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Kramer postvisuell
Anmeldungsdatum: 01.08.2003 Beiträge: 30878
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(#680255) Verfasst am: 12.03.2007, 03:53 Titel: Prozesstheologie - eine (theoretische) Lösung für das Theodizeeproblem? |
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http://de.wikipedia.org/wiki/Prozesstheologie
Zitat: | Da Gott ein veränderliches Universum beinhaltet, ist er selbst in der Zeit veränderlich (d.h. von den Geschehnissen im Universum beeinflusst) |
Warum ist der Gedanke, dass Gott durch das Universum beinflusst werden kann, in den meisten Religionen eigentlich so verpönt? Ein veränderlicher, also lernender Gott, wäre gegenüber der Theodizee doch praktisch immun. Selbst wenn man Gott als allmächtig, allwissend und allgütig definiert, könnte man ihn von der Theodizee freisprechen, wenn man diese Eigenschaften an die Entwicklung des Universums bzw. die Entwicklung intelligenter Wesen knüpft. Gott wäre dann immer nur so mächtig, wissend und gütig, wie der Zustand des Universums und der sozialen Strukturen darin es gerade zulassen, aber das eben so gut, wie es überhaupt nur möglich ist.
Das wäre natürlich ein höchst merkwürdiger Gott - aber er wäre mit dem Gott der Bibel kompatibler, als der von Anfang an volkommene Gott, an den die Juden und Christen (und andere Monotheisten) glauben. Die ständigen Neuansätze (Erste und zweiter Schöpfungbericht, Sintflut, Jesus) erscheinen bei einem lernenden Gott durchaus plausibler. Auch die göttliche Moral hätte einen besseren Stand: Gott hätte die Welt nicht erschaffen, um seine vorgefertigte Moral von seinen Geschöpfen verwirklichen zu lassen, sondern er wäre eine Art objektiver Beobachter der Menschheitsgeschichte, der selber nach den bestmöglichen Lösungen für die Probleme sucht, die unter seinen Geschöpfen entstehen.
Ich glaube nicht an diesen Gott, aber ich könnte verstehen, wenn Menschen an diesen Gott glauben. Dass man stattdessen an einen Gott glaubt, der einfach so eine Welt und die Lösung aller Probleme dieser Welt erdacht hat, dass man an einen Gott glaubt, der erst eine Moral und dann eine dazu passende Welt erschaffen hat, die dann doch nicht zu dieser Moral passen will, will sich mir nicht erschliessen.
Zelig? Tillich? Ich erhoffe mir besonders von Euch Gegenwind.
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schabernick it's me
Anmeldungsdatum: 06.02.2007 Beiträge: 595
Wohnort: neben der Kapp'
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(#680257) Verfasst am: 12.03.2007, 04:02 Titel: |
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Gott ist vom Menschen erschaffen und allmächtig.
Absolut lässt keinen Platz für relatives.
Gans Ein Fach
_________________ Halt den Globus an, ich will aussteigen
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#680262) Verfasst am: 12.03.2007, 04:18 Titel: |
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Ein lernender Gott - also eine fehlbarer - wäre einfach ein Wesen, wie Menschen im Prinzip auch. Quasi ein Alein, das via technischer Lösung die Welt und den Menschen erschuf und ihn danach noch beeinflusste. Oder einfach vorbeireisende Sternenfahrer, die mal eben auf der Erde vorbeisehen und mächtig Eidnruck hinterlassen. So ein Gott würde natürlich alle Probleme bezüglich der Logik des Glaubens auflösen, bis auf die Existenz und den Nachweis seiner Identität. Soetwas anzubeten, wäre eigentlich die Unterwerfung unter eine höhere Macht, gegen die man nichts ausrichten kann und von der man eventuell echten, materiellen Profit erhoffen kann. Ein solcher 'Kult' wäre aber kein Kult mehr, sondern Tributpflicht, bzw die kulturellen Überreste einer Tributpflich oder einer vermuteten Tributpflicht. Diese Art Gott würde mE aber das klassicdh Göttliche, das Unfehlbare und Unfassbare, verlieren. Insbesondere müsste man eigentlich erwarten können, diese Art Gott tatsächlich irgendwann sehen zu können oder Hinwese von seiner Existenz aufspüren zu können.
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atheist666 dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 17.02.2007 Beiträge: 8494
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(#680269) Verfasst am: 12.03.2007, 04:36 Titel: |
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Im Grunde genommen sind wir dann doch wieder bei Hegel und "der Entäußerung des Geistes" in der Geschichte angelangt. An Semnon u. Kramer könnte sein, daß diese Prozeßtheologie bei der "Phänomenologie des Geistest" abgekupfert ist?
Anderseits, was für Konsequenzen hätte ein solcher Gott, bzw. es würde sich wieder erneut die Frage nach dem Ursprung dieses Gottes stellen. Dieses Problem haben die Gläubigen ja nicht, weil der an den sie glauben, schon immer da war und Unfehlbar ist. Semnon hat ja Letzteres schon angesprochen.
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schabernick it's me
Anmeldungsdatum: 06.02.2007 Beiträge: 595
Wohnort: neben der Kapp'
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(#680270) Verfasst am: 12.03.2007, 04:54 Titel: |
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Im übrigen ist "Gott" ja lernfähig.
Vom Menschen gemacht, vom Menschen wandelbar.
Der gemeinsame Gott der Christen, Juden und Muslime wird ja in jeder Religion individuell verkauft.
Die einen hatten Jesus, die anderen Mohammed, die dritten warten noch.
Und Untervarianten, wie "Gott" gelebt werden soll, gibt es auch reichlich, nicht nur bei den Christen.
Vielleicht verkauft Papa Rom im Jahre 2050 Kondome, weil gottgewollt.
_________________ Halt den Globus an, ich will aussteigen
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AXO nach unbekannt auf unbestimmte Zeit verzogen
Anmeldungsdatum: 05.02.2007 Beiträge: 10129
Wohnort: Thüringen
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(#680413) Verfasst am: 12.03.2007, 14:15 Titel: |
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Also ich find Kramers Gedanken nicht übel.
Wenn ich n Gottesbild hätte täts vermutlich so ähnlich aussehen.
Ist eigentlich auch die einzig mögliche Daseinsform eines solchen "Wesens"
Anlog zu nem Internet, welches praktisch immer auf dem absolut aktuellsten Stand
der realen Entwicklung wäre.
In der Summe auch um Potenzen "wissender" als der Einzelne es je sein könnte.
Und auf den gegenwärtigen Augenblick bezogen ja trotzdem auch absolut.
Wenn man die Religionsgeschichten so überfliegt - fällts schwer zu glauben das Menschen
durch viele Zeitalter hinweg und ohne gegenseitigen Kontakt immer wieder sehr ähnliche
Phantasie bewiesen haben sollen indem sie Gott und äußerst konkrete Begebenheiten
im Zusammenhang mit ihm erfanden
Vielleicht wird ja irgendwann eine derartige natürliche "Vernetzung" entdeckt und Gott damit "enttarnt"
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22263
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(#680419) Verfasst am: 12.03.2007, 14:27 Titel: |
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Mit Prozesstheologie kenne ich mich nicht aus, mit Prozessphilosophie ebenfalls nicht, und von Whitehead habe ich lediglich den Namen mal irgendwo gehört ... kann also zu der spezifischen Frage nicht wirklich viel beisteuern.
Wenn es aber allgemeiner um die Frage geht, ob Gott nur als ewig und unveränderbar anzusehen ist: In der christlichen und jüdischen Theologie wird von Gott als einem lebendigen Gott gesprochen und von einem Gott, der in Beziehung zur Welt und zum Menschen steht; dh., zumindest die Beziehung Gottes zur Welt und zum Menschen wandelt sich, insofern sich die Welt wandelt; wobei natürlich gleichzeitig Gott als Schöpfer der Urheber des Wandels wäre, zumindest in der Weise, dass der Wandel (zB in Form der Freiheit des Menschen) ermöglicht wird.
Die Sintflutgeschichte als Beispiel für einen lernenden Gott ist ein gutes Beispiel. Die beiden Schöpfungsberichte sind ein weniger gutes, denn es sind ja lediglich zwei mythologische Geschichten über dasselbe Thema; die Geschichten gehen ja nicht davon aus, dass es "zwei Schöpfungen" gegeben habe.
Und gerade diese Lebendigkeit, das "Mit-Gehen" Gottes ist mir sehr wichtig; der Gedanke, dass Gott "erst eine Moral, dann die passende Welt dazu geschaffen habe", ist mir dagegen völlig fremd.
Auf den Unterschied zwischen dem "lebendigen Gott" und dem "ewig unveränderlichen Gott" bezieht sich denke ich auch die Aussage Pascals: "'Gott Abrahams, Gott Isaaks, Gott Jakobs', nicht der Philosophen und Gelehrten. "
Aber, @Kramer: Warum erwartest du dir hier besonderen Gegenwind von mir?
_________________ "YOU HAVE TO START OUT LEARNING TO BELIEVE THE LITTLE LIES." -- "So we can believe the big ones?" -- "YES."
(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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Effô Tisetti Königsblau bis in den Tod
Anmeldungsdatum: 18.09.2003 Beiträge: 9920
Wohnort: 75
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(#680450) Verfasst am: 12.03.2007, 15:28 Titel: |
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Was für ein billiger Taschenspielertrick! Die Theodizee wird nicht gelöst, sondern es werden lediglich die Prämissen verändert. Aus einem "freien" Gott wird ein "determinierter". Dieser Gott wäre m.E. außerdem mit der Bibel überhaupt nicht kompatibel. Ansonsten wäre zu erklären: Warum offenbart er sich auf diese Weise zu diesem willkürlichen Zeitpunkt - und danach 2.000 Jahre lang gar nicht mehr (trotz z.B. 30-jährigem Krieg und Auschwitz)? Warum verrät er dort nicht sein "determiniertes" Wesen bzw. seine beschränkte Handlungsfähigkeit? Warum droht und verspricht er dort so viel ohne nützliche Tipps und Hinweise zu geben, was der Mensch tun kann, um dem lieben Gott ein bisschen Spielraum zu geben, segensreich wirken zu können? Welcher Mechanismus ist hier am Werk, der aus "Liebe", "Gehorsam" und "Demut" gegenüber diesem Gott oder seinem Sohnemann dessen determinierte Fähigkeiten vermehrt, den Menschen gegenüber "gütiger" sein zu können?
_________________ "Die einfache Formel: Jesus ist stärker! hilft Menschen, sich aus der Fixierung völlig irrationaler Wertesysteme zu lösen."
Zuletzt bearbeitet von Effô Tisetti am 12.03.2007, 15:34, insgesamt einmal bearbeitet |
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Roter Ballon Lifted
Anmeldungsdatum: 22.12.2006 Beiträge: 2631
Wohnort: München
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(#680454) Verfasst am: 12.03.2007, 15:32 Titel: |
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Erinnert mich einmal ...
an eine Engelsbeschreibung, da ging es auch um Entscheidungsfreihiet und Allwissenheit.
Da war die Conclusio, das sich dem Engel erst zum Zeitpunkt seiner Entscheidung alle Konsequenzen offenbaren.
Er kann ja nicht wissen was nicht ist.
Sehr wohl aber ALLES was folgen wird.
So gesehen ist der Begriff Prozesstheologie nur ein wissenschaftlich klingender Name für Astrologie, weil sich ja auch erst hier das "Schicksal" ab der Geburt ordnet
oder eben theologisch für einen Gott sichtbar wird.
(Dein persönliches Sündenregister dem Buch der Schöpfung angehängt wird)
und zum anderen ...
wenn Gott sich anpaßt, wozu dann all die Prophetie?
Die Apokalypse, Armageddon Offenbarungen wurden ja schon desöfteren eingeläutet,
Gabriels Horn ward aber noch nie vernommen.
_________________ ____________________
ertrage die Clowns!
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SoWhy The Doctor
Anmeldungsdatum: 21.04.2006 Beiträge: 3216
Wohnort: TARDIS
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(#680493) Verfasst am: 12.03.2007, 16:29 Titel: |
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Wenn es das erklären sollte, was ich nicht annehme und meine Vorredner sehr passend gesagt haben, würde es ja neue Probleme für den gläubigen Menschen schaffen: Wie kann Gott das Universum schaffen und dennoch von diesem beeinflusst werden, praktisch wieso wusste er vorher nicht schon, dass es so kommen wird? Immerhin muss er ja bevor er alles aus dem Nichts gezaubert hat, allmächtig/allwissend gewesen sein. Und wieso schafft er ein Universum, dass ihn einschränkt? Wieso verhindert er nicht einfach die Probleme, die die Theodizee zum Inhalt hat, von vorneherein?
_________________ Stop believing - start thinking.
Rise up, rise up!
Live a full life, 'cause when it's over, it's done!
So rise up, rise up! Dance and scream and love
(Cursive - Rise up! Rise up!)
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CoS Antitheist
Anmeldungsdatum: 10.07.2005 Beiträge: 2734
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(#680531) Verfasst am: 12.03.2007, 16:58 Titel: |
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SoWhy hat folgendes geschrieben: | Immerhin muss er ja bevor er alles aus dem Nichts gezaubert hat, allmächtig/allwissend gewesen sein |
Schon das alleine ist ein Problem - Gott existierte also im NICHTS - wie kann es "nichts" sein wenn etwas darin existiert?
Gut man könnte jetzt sagen "Gut dann existiert halt Gott nicht im Nichts" - Dann gibts aber Probleme mit der Allmächtigkeit, denn wie kann Gott allmächtig sein, wenn er nur ein TEIL eines GRÖSSEREN Systems ist, in dem er existiert. Außerdem stellt sich dann die Frage wer dieses System schuf...
_________________ "Wenn Sie mich suchen, ich halte mich in der Nähe des Wahnsinns auf, genauer gesagt auf der schmalen Linie zwischen Wahnsinn und Panik, gleich um die Ecke von Todesangst, nicht weit weg von Irrwitz und Idiotie!"
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magnusfe MASTERMISSIONATOR OF THEOLOGIK
Anmeldungsdatum: 03.08.2004 Beiträge: 3944
Wohnort: dunkler Ort :
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(#680726) Verfasst am: 12.03.2007, 20:58 Titel: |
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Theodizee - warum gibt es Leid
Christentum : Wir erfahren Leid und Schmerz und Tod, aber macht nix, denn es gibt Auferstehung, wir bekommen einen neuen Körper der unvergänglich sien wird, d.h. mit dem neuen Körper, den jesus den gläubigen gibt, gibt es keinen schmerz, leid mehr
-> schmerz, leid sind nur zeitlich kurzfristig, um uns mehr erfahrungswerte zur reifung der seelischen persönlichkeit zu liefern, im anschluss daran bekommen wir einen neuen unverwüstlichen auferstehungskörper und sind für immer von leid/schmerz befreit
selbst wenn kleine kinder krank werden oder verhungern, klingt zwar schlimm, aber wenn sie später einen neuen körper bekommen und wieder leben, und zwar ohne jegliches leid oder schmerz für immer, dann ist das im endeffekt gar nicht so schlimm, denn sie leben ja wieder später, zumindest ist es ein guter trost und der tod der kinder z.b. dient den eltern als wichtiger potentieller erfahrungswert zur persönlichkeitsreifung/entwicklung (alles theologisch philosophisch gesehen)
_________________ http://www.magnusfe.npage.de
Wer meine Worte klaut wird schlau
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