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Schmerzlos auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 02.08.2003 Beiträge: 4554
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(#54781) Verfasst am: 18.11.2003, 19:49 Titel: |
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Sanne hat folgendes geschrieben: | Schmerzlos hat folgendes geschrieben: | Sanne hat folgendes geschrieben: | Schmerzlos hat folgendes geschrieben: |
Schüler:
"Was ist der Pfad der Befreiung?"
Seng-ts'an:
"Wer bindet dich?"
Schüler:
"Niemand bindet mich."
Seng-ts'an:
"Weshalb möchtest du dann befreit werden?" |
Der Schüler ist nicht ehrlich. |
In gewissen Fällen darf ein Bodhisattva töten, stehlen,
Ehebruch begehen oder Drogen nehmen, aber er darf nicht lügen.
Absichtliches Lügen steht im Widerspruch zur Wirklichkeit.
(Jataka 431)
Zitat: | Er ist sich seiner Bindungen nur nicht bewußt. |
- Du hast einen Humor, der Dir nur noch nicht bewußt ist.
Zitat: | Sollte mal eine Psychoanalyse machen... oder lieber nicht. |
Den Buddhismus studieren bedeutet das Selbst studieren.
Zitat: | Die oberflächliche Erkenntnis, ungebunden zu sein, kann ja mit einem Glücks- oder Befreiungsgefühl verbunden sein, daß ich natürlich jedem gönne. |
- 'Woran' gebunden ?  |
Ich respektiere die Buddhisten sowie den Buddhismus, er gilt für mich aber nicht. |
- Hab ja nicht behauptet, dass Du daran gebunden bist.
Zitat: | Außerdem bezweifle ich, daß die Buddhisten sich an ihre eigenen Vorschriften halten (von wegen nicht lügen und so...) - |
- Hab ja nicht behauptet, dass Buddhisten nicht lügen.
Bei den Buddhisten gibt es keinen christlichen Sündenbegriff.
Buddhismus ist nicht die Zielsetzung.
Zitat: | aber das geht mich nichts an, da ich von buddhistischen Verfehlungen derzeit nicht betroffen bin. |
- Aber betroffen...
Zitat: | Deine zahlreichen lassen vermuten, daß der Buddhismus (oder die buddhistische Richtung der du angehörst) etwas heiteres ist, das freut mich für die Betroffenen. |
- Jetzt fühl ich mich betroffen.
Zitat: | oder du bist gar nicht Buddhist, sondern machst dich über den Buddhismus lustig - soll nicht meine Sorge sein |
- Stimmt. Ich bin kein Buddhist. Aber ich mache mich nicht lustig.
Zitat: | Aber zurück zum Thema: Ein Mensch ist Mensch und ist an das Menschsein gebunden |
- Nicht wirklich.
Zitat: | oder globaler gesagt, an seine eigene Existenz sowie an seine Historie, |
- Nicht wirklich.
Zitat: | seine Erlebnisse und seine Erinnerungen und die daraus sich ergebenden Ängste und Hoffnungen usw. |
- Nicht wirklich.
Zitat: | Wollte man das alles löschen, ist das entweder Gehirnwäsche oder Alzheimer-Krankheit. |
- Kommt darauf an, ob Du im Augenblick lebst.
Wer seine Erfüllung in der Zukunft sieht, kann in der
Gegenwart keine haben. Was die Vergangenheit hat,
hat der Tod.
Zitat: | Selbsterkenntnis ist natürlich was feines. Zu meiner Selbsterkenntnis gehört eben auch das Erkennen meiner Bindungen. Aber ich bin ja auch nicht Buddhist.  |
- Nein, die Frage ist wofür Du Dich hälst.
Den Zen-Leuchten geht es um absolute Freiheit.
(Sogar Freiheit von Buddha inklusive)
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Tiantong sagte:
"Wenn du nicht verstanden hast,
wirst du in alles um dich herum verstrickt."
Meister Yunmen erwiderte:
"Wenn du wirklich vestanden hast,
wirst du in alles um dich herum verstrickt!"
(Meister Yunmen, "Pilgerschaftsbericht" 284)
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Alzi registrierter User
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 2760
Wohnort: Oberfranken
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(#54786) Verfasst am: 18.11.2003, 20:03 Titel: |
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caballito hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | Aber so "kritisch/aufgeklärt" und "rational" sind die angeblichen "Rationalisten" auch nicht, denn sie nehmen gerne irgendwelche beschreibenden Modelle als erklärende Modelle, interpretieren sie in ihrem Sinne und stellen diese dann als "Religionsersatz" über die Modelle Anderer und machen sich mE auch noch in ihrer "religiösen" Überheblichkeit darüber lustig. |
Sind es die Rationalisten, die ihre Beschreibungs- zu Erklärungsmodellen stilisieren, oder sind es nicht eher die Irrationalisten, die die Beschreibungsmodelle der Rationalisten als Erklärungsmodelle fehlinterpretieren und so den Popanz selbst erst schaffen, gegen den sie dann anrennen? |
Wer ist ein "wahrer" Schotte?
Ein ("wahrer") Rationalist tut so etwas nicht?
caballito hat folgendes geschrieben: | Erklärungsmodelle sind mit dem kritischen Rationalismus prinzipiell unvereinbar, es gibt eben Dinge, die lassen sich nicht erklären. |
Ich urteile diesbezüglich auf der Ebene der Naturwissenschaften und da werden beschreibende Modelle (siehe Einstein und Kopenhagener Schule) gerne als erklärende Modelle interpretiert.
Alte Quanten- und aktuelle Hirn-Modelle zieht man gerne heran, um etwas bezüglich Wahlfreiheit oder "Kausalität" auszusagen.
Selbst Doctores und Professores der Philosophie fühlten (fühlen noch?) sich jahrelang in der Ausübung ihrer Kunst von physikalischen Modellen bedroht und erdrückt. Natürlich alles keine ("wahren") KRs - oder?
Zitat: | Wenn nun Irrationilisten darauf bestehen, dass alles erklärt [*] werden müsse, ... |
caballito hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | Das wage ich zu bezweifeln, denn bereits die katholische Lehre ist in sich selbst widersprüchlich und steht dazu noch im Widerspruch zur widersprüchlichen biblischen Sprüchesammlung ... |
Was für die Exegeten zu großen Problemen führt, weil sie diese widersprüchlichen Aussagen unter einen Hut zu bringen versuchen müssen. Aber all das ändert nichts daran, dass sie innerhalb des jeweiligen Gebäudes schon logisch argumentieren. |
Allein das Beispiel der Theodizee belegt das Gegenteil ...
Ein anderes Beispiel: wenn dem Christengott von Anfang der Zeiten alles, was je geschieht, bekannt ist, wie kann der Mensch dann je "sündigen"?
Wie kann der Christengott seine eigene Entscheidung (Sintflut) bereuen und seine Meinung ändern?
Der Christengott opfert sich angeblich selbst, um sich mit sich selbst zu versöhnen.
Eine eigenartige "Logik" ...
caballito hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | Und auch "kritische (aufgeklärte) Rationalisten" argumentieren widersprüchlich, wenn sie einerseits den beschreibenden Modellcharakter ihrer wechselnden Theorien zwar erkennen, diese jedoch andererseits als "Erklärungsmodelle" interpretieren und andere Modellentwürfe (überheblich) abschmettern. |
Wenn sie ihr jeweiliges Modell verabsolutieren, dann ist das Religion. Aber eben nur dann, wenn sie es wirklich tun, und es ihnen nicht nur unterstellt wird. (Siehe oben.) |
Aha!
caballito hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | "KR", die sich selbst so bezeichnen, lehnen nach meinen Erfahrungen hier im Forum und im Bekanntenkreis, pauschal Modelle ab, die ihnen nicht in den Kram passen, und dies geschieht (meine Erfahrung) ohne Prüfung (wie sollte man metaphysische Modelle auch prüfen?), weil sie eben (meine Erfahrung) den "Fehler" begehen, beschreibende zu erklärenden Modellen zu erheben. |
Genau die Nichtüberprüfbarkeit ist der Grund für die Ablehnung. |
Dann dürften die "KR" wohl auch Liebe und Trauer ablehnen, da nicht überprüfbar und nicht jederzeit unter den gleichen Bedingungen reproduzierbar?
caballito hat folgendes geschrieben: | Es ist sinnlos, zu spekulieren, wenn alles oder das Gegenteil richtig sein kann. Und es wird nicht abgelehnt, weil man beschreibende zu erklärenden Modellen stilisiert, sondern weil man Erklärungsmodelle prinzipiell -als reine Spekulation- ablehnt. Du bist es, der hier einen Fehler macht - nämlich den Rationalisten eine Erklärungsabsicht zu unterstellen. |
Du sprichst von "Sinn" ...
"Sinn" ist eine Art von Erklärung - oder?
Schließlich haben metaphysische Vorstellungen, hinsichtlich psychischer Gesundheit des Menschen, durchaus ihre Berechtigung.
caballito hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Über die Brauchbarkeit konkurrierender Modelle in bezug auf andere Ziele (z.B. psychisches Wohlbefinden) sagt der KR in diesem Zusammenhang nichts aus. |
Es ist mE ein ziemlicher Mangel, den Menschen aus seinen Modellen auszuklammern ... |
Andere sehen es als Mangel, Nichterklärbarkeit durch spekulative Pseudoerklärungen zu übertünchen. |
Und sie kommen zu dieser Sichtweise, wenn sie menschliche Bedürfnisse aus ihren Überlegungen ausklammern.
Der Mensch hat metaphysische Modelle geschaffen, damit sie im nützen, damit er sich in der Welt wohl fühlt. Daß diese Modelle von einer Priesterkaste pervertiert und gegen den Menschen eingesetzt werden können, spricht nicht gegen diese Modelle an sich.
Manche Menschen fühlen sich in die Welt geworfen (Wurf => Nachwuchs).
Wenn ein metaphysisches Modell dieses Gefühl mildert, warum sollte man es nicht aufstellen, da Metaphysik schon per definitionem nicht mit der wissenschaftlichen Methode kollidieren kann?
caballito hat folgendes geschrieben: | Im übrigen klammer der KR den Menschen nicht aus. Er bekennt sich aber eben zu seinen Grenzen. |
Der Mensch hat also keine Bedürfnisse???
caballito hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | Das "Modell des freien Falles" wird wohl auch von Kirchenleuten akzeptiert.
Metaphysik ist keine Konkurrenz zum KR, sondern dessen Erweiterung! |
Und wozu soll diese Erweiterung gut sein? Welche Erkenntnis liefert sie, welche Hilfe bietet sie? |
"Erkenntnisse" liefert sie nicht, aber die "Hilfe" liegt klar auf der Hand: man findet Geborgenheit in einer Welt, in die man unfreiwillig geworfen wurde.
caballito hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | Und genau diese Erweiterung lassen KRs nicht gelten, obwohl sie sich selbst der Metaphysik bedienen, wenn sie beschreibende Modelle zu erklärenden Modellen hochstilisieren. |
Was sie aber nicht tun ... jerdenfalls nicht, ohne eben dadurch den Boden des KR zu verlassen. |
caballito hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Auch unterzieht der KR seine eigene Methodik dem Wettbewerb nach dem besten Modell. |
Es gibt unendlich viele gleichwertige Modelle, und es ist ein Dogma, daß die KRs angeblich die "besten" herauspicken. |
Ist es eben nicht. |
Ich habe oben einige konkrete Beispiele aus der Naturwissenschaft genannt und ich könnte die Aufzählung bei Bedarf noch verlängern.
caballito hat folgendes geschrieben: | Zwar sind selbstverständlich die von den Rationalisten herausgepickten die "besten", aber eben nur unter den Bewertungskriterien, die die Rationalisten verwenden. |
Es gibt kein "bestes" Modell und das wissen die KRs auch, wenn sie wirklich kritisch ("wahre" Schotten) sind.
Vielmehr geschieht die Auswahl in der Praxis, wie oben gezeigt, nach subjektiven Befindlichkeiten.
caballito hat folgendes geschrieben: | Und selbstverständlich unterliegen die Bewertungskriterien selbst der gleichen Diskussion - und wer andere Kriterien zugrundelegt, wird andere Modelle bevorzugen. |
Und diese Diskussion führe ich hier, aber die "KRs" sehen es nicht gern, wenn man an ihrem (überheblichen?) Selbstverständnis rüttelt.
caballito hat folgendes geschrieben: | Nur - auch hier gilt, dass eben über die Kriterien weitgehende Einigkeit herrscht - in dem Sinne, dass die allermeisten Menschen grundsätzlich rationalistische Maßstäbe anwenden - und wir auch hier wieder vor der Situation stehen, dass die Menschen eben nicht die Rationalität verwerfen ... |
Da ist der Wunsch wohl Vater des Gedankens - seit wann urteilt der Mensch in der Praxis "rational"?
Hast Du die Pädo-Diskussion schon vergessen?
Du kannst ruhig davon ausgehen, daß es in den Naturwissenschaften nicht viel anders aussieht.
Wir wenden nicht "rationalistische Maßstäbe" an, sondern, ohne uns dessen immer bewußt zu sein, die wissenschaftliche Methode: Versuch/Beobachtung/Bedürfnis => Modellbildung => "Irrtum" => Modellbildung ...
caballito hat folgendes geschrieben: | ... und wir auch hier wieder vor der Situation stehen, dass die Menschen eben nicht die Rationalität verwerfen (dann könnte man nicht mehr diskutieren), sondern diese ganz im Gegenteil anerkennen, sich aber weigern, diese von ihnen selbst anerkannten Maßstäbe auch konsequent anzuwenden. |
Man kann locker über metaphysische Modelle, den Buddhismus oder ZEN diskutieren.
Vielleicht meinst Du, daß wir die gleiche Logik anerkennen?
Und selbst über die verschiedenen Logiksysteme kann man diskutieren (die Genies verwenden dabei bereits die entsprechende Logik ).
caballito hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | Ich würde sie als Erweiterungen der die Beobachtungen beschreibenden Modelle sehen. |
Also in bezug auf die voraussagefähige Modellierung der wahrnehmbaren Welt sind sie keine Erweiterung (sonst wären sie ja nicht metaphysisch). Höchstens in bezug auf ander Ziele, z.B. um die Illusion zu haben, ein vollständiges Modell zu besitzen. |
Man könnte sagen, sie erweitern nicht die Beschreibungskraft des Modells, sondern erweitern das Modell um eine "erklärende" Komponente. |
Grundsätzlich kann die Metaphysik nicht mit beschreibenden Modellen in Konkurrenz treten, aber sie kann Bereiche menschlicher Bedürfnisse beackern, die der "KR" nicht befriedigen (abdecken) kann oder will.
caballito hat folgendes geschrieben: | Das Problem ist, dass nicht erkannt wird, dass kritischer Rationalismus eben insbesondere bedeutet, sich auf reine Beschreibung zu beschränken und auf (Letzt-)Erklärungen gänzlich zu verzichten. |
Wir wollen "Erklärungen"!
Jeder, der mit Kindern arbeitet, kann das bestätigen - "warum warum warum".
Man kann Kindern natürlich zeigen, daß sogenannte "Erklärungen" religiöser (rückbindender) Natur sind.
Eine maßvolle Bindung kann nicht schaden, denn schließlich bindet uns die Erde ja auch, und ohne diese Bindung wären wir nicht lebensfähig.
Meister:
"Was ist der Pfad der Befreiung?"
Schüler:
"Wer bindet dich?"
Meister:
"Du bindest mich."
Schüler:
"Es ist die Tasse Tee, die ich dir jeden Morgen bringe!"
Klick mich!
_________________ Wer heilt hat recht!
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#54834) Verfasst am: 18.11.2003, 21:53 Titel: |
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Religion ist Rückbindung, ok. Aber nicht jede Bindung im entferntesten Sinne ist Religion - z.B. die praktische Annahme einer objektiven Realität, obwohl man sich bewußt ist, daß man die nicht wirklich zeigen kann.
Wenn Kinder "warum" fragen und man ihnen eine "Erklärung" gibt, was ist das dann? Es ist natürlich keine Letztbegründung (man kann ja immer weiter "warum" fragen), aber warum nennen wir es dennoch "Erklärung"?
Meiner Ansicht nach deshalb, weil wir dem Kind ein Modell (eine Theorie, eine Regel) vermitteln, mithilfe derer es den speziellen Fall als Sonderfall allgemeiner voraussagbarer Fälle begreift, also Wissen gewinnt.
Intelligentere Kinder akzeptieren deswegen letztlich auch keine metaphysischen ("Gottes Wege sind unergründlich", "Zufall"), dogmatischen ("weil ich / der Papst ... es sagt") oder tautologischen ("Darum!") Erklärungen.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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caballito zänkisches Monsterpony
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary
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(#54861) Verfasst am: 18.11.2003, 22:49 Titel: |
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Alzi hat folgendes geschrieben: | caballito hat folgendes geschrieben: | Sind es die Rationalisten, die ihre Beschreibungs- zu Erklärungsmodellen stilisieren, oder sind es nicht eher die Irrationalisten, die die Beschreibungsmodelle der Rationalisten als Erklärungsmodelle fehlinterpretieren und so den Popanz selbst erst schaffen, gegen den sie dann anrennen? |
Wer ist ein "wahrer" Schotte?
Ein ("wahrer") Rationalist tut so etwas nicht? |
Exakt. Aber nicht, wie du hier zu insinuieren versuchst, so, wie ein wahrer Christ "keinen umbringt", sondern so, wie ein wahrer Christ nicht sagt "Es gibt nichts außerhalb dieser Welt". Spekulation und Rationalität widersprechen einander nun mal.
Alzi hat folgendes geschrieben: | Ich urteile diesbezüglich auf der Ebene der Naturwissenschaften und da werden beschreibende Modelle (siehe Einstein und Kopenhagener Schule) gerne als erklärende Modelle interpretiert. |
Mitnichten, lieber Alzi. Bleiben wir mal bei der sogenannten "Kopenhagener Schule":
Erstens ist die Kopenhagener Deutung als genau das ausgewiesen, was sie ist, nämlich als Interpretation. Kein Vertreter könnte, ohne den Boden des Rationalismus zu verlassen, einen Wahrheitsanspruch für diese Deutung erheben. Ich teile diese Interpretation nicht, und jeder dieser hochgelahrten wird damit leben müssen, dass mit dem gleichen Recht, mit dem er die Kopenhagener Interpretation bevorzugt, ich eine andere bevorzuge. Und dies gilt solange, wie niemandem ein Experiment einfällt, für das verschiedene Interpretationen unterschiedliche Vorhersagen treffen (Dass alle Interpretationen hinsichtlich ihrer Verhersagekraft identisch sind, gilt mW nach wie vor)
Jedem Wissenschaftler ist der spekulative Charakter dieser Interpretationen bewusst. Aber, und das ist der wesentliche Punkt: Wenn man genau hinsieht, bieten die Interpretation gar keine Erklärungen - weil sie nämlich an keiner Stelle wirklich den Boden der Beschreibung verlassen. Letzlich geht es um nichts anders als um die Frage, ob die prinzipiel nicht berechenbaren Ergebnisse nun a) tatsächlich nicht determiniert sind (Kopenhagen) oder b) Sehr wohl determiniert, aber eben die Parameter nicht messbar (versteckte Variablen ) oder c) alle möglichen Ergebnisse auch realisiert werden (Vielweltentheorie) - und das sind nicht unterschiedliche Welterklärungen, sondern handfest unterschiedliche Weltbeschreibungen.
Alzi hat folgendes geschrieben: | Alte Quanten- und aktuelle Hirn-Modelle zieht man gerne heran, um etwas bezüglich Wahlfreiheit oder "Kausalität" auszusagen. |
Umgekehrt, mein Lieber. Nicht mit den Interpretationen der QM werden derartige Aussagen begründet, sondern es wird jewels diejenige Interpretation der QM bevorzugt, die zu der jeweils vertretenen Wissenschaftsphilosophie passt.
Alzi hat folgendes geschrieben: | caballito hat folgendes geschrieben: | Was für die Exegeten zu großen Problemen führt, weil sie diese widersprüchlichen Aussagen unter einen Hut zu bringen versuchen müssen. Aber all das ändert nichts daran, dass sie innerhalb des jeweiligen Gebäudes schon logisch argumentieren. |
Allein das Beispiel der Theodizee belegt das Gegenteil ... |
Nein. Nur innerhalb des Systems wird logisch argumentiert, das Systemn selber aber nicht. Das ist bei Rationalisten aber grundsätzlich auch nicht anders - der einzige Unterschied ist, dass der Religiöse wirklich nur streng innerhalb des System logisch denkt, und also nicht zulassen kann, dass durch logische Argumentation das System selbt in Frage gestellt wird (und deshalb die Logik verbiegen muss, wenn das System in sich widersprüchlich ist - und genau in diesem Verbiegen der Logik zur Rettung des Systems zeigt die Religion ihr Gesicht), während der Rationalist der Logik universelle, über das System hinausreichende Gültigkeit zumisst, und also nicht zulassen kann, dass das System die Logik verbiegt (und deshalb das System verwerfen muss, wenn es in sich widersprüchlich ist).
Alzi hat folgendes geschrieben: | Ein anderes Beispiel: wenn dem Christengott von Anfang der Zeiten alles, was je geschieht, bekannt ist, wie kann der Mensch dann je "sündigen"?
Wie kann der Christengott seine eigene Entscheidung (Sintflut) bereuen und seine Meinung ändern?
Der Christengott opfert sich angeblich selbst, um sich mit sich selbst zu versöhnen.
Eine eigenartige "Logik" ... |
Eben - und deswegen verwirft der Rationalist ein solches System als in sich widersprüchlich. Der Religiöse dagegen schaltet die Logik ab, wenn das System in Gefahr gerät.
Alzi hat folgendes geschrieben: | caballito hat folgendes geschrieben: | Genau die Nichtüberprüfbarkeit ist der Grund für die Ablehnung. |
Dann dürften die "KR" wohl auch Liebe und Trauer ablehnen, da nicht überprüfbar und nicht jederzeit unter den gleichen Bedingungen reproduzierbar? |
Was ist Liebe? Was ist Trauer? Kannst du es erklären? Nein, kannst du nicht! Niemand kann das. Weil es tatsächlich keinen Objektiven Tatbestand "Liebe" oder "Trauer" gibt. Ich glaube, das Thema hatten wir schon mal.
Und um deinen Einwand, der wahrscheinlich kommt, vorwegzunehmen: Nein, du kannst mir nicht erklären, was Liebe oder Trauer ist. Du hast absolut keine Möglichkeit mir zu vermitteln, wie es sich anfühlt, zu lieben oder zu trauern. Du kannst nichts anders tun als die Situationen aufzählen, in denen du diese Gefühle empfindest, und darauf hoffen, dass diese Situationen auch für mich mit einem charakteristischen Gefühl verbunden sind. Ist das der Fall, dann kann ich mit einigem Recht annehmen, dass du eben dieses Gefühl meinst - wenn nicht, hast du nicht die geringste Chance. Aber niemals werde ich wissen, wie du Liebe oder Trauer wirklich empfindest.
Alzi hat folgendes geschrieben: | caballito hat folgendes geschrieben: | Es ist sinnlos, zu spekulieren, wenn alles oder das Gegenteil richtig sein kann. ... |
Du sprichst von "Sinn" ...
"Sinn" ist eine Art von Erklärung - oder? |
Nein. Wie kommst du darauf?
Du hast schon wieder metaphysichen Gehalt in eine Aussage hineininterpretiert, die absolut knochentrocken gemeint war. Ich habe nämlich mitnichten von irgendeienm mysteriösen Sinn an sich gesprochen, sondern schlicht davon, dass es mir nichts bringt.
Alzi hat folgendes geschrieben: | Schließlich haben metaphysische Vorstellungen, hinsichtlich psychischer Gesundheit des Menschen, durchaus ihre Berechtigung. |
Auch Fußballspielen hat seine Berechtigung. Muss man es deswegen eine Weltanschauung draus machen? Natürlich kann man spekulieren, soviel man will, wenns denn Spaß macht ... Aber dann ist es Selbstzweck, und hat deswegen noch lange keinen tieferen Sinn.
Alzi hat folgendes geschrieben: | Der Mensch hat metaphysische Modelle geschaffen, damit sie im nützen, damit er sich in der Welt wohl fühlt. |
Der Mensch hat auch Alkohol geschaffen, damit er sich im Schwips wohlfühlt.
Alzi hat folgendes geschrieben: | Manche Menschen fühlen sich in die Welt geworfen (Wurf => Nachwuchs).
Wenn ein metaphysisches Modell dieses Gefühl mildert, warum sollte man es nicht aufstellen, da Metaphysik schon per definitionem nicht mit der wissenschaftlichen Methode kollidieren kann? |
Weil es besser ist, die Ursache dieses Gefühls zu beseitigen, als an den Symptomen herumzudoktern.
Alzi hat folgendes geschrieben: | caballito hat folgendes geschrieben: | Im übrigen klammer der KR den Menschen nicht aus. Er bekennt sich aber eben zu seinen Grenzen. |
Der Mensch hat also keine Bedürfnisse??? |
Doch, hat er. Ich z.B. hätte das dringende Bedürfnis, mal eben drei Monate Urlaub zu machen. Es wird aber leider nicht klappen. Und es wird nicht dadurch besser werden, dass ich mir im LSD-Rausch einbilde, auf Tahiti am Strand zu liegen.
Alzi hat folgendes geschrieben: | "Erkenntnisse" liefert sie nicht, aber die "Hilfe" liegt klar auf der Hand: man findet Geborgenheit in einer Welt, in die man unfreiwillig geworfen wurde. |
Es ist nur auffällig, dass diese Geborgenheit zumeist von denen vermittelt wird, die einem zuvor erstmal das Gefühl gegeben haben, geworfen zu sein. Religion ist ein wunderbares Heilmittel gegen Probleme, die man ohne Religion nicht hätte.
Alzi hat folgendes geschrieben: | caballito hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | Es gibt unendlich viele gleichwertige Modelle, und es ist ein Dogma, daß die KRs angeblich die "besten" herauspicken. |
Ist es eben nicht. |
Ich habe oben einige konkrete Beispiele aus der Naturwissenschaft genannt und ich könnte die Aufzählung bei Bedarf noch verlängern. |
Du hast wunderschöne Beispiel dafür geliefert, dass sich jeder ein anders Modell raussucht, je nachdem, welche Beweggründe er hat. Ja, doch, genau das hatte ich geschrieben.
Alzi hat folgendes geschrieben: | caballito hat folgendes geschrieben: | Zwar sind selbstverständlich die von den Rationalisten herausgepickten die "besten", aber eben nur unter den Bewertungskriterien, die die Rationalisten verwenden. |
Es gibt kein "bestes" Modell und das wissen die KRs auch, wenn sie wirklich kritisch ("wahre" Schotten) sind.
Vielmehr geschieht die Auswahl in der Praxis, wie oben gezeigt, nach subjektiven Befindlichkeiten. |
Lies doch bitte erst mal, was ich geschrieben habe. Ich schrieb von besten unter bestimmten Bewertungskriterien. Und da es verschiedenen Bewertungskriterien gibt (was ich unmittelbar im Anschluss geschrieben habe) gibt es eben auch verschiedene "beste" (wie ich auch unmittelbar im Anschluss geschrieben habe.) Es wäre von daher nett, wenn du darauf verzichten würdest, mir das Wort im Munde herumzudrehen und so zu tun, als hätte ich die Existenz eines objektiven besten behauptet. Du bist es, der schon wieder, zum x-ten Mal nun, aus einer relativen Aussage eine absolute gemacht hat, um sie als solche zerpflücken zu können.
Alzi hat folgendes geschrieben: | caballito hat folgendes geschrieben: | Und selbstverständlich unterliegen die Bewertungskriterien selbst der gleichen Diskussion - und wer andere Kriterien zugrundelegt, wird andere Modelle bevorzugen. |
Und diese Diskussion führe ich hier, aber die "KRs" sehen es nicht gern, wenn man an ihrem (überheblichen?) Selbstverständnis rüttelt. |
Nein, diese Diskussion führst du hier nicht, sondern du führst eine Diskussion darüber, dass die Rationalisten diese Diskussion gefälligst führen sollen, ohne zur Kenntnis nehmen zu wollen, dass sie das längst tun.
Alzi hat folgendes geschrieben: | caballito hat folgendes geschrieben: | Nur - auch hier gilt, dass eben über die Kriterien weitgehende Einigkeit herrscht - in dem Sinne, dass die allermeisten Menschen grundsätzlich rationalistische Maßstäbe anwenden - und wir auch hier wieder vor der Situation stehen, dass die Menschen eben nicht die Rationalität verwerfen ... |
Da ist der Wunsch wohl Vater des Gedankens - seit wann urteilt der Mensch in der Praxis "rational"?
Hast Du die Pädo-Diskussion schon vergessen?
Du kannst ruhig davon ausgehen, daß es in den Naturwissenschaften nicht viel anders aussieht. |
Und wieder: Lies, wie der Satz weitergeht. Dort steht, dass die Menschen sich an diese von ihnen selbst anerkannten Prinzipien nicht halten. Also schon wieder ein Strohmann.
Alzi hat folgendes geschrieben: | Wir wenden nicht "rationalistische Maßstäbe" an, sondern, ohne uns dessen immer bewußt zu sein, die wissenschaftliche Methode: Versuch/Beobachtung/Bedürfnis => Modellbildung => "Irrtum" => Modellbildung ... |
Beides gehört zusammen.
Alzi hat folgendes geschrieben: | caballito hat folgendes geschrieben: | ... und wir auch hier wieder vor der Situation stehen, dass die Menschen eben nicht die Rationalität verwerfen (dann könnte man nicht mehr diskutieren), sondern diese ganz im Gegenteil anerkennen, sich aber weigern, diese von ihnen selbst anerkannten Maßstäbe auch konsequent anzuwenden. |
Man kann locker über metaphysische Modelle, den Buddhismus oder ZEN diskutieren.
Vielleicht meinst Du, daß wir die gleiche Logik anerkennen? |
Wenn wir dies nicht tun, ist die Diskussion nichts anders als leeres Gerede. Mit jemandem, der nicht die gleiche Logik wie ich verwendet, kann ich ebensowenig diskutieren wie mit jemandem, der eine andere Sprache spricht, die ich nicht verstehe.
Alzi hat folgendes geschrieben: | Wir wollen "Erklärungen"!
Jeder, der mit Kindern arbeitet, kann das bestätigen - "warum warum warum". |
Diese Kinder wollen aber Wissen, nicht Märchen.
Ja, diese Kinder wollen auch Märchen - aber als Gutenachtgeschichte zum einschlafen, nicht als Antwort auf ihre Fragen.
Alzi hat folgendes geschrieben: |
Man kann Kindern natürlich zeigen, daß sogenannte "Erklärungen" religiöser (rückbindender) Natur sind.
Eine maßvolle Bindung kann nicht schaden, denn schließlich bindet uns die Erde ja auch, und ohne diese Bindung wären wir nicht lebensfähig. |
Aua.
_________________ Die Gedanken sind frei.
Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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diogenes Gast
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(#55006) Verfasst am: 19.11.2003, 11:13 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Ach diogenes, das ist unfair. Ich w-glaube höchstens daran, d.h. ich halte es für das beste mir derzeit bekannte Modell. [...]
Meinst Du mit letzterem wirklich mich? |
Hey, das war nicht bös gemeint. Vielleicht irre ich mich. Tut mir leid.
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jakob Gast
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(#55222) Verfasst am: 19.11.2003, 17:20 Titel: |
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Zitat: | Religion
in umfassender Bedeutung "eine Weise menschlichen Existierens aus der Relation zu einem letzten Sinn-Grund" (H. R. Schlette), wobei dieser Sinn gewährende Grund in den einzelnen Religionen entweder überweltlich oder innerweltlich verstanden und entsprechende praktische Konsequenzen in Ethik und/oder Kultur von der jeweiligen Religionsgemeinschaft gezogen werden. |
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Alzi registrierter User
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 2760
Wohnort: Oberfranken
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(#55458) Verfasst am: 20.11.2003, 06:26 Titel: |
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jakob hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Religion
in umfassender Bedeutung "eine Weise menschlichen Existierens aus der Relation zu einem letzten Sinn-Grund" (H. R. Schlette), wobei dieser Sinn gewährende Grund in den einzelnen Religionen entweder überweltlich oder innerweltlich verstanden und entsprechende praktische Konsequenzen in Ethik und/oder Kultur von der jeweiligen Religionsgemeinschaft gezogen werden. |
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Eine Definition von H.R. Schlette - sollte man sie/ihn kennen?
_________________ Wer heilt hat recht!
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Alzi registrierter User
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 2760
Wohnort: Oberfranken
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(#55459) Verfasst am: 20.11.2003, 06:33 Titel: |
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caballito hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | "Sinn" ist eine Art von Erklärung - oder? |
Nein. Wie kommst du darauf? |
Nun, Deine Aussage setzte Sinnhaftigkeit (Sinnlosigkeit) als Absolutum:
caballito hat folgendes geschrieben: | Es ist sinnlos, zu spekulieren, wenn alles oder das Gegenteil richtig sein kann. ... |
Für mich wäre jedoch der Bezug hilfreich: "Sinnlos, hinsichtlich ..."; "Bringt mir nichts bezüglich ...".
Anderen bringt der Glaube wohl doch etwas und er ist daher nicht "sinnlos" bezüglich des persönlichen Wohlbefindens.
caballito hat folgendes geschrieben: | Auch Fußballspielen hat seine Berechtigung. |
Eben! Fußballspielen bringt den Spielern Geld und Ansehen, den Zuschauern einen willkommenen Zeitvertreib und im Stadion ein euphorisches Gruppengefühl.
Zitat: | Muss man es deswegen eine Weltanschauung draus machen? |
Muß nicht, ...
Zitat: | Aber dann ist es Selbstzweck, und hat deswegen noch lange keinen tieferen Sinn. |
Welches Motiv wäre denn "sinnvoller" als der Selbstzweck?
Alle Religionen sind menschengemacht - auch Schalke!
Religionen sind für den Menschen da, nicht umgekehrt, aber es besteht natürlich, wie überall, die Gefahr des Mißbrauchs. Denn wie sich die Fußball-Hooligans gegenseitig beschimpfen, verletzen und sogar töten, so gibt es auch Religions-Hooligans, die Anhänger anderer Religionen beschimpfen, verletzen und sogar töten.
caballito hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | Der Mensch hat metaphysische Modelle geschaffen, damit sie im nützen, damit er sich in der Welt wohl fühlt. |
Der Mensch hat auch Alkohol geschaffen, damit er sich im Schwips wohlfühlt. |
Er hat das Fußballspiel geschaffen, damit er Spaß hat.
Fußball ist nicht toxisch, aber Alkohol.
Mit Deinem Vergleich implizierst Du eine pauschale "Schädlichkeit" der Religionen.
Alkohol beeinträchtigt stets das Wahrnehmungsvermögen und die Urteilsfähigkeit. Natürlich versuchen auch bestimmte machtlüsterne religiöse Anführer ihre Anhänger systematisch zu verdummen und ihre Wahrnehmungs- und Urteilsfähigkeit zu beeinträchtigen, aber damit befinden sie sich in "guter" Gesellschaft mit unserem Bildungssystem:
Die Märchen
von der Erbsünde, von der Demokratie, vom lieben Gott, vom bösen Ostblock, von der guten NATO, vom bösen Teufel, vom Generationenvertrag, von der Jungfrauengeburt, vom guten Kapitalismus, von der Trassubstantiation, vom bösen Kommunismus, von der Verantwortung der Unternehmer, vom bösen Sex, vom Tötungsverbot, vom gerechten Krieg, ...
werden in Schulen und Kirchen gelehrt und verbreitet.
Weder Staat noch Kirche zeigen Interesse, die Menschen zu kritischen Bürgern zu erziehen.
caballito hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | Manche Menschen fühlen sich in die Welt geworfen (Wurf => Nachwuchs).
Wenn ein metaphysisches Modell dieses Gefühl mildert, warum sollte man es nicht aufstellen, da Metaphysik schon per definitionem nicht mit der wissenschaftlichen Methode kollidieren kann? |
Weil es besser ist, die Ursache dieses Gefühls zu beseitigen, als an den Symptomen herumzudoktern. |
Welche Therapie schlägst Du vor?
caballito hat folgendes geschrieben: | Es ist nur auffällig, dass diese Geborgenheit zumeist von denen vermittelt wird, die einem zuvor erstmal das Gefühl gegeben haben, geworfen zu sein. |
Das wage ich zu bezweifeln.
Der Mensch wird ungefragt in eine Welt geboren, in der er um sein Leben kämpfen muß.
Er wird ungefragt Schmerz, Trauer, Leid, Hunger, Durst, Hitze, Kälte, Unwetter, Katastrophen, Verletzungen und Krankheiten ausgesetzt. Da muß man nicht nachhelfen, um das Gefühl des Geworfenseins zu erwecken.
Es ist jedoch unbestritten, daß religiöse Hooligans dem natürlichen Leid der Menschen gerne noch einiges zusetzen, wie Überbevölkerung, Verfolgung, Erniedrigung, schlechtes Gewissen, Panikmache und Triebunterdrückung.
Zitat: | Ich schrieb von besten [Modellen] unter bestimmten Bewertungskriterien. |
Und wie sehen diese Kriterien konkret aus?
caballito hat folgendes geschrieben: | Dort steht, dass die Menschen sich an diese von ihnen selbst anerkannten Prinzipien nicht halten. Also schon wieder ein Strohmann. |
Du behauptest, die allermeisten Menschen wären sich über die (rationalistischen) Kriterien weitgehend einig, sie hielten sich aber nicht daran.
Diese Konstruktion ist mE sehr gewagt. Welchen Wert haben Kriterien, die kaum jemand beachtet?
Existieren diese von Dir unterstellten Kriterien überhaupt? Wie sehen diese Kriterien aus?
Wir sind uns einig, daß man Menschen nicht verletzen soll, wir halten uns aber kaum daran ...
caballito hat folgendes geschrieben: | Diese Kinder wollen aber Wissen, nicht Märchen. |
Sagte ich etwas von "Märchen"? Man erklärt Kindern, indem man beschreibenden Modelle interpretiert - nicht wahr?
caballito hat folgendes geschrieben: | Aua. |
_________________ Wer heilt hat recht!
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Alzi registrierter User
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 2760
Wohnort: Oberfranken
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(#55460) Verfasst am: 20.11.2003, 06:41 Titel: |
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caballito hat folgendes geschrieben: | Spekulation und Rationalität widersprechen einander nun mal. |
Das läßt sich auch begründen?
Grau ist alle Theorie, wenn Rationalisten nicht spekulieren "dürfen", um ihren Status nicht zu verlieren, aber darauf pfeifen und trotzdem spekulieren.
Gibt es rationale Spekulationen?
caballito hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | Ich urteile diesbezüglich auf der Ebene der Naturwissenschaften und da werden beschreibende Modelle (siehe Einstein und Kopenhagener Schule) gerne als erklärende Modelle interpretiert. |
Mitnichten, lieber Alzi. |
Sie interpretieren aber in der Praxis, also gibt es doch keine "wahren" Rationalisten.
Zitat: | Erstens ist die Kopenhagener Deutung als genau das ausgewiesen, was sie ist, nämlich als Interpretation. |
Genau, was ich schrieb, sie interpretieren gern!
Und Religiöse glauben gern und weisen ihren Glauben auch als solchen aus, nämlich als Glauben.
Zitat: | Kein Vertreter könnte, ohne den Boden des Rationalismus zu verlassen, einen Wahrheitsanspruch für diese Deutung erheben. |
Das könnte ein Hindu oder ein Buddhist auch nicht und das tun auch moderne Christen nicht.
Vor 100 Jahren galten wissenschaftliche Modelle noch als absolute Wahrheit und dieser Wahrheitsanspruch wurde durchaus gestellt.
Die versteinerte kK stellt eben noch immer ihren Wahrheitsbegriff als Dogma auf - wen juckt das heute noch.
Zitat: | Wenn man genau hinsieht, bieten die Interpretation gar keine Erklärungen - weil sie nämlich an keiner Stelle wirklich den Boden der Beschreibung verlassen. |
Ein Wortperlenspiel! Eine Interpretation ist eine Auslegung, die den Boden der reinen Beschreibung verläßt und etwas hinein- oder herausinterpretiert.
Zitat: | Letzlich geht es um nichts anders als um die Frage, ob die prinzipiel nicht berechenbaren Ergebnisse nun a) tatsächlich nicht determiniert sind (Kopenhagen) oder b) Sehr wohl determiniert, aber eben die Parameter nicht messbar (versteckte Variablen ) oder c) alle möglichen Ergebnisse auch realisiert werden (Vielweltentheorie) - und das sind nicht unterschiedliche Welterklärungen, sondern handfest unterschiedliche Weltbeschreibungen. |
Die Vieleweltentheorie ist keine Beschreibung, sondern metaphysische Spekulation.
Die Auseinandersetzung zwischen der Kopenhagener Schule und den Anhängern der versteckten Parameter ist nicht nachzuvollziehen, so lange man von rein beschreibenden Modellen aus geht.
Es wird eben in der Praxis Vieles in solche beschreibenden Modelle hinein- oder herausinterpretiert. Als kritisch rational kann man dieses Geplänkel um des Kaisers Bart mE nicht bezeichnen, denn wie bereits erwähnt, kann man für eine Reihe von Beobachtungen jede Menge gleichwertiger Modelle konstruieren.
caballito hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | Alte Quanten- und aktuelle Hirn-Modelle zieht man gerne heran, um etwas bezüglich Wahlfreiheit oder "Kausalität" auszusagen. |
Umgekehrt, mein Lieber. |
Das ist pervers!
caballito hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | Allein das Beispiel der Theodizee belegt das Gegenteil ... |
Nein. |
Doch.
caballito hat folgendes geschrieben: | Nur innerhalb des Systems wird logisch argumentiert, ...
[...]
... und deshalb die Logik verbiegen muß ... |
Alzi hat folgendes geschrieben: | Eine eigenartige "Logik" ...  |
caballito hat folgendes geschrieben: | Eben - |
caballito hat folgendes geschrieben: | Der Religiöse dagegen schaltet die Logik ab, ... |
Erwischt!
caballito hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | caballito hat folgendes geschrieben: | Genau die Nichtüberprüfbarkeit ist der Grund für die Ablehnung. |
Dann dürften die "KR" wohl auch Liebe und Trauer ablehnen, da nicht überprüfbar und nicht jederzeit unter den gleichen Bedingungen reproduzierbar? |
Was ist Liebe? Was ist Trauer? Kannst du es erklären? Nein, kannst du nicht! |
Was ist Materie? Was ist Gravitation? Kannst du es erklären? Nein, kannst du nicht!
Wenn sich der Rauch der Nebelkerzen langsam verzieht und die Sicht sich wieder klärt, sehen wir uns immer noch mit der Aussage konfrontiert, daß der KR etwas ablehnt, weil er es nicht überprüfen kann. Damit lehnt er auch menschliche Gefühle ab und beschränkt dadurch seine Sicht ohne Not. Und diese selbstgewählten Scheuklappen sind genau der Punkt, welcher mir am sogenannten kritischen Rationalismus nicht behagt.
_________________ Wer heilt hat recht!
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Alzi registrierter User
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 2760
Wohnort: Oberfranken
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(#55461) Verfasst am: 20.11.2003, 06:47 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Religion ist Rückbindung, ok. Aber nicht jede Bindung im entferntesten Sinne ist Religion - z.B. die praktische Annahme einer objektiven Realität, obwohl man sich bewußt ist, daß man die nicht wirklich zeigen kann. |
Wir hätten wohl einige Probleme, wollten wir erklären (definieren), was wir unter "objektiver Realität" verstehen wollen. Sir Karl Popper erklärte sie so: "[objektive] Realität ist, was den Tatsachen entspricht." Damit gab er sich dann zufrieden. "Tatsachen" entsprechen der Wirklichkeit und "Wirklichkeit" ist eben Realität - so einfach ist das.
Objektive Realität ist eine Arbeitshypothese, ein Glaube, und wir wissen alle irgendwie, was damit ausgesagt werden soll, können den Begriff aber nicht oder nur sehr schwer definieren, ohne im zweiten oder dritten Satz bereits einen Zirkelschluß zu konstruieren.
Diese Arbeitshypothese ist eine Rückbindung und es besteht die "Gefahr", daß bestimmte Gruppen diese postulierte objektive Realität für sich vereinnahmen und davon abweichende Ansichten als "Spinnerei" verunglimpfen.
(Es soll sogar vorkommen, daß Menschen aufgrund dieser Arbeitshypothese in ihrem eigenen Interesse gefoltert und gegrillt werden.)
Die Annahme einer o.R. ist jedoch für unsere beschreibende Modellbildung nicht hilfreich und diesbezüglich genau so nutzlos, wie die Annahme eines Gottes und genau so wenig zu bekräftigen oder zu widerlegen.
Ein "kritischer Rationalist", wenn er wirklich kritisch ist, sollte diesen Umstand berücksichtigen, bevor er den Glauben an einen metaphysischen Gott a priori ablehnt, denn seine "objektive Realität" steht auf der gleichen Stufe, wie die Annahme eines Gottes - beides ist Metaphysik.
Die Annahme einer o.R. fällt in die gleiche Kategorie, wie die Annahme von Gott/Göttern und erhält ihre Berechtigung im Erhalt der geistigen Gesundheit.
Denn auch Religion muß nicht unbedingt in geistige Beschränkung, Ausbeutung und Unterdrückung münden: wenn man sich seine Götter geschickt wählt (jede Religion ist menschengemacht), kann man dadurch ein wohliges Zuhausegefühl in der Welt erzeugen.
Natürlich ist sich der kritische Rationalist jederzeit bewußt, daß sowohl die Götter, als auch die objektive Realität als "nützliche Annahme" weder zu be- noch zu widerlegen sind - oder?
_________________ Wer heilt hat recht!
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#55482) Verfasst am: 20.11.2003, 09:47 Titel: |
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Alzi hat folgendes geschrieben: | Natürlich ist sich der kritische Rationalist jederzeit bewußt, daß sowohl die Götter, als auch die objektive Realität als "nützliche Annahme" weder zu be- noch zu widerlegen sind - oder? | Na klar! Aber welche Götter?
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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diogenes Gast
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Graf Zahl untot
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 7040
Wohnort: Universum
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(#55626) Verfasst am: 20.11.2003, 13:56 Titel: |
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Habe mal vor Jahren im TV gesehen, daß es eine Sekte gibt, die glaubt, daß Gott böse ist. Die haben es sich ganz einfach gemacht, um das Theodizee-Problem zu lösen...
_________________ 42
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diogenes Gast
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(#55643) Verfasst am: 20.11.2003, 14:14 Titel: |
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Graf Zahl hat folgendes geschrieben: |
Habe mal vor Jahren im TV gesehen, daß es eine Sekte gibt, die glaubt, daß Gott böse ist. Die haben es sich ganz einfach gemacht, um das Theodizee-Problem zu lösen...  |
Um das Theodizee-Problem zu lösen, musst Du eine der drei Aussagen streichen:
1. Gott ist gut
2. Gott ist allmächtig
3. Gott ist allwissend
Diese Sekte hat halt 1. gestrichen. Warum nicht? Wenn die Welt so funktioniert, wie ich glaube, dass sie funktioniert, dann würde ich Gott, falls er existierte, auch für böse halten.
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Graf Zahl untot
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 7040
Wohnort: Universum
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(#55647) Verfasst am: 20.11.2003, 14:20 Titel: |
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diogenes hat folgendes geschrieben: | Graf Zahl hat folgendes geschrieben: |
Habe mal vor Jahren im TV gesehen, daß es eine Sekte gibt, die glaubt, daß Gott böse ist. Die haben es sich ganz einfach gemacht, um das Theodizee-Problem zu lösen...  |
Um das Theodizee-Problem zu lösen, musst Du eine der drei Aussagen streichen:
1. Gott ist gut
2. Gott ist allmächtig
3. Gott ist allwissend
Diese Sekte hat halt 1. gestrichen. Warum nicht? Wenn die Welt so funktioniert, wie ich glaube, dass sie funktioniert, dann würde ich Gott, falls er existierte, auch für böse halten. |
Es gäbe aber auch die Möglichkeit, bei der man nichts streichen müßte, sondern etwas hinzufügen:
4. Gott greift aus Prinzip nicht in seine Schöpfung ein.
edit: Das läßt sich allerdings dann nicht mehr mit dem Christentum vereinbaren...
_________________ 42
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caballito zänkisches Monsterpony
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary
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(#55661) Verfasst am: 20.11.2003, 14:49 Titel: |
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Alzi hat folgendes geschrieben: | Nun, Deine Aussage setzte Sinnhaftigkeit (Sinnlosigkeit) als Absolutum: |
Unterstellung
Alzi hat folgendes geschrieben: | caballito hat folgendes geschrieben: | Es ist sinnlos, zu spekulieren, wenn alles oder das Gegenteil richtig sein kann. ... |
Für mich wäre jedoch der Bezug hilfreich: "Sinnlos, hinsichtlich ..."; "Bringt mir nichts bezüglich ...". |
Sinnlos bezüglich der Erkenntnisfindung.
Alzi hat folgendes geschrieben: | Anderen bringt der Glaube wohl doch etwas und er ist daher nicht "sinnlos" bezüglich des persönlichen Wohlbefindens. |
Aber auch keine Erkenntnis und eben rein subjektiv. Die Aussage "Mein Glaube bringt mir etwas" Ist eine Aussage über den, der es sagt, nicht über den Glauben. Der Sprecher kann letztgültig entscheiden, ob diese Aussage richtig oder falsch ist. Ersetzt man "Glaube" durch "Hobby", "Beruf", was immer, kann er immer noch letztgültig entscheiden, ob das stimmt oder nicht. Ersetzt man aber "mir" durch "dir", kann er höchstens spekulieren, aber keine verbindliche Aussage treffen. Der Satz ist und bleibt subjektiv, und ist nicht objektivierbar. Genau diese Objektivierung aber versuchst du.
Und dass unterm Strich was positives übrigbleibt, das bestreite ich, Deswegen auch der konsequente Vergleich mir Alkohol oder Drogen (Du erinnerst dich, dass ich für totale Drogenlegalisierung bin? Nur - gut finden muss ich sie deshalb noch lange nicht.)
Alzi hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Aber dann ist es Selbstzweck, und hat deswegen noch lange keinen tieferen Sinn. |
Welches Motiv wäre denn "sinnvoller" als der Selbstzweck? |
Schon wieder steckst du deine Wertungen in meine Aussagen und unterstellst mir, das absprechen eines tieferen Sinnes sei etwas abwertendes. Wo sprach ich davon, dass etwas sinnvoller sein müsse als der Welbstzweck? Wo habe ich behauptet, Selbstzweck sei keine hinreichende Legitimation? Ich stelle lediglich fest: Es hat keinen tieferen Sinn, und es bedarf keines solchen, denn es trägt seinen Sinn in sich selbst (eben den Selbstzweck).
Alzi hat folgendes geschrieben: | Alle Religionen sind menschengemacht - auch Schalke!
Religionen sind für den Menschen da, nicht umgekehrt, aber es besteht natürlich, wie überall, die Gefahr des Mißbrauchs. |
Wenn Schalke zur Religion wird, bedarf es keines Missbrauchs mehr, weil allein die Tatsache, dass der betreffende es als Religion praktiziert, sowohl ihm als auch seinem Umfeld zum Schaden gereicht.
Alzi hat folgendes geschrieben: | Denn wie sich die Fußball-Hooligans gegenseitig beschimpfen, verletzen und sogar töten, so gibt es auch Religions-Hooligans, die Anhänger anderer Religionen beschimpfen, verletzen und sogar töten. |
Du übersiehst dabei, dass die Erhebung von Schalke zur Religion den Keim des Hooligantums bereits in sich trägt. (Stimmts, lalilemlula? )
Alzi hat folgendes geschrieben: | Mit Deinem Vergleich implizierst Du eine pauschale "Schädlichkeit" der Religionen. |
Ja, genau das wollte ich damit ausdrücken.
Alzi hat folgendes geschrieben: | Alkohol beeinträchtigt stets das Wahrnehmungsvermögen und die Urteilsfähigkeit. |
Genau wie Religion. Denn wer seine Dogmen absolut setzt, der vermag nicht mehr über sie hinwegzudenken.
Alzi hat folgendes geschrieben: | Weder Staat noch Kirche zeigen Interesse, die Menschen zu kritischen Bürgern zu erziehen. |
Richtig. Aber inwiefern spricht das für Religion?
Alzi hat folgendes geschrieben: | caballito hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | Manche Menschen fühlen sich in die Welt geworfen (Wurf => Nachwuchs).
Wenn ein metaphysisches Modell dieses Gefühl mildert, warum sollte man es nicht aufstellen, da Metaphysik schon per definitionem nicht mit der wissenschaftlichen Methode kollidieren kann? |
Weil es besser ist, die Ursache dieses Gefühls zu beseitigen, als an den Symptomen herumzudoktern. |
Welche Therapie schlägst Du vor? |
Die Umwelt dieser Menschen so gestalten, dass sie keinen Anlass mehr haben, sich ohnmachtig und wehrlos zu fühlen. Fakt ist doch, dass die Mächtigen alles tun, dieses Gefühl der Ohnmacht zu erzeugen. Und damit erzeugen sie (bewusst oder bewusst sei dahingestellt) genau dieses Gefühl des Geworfenseins, das das Bedürfnis nach jenem metaphysischen Trost erst weckt, mit dem sie dann die Menschen an sich binden. Ein Mensch, der selbstbewusst genug ist, sich selbts als handelndes Subjekt wahrzunehmen, braucht keine Metaphysik.
Alzi hat folgendes geschrieben: | Der Mensch wird ungefragt in eine Welt geboren, in der er um sein Leben kämpfen muß. |
Er wird aber mit der Fähigkeit geboren, diesen Kampf zu führen.
Alzi hat folgendes geschrieben: | Er wird ungefragt Schmerz, Trauer, Leid, Hunger, Durst, Hitze, Kälte, Unwetter, Katastrophen, Verletzungen und Krankheiten ausgesetzt. Da muß man nicht nachhelfen, um das Gefühl des Geworfenseins zu erwecken. |
Oh doch. Denn Geworfen sein setzt einen Werfer voraus. Erst wenn man hinter all dem einen Sinn vermutet, kann sich das Gefühl des Geworfenseins einstellen. Wer nicht nach dem Sinn des Lebens grübelt, sondern sich seinen Sinn im Leben sucht, der wird das Elend bekämpfen statt sich ihm zu ergeben.
Alzi hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Ich schrieb von besten [Modellen] unter bestimmten Bewertungskriterien. |
Und wie sehen diese Kriterien konkret aus? |
Ach Alzi. Die Gütekriterien der wissenschaftlichen Methodik kennst du doch, oder?
Alzi hat folgendes geschrieben: | Du behauptest, die allermeisten Menschen wären sich über die (rationalistischen) Kriterien weitgehend einig, sie hielten sich aber nicht daran.
Diese Konstruktion ist mE sehr gewagt. Welchen Wert haben Kriterien, die kaum jemand beachtet? |
Es stimmt doch gar nicht, dass niemand sie beachtet. Alle Menschen beachten sie fast immer. Nur in ganz bestimmten Bereichen vergessen sie sie.
Alzi hat folgendes geschrieben: | caballito hat folgendes geschrieben: | Diese Kinder wollen aber Wissen, nicht Märchen. |
Sagte ich etwas von "Märchen"? Man erklärt Kindern, indem man beschreibenden Modelle interpretiert - nicht wahr? |
Nein, man erklärt, indem man die Beschreibung gibt. Und indem man aufzeigt, wie man interpretieren kann - Aber nicht, indem man verbindlich interpretiert, denn das wäre Indoktrination.
_________________ Die Gedanken sind frei.
Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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Alzi registrierter User
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 2760
Wohnort: Oberfranken
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(#55765) Verfasst am: 20.11.2003, 19:06 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | Natürlich ist sich der kritische Rationalist jederzeit bewußt, daß sowohl die Götter, als auch die objektive Realität als "nützliche Annahme" weder zu be- noch zu widerlegen sind - oder? | Na klar! Aber welche Götter? |
Und welche objektive Realität?
_________________ Wer heilt hat recht!
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Alzi registrierter User
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 2760
Wohnort: Oberfranken
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(#55767) Verfasst am: 20.11.2003, 19:26 Titel: |
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Graf Zahl hat folgendes geschrieben: |
Habe mal vor Jahren im TV gesehen, daß es eine Sekte gibt, die glaubt, daß Gott böse ist. Die haben es sich ganz einfach gemacht, um das Theodizee-Problem zu lösen...  |
So weit ich das islamische Gottesbild begriffen habe - ich bitte um Korrektur, wenn ich mich irre - ist alles, was geschieht Allahs Wille. Der Mensch hat keine Wahlfreiheit und alles ist seit Anfang der Schöpfung festgelegt. Wenn einem Leid widerfährt, dann ist es A. Wille.
Wenn einem Freude widerfährt, dann ist es ebenfalls Allahs Wille.
Und A. Wille ist unerforschlich.
Theologisch ist das Gebäude also in sich konsistent, aber es läßt den Gläubigen in der Praxis jeglichen Freiraum.
Bemüht sich jemand, arbeitet erfolgreich und wird reich und angesehen, dann war das vorherbestimmt.
Wenn er aber die Hände in den Schoß legt und arm bleibt, dann war das ebenso vorherbestimmt.
Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | diogenes hat folgendes geschrieben: | Um das Theodizee-Problem zu lösen, musst Du eine der drei Aussagen streichen:
1. Gott ist gut
2. Gott ist allmächtig
3. Gott ist allwissend |
Es gäbe aber auch die Möglichkeit, bei der man nichts streichen müßte, sondern etwas hinzufügen:
4. Gott greift aus Prinzip nicht in seine Schöpfung ein. |
Nicht wirklich, denn wenn 3) gilt, dann weiß G. bereits vor seinem Schöpfungsakt, wie der Hase laufen wird und wenn 1) und 2) gelten, wird er Leid, Not und Qual verhindern und diese Schöpfung so nicht durchführen.
_________________ Wer heilt hat recht!
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Graf Zahl untot
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 7040
Wohnort: Universum
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(#55770) Verfasst am: 20.11.2003, 19:43 Titel: |
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Alzi hat folgendes geschrieben: | Graf Zahl hat folgendes geschrieben: |
Habe mal vor Jahren im TV gesehen, daß es eine Sekte gibt, die glaubt, daß Gott böse ist. Die haben es sich ganz einfach gemacht, um das Theodizee-Problem zu lösen...  |
So weit ich das islamische Gottesbild begriffen habe - ich bitte um Korrektur, wenn ich mich irre - ist alles, was geschieht Allahs Wille. Der Mensch hat keine Wahlfreiheit und alles ist seit Anfang der Schöpfung festgelegt. Wenn einem Leid widerfährt, dann ist es A. Wille.
Wenn einem Freude widerfährt, dann ist es ebenfalls Allahs Wille.
Und A. Wille ist unerforschlich.
Theologisch ist das Gebäude also in sich konsistent, aber es läßt den Gläubigen in der Praxis jeglichen Freiraum.
Bemüht sich jemand, arbeitet erfolgreich und wird reich und angesehen, dann war das vorherbestimmt.
Wenn er aber die Hände in den Schoß legt und arm bleibt, dann war das ebenso vorherbestimmt.
Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | diogenes hat folgendes geschrieben: | Um das Theodizee-Problem zu lösen, musst Du eine der drei Aussagen streichen:
1. Gott ist gut
2. Gott ist allmächtig
3. Gott ist allwissend |
Es gäbe aber auch die Möglichkeit, bei der man nichts streichen müßte, sondern etwas hinzufügen:
4. Gott greift aus Prinzip nicht in seine Schöpfung ein. |
Nicht wirklich, denn wenn 3) gilt, dann weiß G. bereits vor seinem Schöpfungsakt, wie der Hase laufen wird und wenn 1) und 2) gelten, wird er Leid, Not und Qual verhindern und diese Schöpfung so nicht durchführen. |
Da könntest Du Recht haben, aber nicht unbedingt - das hängt davon ab, ob unser Universum determinstisch ist und der Mensch einen freien Willen hat oder nicht.
Impliziert das Wort Allmacht nicht auch, daß ein Gott etwas schaffen könnte, daß ihn selbst überrascht?
Sozusagen das Universum als Reagenzglas...
Ist das aber nicht ein Paradoxon? (ähnlich wie das mit dem Stein, den er erschafft und nicht heben kann)
Einmal ganz davon abgesehen, ist der Begriff "gut" äußerst subjektiv.
_________________ 42
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kamelpeitsche Weapon of Mass Discussion
Anmeldungsdatum: 15.11.2003 Beiträge: 4555
Wohnort: Devil's Dancefloor
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(#55776) Verfasst am: 20.11.2003, 20:00 Titel: |
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Zitat: | Sir Karl Popper erklärte sie so: "[objektive] Realität ist, was den Tatsachen entspricht." Damit gab er sich dann zufrieden. "Tatsachen" entsprechen der Wirklichkeit und "Wirklichkeit" ist eben Realität - so einfach ist das. |
womit wir wieder bei christlicher logik wären
Zitat: | Um das Theodizee-Problem zu lösen, musst Du eine der drei Aussagen streichen:
1. Gott ist gut
2. Gott ist allmächtig
3. Gott ist allwissend |
gut ist einen weiteren thread wert, denn die definition dessen was gut ist, lässt sich nur mit menschlicher sichtweise erstellen. wenn gott in rein menschlichem sinne in die kategorien gut-böse eingeordnet werden sollte, wäre er wohl eindeutig böse, wenn man denn nicht die definition "gott ist allmächtig" streicht. schließlich ist gott mit allmacht in der lage, sämtliche "böse" taten zu verhindern. deshalb schließen sich 1 und 2 in der tat aus
da 2 aber ohne 3 nicht möglich ist, ist gott in der tat allwissend, allmächtig allerdings nicht gut
(endlich kann ich diese theorie loswerden )
_________________ "Was immer jeder Einzelne mitbringen will an Prägung oder Anderssein - einem kollektiven Imperativ enzieht es sich mit Sicherheit"
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#55782) Verfasst am: 20.11.2003, 21:02 Titel: |
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Alzi hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | Natürlich ist sich der kritische Rationalist jederzeit bewußt, daß sowohl die Götter, als auch die objektive Realität als "nützliche Annahme" weder zu be- noch zu widerlegen sind - oder? | Na klar! Aber welche Götter? | Und welche objektive Realität? | Die, auf deren Existenz manche Metaphysiker meinen, daß die wiederholbaren Experimente hinwiesen. Der KR weiß, daß es keiner Erkenntnis entspricht, an diese "Realität" zu glauben. Im praktischen Wissenschaftlerleben allerdings keinen Unterschied zwischen "dem Planenten" und "überprüfbaren Wahrnehmungen des Planeten" zu machen, schmälert in den allermeisten Fällen die Voraussagekraft der Modelle nicht. Man definiert also sozusagen "Planet existiert" um in das weniger absolute "Eigenschaften ... sind intersubjektiv überprüfbar wahrnehmbar". Es gibt aber tatsächlich Ausnahmen, z.B. wenn Theorien zur Debatte stehen, die die neoronale Modellbildung selbst betreffen oder nach empirischen Befund mit ihr wechselwirken. Dann muß man mit dieser praktischen Gleichsetzung sehr vorsichtig sein.
Die eine Aussage kann man auf den Gläubigen übertragen, wenn man nicht behauptet, der Glaube bringe Erkenntnis: "Im praktischen Gläubigenleben ... keinen Unterschied zwischen "Gott" und "Wahrnehmungen von Gott" zu machen, schmälert ... die psychologische Wirkung des religiösen Modells nicht."
Der Punkt ist aber, daß der Gläubige nicht weiß, daß dies keiner Erkenntnis über "Gott" entspricht. Er kann das nicht akzeptieren, sonst würde er seinen Glauben verlieren.
Die Haltung zu der (unentscheidbaren, mE sogar sinnlosen) Frage, ob der Planet nun objektiv existiere oder nicht, ist für das Ziel des Wissenschaftlers (Erkenntnisgewinn) unerheblich.
Die Haltung zu der (unentscheidbaren, mE sogar sinnlosen) Frage, ob Götter wirklich existieren oder nicht, ist für das Ziel des Gläubigen (Trostgewinn) keineswegs unerheblich! (Die tatsächliche Antwort hingegen schon).
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Critic oberflächlich
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 16339
Wohnort: Arena of Air
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(#55841) Verfasst am: 20.11.2003, 23:55 Titel: |
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caballito hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | Ein anderes Beispiel: wenn dem Christengott von Anfang der Zeiten alles, was je geschieht, bekannt ist, wie kann der Mensch dann je "sündigen"?
Wie kann der Christengott seine eigene Entscheidung (Sintflut) bereuen und seine Meinung ändern?
Der Christengott opfert sich angeblich selbst, um sich mit sich selbst zu versöhnen.
Eine eigenartige "Logik" ... |
Eben - und deswegen verwirft der Rationalist ein solches System als in sich widersprüchlich. Der Religiöse dagegen schaltet die Logik ab, wenn das System in Gefahr gerät.
|
Ja. Logisch gesehen würde das nämlich heißen, daß dieser Gott in seiner Entscheidung auch nicht frei ist. Wenn er vorher weiß, daß er seine Entscheidung, die Sintflut zu starten, bereuen wird, und daraufhin die Sintflut nicht startet, würde er mit diesem Allwissen, was geschehen würde, inkonsistent, und demnach nicht allwissend (oder, wenn er wüßte, daß er seine Entscheidung revidieren würde, würde er gar handlungsunfähig; denn wenn man vor einer Handlung unendlich viel Wissen durchprüfen müßte, wäre man ja unendlich lange beschäftigt). Er kann nur weiterhin allwissend bleiben, wenn er mit dem, was er sieht, daß er tun wird, konsistent bleibt, und es tut. Dann ist er hinsichtlich seiner Entscheidungen nicht frei.
Also haben wir die Wahl zwischen Allwissen und Entscheidungsfreiheit respektive -fähigkeit.
_________________ "Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"
Dann bin ich halt bekloppt.
"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
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Alzi registrierter User
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 2760
Wohnort: Oberfranken
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(#56063) Verfasst am: 21.11.2003, 19:08 Titel: |
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Hervorragender Beitrag, Step!
Ein Punkt ist mir jedoch nicht ganz klar:
step hat folgendes geschrieben: | Der Punkt ist aber, daß der Gläubige nicht weiß, daß dies keiner Erkenntnis über "Gott" entspricht. Er kann das nicht akzeptieren, sonst würde er seinen Glauben verlieren. |
Vielleicht gehört es ja zur (heilsamen) Wirkung des GLaubens dazu, daß man das Geglaubte als sehr wahrscheinlich annimmt, denn Zweifel hat der Gläubige ja öfter.
Aber dafür auch die Sicherheit, daß ihm niemand seinen Glauben nehmen kann, wenn er nicht so unvorsichtig ist, diesen mit ganz konkreten Vorgängen (wie Weltuntergang am x.y. asdf) zu verknüpfen.
Außerdem gibt es Gläubige, die über ihren Gott nichts weiter aussagen können/wollen, als daß er für sie existiert und daß sie ihm absolut vertrauen, daß er das Beste für sie arrangiert und sie nicht fallen läßt.
_________________ Wer heilt hat recht!
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Alzi registrierter User
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 2760
Wohnort: Oberfranken
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(#56081) Verfasst am: 21.11.2003, 19:34 Titel: |
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caballito hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | Nun, Deine Aussage setzte Sinnhaftigkeit (Sinnlosigkeit) als Absolutum: |
Unterstellung |
So lange der Bezug fehlt, ist "sinnlos" in meinen Augen entweder absolut, oder nicht korrekt.
caballito hat folgendes geschrieben: | Sinnlos bezüglich der Erkenntnisfindung. |
Dem kann ich zustimmen. Aber für manche eben nicht "sinnlos" bezüglich des Wohlfühlfaktors.
Wenn man "Erkenntnisfindung" als Konstruktion und Übermittlung beschreibender Modelle interpretiert. Ansonsten halte ich es mit Sokrates: "ich weiß, daß ich nichts weiß."
caballito hat folgendes geschrieben: | [Glaube bringt] Aber auch keine Erkenntnis und [ist] eben rein subjektiv. |
Hmm ... ja, Gefühle bringen aber auch keine "Erkenntnis" und sind ebenfalls subjektiv. Auch die Auswahl eines bestimmten beschreibenden wissenschaftlichen Modells geschieht nach persönlichen Kriterien, wenn überhaupt.
Auch die Annahme einer "absoluten Wahrheit" bringt kein Jota an zusätzlicher "Erkenntnis".
caballito hat folgendes geschrieben: | Die Aussage "Mein Glaube bringt mir etwas" Ist eine Aussage über den, der es sagt, nicht über den Glauben. Der Sprecher kann letztgültig entscheiden, ob diese Aussage richtig oder falsch ist. Ersetzt man "Glaube" durch "Hobby", "Beruf", was immer, kann er immer noch letztgültig entscheiden, ob das stimmt oder nicht. Ersetzt man aber "mir" durch "dir", kann er höchstens spekulieren, aber keine verbindliche Aussage treffen. Der Satz ist und bleibt subjektiv, und ist nicht objektivierbar. |
Genau.
caballito hat folgendes geschrieben: | Genau diese Objektivierung aber versuchst du. |
Nicht mit Absicht, denn eine Objektivierung ist für meine Argumentation in keiner Weise erforderlich, da der Gottesglaube das persönliche Wohlbefinden ja nicht verbessern muß, wie im Falle Martin Luther, der vor seinem Gott ziemliche Angst gehabt haben soll, aber er kann es verbessern, indem er, bei geschickter Wahl, ein Gefühl der Geborgenheit und Aufgehobenheit vermittelt.
Wer sich von Personen, die daraus ihren Vorteil ziehen, freiwillig ein Gottesbild "aufs Auge drücken" läßt, das ihn mehr ängstigt als beruhigt, ist letztlich dafür selbst verantwortlich.
Gottes- und Paradiesvorstellungen können die Angst vor dem Tod nehmen, die nach meinen Erfahrungen gerade bei jungen Menschen stärker verbreitet ist, als bei Älteren. Die Gelassenheit kommt erst mit dem Laufe der Jahre ohne aktives Zutun, wie von selbst, und der Gottesglaube ist dann vielleicht zur lieben Gewohnheit geworden, weil das Umfeld ebenfalls religiös ist.
Besonders Jugendliche und junge Erwachsene, die sich Gedanken machen um den "Sinn des Lebens", um Geburt und Tod, sehen sich mit starken Ängsten vor der persönlichen Vernichtung konfrontiert, und ich habe diese unangenehme Phase selbst durchleben müssen, ohne daß mir jemand dabei eine Hilfestellung gegeben hätte.
Dagegen ist es bei Älteren kein Geheimnis, daß die Angst vor dem Tod mit den Jahren von selbst verschwindet.
Wer sich die Mühe macht und ältere Menschen befragt, der wird erfahren, daß viele den Tod (die persönliche Vernichtung) nicht fürchten und das unabhängig davon, ob sie gläubig sind, oder nicht.
Im Gegenteil, manche streng gläubigen Christen beginnen dann das "Gericht" und das "Fegefeuer" zu fürchten, was natürlich den christlichen Kirchen nebenbei noch so manche Erbschaft einträgt.
Wer mit Jugendlichen zu tun hat, kann ihnen bei der Überwindung ihrer Angst behilflich sein, und sie bei Gelegenheit auch darauf ansprechen. Die Angst vor dem Tod ist in ihrem Alter ganz normal, sie legt sich aber mit der Zeit von selbst und kann sich im hohem Alter sogar bis zur Todessehnsucht wandeln.
Wer das bezweifelt, sollte alte Menschen direkt danach fragen.
Jugendliche sollten in den Schulen diese nützliche und wirksame Hilfestellung erhalten!
caballito hat folgendes geschrieben: | Und dass unterm Strich was positives übrigbleibt, das bestreite ich, Deswegen auch der konsequente Vergleich mir Alkohol oder Drogen (Du erinnerst dich, dass ich für totale Drogenlegalisierung bin? Nur - gut finden muss ich sie deshalb noch lange nicht.) |
Also ich bin mit meiner erotischen Göttin sehr zufrieden, sie ist anspruchslos, hat die Welt geschaffen, heiligt den einvernehmlichen Liebesakt, ermöglicht die Wiedergeburt, auf Wunsch auch das Verlöschen, und wenn ich am Badesee leicht mit der Hand über das kurze Gras streiche ...
Schmerzlos hat sogar gefragt, wann wir heiraten ...
Wer sich natürlich den alttestamentarischen Wüterich aufhalsen läßt, ist selber schuld, und Kirchenmitglieder lassen sich für dieses üble Gottesbild auch noch abkassieren.
Da befinden sich die sogenannten "Kuschelchristen" eher auf dem richtigen Weg, denn jede Religion ist menschengemacht. Der Glaube (auch der an die "objektive Wahrheit") ist für den Menschen da, nicht umgekehrt.
caballito hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | caballito hat folgendes geschrieben: | Aber dann ist es Selbstzweck, und hat deswegen noch lange keinen tieferen Sinn. |
Welches Motiv wäre denn "sinnvoller" als der Selbstzweck? |
Schon wieder steckst du deine Wertungen in meine Aussagen und unterstellst mir, das absprechen eines tieferen Sinnes sei etwas abwertendes. |
Es gefällt mir, etwas hineinzustecken, aber ich habe die betreffende Stelle noch einmal gelesen und von meiner Seite keine Unterstellung finden können.
caballito hat folgendes geschrieben: | Wo sprach ich davon, dass etwas sinnvoller sein müsse als der Welbstzweck? Wo habe ich behauptet, Selbstzweck sei keine hinreichende Legitimation? Ich stelle lediglich fest: Es hat keinen tieferen Sinn, und es bedarf keines solchen, denn es trägt seinen Sinn in sich selbst (eben den Selbstzweck). |
Da sind wir uns vollkommen einig, und Selbstzweck ist der "tiefste" mir bekannte "Sinn". Hat jemand schöne Augen oder trägt er die schönen Augen in sich selbst?
caballito hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | Alle Religionen sind menschengemacht - auch Schalke!
Religionen sind für den Menschen da, nicht umgekehrt, aber es besteht natürlich, wie überall, die Gefahr des Mißbrauchs. |
Wenn Schalke zur Religion wird, bedarf es keines Missbrauchs mehr, weil allein die Tatsache, dass der betreffende es als Religion praktiziert, sowohl ihm als auch seinem Umfeld zum Schaden gereicht. |
Gemeingefährliche Fußballfans sind eine kleine Minderheit, die meisten Schalkereligiösen sind harmlos und Fußball macht ihnen Freude (wenn ihre Mannschaft gewinnt ).
caballito hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | Denn wie sich die Fußball-Hooligans gegenseitig beschimpfen, verletzen und sogar töten, so gibt es auch Religions-Hooligans, die Anhänger anderer Religionen beschimpfen, verletzen und sogar töten. |
Du übersiehst dabei, dass die Erhebung von Schalke zur Religion den Keim des Hooligantums bereits in sich trägt. (Stimmts, lalilemlula? ) |
Zieht den Bay-ern die Lederhosen aus - Lederhosen aus - Lederhosen aus ...
Das gehört dazu und ist nicht ernst gemeint.
caballito hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | Weder Staat noch Kirche zeigen Interesse, die Menschen zu kritischen Bürgern zu erziehen. |
Richtig. Aber inwiefern spricht das für Religion? |
Genau so wenig, wie es für den Staat spricht.
Es spricht aber auch nicht dagegen.
caballito hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | Welche Therapie schlägst Du vor? |
Die Umwelt dieser Menschen so gestalten, dass sie keinen Anlass mehr haben, sich ohnmachtig und wehrlos zu fühlen. |
Du verbannst damit Tod, Schmerz und Krankheit aus dieser Welt?
caballito hat folgendes geschrieben: | Fakt ist doch, dass die Mächtigen alles tun, dieses Gefühl der Ohnmacht zu erzeugen. Und damit erzeugen sie (bewusst oder bewusst sei dahingestellt) genau dieses Gefühl des Geworfenseins, das das Bedürfnis nach jenem metaphysischen Trost erst weckt, mit dem sie dann die Menschen an sich binden. Ein Mensch, der selbstbewusst genug ist, sich selbts als handelndes Subjekt wahrzunehmen, braucht keine Metaphysik. |
Die Herrschenden im Staat erwecken in unserer Zeit im Gegenteil die täuschende Illusion, daß der Wähler durch sein Kreuz Macht ausüben könne.
Die Kirchenoberen dagegen zeigen, daß der Gläubige machtlos ist, was mE ja auch stimmt.
Das Märchen von der Demokratie wird gerne an den Schulen gelehrt (sie sind per Gesetz sogar dazu verpflichtet) und es wird auch gerne geglaubt; Demokratie wird sehr gerne als Berechtigung hergenommen, andere Länder zu überfallen.
In unserer Zeit werden wohl mehr Menschen für das Märchen Demokratie geopfert, als für das Märchen Religion, obwohl beide Märchen immer wieder gerne genommen werden, wenn die Staaten öffentlich zum Morden aufrufen.
caballito hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | Er wird ungefragt Schmerz, Trauer, Leid, Hunger, Durst, Hitze, Kälte, Unwetter, Katastrophen, Verletzungen und Krankheiten ausgesetzt. Da muß man nicht nachhelfen, um das Gefühl des Geworfenseins zu erwecken. |
Oh doch. Denn Geworfen sein setzt einen Werfer voraus. |
Meist sind es die Mütter, die werfen.
caballito hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | caballito hat folgendes geschrieben: | Ich schrieb von besten [Modellen] unter bestimmten Bewertungskriterien. |
Und wie sehen diese Kriterien konkret aus? |
Ach Alzi. Die Gütekriterien der wissenschaftlichen Methodik kennst du doch, oder? |
In meinen Augen gibt es jede Menge gleichwertiger wissenschaftlicher Modelle und ich würde sehr gerne erfahren, wie die Kriterien beschaffen sein könnten, nach denen ich mir ein "bestes" herauspicken kann (ich kann das nämlich nicht, aber vielleicht bin ich ja auch kein "echter Schotte" oder KR-ler).
Die wissenschaftliche Methode hat nicht unbedingt etwas mit KR zu schaffen, denn
Astrologie arbeitet nach der wM, sie wird aber von den KRs abgelehnt und verlacht (weil sie mE interpretieren, die Guten ...).
caballito hat folgendes geschrieben: | Alzi hat folgendes geschrieben: | Du behauptest, die allermeisten Menschen wären sich über die (rationalistischen) Kriterien weitgehend einig, sie hielten sich aber nicht daran.
Diese Konstruktion ist mE sehr gewagt. Welchen Wert haben Kriterien, die kaum jemand beachtet? |
Es stimmt doch gar nicht, dass niemand sie beachtet. Alle Menschen beachten sie fast immer. Nur in ganz bestimmten Bereichen vergessen sie sie. |
Das ist auch eine Art, zu argumentieren: sich weigern die Kriterien des KR zu benennen und dann aber keck zu behaupten, "alle Menschen beachten sie fast immer".
Hier kann man seine Ansicht kundtun.
_________________ Wer heilt hat recht!
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Effô Tisetti Königsblau bis in den Tod
Anmeldungsdatum: 18.09.2003 Beiträge: 9920
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Schmerzlos auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 02.08.2003 Beiträge: 4554
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(#56509) Verfasst am: 23.11.2003, 10:18 Titel: |
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Alzi hat folgendes geschrieben: | Ansonsten halte ich es mit Sokrates: "ich weiß, daß ich nichts weiß." |
- Wenn Du nichts weißt...wie willst Du dann wissen, dass Du weißt das Du nichts weißt.
caballito hat folgendes geschrieben: | [Glaube bringt] Aber auch keine Erkenntnis und [ist] eben rein subjektiv. |
- Was subjektiv ?
Es ist keine Kunst mit Verhältniswörtern
um sich zu schmeissen, die nur beschreiben.
(Beschreibung ist nicht Erkenntnis)
Zitat: | Hmm ... ja, Gefühle bringen aber auch keine "Erkenntnis" und sind ebenfalls subjektiv. |
- Die Wahrheit kostet Dich den Kopf.
Zitat: | Schmerzlos hat sogar gefragt, wann wir heiraten ... |
- Nicht wirklich......
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kamelpeitsche Weapon of Mass Discussion
Anmeldungsdatum: 15.11.2003 Beiträge: 4555
Wohnort: Devil's Dancefloor
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(#56660) Verfasst am: 23.11.2003, 19:01 Titel: |
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Zitat: | Impliziert das Wort Allmacht nicht auch, daß ein Gott etwas schaffen könnte, daß ihn selbst überrascht? |
eventuell ja, aber dann gilt nicht mehr, dass man den o.g. punkt 4) hinzufügen kann, ohne etwas anderes zu streichen.
schließlich gilt 3) dann ja auf keinen fall
_________________ "Was immer jeder Einzelne mitbringen will an Prägung oder Anderssein - einem kollektiven Imperativ enzieht es sich mit Sicherheit"
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Schmerzlos auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 02.08.2003 Beiträge: 4554
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(#56673) Verfasst am: 23.11.2003, 20:17 Titel: |
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kamelpeitsche hat folgendes geschrieben: | Signatur: Gott ist tod. |
Bewußt ?
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kamelpeitsche Weapon of Mass Discussion
Anmeldungsdatum: 15.11.2003 Beiträge: 4555
Wohnort: Devil's Dancefloor
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(#56682) Verfasst am: 23.11.2003, 20:43 Titel: |
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Zitat: | kamelpeitsche hat folgendes geschrieben:
Signatur: Gott ist tod.
Bewußt ? |
wie meinen?
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#56683) Verfasst am: 23.11.2003, 20:45 Titel: |
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Ignoriere ihn einfach
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