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Direkter Lobbyismus

 
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Querdenker
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Anmeldungsdatum: 27.05.2005
Beiträge: 1830
Wohnort: NRW

Beitrag(#1550343) Verfasst am: 05.10.2010, 09:56    Titel: Direkter Lobbyismus Antworten mit Zitat

heise.de/tp hat folgendes geschrieben:
Direkter Lobbyismus

Reinhard Jellen 05.10.2010
Interview mit Kim Otto über das Wirken von "Leihbeamten" in deutschen Ministerien und der EU
Die Selbstentmachtung des deutschen Parlamentarismus zugunsten der Wirtschaft hat seit der rot-grünen Bundesregierung nahezu kolumbianische Qualitäten angenommen. Seit dem "Austauschprogramm Seitenwechsel" ist es nämlich offiziell erlaubt, dass sich Lobbyisten als "Leihbeamte" direkt in den Bundesministerien einquartieren. Dies ist aber öffentlich wenig bekannt. Sascha Adamek und Kim Otto haben in ihrem Buch "Der gekaufte Staat" mehrere brisante Fälle recherchiert, in denen Vertreter der deutschen Großindustrie als "Experten" an wichtige Gesetzesänderungen maßgeblich mitgewirkt und die Interessen ihrer Arbeitgeber in die Beschlüsse und Gesetzesvorlagen diktiert haben. Im Zuge der Recherchen der beiden investigativen Journalisten sah sich der Bundesrechnungshof veranlasst, die Ministerien dahingehend zu überprüfen. Telepolis sprach mit Kim Otto.



Herr Otto, der Bundesrechnungshof hat die Ministerien angewiesen, die Zahl der für Wirtschaftsunternehmen tätigen Mitarbeiter bekannt zu geben. Legen Ihnen diese Zahlen vor?

Kim Otto: Ja die Zahlen liegen vor und sie haben uns wirklich erschreckt: Allein zwischen 2004 und 2006 waren pro Jahr im Schnitt 100 Leihbeamte in den Ministerien - insgesamt rund 300. Auch heute sind...

...

Unter der rot-grünen Bundesregierung wurde nicht nur durch diverse Kommissionen, sondern auch mit dem "Austauschprogramm Seitenwechsel" der Wirtschaft die Möglichkeit gegeben, ihre Interessen direkt der Politik vorzugeben. Wie hat man sich diesen "Seitenwechsel" vorzustellen? Wer war für dieses "Austauschprogramm" verantwortlich?

Kim Otto: Die große Zäsur markiert tatsächlich der Amtsantritt der rot-grünen Bundesregierung im Jahre 1998. Ausgerechnet die in die Jahre gekommenen Alt-68er der Schröder-Fischer-Regierung öffnete neuen Formen des Lobbyismus Tür und Tor. So wartete Bundesinnenminister Otto Schily...

...


--> zum Artikel
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Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört, es müsse sich dabei doch auch was denken lassen. (Johann Wolfgang von Goethe)

Die Bibel: Ein Buch, sie zu knechten, sie alle zu finden, Ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden (frei nach Tolkien)

Reinhard Mey - Sei wachsam (live)
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Defätist
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Anmeldungsdatum: 09.06.2010
Beiträge: 8557

Beitrag(#1550394) Verfasst am: 05.10.2010, 12:08    Titel: Re: Direkter Lobbyismus Antworten mit Zitat

Querdenker hat folgendes geschrieben:
heise.de/tp hat folgendes geschrieben:
Direkter Lobbyismus
.........


den hab ich mir gerade, durch einen anderen Umweg aufmerksam gemacht, auch reingezogen...

Werden die Leihbeamten tatsächlich auf den Staat und das Grundgesetz vereidigt, wie es uns der Name suggerieren möchte, oder dienen sie einem anderen "Herrn"?
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beachbernie
male Person of Age and without Color



Anmeldungsdatum: 16.04.2006
Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii

Beitrag(#1550700) Verfasst am: 05.10.2010, 21:06    Titel: Re: Direkter Lobbyismus Antworten mit Zitat

Defätist hat folgendes geschrieben:
Querdenker hat folgendes geschrieben:
heise.de/tp hat folgendes geschrieben:
Direkter Lobbyismus
.........


den hab ich mir gerade, durch einen anderen Umweg aufmerksam gemacht, auch reingezogen...

Werden die Leihbeamten tatsächlich auf den Staat und das Grundgesetz vereidigt, wie es uns der Name suggerieren möchte, oder dienen sie einem anderen "Herrn"?



Die vergessen natuerlich voellig, wo sie herkommen und hinterher auch wieder hingehen und dienen die ganze Zeit nur aufopferungsvoll dem deutschen Volke. So wie sich das gehoert! Lachen
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Defund the gender police!! Let's Rock
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Valen MacLeod
Antitheist



Anmeldungsdatum: 11.12.2004
Beiträge: 6172
Wohnort: Jenseits von Eden

Beitrag(#1550740) Verfasst am: 05.10.2010, 21:57    Titel: Antworten mit Zitat

Wieso Beamten 'meinungsbildend beeinflussen', wenn es billiger geht?

Erschreckend. Amigos². skeptisch
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V.i.S.d.P.:Laird Valen MacLeod (Pseudonym!)
"... Wenn das hier das Haus Gottes ist, Junge, warum blühen hier dann keine Blumen, warum strömt dann hier kein Wasser und warum scheint dann hier die Sonne nicht, Bürschchen?!" <i>Herman van Veen</i>
Das Schlimme an meinen Katastrophenszenarien ist... dass ich damit über kurz oder lang noch immer Recht behielt.
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Defätist
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Anmeldungsdatum: 09.06.2010
Beiträge: 8557

Beitrag(#2028421) Verfasst am: 28.10.2015, 11:54    Titel: Antworten mit Zitat

Obwohl sich der VW-Thread ja auch damit beschäftigt, gibt es aber irgendwie keinen neueren Thread (außer den von GT im UF Termine und Aktionen - also für Diskussionen eher unpassend).
Daher nun hier:
Es bildet sich nunmehr direkt ab, was hier:
http://www.spiegel.de/schulspiegel/lobby-und-schule-arbeitgeberverband-stoppt-wirtschaftsbuch-a-1059654.html sein glorreiches Ende findet.
Der Kampf um die Deutungshoheit.
Das hat sich der Spiegelfechter in den NDS mal zur Brust genommen:
Zitat:
„Wirtschaftslobbyisten lassen ein Unterrichtsbuch verbieten, das ihnen zu lobbyismuskritisch ist“ – Zugegeben, diese Schlagzeile vermutet man wohl eher auf der Satireseite Postillon, doch leider handelt es sich hierbei nicht um Satire. Der Bundesverband Deutscher Arbeitgeber (BDA) hat über das Bundesinnenministerium eine Sammelpublikation der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) aus dem Verkehr ziehen lassen, da diese in den Worten des BDA ein „monströses Gesamtbild von intransparenter und eigennütziger Einflussnahme der Wirtschaft auf Politik und Schule“ transportiere. Die Publikation „Ökonomie und Gesellschaft“ richtet sich an Lehrer, die an den Schulen Wirtschaft unterrichten. Man könnte diese Aktion nun ebenfalls als monströs, intransparent und eigennützig bezeichnen und folgern, das von der Arbeitgeberlobby durchgedrückte Verbot bestätige, dass die zensierte Publikation goldrichtig liegt. Das eigentliche Problem sitzt jedoch tiefer. Schon seit vielen Jahren versuchen Lobbyisten den Kampf um die Deutungshoheit über wirtschaftliche Fragen bereits über den Schulunterricht für sich zu gewinnen. Diese Entwicklung ist mehr als besorgniserregend.

und auch gleich noch die Antwort der Deutschen Gesellschaft für Soziologie beigefügt.
Hier nachzulesen.

Besorgniserregend. Aber doch auch zielführend und folgerichtig in einer Zeit, da sich parlamentarische Gremien der politischen Willensbildung gegenüber der eigenen Bevölkerung bereits weigern, auch nur kleinstmögliche Öffentlichkeit über den Ausverkauf der Republik herzustellen:
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2015-10/lobbyismus-liste-bundestag-veroeffentlicht
->
https://www.abgeordnetenwatch.de/blog/2015-10-13/unsere-klage-zu-lobbyisten-hausausweisen-bundestag-geht-berufung
+
https://www.abgeordnetenwatch.de/blog/lobbyisten-liste
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Wilson
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Beitrag(#2312172) Verfasst am: 16.10.2025, 14:17    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Bankenlobby: Innenansicht einer Milliardenjagd
Dreist, Dreister, Bankenlobby

16.10.2025




Zitat:
Deutsche Bank und Co. lobbyierten die Ampel-Regierung hartnäckig dafür, ihnen mehr als 2 Milliarden Euro zu schenken. Das zeigen interne Dokumente des Finanzministeriums, die Finanzwende ausgewertet hat.
Die Analyse macht deutlich, wie intensiv die Banken lobbyierten und wie sie teils auf sehr offene Ohren stießen.
Die Dokumente zeigen aber auch, dass öffentlicher Druck wirkt. Unsere Proteste trieben den politischen Preis für Bankengeschenke zu hoch. Doch es ist noch nicht vorbei.


weiter hier:
https://www.finanzwende.de/themen/finanzlobbyismus/dreist-dreister-bankenlobby
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Wilson
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Wohnort: Swift Tuttle

Beitrag(#2312175) Verfasst am: 16.10.2025, 17:15    Titel: Antworten mit Zitat

Wilson hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Bankenlobby: Innenansicht einer Milliardenjagd
Dreist, Dreister, Bankenlobby

16.10.2025




Zitat:
Deutsche Bank und Co. lobbyierten die Ampel-Regierung hartnäckig dafür, ihnen mehr als 2 Milliarden Euro zu schenken. Das zeigen interne Dokumente des Finanzministeriums, die Finanzwende ausgewertet hat.
Die Analyse macht deutlich, wie intensiv die Banken lobbyierten und wie sie teils auf sehr offene Ohren stießen.
Die Dokumente zeigen aber auch, dass öffentlicher Druck wirkt. Unsere Proteste trieben den politischen Preis für Bankengeschenke zu hoch. Doch es ist noch nicht vorbei.


weiter hier:
https://www.finanzwende.de/themen/finanzlobbyismus/dreist-dreister-bankenlobby




Bürgerbewegung Finanzwende

Zitat:

Die Bürgerbewegung Finanzwende ist ein 2018 gegründeter Verein, der sich nach eigenen Angaben für faire, stabile und nachhaltige Finanzmärkte einsetzt, die den Menschen dienen. Mitgründer war der ehemalige Bundestagsabgeordnete Gerhard Schick (Bündnis 90/Die Grünen), Vorstand und Sprecher des Vereins.
(...)
Im April 2024 wurde bekannt, dass Anne Brorhilker, die Oberstaatsanwältin der Staatsanwaltschaft Köln, die seit 2012 die Ermittlungen der Cum-Ex-Skandale leitete, um ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis gebeten hat, um in Zukunft für den Verein zu arbeiten.[17] Sie soll Mitglied der künftig vierköpfigen Geschäftsführung werden und die Leitung des Bereichs Finanzkriminalität übernehmen.[18]
(...)
Zu den Gründungsmitgliedern gehörten neben Gerhard Schick unter anderem:[19][1][20] Christoph Bautz (Mitgründer von Campact), Norbert Blüm, Peter Bofinger, Peter Eigen (Mitgründer von Transparency International), Gesine Schwan, Axel Troost, Barbara Unmüßig (Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung) und Rainer Voss. Der Verein hatte 2021 mehr als 5000 Fördermitglieder,[21][10] bis Juli 2024 wuchs er auf 10.000 Mitglieder.[22]


mehr hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCrgerbewegung_Finanzwende
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Tarvoc
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Beitrag(#2312180) Verfasst am: 16.10.2025, 19:37    Titel: Antworten mit Zitat

Wilson hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Finanzmärkte [...] die den Menschen dienen

Gröhl...
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fwo
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Beitrag(#2312181) Verfasst am: 16.10.2025, 20:16    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Wilson hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Finanzmärkte [...] die den Menschen dienen

Gröhl...

Wenn das als Zustandsbeschreibung gemeint wäre, könnte ich Deine Belustigung verstehen. Aber indem dieser Verein das als Ziel formuliert, stimmt er Dir doch zu, dass das nicht die Realität ist.

Und wenn das Frollein Brorhilker da auch mitmacht, kann man davon ausgehen, dass sich ihre Naivität in Grenzen hält. Speziell das sagt nämlich nichts anderes, als dass sie diesem Verein da größere Chancen gibt, etwas zum Besseren für "die Menschen", und nicht nur für einige, zu drehen als in der Politik und im Rechtswesen..
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Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

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Wilson
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Beitrag(#2312182) Verfasst am: 16.10.2025, 22:20    Titel: Antworten mit Zitat

naja, steht der Heinrich-Böll-Stiftung nahe. grüne.

würden sie andere ziele formulieren, sich also vom konzept/system (finanz)markt generell verabschieden wollen, hätten sie ja nun überhaupt keine öffentlichkeit oder irgendeinen einfluss, irgendeine relevante resonanz oder unterstützende. zack, weg.

man wird ja bescheiden
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fwo
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Beitrag(#2312184) Verfasst am: 16.10.2025, 23:57    Titel: Antworten mit Zitat

Wilson hat folgendes geschrieben:
naja, steht der Heinrich-Böll-Stiftung nahe. grüne.

würden sie andere ziele formulieren, sich also vom konzept/system (finanz)markt generell verabschieden wollen, hätten sie ja nun überhaupt keine öffentlichkeit oder irgendeinen einfluss, irgendeine relevante resonanz oder unterstützende. zack, weg.

man wird ja bescheiden

Es geht nicht darum, bescheiden zu sein, es geht darum, dass man derart komplexe Systeme nicht einfach umwerfen kann, ohne riesige Schäden zu verursachen. Das kann man machen, wenn einem die Schäden egal sind, weil sie das gemeine Volk treffen, während die eigentliche Zielgruppe profitiert. Dann sind wir bei Trumps Disruptions-Methode, aber wenn Du gleichzeitig das gemeine Volk im Auge hast, bist Du zur Reform verdammt.

Wenn Du so ein Fan der schnellen und harten Brüche bist, solltest Du vielleicht das Lager wechseln. Dann bist Du bei Trump, Putin und Konsorten besser aufgehoben. Die liefern.
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tillich (epigonal)
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Anmeldungsdatum: 12.04.2006
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Beitrag(#2312186) Verfasst am: 17.10.2025, 01:51    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Wilson hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Finanzmärkte [...] die den Menschen dienen

Gröhl...

Was ist daran lustig?
Das ist doch ein ehrenwertes Ziel.
Es sei denn, man würde die Meinung vertreten, dass Finanzmärkte ganz automatisch niemals "den Menschen dienen" könnten. Das hielte ich aber für Quatsch, denn - die richtigen Rahmenbedingungen vorausgesetzt - kann ich mir durchaus allerlei Finanzprodukte mit einem sinnvollen Zweck vorstellen.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44803

Beitrag(#2312190) Verfasst am: 17.10.2025, 18:17    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Es sei denn, man würde die Meinung vertreten, dass Finanzmärkte ganz automatisch niemals "den Menschen dienen" könnten. Das hielte ich aber für Quatsch, denn - die richtigen Rahmenbedingungen vorausgesetzt - kann ich mir durchaus allerlei Finanzprodukte mit einem sinnvollen Zweck vorstellen.

Du kannst dir für Finanzprodukte vielleicht sinnvolle Anwendungen vorstellen. Um deretwillen werden sie aber nicht angeboten und gehandelt. Der Zweck davon ist der selbe, wie im Kapitalismus überhaupt von allem, was gehandelt wird: Die Erwirtschaftung von Profit. Und wenn mit etwas kein Profit zu machen ist, dann wird es auch nicht angeboten, und wenn es noch so sinnvoll wäre. Dass, was du als die "Zwecke" wahrnimmst, sind reine Nebeneffekte.
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tillich (epigonal)
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Beiträge: 22391

Beitrag(#2312192) Verfasst am: 17.10.2025, 19:44    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Es sei denn, man würde die Meinung vertreten, dass Finanzmärkte ganz automatisch niemals "den Menschen dienen" könnten. Das hielte ich aber für Quatsch, denn - die richtigen Rahmenbedingungen vorausgesetzt - kann ich mir durchaus allerlei Finanzprodukte mit einem sinnvollen Zweck vorstellen.

Du kannst dir für Finanzprodukte vielleicht sinnvolle Anwendungen vorstellen. Um deretwillen werden sie aber nicht angeboten und gehandelt. Der Zweck davon ist der selbe, wie im Kapitalismus überhaupt von allem, was gehandelt wird: Die Erwirtschaftung von Profit. Und wenn mit etwas kein Profit zu machen ist, dann wird es auch nicht angeboten, und wenn es noch so sinnvoll wäre. Dass, was du als die "Zwecke" wahrnimmst, sind reine Nebeneffekte.

Dann wäre es mit derselben Logik genauso lachhaft, zu sagen, es könne Lebensmittel geben, "die den Menschen dienen". Lebensmittel werden nämlich im Kapitalismus auch nur "für die Erwirtschaftung von Profit" produziert, und dass Leute davon satt werden, ist nur ein "Nebeneffekt". Wie du das ja mit Recht von "allem, was gehandelt wird", sagst.

Und ich für meinen Teil möchte nicht auf den Ausbruch des Kommunismus warten und alle Verbesserungen vorher in dieser Weise als lachhaft abtun, sondern finde es gut, dass es auch schon innerhalb des Kapitalismus Leute gibt, die sich politisch dafür einsetzen, dass sowohl Lebensmittelproduktion als auch Finanzmärkte in einer Weise geregelt werden, die dafür sorgt, dass die Produktion neben dem Profitstreben eben auch noch anderen Zwecken dient.

Wahrscheinlich bin ich damit ein arger Revisionist oder Reformist?
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fwo
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Anmeldungsdatum: 05.02.2008
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Beitrag(#2312193) Verfasst am: 17.10.2025, 19:53    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Es sei denn, man würde die Meinung vertreten, dass Finanzmärkte ganz automatisch niemals "den Menschen dienen" könnten. Das hielte ich aber für Quatsch, denn - die richtigen Rahmenbedingungen vorausgesetzt - kann ich mir durchaus allerlei Finanzprodukte mit einem sinnvollen Zweck vorstellen.

Du kannst dir für Finanzprodukte vielleicht sinnvolle Anwendungen vorstellen. Um deretwillen werden sie aber nicht angeboten und gehandelt. Der Zweck davon ist der selbe, wie im Kapitalismus überhaupt von allem, was gehandelt wird: Die Erwirtschaftung von Profit. Und wenn mit etwas kein Profit zu machen ist, dann wird es auch nicht angeboten, und wenn es noch so sinnvoll wäre. Dass, was du als die "Zwecke" wahrnimmst, sind reine Nebeneffekte.

Kennst Du die Ziele der "Finanzwende" so gut, dass Du das in der Sache begründen kannst, oder schießt Du gerade aus der Hüfte?
Was Du beschreibst, die die nur die Marktseite für die Situation der momentanen gesetzlichen Randbedingen, aber wie sieht es aus, wenn ich diese Randbedingungen ändere? Die werden unter anderen Bedingungen den Markt nicht schließen, nur weil sie dann weniger verdienen.

Wenn ich aus der Hüfte schieße, dann würde ich nur sagen, dass ich das nicht so ohne Weiteres überblicken kann, wie die Folgen sein werden, wenn das Abgeltungsprinzip bei der Kapitalertragssteuer gestrichen wird, die Zugänge zu den Produkten und die Margen der Produkte stärker reguliert werden usw.

Wie sehen die Pläne der Finanzwende denn aus?
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
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Beitrag(#2312198) Verfasst am: 18.10.2025, 05:05    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Was Du beschreibst, die die nur die Marktseite für die Situation der momentanen gesetzlichen Randbedingen, aber wie sieht es aus, wenn ich diese Randbedingungen ändere? Die werden unter anderen Bedingungen den Markt nicht schließen, nur weil sie dann weniger verdienen.

Okay, dann machen sie halt im Durchschnitt weniger Profit, aber Profit bleibt der Zweck.
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tillich (epigonal)
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Anmeldungsdatum: 12.04.2006
Beiträge: 22391

Beitrag(#2312201) Verfasst am: 18.10.2025, 11:46    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Was Du beschreibst, die die nur die Marktseite für die Situation der momentanen gesetzlichen Randbedingen, aber wie sieht es aus, wenn ich diese Randbedingungen ändere? Die werden unter anderen Bedingungen den Markt nicht schließen, nur weil sie dann weniger verdienen.

Okay, dann machen sie halt im Durchschnitt weniger Profit, aber Profit bleibt der Zweck.

Wie gesagt: Wie beim Lebensmittelhändler.
Würdest du auch lachen, wenn jemand - nicht die Produzenten selbst, sondern eine politische Organisation, die Rahmenbedingungen verändern will - sagt: "Wir wollen für Lebensmittel sorgen, die gut für die Menschen sind?"

Ganz abgesehen davon, dass es immer auch Menschen als Beteiligte des Produktionsprozesses geben kann, die Profit eben nicht als Hauptzweck sehen, sondern nur als notwendigen Aspekt ihrer Tätigkeit innerhalb dieses Systems sehen, und andere Ziele an erste Stelle setzen. (Es gibt zB die GLS, nicht wahr - auch wenn ich deren ideologischen Hintergrund nicht mag.)
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44803

Beitrag(#2312207) Verfasst am: 18.10.2025, 18:05    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Was Du beschreibst, die die nur die Marktseite für die Situation der momentanen gesetzlichen Randbedingen, aber wie sieht es aus, wenn ich diese Randbedingungen ändere? Die werden unter anderen Bedingungen den Markt nicht schließen, nur weil sie dann weniger verdienen.

Okay, dann machen sie halt im Durchschnitt weniger Profit, aber Profit bleibt der Zweck.

Wie gesagt: Wie beim Lebensmittelhändler.

Oder bei jedem anderen Produktions- und Distributionszweig in einer kapitalistischen Wirtschaft. Völlig d'accord, und das hatte ich auch genau so geschrieben. Und wenn sie gesagt hätten "Wir wollen menschenfreundliche Lebensmittelgroßhändler" - dann hätte ich damit gerade mit Blick auf die Herren in den Chefetagen von Müller oder Nestlé genauso gegackert.

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Würdest du auch lachen, wenn jemand - nicht die Produzenten selbst, sondern eine politische Organisation, die Rahmenbedingungen verändern will - sagt: "Wir wollen für Lebensmittel sorgen, die gut für die Menschen sind?"

"Wir wollen Lebensmittelmärkte, die den Menschen dienen" ist eine fundamental unehrliches Framing dafür, dass man den Lebensmittelmärkten mit den Mitteln der Staatsgewalt äußerlich Regeln auferlegen will, um sie nachträglich irgendwie halbwegs mit menschlichen Bedürfnissen unter einen Hut zu zwingen - und das sage ich als jemand, der (jedenfalls solange wir beim Kapitalismus bleiben müssen) selbstverständlich absolut dafür ist, genau das zu tun. Einem Markt Regeln zu setzen und diese im Notfall auch gegen den Willen seiner Anbieter durchzusetzen ist nunmal etwas grundsätzlich anderes als seine intrinsischen Zwecke zu verändern. Und man kann den Kapitalismus auch staatlich kontrollieren wollen, ohne ihn sich vorher schönzusaufen.

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Ganz abgesehen davon, dass es immer auch Menschen als Beteiligte des Produktionsprozesses geben kann, die Profit eben nicht als Hauptzweck sehen, sondern nur als notwendigen Aspekt ihrer Tätigkeit innerhalb dieses Systems sehen, und andere Ziele an erste Stelle setzen. (Es gibt zB die GLS, nicht wahr - auch wenn ich deren ideologischen Hintergrund nicht mag.)

Ja, und es gibt auch Genossenschaftsbanken, die hatten auch eine Zeitlang mal solche Ideen. Früher oder später zeigt sich halt, in welchem Maße ihnen die Verhältnisse bestimmte Zwecke aufzwingen. (Selbst Nonprofits müssen sich irgendwie finanzieren. Spendenfinanzierte Nonprofits sind z. B. darauf angewiesen, dass ihre wichtigsten Spender genug Profit machen, um spenden zu können. Das Profitmotiv verschiebt sich nur, es verschwindet nicht. Nicht dass ich mit Nonprofits groß ein Problem hätte.)
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tillich (epigonal)
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Beiträge: 22391

Beitrag(#2312212) Verfasst am: 18.10.2025, 20:49    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
"Wir wollen Lebensmittelmärkte, die den Menschen dienen" ist eine fundamental unehrliches Framing dafür, dass man den Lebensmittelmärkten mit den Mitteln der Staatsgewalt äußerlich Regeln auferlegen will, um sie nachträglich irgendwie halbwegs mit menschlichen Bedürfnissen unter einen Hut zu zwingen - und das sage ich als jemand, der (jedenfalls solange wir beim Kapitalismus bleiben müssen) selbstverständlich absolut dafür ist, genau das zu tun.

Verstehe ich nicht. Erstens nicht, warum das "ein fundamental unehrliches Framing" ist.

Und zweitens verstehe ich nicht, warum du so betonst, dass das "mit den Mitteln der Staatsgewalt" "äußerlich" und "nachträglich" passieren würde. Das ist doch schlicht und einfach die Funktion des Staates in Bezug auf die Wirtschaft, Regeln für die Wirtschaft festzusetzen (und er tut es immer), und natürlich ist das der Wirtschaft äußerlich, und "nachträglich" wäre es nur insofern, als jede Änderung von bereits bestehenden Regeln "nachträglich" ist. Insofern kommt mir diese Beschreibung recht banal vor.

Das liest sich fast so, als würdest du davon ausgehen, dass es im Kapitalismus erst einen irgendwie naturwüchsig entstandenen Markt gäbe und als ob staatliche Regeln für diesen Markt etwas dem Kapitalismus eigentlich Fremdes und erst nachträglich Dazukommendes wären. Das hätte ich jetzt - natürlich mit anderer Wertung - von irgendwelchen fundamentalistischen wirtschaftsliberalen Ideologen erwartet, aber nicht von dir. Jeder Markt kann doch nur existieren, weil der Staat Regeln dafür geschaffen hat. (Behaupte ich jetzt mal so und bin auf Gegenargumente gespannt.)
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Tarvoc
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Beitrag(#2312214) Verfasst am: 18.10.2025, 21:05    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Das liest sich fast so, als würdest du davon ausgehen, dass es im Kapitalismus erst einen irgendwie naturwüchsig entstandenen Markt gäbe und als ob staatliche Regeln für diesen Markt etwas dem Kapitalismus eigentlich Fremdes und erst nachträglich Dazukommendes wären.

Jaein. Markt und Staat treten im Kapitalismus im Tandem auf (was auch bedeutet: eigentlich ist keiner von beiden "ursprünglicher" als der jeweils andere). Märkte gibt es, weil sich im Kapitalismus die Produzierenden als vereinzelte und voneinander isolierte Privateigentümer der Priduktionsmittel und damit als Privatproduzenten gegenüberstehen, und zwar so, dass sie ihre Interessen gegeneinander geltend machen müssen (das folgt aus ihrer Privatheit und Isoliertheit gegeneinander) - und das nennt sich dann Konkurrenz. Der Staat garantiert sowohl mit seinem Gewaltmonopol den Schutz des Privateigentums, als auch durch sein Währungsmonopol die Marktförmigkeit des Austauschs (inklusive der Konkurrenz der Produzierenden um Marktanteile). Mit diesen beiden Garantien ist das Profitmotiv bereits als bestimmendes Motiv der so gesetzlich garantierten Wirtschaftsweise bestimmt. Demgegenüber sind dann sämtliche weiteren staatlichen Eingriffe tatsächlich bloß sekundär und nachträglich. Wenn du mir sagst, dass die "Finanzwende" diese Funktionen des Staats antasten will, dann nehme ich alles zurück. Mir kommt es aber so vor, als wolle sie einen Kapitalismus, der irgendwie anderen Zwecken dient als den für ihn charakteristischen, aber ohne seine Grundlagen angreifen oder auch nur thematisieren zu müssen.

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Jeder Markt kann doch nur existieren, weil der Staat Regeln dafür geschaffen hat.

Schon richtig, aber wenn es sich um einen kapitalistischen Markt handeln soll (wovon diese Gruppe ja wohl nicht abdrücken will) und nicht um irgendeine ganz andere Form des Wirtschaftens, dann sind das eben nicht einfach irgendwelche Regeln, sondern zumindest im Kern ganz bestimmte. Und wenn man diese Kern-Elemente beibehält, sind damit auch schon bestimmte Zwecke recht grundsätzlich gesetzt. Kurz gesagt, der Staat kann sich nicht für Kapitalismus entscheiden und gleichzeitig gegen die mit ihm gegebenen und für ihn charakteristischen Zwecksetzungen. Entweder, oder. (Wobei noch die Frage ist, inwiefern die Entscheidung für die Wirtschaftsweise selbst überhaupt beim Staat liegt und nicht eher von sämtlichen Teilen der Gesellschaft durch Aushandlung und Kampf geschichtlich getroffen wird. Der Staat scheint mir eigentlich eher sowas wie die allgemeine Form zu sein, die die jeweils gefallene "Entscheidung" bzw. das jeweilige geschichtliche Ergebnis selbst in modernen Gesellschaften normalerweise annimmt.)
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tillich (epigonal)
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Beitrag(#2312216) Verfasst am: 18.10.2025, 23:19    Titel: Antworten mit Zitat

Ich bin noch nicht davon überzeugt, dass ...

... Staat und Markt tatsächlich ein "Tandem" sind, d.h. ein zwingend zusammen arbeitendes, gleich gerichtetes Paar, und nicht zwei von vielen verschiedenen Teilbereichen unserer Gesellschaftsordnung, die teils aufeinander bezogen, teils aber auch gegeneinander funktionieren;
... damit zusammenhängend Schutz des Privateiegentums und Währungsmonopol der Kern der staatlichen Regulierungsfunktionen seien und alle anderen Eingriffe nur sekundär.

Mir scheint das eine sehr mechanistische Setzung zu sein und weniger eine empirische Beschreibung.

Ist aber zugegebenermaßen nur sehr ins Unreine gedacht und entspricht meinem psychologischen Bedürfnis, sehr sicher vorgetragene Positionen zu hinterfragen.
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Tarvoc
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Beitrag(#2312217) Verfasst am: 19.10.2025, 00:08    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Ich bin noch nicht davon überzeugt, dass ...

... Staat und Markt tatsächlich ein "Tandem" sind, d.h. ein zwingend zusammen arbeitendes, gleich gerichtetes Paar

Da überdehnst du die (vielleicht unglücklich gewählte) Metapher. Ich sagte, sie treten im Tandem auf. Der Punkt war, dass nicht der Staat durch Rechtssetzungen willkürlich Märkte erzeugt, die dann jedwedem beliebigen vom Staat vorgegebenen Zweck folgen, sondern im Kapitalismus von Anfang an immer beide auftreten und keiner von beiden ursprünglicher ist als der andere. Also es stimmt natürlich, dass ein kapitalistischer Markt für sein fortgesetztes Bestehen staatlicher Regeln bedarf - aber eben ganz bestimmten und nicht einfach irgendwelchen, die dem Staat gerade einfallen. Dass Staat und Markt nicht im Sinne, den du aus meiner Metapher herausliest, gleichgerichtet sein können, ergibt sich schon daraus, dass in diesem Sinne noch nicht mal der Markt mit sich selbst gleichgerichtet ist. "Der Markt" ist ja kein mehr oder weniger durckonstruierter Apparat aus festen Institutionen wie der Staat, sondern ein wilder Haufen isolierter privater Produzenten, die alle in Konkurrenzbeziehungen zueinander stehen.

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
... damit zusammenhängend Schutz des Privateiegentums und Währungsmonopol der Kern der staatlichen Regulierungsfunktionen seien und alle anderen Eingriffe nur sekundär.

Sie sind im Kontext dieser Diskussion insofern primär, als sie diejenigen staatlichen Rahmenbedingungen sind, die für das fortgesetzte Bestehen kapitalistischer Märkte notwendig mindestens gegeben sein müssen. Darum ging es ja. Du hattest gesagt, der Staat muss Rahmenbedingungen setzen, damit es überhaupt einen kapitalistischen Markt gibt. Ich sage: Ja, völlig einverstanden, und zwar mindestens genau diese beiden. Es geht hier nicht darum, dass Staaten ganz grundsätzlich nichts anderes tun könnten, sondern dass, wenn ein Staat aufhört, diese beiden Dinge zu gewährleisten, die Wirtschaft aufhört (bzw. bereits aufgehört hat) als kapitalistischer Markt zu funktionieren.
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fwo
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Beitrag(#2312222) Verfasst am: 19.10.2025, 11:52    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
....
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Jeder Markt kann doch nur existieren, weil der Staat Regeln dafür geschaffen hat.

Schon richtig, aber wenn es sich um einen kapitalistischen Markt handeln soll (wovon diese Gruppe ja wohl nicht abdrücken will) und nicht um irgendeine ganz andere Form des Wirtschaftens, dann sind das eben nicht einfach irgendwelche Regeln, sondern zumindest im Kern ganz bestimmte. Und wenn man diese Kern-Elemente beibehält, sind damit auch schon bestimmte Zwecke recht grundsätzlich gesetzt. Kurz gesagt, der Staat kann sich nicht für Kapitalismus entscheiden und gleichzeitig gegen die mit ihm gegebenen und für ihn charakteristischen Zwecksetzungen. Entweder, oder. ....

Wer sagt das?
Ein Staat, der sich für Kapitalismus entscheidet, entscheidet sich natürlich für Kapitalisten, die ihre eigenen Zielsetzungen haben, auf die der Staat keinen Einfluss hat.
Aber genauso natürlich kann der Staat Randbedingungen schaffen, die die Zielsetzungen seiner Kapitalisten begrenzen und so den Markt verändern. Dazu gehört z.B. das Kapitellrecht oder allgemeiner, das Wettbewerbsrecht.
Auch die "soziale Marktwirtschaft" ist eine Form des Kapitalismus, wobei ich die im Moment bei uns noch nicht für sehr gelungen halte, um es vorsichtig auszudrücken.

Wir haben im Moment das Problem, dass es "Multis" sehr einfach gelingt, die Staaten gegeneinander auszuspielen und sich so ihrer Fesseln nicht nur bezüglich der Steuern zu entledigen.

Ein Teilproblem sehe ich darin, dass unsere Parteien inzwischen selbst Wirtschaftsstrukturen ohne eigenes Einkommen und damit spendenabhängig sind. Die dadurch entstehende Großspenderfreundlicheit äußert sich z.B. in der Regelung der Kapitalertragssteuer, die von der Sache her in jeder Haushaltsdiskussion auf den Tisch müsste. Z.B. die Grünen haben das auch im Programm, aber es kommt in den Diskussionen nicht vor.
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Tarvoc
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Beitrag(#2312226) Verfasst am: 19.10.2025, 13:30    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Aber genauso natürlich kann der Staat Randbedingungen schaffen, die die Zielsetzungen seiner Kapitalisten begrenzen und so den Markt verändern. Dazu gehört z.B. das Kapitellrecht oder allgemeiner, das Wettbewerbsrecht.

Äh nein. Was er begrenzen kann, sind natürlich nur die legalen Mittel und nicht die Zwecke. Wie sollte er denn letzteres bitte anfangen? Per magischer Gedankenkontrolle oder wie? Am Kopf kratzen

fwo hat folgendes geschrieben:
Auch die "soziale Marktwirtschaft" ist eine Form des Kapitalismus, wobei ich die im Moment bei uns noch nicht für sehr gelungen halte, um es vorsichtig auszudrücken.

Ja, und auch in einer "sozialen Marktwirtschaft" garantiert der Staat Privateigentum und Währung als Grundelemente kapitalistischer Märkte. Und auch in einer "sozialen Marktwirtschaft" folgt daraus, dass das Wirtschaftsgeschehen auf Konkurrenz basiert und damit den Akteuren das Profitmotiv als wirtschaftlichen Zweck vorgibt. Nur kommt dann der Staat und versucht, das durch zusätzliche Regularien irgendwie unter Kontrolle zu halten, damit menschliche und gesellschaftliche Bedürfnisse dabei nicht völlig untergehen. Dass Letzteres für dich in der Gegenwart wie bloß notdürftiges Makeshift aussieht, dürfte nicht zuletzt auch daran liegen, dass das einfach immer nur mehr oder weniger gut funktionierendes Makeshift ist.
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tillich (epigonal)
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Beitrag(#2312234) Verfasst am: 19.10.2025, 17:13    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Und auch in einer "sozialen Marktwirtschaft" folgt daraus, dass das Wirtschaftsgeschehen auf Konkurrenz basiert und damit den Akteuren das Profitmotiv als wirtschaftlichen Zweck vorgibt.

Wie macht das Wirtschaftsgeschehen das, per magischer Gedankenkontrolle oder wie? zwinkern

Ich glaube, du musst dich in der Argumentation entscheiden:

Entweder können die vorgegebenen Rahmenbedingungen tatsächlich Zwecke vorgeben. So wie du von den Rahmenbedingungen "Eigentumsgarantie" und "Währungsgarantie" sagst, dass sie den Wettbewerb im kapitalistischen Markt konstituieren und Profit als Zweck vorgeben. (Die Priorität dieser Regeln sehe ich übrigens immer noch nicht: Freilich wäre das Wirtschaftsgeschehen ohne diese beiden Punkte vielleicht keine kapitlistischer Markt, sondern etwas anderes, aber das wäre dann nur eine begriffliche Priorität bei der Beschreibung des kapitalistischen Marktes und keine Priorität in der Wirklichkeit.)
Dann könnte man von anderen, zusätzlichen Regeln aber auch sagen, dass sie die Zielsetzungen der Akteure vom reinen Profit weg verändern können.

Oder aber die Rahmenbedingungen geben keine Ziele vor (und dein Spott über Zielsetzungen per Gedankenkontrolle wäre einleuchtend), dann gilt das aber auch für die für den "kapitalistischen Markt" konstituierenden Rahmenbedingungen, die bestimmte Handlungsmöglichkeiten ausschließen (was weitere Regeln auch tun würden), aber den Akteuren keine Zwecke ins Gehirn pflanzen können.
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Beitrag(#2312235) Verfasst am: 19.10.2025, 17:23    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Und auch in einer "sozialen Marktwirtschaft" folgt daraus, dass das Wirtschaftsgeschehen auf Konkurrenz basiert und damit den Akteuren das Profitmotiv als wirtschaftlichen Zweck vorgibt.

Wie macht das Wirtschaftsgeschehen das, per magischer Gedankenkontrolle oder wie? zwinkern

"Das Wirtschaftsgeschehen" ist überhaupt kein Akteur wie der Staat, sondern ein Verhältnis bzw. ein Ensemble von Verhältnissen. Dass sich die Zwecke und Absichten unseres Handelns nicht im Vakuum herausbilden, sondern im Umgang mit der uns umgebenden Realität, sollte wohl hoffentlich unkontrovers sein. So zwingt dir zum Beispiel die Realität der menschlichen Biologie auf, dass du am Tag eine bestimmte Menge Flüssigkeit zu dir nehmen musst, um zu überleben. Das wird durchaus zu einem Zweck deines Handelns, auch wenn du diesen wieder als instrumentell und nicht als essenziell sehen magst - und zwar ganz ohne Gedankenkontrolle. Oder ein anderes Beispiel: Wie dir das alltägliche Leben in dieser Gesellschaft Gelderwerb als mindestens instrumentellen Zweck aufherrscht, kannst du gerne selbst feststellen, indem du einfach mal für eine Zeitlang sämtliches Handeln unterlässt, das Gelderwerb bezweckt, und dann siehst, wie gut du damit klar kommst. Und ebenso ist das auch mit dem Profitmotiv. Das ergibt sich direkt aus Verhältnissen der Konkurrenz der Privatproduzenten.

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Entweder können die vorgegebenen Rahmenbedingungen tatsächlich Zwecke vorgeben.

Rahmenbedingungen können Zwecke vorgeben, aber der Staat kann kapitalistischen Märkten nur bis zu einem bestimmten Grad Rahmenbedingungen vorgeben, u. A. weil diese nun mal bestimmte Rahmenbedingungen zwingend brauchen, um überhaupt als solche funktionieren zu können.

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Die Priorität dieser Regeln sehe ich übrigens immer noch nicht: Freilich wäre das Wirtschaftsgeschehen ohne diese beiden Punkte vielleicht keine kapitlistischer Markt, sondern etwas anderes, aber das wäre dann nur eine begriffliche Priorität bei der Beschreibung des kapitalistischen Marktes und keine Priorität in der Wirklichkeit.

Sie ist für die Gruppe "Finanzwende" insofern auch in der Wirklichkeit eine Priorität, als diese - wenn ich mich nicht sehr irre - bei kapitalistischen Märkten bleiben will. Wenn du das nicht willst, um so besser. Das habe ich jetzt aber auch schon mehrfach gesagt.

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Dann könnte man von anderen, zusätzlichen Regeln aber auch sagen, dass sie die Zielsetzungen der Akteure vom reinen Profit weg verändern können.

Erstmal ist eine Regel noch keine Rahmenbedingung, sondern allerhöchstens die normative Forderung nach einer, die dann auch erstmal lückenlos durchgesetzt werden müsste (und dass Konzerne aller Art hier immer wieder aktiv und aggressiv nach Schlupfwinkeln suchen, zeigt eben schon, dass es gar nicht so leicht ist, die Zwecke zu ändern, wie du dir das anscheinend vorstellst). Zweitens ist eine Rahmenbedingung, die einem Markt einmal auferlegt worden ist, als solche immer noch nicht zwingend notwendig für sein Funktionieren - sie kann ihm also äußerlich bleiben, und dann wird sie sich auch auf seine Zwecke nicht entscheidend auswirken. Das ist bei den von mir genannten Voraussetzungen anders. Die sind conditio sine qua non des Existierens und Funktionierens jedes kapitalistischen Marktes überhaupt, und genau deshalb können sie diesen auch Zwecke vorgeben und nicht nur ihre legalen Mittel begrenzen.

Davon abgesehen kann ich mich aber durchaus auf deine Argumentation einlassen, wenn du mir genau erklärst, wie du dir diese Veränderung der Zielsetzung weg vom reinen Profit vorstellst. Den Mechanismus, mit dem die Grundlagen des Marktes den Marktteilnehmern das Profitmotiv aufzwingen, habe ich ja genannt: Die Konkurrenz der Privatproduzenten. Wenn du meinst, dass etwas Vergleichbares das auch wieder ändern kann, ohne dass das Ganze deshalb aufhört, ein kapitalistischer Markt zu sein, dann hättest du zu benennen, was für einen Prozess oder Mechanismus du dir da genau vorstellst und was seine materiellen und gesellschaftlichen Grundlagen sind. Dazu konkrete Angaben zu machen ist für deine Position übrigens nicht nur wichtig, um mich zu überzeugen, sondern auch deshalb, weil sich daran festmacht, welche Regeln und Rahmenbedingungen du hier überhaupt ganz konkret schaffen müsstest, um das zu erreichen, was du damit willst - und auch, was dafür nötig wäre, zu garantieren, dass diese zu notwendigen (und eben nicht bloß äußerlichen) Bedingungen des Wirtschaftsgeschehens und damit zu seinen Zwecken werden.
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