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Lütz' Gott - Ein Demontagebericht (Update: 21.07.)
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tiny
Feminella breva



Anmeldungsdatum: 29.12.2008
Beiträge: 170
Wohnort: Nürnberg

Beitrag(#1314223) Verfasst am: 25.06.2009, 22:07    Titel: Re: Lütz' Gott - Ein Demontagebericht Antworten mit Zitat

jagy hat folgendes geschrieben:
Wenn man schon mit den Ergebnissen der historisch-kritischen Forschung arbeitet, sollte man aber auch nicht verschweigen, dass auch die die Stelle, wo Jesus sagt, dass das AT voll und ganz weitergilt, mit ziemlicher Sicherheit ein späterer judenchristlicher Einschub ist.
Ok, das war mir nicht bekannt. Danke für den Hinweis.
Gibts vielleicht ne Wiki, in der ich sowas nachgucken kann? Ich kenn skepticsannotatedbible.com, aber die haben mit der Redaktionskritik leider nicht viel am Hut.


Zynix hat folgendes geschrieben:
Ich empfehle dir aber, in Sachen "Glaube" mit deinem Großvater Frieden zu schließen, auf Basis gegenseitiger Toleranz unter Beibehaltung von gegenseitigem Respekt.
Das einzige, was ich hier erreichen will, ist, dass er aufhört, mich bekehren zu wollen. Ich hatte eigentlich nur ein bisschen gucken wollen, was er so glaubt, weil ich mir dachte, vielleicht verstehe ich ja dann, wie ein intelligenter, ansonsten psychisch unauffälliger Mensch allen Ernstes an magische Männer im Himmel glauben kann. Er meint jetzt aber, meine Fragen wären Ausdruck des Umstandes, dass ich armes Lämmchen in der tragischen Verleugnungsphase feststecke und verzweifelt jemanden suche, der mir hilft, endlich zu Gott zu finden.
Wie krieg ich ihn von dem schmalen Brett wieder runter? Indem ich ihm demonstriere, dass ich alles, was Lütz sagt, schonmal gehört, durchdacht und abgehakt habe und Lütz außerdem nicht das ist, wofür er sich ausgibt? Möglicherweise. Den Versuch ist es jedenfalls wert. Es geht gegen mein Ehrgefühl, dass mir jemand so einen Quark unterstellt und mich mitleidig von oben herab behandelt.


jagy hat folgendes geschrieben:
Aber kommt das nicht im Prinzip aufs gleiche raus, ob das in der 1. Auflage hinzugedichtet wurde, oder erst in der 3.? Ich meine, der "Einschieber" in der 3. kann ja genausogut sagen, dass ist aber ein echtes Jesuswort, und weil es in den ersten beiden Auflagen gerade gefehlt hat, schiebe ich es jetzt der Vollständigkeit halber noch ein.
Das NT ist doch eh ein willkürlicher Auszug aus einem großen Haufen verschiedenster Jesus-Mythen des Mittelmeerraums, denen man allen anmerkt, dass sie aus fünfter bis zehnter Hand stammen und für eine bestimmte Klientel, bzw. vor einem bestimmten kulturellen Hintergrund verfasst wurden. Dass überhaupt irgendwer auch nur ein einziges Wort aus dieser Anthologie für 'authentisch Jesus' halten könnte, will mir nicht wirklich in den Kopf.


EDIT:
ballancer hat folgendes geschrieben:
Die beschreibende Darstellung ist keineswegs eine übliche Unterscheidung. Denn Deismus und Theismus ist gewöhnlich anders definiert. Bitte mal nachschlagen. :roll:
Hab ich. Geh und editier den Wikipedia-Artikel und schreib außerdem Matt Dillahunty, der hats nämlich auch mehr oder weniger so definiert.

EDIT2: Achso, nur falls einfach ein Missverständnis zugrundeliegt:
Deismus: Es gibt Götter, die das Universum geschaffen haben, aber was die jetzt treiben, ist unbekannt und irrelevant.
Theismus: Es gibt Götter, und was die tun und wollen, steht in dieser offenbarten Schrift.
_________________
"Ich schreibe, was ich sehe: Die endlose Prozession zur Guillotine." ~ de Sade
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jagy
Herb Derpington III.



Anmeldungsdatum: 26.11.2006
Beiträge: 7275

Beitrag(#1314280) Verfasst am: 25.06.2009, 22:22    Titel: Re: Lütz' Gott - Ein Demontagebericht Antworten mit Zitat

tiny hat folgendes geschrieben:
jagy hat folgendes geschrieben:
Wenn man schon mit den Ergebnissen der historisch-kritischen Forschung arbeitet, sollte man aber auch nicht verschweigen, dass auch die die Stelle, wo Jesus sagt, dass das AT voll und ganz weitergilt, mit ziemlicher Sicherheit ein späterer judenchristlicher Einschub ist.
Ok, das war mir nicht bekannt. Danke für den Hinweis.
Gibts vielleicht ne Wiki, in der ich sowas nachgucken kann? Ich kenn skepticsannotatedbible.com, aber die haben mit der Redaktionskritik leider nicht viel am Hut.


Weiß leider selbst nicht mehr, wo ich das gelesen hab. Kann sein, dass es in "Das Elend des Christentums" von Joachim Kahl erwähnt wurde. Kann aber auch sein, dass ich es schon vor längerm mal bei Deschner gelesen habe (ich glaube aber ersteres).
_________________
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Dr. Benchmark
Radikal-Liberalist



Anmeldungsdatum: 09.08.2006
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Beitrag(#1314755) Verfasst am: 26.06.2009, 08:16    Titel: Re: Lütz' Gott - Ein Demontagebericht Antworten mit Zitat

ballancer hat folgendes geschrieben:
tiny hat folgendes geschrieben:
Zuguterletzt verschweigt Lütz den Umstand, dass er als Christ den Göttern sämtlicher anderer Religionen den Glauben verweigert. Ich als Atheistin gehe also nur einen Gott weiter als er.


Schwaches Argument, denn Theisten sind sich nur über die Identität Gottes uneins, nicht über die Existenz eines oder mehrerer solcher.


Es ist eines der stärksten Argumente überhaupt, stellt es Euren Gott doch zu Recht in die Reihe aller behaupteten Götter.
Es gibt einfach keinen Grund, anzunehmen, daß Euer Gott mehr oder weniger Existenz als das FSM besitzt.
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hat's überstanden.



Anmeldungsdatum: 20.05.2008
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Beitrag(#1314789) Verfasst am: 26.06.2009, 09:10    Titel: Re: Lütz' Gott - Ein Demontagebericht Antworten mit Zitat

ballancer hat folgendes geschrieben:
... Lutz-Zitat ...

Also i find des suppa! Mr. Green
scnr
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"22 Männer in lächerlicher Kriegsausrüstung, die sich gegenseitig niederschlagen, nur um an eine luftgefüllte Blase aus Schweinsleder zu kommen! Einige der menschlichen Bräuche verwirren mich, aber Football ist mir ein absolutes Rätsel!"

- K.I.T.T.
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Anmeldungsdatum: 20.05.2008
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Beitrag(#1314807) Verfasst am: 26.06.2009, 09:33    Titel: Re: Lütz' Gott - Ein Demontagebericht Antworten mit Zitat

tiny hat folgendes geschrieben:
[...]
Zynix hat folgendes geschrieben:
Ich empfehle dir aber, in Sachen "Glaube" mit deinem Großvater Frieden zu schließen, auf Basis gegenseitiger Toleranz unter Beibehaltung von gegenseitigem Respekt.
Das einzige, was ich hier erreichen will, ist, dass er aufhört, mich bekehren zu wollen. Ich hatte eigentlich nur ein bisschen gucken wollen, was er so glaubt, weil ich mir dachte, vielleicht verstehe ich ja dann, wie ein intelligenter, ansonsten psychisch unauffälliger Mensch allen Ernstes an magische Männer im Himmel glauben kann. Er meint jetzt aber, meine Fragen wären Ausdruck des Umstandes, dass ich armes Lämmchen in der tragischen Verleugnungsphase feststecke und verzweifelt jemanden suche, der mir hilft, endlich zu Gott zu finden.
Wie krieg ich ihn von dem schmalen Brett wieder runter? Indem ich ihm demonstriere, dass ich alles, was Lütz sagt, schonmal gehört, durchdacht und abgehakt habe und Lütz außerdem nicht das ist, wofür er sich ausgibt? Möglicherweise. Den Versuch ist es jedenfalls wert. Es geht gegen mein Ehrgefühl, dass mir jemand so einen Quark unterstellt und mich mitleidig von oben herab behandelt.
[...]

Ich kann diesen Standpunkt sehr gut nachvollziehen.
Als ich vor ca. 20 Jahren zu der Ansicht kam, daß es ganz unmöglich einen Gott geben kann, und das in meinem jugendlichen Leichtsinn allen stolz verkündete, meinte mein Großvater:"Das hat dir mal wer gesagt, und das glaubst du jetzt halt." - nach dem Motto: Irgendwann wird er aus seiner pubertären Trotzphase ja heraus sein und wieder zum rechten Weg zurückfinden.
Die Ironie daran ist, daß es genau umgekehrt ist - er ist derjenige, der glaubt, was andere ihm vorsagen, ich bin aufgrund meiner eigenen Schlüsse zu dieser Erkenntnis gelangt.
Überhaupt ist man als Ungläubiger oft mit dem Vorwurf der Oberflächlichkeit konfrontiert, der unzutreffender wohl nicht sein kann (wenn man bedenkt, von wem dieser Vorwurf in solchen Diskussionen meistens kommt).
Ich kann Dich zu diesem Unterfangen, Deine Kritik auf ein stabiles Fundament zu stellen und Deinen Großvater damit Lügen zu strafen, nur beglückwünschen.

Allerdings würde es mich nicht wunder nehmen, wenn dieser Versuch auf taube Ohren stieße und die Unterstellung davon völlig unbeschadet bliebe.

Ich wäre sehr daran interessiert zu erfahren, wie Dein Großvater auf Dein Werk reagiert hat.
_________________
"22 Männer in lächerlicher Kriegsausrüstung, die sich gegenseitig niederschlagen, nur um an eine luftgefüllte Blase aus Schweinsleder zu kommen! Einige der menschlichen Bräuche verwirren mich, aber Football ist mir ein absolutes Rätsel!"

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ballancer
... leidet an dianoia ...



Anmeldungsdatum: 27.05.2007
Beiträge: 4767

Beitrag(#1314879) Verfasst am: 26.06.2009, 11:34    Titel: Re: Lütz' Gott - Ein Demontagebericht Antworten mit Zitat

tiny hat folgendes geschrieben:

jagy hat folgendes geschrieben:
Aber kommt das nicht im Prinzip aufs gleiche raus, ob das in der 1. Auflage hinzugedichtet wurde, oder erst in der 3.? Ich meine, der "Einschieber" in der 3. kann ja genausogut sagen, dass ist aber ein echtes Jesuswort, und weil es in den ersten beiden Auflagen gerade gefehlt hat, schiebe ich es jetzt der Vollständigkeit halber noch ein.
Das NT ist doch eh ein willkürlicher Auszug aus einem großen Haufen verschiedenster Jesus-Mythen des Mittelmeerraums, denen man allen anmerkt, dass sie aus fünfter bis zehnter Hand stammen und für eine bestimmte Klientel, bzw. vor einem bestimmten kulturellen Hintergrund verfasst wurden. Dass überhaupt irgendwer auch nur ein einziges Wort aus dieser Anthologie für 'authentisch Jesus' halten könnte, will mir nicht wirklich in den Kopf.


Kriterien für die Auswahl des Kanons waren nicht nur inhaltliche Merkmale, sondern auch eine kurze Kette der Autorenschaft.

Die Moderne Forschung geht sehr wohl von einer hohen Textqualität aus, die Manuskripte sind weit besser und zeitnäher verfügbar als alle anderen antiken Texte.

Deine Ansicht ist also nicht von der Wissenschaftlichen Forschung gedeckt. Aber wen interessiert schon die Wissenschaft, wenn man doch seinen Glauben hat? zynisches Grinsen

tiny hat folgendes geschrieben:

EDIT:
ballancer hat folgendes geschrieben:
Die beschreibende Darstellung ist keineswegs eine übliche Unterscheidung. Denn Deismus und Theismus ist gewöhnlich anders definiert. Bitte mal nachschlagen. Mit den Augen rollen
Hab ich. Geh und editier den Wikipedia-Artikel und schreib außerdem Matt Dillahunty, der hats nämlich auch mehr oder weniger so definiert.


Warum sollte ich ihm schreiben? Er hatte selber Wikipedia und andere Nachschlagewerke zur Verfügung. Ich sehe mich nicht in der Aufgabe, allen Leuten, die irgend einen Unsinn schreiben, auf die allgemeinen Wortbedeutungen zu verweisen. Und einen besonderen autoritativen Charakter kann ich bei ihm nicht erkennen.

Und was schreibt nun Wikipedia, auf das du verweist?
Zitat:

Als Deismus [de:'ismus] (Gottgläubigkeit, nach lat. deus „Gott“) bezeichnet man im Allgemeinen den Glauben an Gott aus Gründen der Vernunft. Allen Deisten gemeinsam ist die Kritik an geoffenbarten Heiligen Schriften.

Die Anhänger des Deismus gehen zwar von der Schöpfung des Universums durch Gott aus, nehmen aber an, dass Gott im Folgenden keinen Einfluss mehr auf die Geschehnisse im Universum nimmt.
...
Im engeren Sinne handelt es sich beim Deismus um eine freidenkerische Glaubensströmung, die sich in England am Ende des 17. Jahrhunderts entwickelte und nur die „natürlichen“ Gesetze der Vernunft, nicht aber die religiöse Offenbarung gelten ließ.



Somit ist deine Charaktierisierung des Deismus in Abgrenzung zum Theismus absolut nicht signifikant und darum wertlos. Denn wenn eine Offenbarung abgelehnt wird, dann ist dieses Merkmal so signifikant, dass sonst keine Unterscheidung sinnvoll ist.

Warum sollte ich den Wikipedia-Artikel umschreiben? Es würde genügen wenn du liest was da steht.

tiny hat folgendes geschrieben:

EDIT2: Achso, nur falls einfach ein Missverständnis zugrundeliegt:
Deismus: Es gibt Götter, die das Universum geschaffen haben, aber was die jetzt treiben, ist unbekannt und irrelevant.
Theismus: Es gibt Götter, und was die tun und wollen, steht in dieser offenbarten Schrift.


Und zum Theismus:
Zitat:

„Theismus“ (gr. θεός theós „Gott“) bezeichnet im engeren Sinn den Glauben, dass es (genau) einen persönlichen, transzendenten, über alles herrschenden Schöpfergott gibt. Im weiteren Sinn ist damit der allgemeine Glaube gemeint, dass es mindestens einen Gott gibt. Der Theismus im weiteren Sinn schließt den Deismus und den Polytheismus ein.[1]

Der Theismus begreift Gott als Schöpfer der Welt, der sie auch erhält und lenkt. Gott ist in theistischen Religionen ganz überwiegend transzendent, teilweise hat er auch immanente Elemente/Erscheinungsformen.


Es ist schon eigenwillig, bei Lütz fehlende Definitionen und Abgrenzungen zu beklagen und dann zu zeigen, dass du es höchstens verschlimmbesserst, indem du eigentlich unpräzise und missverständliche Erklärungen abgibst, die mehr verwirren als aufzuklären. Und das, nachdem du beansprucht hast, selber besser informiert zu sein als viele Gläubige. Mit den Augen rollen
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1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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Ieldra
Außerirdischer Techno-Magier



Anmeldungsdatum: 12.12.2007
Beiträge: 156

Beitrag(#1314960) Verfasst am: 26.06.2009, 12:47    Titel: Re: Lütz' Gott - Ein Demontagebericht Antworten mit Zitat

tiny hat folgendes geschrieben:
Zur Illustration gebe ich dir mal eine auf religiöse Moral bezogene Version des noch immer gültige Ebenenkonzeptes der Moralentwicklung - als erstes beschrieben von Lawrence Kohlberg - an dem kein Student der Psychologie - also auch nicht Lütz - vorbeikommt:

Nur mal nebenbei: dieses Konzept ist nicht unumstritten und kommt mit den Erkenntnissen von evolutionärer Psychologie und Neurowissenschaften zunehmen aus der Mode. Wie Religion und Moral interagieren, wird beispielsweise durch die Theorien von Jonathan Haidt sehr viel besser erklärt. Den Apologeten der Religion hilft sie allerdings auch nicht weiter: die moralischen Aspekte einer Religion sind hier kulturelle und inhaltlich verschiedene Ausprägungen einer Grundstruktur, die im Menschen von vornherein angelegt ist, weil er als soziales Wesen einer Moral, die den Ausgleich zwischen den Interessen der Gruppe und denen des Inviduums regelt, zum Überleben bedarf.
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Faith is the truth of passion. Since no passion is more true than another, faith is the truth of nothing – aus “The Darkness that comes before”, von R. Scott Bakker
When we remember we are all mad, the mysteries disappear and life stands explained. - Mark Twain
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HiobHolbach
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Anmeldungsdatum: 28.07.2007
Beiträge: 1714

Beitrag(#1314969) Verfasst am: 26.06.2009, 12:57    Titel: Antworten mit Zitat

Ballancer schrieb:

„Kriterien für die Auswahl des Kanons waren nicht nur inhaltliche Merkmale, sondern auch eine kurze Kette der Autorenschaft.“

Beim Vergleichen der vier amtlich zugelassenen Evangelien wird man aber an das Spiel „Stille Post“ erinnert. Unterschiedliche Wunder Jesu, unterschiedliche Grabessituationen, drei verschiedene letzte Worte Jesu am Kreuz, Wichtiges, was der eine Evangelist behauptet, der nächste aber nicht und so weiter. Das wirkt auf mich nicht gerade überzeugend. Da hätte sich der Heilige Geist – wie auch sonst beim Inspirieren – etwas mehr Mühe geben können.
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Bibel- und Kirchenkritik: www.reimbibel.de
Kritik an § 217 StGB (Verbot der professionellen Suizidhilfe): www.reimbibel.de/217.htm
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Zynix
registrierter User



Anmeldungsdatum: 15.10.2008
Beiträge: 462

Beitrag(#1315173) Verfasst am: 26.06.2009, 17:14    Titel: Antworten mit Zitat

Das eigentliche Problem an der Sache ist, dass auch die besten, fundiertesten Argumente gegen den Glauben an Gott auf einen treuen Christen, besonders einen Katholiken, absolut keine Wirkung haben. In den Jahrhunderten, wo die Kirche dank Ausbeutung der arbeitenden Menschen genug Zeit und Geld für eine intensive Beschäftigung mit Glaubensauslegungen hatte, haben sie Glaubensregeln aufgestellt, aus denen es kaum ein Entkommen gibt, wenn man erst eingefangen wurde.

1.) Die Glaubenswahrheiten der Kirche sind ohne jeden Zweifel die absolute Wahrheit, weil sie von Gott selbst kommen.
Daraus folgt:
Alles(!), was nicht mit diesen Glaubenswahrheiten übereinstimmt, muss falsch sein. Scheinbar(!) einleuchtende Argumente, die die Glaubenswahrheiten der Kirche in Frage stellen, zeigen auf, dass der Satan auch heute noch zwischen uns weilt und wirkt. Satan will uns zum Zweifeln an den ewigen Wahrheiten bewegen. Daher sind atheistische Argumente zweifellos satanische Angriffe. Inhaltlich kommen die Argumente gar nicht mehr im christlichen Bewusstsein an.

2.) Die Kirche hat immer ein besonderes Augenmerk auf die Familie gehabt, die Keimzelle des Glaubens.
Innerhalb der Familien sind die Erwachsenen dafür verantwortlich, dass die Kinder zum Glauben hingeführt werden, im Glauben erzogen werden. Dafür haben sie Vorbild zu sein, aber auch einzugreifen, wenn die Kinder auf Abwege geraten. Diese Verantwortlichkeit hat natürlich auch Auswirkungen auf die ewige Seeligkeit der Erwachsenen selbst - versagen sie bei dieser Aufgabe haben sie auch vor Gott versagt. Daher müssen Erwachsene ohne Unterlass den Nachwuchs zu bekehren versuchen, wenn sie von "Missständen" wissen.

3.) Argumente, die das Leben im Diesseits betreffen, sind unwirksam, weil das Diesseits nur Prüfstation für die Ewigkeit im Jenseits ist. Was sind schon knapp 100 Jahre im Vergleich zu tausenden von Milliarden Jahren und mehr. Daher ist Leid im Diesseits nicht von entscheidender Bedeutung. Wenn Gott das Leben im Diesseits so und nicht anders geschaffen hat, dann ist das auch richtig so - die Wege des Herrn sind unergründlich. Es ist eine grenzenlose Anmaßung, wenn wir Gottes Handlungen in Frage stellen oder gar kritisieren. Wir können lediglich versuchen, mehr und mehr von seiner Weisheit zu verstehen.

Für Familienangehörige ist der Umstand besonders schlimm, dass missglückte Bekehrungsversuche tiefe Verzweifelung hinterlassen. Schließlich befindet sich der Bekehrer im Glauben, dass das geliebte Kind/Enkel, ewigen Höllenqualen ausgesetzt sein wird. Das setzt natürlich auch das Kind/Enkel seelisch unter Druck.

Rationale Argumente sind in diesem Zusammenhang nicht mal die Luft wert, die man dafür eingeatmet hat. Mit den Augen rollen
_________________
1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
1.Zynix 1,1 "Habe die Bibel geprüft und nichts Gutes zum Behalten gefunden."

LG
Zynix
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hat's überstanden.



Anmeldungsdatum: 20.05.2008
Beiträge: 601
Wohnort: Fußballfreie Zone

Beitrag(#1315467) Verfasst am: 26.06.2009, 21:15    Titel: Antworten mit Zitat

Zynix hat folgendes geschrieben:
Das eigentliche Problem an der Sache ist, dass auch die besten, fundiertesten Argumente gegen den Glauben an Gott auf einen treuen Christen, besonders einen Katholiken, absolut keine Wirkung haben. In den Jahrhunderten, wo die Kirche dank Ausbeutung der arbeitenden Menschen genug Zeit und Geld für eine intensive Beschäftigung mit Glaubensauslegungen hatte, haben sie Glaubensregeln aufgestellt, aus denen es kaum ein Entkommen gibt, wenn man erst eingefangen wurde.

1.) Die Glaubenswahrheiten der Kirche sind ohne jeden Zweifel die absolute Wahrheit, weil sie von Gott selbst kommen.
Daraus folgt:
Alles(!), was nicht mit diesen Glaubenswahrheiten übereinstimmt, muss falsch sein. Scheinbar(!) einleuchtende Argumente, die die Glaubenswahrheiten der Kirche in Frage stellen, zeigen auf, dass der Satan auch heute noch zwischen uns weilt und wirkt. Satan will uns zum Zweifeln an den ewigen Wahrheiten bewegen. Daher sind atheistische Argumente zweifellos satanische Angriffe. Inhaltlich kommen die Argumente gar nicht mehr im christlichen Bewusstsein an.

2.) Die Kirche hat immer ein besonderes Augenmerk auf die Familie gehabt, die Keimzelle des Glaubens.
Innerhalb der Familien sind die Erwachsenen dafür verantwortlich, dass die Kinder zum Glauben hingeführt werden, im Glauben erzogen werden. Dafür haben sie Vorbild zu sein, aber auch einzugreifen, wenn die Kinder auf Abwege geraten. Diese Verantwortlichkeit hat natürlich auch Auswirkungen auf die ewige Seeligkeit der Erwachsenen selbst - versagen sie bei dieser Aufgabe haben sie auch vor Gott versagt. Daher müssen Erwachsene ohne Unterlass den Nachwuchs zu bekehren versuchen, wenn sie von "Missständen" wissen.

3.) Argumente, die das Leben im Diesseits betreffen, sind unwirksam, weil das Diesseits nur Prüfstation für die Ewigkeit im Jenseits ist. Was sind schon knapp 100 Jahre im Vergleich zu tausenden von Milliarden Jahren und mehr. Daher ist Leid im Diesseits nicht von entscheidender Bedeutung. Wenn Gott das Leben im Diesseits so und nicht anders geschaffen hat, dann ist das auch richtig so - die Wege des Herrn sind unergründlich. Es ist eine grenzenlose Anmaßung, wenn wir Gottes Handlungen in Frage stellen oder gar kritisieren. Wir können lediglich versuchen, mehr und mehr von seiner Weisheit zu verstehen.

Das ist die treffendste Zusammenfassung dieser Problematik, die ich mir vorstellen kann!
Zynix hat folgendes geschrieben:

Für Familienangehörige ist der Umstand besonders schlimm, dass missglückte Bekehrungsversuche tiefe Verzweifelung hinterlassen. Schließlich befindet sich der Bekehrer im Glauben, dass das geliebte Kind/Enkel, ewigen Höllenqualen ausgesetzt sein wird. Das setzt natürlich auch das Kind/Enkel seelisch unter Druck.

Rationale Argumente sind in diesem Zusammenhang nicht mal die Luft wert, die man dafür eingeatmet hat. Mit den Augen rollen

Genau mit dieser Situation bin ich bei meinen Großeltern ständig konfrontiert gewesen - solange ich meinen Atheismus vor mir hergetragen habe.
Seitdem ich das Thema nicht mehr erwähne, ist Ruhe.
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Anmeldungsdatum: 29.12.2008
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Beitrag(#1315585) Verfasst am: 26.06.2009, 23:51    Titel: Re: Lütz' Gott - Ein Demontagebericht Antworten mit Zitat

jagy hat folgendes geschrieben:
Weiß leider selbst nicht mehr, wo ich das gelesen hab. Kann sein, dass es in "Das Elend des Christentums" von Joachim Kahl erwähnt wurde. Kann aber auch sein, dass ich es schon vor längerm mal bei Deschner gelesen habe (ich glaube aber ersteres).
K, dann markier ich mir das mal, und wenn mir bis Projektschluss keine Quelle über den Weg gelaufen ist, lass ichs raus.
Eigentlich sollt ich sowieso gucken, dass ich alles mit Quellen versehe... aber das ist von so vielen Orten zusammengepflückt... grmbl...


ballancer hat folgendes geschrieben:
Es ist schon eigenwillig, bei Lütz fehlende Definitionen und Abgrenzungen zu beklagen und dann zu zeigen, dass du es höchstens verschlimmbesserst, indem du eigentlich unpräzise und missverständliche Erklärungen abgibst, die mehr verwirren als aufzuklären. Und das, nachdem du beansprucht hast, selber besser informiert zu sein als viele Gläubige. :roll:
Die Unfähigkeit, einen Sachverhalt verständlich zu formulieren, impliziert weder Unwissenheit, noch mangelndes Verständnis des betroffenen Sachverhaltes.
Ich verstehe Deismus und Theismus genau so wie sie in den von dir gebrachten Zitaten definiert sind. Vielleicht sind unsere Vorstellungen davon, was eine prägnante Ein-Satz-Definition ist, einfach sehr unterschiedlich?


Ieldra hat folgendes geschrieben:
Nur mal nebenbei: dieses Konzept ist nicht unumstritten und kommt mit den Erkenntnissen von evolutionärer Psychologie und Neurowissenschaften zunehmen aus der Mode. Wie Religion und Moral interagieren, wird beispielsweise durch die Theorien von Jonathan Haidt sehr viel besser erklärt.
Danke für den Link! Den werd ich mir auf jeden Fall ansehen.


Freikletterer hat folgendes geschrieben:
Allerdings würde es mich nicht wunder nehmen, wenn dieser Versuch auf taube Ohren stieße und die Unterstellung davon völlig unbeschadet bliebe.

Ich wäre sehr daran interessiert zu erfahren, wie Dein Großvater auf Dein Werk reagiert hat.
Ich bin etwas hin und her gerissen, was meine Erwartungen angeht. Auf der einen Seite bin ich natürlich völlig davon überzeugt, dass meine Argumente total stichhaltig sind und sich niemand der zwingenden Logik widersetzen kann, aaaaaber dann wären da noch die vielen Erfahrungswerte, die mich mehr so auf Zynix Seite ziehen...
Über die Reaktion auf mein Pamphlet werde ich selbstredend Bericht erstatten.


Zynix hat folgendes geschrieben:
Rationale Argumente sind in diesem Zusammenhang nicht mal die Luft wert, die man dafür eingeatmet hat. :roll:
Kann man das denn so scharf trennen, wenn es um Glaubensfragen geht? Da ist doch so viel irgendwie emotional gefärbt, das von außen mehr nach ner Faktenfrage aussieht. Also, so kommts mir jedenfalls vor. Was jetzt nicht heißen soll, dass ich denke, dass du unrecht hast. Ich denke nur, dass es Ausnahmen geben kann, aus obengenanntem Grund.
Außerdem weiß mans vorher nicht, wenn mans nicht versucht, weil man immer erst nachher schlauer ist und so.


HiobHolbach hat folgendes geschrieben:
(...) Wichtiges, was der eine Evangelist behauptet, der nächste aber nicht und so weiter. Das wirkt auf mich nicht gerade überzeugend. Da hätte sich der Heilige Geist – wie auch sonst beim Inspirieren – etwas mehr Mühe geben können.
Was ich so gehört habe, haben die Kirchenväter da seinerzeit angeblich so eine gewisse liberale Absicht verfolgt. Hört sich m.E. unwahrscheinlich an, aber wer weiß, wer weiß?
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Anmeldungsdatum: 29.12.2008
Beiträge: 170
Wohnort: Nürnberg

Beitrag(#1326209) Verfasst am: 10.07.2009, 13:28    Titel: Antworten mit Zitat

Ich hatte eigentlich nochmal drübergucken wollen, bevor ich diesen nächsten Teil poste, aber ich komm neben der Lernerei ums Verrecken nicht dazu. Falls also hier die gleichen Kritikpunkte anfallen, die schonmal angesprochen wurden, es liegt nicht daran, dass ich sie nicht zu würdigen weiß, sondern daran, dass ich noch nicht dazu gekommen bin, sie umzusetzen.


Die Psychologie und Gott - Über einen kleinen Mann im Ohr
Seite 11

Lütz beschreibt die Tiefenpsychologie und ihre Vertreter herablassend, respektlos und voller Polemik. Außerdem schießt er sich mit Freud und Jung auf zwei völlig überaltete Hypothesen ein und ignoriert den aktuellen Stand der Religionspsychologie vollständig.
Selbst über den Begründer der modernen Religionspsychologie - William James - schweigt sich Lütz aus. Ob diese Unterschlagung relevanter Information auf das Konto von intellektueller Unaufrichtigkeit geht, oder ob sich Lütz einfach nicht über das Thema informiert hat, ehe er es in seinem Buch pauschal als unfruchtbar abgehakt hat, bleibt der Spekulation überlassen.

Moderne Autoren der Religionspsychologie sind u.a.:
David Wulff, Bernhard Spilka, Ralph Hood, Richard Gorsuch, Christian Henning, Sebastian Murkken, Erich Nestler, Susanne Heine, Robert Emmons, Raymond Paloutzian, Peter Roelfsma, Jozef Corveleyn, Joke van Saane, Ulrike Popp-Baier, Sundén Hjalmar, Jacob van Belzen, Heinz Streib, Monika Wohlrab-Sahr, Wayne Proudfoot, Jeffrey Kripal, James Spickard, Fathali Moghaddam, Tom Psyzcynski, Sheldon Solomon, Jeff Greenberg, Paul Thargard, Ilkka Pyysiäinen, Veikko Anttonen und Pascal Boyer.

Das Forschungsinteresse der Religionspsychologie ist dabei recht weit gefächert; u.a.:
Religiöses Erleben und Verhalten vor dem Hintergrund allgemeiner psychologischer Theorien und Modelle v.a. der Kultur und der Ontogenese, wobei die verschiedenen psychologischen Schulen nochmal spezifische Unterschiede in ihren Fragestellungen aufweisen; Religiöse Erfahrungen aus psychopathologischer, neurologischer und psychopharmakologischer Sicht; Gewalt und selbstgefährdendes/-schädigendes Verhalten in religiösen Kontexten, bzw. mit religiöser Motivation; religöse Konversion.

Dessenungeachtet argumentiert Lütz mit seiner Untersuchung des Beitrags der Psychologie zur Beantwortung der Götterfrage vollkommen am Kern der Sache vorbei. Die reine Existenz von Religionen und v.a. mystischer Erfahrungen werden noch heute als starke Argumente für die Existenz göttlicher Wesen gehandelt. Die Psychologie (zusammen mit der Neurologie) eröffnet aber eine andere Sichtweise auf diese Phänomene, die das Pferd von der ganz anderen Seite aufzäumt:
Anstatt bestimmte Arten des Erlebens und der Wahrnehmung als aus Göttern resultierend zu sehen, versteht die Psychologie den Glauben an Götter als Resultat bestimmter Eigenarten des Erlebens und der Wahrnehmung. Der Unterschied ist subtil, aber es macht ein ehemals sehr starkes Argument für die Existenz göttlicher Wesen zu einer unsicheren Angelegenheit.

Wissenschaft ist ein gemeinschaftliches Projekt verschiedenster Disziplinen, die alle einen gewissen Beitrag leisten, indem sie jeweils spezifische Aspekte der Gott-Hypothese falsifizieren. Apologeten gehen gern so vor, dass sie einzelne Beiträge herauspicken und sagen: "Ja, aber das alleine widerlegt doch nicht die Existenz meiner Götter!". Dieses Vorgehen resultiert aus der religiösen Gewohnheit, auf alle Fragen eine Pauschalantwort zu bekommen, die von Alpha bis Omega alles erklärt ('Gott'). So eine Pauschalantwort gibt es aber außerhalb der Religon nicht; schon gar nicht in der Wissenschaft, deren Erfolg gerade daraus resultiert, dass sie das Großprojekt der Erklärung aller Phänomene auf verschiedene, sich immer weiter spezialisierende Disziplinen und Theorien aufteilt.

12
Ideologien haben keine Ohren.
Das stimmt. Lütz übersieht hier allerdings, dass Religionen auch Ideologien sind, und dass sie durch ihren Anspruch, eine Ewige Wahrheit zu besitzen, sogar einen gewissen Stolz auf ihre Ohrlosigkeit zur Schau tragen.
Im Kontrast dazu besitzt die Wissenschaft (das bevorzugte Erkenntnissystem der meisten Atheisten) mit ihren selbstkorrigierenden Strukturen mehrere eingebaute Ohren, deren gutes Funktionieren durch ihren Erfolg bewiesen wird.

13
Wissenschaft ... ist die ... Bemühung, mit Argumenten Irrtümer über die Wirklichkeit zu beseitigen.
Das ist eine sehr unscharfe Definition, die auch Diskussionen unter Laien und rein argumentative Gottesbeweise zu wissenschaftlichen Unternehmungen erhebt. Theisten tun das gern, denn indem sie die Grenzen zwischen Nicht-Wissenschaft, Geisteswissenschaft und Naturwissenschaft verwischen, lösen sie auch die Unterscheidung der Zuverlässigkeit der Ergebnisse verschiedener Erkenntnismethoden auf. Das wiederum ermöglicht Lütz dann so zu tun, als wäre eine Geisteswissenschaft (Theologie) zu genau so stichhaltigen Aussagen fähig wie eine Naturwissenschaft (Biologie).

Eine korrekte Definition würde in ungefähr so lauten:
Naturwissenschaft bedeutet das Formulieren einer Hypothese der Form 'Wenn A dann B' zur Erklärung eines spezifischen, zuvor beobachteten Phänomens, gefolgt von der Überprüfung der Hypothese durch valide, reproduzierbare Experimente. Ziel der Experimente ist die Falsifikation der Hypothese. Gelingt die Falsifikation über lange Zeit und viele Versuche durch verschiedene unabhängige Forschungsgruppen nicht und treffen die Vorhersagen der Hypothese zuverlässig und wissenschaftlich nachweisbar ein, wird die Aussage der Hypothese in den Status einer Theorie erhoben. Sie stellt damit effektiv ein Naturgesetz dar.
Werden zu einem späteren Zeitpunkt Phänomene beobachtet, die der Theorie widersprechen, muss diese reevaluiert und ausgebessert, erweitert oder durch eine neue, dann wieder zu überprüfende Hypothese ersetzt werden, die auch die neusten Beobachtungen erklären kann.

Es lässt sich auf Basis dieser Definition ganz einfach feststellen, ob etwas wissenschaftlich ist, oder nicht. Man nehme die Behauptung und versuche, die oben kursiv geschriebenen Begriffe auf Basis dieser Behauptung mit Inhalt zu füllen:
Was ist das beobachtete Phänomen? Wie lautet die Hypothese zu seiner Erklärung? Welches Experiment ließe sich durchführen, um die Hypothese zu widerlegen? Welche Vorhersagen lassen sich aus der Hypothese ableiten, und wie lässt sich ihr Eintreffen nachweisen?

14
Ideologien irren nie, da kann sich die Wirklichkeit auf den Kopf stellen.
Noch einmal: Religionen sind Ideologien. Und sie alle haben eine lange Tradition von Kämpfen gegen die Realität.

16f
"Dieser Gott wurde natürlich wie üblich von einer Jungfrau geboren."
Lütz wischt diesen Satz zusammen mit der gesamten Religionswissenschaft vom Tisch, indem er anmerkt, dass sein persönlicher Schöpfergott darin ja gar nicht wiederzufinden sei.
Lütz weigert sich, die faktenbasierte Relativierung seiner eigenen Glaubensinhalte anzuerkennen, da dies seinen Glauben auf eine Stufe mit sämtlichen anderen stellt (die er für Aberglauben oder Humbug hält). Damit tritt er selbst (unabsichtlich) den Beweis an, dass 'Ideologien keine Ohren haben'.
Dies ist der Beitrag der Religionswissenschaft zu dem multidisziplinären Unternehmen, die Frage nach der Existenz göttlicher Wesen zu beantworten:
Was du glaubst, ist in keiner Weise besonders und auch nicht 'vernünftiger' oder erhabener als das, was die Griechen vor 2000 Jahren geglaubt haben.

Überlege dir mal, warum genau du bestimmte andere Religionen ablehnst und schreib dir die Gründe auf. Dann schau, ob die Religion, die du akzeptierst, nicht genau die gleichen Schwächen und Fehler aufweist. Beobachte dabei aufmerksam die Argumente, die du anführst, um deine eigene Religion zu verteidigen. Greife nicht darauf zurück, für deine eigenen Glaubensinhalte mildernde Umstände zu verlangen, oder Sonderfälle zu kreieren.


Die Frage - Expeditionen durch den Feuerbach
26
... doch ein Gott, den man ganz genau begreift ... wäre niemals der allmächtige Gott, nach dem wir hier fragen.
Lütz setzt per definitionem voraus, dass sein persönlicher Gott der menschlichen Erkenntnisfähigkeit in einer Weise entzogen ist, die es unmöglich macht, ihn mit anerkannten Methoden zu untersuchen - z.B. indem man seine logische Konsistenz testet oder aus seiner Definition Vorhersagen ableitet, deren Eintreffen man überprüft. Das stellt einen Fall von Special Pleading dar - Lütz verlangt, dass für die Untersuchung seines Gottes andere Regeln gelten als für die Untersuchung jedes anderen Gegenstandes. Außerdem macht es Lütz' Gott zu einem semantischen Knetmännchen, dem er je nach Situation die beste Form geben kann, um alle an es gestellten Fragen (scheinbar) beantworten und es aus jedem argumentativen Engpass herauszaubern zu können.
Das macht jede ernsthafte Diskussion über das Thema sinnlos.

28
Lütz hält es für notwendig, darauf hinzuweisen, dass Renate Künast Ludwig und Anselm Feuerbach miteinander verwechselt hat. Der Grund dafür erschließt sich mir nicht, doch ich vermute, dass er damit andeuten will, dass Leute, die Feuerbach zitieren, irgendwie dumm oder ungebildet sind und keine Ahnung haben, wovon sie reden, weil es ihnen nur darauf ankommt, gegen die gläubigen Massen anzustänkern. Was er tatsächlich zeigt, ist, dass es nicht unter seiner Würde ist, sein Buch mit schadenfrohen Diskreditierungsversuchen zu spicken.

29
Im dunklen Wald einer Welt ohne Gott...
Lütz stellt hier weitere Vorurteile dem Atheismus gegenüber dar, die zeigen, dass er sich nie die Mühe gemacht hat, sich mit optimistischen, zufriedenen Atheisten über deren Lebensgefühl zu unterhalten, und seine Urteile auf Basis alter philosophischer Texte fällt.

30
Wie es die Sehnsucht junger Menschen gibt, endlich mal "sturmfreie Bude" zu haben...
Wieder unterstellt Lütz, dass Atheismus aus einem Drang zur Amoralität entsteht.
Leider lässt sich sein sprachliches Bild wunderbar gegen ihn verwenden:
Gläubige sind Kinder, die noch bei den Eltern wohnen (ein althergebrachtes Weltbild übernommen haben) und von der Arbeit ihres Vaters leben (sich von einer väterlichen Autorität den Sinn und die Regeln ihres Lebens vorschreiben lassen).
Atheisten hingegen sind erwachsen; sie haben ihre eigene Wohnung (ein ureigenes Weltbild) und verdienen ihren eigenen Lebensunterhalt (sorgen selbst für einen Sinn in ihrem Leben und treffen eigenverantwortliche Entscheidungen).

31
Die Instanz eines allmächtigen Gottes ist da natürlich für die unbeschränkte wirtschaftliche Expansion ... hinderlich.
Mit dem Argument, dass Yahweh dem Menschen die Herrschaft über die Welt übertragen hat und sie 'nicht untergehen wird' ehe Yahweh es so will, werben evangelikale Republikaner in den USA dafür, dass Umweltschutz zulasten des Wirtschaftswachstums völlig überflüssig ist. Die Welt sei für den Menschen gemacht worden, also könne er sie auch nach Belieben ausbeuten.
Ist es nicht erstaunlich, dass 'Gott' immer genau die gleiche Meinung hat wie der Mensch, der seinen Namen als Argument verwendet?

... Atheist Gregor Gysi ... habe Sorge vor einer gottlosen Gesellschaft. ... Damit bestätigt er die ... antifeuerbachsche Hypothese.
Gregor Gysis Sorgen bestätigen nichts, abgesehen von Gregor Gysis pessimistischem Menschenbild. Und Gregor Gysis Menschenbild sagt nichts über tiefere existenzielle Wahrheiten aus. Auch dann nicht, wenn Gregor Gysi ein Atheist ist.
Aber Gläubige neigen dazu, es mit Worten wie 'Bestätigung' oder 'Beweis' nicht so genau zu nehmen. Lass dich nicht dadurch einlullen, dass Lütz hier und da die fehlende Beweiskraft eines Arguments zugibt.

... dass das Leben auch noch anderes zu bieten hat als wirtschaftlichen Erfolg...
In diesem Teil des Buches versucht Lütz den Eindruck zu erwecken, dass man nur entweder ein gläubiger oder ein geldgieriger Mensch sein kann. Damit entwirft er eine entsetzlich falsche Dichotomie, die durch einen einfachen Blick in die Geschichte falsifiziert werden kann.

31f
Doch die Zeiten, in denen man mit Glaubensdingen noch wirklich Geld machen konnte, sind endgültig vorbei.
Das ist eine blanke Lüge und Lütz weiß das - schließlich hat er auf dem Gebiet ein paar Bestseller produziert. Und damit ist er nicht der einzige, auch wenn sich die 'New Atheists' - Dawkins, Hitchens, Harris, Dennett, Shermer, Meisel usw. - nochmal ein Stück besser verkaufen. Vom Finanziellen her betrachtet sind aber Televangelist, Faith Healer und Intelligent Design Proponent noch bessere Jobs. Und auch mit den 'Plastikreligionen', über die sich Lütz später noch lustig machen wird, kann man sehr gut seinen Lebensunterhalt bestreiten.

Ein Gott nur fürs Privatleben ist gar kein Gott, er ist eine Witzfigur...
Aber das deutsche Grundgesetz ist kein Witz, deshalb bleiben Kirche und Staat getrennt! Niemand hat das Recht, anderen Menschen Regeln vorzuschreiben, die nicht auf Vernunft und Wissenschaft, sondern lediglich auf überlieferten Texten aus der Bronzezeit basiert.
Lütz kann sich natürlich trotzdem jederzeit der PBC - Partei Bibeltreuer Christen - anschließen. Vielleicht schafft die ja mit seiner Hilfe die 5%-Hürde...

32
... wenn die ganze Gesellschaft von dieser narzisstischen Atmosphäre durchseucht ist...
Spricht Lütz, der - wenn es nach ihm geht - nach dem Bild eines ewigen, allmächtigen Schöpfergottes geformt wurde und der Spezies angehört, der der Schöpfergott nicht nur das ganze Universum gewidmet hat, sondern die er auch noch so unglaublich doll liebt, dass er sich foltern und töten ließ, nur um das zu zeigen.

33
In dem Abschnitt über 'Fernsehgötter' übt sich Lütz in Gehässigkeit und Vorurteilen, ohne empirische Befunde vorzulegen, die seine Arbeitshypothese stützen könnten. Das macht diese zwei Seiten Text für seine Argumentation vollkommen wertlos.#
Das gleiche gilt für den Abschnitt 'Trendsurfing'. Denken und vermuten kann man viel, wenn der Tag lang ist.

37
Die Kirchenaustrittszahlen stiegen unverdrossen...
Sie steigen. Präsens. Und zwar weltweit. Das liegt unter anderem auch daran, dass jedem Menschen mit Internetanschluss mannigfaltige Informationen darüber vorliegen, dass überall auf der Welt religiöse Behauptungen hinterfragt werden, und dass immer mehr Menschen den Mut finden, auch in vorwiegend religiösen Regionen Fragen zu stellen, eigenständig zu denken und öffentlich zu ihrem Unglauben zu stehen.
Lütz versucht, diesen Trend zu verunglimpfen, indem er behauptet, es fände ein weltweites Herdenphänomen statt, bei dem Menschen ihren Glauben spontan ablegen, weil das halt grade in ist. Man sollte meinen, dass ein Psychologe wie Lütz besser darüber bescheidwissen sollte, wie Glaube funktioniert und dass man einen Glauben nicht einfach ablegen kann wie ein Kleidungsstück, das nicht mehr 'in' ist.
Der weltweite Trend weg von der Religion stellt eine Aufklärungsbewegung dar. Er demonstriert meiner Meinung nach die Überlegenheit säkularer Erklärungen und die mangelnde Qualität der Angebote auf dem religiösen Markt.

38
... wie sie ihren Glauben verloren haben...
Lütz erzählt hier die Geschichte eines rachsüchtigen Priesters nach, die er explizit als Beweis dafür verwendet, dass alle Atheisten nur trotzige, verärgerte Kinder sind, die nicht wissen, wohin mit ihrem Zorn, weshalb sie anfangen, Yahweh zu hassen. Der Versuch, eine allgemeine Regel durch eine einzige, diese Regel scheinbar bestätigende Geschichte zu beweisen, ist ein logischer Fehler, und zwar aus zwei Gründen:
1.Es gibt allerhand ungewöhnliche Dinge, die sich einmalig ereignen; z.B. gibt es einen Mann, der siebenmal vom Blitz getroffen wurde. Kann aus dieser Anekdote eine für alle Männer gültige Regel abgeleitet werden?
2.Eine Anekdote stellt keine exakte, vollständige Wiedergabe von Ereignissen dar, sondern eine bereits interpretierte Version dieser Ereignisse, die wichtige Einzelheiten und Vor- oder Rahmenbedingungen unterschlägt. Hinzu kommt, dass sich in der anekdotischen Form eine Unzal von kognitiven Verzerrungen niederschlagen kann.

Um das ganze etwas aufzulockern, setze ich Lütz' anekdotischem 'Beweis' vom garstigen Pastor ein paar widersprechende Anekdoten entgegen:

"In the 3 years or so since this change occurred, I've enjoyed exploring the world with new eyes. The change was immense; everything needed re-thinking. Before, I 'had all the answers;' now there is this wonderful sense of adventure to life, of so many things to explore and discover. (I suddenly crave travel, something I'd been indifferent to before.)"

"I remember the first dizzying realization that experience, achievement, and mere existence is so much more precious than I ever imagined. Although I think about religious things often, my life no longer revolves around fear, guilt and the big sky daddy. My morality no longer comes from antiquated fables and outdated cultural customs. I'm not afraid of the future or even death.
For the first time, I can say I'm happy to be alive!"


"It felt like a burden was lifted from my shoulders. The world brightened. I felt relief and joy and peace. I found that feeling astonishing. It was the feeling I'd always hoped for in Christianity, the feeling that I was supposed to have had by surrendering to Jesus, and here it came by abandoning faith. I savored the moment. I remember it so clearly."
"It's such a wonderful feeling when you finally come out from under the mental prison of religion! I remember being so relieved and happy as well. It really is a peaceful feeling."


"I am now thirty years old. In looking back on the past 12 years of my adult life, I can honestly say that I am now - as an 'out-of-the-closet' and unashamed atheist - happier than I ever was before....
I now realize that I am free to live my life, pursue happiness, and work to become the person that I want to be, no longer shackled to the dogma that so often caused me to doubt my self-worth and second-guess my own ability to reason and make good choices. At the same time, I - and I alone - am ultimately responsible for those choices and whatever consequences they bring; because I do not abdigate responsibility for my decisions and their consequences to powers beyond my control, I am spurred toward making every possible effort to make this life one that I can look back on without regret. After all, it's the only one I'm getting."


"Somewhere in those six, long years I finally found peace. ... I learned to take life for what it is - a fragile, beautiful gift, given nonetheless by an uncaring, unknowing, yet awe-inspiring cosmos. I learned that all of us are entitled to take our own paths through this life."

"Well, let me say that the last few months I have been happier than I have been in many years. For once I am free of guilt - one of the most destructive of human emotions, yet perpetuated and even lifted up as a virtue by evangelical christianity."

Quelle:
http://www.ebonmusings.org/atheism/clearair.html
http://www.ebonmusings.org/atheism/clearair_more.html

Am Rande bemerkt: Einem Atheisten vorzuwerfen, er würde den Gott Yahweh hassen, ist so, als würde man Lütz vorwerfen, den Gott Zeus zu hassen, weil er das griechische Pantheon herabwürdigt.

41
Ein Aneurysma ist eine Aussackung einer Arterie ... die viele Turbulenzen auslöst und den Blutstorm im Hauptgefäß dadurch manchmal lebensgefährlich hemmt.
Lütz glaubt, dass Blaise Pascal wusste, warum ein Aneurysma lebensgefährlich ist. Aber aus welchem Grund sollte ein Mathematiker des 17. Jhdt. etwas über Medizin wissen?
Lütz macht hier zwei Fehler, die ganz typisch für die buchreligiöse Denkweise sind:
1.Er sieht eine Person, die in einem bestimmten Lebensbereich eine Autorität darstellt, als Autorität in allen Lebensbereichen an. Er macht das im Laufe des Buches noch einige Male, indem er z.B. einen Physiker als Autorität für eine zeitgeschichtliche Fragestellung heranzieht. Ich vermute, dass dieser Fehler aus der generellen Autoritätshörigkeit resultiert, die mit dem Glauben an eine absolute Autorität einhergeht.
Ein weiterer Faktor ist möglicherweise der Umstand, dass er Theologen - also Menschen, die von Kosmologie, Biologie und Psychologie nicht mehr Ahnung haben als jeder andere Laie - trotzdem als Autoritäten in Bezug auf kosmologische, biolgische und psychologische Fragen ansieht.
2.Er versteht nicht, dass es in der Wissenschaft einen kontinuierlichen Fortschritt gibt, dass Theorien immer wieder angepasst und verbessert werden, sobald neue, bessere Daten verfügbar sind, und dass der Nobelpreis für revolutionäre Neuerungen verliehen wird, und nicht für die Aufrechterhaltung alter Traditionen. Dieses Verständnisproblem ist darauf zurückzuführen, dass Lütz die typisch religiöse Erwartung hegt, dass es einmal offenbarte, absolute Wahrheiten und ewige Regeln geben kann, an denen sich auch nach 2.000 Jahren nichts wesentliches ändert.

42
Pascals 'Wette'
Lütz lobt Pascal über den grünen Klee als mathematisches Genie, um dessen Wette als Geniestreich erscheinen lassen zu können. Allerdings ist Pascals Wette kein mathematisches Problem und spielt sich entsprechend nicht im Bereich von Pascals Expertise ab. Damit ist Pascal nur irgendwer, der sich ein Argument für den Glauben an Yahweh ausgedacht hat.
Die Wissenschaft mag einem hier gnadenlos erscheinen, aber diese Fähigkeit, kompromisslos zwischen Autorität und Nicht-Autorität zu unterscheiden, ist einer der Faktoren, der sie zu einer so konkurrenzlos erfolgreichen menschlichen Unternehmung macht. Die Antwort zu geben: 'Das wissen wir nicht' oder 'Auf diesem Gebiet bin ich leider kein Experte' ist in religiösen Kreisen als Schwäche verschrien; in wissenschaftlichen Kreisen ist es eine Frage der Ehre und Integrität, immer und ohne Ausnahme dazu zu stehen, wenn man etwas nicht weiß, oder wenn es in Bezug auf eine Fragestellung derzeit nur Hypothesen gibt, an deren Überprüfbarkeit noch gearbeitet wird.

Aber zurück zu Pascals Kuhhandel. Der ist in dreierlei Hinsicht ein schlechtes Konstrukt:
1.Sie lässt Glaube als etwas erscheinen, das von vielen nur aus Angst und Gewinnstreben angenommen wird (seltsamerweise wettert Lütz nicht gegen die Unmoral der von Pascal Überzeugten, obwohl er vor kurzem erst anklagend auf die bösen, gewinnversessenen Atheisten gezeigt hat).
2.Pascal übersieht, dass seine Wette für jeden einzelnen Gott gelten muss, den jemals irgend eine Mythologie entworfen hat. Was, wenn ich mich entscheide, an Yahweh und Jesus zu glauben, nur um nach meinem Tod festzustellen, dass Allah der einzige Gott ist, und Mohammed sein Prophet? Die Hölle des Islam ist wirklich unerfreulich. Oder wenn ich als Küchenschabe wiedergeboren werde, weil ich es versäumt habe, mein schlechtes Karma abzubauen?
3.Würde sich Yahweh wirklich damit zufriedengeben, wenn jemand so tut, als würde er glauben, nur damit er nicht in die Hölle kommt?
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Surata
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Beitrag(#1326217) Verfasst am: 10.07.2009, 13:42    Titel: Antworten mit Zitat

Macht richtig Spaß, das zu lesen. Smilie
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Effô Tisetti
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Beitrag(#1326255) Verfasst am: 10.07.2009, 15:06    Titel: Re: Lütz' Gott - Ein Demontagebericht Antworten mit Zitat

ballancer hat folgendes geschrieben:
Kriterien für die Auswahl des Kanons waren nicht nur inhaltliche Merkmale, sondern auch eine kurze Kette der Autorenschaft.


Wir "wissen" heute z.B. bei den Evangelien noch nicht einmal genau, wer diese Autoren überhaupt waren. Wir wissen nur ziemlich sicher, was sie nicht waren: Augenzeugen bzw. die, für die man sie einst hielt. Und selbst von Paulus, immerhin ein Zeitgenosse Jesu und derjenige NT-Autor, der "am nächsten dran" war, sind gefälschte Briefe in den Kanon gelangt. Das Johannes-Evangelium hätte auch nie in den Kanon gelangen dürfen, wenn es um Authentizität gegangen wäre. Also erzähl uns hier nix.
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Norton
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Beitrag(#1326285) Verfasst am: 10.07.2009, 16:55    Titel: Antworten mit Zitat

Surata hat folgendes geschrieben:
Macht richtig Spaß, das zu lesen. Smilie


Fürwahr, tiny sollte auch keinerlei Bedenken haben den finalen Wurf komplett bei amazon einzustellen. Nun aber ab an die Bücher, tiny, Lütz ist nicht den kleinsten Notenpunkt weniger wert.
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ballancer
... leidet an dianoia ...



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Beitrag(#1326389) Verfasst am: 10.07.2009, 19:17    Titel: Re: Lütz' Gott - Ein Demontagebericht Antworten mit Zitat

Effô Tisetti hat folgendes geschrieben:
ballancer hat folgendes geschrieben:
Kriterien für die Auswahl des Kanons waren nicht nur inhaltliche Merkmale, sondern auch eine kurze Kette der Autorenschaft.


Wir "wissen" heute z.B. bei den Evangelien noch nicht einmal genau, wer diese Autoren überhaupt waren. Wir wissen nur ziemlich sicher, was sie nicht waren: Augenzeugen bzw. die, für die man sie einst hielt.


Wir wissen eigentlich gar nichts ziemlich sicher - auch nicht, ob wir nicht doch in einer Matrix leben.

Zum Thema Zeugenschaft: Bei Matthäus ging man zuweilen von dem Apostel gleichen Namens aus. Ein konkreter Hinweis ist dem Text jedoch nicht zu entnehmen, aber die Verfasserschaft ab Mitte des 2. Jahrhunderts belegt. So gibt es auch evangelikale Einleitungswissenschaftler, die hier nicht von einem Augenzeugen ausgehen. Aber die Meinungen sind umstritten. Lediglich die Mehrheitsmeinung geht nicht von einem Augenzeugen aus.

Markus: Nach Papias und Eusebius heißt es "Markus war der Dolmetscher des Petrus" . Er wurde nicht der Augenzeugenschaft verdächtigt.

Ebenso Lukas, der als Römischer Arzt, Freund und Reisebegleiters Paulus mit vielen Augenzeigen direkten Kontakt gehabt haben könnte, ist bestenfalls bei einigen Ereignissen der Apostelgeschichte Augenzeuge gewesen sein.

Johannes: Ich gehe mit vielen Einleitungswissenschaftlern von dem Apostel Johannes und Augenzeugen aus, der dieses Evangelium von Sekretären schreiben ließ. Gründe, die noch von Bulman und folgenden gegen eine Autorenschaft des Apostels sprachen, wurden von der jüngeren Forschung eher zerstreut. Was wir sicher sagen können ist, dass die Meinung der Fachwelt geteilt ist.

Paulus berichtet von eigenen Erlebnissen und von persönlichen Kontakten zu Augenzeugen.

Petrus bleibt als zentraler Apostel sicher ein wichtiger Augenzeuge.

Jakobus: "Jakobus der Gerechte, der Bruder oder Cousin Jesu und zweite bedeutende Jakobus seiner Zeit wird daher traditionell als Verfasser angenommen" ... und damit ein Augenzeuge einiger der beschriebenen Ereignisse.

Jetzt frage ich mich, wie du zu 'ziemlich sicheren' gegenteiligen Wissen kommen willst.

Effô Tisetti hat folgendes geschrieben:
Und selbst von Paulus, immerhin ein Zeitgenosse Jesu und derjenige NT-Autor, der "am nächsten dran" war, sind gefälschte Briefe in den Kanon gelangt. Das Johannes-Evangelium hätte auch nie in den Kanon gelangen dürfen, wenn es um Authentizität gegangen wäre. Also erzähl uns hier nix.


Welche Bedenken hast du gegen das Johannesevangelium? Die ältesten Textfunde sind von diesem.

Und ob die Paulusbriefe alle eine unmittelbare Autorenschaft von Paulus hatten oder ob ein Kreis der Paulusschüler eine stärkere Rolle bei der Ausformulierung spielte, ist in der Tat bei einigen Briefen umstritten. Von einem Faktum der Fälschung kann jedenfalls nicht ausgegangen werden, sondern dies entspricht bestenfalls eine Expertenmeinung.
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tiny
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Beitrag(#1326874) Verfasst am: 11.07.2009, 22:24    Titel: Antworten mit Zitat

Norton hat folgendes geschrieben:
Surata hat folgendes geschrieben:
Macht richtig Spaß, das zu lesen. :)
Fürwahr, tiny sollte auch keinerlei Bedenken haben den finalen Wurf komplett bei amazon einzustellen. Nun aber ab an die Bücher, tiny, Lütz ist nicht den kleinsten Notenpunkt weniger wert.
Danke, freut mich, dass es sich gut liest. Wenn später (also, wenns fertig ist) immer noch Interesse besteht, werde ich das Projekt auf Lulu.de öffentlich zugänglich machen.
Und keine Sorge, ich bin so breitgetreten mittlerweile, dass ich für Lütz nicht die nötige Energie hätte, selbst, wenn nach einem Tag Lernen noch Motivation übrig wäre -.- Zum Glück isses am 30.7. vorbei. Dann mach ich erstmal Urlaub.
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Beitrag(#1326892) Verfasst am: 11.07.2009, 23:20    Titel: Antworten mit Zitat

Ist mir eine Freude, eine so schöne, stringente Argumentation zu lesen. Überrascht hat mich, wie viele Dinge du nennst, die mir relativ neu waren, deshalb vermisse ich ein bisschen die Quellenangaben. Ansonsten aber Mein lieber Hr. Gesangsverein!
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Beitrag(#1327577) Verfasst am: 12.07.2009, 23:36    Titel: Antworten mit Zitat

kamelpeitsche hat folgendes geschrieben:
Ist mir eine Freude, eine so schöne, stringente Argumentation zu lesen. Überrascht hat mich, wie viele Dinge du nennst, die mir relativ neu waren, deshalb vermisse ich ein bisschen die Quellenangaben. Ansonsten aber :respekt:
Danke :)
Welche Punkte meinst du genau, also, die dir neu waren? Würd mich interessieren.
Dass viele Quellenangaben fehlen ist etwas blöd, ja, wobei ich welche dran hab, wenn es um Zahlen oder Zitate geht. Meistens jedenfalls. Glaub ich... Das Problem ist, dass ich oft selbst nicht mehr weiß, wo ich was gehört habe (das meiste kommt aus Podcasts). Aber da du die Sache auch ansprichst, werd ich mir wohl die Arbeit machen und zusehen, dass ich für so viel wie möglich eine Quelle finde. Wäre auch intellektuell aufrichtiger... *christlich sfz* Gutes tun ist soooo anstrengend...
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Beitrag(#1327791) Verfasst am: 13.07.2009, 16:45    Titel: Antworten mit Zitat

Weiter gehts. Und dieses Kapitel ist eine echte Party in Sachen Schmähungen und Hähme. Und Lütz pwnt sich dabei mehrfach selbst, in verschiedener Hinsicht. Es wäre fast zu schön um wahr zu sein, wenn er einem dabei nicht so derbe auf den Sack gehen würde...


Der Gott der Atheisten - Ein großartiger Protest
Seite 43

Sie leugnet ausdrücklich Gott und muss sich daher irgend ein Bild von dem machen, den sie doch leugnet...
Lütz leugnet als Christ die Existenz von 5.493 der 5.495 folgenden Götter:
http://www.richarddawkins.net/forum/viewtopic.php?f=3&t=73778
Ich bezweifle stark, dass Lütz sich von jedem dieser Götter ein Bild gemacht hat. Und für einen Atheisten wie mich ist Lütz' Gott auch nur einer mehr auf dieser gesichtslosen Liste.

Seit wann gibt es überhaupt Atheisten?
Menschen, die nicht an Götter glauben, gab es notwendigerweise schon lange vor der Erfindung der ersten Götter. Allerdings macht der Begriff des 'Atheisten' in einer Welt ohne Götter genau so viel Sinn wie der Begriff des 'A-Humdrumisten' in einer Welt ohne 'Humdrums' und 'Humdumismus'.

Manche ernstzunehmende Wissenschaftler meinen...
Wer? Was ist ihr Fachgebiet? Und warum soll man sie ernst nehmen, wenn sie nur 'meinen' anstatt empirisch nachzuweisen?


45
Lütz lobt hier Minois ausdrücklich, auch wenn es Minois offensichtlich nicht gelungen ist, Lütz den Begriff des 'Atheismus' verständlich zu machen, der Jahrtausende lang ein K.O.-Begriff war, mit dem man unliebsame Zeitgenossen zum Menschheitsfeind erklären konnte.
Das ist nämlich der Witz an der Sache: Die Leute, die in der Geschichte als 'Atheisten' bezeichnet wurden, waren sehr oft überhaupt keine Atheisten (z.B. die Christen im alten Rom). Sie wurden nur als solche bezeichnet - verleumdet - um sie als besonders bösartig darzustellen. Aber so wie ein Mensch nicht zum Schwein wird, nur weil jemand ihn als solches beschimpft, wird ein Mensch nicht zum Atheisten, nur weil jemand ihn so nennt.
Weil Lütz diesen Zusammenhang nicht versteht, hält er den Begriff des Atheismus für schwammig. Dabei ist der genau so simpel wie der der Agraphie: Ein Agraphiker ist ein Mensch ohne Schrift und ein Atheist ist ein Mensch ohne Götter.

Statt seine Leser zu informieren, setzt Lütz hier also nur die alte Tradition fort, das Wort 'Atheist' unreflektiert als Schimpfwort und Denunziation zu verwenden. Und er macht sich selbst zum Idioten, indem er sich über ein bloßes Vorurteil echauffiert, das nichts mit der Realität zu tun hat.


46
... eine Wohngemeinschaft voller unerzogener und vor allem unberechenbarer Psychopathen, die ab und zu mal Blitz, Donner, Krieg oder andere Unbill über die Menschheit brachten.
So bezeichnet Lütz den altgriechischen Götterhimmel. Der einzige Unterschied zum alttestamentarischen Gottwesen besteht darin, dass Yahweh ein alleinlebender unberechenbarer Psychopath ist, bei dem mit 'anderer Unbill' unter anderem Völkermord, Seuchen und Plagen gemeint sind.
Ex 4:21-23 - Yahweh macht den Pharaoh stur, so dass dieser Mose und das auserwählte Volk nicht gehen lässt. D.h. Yahweh erschafft sich einen Widerstand, den er dann unter Demonstration seiner ach so großen Macht gewaltsam bricht.
Ex 4:24-25 - Yahweh fällt spontan über Mose her und versucht, ihn zu töten. Moses Frau muss den Gott verscheuchen, indem sie ihrem Kind die Vorhaut abschneidet und Mose das Blut davon auf die Beine reibt.
Für mich klingt das eher so, dass Yahweh ein kleiner Stammesgott ist, den der Größenwahnsinn packt. Ein Rumpelstilzchen, das Spaß daran hat, Menschen herumzukommandieren und gegeneinander kämpfen zu lassen. Da Jesus Jude war, hat er an genau diesen motzigen kleinen Stammesgott geglaubt und sich für seinen Sohn gehalten.

Auch hier macht sich Lütz mit seiner herablassenden Art zum Idioten, weil ihm die kritische Distanz zu seinen eigenen Glaubensinhalten fehlt.


47
... die eher peinlichen Operettenfiguren des griechischen Götterhimmels....
Eine weitere Frage drängt sich auf, wenn man Lütz so über andere Religionen lästern hört:
Warum hält er sich nicht an die Goldene Regel, die doch der von ihm verehrte Halbgott Jesus in einer seiner berühmten Reden vorgeschrieben hat? Er will, dass man seinen Glauben respektiert, also sollte er damit anfangen, den Glauben anderer Menschen zu respektieren.
Meiner Ansicht nach outet sich Lütz hier als unmoralisch und scheinheilig.

Der Gott, den die Atheisten der Antike dafür erfanden...
Warum um alles in der Welt sollten Atheisten einen Gott erfinden?


49
Das mitunter aus Unkenntnis als "dunkel" geschmähte Mittelalter ist in Wirklichkeit in mancher Hinsicht höchst liberal.
Der Begriff des 'dunklen' Mittelalters stammt aus einer Zeit, in der Historikern kaum Informationen über diese Epoche zur Verfügung standen, weshalb sie 'im Dunkeln' lag. Und intellektuell 'liberal' waren nur die Klöster, in denen man tatsächlich die Kunst des Lesens und Schreibens erlernen konnte. Nachdem die öffentlichen Schulen mit dem Römischen Reich untergegangen waren, verschwand die Bildung vollständig aus dem Volk und wurde dank des hierarchischen Gesellschaftsbildes der Kleriker zum Privileg der Adeligen und Geistlichen.
Die bildungspolitischen Zustände, die Hilfsorganisationen wie Misereor heute in der Dritten Welt zu bekämpfen versuchen, herrschten im Mittelalter in Europa, und es war die Kirche, die diesen Status quo hergestellt hatte und aufrecht erhielt, indem sie die einfachen Leute mit Teufeln und Dämonen in Angst versetzte und mit dem Zehnten wirtschaftlich aussaugte.
Erst in der Renaissance und Aufklärung entdeckten man den Wert von Bildung und Kultur wieder. Zur selben Zeit setzte auch wieder der wissenschaftliche Fortschritt ein, den die Kirchenherrschaft in den vorherigen Jahrhunderten teils gewaltsam unterdrückt hatte.

... Thomas von Aquin ... der dann ein ... Werk gegen "die Heiden" verfasste, ein Hinweis, dass es zu seiner Zeit atheistische Positionen gab...
Heiden sind Poly- oder Pantheisten, keine Atheisten.
Polytheisten = Menschen, die an viele Götter glauben.
Pantheisten = Menschen, für die alles göttlich ist.


50
Es tauchen also ... die alten ... aufgewärmten und mit mittelalterlicher Sauce servierten Thesen des antiken Atheismus wieder auf.
Der Atheismus ist keine These, er ist eine Schlussfolgerung.

... glaubten die unglaublichsten Dinge oder gaben sich schierem Aberglauben hin...
Unglaublicher als die Geschichte, dass ein Mann, der sein eigener Vater und der Sohn einer Jungfrau ist, sterben, wieder lebendig werden und dann in den Himmel fliegen kann?
Abergläubischer als die Idee, man würde ständig beobachtet und könnte 'unreine' Gedanken haben, für die man sich an einem bestimmten Tag in einem bestimmten Gebäude bei einem mit Zaubersprüchen dazu befähigten Mann entschuldigen muss, damit man nach seinem Tod nicht für immer in eine gigantische unterirdische Folterkammer gesteckt wird?


52
Doch geistig ist dieser Atheismus der beginnenden Neuzeit unproduktiv.
Was soll Atheismus auch produzieren? Wir glauben nicht an Götter, das ist ein rein negatives Statement.
Mal aus Interesse: Was hat die Theologie in dieser Zeit produziert, abgesehen von weiteren Ideen dazu dazu, wie man ein paar Bibelverse noch auslegen könnte und den daraus folgenden, halb Europa verwüstenden Glaubenskriegen und Schismen?


53
Ansonsten sind die frühneuzeitlichen Atheisten ein Sammelsurium von tragischen skurrilen Gestalten, affektierten Höflingen, trotzigen Freigeistern, Leuten, die sich für etwas Besseres hielten, oder halsstarrige Rebellen ohne wirklich schlüssige Argumente...
Das ist respektlos, beleidigend und zu allem Überfluss auch noch unzutreffend.

... allein zu sein in einer Welt ohne Gott und Sinn...
Niemand ist allein, wenn er Freunde hat, und wenn man Sinn will, muss man seinem Leben eben welchen geben. Gläubige machen ein Drama aus etwas, das überhaupt kein Drama ist.

... der Atheismus, der einmal angetreten war, die Menschen zu einem ungehemmt lustvollen Leben zu befreien...
Und wieder das Vorurteil vom amoralischen Atheisten.


54
Der Siegeszug der Vernunft und Wissenschaft, (den) ... Christentum und Kirche zunächst ermöglicht (hatten).
Durch die Exkommunikation aller Wissenschaftler, die sich weigerten, Hypothesen zu wiederrufen, die nicht mit der geltenden Doktrin vereinbar waren?


55
... Erneuerung des christlichen Glaubenswissens...
1.Was ist 'Glaubenswissen'? Dass man weiß, was man eigentlich glauben sollte?
2.Wenn sich die christliche Vorstellung von Yahweh über die Jahrhunderte so stark gewandelt hat, bedeutet das, dass die Christen vor 1500 Jahren nicht zum richtigen Yahweh gebetet haben und deshalb jetzt in der Hölle schmoren?


56
Dabei enthält er nur die üblichen atheistischen ... Argumente, die wir schon kennengelernt haben.
Das liegt daran, dass die Theisten keine neuen Argumente für ihre jeweiligen Götter aufgefahren haben. Wir Atheisten widerlegen nur, was die Gläubigen behaupten, und wenn da nichts neues kommt, brauchen wir auch nichts neues zu widerlegen.


57
Doch ein solcher von Menschen gemachter Gott hatte in Wirklichkeit keine Überlebenschance.
Das heißt, man stellt sich Yahweh so vor, dass er trotz des Leids in der Welt liebend und allmächtig ist, und schon ist er nicht mehr von Menschen gemacht?


62
... wie bei der wilden Hausabrissfete in Abwesenheit der Erziehungsberechtigten.
Ist Lütz ernsthaft der Meinung, er würde raubend, brandschatzend und vergewaltigend mit seinen Freunden durch die Lande ziehen, sobald er nicht mehr glauben würde, dass Yahweh es mitkriegt und ihn dafür bestraft?


63
Stalin und Mao ... sind friedlich im Bett gestorben.
Die Welt ist eben nur da gerecht, wo Menschen sie gerecht machen. Das liegt daran, dass Gerechtigkeit keine der Welt inhärente Eigenschaft ist, sondern ein von menschlichem Empfinden und Ermessen abhängiges Konstrukt mit gewissen kulturübergreifenden Gemeinsamkeiten, aber auch kulturellen, individuellen und situationsabhängigen Unterschieden.
Die Entwicklung und Einflussfaktoren des Gerechtigkeitsempfindens ist von der Psychologie gut untersucht. Neuere Studien zeigen, dass bei Kindern vor allem die Position in der Geschwisterreihenfolge relevant ist, während sich Erwachsene vor allem dann gerecht behandelt fühlen, wenn ihren Bedürfnissen Gehör geschenkt wird und sie das Gefühl haben, dass sie dadurch einen gewissen Einfluss auf das Geschehen ausüben konnten.


65
Machiavellis menschenverachtende Ratschläge.
Machiavellis Il Principe ist kein menschenverachtendes Buch. Wenn es dich interessiert, schicke ich dir die Seminararbeit, die ich darüber geschrieben habe.


66
Quantentheorie
War ja klar. Jeder, der eine Hypothese aufstellt, die nicht mit naturwissenschaftlichen Methoden überprüfbar ist, kommt irgendwann mit Quantenphysik an, als wäre das ein Freifahrtschein für alle möglichen unmöglichen Dinge. Die 'international anerkannte Heilmethode' des QuantumTouch, Heilsteine, sonstiges Handauflegen, Mystische Erfahrungen, The Secret und 'What the Bleep', Quantenverschränkung als Beweis für ein Leben nach dem Tod... Und Lütz will natürlich auch ein Stück vom Quantenkuchen abbekommen und die Geschichte von Jesus' Himmelfahrt mit Quantenphysik und der Realtivitätstheorie erklären.
Schade nur, dass das alles nicht so einfach ist, wie es diese Leute gern hätten.

... eine plötzliche Umwandlung von Masse in Energie.
Masse (m) ist die Eigenschaft von Materie, die man in kg misst. Energie (e) ist die Eigenschaft von Teilchen und elektromagnetischer Strahlung, die in Joule gemessen wird. Jeder aus Teilchen zusammengesetzte Körper verfügt über beides, und die Masse und Energie eines Körpers stehen zueinander in einem Verhältnis, das sich mathematisch mit e = mc2 beschreiben lässt (c = Lichtgeschwindigkeit). Die Masse eines Körpers kann sich nicht in Energie verwandeln, weil beides Eigenschaften ein und desselben Körpers sind.
Materie ist ein berührbarer Träger von Energie, der zumindest teilweise in einen anderen, nicht berührbaren Träger von Energie (elektromagnetische Strahlung wie z.B. Licht oder Wärme) umgewandelt werden kann. Aber das ist ein Prozess, der nur durch die Zuführung von weiterer Energie in Gang gesetzt werden kann, und es bleibt immer Materie zurück.

Mit anderen Worten: Selbst wenn Jesus spontan in Flammen aufgegangen und verbrannt ist, oder sich auf 15 Millionen Grad erhitzt und seine Teilchen vorübergehend in Plasma umgesetzt hat, hat er sich nicht in 'reine Energie' verwandelt. Auch nicht in einer Welt mit Quantenphänomenen.
Das ist einer der Gründe, warum Theologen nicht ernst genommen werden, wenn sie versuchen, Aussagen über die physikalischen Vorgänge im Zusammenhang mit sogenannten 'Wundern' zu machen. Sie sind Laien auf dem Gebiet der Physik, haben deshalb keine Ahnung, wovon sie eigentlich reden, sind sich aber zu fein, um Physiker um Hilfe zu bitten.


67
Später sollte dann mit der Urknalltheorie noch die atheistische Überzeugung der anfanglosen Ewigkeit des Weltalls fallen.
Zusammen mit der judeo-christlichen Vorstellung eines Gottes, der die Welt in sechs Tagen erschuf und sie mit selbstgebastelten Gänseblümchen und Giraffen bevölkerte.
Für die (gottlose) Wissenschaft war die Urknalltheorie nur eine weitere von vielen spannenden Revolutionen; für die Religion hingegen war sie ein Tiefschlag, weil sie die wort-wörtliche Wahrheit der Schöpfungsgeschichte widerlegt hat. Und wenn diese Geschichte nicht wahr ist, warum sollte dann irgend etwas anderes, das in der Bibel steht, wahr sein?

Was hier jetzt noch blieb, das war ... schlimmstenfalls psycho-pathologisch erklärbar: aggressive Vaterprojektionen...
Vor ein paar Kapiteln hat Lütz Freuds psychoanalytische Ideen noch zu überbewertetem Schwachsinn erklärt. Aber um Atheisten zu beleidigen, scheinen sie ihm dann doch noch gut genug zu sein.


68
... Flucht vor der letzten noch übrig gebliebenen Motivation für den Atheismus...
Denn von Zeit und Situation vollkommen unabhängige, rationale und im positiven Sinne moralische Gründe, nicht an Götter zu glauben, kann sich Lütz einfach nicht vorstellen. Und was sich Lütz nicht vorstellen kann, kann auch nicht existieren.


69
(Die Atheisten) blinzeln ... und strömen auf das Trümmerfeld hinaus. Dort suchen sie sich aus den Fragmenten des ... Tempels des Nichts kleine Scherben zusammen, aus denen sie sich wieder possierliche Amulette und Talismane formen.
Lütz legt es echt darauf an, sich mit selbstgerechter Herablassung, Spott, Hähme, Respektlosigkeit und Polemik selbst zu überbieten. Denkt er, Atheisten stehen drauf, beleidigt zu werden? Denkt er, weil wir 'die Bösen' sind, sind wir sittliches Freiwild und man kann uns jeden Scheiß an den Kopf werfen, der einem gerade einfällt? Glaubt er, wir würden spontan unser Weltbild ändern, nur weil irgendwer versucht, es lächerlich zu machen? Was will dieser Mann erreichen?

Wer nichts mehr glaubt, glaubt alles.
Auch das ist ein weit verbreitetes Vorurteil. Denn tatsächlich gehen Atheismus und Skeptizismus bei den meisten Leuten Hand in Hand, weil Letzteres bei ihnen zu Ersterem geführt hat. Mit anderen Worten: Wer sich die Mühe gemacht hat, die Behauptungen seiner jeweils heimischen Glaubensgruppierung kritisch zu hinterfragen, hat dabei genug gelernt, um zu wissen, wie man alle möglichen Behauptungen auf ihre innere Logik und ihren Wahrheitsgehalt überprüfen kann.
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kamelpeitsche
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Beitrag(#1327870) Verfasst am: 13.07.2009, 18:50    Titel: Antworten mit Zitat

Hat mir wieder sehr gut gefallen Daumen hoch!
Nur hier bin ich mir nicht sicher, ob ich zustimmen kann:

tiny hat folgendes geschrieben:

50
Es tauchen also ... die alten ... aufgewärmten und mit mittelalterlicher Sauce servierten Thesen des antiken Atheismus wieder auf.
Der Atheismus ist keine These, er ist eine Schlussfolgerung.


Passt das Wort Atheimus überaupt in nur eine der beiden Kategorien? Die Aussage, Gott exisitiere nicht, kann entweder eine These sein oder auch eine Schlussfolgerung. Das ist mE völlig kontextabhängig. Und wenn ich aus meinen Überlegungen die Schlussfolgerung ziehe, es gebe ihn nicht, dann bleibt das doch eine These...oder nicht?
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kamelpeitsche
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Beitrag(#1327872) Verfasst am: 13.07.2009, 18:51    Titel: Antworten mit Zitat

tiny hat folgendes geschrieben:
kamelpeitsche hat folgendes geschrieben:
Ist mir eine Freude, eine so schöne, stringente Argumentation zu lesen. Überrascht hat mich, wie viele Dinge du nennst, die mir relativ neu waren, deshalb vermisse ich ein bisschen die Quellenangaben. Ansonsten aber Mein lieber Hr. Gesangsverein!
Danke Smilie
Welche Punkte meinst du genau, also, die dir neu waren? Würd mich interessieren.


Vor allem díe, in denen es um Psychologie geht.
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Beitrag(#1327874) Verfasst am: 13.07.2009, 18:56    Titel: Antworten mit Zitat

kamelpeitsche hat folgendes geschrieben:


Passt das Wort Atheimus überaupt in nur eine der beiden Kategorien? Die Aussage, Gott exisitiere nicht, kann entweder eine These sein oder auch eine Schlussfolgerung. Das ist mE völlig kontextabhängig. Und wenn ich aus meinen Überlegungen die Schlussfolgerung ziehe, es gebe ihn nicht, dann bleibt das doch eine These...oder nicht?


Atheismus ist weder eine These noch eine Schlußfolgerung. "Starker" Atheismus, oder Antitheismus ist das.

Atheismus bedeutet zunächst nur mal, eine bestimmte These oder Schlußfolgerung eben nicht zu haben bzw. zu teillen.

Ich ziehe aus meinen Überlegungen nicht die Schlußfolgerung, es gäbe keinen Gott. Um das tun zu können, müsste die Annahme, dass es einen gäbe, erstmal - wie nennt es der Philosoph? - "a priori"? - im Vordergrund stehen.

Und das ist bzw. wäre Unsinn
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kamelpeitsche
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Beitrag(#1327888) Verfasst am: 13.07.2009, 19:14    Titel: Antworten mit Zitat

Noseman hat folgendes geschrieben:
kamelpeitsche hat folgendes geschrieben:


Passt das Wort Atheimus überaupt in nur eine der beiden Kategorien? Die Aussage, Gott exisitiere nicht, kann entweder eine These sein oder auch eine Schlussfolgerung. Das ist mE völlig kontextabhängig. Und wenn ich aus meinen Überlegungen die Schlussfolgerung ziehe, es gebe ihn nicht, dann bleibt das doch eine These...oder nicht?


Atheismus ist weder eine These noch eine Schlußfolgerung. "Starker" Atheismus, oder Antitheismus ist das.

Atheismus bedeutet zunächst nur mal, eine bestimmte These oder Schlußfolgerung eben nicht zu haben bzw. zu teillen.

Ich ziehe aus meinen Überlegungen nicht die Schlußfolgerung, es gäbe keinen Gott. Um das tun zu können, müsste die Annahme, dass es einen gäbe, erstmal - wie nennt es der Philosoph? - "a priori"? - im Vordergrund stehen.

Und das ist bzw. wäre Unsinn


Ich weiß nicht, ob das im engeren philosophischen Sinne zählen mag, aber ich habe die Argumente für und wider die Existenz eines göttlichen Wesens abgewägt und bin dann zu dem Schluss gekommen, dass aus diesen Argumenten nur Atheismus folgen kann.

Eine These ist Atheimus aber wirklich nur mit einem sehr schwammigen Verständnis des Begriffs.
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Beitrag(#1327985) Verfasst am: 13.07.2009, 21:35    Titel: Antworten mit Zitat

kamelpeitsche hat folgendes geschrieben:
...
Ich weiß nicht, ob das im engeren philosophischen Sinne zählen mag, aber ich habe die Argumente für und wider die Existenz eines göttlichen Wesens abgewägt und bin dann zu dem Schluss gekommen, dass aus diesen Argumenten nur Atheismus folgen kann.
...


Hättest du denn wahrhaftig an Gott glauben können, wenn du zu dem logischen Schluss gekommen wärst, dass ein göttliches Wesen existiert? Ist glauben wirklich als willentliche Entscheidung möglich?
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kamelpeitsche
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Beitrag(#1328019) Verfasst am: 13.07.2009, 22:21    Titel: Antworten mit Zitat

Weiß ich nicht, ich denke nicht. Aber spielt das eine Rolle für meine Schlussfolgerung, Atheist zu sein? Die habe ich ja nicht aus emotionalen Gründen heraus getroffen. Sicherlich spielten die unterbewusst eine Rolle, aber im Grunde war es eine logikbasierte Entscheidung
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Beitrag(#1328059) Verfasst am: 13.07.2009, 23:09    Titel: Antworten mit Zitat

kamelpeitsche hat folgendes geschrieben:
Noseman hat folgendes geschrieben:
Ich ziehe aus meinen Überlegungen nicht die Schlußfolgerung, es gäbe keinen Gott. Um das tun zu können, müsste die Annahme, dass es einen gäbe, erstmal - wie nennt es der Philosoph? - "a priori"? - im Vordergrund stehen.

Und das ist bzw. wäre Unsinn
Ich weiß nicht, ob das im engeren philosophischen Sinne zählen mag, aber ich habe die Argumente für und wider die Existenz eines göttlichen Wesens abgewägt und bin dann zu dem Schluss gekommen, dass aus diesen Argumenten nur Atheismus folgen kann.

Eine These ist Atheimus aber wirklich nur mit einem sehr schwammigen Verständnis des Begriffs.
Wissenschaftlich korrekt geht man mit einer Nullhypothese an die Realität heran, das heißt, man vermutet überhaupt nichts. Dann betrachtet man die vorhandenen Daten und wägt ab, welche mögliche/n Erklärung/en die wahrscheinlichste/n ist/sind. Je nach Typ der Erklärungen, die man akzeptiert, hat man zum Schluss ein theistisches oder eben atheistisches Weltbild, bzw. hat aus der Datenlage den theistischen oder eben den atheistischen Schluss gezogen.

Das Ganze ist begrifflich dadurch etwas schwammig, dass der Atheismus keine wirklich deckungsgleiche Antithese zum Theismus ist. An und für sich ist alles, was sich nicht auf irgendwelche Götter bezieht, atheistisch. Es wäre aber nicht wirklich stimmig, Naturwissenschaft als atheistische Unternehmung zu beschreiben, obwohl die meisten Atheisten ihre Alternative zur theistischen Erklärung aus dem naturwissenschaftlichen Angebot ziehen und beinahe 100% der naturwissenschaftlichen Elite Atheisten sind.
Wobei ich jetzt mal ganz fesch behaupte, dass das Problem allein dadurch entsteht, dass das theistische Weltbild noch immer den Anspruch stellt, nicht auf eine Stufe mit Grimms Märchen zu gehören.
Kann sein, dass dieser ganze Absatz hier etwas unzusammenhängend ist. Ich bin schon müde...

Zynix hat folgendes geschrieben:
Hättest du denn wahrhaftig an Gott glauben können, wenn du zu dem logischen Schluss gekommen wärst, dass ein göttliches Wesen existiert? Ist glauben wirklich als willentliche Entscheidung möglich?
Wenn dich die Logik überzeugt, dann schon. Hast du schonmal erlebt, dass dich ein stichhaltiges Argument oder eine neue Information zu einer Meinungsänderung veranlasst hat? Ich denke mal, genau so würde das aussehen, wenn dir ein überzeugendes Argument für die Existenz irgend eines Gottes präsentiert würde. Zwingender Logik und zwingenden Fakten kann man sich nicht entziehen - es sei denn natürlich, man ist Creationist und glaubt, Gegenargumente wären das Werk des Satans...
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Beitrag(#1328211) Verfasst am: 14.07.2009, 11:51    Titel: Antworten mit Zitat

Norton hat folgendes geschrieben:
Surata hat folgendes geschrieben:
Macht richtig Spaß, das zu lesen. Smilie


Fürwahr, tiny sollte auch keinerlei Bedenken haben den finalen Wurf komplett bei amazon einzustellen
[...]

Dem schließe ich mich an.
Bin - wie bereits weiter oben angedeutet - auch gerde dabei, das Buch zu lesen und beim Lesen in etwa so weit wie Du mit Deinen Betrachtungen.
Exzellente, messerscharfe Argumentation Daumen hoch!

Ehrlich gesagt, bin ich von dem Buch einigermaßen enttäuscht...ich hätte nicht gedacht, daß Lütz derart schwache Argumente auffährt...andererseits - muß eine anti-atheistische Argumentationsweise nicht zwangsläufig so schwach ausfallen?

Und wie gesagt - besonders gespannt bin ich auf die Reaktion Deines Großvaters!
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- K.I.T.T.
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Beitrag(#1328644) Verfasst am: 15.07.2009, 00:03    Titel: Antworten mit Zitat

tiny hat folgendes geschrieben:
...
Zynix hat folgendes geschrieben:
Hättest du denn wahrhaftig an Gott glauben können, wenn du zu dem logischen Schluss gekommen wärst, dass ein göttliches Wesen existiert? Ist glauben wirklich als willentliche Entscheidung möglich?
Wenn dich die Logik überzeugt, dann schon. Hast du schonmal erlebt, dass dich ein stichhaltiges Argument oder eine neue Information zu einer Meinungsänderung veranlasst hat?
...


Das mit den Argumenten klappt, wenn es darum geht, welche Automarke ich mir kaufe.

Aber doch nicht beim "Glauben". Das ist ein Widerspruch in sich. Glaube und Argumente passt zusammen wir Gewissheit im Glauben. Das erweckt den Anschein, als könne Glaube von Wissen gestützt werden. Nur ist Gewissheit eben kein Glaube mehr. Glaube ist "es nicht Wissen" und daher unabhängig von logischen Argumenten.
So sehe ich das ...
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Beitrag(#1328807) Verfasst am: 15.07.2009, 11:48    Titel: Antworten mit Zitat

Zynix hat folgendes geschrieben:
tiny hat folgendes geschrieben:
...
Zynix hat folgendes geschrieben:
Hättest du denn wahrhaftig an Gott glauben können, wenn du zu dem logischen Schluss gekommen wärst, dass ein göttliches Wesen existiert? Ist glauben wirklich als willentliche Entscheidung möglich?
Wenn dich die Logik überzeugt, dann schon. Hast du schonmal erlebt, dass dich ein stichhaltiges Argument oder eine neue Information zu einer Meinungsänderung veranlasst hat?
...


Das mit den Argumenten klappt, wenn es darum geht, welche Automarke ich mir kaufe.

Aber doch nicht beim "Glauben". Das ist ein Widerspruch in sich. Glaube und Argumente passt zusammen wir Gewissheit im Glauben. Das erweckt den Anschein, als könne Glaube von Wissen gestützt werden. Nur ist Gewissheit eben kein Glaube mehr. Glaube ist "es nicht Wissen" und daher unabhängig von logischen Argumenten.
So sehe ich das ...

Deshalb werden die "Glaubenswahrheiten" ja so schön treffend "Glaubenswissen" bezeichnet! Mr. Green
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