerhin der Symetriebedingung der Norm.

Daher folgt aus der Norm "Gleiches Lebensrecht" gerade nicht, dass man A oder B retten muss. Um, das zu schlussfolgern, braucht man auch hier eine zusätzliche Prämisse, die eine Ausnahme von der Regel "Gleiches Lebensrecht" rechtfertigt.
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Beitrag(#1011781) Verfasst am: 31.05.2008, 21:58    Titel: Antworten mit Zitat

Heiner hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Da behauptet Wolf

Dazu ein Zitat aus der Wikipedia:
Zitat:
Damit erweist sich die oft vorgenommene Vermischung der Begriffe Verantwortung und Schuld als inkorrekt, weil das Vorliegen von Schuld voraussetzt, dass die handelnde Person vorsätzlich oder fahrlässig gegen bestehende Normen verstößt, während Verantwortung auch dann geltend gemacht werden kann, wenn als korrekt angesehenes Handeln (ganz gleich, auf Grund welcher Umstände) negative Folgen nach sich zieht.


Und was folgt daraus konkret?
Eine Frage: Hältst du dich dafür verantwortlich, dass der König von Ghana Cephas Bansah der Fünfte ist?

Fragt jemand, aus dessen eigenen Verantwortungkonzept folgt, dass er verantwortlich ist, wenn in China ein Sack Reis umfällt. zwinkern
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Beitrag(#1012111) Verfasst am: 01.06.2008, 13:20    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Noch ein kleiner Appetithappen für den großen intellektuellen Hunger:

http://www.youtube.com/watch?v=5uP132rWhs4

Aktive Tötung?


War der fallengelassene Junge jetzt weniger wert als der andere?
Am Kopf kratzen

Also ne Münze hat sie nicht geworfen.


Ja, gut. Ich kenne den Film nicht. Sagt sie hinterher, daß ihr der Junge weniger bedeutet hat, als der der überlebt hat?

Step hat ja schon alles gepetzt, es lag an der Haarfarbe. Ne, der gefallene Junge war ihr eigener Sohn, der gerettete Junge war ihr Neffe. Unmittelbar bevor die Situation entstand, hat die Mutter erfahren, dass ihr Sohn seinen Bruder ermordet hatte. Daraufhin hat der Sohn versucht die Mutter die Klippe hinunterzustoßen, was der Neffe in letzter Sekunde verhindern konnte. Während des Kampfes zwischen Sohn und Neffen rollen beide über die Klippe und die Mutter kann sie beide gerade noch an den Händen packen. Danach erfährt man nicht mehr viel. Der Neffe hat sie nie gefragt, ob sie sich nochmal so entscheiden würde.


Ich möchte nochmal auf die Dilemmasituation in dem Video zurückkommen, denn es hatte schon einen bestimmten Grund, warum ich das gepostet habe. In Heiners Terminologie handelt es sich hier um ein Tötungsdilemma. Die Mutter öffnet die Hand, an der sich der blonde Junge festhält, so dass er den Halt verliert und zu Tode stürzt. Sie hat also den blonden Jungen getötet, um den anderen Jungen retten zu können.

Wie ist das jetzt bzgl. der Schuldfrage zu bewerten?

Heiner hat folgendes geschrieben:
Frage: Wann können wir davon reden, dass jemand für den Tod eines Menschen (schuldhaft) verantwortlich ist?
Antwort: Wir können dann sagen, jemand sei für den Tod eines Menschen (schuldhaft) verantwortlich, wenn jemand Möglichkeiten hat, den Tod des Menschen abzuwenden, und er diese Möglichkeiten nicht nutzt, mit Ausnahme der Möglichkeit, zu töten. Jemand ist also dann für den Tod des Menschen (schuldhaft) verantwortlich, wenn er ihn vorm Tode retten kann, ohne hierfür töten zu müssen.

Nach dieser Regel würde folgendes gelten: Die Mutter hat den Tod des blonden Jungen nicht abgewendet. Da sie den Tod des blonden Jungen aber nur hätte abwenden können, indem sie den anderen Jungen getötet hätte, hat sie folglich nicht schuldhaft gehandelt. Sie ist also entschuldigt, weil sie nicht getötet hat. Allerdings hat die Mutter sehr wohl getötet, und zwar den blonden Jungen.

Schon hier ergibt sich also eine Inkonsistenz zwischen dieser Regel und der Tötungsverbotsprämisse, aus welcher Heiner die Regel ja abgeleitet haben will. Aus der zentralen Tötungsverbotsprämisse folgt aber, dass die Mutter den blonden Jungen nicht töten durfte und damit auch den anderen Jungen nicht retten durfte. Das gleiche Bild ergibt sich umgekehrt, wenn die Mutter den anderen Jungen gerettet hätte.

Die Mutter durfte nach Heiners Prämissen also werde den blonden, noch den anderen Jungen töten bzw. retten. Doch welche Möglichkeit hätte sie sonst noch gehabt und wie ist diese in Bezug auf die Schuldfrage zu bewerten?

Der Mutter wäre noch folgende Alternative geblieben: Sie hätte beide Jungen solange festhalten müssen, bis ihr die Kräfte ausgegangen wären und sie beide hätte fallen lassen müssen, weil sie physikalisch keine andere Möglichkeit mehr hatte. Damit würde keine Tötung mehr vorliegen und somit auch kein Verstoß mehr gegen die Tötungsverbotsprämisse.

Auch hier kann man wieder Heiners Regel konsultieren:

Zitat:
Wir können dann sagen, jemand sei für den Tod eines Menschen (schuldhaft) verantwortlich, wenn jemand Möglichkeiten hat, den Tod des Menschen abzuwenden, und er diese Möglichkeiten nicht nutzt, mit Ausnahme der Möglichkeit, zu töten. Jemand ist also dann für den Tod des Menschen (schuldhaft) verantwortlich, wenn er ihn vorm Tode retten kann, ohne hierfür töten zu müssen.

Zwar hatte die Mutter die Möglichkeit, den Tod des blonden Jungen abzuwenden, wenn sie den anderen Jungen rechtzeitig losgelassen hätte. Da dies aber zu dem Zeitpunkt noch eine Tötung des anderen Jungen gewesen wäre, trifft sie keine Schuld am Tod des blonden Jungen. Selbige Argumentation gilt für den anderen Jungen.

Fazit: Nach Heiners Prämissen und Regeln muss die Mutter solange warten, bis sie keine Kraft mehr hat und beide Kinder loslassen muss, weil dies die einzige Option ist, bei der sie frei von Schuld wäre. Sie darf sich also nicht entscheiden, wenigstens eines der beiden Kinder zu retten. Und das finde ich absurd.
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Beitrag(#1012125) Verfasst am: 01.06.2008, 13:54    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
Fazit: Nach Heiners Prämissen und Regeln muss die Mutter solange warten, bis sie keine Kraft mehr hat und beide Kinder loslassen muss, weil dies die einzige Option ist, bei der sie frei von Schuld wäre. Sie darf sich also nicht entscheiden, wenigstens eines der beiden Kinder zu retten. Und das finde ich absurd.

Diese Schlussfolgerung kann ich nicht nachvollziehen, da es für die Mutter noch die Alternative gibt, eine Entscheidung zu treffen und eine Schuld willentlich auf sich zu nehmen.
Habe allerdings den Thread nicht vollständig verfolgt.
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Babyface
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Beitrag(#1012128) Verfasst am: 01.06.2008, 14:12    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Fazit: Nach Heiners Prämissen und Regeln muss die Mutter solange warten, bis sie keine Kraft mehr hat und beide Kinder loslassen muss, weil dies die einzige Option ist, bei der sie frei von Schuld wäre. Sie darf sich also nicht entscheiden, wenigstens eines der beiden Kinder zu retten. Und das finde ich absurd.

Diese Schlussfolgerung kann ich nicht nachvollziehen, da es für die Mutter noch die Alternative gibt, eine Entscheidung zu treffen und eine Schuld willentlich auf sich zu nehmen.
Habe allerdings den Thread nicht vollständig verfolgt.

Ich meinte das "Muss" im Sinne einer moralischen Verpflichtung. Natürlich kann sie sich entscheiden, ihre moralischen Pflicht zu verletzen.
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zelig
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Beitrag(#1012135) Verfasst am: 01.06.2008, 14:23    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Fazit: Nach Heiners Prämissen und Regeln muss die Mutter solange warten, bis sie keine Kraft mehr hat und beide Kinder loslassen muss, weil dies die einzige Option ist, bei der sie frei von Schuld wäre. Sie darf sich also nicht entscheiden, wenigstens eines der beiden Kinder zu retten. Und das finde ich absurd.

Diese Schlussfolgerung kann ich nicht nachvollziehen, da es für die Mutter noch die Alternative gibt, eine Entscheidung zu treffen und eine Schuld willentlich auf sich zu nehmen.
Habe allerdings den Thread nicht vollständig verfolgt.

Ich meinte das "Muss" im Sinne einer moralischen Verpflichtung. Natürlich kann sie sich entscheiden, ihre moralischen Pflicht zu verletzen.


Dann hieße aber, falls ich Dich richtig verstehe, Deine Aussage richtigerweise, daß Du absurd findest, daß die Mutter nicht schuldfrei handeln kann. Das ist aber nicht absurd, sondern die ganz normale Realität. Es sei denn Du bist der Meinung, daß solche Verhältnisse als absurd zu bezeichnen sind.
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Babyface
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Beitrag(#1012138) Verfasst am: 01.06.2008, 14:41    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Fazit: Nach Heiners Prämissen und Regeln muss die Mutter solange warten, bis sie keine Kraft mehr hat und beide Kinder loslassen muss, weil dies die einzige Option ist, bei der sie frei von Schuld wäre. Sie darf sich also nicht entscheiden, wenigstens eines der beiden Kinder zu retten. Und das finde ich absurd.

Diese Schlussfolgerung kann ich nicht nachvollziehen, da es für die Mutter noch die Alternative gibt, eine Entscheidung zu treffen und eine Schuld willentlich auf sich zu nehmen.
Habe allerdings den Thread nicht vollständig verfolgt.

Ich meinte das "Muss" im Sinne einer moralischen Verpflichtung. Natürlich kann sie sich entscheiden, ihre moralischen Pflicht zu verletzen.


Dann hieße aber, falls ich Dich richtig verstehe, Deine Aussage richtigerweise, daß Du absurd findest, daß die Mutter nicht schuldfrei handeln kann. Das ist aber nicht absurd, sondern die ganz normale Realität. Es sei denn Du bist der Meinung, daß solche Verhältnisse als absurd zu bezeichnen sind.

Nein, sie könnte nach Heiners Prämissn ja durchaus schuldfrei handeln, und zwar wenn sie nach Erschöpfung ihrer Kräfte beide Jungen fallenlässt. Ich finde absurd, dass sie in dem Fall frei von Schuld sein soll, aber bei einer Rettung auf jeden Fall schuldig ist.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1012142) Verfasst am: 01.06.2008, 15:01    Titel: Antworten mit Zitat

Heiner hat folgendes geschrieben:
Zitat:
AgentProvocateur
Hm, der Widerspruch ist immer noch da. Deine obige Aussage widerspricht meiner Aussage. Ich meine, es ist moralisch falsch, das fremde Kind im Beispiel zu töten, aber nicht moralisch falsch, das eigene Kind zu töten / sterben zu lassen, wenn es keine andere Möglichkeit gibt.

Nur noch mal zum Verständnis: Du beziehst dich hier auf zwei unterschiedliche Szenarien, die ich genannt hatte. Zum einen geht es um eine Mutter, die während einer Hungersnot ihrem Kind nicht ausreichend Nahrung geben kann, das Kind stirbt. Zum anderen um eine Mutter und ein Kind während einer Hungerszeit, denen genaue Nahrungsrationen zugeteilt sind und die so überleben könnten; die Mutter entzieht aber ohne Notwendigkeit dem Kind die Ration und bedroht es so mit dem Tod.

Merkwürdig, Du snippst immer genau die Aussage von Dir, um die es mir geht, bei der wir wohl einen Dissens haben und zwar diese:

Heiner hat folgendes geschrieben:
[...] Zu behaupten, die Mutter handele moralisch richtiger, wenn sie das fremde Kind tötet, als wenn sie das eigene Kind tötet, bzw. umgekehrt, ist eine moralische Absurdidät!

Die Mutter handelt meiner Ansicht nach nämlich moralisch falscher, wenn sie das fremde Kind tötet, was im Umkehrschluss bedeutet, dass sie moralisch richtiger handelt, wenn sie es nicht tut, was weiterhin bedeutet, dass sie ihr Kind muss sterben lassen. Für diese Aussage ist es unerheblich, ob sie vorher die Ration des Kindes gegessen hat oder nicht: sie darf in beiden Fällen nicht das fremde Kind töten. Und dies ist mitnichten eine "moralische Absurdität", bzw. ich wüsste nicht wieso es eine sein sollte.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Wenn die Mutter überlegt, ein anderes Kind für ihr eigenes zu töten, gerät sich in das gleiche Tötungsdilemma wie der Pilot, der überlegt, lieber die Vorortsbewohner als die Zentrumsbewohner mit dem Tod zu bedrohen.

Zitat:
Ähm, nein, das sehe ich nicht so. Der Pilot ist in einer symmetrischen moralischen Dilemmasituation, die Mutter nicht. Sie wäre es dann, wenn sie alleine mit den beiden Kindern wäre und nur eines überleben könnte. (Wobei die Frage, welche Situation wann symmetrisch ist, Abwägungssache ist und nicht binär und eindeutig beantwortet werden kann.)

Hier weiß ich nicht, was du unter einer „symmetrischen Dilemmasituation“ im Gegensatz zu einer asymmetrischen Dilemmasituation verstehst...

Symmetrisch würde ich eine solche Tötungs-Dilemmasituation dann nennen, wenn es nur die Wahl der Tötung zwischen gleich Beteiligten gibt; asymmetrisch, wenn eine Tötung von Unbeteiligten kalkuliert wird.

Beispiele für symmetrische Dilemmasituationen: Pilot in Flugzeug, das abstürzen wird / Zentrum / Vorstadt; Mutter / zu wenig Nahrung / zwei Kinder; Krankenhaus / zwei Lungenkranke werden eingeliefert und können nur durch sofortigen Anschluss an eine Lungenmaschine überleben / es gibt nur eine Lungenmaschine.

Beispiel für asymmetrische Dilemmasituationen: Mutter kann verhungerndes Kind retten, wenn unbeteiligtes Kind dafür stirbt; Krankenhaus, nur eine Lungenmaschine, daran hängt ein Patient, ein neuer Lungenkranker wird eingeliefert, der stirbt, wenn er nicht an die Lungenmaschine angeschlossen wird.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Heiner
Nein, es macht keinen Unterschied, ob der Pilot ins Cockpit steigt oder ob er draußen bleibt und sich an eine Fernsteuerung setzt. Es macht aber einen Unterschied, ob ein Nichtinvolvierter hinzutritt, ihm die Kontrolle angeboten wird und er die Kontrolle ablehnt.

Zitat:
Hm, ich denke nicht, ich denke eher, dass der vorher Nichtinvolvierte dadurch involviert wird und dann eine Verantwortung erhält. Kommt aber natürlich auf die genaue Situation an.

Es geht hier um genau die Situation, die ich geschildert hatte, siehe oben. Ich habe auch begründet, warum mE eine Verantwortlichkeit hier für den Außenstehenden ausscheidet. Bei dir fehlt mir die Begründung für deine Position.

Jeder, der Einfluss auf die Situation nehmen kann, ist dadurch kein Außenstehender mehr. Das ist doch selbstverständlich, was soll ich da groß begründen. Man kann versuchen, die Verantwortung abzulehnen und fälschlicherweise behaupten, man hätte nichts damit zu tun. Hat man aber, auch in Deinem Beispiel. Wenn man letztlich der Einzige ist, der einen Einfluss auf die Situation haben kann, weil andere sich zum Beispiel vor ihrer Verantwortung drücken, dann kann man sich ebenfalls vor Verantwortung drücken, aber man ist für diese Entscheidung verantwortlich.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Nein, den Grundsatz zweifele ich nicht an.
Ich meine aber, dass es in bestimmten symmetrischen Dilemmasituationen, in denen nur die Wahl bleibt, ob man mehr oder weniger Menschen tötet, man sich für das Zweitere entscheiden sollte, das also moralisch richtiger / [b]geboten ist, weil man dann das Lebensrecht von mehr Menschen berücksichtigt.

Hier sträubt sich mir alles: Du willst also ein moralisches TötungGEBOT aufstellen, das hier lautet: Du musst (!!!) mit dem Flugzeug Vorortsbewohner töten statt Zentrumsbewohner.
Es ist moralisch geboten (!!!), Vorortsbewohner statt Zentrumsbewohner zu töten.

Weil dann im besprochenen Szenario weniger Menschen sterben, ja, und nicht weil sie die Eigenschaft "Vorortbewohner" haben.

Es gibt allerdings mMn durchaus mehrere Abstufungen von "moralisch geboten", starke und vorwerfbare und weniger starke. Will sagen, in dieser Dilemmasituation würde ich es nicht als schuldhaft / vorwerfbar im juristischen Sinne sehen, wenn der Pilot nicht so handelt.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Ich habe aufgezeigt, welche absurden Konsequenzen es hat, wenn man, statt prinzipiell am TötungsVERBOT festzuhalten, anfängt, TötungsGEBOTE zu formulieren.

Wir haben halt einen Dissens in dieser Frage. Meiner Meinung nach kann es in bestimmten symmetrischen Dilemmasituationen geboten sein, die Anzahl der Todesopfer zu minimieren.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Die Frage „Ist das Handeln eines Täters, der „nur“ 5 Menschen getötet hat, als moralisch besser einzustufen als das Handeln eines Täters, der es auf 10 Tötungsopfer gebracht hat?“ steht also im Raum: Wieso beziehst du dein moralisches Bewertungsschema also nicht auch auf andere Fälle von Totschlag?

Und nochmal dazu: Deine Regeln mögen ja für das tägliche Leben sinnvoll sein. In bestimmten Dilemmasituationen versagen sie aber. Du nimmst in einem solchen Falle eine Pontius-Pilatus-Position ein und mir scheint, Du tust das nur deswegen, um eine voll und ganz durchgängige Konsistenz zu erhalten.

Ich meine aber, dass Deine Regeln in den hier diskutierten Dilemmasituationen nicht greifen, da sie zu (in meiner Sicht) unannehmbaren Konsequenzen führen, siehe das Beispiel von Babyface, in dem Du tatsächlich, um konsequent zu bleiben, was Dir so wichtig ist, fordern müsstest, die Mutter müsste die beiden Kinder solange festhalten, bis sie so entkräftet ist, dass beide sterben.

Oder anders gesagt: ich meine, es kann Situationen geben, in denen man nur die Wahl zwischen Entscheidungen hat, mit denen man sich (moralisch) schuldig (nicht unbedingt im juristischen Sinne) macht. Du behauptest nun einfach, es dürfe in einer solchen Situation keine Entscheidung geben, dann mache man sich auch nicht schuldig. Meiner Auffassung nach entbindet aber eine Nicht-Entscheidung nicht von der Verantwortung und somit auch nicht von der Schuld.

Ich würde es keineswegs für vorwerfbar halten, wenn sich jemand in einer solchen Extremsituation falsch entscheidet, also wenn der Pilot in eine Entscheidungsstarre fällt und das Flugzeug nicht an einen Ort lenkt, an dem es weniger Opfer gibt; jedoch halte ich es nach wie vor für richtig, hier die Anzahl der Todesopfer zu minimieren.
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step
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Beitrag(#1012144) Verfasst am: 01.06.2008, 15:05    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
Nein, sie könnte nach Heiners Prämissn ja durchaus schuldfrei handeln, und zwar wenn sie nach Erschöpfung ihrer Kräfte beide Jungen fallenlässt. Ich finde absurd, dass sie in dem Fall frei von Schuld sein soll, aber bei einer Rettung auf jeden Fall schuldig ist.

Auch laut Heiners Prämisse hätte sie nmV weitere Möglichkeiten gehabt. So hätte sie ihre Handlung randomisieren können, also etwa den Jungen fallenlassen, dessen Geburtstag die höhere Quersumme mod 7 hat.
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Babyface
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Beitrag(#1012146) Verfasst am: 01.06.2008, 15:12    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Nein, sie könnte nach Heiners Prämissn ja durchaus schuldfrei handeln, und zwar wenn sie nach Erschöpfung ihrer Kräfte beide Jungen fallenlässt. Ich finde absurd, dass sie in dem Fall frei von Schuld sein soll, aber bei einer Rettung auf jeden Fall schuldig ist.

Auch laut Heiners Prämisse hätte sie nmV weitere Möglichkeiten gehabt. So hätte sie ihre Handlung randomisieren können, also etwa den Jungen fallenlassen, dessen Geburtstag die höhere Quersumme mod 7 hat.

Ähm, und warum wäre das dann keine Tötung mehr?
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Wolf
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Beitrag(#1012149) Verfasst am: 01.06.2008, 15:18    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Nein, sie könnte nach Heiners Prämissn ja durchaus schuldfrei handeln, und zwar wenn sie nach Erschöpfung ihrer Kräfte beide Jungen fallenlässt. Ich finde absurd, dass sie in dem Fall frei von Schuld sein soll, aber bei einer Rettung auf jeden Fall schuldig ist.

Auch laut Heiners Prämisse hätte sie nmV weitere Möglichkeiten gehabt. So hätte sie ihre Handlung randomisieren können, also etwa den Jungen fallenlassen, dessen Geburtstag die höhere Quersumme mod 7 hat.
Das wäre so wie ich Heiner verstanden habe nur in einem Rettungsdilema möglich.
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step
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Beitrag(#1012194) Verfasst am: 01.06.2008, 16:25    Titel: Antworten mit Zitat

Wolf hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Nein, sie könnte nach Heiners Prämissn ja durchaus schuldfrei handeln, und zwar wenn sie nach Erschöpfung ihrer Kräfte beide Jungen fallenlässt. Ich finde absurd, dass sie in dem Fall frei von Schuld sein soll, aber bei einer Rettung auf jeden Fall schuldig ist.

Auch laut Heiners Prämisse hätte sie nmV weitere Möglichkeiten gehabt. So hätte sie ihre Handlung randomisieren können, also etwa den Jungen fallenlassen, dessen Geburtstag die höhere Quersumme mod 7 hat.
Das wäre so wie ich Heiner verstanden habe nur in einem Rettungsdilema möglich.

Habe zugegeben nicht den ganzen thread gelesen ... es scheint ja auf minimale Unterschiede anzukommen. Na gut, vielleicht so:

Auch laut Heiners Prämisse hätte sie nmV weitere Möglichkeiten gehabt. So hätte sie ihre Handlung randomisieren können, also etwa am Ende ihrer Kräfte den Jungen fallenlassen, dessen Geburtstag die höhere Quersumme mod 7 hat.
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zelig
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Beitrag(#1012195) Verfasst am: 01.06.2008, 16:25    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Fazit: Nach Heiners Prämissen und Regeln muss die Mutter solange warten, bis sie keine Kraft mehr hat und beide Kinder loslassen muss, weil dies die einzige Option ist, bei der sie frei von Schuld wäre. Sie darf sich also nicht entscheiden, wenigstens eines der beiden Kinder zu retten. Und das finde ich absurd.

Diese Schlussfolgerung kann ich nicht nachvollziehen, da es für die Mutter noch die Alternative gibt, eine Entscheidung zu treffen und eine Schuld willentlich auf sich zu nehmen.
Habe allerdings den Thread nicht vollständig verfolgt.

Ich meinte das "Muss" im Sinne einer moralischen Verpflichtung. Natürlich kann sie sich entscheiden, ihre moralischen Pflicht zu verletzen.


Dann hieße aber, falls ich Dich richtig verstehe, Deine Aussage richtigerweise, daß Du absurd findest, daß die Mutter nicht schuldfrei handeln kann. Das ist aber nicht absurd, sondern die ganz normale Realität. Es sei denn Du bist der Meinung, daß solche Verhältnisse als absurd zu bezeichnen sind.

Nein, sie könnte nach Heiners Prämissn ja durchaus schuldfrei handeln, und zwar wenn sie nach Erschöpfung ihrer Kräfte beide Jungen fallenlässt. Ich finde absurd, dass sie in dem Fall frei von Schuld sein soll, aber bei einer Rettung auf jeden Fall schuldig ist.


OK. Dieser Einschätzung schließe ich mich an.
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Babyface
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Beitrag(#1012236) Verfasst am: 01.06.2008, 17:30    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Nein, sie könnte nach Heiners Prämissn ja durchaus schuldfrei handeln, und zwar wenn sie nach Erschöpfung ihrer Kräfte beide Jungen fallenlässt. Ich finde absurd, dass sie in dem Fall frei von Schuld sein soll, aber bei einer Rettung auf jeden Fall schuldig ist.

Auch laut Heiners Prämisse hätte sie nmV weitere Möglichkeiten gehabt. So hätte sie ihre Handlung randomisieren können, also etwa den Jungen fallenlassen, dessen Geburtstag die höhere Quersumme mod 7 hat.
Das wäre so wie ich Heiner verstanden habe nur in einem Rettungsdilema möglich.

Habe zugegeben nicht den ganzen thread gelesen ... es scheint ja auf minimale Unterschiede anzukommen. Na gut, vielleicht so:

Auch laut Heiners Prämisse hätte sie nmV weitere Möglichkeiten gehabt. So hätte sie ihre Handlung randomisieren können, also etwa am Ende ihrer Kräfte den Jungen fallenlassen, dessen Geburtstag die höhere Quersumme mod 7 hat.

Ich will ja nicht haarspalterisch sein, aber eine kontrollierte Entscheidung für oder gegen den einen oder anderen Jungen (sei es durch Randomisierung oder aufgrund anderer Kriterien) setzt immer noch voraus, dass in beiden Armen im Moment der Entscheidung genug Kraft ist, um beide zu halten. Und solange noch Kraft da ist, ist ein Loslassen immer noch eine Tötung, egal wie nahe der Zeitpunkt am tatsächlichen Ende der Kraft liegt.

Gut, man könnte allerdings folgende Strategie verfolgen: Ausgehend von der Annahme das beide Arme nicht gleichstark sind, und die Jungen auch unterschiedlich schwer, ist es unwahrscheinlich, dass beiden Armen exakt zur gleichen Zeit die Kraft ausgeht. Also könnte man einfach solange beide Jungen halten, bis einem Arm die Kraft ausgeht und dann den anderen Jungen mit beiden Armen hochziehen. Das Problem bei der Strategie ist halt, dass das Risiko, am Ende in beiden Armen zu wenig Kraft zu haben um den noch lebenden Jungen hochzuziehen, immer weiter steigt, je länger man wartet. Und daher fände ich es auch hier absurd, jemandem, der einen der beiden Jungen sofort loslässt, um genug Kraft für die Rettung des anderen zu garantieren am Ende schuldig sein soll, während derjenige, der wartet und zufällig noch genug Kraft hat oder eben nicht, aus dem Schneider ist.
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Heiner
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Beitrag(#1012290) Verfasst am: 01.06.2008, 19:01    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
Ich möchte nochmal auf die Dilemmasituation in dem Video zurückkommen, denn es hatte schon einen bestimmten Grund, warum ich das gepostet habe. In Heiners Terminologie handelt es sich hier um ein Tötungsdilemma. Die Mutter öffnet die Hand, an der sich der blonde Junge festhält, so dass er den Halt verliert und zu Tode stürzt. Sie hat also den blonden Jungen getötet, um den anderen Jungen retten zu können.


Das ist eben die Frage, ob es sich "nach meiner Terminologie " um ein Tötungsdilemma handelt. Oder eben um ein Rettungsdilemma. Cool

Stellen wir uns folgende Situation vor: Der blonde Junge und der schwarzhaarige Junge stehen an der Klippe. Plötzlich werden beide ohnmächtig und kippen Richtung Abgrund. Die Mutter hat entweder die Möglichkeit, den Blonden oder den Dunklen zu retten, denn ihre Kraft reicht nur zur Rettung von einem Jungen, nicht von zwei.

Wir können hier eindeutig davon sprechen, dass es sich hier um ein Rettungsdilemma handelt.

Nach "meiner Regel" muss die Mutter jetzt versuchen, einen der beiden zu retten, egal welchen. Sie handelt also immer dann moralisch richtig, wenn sie einen der beiden rettet.
Dies kann dann so aussehen, dass sie mit beiden Händen nach einem Jungen, z.B. dem Dunklen, greift, derweil segelt der Blonde in die Tiefe. Sie hätte dann schuldfrei (!) gehandelt.

Nun kommt ein kleines Detail hinzu, das die Ausgangssituation des Rettungsdilemmas (!) ein wenig verändert. Instinktiv greift die Mutter mit beiden Händen nach beiden Jungen Erst dann stellt sie fest, dass sie sich in einem Rettungsdilemma befindet: Sie kann nur einen retten (ihre Kraft reicht nur für einen). Erst jetzt macht sie das, was die Mutter im anderen Fall von vorneherein tat: Sie greift jetzt mit beiden Händen nach einem Jungen, etwa dem Dunklen, der Blonde fällt runter.

Frage: Ist das Rettungsdilemma nun unversehens zu einem Tötungsdilemma geworden, hat die Mutter mit einem Mal Schuld auf sich geladen, während sie vorher noch schuldfrei handelte, nur weil sie zufällig vorher noch Körperkontakt mit einem der zu rettenden Opfer hatte????!

Meine Antwort dazu lautet: NEIN! Das Faktum des zufälligen Körperkontakts macht die Mutter hier nicht zur Totschlägerin, sie ist dies hier genausowenig wie in dem anderen Fall, wo dieser Körperkontakt fehlt! Es handelt sich hier immer noch um ein Rettungsdilemma, nicht um ein Tötungsdilemma! Der Tatbestand des Totschlags liegt hier nicht vor! Die Mutter hat sich gegenüber DEM BLONDEN JUNGEN NICHT DER TÖTUNG SCHULDIG GEMACHT! Der Zeitpunkt, wann die Mutter mit beiden Händen nach einem Jungen greift, da ihre Kraft nur für die Rettung von einem reicht, hat für die Schuldfrage keine Bedeutung! Die Mutter handelt stets schuldfrei, auch wenn sie erst zu einem späteren Zeitpunkt mit beiden Händen nach einem Jungen greift und der andere dadurch stirbt!

Alles andere wäre in der Tat absurd. Dies kann man auch noch mal an dem Rettungsschwimmer-Dilemma deutlich machen. Ein Rettungsschwimmer, der entweder nur A oder B aus dem Wasser ziehen kann, handelt schuldfrei, wenn er entweder A oder B rettet. Man stelle sich nun vor, er rettet B, [i]hat aber zufällig vorher noch Körperkontakt mit dem ertrinkenden Opfer A gehabt
. Es wäre absurd, ihm nun zu unterstellen, dass er A getötet habe, er sich dadurch also in ein Tötungsdilemma begeben habe, während es andernfalls beim Rettungsdilemma geblieben wäre!
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Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11519

Beitrag(#1012394) Verfasst am: 01.06.2008, 20:51    Titel: Antworten mit Zitat

Heiner hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Ich möchte nochmal auf die Dilemmasituation in dem Video zurückkommen, denn es hatte schon einen bestimmten Grund, warum ich das gepostet habe. In Heiners Terminologie handelt es sich hier um ein Tötungsdilemma. Die Mutter öffnet die Hand, an der sich der blonde Junge festhält, so dass er den Halt verliert und zu Tode stürzt. Sie hat also den blonden Jungen getötet, um den anderen Jungen retten zu können.


Das ist eben die Frage, ob es sich "nach meiner Terminologie " um ein Tötungsdilemma handelt. Oder eben um ein Rettungsdilemma. Cool

Jaja, mit sowas hatte ich schon gerechnet.

Zitat:
Stellen wir uns folgende Situation vor: Der blonde Junge und der schwarzhaarige Junge stehen an der Klippe. Plötzlich werden beide ohnmächtig und kippen Richtung Abgrund. Die Mutter hat entweder die Möglichkeit, den Blonden oder den Dunklen zu retten, denn ihre Kraft reicht nur zur Rettung von einem Jungen, nicht von zwei.

Wir können hier eindeutig davon sprechen, dass es sich hier um ein Rettungsdilemma handelt.

Nach "meiner Regel" muss die Mutter jetzt versuchen, einen der beiden zu retten, egal welchen. Sie handelt also immer dann moralisch richtig, wenn sie einen der beiden rettet.
Dies kann dann so aussehen, dass sie mit beiden Händen nach einem Jungen, z.B. dem Dunklen, greift, derweil segelt der Blonde in die Tiefe. Sie hätte dann schuldfrei (!) gehandelt.

Nun kommt ein kleines Detail hinzu, das die Ausgangssituation des Rettungsdilemmas (!) ein wenig verändert. Instinktiv greift die Mutter mit beiden Händen nach beiden Jungen Erst dann stellt sie fest, dass sie sich in einem Rettungsdilemma befindet: Sie kann nur einen retten (ihre Kraft reicht nur für einen). Erst jetzt macht sie das, was die Mutter im anderen Fall von vorneherein tat: Sie greift jetzt mit beiden Händen nach einem Jungen, etwa dem Dunklen, der Blonde fällt runter.

Frage: Ist das Rettungsdilemma nun unversehens zu einem Tötungsdilemma geworden, hat die Mutter mit einem Mal Schuld auf sich geladen, während sie vorher noch schuldfrei handelte, [i]nur weil sie zufällig vorher noch Körperkontakt mit einem der zu rettenden Opfer hatte????!

Ja, klingt schon absurd, dass die Mutter plötzlich Schuld tragen soll, wo es doch am Ende auf dasselbe Ergebnis herausläuft, gell?

Im Prinzip hast Du damit lediglich nochmal eine weitere aburde Konsequenz aufgezeigt, die aus Deiner unterschiedlichen Schukdzuweisung in Rettungs- und Tötungsdilemmata folgt, vielen Dank! Jedoch ist die Tatsache, dass sich aus Deinem Standpunkt eine absurde Konseuqenz ergibt, kein Argument, eine Tötungssituation in eine Rettungssituation umzudefinieren.

Und was heißt überhaupt "zufälliger Körperkontakt"? Mit den Augen rollen

Meine Güte, der blonde Junge klammert sich verzweifelt an ihre Hand und fleht um Hilfe. Sie öffnet die Hand und verweigert ihm den Halt. Unter einem zufälligen Körperkontakt stelle ich mir etwas anderes vor. Und ich möchte mal den Rettungsschwimmer sehen, der zwei Ertrinkende über Wasser hält und versucht sie an Land zu ziehen, den einen irgendwann kontrolliert absaufen lässt und anschließend behauptet, er habe ja nur zufälligen Körperkontakt mit dem gehabt. Das ist doch nun wirklich lächerlich.

Nein, das war klar eine Tötungshandlung. Sie verweigert dem Kind den Halt, wie die Mutter in Afrika ihrem Kind die Nahrung. Dass es hier auch Totschlag ist, das folgt daraus noch lange nicht, denn dieser juristische Begriff impliziert eine schuldhafte Handlung und damit eine moralische Bewertung. Dass genau diese Bewertung aus Deiner Position folgt, ist halt Pech für Dich, aber dafür kann doch das Tötungsdilemma nichts! Also kein Grund es einfach frei nach Pipi-Langstrumpf wegzudefinieren.. Cool

Und wenn Du unbedingt darauf bestehst, dass hier eine Rettungssituation vorliegt, nur weil Dir die absurden Konsequenzen eines Tötungsdilemmas nicht gefallen, dann stell Dir halt folgende Situation vor:

Zwei Hochgeschwindigkeitszüge rasen ungebremst aufeinander zu. Wenn sie zusammenstoßen, sind in beiden Zügen alle Menschen tot. Einzige Möglichkeit um das zu verhindern ist es, einen der beiden Züge entgleisen zu lassen, damitrwenigstens die Menschen in einem Zug überleben. Nach deiner Logik darf man das aber nicht, sondern muss die Züge aufeinanderprallen lassen.
_________________
posted by Babyface
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Heiner
Grundrechte-Fan



Anmeldungsdatum: 29.05.2006
Beiträge: 1217

Beitrag(#1012515) Verfasst am: 01.06.2008, 22:42    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:

Ja, klingt schon absurd, dass die Mutter plötzlich Schuld tragen soll, wo es doch am Ende auf dasselbe Ergebnis herausläuft, gell?

Im Prinzip hast Du damit lediglich nochmal eine weitere aburde Konsequenz aufgezeigt, die aus Deiner unterschiedlichen Schukdzuweisung in Rettungs- und Tötungsdilemmata folgt, vielen Dank! Jedoch ist die Tatsache, dass sich aus Deinem Standpunkt eine absurde Konseuqenz ergibt, kein Argument, eine Tötungssituation in eine Rettungssituation umzudefinieren.


Es ist keine Tötungssituation. DU definierst eine Rettungssituation in eine Tötungssituation um!
Ich habe das erläutert! Erkläre DU mir, wieso du glaubst, dass ein und dieselbe Situation (!) sich allein durch das Handeln der Akteurin (!) plötzlich von einer Rettungs- in eine Tötungssituation wandelt!
Es steht gar nicht in der Macht des Akteurs, die Situation umzudefinieren! Die Situation wird durch die Umstände definiert! Das moralische Gebot, das zu befolgen ist, wird durch die Umstände vorgegeben!
Hier noch mal die Definitionen:

Rettungsdilemma: Ein Rettungsdilemma zeichnet sich dadurch aus, dass es möglich ist, das eine Opfer zu retten, ohne das andere zu töten.

Tötungsdilemma: Ein Tötungsdilemma zeichnet sich dadurch aus, dass es NICHT möglich ist, das eine Opfer zu retten, ohne das andere zu töten.

Welche moralischen Gebote sind mE zu befolgen?

1. Im Rettungsdilemma verhält sich moralisch richtig, wer eines der beiden Opfer rettet (da er nicht töten muss)!
2. Im Tötungsdilemma handelt der Involvierte, für die Umstände Verantwortliche sowohl dann moralisch falsch, wenn er den Tod des einen Opfers herbeiführt, als auch dann, wenn er das andere Opfer tötet. Ein moralisch richtiges Handeln ist hier nicht möglich!

Zitat:


Und was heißt überhaupt "zufälliger Körperkontakt"? Mit den Augen rollen

Meine Güte, der blonde Junge klammert sich verzweifelt an ihre Hand und fleht um Hilfe. Sie öffnet die Hand und verweigert ihm den Halt. Unter einem zufälligen Körperkontakt stelle ich mir etwas anderes vor.



„Zufällig“ deshalb, da dieser Körperkontakt FÜR DIE GRUNDSITUATION UNERHEBLICH IST, an der Grundsituation NICHTS ÄNDERT!
Noch einmal: Die Ausgangssituation ist: Zwei Jungen drohen die Klippe runterzukippen. Die Mutter kann mit beiden Händen entweder den einen oder den anderen retten!
Folgerung aus obiger Definition: Es handelt sich hierbei eindeutig um ein RETTUNGSDILEMMA: Die Mutter kann einen Jungen retten, OHNE den anderen zu töten!
Also: Am Ende wird ihr Handeln daran gemessen werden, inwiefern sie das moralische Gebot befolgt hat, EINEN zu retten!
Was zwischen dem Zeitpunkt, wo die Mutter die Rettungshandlung einleitet und dem Endresultat passiert, ist für die Bewertung des Handelns unerheblich.
Ob die Mutter von vorneherein beide Hände nach einem Jungen austreckt oder zuerst jeweils eine Hand nach jeweils einem der beiden Jungen, ist nicht entscheidend. Die Mütter ist in beiden Fällen, da es sich um ein Rettungsdilemma handelte, dem moralischen Gebot gerecht geworden: RETTE EINEN!

__________________________

Zitat:
Und ich möchte mal den Rettungsschwimmer sehen, der zwei Ertrinkende über Wasser hält und versucht sie an Land zu ziehen, den einen irgendwann kontrolliert absaufen lässt und anschließend behauptet, er habe ja nur zufälligen Körperkontakt mit dem gehabt. Das ist doch nun wirklich lächerlich.



Was heißt denn bei dir überhaupt „kontrolliert absaufen lassen“? Nein, das ist überhaupt nicht lächerlich.
Wenn ich im Rettungsdilemma nur den einen oder den anderen aus dem Wasser fischen kann, weil meine Kraft nur für einen reicht, bin ich am Ende immer SCHULDLOS (der Gesetzgeber sieht das ganz genauso!). Wie der genaue Hergang der Rettung war, ist unerheblich. Ob ich den einen, der Ertrunken ist, vorher noch an der Hand gehalten habe, spielt keine Rolle. Den Retter deshalb, weil er das eine ertrunkene Opfer vorher noch an der Hand gehalten hat, der Tötung zu bezichtigen, das ist lächherlich. Es ist exakt das Gleiche, was ich für das Klippenbeispiel ausgeführt habe.

Zitat:
Nein, das war klar eine Tötungshandlung. Sie verweigert dem Kind den Halt, wie die Mutter in Afrika ihrem Kind die Nahrung. Dass es hier auch Totschlag ist, das folgt daraus noch lange nicht, denn dieser juristische Begriff impliziert eine schuldhafte Handlung und damit eine moralische Bewertung. Dass genau diese Bewertung aus Deiner Position folgt, ist halt Pech für Dich, aber dafür kann doch das Tötungsdilemma nichts! Also kein Grund es einfach frei nach Pipi-Langstrumpf wegzudefinieren.. Cool


Derjenige, der etwas umdefiniert, bist du. Bitte lies meine Darstellung der GRUNDSITUATION.
DU bist derjenige, der das Rettungsdilemma in ein Tötungsdilemma umdefiniert.

Zitat:

Und wenn Du unbedingt darauf bestehst, dass hier eine Rettungssituation vorliegt, nur weil Dir die absurden Konsequenzen eines Tötungsdilemmas nicht gefallen, dann stell Dir halt folgende Situation vor:

Zwei Hochgeschwindigkeitszüge rasen ungebremst aufeinander zu. Wenn sie zusammenstoßen, sind in beiden Zügen alle Menschen tot. Einzige Möglichkeit um das zu verhindern ist es, einen der beiden Züge entgleisen zu lassen, damitrwenigstens die Menschen in einem Zug überleben. Nach deiner Logik darf man das aber nicht, sondern muss die Züge aufeinanderprallen



Angenommen, das Entgleisen des einen Zuges führte zum sicheren Tod der Passagiere, dann ist es nach obiger Definition klar: Hier handelt es sich um ein TÖTUNGSDILEMMA. Ich kann hier nur die einen retten, indem ich die anderen töte.
Wenn ich die Frage beantworten soll, nach welchen moralischen Geboten sich die Verantwortlichen, also hier die Eisenbahner, verhalten sollen, müsste ich dann so antworten:

Frage: Hältst du es für moralisch richtig, wenn die Entscheidungsträger den einen Zug entgleisen lassen, um den Zusammenstoß zu verhindern?

Meine Antwort: NEIN.

Frage: Hältst du es für moralisch richtig/geboten, wenn die Entscheidungsträger den einen Zug NICHT entgleisen lassen und den Zusammenstoß bewirken?

Meine Antwort: AUCH NEIN!

Fazit: Die Entscheidungsträger handeln im Tötungsdilemma IMMER FALSCH. Sie laden IMMER Schuld auf sich!!!!!!!
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Wolf
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Anmeldungsdatum: 23.08.2004
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Beitrag(#1012532) Verfasst am: 01.06.2008, 23:08    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Frage: Hältst du es für moralisch richtig, wenn die Entscheidungsträger den einen Zug entgleisen lassen, um den Zusammenstoß zu verhindern?

Meine Antwort: NEIN.

Frage: Hältst du es für moralisch richtig/geboten, wenn die Entscheidungsträger den einen Zug NICHT entgleisen lassen und den Zusammenstoß bewirken?

Meine Antwort: AUCH NEIN!

Fazit: Die Entscheidungsträger handeln im Tötungsdilemma IMMER FALSCH. Sie laden IMMER Schuld auf sich!!!!!!!

Die Mutter welche ihr Kind verhungern lässt, weil sie nicht gewillt ist zu töten hältst du aber für unschuldig?
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Trish:(
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Babyface
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11519

Beitrag(#1012568) Verfasst am: 01.06.2008, 23:47    Titel: Antworten mit Zitat

Heiner hat folgendes geschrieben:
Erkläre DU mir, wieso du glaubst, dass ein und dieselbe Situation (!) sich allein durch das Handeln der Akteurin (!) plötzlich von einer Rettungs- in eine Tötungssituation wandelt!

Weil die Akteurin durch ihre Handlung die Situation so verändert, dass sie nun plötzlich Deine Kriterien für ein Tötungsdilemma erfüllt. Besser kannn ich es Dir echt nicht erklären.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Tötungsdilemma: Ein Tötungsdilemma zeichnet sich dadurch aus, dass es NICHT möglich ist, das eine Opfer zu retten, ohne das andere zu töten.




Zitat:
Was zwischen dem Zeitpunkt, wo die Mutter die Rettungshandlung einleitet und dem Endresultat passiert, ist für die Bewertung des Handelns unerheblich.

Was die moralische Bewertung des Handelns betrifft, mag das in dem Fall so sein. Aber ich wiederhole nochmal: Klassifikation einer Handlung als Tötung ungleich Bewertung als illegitim (siehe Notwehr). Die Bewertung als illegitim resultiert nur aus deiner Position, nicht aus meiner.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Wie der genaue Hergang der Rettung war, ist unerheblich. Ob ich den einen, der Ertrunken ist, vorher noch an der Hand gehalten habe, spielt keine Rolle.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Derjenige, der etwas umdefiniert, bist du. Bitte lies meine Darstellung der GRUNDSITUATION.
DU bist derjenige, der das Rettungsdilemma in ein Tötungsdilemma umdefiniert.

Ah ja, gilt das immer, dass der weitere Ablauf der Rettung keine Rolle spielt?

GRUNDSITUATION: zwei ertrinkende treiben auf dem Meer. Kleines Ruderboot kommt zu Hilfe.
WEITERER VERLAUF: Mann im Ruderboot zieht beide in sein Boot, stellt dann fest, dass Boot ein Leck hat und die zwei doch zu schwer für das Boot sind und bald alle absaufen werden. Retter stößt einen der beiden aus dem Boot.

Nach deiner Logik war das wohl auch keine Tötung, weil die GRUNDSITUATION ein Rettungsdilemma war.


Zitat:
Den Retter deshalb, weil er das eine ertrunkene Opfer vorher noch an der Hand gehalten hat, der Tötung zu bezichtigen, das ist lächherlich.

Nimm bitte endlich zur Kenntnis, dass die Bezichtigung, d.h. der Vorwurf einer schuldhaften Handlung, nicht aus meiner, sondern aus Deiner Position resultiert. Und ja, das ist im Klippenszenario wirklich lächerlich. Aus meiner Position folgt zunächst nur mal die wertungsfreie Feststellung einer Tötung.


Zitat:
Zitat:

Und wenn Du unbedingt darauf bestehst, dass hier eine Rettungssituation vorliegt, nur weil Dir die absurden Konsequenzen eines Tötungsdilemmas nicht gefallen, dann stell Dir halt folgende Situation vor:

Zwei Hochgeschwindigkeitszüge rasen ungebremst aufeinander zu. Wenn sie zusammenstoßen, sind in beiden Zügen alle Menschen tot. Einzige Möglichkeit um das zu verhindern ist es, einen der beiden Züge entgleisen zu lassen, damitrwenigstens die Menschen in einem Zug überleben. Nach deiner Logik darf man das aber nicht, sondern muss die Züge aufeinanderprallen



Angenommen, das Entgleisen des einen Zuges führte zum sicheren Tod der Passagiere, dann ist es nach obiger Definition klar: Hier handelt es sich um ein TÖTUNGSDILEMMA. Ich kann hier nur die einen retten, indem ich die anderen töte.
Wenn ich die Frage beantworten soll, nach welchen moralischen Geboten sich die Verantwortlichen, also hier die Eisenbahner, verhalten sollen, müsste ich dann so antworten:

Wer hat denn gesagt, dass wir die verantwortlichen Eisenbahner betrachten? Vielleicht liegen die ja gerade besoffen in einer Ecke und bekommen gar nichts von all dem mit. Also versuch doch mal die Frage aus der Perspektive eines Nicht-Eisenbahners, der zufällig die Macht hat, einen der beiden Züge entgleisen zu lassen, zu beantworten.

Zitat:
Fazit: Die Entscheidungsträger handeln im Tötungsdilemma IMMER FALSCH. Sie laden IMMER Schuld auf sich!!!!!!!

Falsch war zunächst mal nur die Handlung, welche dazu geführt hat, dass das Dilemma entstand. Jetzt geht es aber um die Frage, welche der noch verfügbaren Handlungsoptionen falsch oder richtig sind, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist, also genau um die Frage, um deren Beantwortung Du Dich hier gerade drückst.
_________________
posted by Babyface
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Zuletzt bearbeitet von Babyface am 02.06.2008, 00:05, insgesamt einmal bearbeitet
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ateyim
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Anmeldungsdatum: 21.05.2007
Beiträge: 3656
Wohnort: Istanbul

Beitrag(#1012578) Verfasst am: 01.06.2008, 23:59    Titel: Antworten mit Zitat

diese Szene erinnert mich stark an einen tschechischen Kurzfilm, den mir letztes Jahr ein amerikanischer Kumpel hier gezeigt hat. (Leider wusste ich nicht, dass es eine doch stark religiöses Treffen war, zudem auch andere geladen waren, um besinnlich den Karfreitag zu begehen. Geschockt .

Dabei war die gleiche Szene, bloss, dass der Waerter, der für die Gleise zustaendig ist, an jenem Tag sein Kind mit zur Arbeit nehmen musste und sich eine Situation ergibt, in der es um den Tod der Zuggaeste oder den Tod seines Sohnes ging, der beim Umstellen der Weichen unumgaenglich waere, weil sein Kind gerade an einer ungunstigen Stelle spielte.


Das Gespraech wurde anschliessend auf Gott gelenkt und dass er seinen Sohn opferte, um uns Menschen zu retten.... (ich wundere mich, dass ich mir das angetan habe, aber da war eine Frau nicht ganz unbeteiligt daran, dass ich hingegangen bin zwinkern )

Ich habe die Runde etwas verstört, indem ich sagte, dass ich auf alle Faelle mein Kind gerettet haette. Man mag es für egoistisch halten, aber es ist so... haette ich die Wahl und könnte in der Situation eine Willensentscheidung treffen, dann würde ich mein Kind retten.
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