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Sind doch nur 16 Tote
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frausch
Wurschtist



Anmeldungsdatum: 04.02.2009
Beiträge: 370
Wohnort: Thoiry

Beitrag(#1245371) Verfasst am: 18.03.2009, 12:24    Titel: Sind doch nur 16 Tote Antworten mit Zitat

Beim Amoklauf in Winnenden sind bekanntlich 16 Menchen ums Leben gekommen. Deshalb wurde z.B. der Starkbieranstich am Nockherberg, der in der gleichen Woche stattfinden sollte, verschoben, und Trauerbeflaggung angeordnet.

Gleichzeitig gibt es in Deutschland etwa 6000 Verkehrstote jährlich beziehungsweise 120 Wöchentlich. Wenn man also die Zahlen betrachtet, dürften irgendwelche Humoristischen oder fröhlichen Veranstaltungen nie stattfinden, und die obere Hälfte deutscher Fahnenstangen müsste komplett unbenutzt bleiben.

Das einzige Gegenargument das ich immer in so einem Zusammenhang höre ist ein "Das ist doch etwas ganz anderes." Bin ich einer der wenigen vernünftigen Menschen unter einer Horde von medienverblendeten Sentimentalisten? Oder sollte ich lieber einen Psychiater aufsuchen?
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DeHerg
nun schon länger Ranglos



Anmeldungsdatum: 28.04.2007
Beiträge: 6525
Wohnort: Rostock

Beitrag(#1245379) Verfasst am: 18.03.2009, 12:29    Titel: Re: Sind doch nur 16 Tote Antworten mit Zitat

frausch hat folgendes geschrieben:
Das einzige Gegenargument das ich immer in so einem Zusammenhang höre ist ein "Das ist doch etwas ganz anderes." Bin ich einer der wenigen vernünftigen Menschen unter einer Horde von medienverblendeten Sentimentalisten? Oder sollte ich lieber einen Psychiater aufsuchen?
weder noch, nur schweigen die meisten die so denken um nicht von einem moralinsauren Mob gelyncht zu werden.
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Saphir567
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Anmeldungsdatum: 08.05.2008
Beiträge: 369

Beitrag(#1245383) Verfasst am: 18.03.2009, 12:33    Titel: Re: Sind doch nur 16 Tote Antworten mit Zitat

frausch hat folgendes geschrieben:
Beim Amoklauf in Winnenden sind bekanntlich 16 Menchen ums Leben gekommen. Deshalb wurde z.B. der Starkbieranstich am Nockherberg, der in der gleichen Woche stattfinden sollte, verschoben, und Trauerbeflaggung angeordnet.

Gleichzeitig gibt es in Deutschland etwa 6000 Verkehrstote jährlich beziehungsweise 120 Wöchentlich. Wenn man also die Zahlen betrachtet, dürften irgendwelche Humoristischen oder fröhlichen Veranstaltungen nie stattfinden, und die obere Hälfte deutscher Fahnenstangen müsste komplett unbenutzt bleiben.

Das einzige Gegenargument das ich immer in so einem Zusammenhang höre ist ein "Das ist doch etwas ganz anderes." Bin ich einer der wenigen vernünftigen Menschen unter einer Horde von medienverblendeten Sentimentalisten? Oder sollte ich lieber einen Psychiater aufsuchen?


nur 16? wieviele müssen es denn sein, damit es für dich ein relevantes ereignis wird?

habe selten so einen geschmacklosen kommentar gelesen
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narziss
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 21939

Beitrag(#1245385) Verfasst am: 18.03.2009, 12:35    Titel: Re: Sind doch nur 16 Tote Antworten mit Zitat

Saphir567 hat folgendes geschrieben:
habe selten so einen geschmacklosen kommentar gelesen

DeHerg hat folgendes geschrieben:
weder noch, nur schweigen die meisten die so denken um nicht von einem moralinsauren Mob gelyncht zu werden.
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Rasmus
entartet und notorisch gottlos - Ich bin Papst



Anmeldungsdatum: 20.05.2004
Beiträge: 17559

Beitrag(#1245390) Verfasst am: 18.03.2009, 12:45    Titel: Re: Sind doch nur 16 Tote Antworten mit Zitat

Saphir567 hat folgendes geschrieben:
nur 16? wieviele müssen es denn sein, damit es für dich ein relevantes ereignis wird?


Für mich relevant? Da müsst einer dabei sein, den ich kenne.

Relevant genug für die Nachrichten sind 16 Tote in einem Einzel-Ereignis sicherlich. Aber das daraus ein Landesweites Großereignis mit Massentrauer wird kann ich auch nicht wirklich nachvollziehen.

Mit hoher örtlicher Nähe wird das aber um so verständlicher: Es gibt mehr Leute, die auf die eine oder andere Art direkt betroffen sind.

Ich würde ein Volksfest nicht verschieben, wenn es nicht wirklich in unmittelbarer Nähe stattfinden sollte oder es andere Verbindungen gibt - was aber wahrscheinlich sein dürfte. Derjenige der Fass ansticht sollte nicht eine Stunde vorher noch eine Presseerklärung bezüglich des Amoklaufs abgegeben haben.

Trauerbeflaggung halte ich durchaus für Verständlich: Das ist eine Geste, die niemandem schadet (und die 10 Verkehrstoten die wir dann am Tag in Deutschland haben sterben über die Republik verteilt ...)

Zitat:
habe selten so einen geschmacklosen kommentar gelesen


Da wüsste ich hier einige...

Der Amoklauf tangiert mich nicht. Und er wird auch die meisten Leute nicht tangieren, die jetzt öffentlichkeitswirksam betroffen und erschüttert sind.
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Anmeldungsdatum: 01.06.2007
Beiträge: 626

Beitrag(#1245397) Verfasst am: 18.03.2009, 12:54    Titel: Antworten mit Zitat

Dieses Ereignis hat nunmal Seltenheitswert und alles, was selten ist, wird in den Medien zu sogenannten "Nachrichten" verdaut. Ein Autounfall kann selbst bei nicht tödlichem Ausgang eine super Nachricht werden, muss nur eben unterhaltsam genug sein (es gab ja erst vor Kurzem ein Beispiel dafür).

Wenn Amokläufe wöchentlich geschehen würden und Autounfälle nur sehr selten (Zukunftsgesellschaft mit Technik, die Autos extrem sicher macht, aber Menschen aus irgend einem Grund immer verzweifelter werden), dann würde ganz sicher die Berichterstattung genau entgegengesetzt betrieben. So ist nunmal das Geschäft.
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DeHerg
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Anmeldungsdatum: 28.04.2007
Beiträge: 6525
Wohnort: Rostock

Beitrag(#1245399) Verfasst am: 18.03.2009, 12:56    Titel: Re: Sind doch nur 16 Tote Antworten mit Zitat

Saphir567 hat folgendes geschrieben:
nur 16? wieviele müssen es denn sein, damit es für dich ein relevantes ereignis wird?
wieviel mehr müssen die Verkehrs(und anderen)toten werden damit sie für dich die selbe Relevanz erhalten? (Relevanz ist immer im Verhältnis, ergo müssen für dich dann ja die anderen Toten weniger wichtig sein)
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Saphir567
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Anmeldungsdatum: 08.05.2008
Beiträge: 369

Beitrag(#1245402) Verfasst am: 18.03.2009, 12:58    Titel: Re: Sind doch nur 16 Tote Antworten mit Zitat

Rasmus hat folgendes geschrieben:
Saphir567 hat folgendes geschrieben:
nur 16? wieviele müssen es denn sein, damit es für dich ein relevantes ereignis wird?


Für mich relevant? Da müsst einer dabei sein, den ich kenne.

Relevant genug für die Nachrichten sind 16 Tote in einem Einzel-Ereignis sicherlich. Aber das daraus ein Landesweites Großereignis mit Massentrauer wird kann ich auch nicht wirklich nachvollziehen.

Mit hoher örtlicher Nähe wird das aber um so verständlicher: Es gibt mehr Leute, die auf die eine oder andere Art direkt betroffen sind.

Ich würde ein Volksfest nicht verschieben, wenn es nicht wirklich in unmittelbarer Nähe stattfinden sollte oder es andere Verbindungen gibt - was aber wahrscheinlich sein dürfte. Derjenige der Fass ansticht sollte nicht eine Stunde vorher noch eine Presseerklärung bezüglich des Amoklaufs abgegeben haben.

Trauerbeflaggung halte ich durchaus für Verständlich: Das ist eine Geste, die niemandem schadet (und die 10 Verkehrstoten die wir dann am Tag in Deutschland haben sterben über die Republik verteilt ...)

Zitat:
habe selten so einen geschmacklosen kommentar gelesen


Da wüsste ich hier einige...

Der Amoklauf tangiert mich nicht. Und er wird auch die meisten Leute nicht tangieren, die jetzt öffentlichkeitswirksam betroffen und erschüttert sind.


kann man halt geteilter meinung sein, wie so oft im leben.

für mich macht es sehr wohl einen unterschied, ob jemand durch einen verkehrsunfall ums leben kommt, oder ob er in einer schule abgeknallt wird.

aber wie gesagt, man kann natürlich immer alles relativieren. keine frage.
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Caciitua
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Anmeldungsdatum: 05.02.2009
Beiträge: 30
Wohnort: München

Beitrag(#1245407) Verfasst am: 18.03.2009, 13:03    Titel: Antworten mit Zitat

Auf Autounfälle hat man persönlich mehr Einfluss als auf Dinge wie Amokläufe und Flugzeugabstürze. Natürlich gibt es auch ab und an mehrere unschuldige Opfer im Straßenverkehr (was, nebenbei, auch jedesmal in den Nachrichten kommt), aber prinzipiell kann man sich mit einer sicheren Fahrweise und Umsicht schützen. Bei einem Amoklauf hilft nichts, egal, was du tust und wo du bist, du könntest Opfer werden (siehe Autohausopfer) - oder deine Kinder. Dass dieses Wissen in einem geweckt wird - man könnte in eine tödliche Situation geraten, der man hilflos ausgeliefert ist - berührt stärker als zu hören, dass sich einer mit 240 km/h am Baum totgefahren hat. Mitleid mit den Opfern mag ein weniger starker Grund für die Betroffenheit sein, aber dass die Betroffenheit an sich geheuchelt ist, das glaube ich nicht.
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Einsiedler
registrierter User



Anmeldungsdatum: 01.03.2007
Beiträge: 1435

Beitrag(#1245408) Verfasst am: 18.03.2009, 13:04    Titel: Re: Sind doch nur 16 Tote Antworten mit Zitat

Saphir567 hat folgendes geschrieben:
für mich macht es sehr wohl einen unterschied, ob jemand durch einen verkehrsunfall ums leben kommt, oder ob er in einer schule abgeknallt wird.

Was ist mit anderen Tötungsverbrechen? Laut Kriminalstatistik gab es 2007 knapp 700 Opfer in
Deutschland, das sind durchschnittlich mehr fast 14 wöchentlich. Wo bleibt da die Betroffenheit?
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Rasmus
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Anmeldungsdatum: 20.05.2004
Beiträge: 17559

Beitrag(#1245409) Verfasst am: 18.03.2009, 13:09    Titel: Re: Sind doch nur 16 Tote Antworten mit Zitat

Saphir567 hat folgendes geschrieben:
kann man halt geteilter meinung sein, wie so oft im leben.


Das mag wohl so sein, ja.

Zitat:
für mich macht es sehr wohl einen unterschied, ob jemand durch einen verkehrsunfall ums leben kommt, oder ob er in einer schule abgeknallt wird.


Die beiden sind erstmal gleich tot. Ich kann da keinen prinzipiellen Unterschied erkennen, der irgendwie erfordern würde, dass ich auf das eine mehr oder anders reagiere als auf das andere.

Und dann muss man sich auch schon die Einzelheiten ansehen, und da kann es durchaus sein, dass ich dem einen oder anderen Unfalltod eine Kugel in den Kopf vorziehen würde.

Zitat:
aber wie gesagt, man kann natürlich immer alles relativieren. keine frage.


Was relativiere ich denn bitte?
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ateyim
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Anmeldungsdatum: 21.05.2007
Beiträge: 3656
Wohnort: Istanbul

Beitrag(#1245413) Verfasst am: 18.03.2009, 13:13    Titel: Antworten mit Zitat

würde man die Möglichkeit besitzen, dass man mittels eines fiktiven Computerprogramms alle zigtausend wahrscheinlichsten Variablen einfliessen laesst, um auszurechnen, wie gross die Wahrscheinlichkeit ist, dass man durch Fremdeinwirkung hier und jetzt sein Leben verliert, dann ist wohl jede Fahrt im Auto, jeder Spaziergang auf der Strasse etc. gefaehrlicher als das Sitzen in einem Klassenraum waehrend des Unterrichts.

Auch wenn uns dies keiner auf zig Stellen hinterm Komma genau ausrechnet, findet bei vielen eine solche Abwaegung wohl statt, wenn man solche Meldungen in den Medien hört und spontan bewertet.

Ich vermute mal, dass der Umstand, dass der unerwartete Tod von Personen, die sich in quasi absoluter Sicherheit waehnten (abgesehen von der Möglichkeit eines Gebaeudeeinsturzes) , von sehr vielen qualitativ anders wahrgenommen wird... ihr Tod verlange mehr Anteilnahme, mehr Bestürzung, mehr Mitgefühl.

Jeder Tod, egal ob "banalerweise" im normalen Strassenverkehr oder "spektakulaer" bei einer Amoktat sollte eine Reaktion auslösen, die dazu führt, dass man die Ursachen ergründet und nach Wegen sucht, diese in der Zukunft zu vermeiden.

Eine Massentrauer nur um ihrer selbst Willen und aus einem Gruppenverhalten empfinde ich als scheinheilig.
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astarte
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Anmeldungsdatum: 13.11.2006
Beiträge: 46545

Beitrag(#1245415) Verfasst am: 18.03.2009, 13:16    Titel: Antworten mit Zitat

Dass es jemand betroffen macht, dass ein junger Kerle in eine Schule marschiert und ein paar Mädels abknallt, lässt wohl kaum den Schluss zu, dass den die Verkehrstoten oder andere Verbrechensopfer nicht betroffen machen.

Dass man sich im Verkehr mal falsch verhält und einen Unfall hat oder verursacht, kann außerdem jeder nachvollziehen, dass jemand Amok läuft wohl weniger, auch das mag einen Unterschied in den Gefühlen dazu machen.
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Kiki
ist sicher nicht Eso



Anmeldungsdatum: 27.01.2007
Beiträge: 15062
Wohnort: Ulm

Beitrag(#1245416) Verfasst am: 18.03.2009, 13:17    Titel: Antworten mit Zitat

ateyim hat folgendes geschrieben:
würde man die Möglichkeit besitzen, dass man mittels eines fiktiven Computerprogramms alle zigtausend wahrscheinlichsten Variablen einfliessen laesst, um auszurechnen, wie gross die Wahrscheinlichkeit ist, dass man durch Fremdeinwirkung hier und jetzt sein Leben verliert, dann ist wohl jede Fahrt im Auto, jeder Spaziergang auf der Strasse etc. gefaehrlicher als das Sitzen in einem Klassenraum waehrend des Unterrichts.

Auch wenn uns dies keiner auf zig Stellen hinterm Komma genau ausrechnet, findet bei vielen eine solche Abwaegung wohl statt, wenn man solche Meldungen in den Medien hört und spontan bewertet.

Ich vermute mal, dass der Umstand, dass der unerwartete Tod von Personen, die sich in quasi absoluter Sicherheit waehnten (abgesehen von der Möglichkeit eines Gebaeudeeinsturzes) , von sehr vielen qualitativ anders wahrgenommen wird... ihr Tod verlange mehr Anteilnahme, mehr Bestürzung, mehr Mitgefühl.

Jeder Tod, egal ob "banalerweise" im normalen Strassenverkehr oder "spektakulaer" bei einer Amoktat sollte eine Reaktion auslösen, die dazu führt, dass man die Ursachen ergründet und nach Wegen sucht, diese in der Zukunft zu vermeiden.

Eine Massentrauer nur um ihrer selbst Willen und aus einem Gruppenverhalten empfinde ich als scheinheilig.


Seconded. Es ist schön mal wieder was von dir zu lesen!
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Kömodie = Tragödie + Zeit (Jürgen von der Lippe)
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Rasmus
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Anmeldungsdatum: 20.05.2004
Beiträge: 17559

Beitrag(#1245422) Verfasst am: 18.03.2009, 13:21    Titel: Antworten mit Zitat

ateyim hat folgendes geschrieben:
Jeder Tod, egal ob "banalerweise" im normalen Strassenverkehr oder "spektakulaer" bei einer Amoktat sollte eine Reaktion auslösen, die dazu führt, dass man die Ursachen ergründet und nach Wegen sucht, diese in der Zukunft zu vermeiden.


Killer-Spiele verbieten? zwinkern

Die weiter Mehrheit der Menschen hat in beiden Fällen keine Möglichkeit, irgendwas zu ändern.

Und Unfälle ganz besonders passieren halt, d.h. es ist wahrscheinlich, dass man aus einem einzelnen Unfall überhaupt nichts lernen kann.

Bei Amokläufen mag das anders sein, aber diese sind so komlex, dass man auch da nicht damit rechnen kann, etwas zu finden was sich ändern liesse.
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frausch
Wurschtist



Anmeldungsdatum: 04.02.2009
Beiträge: 370
Wohnort: Thoiry

Beitrag(#1245435) Verfasst am: 18.03.2009, 13:34    Titel: Re: Sind doch nur 16 Tote Antworten mit Zitat

Ein paar Anmerkungen:

1) Geschmacklos: Der Titel ist, zugegebener maßen etwas provokannt. Aber wie Geschmacklos ist es in einer Woche in der 120 Menschen im Straßenverkehr getötet werden eine Automobilmesse abzuhalten, und sich noch zu beklagen, dass nicht genügend Autos verkauft werden.

2) Unschuldige Opfer: Bei einem Verkehrsunfall wird nicht bevorzugt der verletzt, der den Verkehrsunfall verschuldet hat. Nehmen wir also an, dass es Wöchentlich 60 Unschuldige trifft.

3) Relevant: Jeden Tag sterben irgendwo Menschen, sicherlich auch unter tragischen Umständen (Eltern von kleinen Kindern, junge Menschen ..). Ich trage aber deshalb nicht täglich Trauer. Warum soll ich es wegen der 16 Menschen von Winnenden tun.
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ateyim
registrierter User



Anmeldungsdatum: 21.05.2007
Beiträge: 3656
Wohnort: Istanbul

Beitrag(#1245437) Verfasst am: 18.03.2009, 13:35    Titel: Antworten mit Zitat

Rasmus hat folgendes geschrieben:
ateyim hat folgendes geschrieben:
Jeder Tod, egal ob "banalerweise" im normalen Strassenverkehr oder "spektakulaer" bei einer Amoktat sollte eine Reaktion auslösen, die dazu führt, dass man die Ursachen ergründet und nach Wegen sucht, diese in der Zukunft zu vermeiden.


Killer-Spiele verbieten? zwinkern

Die weiter Mehrheit der Menschen hat in beiden Fällen keine Möglichkeit, irgendwas zu ändern.

Und Unfälle ganz besonders passieren halt, d.h. es ist wahrscheinlich, dass man aus einem einzelnen Unfall überhaupt nichts lernen kann.

Bei Amokläufen mag das anders sein, aber diese sind so komlex, dass man auch da nicht damit rechnen kann, etwas zu finden was sich ändern liesse.


gebe zu, dass "vermeiden" wohl zu weit ging. Aber wenn man durch die Analyse manchenr Unfaelle und Vorfaelle Wege finden kann, die Wahrscheinlichkeit gleicher Vorfaelle herunterzuschrauben, dann ist dies ein Schritt, der gegangen werden sollte.

Speziell auf den Amoklauf bezogen z.B. wüsste ich nicht was ein Ansatz sein könnte, diese Wahrscheinlichkeit zu verringern...

aber diese Diskrepanz zwischen des gewaltigen Ausmasses der Trauer und ihrer allzu geringen Möglichkeit zu einer erfolgsversprechenden Suche nach Lösungswegen zu führen, laesst die derzeitige Situation für mich umso überzogener erscheinen.
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Rasmus
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Anmeldungsdatum: 20.05.2004
Beiträge: 17559

Beitrag(#1245443) Verfasst am: 18.03.2009, 13:39    Titel: Antworten mit Zitat

ateyim hat folgendes geschrieben:
gebe zu, dass "vermeiden" wohl zu weit ging. Aber wenn man durch die Analyse manchenr Unfaelle und Vorfaelle Wege finden kann, die Wahrscheinlichkeit gleicher Vorfaelle herunterzuschrauben, dann ist dies ein Schritt, der gegangen werden sollte.


Das passiert aber doch ohnehin schon. Nur eine verschwindend kleine Minderheit aller Unfälle dürfte geeignet sein, auf bisher unbekannte Probleme hinzuweisen. Es braucht keinen Unfall, damit sich jemand überlegt, wie man Autos schneller abbremsen kann.

Zitat:
Speziell auf den Amoklauf bezogen z.B. wüsste ich nicht was ein Ansatz sein könnte, diese Wahrscheinlichkeit zu verringern...


Eben. Und die öffentliche Reaktion bzw. die Berichterstattung in den Medien wird daran nichts ändern.

Zitat:
aber diese Diskrepanz zwischen des gewaltigen Ausmasses der Trauer und ihrer allzu geringen Möglichkeit zu einer erfolgsversprechenden Suche nach Lösungswegen zu führen, laesst die derzeitige Situation für mich umso überzogener erscheinen.


Trauer ist dafür ohnehin völlig ungeeignet.
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AXO
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Beitrag(#1245452) Verfasst am: 18.03.2009, 13:53    Titel: Re: Sind doch nur 16 Tote Antworten mit Zitat

Saphir567 hat folgendes geschrieben:


nur 16? wieviele müssen es denn sein, damit es für dich ein relevantes ereignis wird?



Minimum so in etwa was über 10 000 bzw ca. die Zahl derer die an diesem wie an jedem anderen
Tag einfach nur verhungert sind.
Wenn wir vermeidbare Todesfälle als Anlass sehen wollten betroffen zu sein,
dann müßte die ganze Welt seid Jahrhunderten jeden Tag halbmast beflaggen.
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AXO
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Beiträge: 10129
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Beitrag(#1245453) Verfasst am: 18.03.2009, 13:55    Titel: Re: Sind doch nur 16 Tote Antworten mit Zitat

AXO hat folgendes geschrieben:
Saphir567 hat folgendes geschrieben:


nur 16? wieviele müssen es denn sein, damit es für dich ein relevantes ereignis wird?



Minimum so in etwa was über 10 000 bzw ca. die Zahl derer die an diesem wie an jedem anderen
Tag einfach nur verhungert sind.


Sorry - 100 000.
naja - was macht schon ne Zehnerpotenz hin oder her. Schulterzucken
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sponor
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Beitrag(#1245490) Verfasst am: 18.03.2009, 14:19    Titel: Antworten mit Zitat

Ich kann's auf die Schnelle gerade nicht gescheit formulieren, aber mein Eindruck ist, dass dieses Problem in die gleiche Kerbe schlägt wie ethische Dilemmata (z. B. wie hier).
(Versteht mich jemand?)

Indem die meisten Menschen eine Art natürliche(?) Gut-Böse-Ethik anwenden, gilt ein Mord als solcher als schlecht, während ein Unfall nicht intrinsisch böse ist. In dem Sinne wären die Taten -- bei gleicher Konsequenz -- unterschiedlich zu bewerten.

Wenn man, wie ich und vmtl. viele hier, eher einer (wie auch immer) utilitaristischen Ethik nahesteht, ergeben sich die genannten Verständnisprobleme.

Darüber hinaus kann man von einem Amoklauf (als "Freiheit" eines Einzelnen) in keiner denkbaren Weise wünschen, dass er "allgemeines Gesetz werde", während dies bei der Inkaufnahme von Unfalltoten zu diskutieren ist. Man kann z. B. ein höheres Gut geltend machen (Infrastruktur; "Freiheit" von Vielen).

Und weiterhin ist Trauer natürlich ein sehr wenig rationaler Prozess.
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Unsere Welt wird noch so fein werden, daß es so lächerlich sein wird, einen Gott zu glauben als heutzutage Gespenster.
(G. Chr. Lichtenberg)
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frausch
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Anmeldungsdatum: 04.02.2009
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Beitrag(#1245504) Verfasst am: 18.03.2009, 14:36    Titel: Antworten mit Zitat

sponor hat folgendes geschrieben:
Ich kann's auf die Schnelle gerade nicht gescheit formulieren, aber mein Eindruck ist, dass dieses Problem in die gleiche Kerbe schlägt wie ethische Dilemmata (z. B. wie hier).
(Versteht mich jemand?)

Indem die meisten Menschen eine Art natürliche(?) Gut-Böse-Ethik anwenden, gilt ein Mord als solcher als schlecht, während ein Unfall nicht intrinsisch böse ist. In dem Sinne wären die Taten -- bei gleicher Konsequenz -- unterschiedlich zu bewerten.

Wenn man, wie ich und vmtl. viele hier, eher einer (wie auch immer) utilitaristischen Ethik nahesteht, ergeben sich die genannten Verständnisprobleme.

Darüber hinaus kann man von einem Amoklauf (als "Freiheit" eines Einzelnen) in keiner denkbaren Weise wünschen, dass er "allgemeines Gesetz werde", während dies bei der Inkaufnahme von Unfalltoten zu diskutieren ist. Man kann z. B. ein höheres Gut geltend machen (Infrastruktur; "Freiheit" von Vielen).

Und weiterhin ist Trauer natürlich ein sehr wenig rationaler Prozess.


Guter Punkt. Allerdings kann man Amokläufer ja durchaus als psychisch Kranke bezeichnen, die nicht zurechnungsfähig sind. (Nebenfrage: Ist Amoklauf Mord?) Dann ist ein Amoklauf auch eher ein Unfall, der teilweise durch höhere Gewalt (psychische Erkrankung des Amokläufers) und Teilweise durch gesellschaftliche Phänomene (Schulstress, Mobbing, Vereinsamung) ausgelöst wird. Damit währe dann wieder kein Unterschied zwischen einen Unfalltoten und einem Opfer eines Amokläufers.
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caballito
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 12112
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Beitrag(#1245553) Verfasst am: 18.03.2009, 15:27    Titel: Re: Sind doch nur 16 Tote Antworten mit Zitat

Saphir567 hat folgendes geschrieben:

für mich macht es sehr wohl einen unterschied, ob jemand durch einen verkehrsunfall ums leben kommt, oder ob er in einer schule abgeknallt wird.

aber wie gesagt, man kann natürlich immer alles relativieren.

Offensichtlich.
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Die Gedanken sind frei.

Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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Nergal
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11433

Beitrag(#1245762) Verfasst am: 18.03.2009, 19:04    Titel: Antworten mit Zitat

Naja wenn es um bloße Zahlen geht dann ist so ein Amoklauf, böse gesagt, lächerlich.
Jährlich sterben etwa 16.000 Menschen an den Nebenwirkungen von Medikamenten, und auf den Straßen Europas bleibt jedes Jahr eine Mittelstadt auf der Strecke, die Zahl der Toten durch Alkohol allein in der BRD bewegt sich in ähnlichen Dimensionen, was die paar Junkies die auf der Bahnhofstoilette verrecken ins unbedeutende rückt.

Wie ein Todesfall bewertet wird kommt drauf an was als "normal" hingenommen wird und wie selten oder häufig ein Ereignis ist, und natürlich leider auch in wie weit es die Sensationsgier der Öffentlichkeit bedient, wie erklärt man sich sonst das momentan ungebrochene Interesse am Fritzl-Fall.
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AXO
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Anmeldungsdatum: 05.02.2007
Beiträge: 10129
Wohnort: Thüringen

Beitrag(#1245848) Verfasst am: 18.03.2009, 20:15    Titel: Antworten mit Zitat

Nergal hat folgendes geschrieben:
Naja wenn es um bloße Zahlen geht dann ist so ein Amoklauf, böse gesagt, lächerlich.
Jährlich sterben etwa 16.000 Menschen an den Nebenwirkungen von Medikamenten, und auf den Straßen Europas bleibt jedes Jahr eine Mittelstadt auf der Strecke, die Zahl der Toten durch Alkohol allein in der BRD bewegt sich in ähnlichen Dimensionen, was die paar Junkies die auf der Bahnhofstoilette verrecken ins unbedeutende rückt.

Wie ein Todesfall bewertet wird kommt drauf an was als "normal" hingenommen wird und wie selten oder häufig ein Ereignis ist, und natürlich leider auch in wie weit es die Sensationsgier der Öffentlichkeit bedient, wie erklärt man sich sonst das momentan ungebrochene Interesse am Fritzl-Fall.


naja - indem das gesteigerte Interesse aus Sensationsgier resultiert ist es aber so ziemlich das
komplette Gegenteil von aufrichtiger Anteilnahme mit Opfern und Angehörigen.
tut mir leid für dererlei Scheinheiligkeiten bin ich mir sowohl zu schade als auch zu bequem.
Davon nabgeseh geh ich davon aus das man sich an Amokläufe ebenso gewöhnen wird wie an
alles andere hier genannte.
Lächerlich ist m.E. zwar nichtmal ein einziger vemeidbarer Todesfall - aber wenn man 16 als schlimm
bewerten will - was sind dann 100 000?
Da verliehrt sich doch grundsätzlich JEDER Maßstab für jegliches Grauen.
Letztlich reagiern die Leutz doch auch jetz schon nicht mehr aus innerer Empfindung,
sondern lediglich der Gruppendynamik wegen - aus der überlieferten ERINNERUNG
heraus das man angesichts dessen was empfinden SOLLTE,
drücken sich Pflichtgemäß und wie die pawlowschen Köter ne Träne/Sensationnachricht raus
und gehn weiter ihrem abgestumpften Alltag nach.
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Augen auf dann kann nichts passieren
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Nergal
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Beitrag(#1245869) Verfasst am: 18.03.2009, 20:28    Titel: Antworten mit Zitat

Das stimmt schon.
Erschreckend ist an so einem Ereignis dass es etwas ist das man so nicht erwartet und was unsere Vorstellung von "Normalität" in Frage stellt, ebenso wie zB der Selbstmord junger Menschen eine Infragestellung ist.

Das mit der Anteilnahme der Bevölkerung ist natürlich geheuchelt, wieso sollte jemand aufrichtig Trauer empfinden für Leute die er nicht mal gekannt hatte?
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sehr gut
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Beitrag(#1245883) Verfasst am: 18.03.2009, 20:44    Titel: Re: Sind doch nur 16 Tote Antworten mit Zitat

frausch hat folgendes geschrieben:
Gleichzeitig gibt es in Deutschland etwa 6000 Verkehrstote jährlich beziehungsweise 120 Wöchentlich. Wenn man also die Zahlen betrachtet, dürften irgendwelche Humoristischen oder fröhlichen Veranstaltungen nie stattfinden, und die obere Hälfte deutscher Fahnenstangen müsste komplett unbenutzt bleiben.

In den paar Jahren die es Autos/Lkws gibt sind dadurch etwa 45.000.000 (45 Millionen) Menschen getötet, und etwa 2.100.000.000 (2,1 Milliarden) verletzt/verkrüppelt worden. Und das sind "nur" die direkt betroffenen, wer an der verdreckten Luft oder Herzinfarkt beim Stress der Herstellung stirbt der ist da nicht drin.
Eine Gesellschaft die so viele Menschenopfer darbringt, und trotzdem weitermacht mit dem was diese Menschen 'frisst', der hat Autos zu einem 'höheren Wert' gemacht der über dem Menschen steht.
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Beitrag(#1245895) Verfasst am: 18.03.2009, 20:52    Titel: Re: Sind doch nur 16 Tote Antworten mit Zitat

sehr gut hat folgendes geschrieben:
frausch hat folgendes geschrieben:
Gleichzeitig gibt es in Deutschland etwa 6000 Verkehrstote jährlich beziehungsweise 120 Wöchentlich. Wenn man also die Zahlen betrachtet, dürften irgendwelche Humoristischen oder fröhlichen Veranstaltungen nie stattfinden, und die obere Hälfte deutscher Fahnenstangen müsste komplett unbenutzt bleiben.

In den paar Jahren die es Autos/Lkws gibt sind dadurch etwa 45.000.000 (45 Millionen) Menschen getötet, und etwa 2.100.000.000 (2,1 Milliarden) verletzt/verkrüppelt worden. Und das sind "nur" die direkt betroffenen, wer an der verdreckten Luft oder Herzinfarkt beim Stress der Herstellung stirbt der ist da nicht drin.
Eine Gesellschaft die so viele Menschenopfer darbringt, und trotzdem weitermacht mit dem was diese Menschen 'frisst', der hat Autos zu einem 'höheren Wert' gemacht der über dem Menschen steht.


Woher hast du die 2,1 Mrd?
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-H. W. Chalkley in Science, Vol. LXXI, No. 1843

You can't spell Discord without Disco.
-frypoddie
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Zumsel
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Beitrag(#1245918) Verfasst am: 18.03.2009, 21:17    Titel: Re: Sind doch nur 16 Tote Antworten mit Zitat

Unübertroffen dazu: Eckhard Henscheid, Dummdeutsch:

Betroffen: Die neuere deutsche allgemeine Betroffenheit (vgl. auch die eng verwandten sensibel, verletzlich, verwundbar, traurig und Wut und Trauer) ist ein Kernstück der neuen deutschen Schwerinnerlichkeit. Sie wurde geboren zu Beginn der 70er Jahre, als der damalige ZDF-Talkmaster Reinhart Hoffmeister im Rahmen seiner Schnickschnack-Sendung Litera-Tour buchstäblich von allem und jedem betroffen war: von etwelchem neuen Theaterstück, das die Verbrechen der NS-Zeit bloßlegte, bis zum hinterletzten trübseligen Protestsong wider die Hast der Zeit. Der Hoffmeister dann freilich regelmäßig seinen Tribut zollte, indem er fix zur nächsten Betroffenheit überleitete. Denn am betroffensten war er natürlich eigentlich von seiner eigenen Sensibilität und Betroffenheit - vgl. dazu Nicolas Borns Romanzitat unter dem Stichwort Wut und Trauer. Insofern ist die neuere deutsche Betroffenheit auch ein Ableger jenes »Engagements«, das, nach Adornos (ungeachtet des Schwindens von Engagement) noch immer wahrem Satz, in Deutschland zumeist auf Geblök hinausläuft. Waren vordem meist nur professionelle Politiker anläßlich von Todesfällen, Attentaten usw. kurzzeitig betroffen, so steigerte sich die allgemeine und allseitige Betroffenheit Mitte der 70er Jahre zur Allzweck-Beschwörungsformel, sie hatte ihre größte Zeit dann vor dem Hintergrund der Anti-Pershing-Proteste und erklomm schließlich ihre Epiphanie im Deutschen Bundestag, als die Fraktion der Grünen zwei Stunden lang praktisch ununterbrochen »betroffen« war - und nicht nur sie: in dergleichen Woche sollen auch, laut Theo Sommer (in derZeit), der Kanzler Kohl sowie er, Sommer selber, angesichts der Raketen bzw. des Widerstands gegen sie »betroffen« gewesen sein.

Dem folgte stante pede der Buchtitel Petra Kelly - Politikerin aus Betroffenheit (Monika Sperr) - und auch andere Verlage zogen nach: »Sachlich und doch betroffen«, sollte laut Hanser-Verlagswerbung ein Roman von Eva Demski sein - und das eben kann nicht gut sein: Denn »Betroffenheit« bedeutet heute, ein gutes halbes Jahrhundert nach dem Epilog von Brechts Der gute Mensch von Sezuan (»Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen / den Vorhang zu und alle Fragen offen«), wenig oder nichts mehr anderes als einen Euphemismus für Benommenheit, Benebeltheit, Behämmertheit, Gedankenlosigkeit oder aber, wenn denn schon nach Brecht gereimt werden muß, Besoffenheit. Noch genauer: Betroffenheit bedeutet heute: nichts. Absolut und wortwörtlich nichts. Dies beleuchtet nochmals ein Satz wie der auf dem Klappentext eines Ullstein-Taschenbuchs: »Guggenheim ist Erzähler, nicht Moralist. Er bleibt bei aller Gelassenheit mitbetroffen.« Und die Logik vor lauter Betroffenheits-Verschmocktheit nebenbei auch noch auf der Strecke. Wenn nicht eh alles gelogen wäre, dann müßte es jawohl plausibel heißen: »Er bleibt bei aller Mitbetroffenheit gelassen.« Was immer das auch heißen mag. »Betroffen« waren im letzten Jahrzehnt unter vielen anderen Berlins Bürgermeister von Weizsäcker (über den Tod eines Türken) und der Trainer Lattek (über die Nichtberücksichtigung seines Spielers Augenthaler durch Jupp Derwall). Die Frauenzeitschrift Feministische Studien hat gleichfalls Betroffenheit auf ihre Reklamefahnen geschrieben. Und laut Bild war etwa gleichzeitig auch der Außenminister Genscher von irgendwas sogar »tief betroffen«.

Die Lyrik der 70er Jahre, schreibt Volker Hage in dem gleichnamigen Reclam-Bändchen, sei u. a. von »Betroffenheit« geprägt gewesen. Tatsächlich ist es gerade die Anfälligkeit der ehemaligen und aktuellen Linken für Ramsch-Kategorien wie »Betroffenheit« und »Wut und Trauer«, die bedenklich stimmt, ja fast betroffen macht. Logisch, daß deshalb auch Erika Runge und Peggy Parnass vierzehn Tage lang »Gespräche über Realität, Betroffenheit, Phantasie, Engagement« führen mußten. Sage und schreibe. Und das ausgerechnetan der »Sommeruniversität Toskana«, dem fraglosen Zentrum dieses hehren Genres und Gesockses. Allein, auch fortan ging es mit der Betroffenheit trefflich voran:
»Betroffen« war laut Taschenbuch-Magazin inzwischen ihrerseits die Schriftstellerin Eva Demski von einem Buch ihrer Kollegin Marlen Haushofer.
»Betroffen« war der Reporter Fritz von Thurn und Taxis vom Eishockey-Spiel Deutschland - Tschechoslowakei, nämlich von den vielen Fouls.
»Fortwirkende Betroffenheit« forderte im Zusammenhang der Gedenkfeierlichkeiten zum 8. Mai 1945 die langjährige F.D.P.-Spitzenpolitikerin Hildegard Hamm-Brücher in der »Tagebuch-Serie des Zeit-Magazins; und dies als ein schon nahezu objektloses und dafür um so damenhafteres Schreiten in Sack und Asche gleich zweimal: »Hoffentlich verplempern wir die Gelegenheit nicht, um unsere fortwirkende Betroffenheit zu bedenken und zu bekennen.« Und: »Wir dürfen nicht versäumen, unsere fortwirkende Betroffenheit zu bedenken und zu bekennen.«
Nämlich als ein ganz nebenbei auch die Opposition von Links und Rechts wünschenswert einnebelndes Allzweck-Wundertütenwaffenspray.

»Zutiefst betroffen« und »den Tränen nahe« zeigte sich am 21. 9. 85 in Hof beim SPD-Parteitag die Landtagsabgeordnete Carmen König über die Ablehnung eines Parteiantrags, die SPD-Frauen möchten in der Personalpolitik besser repräsentiert sein.
»Richtig erschüttert und betroffen« war der Journalist Bernd Schroeder von Konstantin Weckers Willy-Lied - und der Dichter seinerseits bestätigt: »So ist es vielen gegangen.« »Ungeheuer betroffen« fühlte sich schließlich von dem Willys entfernt vergleichbaren Tod des Demonstranten Günter Sare der hessische Innenminister Horst Winterstein (Der Spiegel).

»Betroffen« ist schließlich sogar der Schauspieler Klaus Wennemann von nichts Geringerem als seiner Rolle als Der Fahnder in der ARD-Krimiserie.
Nochmals und zusammengerafft: »Der Lehrer ist betroffen« (Alexander Kluge, Neue Geschichten). Den Lehrer gibt es aber jetzt auch schon als Polizisten und Polizistendarsteller. Nämlich irgendwie sind heute warum auch immer alle am Ende »endlich furchtbar betroffen« (R. Wagner, Parsifal, 2. Akt). - (eh)
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AXO
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Wohnort: Thüringen

Beitrag(#1245924) Verfasst am: 18.03.2009, 21:26    Titel: Re: Sind doch nur 16 Tote Antworten mit Zitat

sehr gut hat folgendes geschrieben:
frausch hat folgendes geschrieben:
Gleichzeitig gibt es in Deutschland etwa 6000 Verkehrstote jährlich beziehungsweise 120 Wöchentlich. Wenn man also die Zahlen betrachtet, dürften irgendwelche Humoristischen oder fröhlichen Veranstaltungen nie stattfinden, und die obere Hälfte deutscher Fahnenstangen müsste komplett unbenutzt bleiben.

In den paar Jahren die es Autos/Lkws gibt sind dadurch etwa 45.000.000 (45 Millionen) Menschen getötet, und etwa 2.100.000.000 (2,1 Milliarden) verletzt/verkrüppelt worden. Und das sind "nur" die direkt betroffenen, wer an der verdreckten Luft oder Herzinfarkt beim Stress der Herstellung stirbt der ist da nicht drin.
Eine Gesellschaft die so viele Menschenopfer darbringt, und trotzdem weitermacht mit dem was diese Menschen 'frisst', der hat Autos zu einem 'höheren Wert' gemacht der über dem Menschen steht.


naja - das is nu wieder aus sehr subjektiver Sicht eines (vermuteten) Autogegners.
Da könnte man wieder entgegensetzen - wieviele Menschenleben wurden durch schnelle Mobilität gerettet?
Wieviele in Autos gezeugt? usw.
Fakt ist das unser ganzer materieller Wohlstand extrem mit Mobilität verknüpft ist und wir sie
nicht pauschal verteufeln sollten, wenn wir nicht "zurück in den Urwald" wollen und solange wir
keine halbwegs akzeptable Alternative dazu haben.
Dramatisch ist DARAN allein das wir keineswegs einigermaßen ernsthaft an Alternativen arbeiten "dürfen",
solange mit dem etablierten noch GELD zu machen ist.
Danach stehn wir alle blöd da und all die Kohle ist dann auch nix mehr wert - aber soweit ist
in diesem System keiner zu denken gewillt - nichtmal wenn Tag und Stunde unmittelbar vor der Tür stehn würden.
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Zuletzt bearbeitet von AXO am 18.03.2009, 21:41, insgesamt einmal bearbeitet
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