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Peinliche Befragung
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Nergal
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11433

Beitrag(#1036922) Verfasst am: 02.07.2008, 02:25    Titel: Peinliche Befragung Antworten mit Zitat

Mal angenommen eine Form der (sehr schmerzhaften) Folter würde mit 90%iger wahrscheinlichkeit die Wahrheit aus dem oder der Gefolterten rauskitzeln, wärt ihr dann für Folter?
zB wenn man nicht weiß wo Entführer ihr Opfer versteckt haben, oder wenn man mehr über ein Terrornetzwerk erfahren will.
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Kramer
postvisuell



Anmeldungsdatum: 01.08.2003
Beiträge: 30878

Beitrag(#1036925) Verfasst am: 02.07.2008, 02:43    Titel: Re: Peinliche Befragung Antworten mit Zitat

Nergal hat folgendes geschrieben:
Mal angenommen eine Form der (sehr schmerzhaften) Folter würde mit 90%iger wahrscheinlichkeit die Wahrheit aus dem oder der Gefolterten rauskitzeln, wärt ihr dann für Folter?


Nein.
_________________
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Argáiþ
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Anmeldungsdatum: 27.01.2007
Beiträge: 12486

Beitrag(#1036928) Verfasst am: 02.07.2008, 02:59    Titel: Re: Peinliche Befragung Antworten mit Zitat

Nergal hat folgendes geschrieben:
Mal angenommen eine Form der (sehr schmerzhaften) Folter würde mit 90%iger wahrscheinlichkeit die Wahrheit aus dem oder der Gefolterten rauskitzeln, wärt ihr dann für Folter?
zB wenn man nicht weiß wo Entführer ihr Opfer versteckt haben, oder wenn man mehr über ein Terrornetzwerk erfahren will.


Ebenfalls ein unbedingtes Nein.
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Rasmus
entartet und notorisch gottlos - Ich bin Papst



Anmeldungsdatum: 20.05.2004
Beiträge: 17559

Beitrag(#1036930) Verfasst am: 02.07.2008, 06:23    Titel: Re: Peinliche Befragung Antworten mit Zitat

Nergal hat folgendes geschrieben:
Mal angenommen eine Form der (sehr schmerzhaften) Folter würde mit 90%iger wahrscheinlichkeit die Wahrheit aus dem oder der Gefolterten rauskitzeln, wärt ihr dann für Folter?
zB wenn man nicht weiß wo Entführer ihr Opfer versteckt haben, oder wenn man mehr über ein Terrornetzwerk erfahren will.


Nein.

Außerdem: Was bringen mir die 90%? 90% von was?

Wenn ich nicht weiß wo ein Entführungsopfer ist, dann weiß ich auch nicht ob derjenige den ich foltern möchte mir das theoretisch sagen könnte. Wie also entscheide ich überhaupt, wer gefoltert wird?
_________________
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"Glaubst Du noch oder hüpfst Du schon?"
Sylvia Browne - Wahrsager oder Scharlatan?
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AXO
nach unbekannt auf unbestimmte Zeit verzogen



Anmeldungsdatum: 05.02.2007
Beiträge: 10129
Wohnort: Thüringen

Beitrag(#1036934) Verfasst am: 02.07.2008, 06:57    Titel: Re: Peinliche Befragung Antworten mit Zitat

Nergal hat folgendes geschrieben:
Mal angenommen eine Form der (sehr schmerzhaften) Folter würde mit 90%iger wahrscheinlichkeit die Wahrheit aus dem oder der Gefolterten rauskitzeln, wärt ihr dann für Folter?
zB wenn man nicht weiß wo Entführer ihr Opfer versteckt haben, oder wenn man mehr über ein Terrornetzwerk erfahren will.


nein - eine Gesellschaft die sich auf Täterniveau herablässt um Taten zu ahnden/aufzuklären
ist auch nur Täter. Wer sich anmaßt zu bestrafen/verurteilen hat m.E. mindestens die Pflicht
besser zu sein.
_________________
Augen auf dann kann nichts passieren
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Ralf-1
hat den Glauben an die Menschheit verloren



Anmeldungsdatum: 13.06.2008
Beiträge: 62
Wohnort: Westerwald

Beitrag(#1036935) Verfasst am: 02.07.2008, 07:19    Titel: Antworten mit Zitat

Ein ganz klares Nein, bei einer 90%-igen Wahrscheinlichkeit.
Ein Ja, bei einer 100%-igen Wahrscheinlichkeit. Aber nur wenn der Androher der Folter mit 100%-iger Wahrscheinlichkeit weiss, dass der potentielle Täter mit 100%-iger Wahrscheinlichkeit weiss, wo das Opfer ist. Da genau das aber unmöglich ist, bleibt die Antwort auch hier bei einem Nein. Ansonsten würde das ganze zu einer Diskussion über %-Zahlen führen, die irgendwann die Androhung von Folter völlig frei geben würde..
_________________
das Leben ist seltsam

Ralf
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astarte
Foren-Admin
Foren-Admin



Anmeldungsdatum: 13.11.2006
Beiträge: 46545

Beitrag(#1036945) Verfasst am: 02.07.2008, 08:15    Titel: Antworten mit Zitat

Ebenso: nein
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boule-de-neige
mensch



Anmeldungsdatum: 13.05.2008
Beiträge: 621
Wohnort: hier ;o)

Beitrag(#1036977) Verfasst am: 02.07.2008, 09:19    Titel: Antworten mit Zitat

ganz klar NEIN!!!
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Es reicht nicht nur gegen eine dumme Sache zu sein, man muss auch dumme Alternativen aufzeigen.
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zelig
Kultürlich



Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25405

Beitrag(#1036983) Verfasst am: 02.07.2008, 09:26    Titel: Antworten mit Zitat

Folter als staatliches Mittel ist unvereinbar mit grundlegenden Menschenrechten. Deswegen kann und darf ein Staat, der den Menschenrechten verpflichtet ist, keine Folter organisieren oder Einrichtungen betreiben, die Menschen foltern (in Dland dann vermutlich eine Folterbehörde mit entsprechenden Regelungen, Vorschriften und Paragraphen - wie soll das überhaupt aussehen?).

Ferner verabscheue ich die Meinung, man könne durch zufügen von Schmerzen irgendeine Wahrheit erfahren.
_________________
Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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r'zr
dickes reh



Anmeldungsdatum: 23.01.2008
Beiträge: 2578
Wohnort: Vault 13

Beitrag(#1036997) Verfasst am: 02.07.2008, 09:46    Titel: Antworten mit Zitat

nein.

im übrigen hast du da was falsch verstanden - unter folter gesteht man sehr wahrscheinlich alles - die androhung von folter ist das, was möglicherweise zielführend ist. aber auch dagegen bin ich.
_________________
....das Aufbringen von flächigen Halbzeugen auf gekrümmte Oberflächen...
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Telliamed
registrierter User



Anmeldungsdatum: 05.03.2007
Beiträge: 5125
Wohnort: Wanderer zwischen den Welten

Beitrag(#1037002) Verfasst am: 02.07.2008, 09:52    Titel: Antworten mit Zitat

Vor allem unter dem Einfluß des in Halle wirkenden Christian Thomasius (1655-1728) setzte sich die Auffassung durch, dass die Folter nicht nur unmenschlich, sondern auch ungeeignet zur Wahrheitsfindung ist, und gerade das veranlasste mehrere Herrscher des aufgeklärten Zeitalters (die ansonsten nicht gerade für ihre Menschenliebe bekannt waren), die Aufhebung der Folter in ihren Territorien zu veranlassen.

Vgl. Gert Schwerhoff: Aufgeklärter Traditionalismus - Thomasius zu Hexenprozeß und Folter, in: Zeitschrift der Savignystiftung für Rechtsgeschichte. Germ. Abt. 104 (1987), S. 93-114.

Um so mehr müssen die Folterpraktiken in den Diktaturen des 20. Jahrhunderts und heute noch in zahlreichen Ländern als ein Rückschritt betrachtet werden. Der menschliche Hemmungen beseitigende Kampf um Weltherrschaft, Macht und Rohstoffe, die Mißachtung der Rechte des Individuums in vielen Ländern, Rassenwahn und kollektive Schuldzuweisungen führten zu einem Wiederaufleben der Folter, vor dem es die Aufklärer des 18. und die Juristen des 19. Jh. gegraust hätte.
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Peter H.
dauerhaft gesperrt



Anmeldungsdatum: 24.06.2007
Beiträge: 9751

Beitrag(#1037007) Verfasst am: 02.07.2008, 09:54    Titel: Antworten mit Zitat

NEIN!
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DeHerg
nun schon länger Ranglos



Anmeldungsdatum: 28.04.2007
Beiträge: 6525
Wohnort: Rostock

Beitrag(#1037014) Verfasst am: 02.07.2008, 10:00    Titel: Antworten mit Zitat

@Zelig, Telliamed & r´zr:
in der Fragestellung geht es um eine hypothetische Folter mit der man(im gegensatz zur realen) zu 90% die Wahrheit herausfindet. Ich nehme an dieses Element hat Nergal extra eingebaut um die Disskussion über die Wirksamkeit van Folter auszuklammern(um daraus eine rein ethische Frage zu machen die den praktischen Aspekt vernachlässigt)
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Haare spalten ist was für Grobmotoriker

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ateyim
registrierter User



Anmeldungsdatum: 21.05.2007
Beiträge: 3656
Wohnort: Istanbul

Beitrag(#1037038) Verfasst am: 02.07.2008, 10:18    Titel: Antworten mit Zitat

DeHerg hat folgendes geschrieben:
@Zelig, Telliamed & r´zr:
in der Fragestellung geht es um eine hypothetische Folter mit der man(im gegensatz zur realen) zu 90% die Wahrheit herausfindet. Ich nehme an dieses Element hat Nergal extra eingebaut um die Disskussion über die Wirksamkeit van Folter auszuklammern(um daraus eine rein ethische Frage zu machen die den praktischen Aspekt vernachlässigt)


dann bauen wir es mal weiter aus, und ich hoffe Nergal hat nichts dagegen. Da der Fall eh hypothetisch ist, erweitern wir mal die Trefferquote dieser Foltermethode die Wahrheit ans Tageslicht zu bringen, doch auf 100%.


kann man dann noch kategorisch ablehnen ohne genau zu hinterfragen, wie diese Folter und seine Folgen für den Betreffenden aussehen soll. Waere rein hypothetisch ein Ablesen seiner Gedanken und grossen Schmerzen abzulehnen, auch wenn man wüsste, dass er sich an den "Eingriff" nicht erinnern wird, keine Folgen davontragen würde und die Wahrheit ans Tageslicht kommt? (mal angenommen, es könnte so ablaufen - ich weiss, ich bin zu sehr SCIFI belastet)

Das Interessante aber auch die Schwaeche dieser Frage ist ihr hypothetischer Charakter skeptisch
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musikdusche
reflektierender User



Anmeldungsdatum: 29.05.2006
Beiträge: 896
Wohnort: Düsseldorf

Beitrag(#1037051) Verfasst am: 02.07.2008, 10:30    Titel: Antworten mit Zitat

Um es vorweg zu nehmen: Das absolute Folterverbot halte ich für ne gute Sache. Allerdings müsste man mir noch etwas erklären, denn so ganz einfach halte ich die Frage nämlich auch nicht.

Klar ist:
Unter Folter gesteht man alles. In diesem Falle also unsinnig.

Aber:
Nehmen wir an, dass es nicht um ein Geständnis geht, sondern - wie z.B. im Daschner/Gäfgen-Fall - um "ehrenhafte" Motive (so hat es das Gericht ja später bezeichnet). In diesem Fall ist so eine Abwägung der Grundrechte doch gar nicht mehr so einfach.
Was das Herauspressen von Infos über ein Terrornetzwerk betrifft (so wie Nergal das im Eingangsposting beschrieben hat), so sind in diesem Fall (je nachdem wie man die Situation konstruiert) nicht direkt Menschenleben betroffen, so dass der Wert der Ergebnisse völlig unklar ist und so möglicherweise zwecklos gefoltert würde.

Das Argument, dass der Staat sich nicht auf Täterniveau herablassen sollte, finde ich etwas schwach. Der Staat schränkt doch auch massiv Grundrechte von Verbrechern ein, indem er sie einsperrt. Klar, jeder sagt, dass das verhältnismäßig ist. Aber ein kategorialer Unterschied zu Folter besteht nicht m.E.

Wenn ich nochmal genauer nachdenke, so scheint mir, dass es in der Praxis sehr schwierig bis unmöglich ist zu entscheiden, wann "Androhung von Folter" oder gar durchgeführte physische Folter verhältnismäßig ist. Hier könnte man -neben dem Argument der Schiefen Ebene - anbringen, dass bei Legalisierung von Folter diese in bestimmten Situationen von Ermittlern angewendet werden muss, weil sie sich sonst vorwerfen lassen müssten, nicht alle Mittel ausgeschöpft zu haben.
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zelig
Kultürlich



Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25405

Beitrag(#1037072) Verfasst am: 02.07.2008, 10:59    Titel: Antworten mit Zitat

Wenn man nur mal verstehen könnte, daß die Bewertung im Fall Gäfgen selber nichts damit zu tun hat, ob man Folter staatlich/gesellschaftlich für legitimierbar hält. Die "ehrenhafte Motive" konnten nur als solche bezeichnet werden, weil es eben bei uns keine institutionalisierte Folter gibt, weil es keine gesetzliche, behördliche Anweisung zur Folter gibt. Falls beispielsweise die Voraussetzung so gewesen wäre, daß der Polizeidirektor mit behördlicher, gesetzeskonformer Folter hätte drohen können, dann spielte die Frage nach der Motivation des PD überhaupt keine Rolle mehr. Es wäre schlichtweg keine "ehrenhafte" Handlung mehr möglich, sondern die Handlungsweise würde auf einer terroristischen (angsteinflössenden) Gesetzgebung beruhen, die nicht legitimierbar ist - solange man grundlegende Menschenrechte befürwortet.
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Telliamed
registrierter User



Anmeldungsdatum: 05.03.2007
Beiträge: 5125
Wohnort: Wanderer zwischen den Welten

Beitrag(#1037081) Verfasst am: 02.07.2008, 11:10    Titel: Antworten mit Zitat

Breite Übereinstimmung besteht in einer strikten Ablehnung der Folter.

Beim Durchspielen eines rein hypothetischen Falles komme ich nicht mehr mit, weil ich nicht weiß, wie ich mir das unter Verzicht auf die Realitäten, Persönlichkeiten, Zeit und Raum eines Falles, vorzustellen habe

@ateyim
Zitat:
Das Interessante aber auch die Schwaeche dieser Frage ist ihr hypothetischer Charakter skeptisch


Was den realen Fall Daschner betrifft, gebe ich zu bedenken:
Was wir wissen, wissen wir aus den Medien. Was sich wirklich in dem Vernehmungsraum abgespielt hat, wissen nur die Beteiligten.

Was geplante Terroranschläge betrifft, so kann man nur hoffen, dass man hierzulande den Tätern zuvorkommen und so eine Planung auch anhand von aussagekräftigen Indizien nachweisen kann; ansonsten hat dieser Fall noch zu viel Hypothetisches für mich.

Klar wäre, dass die Öffentlichkeit von diesen Verhören nicht viel mitbekommt. Die Folterszenen im Irak und in Guantanamo wurden aber gefilmt, und die Öffentlichkeit erhielt Berichte, wenn auch nur fragmentarische.

Da die Gefahr besteht, dass die Szene - "Vernehmer von Staats wegen hie - Beschuldigter da" - hinterher unterschiedlich dargestellt wird, müssen unbedingt weitere Zeugen her, wenn es der Ernst der Situation erfordert, auch unsichtbare (die berühmte, nur von einer Seite durchsichtige Scheibe, Mikrofon usw.).
Wenn eine Vernehmer der Situation nicht mehr gewachsen ist, muss er sofort abgelöst werden. Aber das Prinzip auf Folterverzicht darf nicht ausgehöhlt werden.

Ich habe nach 1989 Berichte darüber gelesen, wie in der DDR Verhöre von speziell dazu ausgebildeten Leuten durchgeführt wurden, meist mit einem Gemisch aus Versprechungen, kumpelhafter Anbiederung und in bestimmten Fällen Androhung oder auch Anwendung von Gewalt. Am Ende dieser Szenen stand die Verpflichtung, ja nichts über die Geschehnisse zu berichten ("Sonst geht es Dir schlecht!" stalinistische Variante: "Sonst geht es Deiner Familie schlecht!"), und das wirkte so dauerhaft, dass zu DDR-Zeiten auch nur selten etwas über diese Praktiken bekannt wurde, wenn dann nur mit vorgehaltener Hand. Das war auch beabsichtigt: allein die Ortsnamen Schwedt oder Bautzen wirkten wunder.

Im Mittelalter und in Früher Neuzeit mussten die Beschuldigten nach Abschluss der Untersuchungen und Verhöre "Urfehde" schwören, was bedeutete: aus der Sicht der Obrigkeit ist das Verfahren jetzt beendet und wir lassen Dich laufen, aber komm' uns ja nicht wieder in die Finger und halte Dein Maul über das, was Du erlebt hast.
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ateyim
registrierter User



Anmeldungsdatum: 21.05.2007
Beiträge: 3656
Wohnort: Istanbul

Beitrag(#1037161) Verfasst am: 02.07.2008, 13:06    Titel: Antworten mit Zitat

Telliamed hat folgendes geschrieben:
Breite Übereinstimmung besteht in einer strikten Ablehnung der Folter.

Beim Durchspielen eines rein hypothetischen Falles komme ich nicht mehr mit, weil ich nicht weiß, wie ich mir das unter Verzicht auf die Realitäten, Persönlichkeiten, Zeit und Raum eines Falles, vorzustellen habe

@ateyim



Je mehr ich darüber nachdenke, umso mehr stehe ich vor dem Problem, dass ich es nur dann gutheissen könnte, wenn die Methode, die ich mir als Folter hypothetisch vorstelle, im Endeffekt keine Folter mehr ist... nichts, was auch nur ansatzweise meiner heutigen Vorstellung von Folter entspricht. D.h. ich ersinne mir eine Folter ultra light - Version, um am Ende dies gutheissen zu könne.

Aber so kann die Frage ja nicht gemeint sein: unter Folter muss das zu verstehen sein, was wir heute auch als solches betrachten.

Unter diesen Umstaenden kann selbst eine Garantie für die Wahrheitsfindung mich nicht dazu brigen, dies zu befürworten.
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Effô Tisetti
Königsblau bis in den Tod



Anmeldungsdatum: 18.09.2003
Beiträge: 9920
Wohnort: 75

Beitrag(#1037178) Verfasst am: 02.07.2008, 13:20    Titel: Re: Peinliche Befragung Antworten mit Zitat

Nergal hat folgendes geschrieben:
Mal angenommen eine Form der (sehr schmerzhaften) Folter würde mit 90%iger wahrscheinlichkeit die Wahrheit aus dem oder der Gefolterten rauskitzeln, wärt ihr dann für Folter?


Nach wie vielen Falschaussagen, denen man dann vergeblich nachgegangen ist, kommt denn in deinem hypothetischen Fall die tatsächliche Wahrheit heraus? Wer sagt mir, dass andere Wege der Wahrheitsfindung nicht deutlich schneller und effektiver gewesen wären?

Haben die restlichen 10% in deinem Beispiel die Wahrheit bis zu ihrem folterbedingten Tod verschwiegen oder wussten sie die Wahrheit letzten Endes gar nicht und sind mithin völlig unschuldige Opfer der Wahrscheinlichkeitsrechnung à la Nergal?

Abgesehen davon, dass das Beispiel Quatsch ist und deshalb eigentlich nicht beantwortbar, lautet die Antwort natürlich "nein".
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"Die einfache Formel: Jesus ist stärker! hilft Menschen, sich aus der Fixierung völlig irrationaler Wertesysteme zu lösen."
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musikdusche
reflektierender User



Anmeldungsdatum: 29.05.2006
Beiträge: 896
Wohnort: Düsseldorf

Beitrag(#1037180) Verfasst am: 02.07.2008, 13:22    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Wenn man nur mal verstehen könnte, daß die Bewertung im Fall Gäfgen selber nichts damit zu tun hat, ob man Folter staatlich/gesellschaftlich für legitimierbar hält. Die "ehrenhafte Motive" konnten nur als solche bezeichnet werden, weil es eben bei uns keine institutionalisierte Folter gibt, weil es keine gesetzliche, behördliche Anweisung zur Folter gibt. Falls beispielsweise die Voraussetzung so gewesen wäre, daß der Polizeidirektor mit behördlicher, gesetzeskonformer Folter hätte drohen können, dann spielte die Frage nach der Motivation des PD überhaupt keine Rolle mehr. Es wäre schlichtweg keine "ehrenhafte" Handlung mehr möglich, sondern die Handlungsweise würde auf einer terroristischen (angsteinflössenden) Gesetzgebung beruhen, die nicht legitimierbar ist - solange man grundlegende Menschenrechte befürwortet.

Ich weiß nicht, ob ich dich richtg verstanden habe. Ob Folter nun ggf. eine "ehrenhafte" Handlung ist oder nicht, ist doch für die Frage nach einer "Foltergesetzgebung" irrelevant. Ob ehrenhaft oder nicht, vielleicht könnte so eine kleine Minifolterung ja verhältnismäßig sein. Wir befürworten auch beispielsweise in bestimmten Fällen eine Untersuchungshaft und nehmen dabei in Kauf, dass die Grundrechte des Häftlings beschnitten werden.

Vielleicht verstehe ich dich aber auch tatsächlich nicht. Vielleicht kannst du mir nochmal (in Anspielung auf deinen ersten Satz) erklären, warum folgende Folgerung falsch wäre:
"Ich fands gut/verständlich/legitim, wie der Daschner die Drohungen eingesetzt hat. Daher könnte man doch für solche Situationen eine Folterandrohung gesetzlich legitimieren." - Das ist jetzt nicht meine persönliche Meinung; aber warum meinst du, dass diese Folgerung falsch ist?
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Peter H.
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Anmeldungsdatum: 24.06.2007
Beiträge: 9751

Beitrag(#1037184) Verfasst am: 02.07.2008, 13:27    Titel: Antworten mit Zitat

Die Hexenverfolgung sagt doch alles. Unter Folter sagten sie buchstäblich alles aus, was von ihnen verlangt wurde und sei`s, dass sie mit dem Teufel durch die Lüfte zogen.
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r'zr
dickes reh



Anmeldungsdatum: 23.01.2008
Beiträge: 2578
Wohnort: Vault 13

Beitrag(#1037185) Verfasst am: 02.07.2008, 13:28    Titel: Antworten mit Zitat

ehrenhaft? soweit ich erinnere hat doch spätenstens strassbourg eindeutig dazu entschieden? strikes folterverbot ohne ausnahme. soweit ich weiss musste der folter-androher doch auch konsequenzen (kündigung?) daraus ziehen. > jop, hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Daschner-Prozess
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Zuletzt bearbeitet von r'zr am 02.07.2008, 13:30, insgesamt einmal bearbeitet
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musikdusche
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Anmeldungsdatum: 29.05.2006
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Beitrag(#1037186) Verfasst am: 02.07.2008, 13:29    Titel: Antworten mit Zitat

Schalkers Argumente sind die für mich zählenden. Das Risiko (und sei es noch so niedrig), Unschuldige zu foltern, führt für mich zur Unverhältnismäßigkeit von Folter. Die Argumente, die bisher kamen, finde ich schwach.
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Argáiþ
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Anmeldungsdatum: 27.01.2007
Beiträge: 12486

Beitrag(#1037194) Verfasst am: 02.07.2008, 13:36    Titel: Antworten mit Zitat

Das Argument, dass einem das Restrisiko von 10% immer noch zu groß ist, ist zwar zweifellos gültig, aber denkbar einfallslos und schlicht, sorry.
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musikdusche
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Anmeldungsdatum: 29.05.2006
Beiträge: 896
Wohnort: Düsseldorf

Beitrag(#1037257) Verfasst am: 02.07.2008, 14:46    Titel: Antworten mit Zitat

Argaith hat folgendes geschrieben:
Das Argument, dass einem das Restrisiko von 10% immer noch zu groß ist, ist zwar zweifellos gültig, aber denkbar einfallslos und schlicht, sorry.
Was ist den dein schlagendes Argument?
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Argáiþ
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Anmeldungsdatum: 27.01.2007
Beiträge: 12486

Beitrag(#1037263) Verfasst am: 02.07.2008, 14:51    Titel: Antworten mit Zitat

Du fragst? *freu* Sehr glücklich

Ich plappere in etwa zelig nach: Nirgends äußert sich eine gefährliche Ermächtigung des Staates so empfindlich, wie bei der Behandlung von Verdächtigen.

+ Folter ist grausam und ekelhaft
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Nergal
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11433

Beitrag(#1037398) Verfasst am: 02.07.2008, 18:50    Titel: Antworten mit Zitat

Macht ihr euch das nicht zu leicht?
Mal angenommen Jemand weiß über einen kurz bevorstehenden Anschlag mit hunderten Toten bescheid.
Ich finde nicht das es ethisch problematisch wäre den jenigen zu foltern um die Information zu bekommen, aber nur wenn es nicht anders geht.
Hier wiegt natürlich das Leben der möglichen Opfer mehr als das des Täters, genauso wie beim finalen Rettungsschuss oder dem Abschiessen eines Flugzeuges das in ein Gebäude zu stürzen droht oder eben wie beim Tyrannenmord ist es ein ausgewogenes Übel.
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Peter H.
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Anmeldungsdatum: 24.06.2007
Beiträge: 9751

Beitrag(#1037403) Verfasst am: 02.07.2008, 18:55    Titel: Antworten mit Zitat

Nergal denk an die sogenannte Grauzone, wo genau bitte schön ist eigentlich die Grenze zu ziehen?
Ist die Folter erst einmal erlaubt, kann sie beliebig ausgedehnt werden.
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Nergal
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11433

Beitrag(#1037414) Verfasst am: 02.07.2008, 19:10    Titel: Antworten mit Zitat

Ich meine ja nicht das man jeden Taschendieb foltern sollte, ich frage mich nur was man in Extremsituationen macht.
Ich bin auch nicht für zügelloses Foltern aber was wenn es das letzte Mittel ist um Schaden zu verhindern machen wir uns dann nicht schuldig wenn wir es nicht tun und die Rechte des Täters höher achten als die der Opfer?
Das tut man ja bereits heute nicht, nur nicht nicht in diesem Umfang.
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Peter H.
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Anmeldungsdatum: 24.06.2007
Beiträge: 9751

Beitrag(#1037416) Verfasst am: 02.07.2008, 19:13    Titel: Antworten mit Zitat

Aus der Extremsituation wird schnell ein Art Gewohnheitsrecht, Staatsapparate sind so. (wie überhaupt Menschen Mißbrauch treiben, räumt man ihnen unkontrollierte Macht ein)
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