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Moraldilemma
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rk72
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Anmeldungsdatum: 09.04.2008
Beiträge: 2462

Beitrag(#1006590) Verfasst am: 24.05.2008, 01:12    Titel: Antworten mit Zitat

fornit hat folgendes geschrieben:
rk72 hat folgendes geschrieben:
@Babyface
Es gibt somit auch keine Antwort auf die Frage.


ich glaube, darauf will er hinaus.


Dann ist die Frage aber langweilig.
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fornit
Kaktus



Anmeldungsdatum: 06.10.2003
Beiträge: 552
Wohnort: Wohn ich in der Wüste oder andersum?

Beitrag(#1006594) Verfasst am: 24.05.2008, 01:25    Titel: Antworten mit Zitat

rk72 hat folgendes geschrieben:
fornit hat folgendes geschrieben:
rk72 hat folgendes geschrieben:
@Babyface
Es gibt somit auch keine Antwort auf die Frage.


ich glaube, darauf will er hinaus.


Dann ist die Frage aber langweilig.


nach deinen masstäben ist dann wohl auch gödels unvollständigkeitssatz langweilig?
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rk72
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Anmeldungsdatum: 09.04.2008
Beiträge: 2462

Beitrag(#1006597) Verfasst am: 24.05.2008, 01:37    Titel: Antworten mit Zitat

fornit hat folgendes geschrieben:
nach deinen masstäben ist dann wohl auch gödels unvollständigkeitssatz langweilig?


Das Problem ist, daß das eine ein Dilemma ist, das andere ein Paradoxon. Das Dilemma so abwandeln, daß es ein Paradoxon wird mag zwar nett sein, aber nicht in einer Diskussion in der es um das Dilemma geht. Man kann die beiden Diskussionen nicht gleichzeitig führen, denn sie widersprechen sich.
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Agnost
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Anmeldungsdatum: 12.11.2006
Beiträge: 5618

Beitrag(#1006601) Verfasst am: 24.05.2008, 01:48    Titel: Re: Moraldilemma Antworten mit Zitat

Heiner hat folgendes geschrieben:
Gestern war der Philosoph R. Precht bei Kerner. Dort hat er folgendes (vielen sicher bekanntes) Moraldilemma vorgestellt, das ich hier auch mal zur Diskussion stelle:

Man stelle sich vor, ein Zug braust führerlos dahin, auf dem Gleis stehen 5 Gleisarbeiter.
Ihr habt die Möglichkeit, die 5 Arbeiter vor dem Tod zu retten, indem ihr eine Weiche stellt.
Dadurch würde allerdings 1 Arbeiter getötet, der auf dem anderen Gleis steht.

Frage: Würdet ihr die Weiche stellen? Hieltet ihr dies für moralisch richtig?

Dazu folgende Erweiterung:
Das gleiche Szenario, nur steht ihr diesmal auf der Brücke. Dort steht auch ein dicker Mann.
Wenn ihr den dicken Mann auf das Gleis hinunterwerft, hättet ihr die Möglichkeit, den Zug zu stoppen, um die 5 Arbeiter zu retten.

Frage: Hieltet ihr es für moralisch richtig, den dicken Mann hinunterzuwerfen?

---

Meine eigene Antwort werde ich dazu noch posten... Cool


Das Dilemma fand vor kurzen auf der Lötschbergstrecke statt. Und da der Bau-Zug in hohem Tempo ungebremmst auf den Bahnhof Thun zuraste, wo mit vielen Toten gerechnet wurde, wurde der nicht mehr bremsbare Zug mitsamt der Besatzung auf ein Gleis geleitet, wo er auf stillstehende Wagen prallte. Die gesammte Besatzung starb.

Agnost
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fornit
Kaktus



Anmeldungsdatum: 06.10.2003
Beiträge: 552
Wohnort: Wohn ich in der Wüste oder andersum?

Beitrag(#1006603) Verfasst am: 24.05.2008, 01:57    Titel: Antworten mit Zitat

rk72 hat folgendes geschrieben:
fornit hat folgendes geschrieben:
nach deinen masstäben ist dann wohl auch gödels unvollständigkeitssatz langweilig?


Das Problem ist, daß das eine ein Dilemma ist, das andere ein Paradoxon. Das Dilemma so abwandeln, daß es ein Paradoxon wird mag zwar nett sein, aber nicht in einer Diskussion in der es um das Dilemma geht. Man kann die beiden Diskussionen nicht gleichzeitig führen, denn sie widersprechen sich.


du meinst es ist in einer diskussion um ein moralisches dilemma nicht legitim, einzuwenden, daß das dilemma ein subjektives ist und keine entgültige lösung hat?
ok, langweilig kann das schon sein, themenrelevant ist es imho aber trotzdem.
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rk72
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Anmeldungsdatum: 09.04.2008
Beiträge: 2462

Beitrag(#1006604) Verfasst am: 24.05.2008, 01:59    Titel: Re: Moraldilemma Antworten mit Zitat

Agnost hat folgendes geschrieben:
Das Dilemma fand vor kurzen auf der Lötschbergstrecke statt. Und da der Bau-Zug in hohem Tempo ungebremmst auf den Bahnhof Thun zuraste, wo mit vielen Toten gerechnet wurde, wurde der nicht mehr bremsbare Zug mitsamt der Besatzung auf ein Gleis geleitet, wo er auf stillstehende Wagen prallte. Die gesammte Besatzung starb.


Ist aber nicht ganz vergleichbar, denn wenn der Zug in den Bahnhof gefahren wäre, wäre die Besatzung wahrscheinlich auch umgekommen.

Außerdem wurde diese Entscheidung eher aus ökonomischen Gründen getroffen. Der Schaden für die Bahngesellschaft (Schadenersatzforderungen, Zerstörung des Bahnhofs) wären größer als bei der Alternative.
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Agnost
dauerhaft gesperrt



Anmeldungsdatum: 12.11.2006
Beiträge: 5618

Beitrag(#1006609) Verfasst am: 24.05.2008, 02:18    Titel: Re: Moraldilemma Antworten mit Zitat

rk72 hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Das Dilemma fand vor kurzen auf der Lötschbergstrecke statt. Und da der Bau-Zug in hohem Tempo ungebremmst auf den Bahnhof Thun zuraste, wo mit vielen Toten gerechnet wurde, wurde der nicht mehr bremsbare Zug mitsamt der Besatzung auf ein Gleis geleitet, wo er auf stillstehende Wagen prallte. Die gesammte Besatzung starb.


Ist aber nicht ganz vergleichbar, denn wenn der Zug in den Bahnhof gefahren wäre, wäre die Besatzung wahrscheinlich auch umgekommen.

Außerdem wurde diese Entscheidung eher aus ökonomischen Gründen getroffen. Der Schaden für die Bahngesellschaft (Schadenersatzforderungen, Zerstörung des Bahnhofs) wären größer als bei der Alternative.


Oh nein, aus ökonomischen Entscheidungen wurde sicher nicht so gehandelt. Der Bauzug, der in Frutigen nicht richtig entkoppelt wurde raste ja zuerst auf Spiez zu, dort waren aber die Weichen belastbarer als in Thun. Erst als der Zug von Spiez nach Thun nicht an Tempo verlor, wurde die Entscheidung getroffen, diesen auf die stehenden Wagen aufprallen zu lassen.
Ob die Besatzung in Thun bei einer Entgleisung auch gestorben wäre kann nicht ausgeschlossen werden, aber zwingend wäre es nicht.

Agnost
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Heiner
Grundrechte-Fan



Anmeldungsdatum: 29.05.2006
Beiträge: 1217

Beitrag(#1006618) Verfasst am: 24.05.2008, 07:19    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Du bist dir aber im Klaren, dass du damit den Begriff der Verantwortung entleerst?
Du bist dann nämlich für buchstäblich alles, was auf dieser großen, weiten Welt passiert, verantwortlich.

Ja, mag sein, dass ich so erkennen muss, dass ich dann für sehr viele Ereignisse eine Verantwortung trage. Darin sehe ich aber keine Entleerung des Verantwortungsbegriffs, sondern ganz im Gegenteil eine Füllung mit weiteren Fragestellungen nach dem Grad meiner Verantwortung.


Du wärst dann nicht für "sehr viele" Ereignisse verantwortlich, sondern für buchstäblich alle.
Die Menge meiner Nicht-Handlungen ist unendlich. Wenn man davon ausgeht, dass aus sämtlichen unterlassenen Handlungen (z.B. auch das Nicht-Töten von Menschen) Verantwortlichkeit resultiert, bin ich für Beliebiges verantwortlich.

Beispiele: - Ich wandere nicht in die USA aus, schließe mich nicht der republikanischen Partei an, beteilige mich nicht an den Präsidentschaftskandidaten-Vorwahlen. Deshalb bin ich dafür (mit)verantwortlich, dass McCain zum Präsidentschaftskandidat gewählt wird, weil ich nicht den Gegenkandidaten unterstützt habe.
- Ich gehe nicht nach China und werde nicht Reisbauer in Mou-lang. Deshalb bin ich dafür verantwortlich, dass in Mou-lang ein Sack Reis umfällt, weil ich nicht daneben stand, um dies zu verhindern.

Aus Beliebigem folgt Beliebiges. Wenn ich Verantwortlichkeit nicht mehr gegenüber Nichtverantwortlichkeit abgrenzen kann, ist der Begriff Verantwortung bedeutungsleer.

Zitat:
Dein Verantwortungsbegriff läuft ja auf nichts anderes als darauf hinaus, die Verantwortung für ethisch motivierte Handlungsentscheidungen ganz zu negieren, also die Verantwortungsübernahme für die Konsequenzen der eigenen Ethik zu verweigern. Das wird sehr deutlich, wenn man diesen Verantwortungsbegriff mal auf das Zugbeispiel überträgt:

Du: "Die Weiche umzustellen liegt nicht im Rahmen meiner Handlungsmöglichkeiten, da das aktive Töten von Menschen mit meiner Ethik unvereinbar ist. Also trage ich keine Verantwortung für das Nicht-Umstellen der Weiche und den Tod der fünf Arbeiter"

Der Weichenumsteller: "Die Weiche nicht umzustellen, liegt nicht im Rahmen meiner Handlungsmöglichkeiten, da dies mit meiner Bodycount-Ethik unvereinbar ist. Also trage ich keine Verantwortung für die Umstellung der Weiche und den Tod des einen Arbeiters."


Der Schluss auf die Position des Weichenumstellers ist so nicht zulässig.
Dort, wo ich eine Handlung aktiv begehe, bin ich in jedem Fall für die Folgen der Handlung verantwortlich. (Ich greife physisch ein, mein Tun hat physische Folgen). Dies ist beim Weichenumsteller der Fall.
Dort, wo ich eine mir unmögliche Handlung unterlasse, bin ich nicht für das Geschehen
verantwortlich, weil ich sonst, wie oben gezeigt, für alles, was geschieht, verantwortlich sein müsste, der Begriff der Verantwortung somit bedeutungsleer würde.

Noch mal am simplen Beispiel: Ein Selbstmörder steht auf der Brücke, bereit zum Sprung, ich komme vorbei. Es hindert mich nichts, den Selbstmörder abzuhalten.
Ob ich nun etwas tue oder nicht, ich trage für das Geschehen Verantwortung.
Bin ich unfähig zu handeln, sei es, weil ich plötzlich am frisch geteerten Boden festklebe
oder auch weil ich zu geschockt und daher paralysiert bin, trage ich keine Verantwortung für das Geschehen.
Deiner Ansicht nach wäre ich auch dann verantwortlich für den Tod des Selbstmörders, wenn ich am Boden festklebe oder oder...
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Norton
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Anmeldungsdatum: 11.11.2006
Beiträge: 4372

Beitrag(#1006641) Verfasst am: 24.05.2008, 10:01    Titel: Antworten mit Zitat

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Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11519

Beitrag(#1006645) Verfasst am: 24.05.2008, 10:32    Titel: Antworten mit Zitat

Heiner hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Du bist dir aber im Klaren, dass du damit den Begriff der Verantwortung entleerst?
Du bist dann nämlich für buchstäblich alles, was auf dieser großen, weiten Welt passiert, verantwortlich.

Ja, mag sein, dass ich so erkennen muss, dass ich dann für sehr viele Ereignisse eine Verantwortung trage. Darin sehe ich aber keine Entleerung des Verantwortungsbegriffs, sondern ganz im Gegenteil eine Füllung mit weiteren Fragestellungen nach dem Grad meiner Verantwortung.


Du wärst dann nicht für "sehr viele" Ereignisse verantwortlich, sondern für buchstäblich alle.
Die Menge meiner Nicht-Handlungen ist unendlich. Wenn man davon ausgeht, dass aus sämtlichen unterlassenen Handlungen (z.B. auch das Nicht-Töten von Menschen) Verantwortlichkeit resultiert, bin ich für Beliebiges verantwortlich.

Beispiele: - Ich wandere nicht in die USA aus, schließe mich nicht der republikanischen Partei an, beteilige mich nicht an den Präsidentschaftskandidaten-Vorwahlen. Deshalb bin ich dafür (mit)verantwortlich, dass McCain zum Präsidentschaftskandidat gewählt wird, weil ich nicht den Gegenkandidaten unterstützt habe.
- Ich gehe nicht nach China und werde nicht Reisbauer in Mou-lang. Deshalb bin ich dafür verantwortlich, dass in Mou-lang ein Sack Reis umfällt, weil ich nicht daneben stand, um dies zu verhindern.

Aus Beliebigem folgt Beliebiges. Wenn ich Verantwortlichkeit nicht mehr gegenüber Nichtverantwortlichkeit abgrenzen kann, ist der Begriff Verantwortung bedeutungsleer.

Du wiederholst Dich, ich habe darauf schon geantwortet:

Babyface hat folgendes geschrieben:
Darin sehe ich aber keine Entleerung des Verantwortungsbegriffs, sondern ganz im Gegenteil eine Füllung mit weiteren Fragestellungen nach dem Grad meiner Verantwortung. Den großen Nutzen des Verantwortungsbegriff sehe ich nämlich weniger in seiner dichotomen Anwendung, zu entscheiden, ob ich für bestimmte Ergeignisse Verantwortung trage oder nicht, sondern in der Anregung zur Reflexion, zu welchen Grad meine Entscheidungen, auf eine bestimmte Art und Weise zu Handeln oder nicht zu Handeln, Einfluss auf Ereignisse hat, die ich für wünschenswert oder nicht wünschenswert halte. Verantwortung zu übernehmen bedeutet für mich, mir dieser Einflüsse bewusst zu werden und sie mehr oder weniger als Folgen meiner Entscheidungen und damit mehr oder weniger beeinflussbar zu betrachten.


Der Verantwortungebegriff hat einen Sinn, solange er irgendwie diskriminieren kann. Diese Diskriminierungsfähigkeit ist nicht auf eine dichotomen Zuweisung von Verantwortung (ja/nein) angewiesen, sondern kann auch durch Zuweisung unterschiedlicher Verantwortungsgrade (sehr geringe Verantwortung bis sehr hohe Verantwortung) verwirklicht werden. Dein Einwand läuft also ins Leere (zu Deinen Beispielen siehe weiter unten).


Zitat:
Zitat:
Dein Verantwortungsbegriff läuft ja auf nichts anderes als darauf hinaus, die Verantwortung für ethisch motivierte Handlungsentscheidungen ganz zu negieren, also die Verantwortungsübernahme für die Konsequenzen der eigenen Ethik zu verweigern. Das wird sehr deutlich, wenn man diesen Verantwortungsbegriff mal auf das Zugbeispiel überträgt:

Du: "Die Weiche umzustellen liegt nicht im Rahmen meiner Handlungsmöglichkeiten, da das aktive Töten von Menschen mit meiner Ethik unvereinbar ist. Also trage ich keine Verantwortung für das Nicht-Umstellen der Weiche und den Tod der fünf Arbeiter"

Der Weichenumsteller: "Die Weiche nicht umzustellen, liegt nicht im Rahmen meiner Handlungsmöglichkeiten, da dies mit meiner Bodycount-Ethik unvereinbar ist. Also trage ich keine Verantwortung für die Umstellung der Weiche und den Tod des einen Arbeiters."


Der Schluss auf die Position des Weichenumstellers ist so nicht zulässig.
Dort, wo ich eine Handlung aktiv begehe, bin ich in jedem Fall für die Folgen der Handlung verantwortlich. (Ich greife physisch ein, mein Tun hat physische Folgen). Dies ist beim Weichenumsteller der Fall.
Dort, wo ich eine mir unmögliche Handlung unterlasse, bin ich nicht für das Geschehen
verantwortlich, weil ich sonst, wie oben gezeigt, für alles, was geschieht, verantwortlich sein müsste, der Begriff der Verantwortung somit bedeutungsleer würde.

Noch mal am simplen Beispiel: Ein Selbstmörder steht auf der Brücke, bereit zum Sprung, ich komme vorbei. Es hindert mich nichts, den Selbstmörder abzuhalten.
Ob ich nun etwas tue oder nicht, ich trage für das Geschehen Verantwortung.
Bin ich unfähig zu handeln, sei es, weil ich plötzlich am frisch geteerten Boden festklebe
oder auch weil ich zu geschockt und daher paralysiert bin, trage ich keine Verantwortung für das Geschehen.
Deiner Ansicht nach wäre ich auch dann verantwortlich für den Tod des Selbstmörders, wenn ich am Boden festklebe oder oder...

Nein ich würde keine oder wenn, nur mariginale Verantwortung tragen, wenn ich am Boden festkleben würde, weil ich mich nicht entschieden habe, am Boden festzukleben. Die physikalische Einschränkung von Handlungsmöglichkeiten wirkt sich nämlich auch bei meinem Verantwortungsbegriff aus, indem sie den Grad der Verantwortung reduziert, in dem Fall möglicherweise sogar auf Null.

Der Unterschied zwischen unseren Verantwortungskonzepten liegt darin, dass Du auch Einschränkungen von Handlungsmöglichkeiten durch eigene ethische Normen als verantwortungsmildernde bzw. verantwortungsbefreiende Umstände gelten lässt, allerdings nur im Falle von Nicht-Handeln, was mE eine willkürliche Setzung ist.

Das, und das betone ich nochmal, bedeutet schlicht, in solchen Fällen Verantwortung für Deine eigenen ethischen Setzungen zu bestreiten, bzw. so zu tun als ob Dir diese ethischen Handlungsregeln aufgezwungen wurden und Du wie eine Marionette dranhängst, so wie ich im Teer festklebe. Das ist, mit Verlaub, ein ziemlich widersinniges, anti-aufklärerisches Konzept von Verantwortung. Und dieses Konzept kannst Du auch nicht dadurch stärken, in dem Du vermeintlich absurde Konsequenzen in alternativen Verantwortungskonzepten aufzeigst. Schauen wir uns dazu doch mal Deine Beispiele von weiter oben mal genauer an:

Zitat:
Ich gehe nicht nach China und werde nicht Reisbauer in Mou-lang. Deshalb bin ich dafür verantwortlich, dass in Mou-lang ein Sack Reis umfällt, weil ich nicht daneben stand, um dies zu verhindern.

Da Du für Nicht-Handeln ja Verantwortung nicht grundsätzlich, sondern nur unter bestimmten Bedingungen negierst, lohnt es sich vielleicht mal zu schauen, ob diese Bedigungen hier überhaupt erfüllt sind. Ich gehe einfach mal davon aus, dass es mit Deiner Ethik vereinbar ist, nach China zu fahren und den Sack aufzufangen. Das heißt, wenn keine anderen Einschränkungen Deiner Handlungsmöglichkeiten vorliegen, nach China zu fahren, um den Sack Reis aufzufangen, bist Du nach Deinem eigenen Verantwortungskonzpet verantwortlich dafür, wenn ein Sack Reis in China oder sonstwo auf der Welt umfällt.
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posted by Babyface
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Ahriman
Tattergreis



Anmeldungsdatum: 31.03.2006
Beiträge: 17976
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Beitrag(#1006654) Verfasst am: 24.05.2008, 11:00    Titel: Antworten mit Zitat

Sehr wahrscheinlich wird der Weichensteller gar nicht handeln, sondern zu einem Vorgesetzten laufen, daß der für ihn entscheidet.
Als in dem ICE in Enschede in einem Abteil der Fußboden aufbrach, weil der gebrochene Radreifen ihn durchlöcherte, lief ein Passagier, der dort seinen Platz hatte los und suchte den Schaffner, statt die Notbremse zu ziehen. Er hätte die Folgen der Katastrophe ganz erheblich vermindern können.
Das wurde gestern Abend in einer Sendung bei VOX erzählt.
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Heiner
Grundrechte-Fan



Anmeldungsdatum: 29.05.2006
Beiträge: 1217

Beitrag(#1006655) Verfasst am: 24.05.2008, 11:03    Titel: Re: Moraldilemma Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:

Du meinst also: Man darf Menschen nicht aktiv töten, um anderen Menschen das Leben zu retten.
Was hälst Du dann von: Man darf Menschen nicht aktiv töten, um sich selbst das Leben zu retten.
Darauf hätte ich übrigens gerne noch eine Antwort.


Davon halte ich sehr viel. Wenn ich in der Wüste am Verdursten bin, darf ich meinem Begleiter nicht die letzte Wasserration stehlen und ihn damit auf meine Kosten zum Tode verurteilen. So jedenfalls mein ethisches Verständnis.

Und komm bitte jetzt nicht mit Angreifer-Verteidiger-Geschichten. Dies würde off-topic führen.
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Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11519

Beitrag(#1006672) Verfasst am: 24.05.2008, 11:45    Titel: Re: Moraldilemma Antworten mit Zitat

Heiner hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:

Du meinst also: Man darf Menschen nicht aktiv töten, um anderen Menschen das Leben zu retten.
Was hälst Du dann von: Man darf Menschen nicht aktiv töten, um sich selbst das Leben zu retten.
Darauf hätte ich übrigens gerne noch eine Antwort.


Davon halte ich sehr viel. Wenn ich in der Wüste am Verdursten bin, darf ich meinem Begleiter nicht die letzte Wasserration stehlen und ihn damit auf meine Kosten zum Tode verurteilen. So jedenfalls mein ethisches Verständnis.

Und komm bitte jetzt nicht mit Angreifer-Verteidiger-Geschichten. Dies würde off-topic führen.

Nein, würde es nicht. Das Problem ist ja gerade folgendes: Wenn Du ein Handlungsverbot in Fall A (z.b. Weichenumstellung im Zugbeispiel, finaler Rettungsschuß) mit einer bestimmten ethischen Norm begründest (z.b. man darf keine Menschen aktiv töten um anderen Menschen das Leben zu retten), und gleichzeitig einräumst, dass es auch Fälle B gibt, wo diese Norm nicht gültig ist (z.b. eine klassische Notwehrsituation), dann ist diese Norm keine ausreichende Entscheidungshilfe für Fall A. Genaugenommen trägt diese Norm gar nichts zur Klärung von Fall A bei, solange die Bedingungen nicht erkärt werden, unter welchen die Norm überhaupt Gültigkeit besitzt, und damit geprüft werden kann, ob diese Bedingungen auf Fall A zutreffen oder nicht. Diese Bedingungen kann man aber nur herausarbeiten, indem man sich diese unterschiedlichen Fälle genau ansieht und vergleicht.
_________________
posted by Babyface
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Xamanoth
auf eigenen Wunsch deaktiviert



Anmeldungsdatum: 07.04.2006
Beiträge: 7962

Beitrag(#1006676) Verfasst am: 24.05.2008, 11:56    Titel: Re: Moraldilemma Antworten mit Zitat

Heiner hat folgendes geschrieben:

Davon halte ich sehr viel. Wenn ich in der Wüste am Verdursten bin, darf ich meinem Begleiter nicht die letzte Wasserration stehlen und ihn damit auf meine Kosten zum Tode verurteilen. So jedenfalls mein ethisches Verständnis.

Aber nicht das des Gesetzes.
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rk72
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Anmeldungsdatum: 09.04.2008
Beiträge: 2462

Beitrag(#1006691) Verfasst am: 24.05.2008, 12:36    Titel: Re: Moraldilemma Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
Nein, würde es nicht.


Würde es schon.

Zitat:
(z.b. Weichenumstellung im Zugbeispiel, finaler Rettungsschuß)


Dir ist aber der Unterschied zwischen Weichenumstellung im Zugbeispiel und dem finalen Rettungsschuß bekannt, oder? Wären bei dem ersten Beispiel ein Unschuldiger geopfert wird um fünf andere Unschuldige zu retten, geht es im zweiten Beispiel um die Frage ob ein Schuldiger, der die Leben anderer Unschuldiger vernichten will wenn man ihm seine Forderungen nicht erfüllt, getötet werden darf. Wobei man bedenken muß, daß beim zweiten Beispiel der Agitator bewusst sein Leben als Option anbietet, während der eine Bahnarbeiter nie sein Leben für den Job riskiert.

Wobei, auch wenn es sich sonderbar anhört, auch der Geiselnehmer genauso viele Rechte hat sein Leben zu behalten wie die Geiseln. Denn auch der Geiselnehmer ist ein Bürger des Landes und hat das Recht auf die Unversehrtheit seines Lebens. Somit ist der finaler Rettungsschuß unrecht. Anders sieht es bei der Geiselbefreiung aus wo der Geiselnehmer vor eine neue Entscheidung gestellt wird. Ergibt er sich oder bringt er die Geiseln oder Geiselbefreier in direkte Lebensgefahr. Hier befinden sich die Geiselbefreier in einer direkten Notwehr Situation. Er tötet also nicht, sondern beseitigt die Gefahrensituation.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#1006700) Verfasst am: 24.05.2008, 12:57    Titel: Antworten mit Zitat

Im deutschen Wiki-Artikel zu diesem sog. Trolley-Problem, http://de.wikipedia.org/wiki/Trolley-Problem , wird im Abschnitt "Juristische Bewertung" von einer "schuldausschließenden Pflichtenkollision" gesprochen, obwohl das Unterlassen juristisch als "eher entschuldbar als positives Tun" gilt (letzteres finde ich fragwürdig). Interessanterweise schreiben sie dort aber nicht, ob auch der Dickenschubser unter die "schuldausschließende Pflichtenkollision" fiele, obwohl dieser Fall weiter oben explizit erwähnt wird. Überhaupt wird die eigentliche Problematik nicht wirklich diskutiert, wie üblich in Deutschland weicht man utilitaristischen Diskussionen aus.

Anders auf der englischsprachigen wikipedia, http://en.wikipedia.org/wiki/Trolley_problem , dort geht es überhaupt nicht um strafrechtliche Belange, sondern es werden verschiedene interessante Varianten des Problems beschrieben. Der eigentliche Punkt kommt deutlicher zur Sprache, nämlich ob und wie der Wert von Menschenleben operationalisierbar ist.

Der englische Artikel sollte gerade auch für diejenigen interessant sein, die hier versuchen, prinzipielle Unterschiede zwischen aktivem und unterlassendem Handeln, zwischen beteiligten und unbeteiligten Opfern usw. heranzuziehen.
_________________
Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.


Zuletzt bearbeitet von step am 24.05.2008, 14:09, insgesamt einmal bearbeitet
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Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11519

Beitrag(#1006709) Verfasst am: 24.05.2008, 13:07    Titel: Re: Moraldilemma Antworten mit Zitat

rk72 hat folgendes geschrieben:

Wobei, auch wenn es sich sonderbar anhört, auch der Geiselnehmer genauso viele Rechte hat sein Leben zu behalten wie die Geiseln. Denn auch der Geiselnehmer ist ein Bürger des Landes und hat das Recht auf die Unversehrtheit seines Lebens. Somit ist der finaler Rettungsschuß unrecht. Anders sieht es bei der Geiselbefreiung aus wo der Geiselnehmer vor eine neue Entscheidung gestellt wird. Ergibt er sich oder bringt er die Geiseln oder Geiselbefreier in direkte Lebensgefahr. Hier befinden sich die Geiselbefreier in einer direkten Notwehr Situation. Er tötet also nicht, sondern beseitigt die Gefahrensituation.

Sorry, Quatsch. Er tötet definitiv einen Menschen, um eine Gefahrensituation zu beseitigen. Und das tut er sowohl im direkten Notwehrszenario als auch beim finalen Rettungsschuss.
_________________
posted by Babyface
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jagy
Herb Derpington III.



Anmeldungsdatum: 26.11.2006
Beiträge: 7275

Beitrag(#1006713) Verfasst am: 24.05.2008, 13:15    Titel: Re: Moraldilemma Antworten mit Zitat

rk72 hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Nein, würde es nicht.


Würde es schon.

Zitat:
(z.b. Weichenumstellung im Zugbeispiel, finaler Rettungsschuß)


Dir ist aber der Unterschied zwischen Weichenumstellung im Zugbeispiel und dem finalen Rettungsschuß bekannt, oder? Wären bei dem ersten Beispiel ein Unschuldiger geopfert wird um fünf andere Unschuldige zu retten, geht es im zweiten Beispiel um die Frage ob ein Schuldiger, der die Leben anderer Unschuldiger vernichten will wenn man ihm seine Forderungen nicht erfüllt, getötet werden darf. Wobei man bedenken muß, daß beim zweiten Beispiel der Agitator bewusst sein Leben als Option anbietet, während der eine Bahnarbeiter nie sein Leben für den Job riskiert.

Wobei, auch wenn es sich sonderbar anhört, auch der Geiselnehmer genauso viele Rechte hat sein Leben zu behalten wie die Geiseln. Denn auch der Geiselnehmer ist ein Bürger des Landes und hat das Recht auf die Unversehrtheit seines Lebens. Somit ist der finaler Rettungsschuß unrecht. Anders sieht es bei der Geiselbefreiung aus wo der Geiselnehmer vor eine neue Entscheidung gestellt wird. Ergibt er sich oder bringt er die Geiseln oder Geiselbefreier in direkte Lebensgefahr. Hier befinden sich die Geiselbefreier in einer direkten Notwehr Situation. Er tötet also nicht, sondern beseitigt die Gefahrensituation.


Zitat:
Wobei, auch wenn es sich sonderbar anhört, auch der Geiselnehmer genauso viele Rechte hat sein Leben zu behalten wie die Geiseln. Denn auch der Geiselnehmer ist ein Bürger des Landes und hat das Recht auf die Unversehrtheit seines Lebens. Somit ist der finaler Rettungsschuß unrecht.

Nein.
Das Recht auf Leben ist einschränkbar. So zB durch ein Gesetze dass die Polizei zum finalen Rettungsschuss ermächtigt.
_________________
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Agnost
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Anmeldungsdatum: 12.11.2006
Beiträge: 5618

Beitrag(#1006731) Verfasst am: 24.05.2008, 14:00    Titel: Antworten mit Zitat

Ahriman hat folgendes geschrieben:
Sehr wahrscheinlich wird der Weichensteller gar nicht handeln, sondern zu einem Vorgesetzten laufen, daß der für ihn entscheidet.
Als in dem ICE in Enschede in einem Abteil der Fußboden aufbrach, weil der gebrochene Radreifen ihn durchlöcherte, lief ein Passagier, der dort seinen Platz hatte los und suchte den Schaffner, statt die Notbremse zu ziehen. Er hätte die Folgen der Katastrophe ganz erheblich vermindern können.
Das wurde gestern Abend in einer Sendung bei VOX erzählt.


Dann ist der Weichensteller schlicht und einfach der Vorgesetzte.

Agnost
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Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11519

Beitrag(#1006736) Verfasst am: 24.05.2008, 14:05    Titel: Antworten mit Zitat

Ich stelle mal einen älteren Beitrag von mir, der ganz gut zum Thema passt, hierein:


Babyface hat folgendes geschrieben:
Reschi hat folgendes geschrieben:
frajo hat folgendes geschrieben:
es gibt eine schwierigere, aber auch aktuellere und wichtigere frage als die nach dem wert eines menschlichen lebens.
nämlich die frage
Zitat:
sind N+M menschen mehr wert als N menschen?

sie ist vor allem für alle neuzeitlichen kriegsbefürworter fundamental.


also 100 sind mehr wert als 99 ?


Also, ähm, kommt darauf an zynisches Grinsen

Aber generell schon

Hierzu zunächst ein Gedankenexperiment: Verbrecher wollen ein tödliches Gas in zwei voneinander getrennte Kammern leiten. In der einen Kammer A befindet sich ein beliebiger Mensch, in der anderen Kammer B sind 100 beliebige Menschen eingesperrt. Durch den Druck entweder von Knopf A oder B ist es möglich entweder das Einströmen von Gas in Kammer A oder in Kammer B zu verhindern. Es ist aber nicht möglich, beide Knöpfe zu drücken. Wenn allerdings keiner der beiden Knöpfe gedrückt wird, gelangt das tödliche Gas in beide Kammern.

In diesem theoretischen Szenario hätte man also nur drei Optionen:

a) man drückt Knopf A und 100 Menschen sterben
b) man drückt Knopf B und ein Mensch stirbt
c) man drückt weder Knopf A noch Knopf B und alle Menschen sterben

Vor die Frage einer Entscheidung gestellt, würden sich die meisten Menschen wohl für Option b) entschließen. Dies kann man dahin interpretieren, dass dem Überleben von 100 beliebigen Menschen ein höherer Wert zugewiesen wird als dem Überleben eines beliebigen Menschen. Wie kommt eine solche Wertung aber zustande? Betrachtet man die Entwicklung bestimmter Wertstrukturen und Normen als Kondensat fundamentaler menschlicher Bedürfnisse, wäre es z.b. denkbar, dass jemand, der sich nicht für b) entscheidet, das Bedürfnis nach Sicherheit der meisten Menschen indirekt stärker bedroht, da die Wahrscheinlichkeit, selbst einmal allein in Kammer A gesperrt zu werden viel geringer erscheint als die Wahrscheinlichkeit, einer von den 100 Menschen zu sein.

Diesen eher unbewussten Mechanismus kann man auch an einem Beispiel aus dem Leben verdeutlichen. So finden es die meisten Menschen als gerechtfertigt, wenn in die Entwicklung von Therapien gegen tödliche Krankheiten, von denen sehr viele Menschen betroffen sind relativ mehr Ressourcen investiert werden als in die Bekämpfung sehr seltener tödlicher Erkrankungen, von deren Heilung zur Zeit nur wenige Menschen profitieren würden. Auch diese Wertung könnte ihren Ursprung in der Tatsache haben, dass sich Menschen von Krankheiten mit hoher Auftrittswahrscheinlichkeit (Basisrate) im allgemeinen stärker selbst bedroht fühlen. Ist die Wertung bereits fest internalisiert, ist sie aber u.U. auch dann noch wirksam, wenn die ursprüngliche Vorraussetzung gar nicht mehr gegeben ist (wenn wir uns also gar nicht mehr bedroht fühlen, weil wir bestimmte Risikofaktoren kennen und für uns selbst kontrollieren können).

Unter bestimmten Bedingungen hat die von frajo heftigst kritisierte „arithmetische Norm“ also durchaus ethische Relevanz. Allerdings gibt es einige Situationen, in denen sie von anderen ethischen Normen überdeckt wird. So würden es die meisten Menschen plötzlich nicht mehr akzeptieren, einem beliebigen Menschen gegen dessen Willen lebenswichtige Organe zu entnehmen, um damit zwei anderen kranken Menschen das Leben zu retten. Wenn man die arithmetische Norm wirklich als basale ethische Urteilsheuristik unterstellt, wäre diese Bewertung augenscheinlich inkonsistent. Nimmt man aber das Sicherheitsbedürfnis von Menschen als grundlegenderes Prinzip an, dann wird auch diese Wertung plausibel. Hier stellt womöglich die Verletzung der Norm, Unschuldige nicht gezielt zu töten, eine schwerwiegendere Bedrohung für das Sicherheitsgefühl dar als die Verletzung der arithmetischen ethischen Norm.

Die Norm, Unschuldige nicht gezielt zu töten scheint mir (zusammen mit der arithmetischen Norm) darüber hinaus auch der Norm, das Töten Unschuldiger unter keinen Umständen in Kauf zu nehmen, gewisse Grenzen zu setzen. Unter Umständen wird die Haltung, das gezielte Töten vieler Unschuldiger nicht verhindert zu haben sogar verwerflicher gesehen als dabei die unbeabsichtigte Tötung einiger Unschuldiger in Kauf genommen zu haben, d.h. wenn es gilt, das gezielte, absichtliche Töten Unschuldiger zu verhindern werden manchmal sog. „Kollateralschäden“ akzeptiert - dies umso eher je deutlicher das Verhalten auch der arithmetischen Norm entspricht. Klassische Beispiele wären die militärische Bekämpfung ethnischer Säuberungen oder das Abschießen eines von Terroristen entführten Passagierflugzeugs, bevor es mit einer schmutzigen Bombe in eine Großstadt stürzt.

Kritisch angemerkt werden muss hier jedoch der Umstand, dass komplexe reale Szenarien in den allermeisten Fällen eben nicht der einfachen Logik des Drückens von entweder Knopf A oder B folgen. So werden ethische Normen häufig missbraucht, indem falsche Prämissen vorgetäuscht werden, z.b. dass nicht genügend Mittel zur Verfügung ständen auch die seltenere Krankheit intensiv zu erforschen oder dass es keine besseren Möglichkeiten gäbe, Terrorismus zu bekämpfen als andere Länder anzugreifen und damit die Gewaltspirale nur weiter noch anzukurbeln.

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step
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Beitrag(#1006761) Verfasst am: 24.05.2008, 14:48    Titel: Antworten mit Zitat

Wie schon von Babyface in seinem zitierten Beitrag angedeutet, ist unsere intuitive und auch unsere verfaßte Ethik eine Mischung verschiedener Versuche, den Wert menschlichen Lebens, Besitzes usw. zu operationalisieren. Da diese Versuche auf unterschiedlichen Ebenen stattfinden, z.B. headcount, indirekte Sicherheit, globale Ziele, Metaphysik, Empathie usw., widersprechen sich die Ergebnisse untereinander.

Es scheint mir wichtig, sich einiger der daraus entstehenden Mythen bewußt zu sein, einige sind ja in diesem thread schon aufgedeckt worden:

1. Der unendliche Wert des einzelnen Lebens: wird oft als fundamentaler Wert zitiert, ist aber theoretisch absurd und zudem in der praktischen Ethik selbst von seinen Verfechtern relativiert

2. Der prinzipielle Unterschied zwischen Nichthandeln und Handeln, Sterbenlassen und Töten usw.: bestimmt unsere Moral über psychologische Mechanismen, ist aber rational nicht haltbar.

3. Der kategorische Imperativ / die goldene Regel: basiert auf dem Fehlschluss, dass es ein gemeinsames erkanntes Bestes gebe, funktioniert daher nur, wenn sowieso alle dasselbe wollen.
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Argáiþ
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Beitrag(#1006780) Verfasst am: 24.05.2008, 14:59    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:

2. Der prinzipielle Unterschied zwischen Nichthandeln und Handeln, Sterbenlassen und Töten usw.: bestimmt unsere Moral über psychologische Mechanismen, ist aber rational nicht haltbar.


Wie du immer auf diesen Quatsch kommst...

Der Unterschied ist hauptsächlich an die Vorhersagbarkeit gebunden. Kein Mensch nichthandelt aufgrundeine mysteriöser Steinzeitimpluse, die du scheinbar überall aus den Hecken kucken siehst.

Unsicherheit bezüglich des eigenen Eingreifens ist durch sekundäre Faktoren bestimmt, wie zB die Angst, selbst verletzt zu werden oder nicht sicher zu wissen, ob das eigene Eingreifen etwas bringt oder mehr schadet, etc. Der Unterschied ist weder prinzipiell, noch ist dadurch wirklich etwas moralisch bestimmt, es kommt stets auf den Einzelfall an. Siehe Flugzeugabschuss.
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step
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Beitrag(#1006783) Verfasst am: 24.05.2008, 15:09    Titel: Antworten mit Zitat

Argaith hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
2. Der prinzipielle Unterschied zwischen Nichthandeln und Handeln, Sterbenlassen und Töten usw.: bestimmt unsere Moral über psychologische Mechanismen, ist aber rational nicht haltbar.

... Unsicherheit bezüglich des eigenen Eingreifens ist durch sekundäre Faktoren bestimmt, wie zB die Angst, selbst verletzt zu werden oder nicht sicher zu wissen, ob das eigene Eingreifen etwas bringt oder mehr schadet, etc. Der Unterschied ist weder prinzipiell, noch ist dadurch wirklich etwas moralisch bestimmt, es kommt stets auf den Einzelfall an.

Die psychologischen Studien zum Weichenproblem, auch der Erweiterungen von Peter Unger u.a., legen nahe, daß eine überwältigende Mehrheit systematisch widersprüchliche Entscheidungen trifft. Zudem ist die Unterscheidung zwischen Nichthandeln und Handeln auch als Prinzip in unser Strafrecht eingeflossen.
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Zumsel
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Beitrag(#1006797) Verfasst am: 24.05.2008, 15:31    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Das kommt darauf an, welches Ziel wir definieren. In einer kleinen archaischen Gesellschaft könnte die genetische Bandbreite angeführt werden, in einer heutigen Situation dagegen vielleicht die Wahrscheinlichkeit, daß bei 5 Toten mehr Angehörige leiden, o.ä.


Natürlich KANN die Zahl der Geschädigten eine Rolle spielen. Das ist aber keineswegs so selbstverständlich, wie einige zu denken scheinen. Die Aussagen: "Menschenleben können nicht gegeneinander aufgerechnet werden" und "Fünf Leben sind wertvoller als eins" sind zunächst mal gleich dogmatisch.

step hat folgendes geschrieben:
Der Begriff "Leid zufügen" ist hier nicht näher eingeschränkt, daß z.B. auch das Zahlen von Steuern oder die Pflicht zur Hilfeleistung darunterfiele. De facto gibt es im "common sense" und sogar im Gesetz eine Menge Fälle, wo die Inkaufnahme eines gewissen Leidensmaßes sogar eplizit erwartet wird.


Stimmt. Und nicht wenige Moralisten vertreten gar die Ansicht, dass eine Handlung erst dann wirklichen moralischen Wert bekäme, wenn sie dem Handelnden "etwas kostet".
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1006805) Verfasst am: 24.05.2008, 15:44    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Argaith hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
2. Der prinzipielle Unterschied zwischen Nichthandeln und Handeln, Sterbenlassen und Töten usw.: bestimmt unsere Moral über psychologische Mechanismen, ist aber rational nicht haltbar.

... Unsicherheit bezüglich des eigenen Eingreifens ist durch sekundäre Faktoren bestimmt, wie zB die Angst, selbst verletzt zu werden oder nicht sicher zu wissen, ob das eigene Eingreifen etwas bringt oder mehr schadet, etc. Der Unterschied ist weder prinzipiell, noch ist dadurch wirklich etwas moralisch bestimmt, es kommt stets auf den Einzelfall an.

Die psychologischen Studien zum Weichenproblem, auch der Erweiterungen von Peter Unger u.a., legen nahe, daß eine überwältigende Mehrheit systematisch widersprüchliche Entscheidungen trifft. Zudem ist die Unterscheidung zwischen Nichthandeln und Handeln auch als Prinzip in unser Strafrecht eingeflossen.

Die Frage ist halt, ob man in solchen Dilemmasituationen überhaupt konsistent handeln kann, wie man "konsistent handeln" operationalisiert, welche Faktoren man dabei betrachtet.

Dabei können durchaus Unterschiede zwischen Handeln und Nichthandeln, Beteiligten und Unbeteiligten, Sterbenlassen und Töten eine Rolle spielen, je nach konkretem Fall. Diese Unterschiede müssen ja nicht gleich prinzipieller Art sein, nichtsdestotrotz kann es sie geben / kann man sie so sehen. (Zu sagen, wie Du es wohl tust: es gibt keinen prinzipiellen Unterschied, also gibt es keinen Unterschied, ist mE ein Fehlschluss).

Letztlich wird man in einer Dilemmasituation immer falsch handeln müssen, so, dass man sich später fragen und zweifeln wird, ob es richtig war, so gehandelt zu haben. Werden die Parameter des Falles nur ein wenig verändert, kann es sein, dass man zu einer anderen Entscheidung kommt. Das würde ich aber nicht als inkonsistent ansehen, bzw. mir sind eher Leute suspekt, denen eine behauptete / angebliche Konsistenz über alles geht.
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Zumsel
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Beitrag(#1006826) Verfasst am: 24.05.2008, 16:13    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Der kategorische Imperativ / die goldene Regel: basiert auf dem Fehlschluss, dass es ein gemeinsames erkanntes Bestes gebe, funktioniert daher nur, wenn sowieso alle dasselbe wollen.


Der Vollständikeit halber sei darauf verwiesen, dass der KI durchaus etwas anderes ist als die Goldene Regel.
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rk72
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Beitrag(#1006828) Verfasst am: 24.05.2008, 16:18    Titel: Re: Moraldilemma Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
rk72 hat folgendes geschrieben:
Er tötet also nicht, sondern beseitigt die Gefahrensituation.

Sorry, Quatsch. Er tötet definitiv einen Menschen, um eine Gefahrensituation zu beseitigen.


Das ist zwar das Ergebnis, aber der Vorsatz ist anders. Die Polizei wird nicht reingeschickt um den Geiselnehmer zu töten, sondern um die Geiseln zu befreien. Ergibt sich der Geiselnehmer, kommt er mit dem Leben davon. Schießt er, wird zurückgeschossen. Er beseitigt also nur die Gefahrensituation. Wenn der Geiselnehmer dabei umkommt, dann ist das keine Absicht, sondern Zufall.

Zitat:
Und das tut er sowohl im direkten Notwehrszenario als auch beim finalen Rettungsschuss.


Ist eigentlich keine direkte Notwehrsituation. Vorher muß das Recht auf Leben eingeschränkt werden. Erst danach geht das.
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step
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Beitrag(#1006829) Verfasst am: 24.05.2008, 16:18    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Die Frage ist halt, ob man in solchen Dilemmasituationen überhaupt konsistent handeln kann, wie man "konsistent handeln" operationalisiert, welche Faktoren man dabei betrachtet.

Bei gegebenem heutigen Wertesystem kann man sogar ganz sicher in dieser Situation nicht konsistent handeln. Ich würde aber nicht mal behaupten, daß es sicher ein Wertesystem gebe, das sowohl unsere Interessenslage als auch das Bedürfnis nach Konsistenz hinreichend befriedigt.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Dabei können durchaus Unterschiede zwischen Handeln und Nichthandeln, Beteiligten und Unbeteiligten, Sterbenlassen und Töten eine Rolle spielen, je nach konkretem Fall. Diese Unterschiede müssen ja nicht gleich prinzipieller Art sein, nichtsdestotrotz kann es sie geben / kann man sie so sehen. (Zu sagen, wie Du es wohl tust: es gibt keinen prinzipiellen Unterschied, also gibt es keinen Unterschied, ist mE ein Fehlschluss).

Nein, das sage ich so nicht. Mir ist wichtig, daß man den Unterschied als nicht prinzipiellen erkennt, sondern den eigentlichen Grund benennt, warum in diesem oder jenem Fall der Unterschied als wichtig angesehen wird. Dann nämlich sollte dieser Hintegrund Teil des Wertesystems sein, nicht aber der oberflächliche Unterschied. Da unser Rechtssystem nicht vollkommen irrational ist, gibt es dafür sogar heute schon Beispiele.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Letztlich wird man in einer Dilemmasituation immer falsch handeln müssen, so, dass man sich später fragen und zweifeln wird, ob es richtig war, so gehandelt zu haben. Werden die Parameter des Falles nur ein wenig verändert, kann es sein, dass man zu einer anderen Entscheidung kommt. Das würde ich aber nicht als inkonsistent ansehen, bzw. mir sind eher Leute suspekt, denen eine behauptete / angebliche Konsistenz über alles geht.

Konsistenzprüfung ist vor allem sehr nützlich, um unreflektierte Teile der Moral zu entmystifizieren oder überhaupt erstmal ihre Motive / Determinanten zu erkennen. Bleiben auch in einer rationalen Ethik noch Dilemmata (würde mich nicht wundern), so wäre mein bevorzugter Ansatz wie bereits beschrieben ein breiter Toleranzstreifen.
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Babyface
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Beitrag(#1006865) Verfasst am: 24.05.2008, 17:27    Titel: Re: Moraldilemma Antworten mit Zitat

rk72 hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
rk72 hat folgendes geschrieben:
Er tötet also nicht, sondern beseitigt die Gefahrensituation.

Sorry, Quatsch. Er tötet definitiv einen Menschen, um eine Gefahrensituation zu beseitigen.


Das ist zwar das Ergebnis, aber der Vorsatz ist anders. Die Polizei wird nicht reingeschickt um den Geiselnehmer zu töten, sondern um die Geiseln zu befreien. Ergibt sich der Geiselnehmer, kommt er mit dem Leben davon. Schießt er, wird zurückgeschossen. Er beseitigt also nur die Gefahrensituation. Wenn der Geiselnehmer dabei umkommt, dann ist das keine Absicht, sondern Zufall.

Sehe ich anders. In dem Moment, wo der Geiselnehmer schießt, entsteht eine neue Situation, nämlich eine Gefährlichere. In dieser Situation kann sich der Polizist schnell dazu entschließen, den Geiselnehmer mit einem gezielten Schuss zu töten, um die neue Gefahrensitation zu bereinigen. Das war dann sehr wohl auch eine Tötungsabsicht, selbst wenn er noch ohne Tötungsabsicht in das Gebäude gegangen ist. Keine Tötungsabsicht läge dann vor, wenn der Polizist die Gefahrensituation nur durch Verletzung des Geiselnehmers beseitigen wollte, z.b. wenn der Polizist auf die Schulter des Geiselnehmers zielt, aber versehentlich den Kopf trifft.
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Heiner
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Beiträge: 1217

Beitrag(#1006866) Verfasst am: 24.05.2008, 17:29    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
Nein ich würde keine oder wenn, nur mariginale Verantwortung tragen, wenn ich am Boden festkleben würde, weil ich mich nicht entschieden habe, am Boden festzukleben. Die physikalische Einschränkung von Handlungsmöglichkeiten wirkt sich nämlich auch bei meinem Verantwortungsbegriff aus, indem sie den Grad der Verantwortung reduziert, in dem Fall möglicherweise sogar auf Null.

Der Unterschied zwischen unseren Verantwortungskonzepten liegt darin, dass Du auch Einschränkungen von Handlungsmöglichkeiten durch eigene ethische Normen als verantwortungsmildernde bzw. verantwortungsbefreiende Umstände gelten lässt, allerdings nur im Falle von Nicht-Handeln, was mE eine willkürliche Setzung ist.


Was gerade in diesem Fall auch Sinn macht, zumal es hier nicht um irgendeine ethische Norm geht, sondern es sich bei der Tötungshemmung um eine wahrscheinlich angeborene Handlungsdeterminante handelt. Die Tötungshemmung wirkt sich genauso bestimmend und beschränkend auf meine Handlungsmöglichkeiten aus wie der Straßenteer.

Zitat:
Heiner
Ich gehe nicht nach China und werde nicht Reisbauer in Mou-lang. Deshalb bin ich dafür verantwortlich, dass in Mou-lang ein Sack Reis umfällt, weil ich nicht daneben stand, um dies zu verhindern.

Zitat:
Da Du für Nicht-Handeln ja Verantwortung nicht grundsätzlich, sondern nur unter bestimmten Bedingungen negierst, lohnt es sich vielleicht mal zu schauen, ob diese Bedigungen hier überhaupt erfüllt sind. Ich gehe einfach mal davon aus, dass es mit Deiner Ethik vereinbar ist, nach China zu fahren und den Sack aufzufangen. Das heißt, wenn keine anderen Einschränkungen Deiner Handlungsmöglichkeiten vorliegen, nach China zu fahren, um den Sack Reis aufzufangen, bist Du nach Deinem eigenen Verantwortungskonzpet verantwortlich dafür, wenn ein Sack Reis in China oder sonstwo auf der Welt umfällt.


Du bist dabei, von deiner eigenen Position abzulenken.

Beantworte mir doch einfach mal folgende Frage:

Hältst du dich für den Wahlsieg Sarkozys mitverantwortlich?
Denn laut deiner Logik hast du dich ja dafür entschieden, nicht nach Frankreich auszuwandern, nicht die französische Staatsbürgerschaft anzunehmen, nicht an den Präsidentschaftswahlen teilzunehmen und nicht für die Gegenkandidatin Royal zu stimmen (sodass Royal zum Vorteil Sakozys deine Stimme fehlte).

Macht dich dieses Nicht-Handeln somit mitverantwortlich für Sarkozys Wahlsieg? Ja oder nein? (Oder graduell?)zwinkern
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