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Utilitarismus, Egoismus, Altruismus
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tillich (epigonal)
hat Spaß



Anmeldungsdatum: 12.04.2006
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Beitrag(#1822675) Verfasst am: 09.03.2013, 16:16    Titel: Utilitarismus, Egoismus, Altruismus Antworten mit Zitat

Dieser Thread wurde als OT vom Sexismus-Thread abgetrennt. Er folgte auf diesen Beitrag dort. TdD

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Idee, dass ein natürlicher Egoismus durchaus auch mit einem sehr guten sozialen Miteinander kompatibel ist, kommt dem bürgerlichen Individuum erst gar nicht in den Kopf.

Ich dachte, die ganze Ideologie des Kapitalismus würde darauf beruhen, dass Egoismus letztlich gut für alle sei.
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Kival
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Beitrag(#1822680) Verfasst am: 09.03.2013, 16:47    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Idee, dass ein natürlicher Egoismus durchaus auch mit einem sehr guten sozialen Miteinander kompatibel ist, kommt dem bürgerlichen Individuum erst gar nicht in den Kopf.

Ich dachte, die ganze Ideologie des Kapitalismus würde darauf beruhen, dass Egoismus letztlich gut für alle sei.


Kapitalismus ist aber Egoismus bei ungleichen Machtverhältnissen.
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Skeptiker
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Beitrag(#1822682) Verfasst am: 09.03.2013, 16:53    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Idee, dass ein natürlicher Egoismus durchaus auch mit einem sehr guten sozialen Miteinander kompatibel ist, kommt dem bürgerlichen Individuum erst gar nicht in den Kopf.

Ich dachte, die ganze Ideologie des Kapitalismus würde darauf beruhen, dass Egoismus letztlich gut für alle sei.


Die bürgerliche oder kapitalistische Ideologie sieht zunächst einmal im menschlichen Egoismus vor allem mal einen Grund für die Unmöglichkeit des Kommunismus und auf diese "Erkenntnis" bilden sich die Vertreter der bürgerlichen Philosophie und Ideologie sehr viel ein.

Denn im Kapitalismus sei der menschliche Egoismus zwar nicht plötzlich *gut* geworden, aber immer noch am besten gezügelt. Außerdem schaffe er Wirtschaftswachstum, denn schließlich brauche die Menschheit ja das Gewinninteresse.

Reicht diese Kanaliserung und Zügelung des Egoismus nicht aus, hat der liberale Bürger immer noch seine Polizei und seine Bürokratie in der Hinterhand oder sogar flugs ein paar neue Sondergesetze. Auch gegen Korruption kann der bürgerliche Staat so vorgehen. Es ist also im Grunde alles paletti.

Nun hat ja Adam Smith mit seiner quasi gottgleichen 'invisible hand', mit der aus dem privaten Egoismus der allgemeine Reichtum wird, einen grandiosen Wurf erzeugt, spricht aber gleichzeitig auch von einer gesellschaftlichen Ethik, die im privaten Egoismus eingeschlossen sein müsse, ebenso wie die Empathie, damit daraus ein allgemeiner Nutzen entstehe.

Also zusammenfassend besteht die bürgerliche Moral in bezug auf den Egoismus darin, Egoismus zwar als gut im Sinne von nützlich anzusehen, aber gleichzeitig auch als ein durch gesellschaftliche Ansprüche zu zügelndes Element.

---

Nebenbei gesagt ist es im Marxismus etwas anders, aber darauf will ich an dieser Stelle nicht eingehen.

Adam Smith war einer der genialeren bürgerlichen Ökonomen. Die bürgerliche Ideologie, so wie sie heute allgemein existiert, stellt allerdings eher eine Vulgarisierung seiner Theorien dar.

Die bürgerlich-vulgäre Auffassung des Egoismus kommt dabei der christlichen Moral sehr nahe ...-
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step
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Beitrag(#1822685) Verfasst am: 09.03.2013, 17:09    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Idee, dass ein natürlicher Egoismus durchaus auch mit einem sehr guten sozialen Miteinander kompatibel ist, kommt dem bürgerlichen Individuum erst gar nicht in den Kopf.
Ich dachte, die ganze Ideologie des Kapitalismus würde darauf beruhen, dass Egoismus letztlich gut für alle sei.
Kapitalismus ist aber Egoismus bei ungleichen Machtverhältnissen.

Individueller Egoismus führt aufgrund asymmetrischer Umstände (z.B. Stärke, Intelligenz, Ressourcen usw.) automatisch zu ungleichen Machtverhältnissen. Die Frage ist, ob bzw. zu welchem Ausmaß die Gemeinschaft das hinnehmen will. Ein kollektivistischer Gesellschaftsansatz will das nmV nicht hinnehmen, er hofft, daß die Menschen freiwillig die Utopie des verheißenen kommunistischen Paradieses priorisieren, was aber in der sozialistischen Realität nicht unbedingt funktioniert hat.

Skeptikers Behauptung, die Vereinbarkeit von Egoismus und sozialem Miteinander käme keinem bürgerlichen Individuum in den Sinn, zeugt jedenfalls von völliger Unkenntnis. Im Gegenteil ist gerade diese Vereinbarkeit ein wesentliches Motiv neuerer bürgerlich-ökonomischer Theorien, große Teile des Utilitarismus vertreten diese Vereinbarkeit, teilweise sogar in kausaler Form.

Um noch kurz die Kurve zum Thema zu kriegen: Die Rolle der Frau im realen Sozialismus, etwa in der DDR oder UdSSR, war zwar in einigen Teilbereichen vom christlich-patriarchalischen Mief befreit (etwa beim beruflichen Fronteinsatz, staatliche Kinderbetreuung u.ä.), aber merkwürdigerweise waren Frauen in den hohen Machtkadern trotzdem selten.
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step
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Beitrag(#1822688) Verfasst am: 09.03.2013, 17:23    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die bürgerlich-vulgäre Auffassung des Egoismus kommt dabei der christlichen Moral sehr nahe ...-

Auch das kann ich nicht nachvollziehen. Am ehesten hält vielleicht noch der katholisch geprägte Normalbürger den Egoismus für etwas natürlich-Erbsündiges, Amoralisches. Allerdings ganz im Gegensatz zum neoliberalen oder auch zum rationalistischen homo oeconomicus.
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Beitrag(#1822691) Verfasst am: 09.03.2013, 17:35    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Skeptikers Behauptung, die Vereinbarkeit von Egoismus und sozialem Miteinander käme keinem bürgerlichen Individuum in den Sinn, zeugt jedenfalls von völliger Unkenntnis.


Allein schon hier im Forum mit diversen Forderungen nach Zurückstellung des Egoismus zugunsten vermehrter Rücksichtsnahme etwas zwecks Bekämpfung des Sexismus sieht man die bürgerliche Einstellung zum Egoismus sehr gut.

step hat folgendes geschrieben:
Im Gegenteil ist gerade diese Vereinbarkeit ein wesentliches Motiv neuerer bürgerlich-ökonomischer Theorien, große Teile des Utilitarismus vertreten diese Vereinbarkeit, teilweise sogar in kausaler Form.


Da hast du nicht nachgedacht. Der Utilitarismus bedient den Egoismus bestimmter Gruppen und negiert den Egoismus anderer Gruppen, schränkt diesen also ein. Aber das ist genau das, was ich oben sagte: Rücksichtnahme bestimmter privater Egoismen zugunsten von Gemeinschafts-Egoismen.

step hat folgendes geschrieben:
Die Frage ist, ob bzw. zu welchem Ausmaß die Gemeinschaft das hinnehmen will.


Das ist es, was ich meine. Du erfindest hier ein Subjekt namens "Gemeinschaft", dem sich der individuelle Egoismus ein- und unterzuordnen habe. Und damit sind wir ganz schnell bei deinem berüchtigten, extrem autoritären Konformismus.

Das Ding ist nur: Es gibt dieses Gemeinschafts-Subjekt nicht.
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Beitrag(#1822692) Verfasst am: 09.03.2013, 17:37    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die bürgerlich-vulgäre Auffassung des Egoismus kommt dabei der christlichen Moral sehr nahe ...-

Auch das kann ich nicht nachvollziehen. Am ehesten hält vielleicht noch der katholisch geprägte Normalbürger den Egoismus für etwas natürlich-Erbsündiges, Amoralisches. Allerdings ganz im Gegensatz zum neoliberalen oder auch zum rationalistischen homo oeconomicus.


Du irrst dich, siehe vorherigen Beitrag. In der bürgerlichen Moral geht es letzten Endes immer um etwas *höheres* als den Eigennutz, und sei es nur das Wirtschaftswachstum.

edit: Diese *Nachilfe*in Sachen "Gemeinschaftsnutz vor Eigennutz" kann man z.B. ganz gut an den "Chicago Boys" studieren, die sich von den neoliberalen Thesen Hayeks ableiten.
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Zuletzt bearbeitet von Skeptiker am 09.03.2013, 17:46, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag(#1822695) Verfasst am: 09.03.2013, 17:45    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Da hast du nicht nachgedacht. Der Utilitarismus bedient den Egoismus bestimmter Gruppen und negiert den Egoismus anderer Gruppen, schränkt diesen also ein. Aber das ist genau das, was ich oben sagte: Rücksichtnahme bestimmter privater Egoismen zugunsten von Gemeinschafts-Egoismen.


Dafür hätte ich aber gerne einen Nachweis, dass die utilitarische Grundansatz bestimmte Gruppen bevorzugt.
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Beitrag(#1822697) Verfasst am: 09.03.2013, 17:54    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Da hast du nicht nachgedacht. Der Utilitarismus bedient den Egoismus bestimmter Gruppen und negiert den Egoismus anderer Gruppen, schränkt diesen also ein. Aber das ist genau das, was ich oben sagte: Rücksichtnahme bestimmter privater Egoismen zugunsten von Gemeinschafts-Egoismen.


Dafür hätte ich aber gerne einen Nachweis, dass die utilitarische Grundansatz bestimmte Gruppen bevorzugt.


Na John Rawls zum Beispiel liefert einige Nachweise.

Der Utilitarismus gemäß Singer oder Bentham kann keine Begründung liefern für die Rechte jedes einzelnen Individuums, anders als es etwa von den Menschenrechten gefordert wird.

edit: gelöscht.
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Zuletzt bearbeitet von Skeptiker am 09.03.2013, 18:00, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag(#1822701) Verfasst am: 09.03.2013, 18:00    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Da hast du nicht nachgedacht. Der Utilitarismus bedient den Egoismus bestimmter Gruppen und negiert den Egoismus anderer Gruppen, schränkt diesen also ein. Aber das ist genau das, was ich oben sagte: Rücksichtnahme bestimmter privater Egoismen zugunsten von Gemeinschafts-Egoismen.


Dafür hätte ich aber gerne einen Nachweis, dass die utilitarische Grundansatz bestimmte Gruppen bevorzugt.


Na John Rawl zum Beispiel liefert einige Nachweise.

Der Utilitarismus gemäß Singer oder Bentham kann keine Begründung liefern für die Rechte jedes einzelnen Individuums, anders als es etwa von den Menschenrechten gefordert wird.


Selbst wenn das so wäre, ist das immer noch kein Nachweis für deine Behauptung.
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Beitrag(#1822703) Verfasst am: 09.03.2013, 18:01    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Der Utilitarismus gemäß Singer oder Bentham kann keine Begründung liefern für die Rechte jedes einzelnen Individuums, anders als es etwa von den Menschenrechten gefordert wird.

Was ist denn das für eine Metadiskusion? Der Utilitarismus muß die Bedürfnisse/Interessen gar nicht begründen, er konstatiert sie einfach. Und eine darüberhinausgehende "Begründung" der Menschenrechte kann auch eine sozialistische Philosophie nicht bieten.
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Beitrag(#1822708) Verfasst am: 09.03.2013, 18:10    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptikers Behauptung, die Vereinbarkeit von Egoismus und sozialem Miteinander käme keinem bürgerlichen Individuum in den Sinn, zeugt jedenfalls von völliger Unkenntnis.
Allein schon hier im Forum mit diversen Forderungen nach Zurückstellung des Egoismus zugunsten vermehrter Rücksichtsnahme etwas zwecks Bekämpfung des Sexismus sieht man die bürgerliche Einstellung zum Egoismus sehr gut.

Selbst wenn das so wäre, würde daraus nicht annähernd Deine Behauptung folgen. Abgesehen von diesem logischen Fehler (aus Einzelbeispielen eine Allaussage zu folgern) zeigt sich hier wieder sehr schön, daß Du gern alles, was Dir nicht gefällt, einfach mit dem Etikett "bürgerlich" versiehst. Der Begriff "bürgerlich" wird dadurch zu einer beliebig verwendbaren Hetzparole, der jegliche nachvollziehbare Bedeutung und innere Konsistenz verlorengegangen ist.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Der Utilitarismus bedient den Egoismus bestimmter Gruppen und negiert den Egoismus anderer Gruppen, schränkt diesen also ein.

So ein Unsinn. Der Utilitarismus legt i.a. überhaupt keine Nutzenfunktion a priori fest.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Die Frage ist, ob bzw. zu welchem Ausmaß die Gemeinschaft das hinnehmen will.
Das ist es, was ich meine. Du erfindest hier ein Subjekt namens "Gemeinschaft", dem sich der individuelle Egoismus ein- und unterzuordnen habe.

Nein, ich erfinde kein Subjekt. "Die Gemeinschaft" ist nur eine Kurzbezeichnung für die Ermittlung einer aggregierten Nutzenfunktion aus den individuellen Präferenzen, u.a. durch ethishen Diskurs.
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Beitrag(#1822710) Verfasst am: 09.03.2013, 18:14    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Der Utilitarismus gemäß Singer oder Bentham kann keine Begründung liefern für die Rechte jedes einzelnen Individuums, anders als es etwa von den Menschenrechten gefordert wird.

Was ist denn das für eine Metadiskusion? Der Utilitarismus muß die Bedürfnisse/Interessen gar nicht begründen, er konstatiert sie einfach.


a) welche und b) wessen Bedürfnisse werden konstatiert?

Du siehst an diesen zwei Fragen schon das Problem, hoffe ich. Und das löst sich nicht, indem "Bedürfnisse" durch "Präferenzen" ersetzt werden.

step hat folgendes geschrieben:
Und eine darüberhinausgehende "Begründung" der Menschenrechte kann auch eine sozialistische Philosophie nicht bieten.


Bedürfnisse sind wissenschaftlich erforschbar. Das ist nicht Aufgabe einer Philosophie.

Utilitarismus bedeutet, das Glück der größtmöglichen Zahl einer definierten Gruppe quasi auszurechnen. Dieser eigentlich mathematisch-abstrakte und top-down-Ansatz geht aber gerade nicht von irgend welchen realen Bedürfnissen aller Individuen aus und schon gar nicht von allen Bedürfnissen aller Individuen. Im zweifelsfall werden mit den "Präferenzen" bereits Sortierungen und Hierarchisierungen menschlicher Bedürfnisse vorgenommen.

Die Menschenrechte verfolgen trotz ihrer Schwächen dagegen einen bottom-up-Ansatz, indem sie vom Individuum ausgehen und nicht von den Interessen der *Gemeinschaft*.
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Beitrag(#1822715) Verfasst am: 09.03.2013, 18:21    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptikers Behauptung, die Vereinbarkeit von Egoismus und sozialem Miteinander käme keinem bürgerlichen Individuum in den Sinn, zeugt jedenfalls von völliger Unkenntnis.
Allein schon hier im Forum mit diversen Forderungen nach Zurückstellung des Egoismus zugunsten vermehrter Rücksichtsnahme etwas zwecks Bekämpfung des Sexismus sieht man die bürgerliche Einstellung zum Egoismus sehr gut.

Selbst wenn das so wäre, würde daraus nicht annähernd Deine Behauptung folgen. Abgesehen von diesem logischen Fehler (aus Einzelbeispielen eine Allaussage zu folgern) zeigt sich hier wieder sehr schön, daß Du gern alles, was Dir nicht gefällt, einfach mit dem Etikett "bürgerlich" versiehst. Der Begriff "bürgerlich" wird dadurch zu einer beliebig verwendbaren Hetzparole, der jegliche nachvollziehbare Bedeutung und innere Konsistenz verlorengegangen ist.


Das ist einfach nur eine kleine Empirie und ein gutes Indiz.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Der Utilitarismus bedient den Egoismus bestimmter Gruppen und negiert den Egoismus anderer Gruppen, schränkt diesen also ein.

So ein Unsinn. Der Utilitarismus legt i.a. überhaupt keine Nutzenfunktion a priori fest.


Eigentlich schon:
http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/benthamsche-nutzenfunktion.html

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Die Frage ist, ob bzw. zu welchem Ausmaß die Gemeinschaft das hinnehmen will.
Das ist es, was ich meine. Du erfindest hier ein Subjekt namens "Gemeinschaft", dem sich der individuelle Egoismus ein- und unterzuordnen habe.

Nein, ich erfinde kein Subjekt. "Die Gemeinschaft" ist nur eine Kurzbezeichnung für die Ermittlung einer aggregierten Nutzenfunktion aus den individuellen Präferenzen, u.a. durch ethishen Diskurs.


Also doch Nutzenfunktion. Deine Aggregation meint aber genau das, was ich sagen will.

Beim theoretischen Gesamtnutzen fällt das einzelne Individuum hinten runter, oder anders gesagt: die Aggregation der einzelnen Nutzen zu einer Nutzensumme ist gleichzeitig die Aggregation der Individuen zu einer Gemeinschaft. Und letztere ist es, worum es allein geht.
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Beitrag(#1822718) Verfasst am: 09.03.2013, 18:26    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:


step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Der Utilitarismus bedient den Egoismus bestimmter Gruppen und negiert den Egoismus anderer Gruppen, schränkt diesen also ein.

So ein Unsinn. Der Utilitarismus legt i.a. überhaupt keine Nutzenfunktion a priori fest.


Eigentlich schon:
http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/benthamsche-nutzenfunktion.html


f ist aber nicht definiert. Zudem gilt das nicht für jede Form des Utilitarismus. Aber was step - zu Recht - meinte, ist dass der klassische Utilitarismus keine *bestimmte* Nutzenfunktion definiert. Auch bei Bentham ist nur festgelegt, dass sich die Gesamtnutzenfunktion als Summe der individuellen Nutzenfunktionen konzipiert ist. Wie aber die individuellen Nutzenfunktionen berechnet werden, ist nicht festgelegt.

Ich halte auch den Summenansatz bereits für problematisch, er ist aber keine Festlegung der Nutzenfunktion.
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Beitrag(#1822723) Verfasst am: 09.03.2013, 18:32    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:


step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Der Utilitarismus bedient den Egoismus bestimmter Gruppen und negiert den Egoismus anderer Gruppen, schränkt diesen also ein.

So ein Unsinn. Der Utilitarismus legt i.a. überhaupt keine Nutzenfunktion a priori fest.


Eigentlich schon:
http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/benthamsche-nutzenfunktion.html


f ist aber nicht definiert. Zudem gilt das nicht für jede Form des Utilitarismus. Aber was step - zu Recht - meinte, ist dass der klassische Utilitarismus keine *bestimmte* Nutzenfunktion definiert. Auch bei Bentham ist nur festgelegt, dass sich die Gesamtnutzenfunktion als Summe der individuellen Nutzenfunktionen konzipiert ist. Wie aber die individuellen Nutzenfunktionen berechnet werden, ist nicht festgelegt.

Ich halte auch den Summenansatz bereits für problematisch, er ist aber keine Festlegung der Nutzenfunktion.


Das stimmt.

Aber genau das ist das Problem, dass kein konkreter *Nutzen* festgelegt ist. Ganz anders bei den Menschenrechten oder auch bei der Bedürfnispyamide nach Maslow.

Es ist doch auch illusorisch durch gemeinschaftliche Debatten so eine Nutzenfunktion zu generieren. Das ist doch nur eine Umschreibung dafür, dass sich einzelne Egoismen unter den dabei beschlossenen Gesamt-Egoismus unterzuordnen haben. ---> Konformismus.
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Beitrag(#1822724) Verfasst am: 09.03.2013, 18:33    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Der Utilitarismus muß die Bedürfnisse/Interessen gar nicht begründen, er konstatiert sie einfach.
a) welche und b) wessen Bedürfnisse werden konstatiert?

a) alle und b) die von Allen.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Du siehst an diesen zwei Fragen schon das Problem, hoffe ich. Und das löst sich nicht, indem "Bedürfnisse" durch "Präferenzen" ersetzt werden.

Nee, ich sehe das Problem nicht.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Utilitarismus bedeutet, das Glück der größtmöglichen Zahl einer definierten Gruppe quasi auszurechnen. Dieser eigentlich mathematisch-abstrakte und top-down-Ansatz geht aber gerade nicht von irgend welchen realen Bedürfnissen aller Individuen aus und schon gar nicht von allen Bedürfnissen aller Individuen. Im zweifelsfall werden mit den "Präferenzen" bereits Sortierungen und Hierarchisierungen menschlicher Bedürfnisse vorgenommen.

Nein. Insbesondere im Präferenz-Utilitarismus werden die Präfrenzen aller Individuen gleichmäßig berücksichtigt, und die Priorisierung der Präferenzen ist Sache des einzelnen Individuums. Die Präferenzen selbst werden also streng bottom-up ermittelt.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Menschenrechte verfolgen trotz ihrer Schwächen dagegen einen bottom-up-Ansatz, indem sie vom Individuum ausgehen und nicht von den Interessen der *Gemeinschaft*.

Im Gegenteil. Die Menschenrechte (und auch Christentum und Sozialismus) verfolgen einen top-down Ansatz, weil sie die Präferenzen und Bedürfnisse für alle Individuen gleichschalten / vorgeben. Wobei ich denke, daß bei den grundlegenden Menschenrechten auch der Präferenzutilitarismus zu sehr ähnlichen Ergebnissen kommen müßte, da die wichtigsten Präferenzen der meisten Menschen sich mit ihren fundamentalen Bedürfnissen decken, die stark von ihrer Natur determminiert werden.

Der Vorteil des Präferenzutilitarismus vor anderen Ethiken, auch sozialistischen, zeigt sich besonders dann, wenn es Interessenskonflikte gibt. Ein - zugegeben etwas plumpes - Beispiel bringt uns wieder zurück zum Thema Sexismus:

Welche Bedürfnisse hat die Frau?

Christentum: die Bibel befolgen (Evangelikale), die Bibel zurechtlügen (Käßmann diese Woche), den Papst fragen (Katholiken)
Sozialismus: bei Marx / Lenin nachlesen oder "biologisch erforschen"?
Präferenzutilitarismus: Die Frauen selber fragen!
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Beitrag(#1822725) Verfasst am: 09.03.2013, 18:34    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Utilitarismus bedeutet, das Glück der größtmöglichen Zahl einer definierten Gruppe quasi auszurechnen. Dieser eigentlich mathematisch-abstrakte und top-down-Ansatz geht aber gerade nicht von irgend welchen realen Bedürfnissen aller Individuen aus und schon gar nicht von allen Bedürfnissen aller Individuen. Im zweifelsfall werden mit den "Präferenzen" bereits Sortierungen und Hierarchisierungen menschlicher Bedürfnisse vorgenommen.


Von welchem Utilitarismus sprichst Du jetzt? Singers Präferenzutilitarismus, dem benthamschen klassischen Utilitarismus... oder? Die Mathematisierung im Utiltarismus ist übrigens eher die Anwendung in der Wirtschafts- und insbes. Wohlfahrtstheorie. In der Philosophie des Utiltarismus findet man selten klar definierte Nutzenfunktionen. Diese Unterscheidung in höhere und niedrigere Bedürfnisse findet sich gerade eher bei Mill und nicht bei Bentham. Mill wiederum hat m.W. nichtmal eine mathematische Grundform der Nutzenfunktion angegeben.
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Beitrag(#1822727) Verfasst am: 09.03.2013, 18:37    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
Ich halte auch den Summenansatz bereits für problematisch, er ist aber keine Festlegung der Nutzenfunktion.

Genau, ich übrigens auch.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Aber genau das ist das Problem, dass kein konkreter *Nutzen* festgelegt ist.

Nee, das ist gerade ein zusätzlicher aufgeklärter Freiheitsgrad.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ganz anders bei den Menschenrechten oder auch bei der Bedürfnispyamide nach Maslow.

Richtig, da wird es einfach top-down festgelegt zwinkern

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Es ist doch auch illusorisch durch gemeinschaftliche Debatten so eine Nutzenfunktion zu generieren. Das ist doch nur eine Umschreibung dafür, dass sich einzelne Egoismen unter den dabei beschlossenen Gesamt-Egoismus unterzuordnen haben. ---> Konformismus.

Lachen - da zeigt sich, wer hier die Interessen der Menschen wirklich berücksichtigen will ... merkst Du eigentlich, wie sehr Du Deinen eigenen Forderungen widersprichst?
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Beitrag(#1822729) Verfasst am: 09.03.2013, 18:47    Titel: Antworten mit Zitat

goatmountain hat folgendes geschrieben:
http://www.stern.de/politik/deutschland/schnauze-wessi-das-dirndl-ist-die-burka-des-westens-1981002.html

Vorsicht! Satire!


Einige Male musste ich schon schmunzeln. Da ist sicher etwas dran. Wir kannten tatsächlich nicht einmal das Wort "Sexismus". Gerade in Berlin-Ost, wo ich jahrzehntelang lebte, hatten etliche Frauen genügend "Schnauze", um aufdringlichen Männern wirksam eine Abfuhr zu erteilen. Die Geschlechter waren sich einig, wenn es galt, Zumutungen "von oben" abzuwehren, von dummen und aufdringlichen Funktionären, die glaubten, in alles hineinreden zu müssen.

In Leitungsfunktionen hatten es nur Margot Honecker und Inge Lange, die andere Funktionärin mit den blaugefärbten Haaren ("Frauenpolitik mit Inge Lange, mir wird bange"), geschafft, jahrzehntelang wirkte die LPG-Vorsitzende Margarete Müller völlig unscheinbar als Kandidatin des Politbüros. Potsdam und Dessau hatten jahrzehntelang Oberbürgermeisterinnen (Brunhilde Hanke und Thea Hauschild), aber das war es dann schon.
An den Universitäten und Hochschulen gab es übrigens eine ganze Reihe Dekaninnen, die jahrzehntelang energisch und persönlich bescheiden, ohne großes Gepränge und Klugtun (wenn diese Zusammenstellung passen sollte), ihr Amt ausübten.
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Beitrag(#1822742) Verfasst am: 09.03.2013, 19:24    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Utilitarismus bedeutet, das Glück der größtmöglichen Zahl einer definierten Gruppe quasi auszurechnen. Dieser eigentlich mathematisch-abstrakte und top-down-Ansatz geht aber gerade nicht von irgend welchen realen Bedürfnissen aller Individuen aus und schon gar nicht von allen Bedürfnissen aller Individuen. Im zweifelsfall werden mit den "Präferenzen" bereits Sortierungen und Hierarchisierungen menschlicher Bedürfnisse vorgenommen.


Von welchem Utilitarismus sprichst Du jetzt? Singers Präferenzutilitarismus, dem benthamschen klassischen Utilitarismus... oder? Die Mathematisierung im Utiltarismus ist übrigens eher die Anwendung in der Wirtschafts- und insbes. Wohlfahrtstheorie. In der Philosophie des Utiltarismus findet man selten klar definierte Nutzenfunktionen. Diese Unterscheidung in höhere und niedrigere Bedürfnisse findet sich gerade eher bei Mill und nicht bei Bentham. Mill wiederum hat m.W. nichtmal eine mathematische Grundform der Nutzenfunktion angegeben.


Ich beziehe mich gar nicht auf eine bestimmte Nutzenfunktion, sondern auf den dahinter stehenden theoretischen Ansatz. Egal, welche mathematische Form der Utilitarismus annimmt, rasiert die Nutzenfunktion über alle Bedürfnisse hinweg zugunsten der Optimierung eines Gesamtnutzens.

Dass Mill da schon gar keine mathematische Form mehr angeben konnte, ist doch klar: je präziser man Bedürfnisse abbildet, desto abstrakter und realitätsferner wird die Funktion.

Wie gesagt, mir geht es um den grundverkehrten Ansatz des Utilitarismus, der dem U gegenüber den vielen kleinen u1, u2, u3, ..., un den absoluten Vorrang erteilt.

Eine vernünftige Ökonomie wird sich dagegen immer an den einzelnen Bedürfnissen eines jeden Individuums orientieren und nicht nur daran, dass das große Ganze läuft.
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Beitrag(#1822745) Verfasst am: 09.03.2013, 19:43    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Menschenrechte verfolgen trotz ihrer Schwächen dagegen einen bottom-up-Ansatz, indem sie vom Individuum ausgehen und nicht von den Interessen der *Gemeinschaft*.


Im Gegenteil. Die Menschenrechte (und auch Christentum und Sozialismus) verfolgen einen top-down Ansatz, weil sie die Präferenzen und Bedürfnisse für alle Individuen gleichschalten / vorgeben. Wobei ich denke, daß bei den grundlegenden Menschenrechten auch der Präferenzutilitarismus zu sehr ähnlichen Ergebnissen kommen müßte, da die wichtigsten Präferenzen der meisten Menschen sich mit ihren fundamentalen Bedürfnissen decken, die stark von ihrer Natur determminiert werden.


Aha. Du willst also, bevor du das Bedürfnis nach Nahrung feststellst, einen Fragebogen ausgeben, wo die Menschen dann ankreuzen, dass sie auch mal waszu essen brauchen?

Und wenn man das auch ohne Fragebogen weiß, dass jeder Mensch gesunde und abwechslungsreiche Nahrung braucht, dann ist das sozialistische Gleichschaltung, oder wie?

step hat folgendes geschrieben:
Der Vorteil des Präferenzutilitarismus vor anderen Ethiken, auch sozialistischen, zeigt sich besonders dann, wenn es Interessenskonflikte gibt. Ein - zugegeben etwas plumpes - Beispiel bringt uns wieder zurück zum Thema Sexismus:

Welche Bedürfnisse hat die Frau?

Christentum: die Bibel befolgen (Evangelikale), die Bibel zurechtlügen (Käßmann diese Woche), den Papst fragen (Katholiken)
Sozialismus: bei Marx / Lenin nachlesen oder "biologisch erforschen"?
Präferenzutilitarismus: Die Frauen selber fragen!


Wie an anderer Stelle bereits gesagt, muss es erlaubt sein, sich in gesellschaftlichen Debatten dem Konsens zu entziehen. Es gibt wie gesagt in dieser Gesellschaft hier Interessen, die nicht miteinander vereinbar sind. Dies versuchst du zu verkleistern, indem du a) mit deiner Durchschnitts-Präferenzfunktion drüber wischt und indem du b) so tust, als sei Konsens keine Sache der Auflösung von ggf. gegensätzlichen Interessen, sondern von Konsensgesprächen, die im Zweifelsfall jeden echten Dissenz zugunsten fauler Kompromisse und Sprachregelungen unter den Teppich kehren.

Und was die Sexismus-Sache angeht, wo du wieder Fragebögen verteilen wllst - diesmal an die Frauen - auch da ist es doch so, dass Forschung nicht verboten sein darf, ebenso wie bei den sonstigen objektiven Bedürfnissen der Menschen.

Denn auch die Erforschung objektiver menschlicher Bedürfnisse ist Teil der gesamten Wissenschaft, so dass eben die Menschenrechte und Bedürfnissysteme auf wissenschaftlicher Grundlage entsprechend weiter zu entwickeln sind.

Den Bedürfnissen aber ihren objektiven Charakter abzusprechen, wie du es versuchst, heisst, sie zu bloß subjektiven Phänomenen herab zu stufen. Dies sind sie nicht, wie du aus den Ausführungen von Sam Harris wissen solltest. Es lässt sich nachweisen, wann die Nichtbefriedigung bestimmter Bedürfnisse objektiv schädigend ist.

Außerdem sollte man berücksichtigen, dass Bedürfnisse das eine sind, jedoch nicht unbedingt mit einem bestimmten Verhalten verknüpft sein müssen. Darüber hinaus geht es - nach Harris - nicht um moralisches Verhalten allein, sondern auch um moralische Verhältnisse.

Überhaupt geht es darum, dass sich die Verhältnisse nach den Menschen richten und nicht die Menschen nach den Verhältnissen.

Und aus diesem Grunde sind auch die Menschenrechte Forderungen der Menschheit an die Institutionen und nicht Forderungen der Institutionen an die Menschheit. Der Ansatz der universellen Menschenrechte ist insofern mit einer konformistischen Anpassung an eine *ausdebattierte* Nutzenfunktion inklusive passender *Gemeinschaftsmoral* nicht vereinbar ...-!
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Beitrag(#1822747) Verfasst am: 09.03.2013, 20:01    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Aber genau das ist das Problem, dass kein konkreter *Nutzen* festgelegt ist.

Nee, das ist gerade ein zusätzlicher aufgeklärter Freiheitsgrad.


Dieser "Freiheitsgrad" kann auch dazu missbraucht werden, objektive Bedürfnisse hinweg zu diskutieren.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ganz anders bei den Menschenrechten oder auch bei der Bedürfnispyamide nach Maslow.

Richtig, da wird es einfach top-down festgelegt zwinkern


Du meinst, die Menschenrechte und die Bedürfnispyramide, die haben sich einfach irgend welche Leute ganz beliebig ausgedacht und man könnte sich genau so gut was ganz anderes denken?

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Es ist doch auch illusorisch durch gemeinschaftliche Debatten so eine Nutzenfunktion zu generieren. Das ist doch nur eine Umschreibung dafür, dass sich einzelne Egoismen unter den dabei beschlossenen Gesamt-Egoismus unterzuordnen haben. ---> Konformismus.

Lachen - da zeigt sich, wer hier die Interessen der Menschen wirklich berücksichtigen will ... merkst Du eigentlich, wie sehr Du Deinen eigenen Forderungen widersprichst?


Mich überrascht es etwas, dass du so sehr an sozialistischen Präferenzfunktionen interessiert bist. Das sieht so nach Planwirtschaft aus und die soll ja nicht funktionieren. Cool

Mal im Ernst: Der Punkt ist doch, auf welche Weise sich einzelne Bedürfnisse feststellen lassen. Was dann daraus für eine "Funktion" folgt, lässt sich von vorn herein gar nicht sagen.

es könnte nämlich durchaus sein, dass verschiedene Heuristiken hier wesentlich leistungsfähiger wären, da bin ich mir nicht ganz sicher.

Jedenfalls würde ich aber die mathematische Form nicht in den Vordergrung stellen, sondern die Inhalte der Variablen, deren Ermittlung allein durch Befragung und Diskussion mit Sicherheit völlig unzureichend und verfälschend wäre.
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Beitrag(#1822749) Verfasst am: 09.03.2013, 20:13    Titel: Antworten mit Zitat

goatmountain hat folgendes geschrieben:
http://www.stern.de/politik/deutschland/schnauze-wessi-das-dirndl-ist-die-burka-des-westens-1981002.html

Vorsicht! Satire!


Guter Beitrag! Die DDR war der BRD in dieser Angelegenheit eben meilenweit voraus.

Zitat:
Danach finden es in Westdeutschland immer noch 41 Prozent der Männer und 39 Prozent der Frauen (!) für alle Beteiligten besser, wenn der Mann im Beruf stehe und sich die Frau um Familie und Haushalt kümmere. Im Osten sagen das "nur" 19 Prozent der Männer und 17 Prozent der Frauen - vermutlich eingewanderte Paare aus Ostanatolien oder Ostwestfalen.

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Beitrag(#1822776) Verfasst am: 09.03.2013, 22:36    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Idee, dass ein natürlicher Egoismus durchaus auch mit einem sehr guten sozialen Miteinander kompatibel ist, kommt dem bürgerlichen Individuum erst gar nicht in den Kopf.

Ich dachte, die ganze Ideologie des Kapitalismus würde darauf beruhen, dass Egoismus letztlich gut für alle sei.


Kapitalismus ist aber Egoismus bei ungleichen Machtverhältnissen.
Das ist eine absurde Einschränkung, da Macht nur in ungleicher Verteilung existieren kann.
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Kival
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Beitrag(#1822777) Verfasst am: 09.03.2013, 22:42    Titel: Antworten mit Zitat

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Idee, dass ein natürlicher Egoismus durchaus auch mit einem sehr guten sozialen Miteinander kompatibel ist, kommt dem bürgerlichen Individuum erst gar nicht in den Kopf.

Ich dachte, die ganze Ideologie des Kapitalismus würde darauf beruhen, dass Egoismus letztlich gut für alle sei.


Kapitalismus ist aber Egoismus bei ungleichen Machtverhältnissen.
Das ist eine absurde Einschränkung, da Macht nur in ungleicher Verteilung existieren kann.


Kommt auf den Machtbegriff an... und selbst wenn wäre es nicht absurd sondern nur tautologisch.
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Beitrag(#1822780) Verfasst am: 09.03.2013, 22:55    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptikers Behauptung, die Vereinbarkeit von Egoismus und sozialem Miteinander käme keinem bürgerlichen Individuum in den Sinn, zeugt jedenfalls von völliger Unkenntnis.
Allein schon hier im Forum mit diversen Forderungen nach Zurückstellung des Egoismus zugunsten vermehrter Rücksichtsnahme etwas zwecks Bekämpfung des Sexismus sieht man die bürgerliche Einstellung zum Egoismus sehr gut.

Selbst wenn das so wäre, würde daraus nicht annähernd Deine Behauptung folgen. Abgesehen von diesem logischen Fehler (aus Einzelbeispielen eine Allaussage zu folgern) zeigt sich hier wieder sehr schön, daß Du gern alles, was Dir nicht gefällt, einfach mit dem Etikett "bürgerlich" versiehst. Der Begriff "bürgerlich" wird dadurch zu einer beliebig verwendbaren Hetzparole, der jegliche nachvollziehbare Bedeutung und innere Konsistenz verlorengegangen ist.


Ich zitiere den Meister des Utilitarismus am besten mal selbst:

Zitat:
,,Die Moral ist nichts als die Regulierung des Egoismus"

Jeremy Bentham
http://www.bfg-bayern.de/ethik/Stichwort/Utilisarismus.htm


Vielleicht glaubst du mir nun, dass die bürgerliche (Benimm-)Moral wie auch die religiöse Moral vor allem in der Einschränkung des individuellen Egoismus zugunsten von etwas *größerem* (als das Individuum selber) besteht.

Die Debatten hier in diesem thread zeigen dies auch.
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Beitrag(#1822785) Verfasst am: 09.03.2013, 23:53    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptikers Behauptung, die Vereinbarkeit von Egoismus und sozialem Miteinander käme keinem bürgerlichen Individuum in den Sinn, zeugt jedenfalls von völliger Unkenntnis.
Allein schon hier im Forum mit diversen Forderungen nach Zurückstellung des Egoismus zugunsten vermehrter Rücksichtsnahme etwas zwecks Bekämpfung des Sexismus sieht man die bürgerliche Einstellung zum Egoismus sehr gut.

Selbst wenn das so wäre, würde daraus nicht annähernd Deine Behauptung folgen. Abgesehen von diesem logischen Fehler (aus Einzelbeispielen eine Allaussage zu folgern) zeigt sich hier wieder sehr schön, daß Du gern alles, was Dir nicht gefällt, einfach mit dem Etikett "bürgerlich" versiehst. Der Begriff "bürgerlich" wird dadurch zu einer beliebig verwendbaren Hetzparole, der jegliche nachvollziehbare Bedeutung und innere Konsistenz verlorengegangen ist.


Ich zitiere den Meister des Utilitarismus am besten mal selbst:

Zitat:
,,Die Moral ist nichts als die Regulierung des Egoismus"

Jeremy Bentham
http://www.bfg-bayern.de/ethik/Stichwort/Utilisarismus.htm


Er soll auch gesagt haben "Die Moral ist steter Angriff auf das Recht des Stärkeren". Was sagt uns das nun? Nichts. Das sind doch bestenfalls nette Aphorismen. Ja, Bentham möchte den Egoismus regulieren, er denkt aber nicht, dass Egoismus per se falsch wäre, sondern glaubt ja gerade, aus Egoismus Altruismus erwachsen kann. Es ist aber sowieso sehr problematisch, den Utiltarismus auf Bentham (und Mill oder Singer) zu reduzieren. Du wirfst hier aber gerne alles mögliche durcheinander. An welcher Stelle gibt es bspw. bei Singer einen Top-Down-Ansatz? Singer summiert gerade nicht einfach den Nutzen aller Individuen. Mill wendet sich dagegen, dass Bentham einfach Nutzen und Glück nur quantifizieren möchte, aber nicht zwischen verschiedenen Qualitäten des Glücks unterscheidet. Es gibt bestimmt auch noch Formen des Utilitarismus, die ich überhaupt nicht kenne.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Vielleicht glaubst du mir nun, dass die bürgerliche (Benimm-)Moral wie auch die religiöse Moral vor allem in der Einschränkung des individuellen Egoismus zugunsten von etwas *größerem* (als das Individuum selber) besteht.


Nicht etwas größerem, sondern Einschränkung des Egoismus zugunsten anderer Individuen. Und ja, auch eine perfekte kommunistische Gesellschaft bräuchte immer noch Rücksichtnahme.
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Beitrag(#1822789) Verfasst am: 10.03.2013, 00:21    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ich zitiere den Meister des Utilitarismus am besten mal selbst:

Zitat:
,,Die Moral ist nichts als die Regulierung des Egoismus"

Jeremy Bentham
http://www.bfg-bayern.de/ethik/Stichwort/Utilisarismus.htm


Er soll auch gesagt haben "Die Moral ist steter Angriff auf das Recht des Stärkeren". Was sagt uns das nun? Nichts. Das sind doch bestenfalls nette Aphorismen.


Dieses zweite Zitat ist nur eine andere Formulierung des ersteren. Bentham sieht da quasi eine Skala zwischen Egoismus und Altruismus vor sich und wählt den Mittelweg zwischen beiden, um den größtmöglichen Nutzen "für alle" zu erreichen.

Deswegen sagte ich ja: es ist für das bürgerliche Individuum undenkbar, dass Egoismus und soziales Miteinander sich durchaus miteinander vereinbaren können. Auch für Bentham und die sonstigen Utilitaristen ist dies undenkbar.

Kival hat folgendes geschrieben:
Ja, Bentham möchte den Egoismus regulieren, er denkt aber nicht, dass Egoismus per se falsch wäre, sondern glaubt ja gerade, aus Egoismus Altruismus erwachsen kann.


Ja.

Kival hat folgendes geschrieben:
Es ist aber sowieso sehr problematisch, den Utiltarismus auf Bentham (und Mill oder Singer) zu reduzieren. Du wirfst hier aber gerne alles mögliche durcheinander. An welcher Stelle gibt es bspw. bei Singer einen Top-Down-Ansatz? Singer summiert gerade nicht einfach den Nutzen aller Individuen. Mill wendet sich dagegen, dass Bentham einfach Nutzen und Glück nur quantifizieren möchte, aber nicht zwischen verschiedenen Qualitäten des Glücks unterscheidet. Es gibt bestimmt auch noch Formen des Utilitarismus, die ich überhaupt nicht kenne.


Jeder der Genannten und Ungenannten hat eben jene Nutzenfunktion im Kopf, die anschließend den Menschen übergestülpt wird. das ist der top-down-Ansatz. In dem von mit verlinkten Text über Bentham und Mill wird ja auch darauf hingewiesen, dass regelmäßig der einzelne vor dem Ganzen zurückstehen müsse. Bentham plädiert für äußeren Zwang, Mill zusätzlich für inneren Zwang.

So soziale der Utilitarismus zunächst daher humpelt, so reaktionär zeigt er sich im Falle von Interessenkonflikten.

Die Diktatur der Nutzenfunktion verwandelt sich sehr schnell in eine Diktatur der geforderten Nützlichkeit des Individuums vor der Gesellschaft.

Kival hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Vielleicht glaubst du mir nun, dass die bürgerliche (Benimm-)Moral wie auch die religiöse Moral vor allem in der Einschränkung des individuellen Egoismus zugunsten von etwas *größerem* (als das Individuum selber) besteht.


Nicht etwas größerem, sondern Einschränkung des Egoismus zugunsten anderer Individuen.


Nein, sondern zugunsten des großen U, das ist der Gesamtnutzen, nicht andere Individuen.

In Zeiten des Neoliberalismus, also der offeneren Kapitalmoral verwandelt sich die utilitarisch kalkulierte Gesamtmoral in einen neoliberalen Utilitarismus, in dem Menschen nach Kapital-Nützlichkeits-Erwägungen bewertet werden, was sich dann nicht nur auf ihr Verhalten beziehen muss.

Dann wird irgendwann der Egoismus des Einzelnen nichts, der Egoismus des Volkes alles.

Es ist im Grunde ein Kontinuum, wieviel Egoismus das Individuum in Zeiten der Kapitalverwertungskrise an der Garderobe abzugeben hat.

Kival hat folgendes geschrieben:
Und ja, auch eine perfekte kommunistische Gesellschaft bräuchte immer noch Rücksichtnahme.


Es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen einer Rücksichtsnahme aus Begeisterung und einer Rücksichtsnahme wegen äußerer und innerer Zwänge, so wie es auch Unterschiede gibt zwischen einer Tätigkeit aus Begeisterung und einer Tätigkeit aus äußeren oder inneren Zwängen.
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Beitrag(#1822831) Verfasst am: 10.03.2013, 13:17    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:


Kival hat folgendes geschrieben:
Und ja, auch eine perfekte kommunistische Gesellschaft bräuchte immer noch Rücksichtnahme.


Es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen einer Rücksichtsnahme aus Begeisterung und einer Rücksichtsnahme wegen äußerer und innerer Zwänge, so wie es auch Unterschiede gibt zwischen einer Tätigkeit aus Begeisterung und einer Tätigkeit aus äußeren oder inneren Zwängen.


Sind in einer perfekten kommunistischen Gesellschaft die Menschen dauerbegeistert?
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