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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#1288614) Verfasst am: 14.05.2009, 12:02 Titel: |
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Achso:
Testirossi hat folgendes geschrieben: | Die meisten wollen doch wesentlich mehr hineinlegen.
Zum Beispiel "Erklärungen" usw. |
Physik, die unter Erklärungen mehr als Beschreibungen versteht, hat natürlich metaphysische Grundannahmen.
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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Testirossi Gnostiker
Anmeldungsdatum: 12.08.2008 Beiträge: 741
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(#1288617) Verfasst am: 14.05.2009, 12:14 Titel: |
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Kival hat folgendes geschrieben: | Testirossi hat folgendes geschrieben: | Woher zum Beispiel kommt dieser unsinnige "Energieerhaltungssatz"? |
Das nennt sich Theorie. |
Ohne "Empirie" ist er ganz klar Metaphysik. (Das Thema) Du siehst, was ich meine?
Kival hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Empirisch kann er wohl kaum gefunden worden sein, und wozu dient er überhaupt |
Der Energieerhaltungssatz ist einer der zentralen Sätze, auf denen die Physik aufbaut. Mit seiner Hilfe ließen sich z. B. Vorraussagen treffen darüber, dass bestimmte Teilchen existieren müssten, die dann später gemessen würden. Wie kommst Du überhaupt darauf, der Energieerhaltungssatz wäre in der Physik nun obsolet? |
Wo genau findet sich das seltsame Axiom (es ist ein metaphysisches Axiom, oder?) in der Erfahrung?
Kival hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Ein lächerlicher und sinnloser Satz (de falso quod libet), aber nichtsdestotrotz hat man diese Illusion lange in hohen Ehren gehalten.
Aus philosophischer Sicht war längst klar, dass er Blödsinn ist, aber bis sich das wie zäher Honig durch die Gehirne der Naturwissenschaftler gezogen hat. |
Achja, aus philosophischer Sicht war längst klar, dass der Energieerhaltungssatz Blödsinn ist? Interessant! |
Allgemein wird dieses "Postulat" so formuliert:
"In einem abgeschlossenen System usw."
Seine äquivalente Umformung liest sich so:
"Wenn ein System abgeschlossen ist usw."
Wie gesagt, aus dem Falschen folgt alles wahr.
"Wenn ein System abgeschlossen ist, dann können Kühe fliegen" ist auch wahr.
Das "Problem" ist dabei die Abgeschlossenheit.
Die Abgeschlossenheit "definiert" die "Energierhaltung" und die "Energieerhaltung" "definiert" die "Abgeschlossenheit" was immer diese auch seien, jedenfall ein ziemlich schwachsinniger Satz.
Und dann hätte ich gerne ein abgeschlossenenes System vorgeführt bekommen.
(Andere Baustelle: Nicht einmal ein Axiomensystem selbst, das völlig ohne Empirie auskommt, ist äh (in einem anderen Sinne) "abgeschlossen", das heisst, es ist entweder nicht vollständig oder selbstwidersprüchlich und dabei hat man noch nicht einmal ein einziges Experiment gemacht.)
_________________ "Die Kunst aller grossen Volksführer aber, bestand noch zu allen Zeiten darin, die Aufmerksamkeit der Masse auf einen Feind zu konzentrieren."
(A. H.)
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Testirossi Gnostiker
Anmeldungsdatum: 12.08.2008 Beiträge: 741
Wohnort: jwd
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(#1288621) Verfasst am: 14.05.2009, 12:29 Titel: |
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Zum Thema - mir ist noch nicht ganz klar, was der Threaderöffner mit seiner Behauptung bezweckt, Metaphysik sei Unfug.
Metaphysik wurde hier ja noch nicht einmal definiert.
Natürlich kann man mit Metaphysik kein Essen Kochen, aber ist sie deshalb "Unfug"?
Ich finde, es kann nichts schaden, folgerichtig ein wenig über den Urgrund und das Sein zu spekulieren.
Wenn Metaphysik dadurch gekennzeichnet wäre, dass sie ohne Empirie auskommt, dann könnte man vielleicht auch Mathematik zur Metaphysik zählen?
_________________ "Die Kunst aller grossen Volksführer aber, bestand noch zu allen Zeiten darin, die Aufmerksamkeit der Masse auf einen Feind zu konzentrieren."
(A. H.)
Zuletzt bearbeitet von Testirossi am 14.05.2009, 12:31, insgesamt 2-mal bearbeitet |
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#1288622) Verfasst am: 14.05.2009, 12:29 Titel: |
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Testirossi hat folgendes geschrieben: | Kival hat folgendes geschrieben: | Testirossi hat folgendes geschrieben: | Woher zum Beispiel kommt dieser unsinnige "Energieerhaltungssatz"? |
Das nennt sich Theorie. |
Ohne "Empirie" ist er ganz klar Metaphysik. (Das Thema) Du siehst, was ich meine?
Kival hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Empirisch kann er wohl kaum gefunden worden sein, und wozu dient er überhaupt |
Der Energieerhaltungssatz ist einer der zentralen Sätze, auf denen die Physik aufbaut. Mit seiner Hilfe ließen sich z. B. Vorraussagen treffen darüber, dass bestimmte Teilchen existieren müssten, die dann später gemessen würden. Wie kommst Du überhaupt darauf, der Energieerhaltungssatz wäre in der Physik nun obsolet? |
Wo genau findet sich das seltsame Axiom (es ist ein metaphysisches Axiom, oder?) in der Erfahrung? |
Nein, ich glaube nicht, dass alle wissenschaftlichen Sätze, aus der Empirie ableitbar sein sollten, dann würde jede Gesetzesaussage nämlich keine wissenschaftliche mehr sein. Therotische Terme sind empirisch unterbestimmt, von ihnen lassen sich aber Aussagen, die empirisch geprüft werden können, ableiten. Rein metaphysische Aussagen wären demnach solche, von deinen sich keine empirischen Prognosen ableiten lassen.
Zitat: | (Andere Baustelle: Nicht einmal ein Axiomensystem selbst, das völlig ohne Empirie auskommt, ist äh (in einem anderen Sinne) "abgeschlossen", das heisst, es ist entweder nicht vollständig oder selbstwidersprüchlich und dabei hat man noch nicht einmal ein einziges Experiment gemacht.) |
Das ist tatsächlich etwas völlig anderes. Übrigens gilt das nicht für jedes Axiomensystem, sondern nur für hinreichend mächtige.
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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Roter Ballon Lifted
Anmeldungsdatum: 22.12.2006 Beiträge: 2631
Wohnort: München
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(#1288623) Verfasst am: 14.05.2009, 12:32 Titel: |
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Testirossi hat folgendes geschrieben: | Kival hat folgendes geschrieben: | Testirossi hat folgendes geschrieben: | Woher zum Beispiel kommt dieser unsinnige "Energieerhaltungssatz"? |
Das nennt sich Theorie. |
Ohne "Empirie" ist er ganz klar Metaphysik. (Das Thema) Du siehst, was ich meine?
Kival hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Empirisch kann er wohl kaum gefunden worden sein, und wozu dient er überhaupt |
Der Energieerhaltungssatz ist einer der zentralen Sätze, auf denen die Physik aufbaut. Mit seiner Hilfe ließen sich z. B. Vorraussagen treffen darüber, dass bestimmte Teilchen existieren müssten, die dann später gemessen würden. Wie kommst Du überhaupt darauf, der Energieerhaltungssatz wäre in der Physik nun obsolet? |
Wo genau findet sich das seltsame Axiom (es ist ein metaphysisches Axiom, oder?) in der Erfahrung?
Kival hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Ein lächerlicher und sinnloser Satz (de falso quod libet), aber nichtsdestotrotz hat man diese Illusion lange in hohen Ehren gehalten.
Aus philosophischer Sicht war längst klar, dass er Blödsinn ist, aber bis sich das wie zäher Honig durch die Gehirne der Naturwissenschaftler gezogen hat. |
Achja, aus philosophischer Sicht war längst klar, dass der Energieerhaltungssatz Blödsinn ist? Interessant! |
Allgemein wird dieses "Postulat" so formuliert:
"In einem abgeschlossenen System usw."
Seine äquivalente Umformung liest sich so:
"Wenn ein System abgeschlossen ist usw."
Wie gesagt, aus dem Falschen folgt alles wahr.
"Wenn ein System abgeschlossen ist, dann können Kühe fliegen" ist auch wahr.
Das "Problem" ist dabei die Abgeschlossenheit.
Die Abgeschlossenheit "definiert" die "Energierhaltung" und die "Energieerhaltung" "definiert" die "Abgeschlossenheit" was immer diese auch seien, jedenfall ein ziemlich schwachsinniger Satz.
Und dann hätte ich gerne ein abgeschlossenenes System vorgeführt bekommen.
(Andere Baustelle: Nicht einmal ein Axiomensystem selbst, das völlig ohne Empirie auskommt, ist äh (in einem anderen Sinne) "abgeschlossen", das heisst, es ist entweder nicht vollständig oder selbstwidersprüchlich und dabei hat man noch nicht einmal ein einziges Experiment gemacht.) |
äh schießt du da nicht bissi übers Ziel hinaus?
Erhaltungsaätze sind nunmal "symmetrisch" formuliert.
Wie willst sonst sowas wie Gleichungen aufstellen, um linke gegen rechte Seite vom "=" abzuwägen?
und da können Kühe halt niemals fliegen.
_________________ ____________________
ertrage die Clowns!
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Testirossi Gnostiker
Anmeldungsdatum: 12.08.2008 Beiträge: 741
Wohnort: jwd
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(#1288626) Verfasst am: 14.05.2009, 12:43 Titel: |
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Kival hat folgendes geschrieben: | Testirossi hat folgendes geschrieben: | Kival hat folgendes geschrieben: | Testirossi hat folgendes geschrieben: | Woher zum Beispiel kommt dieser unsinnige "Energieerhaltungssatz"? |
Das nennt sich Theorie. |
Ohne "Empirie" ist er ganz klar Metaphysik. (Das Thema) Du siehst, was ich meine?
Kival hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Empirisch kann er wohl kaum gefunden worden sein, und wozu dient er überhaupt |
Der Energieerhaltungssatz ist einer der zentralen Sätze, auf denen die Physik aufbaut. Mit seiner Hilfe ließen sich z. B. Vorraussagen treffen darüber, dass bestimmte Teilchen existieren müssten, die dann später gemessen würden. Wie kommst Du überhaupt darauf, der Energieerhaltungssatz wäre in der Physik nun obsolet? |
Wo genau findet sich das seltsame Axiom (es ist ein metaphysisches Axiom, oder?) in der Erfahrung? |
Nein, ich glaube nicht, dass alle wissenschaftlichen Sätze, aus der Empirie ableitbar sein sollten, dann würde jede Gesetzesaussage nämlich keine wissenschaftliche mehr sein. |
Streng genommen sind "Gesetzesaussagen" auch nicht wissenschaftlich, ausser statistische Beschreibungen, in die man aber keine Gesetzesaussagen hineingeheimnissen sollte.
Kival hat folgendes geschrieben: | Therotische Terme sind empirisch unterbestimmt, von ihnen lassen sich aber Aussagen, die empirisch geprüft werden können, ableiten. Rein metaphysische Aussagen wären demnach solche, von deinen sich keine empirischen Prognosen ableiten lassen. |
Dann kann man also nie wissen, ob es sich bei einer Aussage um Methaphysik handelt oder nicht?
Denn liessen sich daraus empirische Prognosen ableiten, wäre es nach obigem Verständnis keine Metaphysik.
Im anderen Falle, wenn abgeleitete empirische Prognosen nie erfolgen, würde es sich demnach um Metaphysik handeln.
Man kann im letzten Fall also nie entscheiden, ob es sich eventuell um Metaphysik handelt, oder nicht.
Kival hat folgendes geschrieben: | Zitat: | (Andere Baustelle: Nicht einmal ein Axiomensystem selbst, das völlig ohne Empirie auskommt, ist äh (in einem anderen Sinne) "abgeschlossen", das heisst, es ist entweder nicht vollständig oder selbstwidersprüchlich und dabei hat man noch nicht einmal ein einziges Experiment gemacht.) |
Das ist tatsächlich etwas völlig anderes. Übrigens gilt das nicht für jedes Axiomensystem, sondern nur für hinreichend mächtige. |
Man sollte zumindest in natürlichen Zahlen zählen und Vergleiche anstellen können.
_________________ "Die Kunst aller grossen Volksführer aber, bestand noch zu allen Zeiten darin, die Aufmerksamkeit der Masse auf einen Feind zu konzentrieren."
(A. H.)
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#1288629) Verfasst am: 14.05.2009, 12:45 Titel: |
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Testirossi hat folgendes geschrieben: | Wie gesagt, aus dem Falschen folgt alles wahr. |
Erstens ist man heute vom ex falso quodlibet sequitur weg und zweitens ist hier überhaupt nichts falsch.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Myron Pansomatist
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3625
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(#1288634) Verfasst am: 14.05.2009, 12:49 Titel: |
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Yogosh hat folgendes geschrieben: |
2.) Metaphysik und Naturwissenschaft
Die Unterscheidung gegen bzw. mit Wissenschaft gefällt mir so gut, dass ich sagen würde dass die Grenze zwischen schlechter und vernünftiger Metaphysik vielleicht genau da verläuft. |
"[T]he contrast is between a level-headed and realist Austrian tradition close to, and partly inspired by, British empiricism and an obscurantist and idealist German tradition going back to Kant."
(Glock, Hans-Johann. What is Analytic Philosophy? Cambridge: Cambridge University Press, 2008. p. 74)
Die eigentliche historische Trennlinie verläuft also nicht zwischen der angloamerikanischen und der kontinentalen Philosophie, sondern zwischen einer dem britischen Empirismus nahestehenden realistischen österreichischen Tradition und der Tradition des "obskurantistischen" deutschen Idealismus.
Yogosh hat folgendes geschrieben: |
ontological commitment (es gibt halt keine vernüftige Übersetzung von 'commitment') |
Ich übersetze es mit "ontologische Festlegung".
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Testirossi Gnostiker
Anmeldungsdatum: 12.08.2008 Beiträge: 741
Wohnort: jwd
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(#1288639) Verfasst am: 14.05.2009, 12:52 Titel: |
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Robbe Piere hat folgendes geschrieben: | Testirossi hat folgendes geschrieben: | Kival hat folgendes geschrieben: | Testirossi hat folgendes geschrieben: | Woher zum Beispiel kommt dieser unsinnige "Energieerhaltungssatz"? |
Das nennt sich Theorie. |
Ohne "Empirie" ist er ganz klar Metaphysik. (Das Thema) Du siehst, was ich meine?
Kival hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Empirisch kann er wohl kaum gefunden worden sein, und wozu dient er überhaupt |
Der Energieerhaltungssatz ist einer der zentralen Sätze, auf denen die Physik aufbaut. Mit seiner Hilfe ließen sich z. B. Vorraussagen treffen darüber, dass bestimmte Teilchen existieren müssten, die dann später gemessen würden. Wie kommst Du überhaupt darauf, der Energieerhaltungssatz wäre in der Physik nun obsolet? |
Wo genau findet sich das seltsame Axiom (es ist ein metaphysisches Axiom, oder?) in der Erfahrung?
Kival hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Ein lächerlicher und sinnloser Satz (de falso quod libet), aber nichtsdestotrotz hat man diese Illusion lange in hohen Ehren gehalten.
Aus philosophischer Sicht war längst klar, dass er Blödsinn ist, aber bis sich das wie zäher Honig durch die Gehirne der Naturwissenschaftler gezogen hat. |
Achja, aus philosophischer Sicht war längst klar, dass der Energieerhaltungssatz Blödsinn ist? Interessant! |
Allgemein wird dieses "Postulat" so formuliert:
"In einem abgeschlossenen System usw."
Seine äquivalente Umformung liest sich so:
"Wenn ein System abgeschlossen ist usw."
Wie gesagt, aus dem Falschen folgt alles wahr.
"Wenn ein System abgeschlossen ist, dann können Kühe fliegen" ist auch wahr.
Das "Problem" ist dabei die Abgeschlossenheit.
Die Abgeschlossenheit "definiert" die "Energierhaltung" und die "Energieerhaltung" "definiert" die "Abgeschlossenheit" was immer diese auch seien, jedenfall ein ziemlich schwachsinniger Satz.
Und dann hätte ich gerne ein abgeschlossenenes System vorgeführt bekommen.
(Andere Baustelle: Nicht einmal ein Axiomensystem selbst, das völlig ohne Empirie auskommt, ist äh (in einem anderen Sinne) "abgeschlossen", das heisst, es ist entweder nicht vollständig oder selbstwidersprüchlich und dabei hat man noch nicht einmal ein einziges Experiment gemacht.) |
äh schießt du da nicht bissi übers Ziel hinaus? |
Wo genau?
Robbe Piere hat folgendes geschrieben: | Erhaltungsaätze sind nunmal "symmetrisch" formuliert.
Wie willst sonst sowas wie Gleichungen aufstellen, um linke gegen rechte Seite vom "=" abzuwägen?
und da können Kühe halt niemals fliegen. |
Wo genau gilt denn die "Energieerhaltung"?
Falls keine "abgeschlossene Systeme" (was immer das sei) existieren, dann gilt natürlich die Energieerhaltung, denn aus dem Falschen folgt wahr alles.
Falls aber "abgeschlossene Systeme" existieren oder beobachtbar sind, wie sehen die aus, nenne Beispiele, was zeichnet solche Syteme denn aus?
Falls du jetzt mit "Erhaltungssätzen" kommst, hast du einen wunderschönen Zirkelschluß.
Man sieht, die Philosophie ist doch nicht so unnötig, wie das einige Physiker gerne hätten.
_________________ "Die Kunst aller grossen Volksführer aber, bestand noch zu allen Zeiten darin, die Aufmerksamkeit der Masse auf einen Feind zu konzentrieren."
(A. H.)
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Testirossi Gnostiker
Anmeldungsdatum: 12.08.2008 Beiträge: 741
Wohnort: jwd
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(#1288643) Verfasst am: 14.05.2009, 12:57 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Testirossi hat folgendes geschrieben: | Wie gesagt, aus dem Falschen folgt alles wahr. |
Erstens ist man heute vom ex falso quodlibet sequitur weg ... |
Das wäre mir neu - ein einfaches Verbot, wie bei den Mengen aller Mengen?
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ... und zweitens ist hier überhaupt nichts falsch. |
Oh doch, das "abgeschlossene System" ...
Ich habe bisher weder eines gesehen, noch wäre es mir in der Theorie plausibel.
Ach ja, der Christengott wäre ein solches "abgeschlossenes System", oder?
Und so beschäftigen sich die Pysiker mit Metaphysik, ohne sich dessen bewusst zu sein.
_________________ "Die Kunst aller grossen Volksführer aber, bestand noch zu allen Zeiten darin, die Aufmerksamkeit der Masse auf einen Feind zu konzentrieren."
(A. H.)
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#1288648) Verfasst am: 14.05.2009, 13:01 Titel: |
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Testirossi hat folgendes geschrieben: | Oh doch, das "abgeschlossene System". |
Au weia. Aussagen können falsch sein, aber nicht Begriffe.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#1288650) Verfasst am: 14.05.2009, 13:06 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Kival hat folgendes geschrieben: | Meinst Du das Ernst?  |
Oder sagen wir mal so: Man geht inzwischen davon aus, dass eine unbeschränkte Gültigkeit von efqs nicht haltbar ist. Soweit ich weiss wird daran aber noch gearbeitet. |
Hm, wie meinst Du das? Innerhalb der Logiksysteme, in denen es vorkommt, ist es doch korrekt abgeleitet und natürlich gibt es Logiken (parakonsistente), die auf den Satz verzichten. Ich hatte gerade irgendwie gedacht, der Satz gelte in der klassischen Logik nicht mehr, das hätte mich geschockt.
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#1288651) Verfasst am: 14.05.2009, 13:11 Titel: |
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Testirossi hat folgendes geschrieben: |
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ... und zweitens ist hier überhaupt nichts falsch. |
Oh doch, das "abgeschlossene System" ...
Ich habe bisher weder eines gesehen, noch wäre es mir in der Theorie plausibel. |
Abgesehen von Tarvocs Einwand: efq gilt nur, wenn eine Aussage logisch falsch ist. Aus nur faktisch falsche Aussagen folgt m.W. nicht beliebiges.
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Testirossi Gnostiker
Anmeldungsdatum: 12.08.2008 Beiträge: 741
Wohnort: jwd
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(#1288652) Verfasst am: 14.05.2009, 13:12 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Testirossi hat folgendes geschrieben: | Oh doch, das "abgeschlossene System". |
Au weia. Aussagen können falsch sein, aber nicht Begriffe. |
Ist das hier ein Gerichtsverfahren? Meine Güte, man kann die Erbsenzählerei auch übertreiben.
"Wenn ein System abgeschlossen ist, dann bleibt die Gesamtenergie erhalten."
So etwa lautet der "Energieerhaltungssatz" in der absolut äquivalenten logischen Umformung von:
"In einem abgeschlossenen System bleibt die Gesamtenergie erhalten."
Diese Aussage, obwohl man es ihr in dieser Form nicht ansieht, impliziert nämlich eine Bedingung, die meines Wissens (prinzipiell?) nicht erfüllt werden kann.
Falsch daran ist bereits die Voraussetzung, ganz abgesehen vom "verwertbaren Gehalt".
Wie bitte könnte denn ein "abgeschlossenes System" vom physikalischen Blickwinkel je/plausibel/vorweisbar/nachvollziehbar/empirisch beobachtbar "abgeschlossen" sein?
_________________ "Die Kunst aller grossen Volksführer aber, bestand noch zu allen Zeiten darin, die Aufmerksamkeit der Masse auf einen Feind zu konzentrieren."
(A. H.)
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1288653) Verfasst am: 14.05.2009, 13:13 Titel: |
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Yogosh hat folgendes geschrieben: | 3.) @AgentProvocateur
Wenn wir darüber reden, was das Wort 'substanziell' bedeutet (oder ob überhaupt irgedwas), dann geht es nicht nur um Kommunikation unter psychologischen oder erkenntnistheoretischen Aspekten. Die Formulierung "Da habe ich aber leider keine Ahnung, jemand könnte ebenso "frrzzzt" sagen, das würde ich genauso wenig verstehen können, ich verbinde damit nämlich genau gar nichts." suggeriert eine Bedeutungstheorie nach der wir Bedeutungen einfach mal so erzeugen können, indem wir irgendwas irgendwie mit Worten verbinden. |
Diese Formulierung von mir hat recht wenig Substanz, das gebe ich zu.
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Testirossi Gnostiker
Anmeldungsdatum: 12.08.2008 Beiträge: 741
Wohnort: jwd
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(#1288654) Verfasst am: 14.05.2009, 13:19 Titel: |
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Kival hat folgendes geschrieben: | Testirossi hat folgendes geschrieben: |
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ... und zweitens ist hier überhaupt nichts falsch. |
Oh doch, das "abgeschlossene System" ...
Ich habe bisher weder eines gesehen, noch wäre es mir in der Theorie plausibel. |
Abgesehen von Tarvocs Einwand: efq gilt nur, wenn eine Aussage logisch falsch ist. Aus nur faktisch falsche Aussagen folgt m.W. nicht beliebiges. |
Dann definiere "abgeschlossenes System" ohne die Energieerhaltung zu benutzen.
Meinetwegen auch mit, das ändert nichts wesentliches, man formuliert dann eben einen Zirkel:
"Für jedes abgeschlossene System gilt die Energieerhaltung."
Aber wir kommen vom Thema ab ... oder doch nicht?
Wieviel Metaphysik und wieviel formale Logik steckt im "Energieerhaltungssatz"?
_________________ "Die Kunst aller grossen Volksführer aber, bestand noch zu allen Zeiten darin, die Aufmerksamkeit der Masse auf einen Feind zu konzentrieren."
(A. H.)
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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
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(#1288657) Verfasst am: 14.05.2009, 13:29 Titel: |
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@Tarvoc: Vorneweg mal eine Betrachtung, von der ich glaube und hoffe, dass sie ein wesentliches Missverständnis zwischen uns aufklärt: Jedesmal, wenn ich irgendein Wort verwende, das in der Philosophiegeschichte kritisch beleuchtet wurde ('Sprache', 'Gegenstand') wirfst Du mir vor, dass ich diese Kritiken ignoriere oder mir der Problematik nicht bewußt wäre. Ich kenne die sehr wohl.
Meiner Ansicht nach steckt da ein grundsätzlich anderes Wissensbild dahinter, nämlich Foundationalism (gibts kein deutsches Wort) gegenüber Holismus. Ich versuche mal das zu explizieren. Und: ja, ich weiss, dass ich dabei nur Analogien bringe und auch einen Haufen ontologischer Annahmen mache. Im Sinne der zweiten Position wird aber glaube ich verständlich, warum und mit welchen Vorbehalten ich das tue.
Foundationalism wird durch das Bild des Gebäudes illustriert: Wenn das Fundament, wenn die ersten Begriffe unklar sind, wenn sie naiv benutzt werden, dann hat man schon verloren. Descartes ist das Paradebeispiel für diese Haltung. Sie war lange Zeit ist so eine Art Defaultposition und ist glaube ich gut bekannt.
Holism wird durch das Bild des Netzes illustriert. Unser gesamtes Wissen besteht aus Sätzen, die logisch und assoziativ zusammenhängen. Manche sind näher an der Erfahrung (Mein Auto ist grün) andere sehr weit weg (Atomkerne bestehen aus Protonen und Neutronen). Bedeutung erlangen alle Sätze und Begriffe nur in sehr großen Portionen (oder sogar nur als komplettes Ganzes), nie einzeln. Je weiter innen, desto weiter ist man von der Umgangssprache weg und desto metaphysischer und problematischer wird das.
Der entscheidene Unterschied ist, dass man eben nicht versucht die Bedeutung und den Wahrheitsgehalt der äußeren, ersten Sätze im Sinne eines unumstößlichen Fundaments festzunageln, bevor man weitermacht. Dann hätte man ja sofort das Problem, was z.B. ein Gegenstand überhaupt sein soll. Man nimmt sie erst mal ganz naiv hin, genauso wie einem das umgangsprachlich geläufig ist. Man hält sich aber die Option offen, ihren angenommenen Wahrheitsgehalt und ihre naive und unscharfe Bedeutung ändern oder revidieren zu können.
Nach innen hin arbeitet man sich mit schrittweiser Abstraktion vor. Ab und zu rüttelt man auch an den äusseren Sätzen. Wenn man z.B. dahin kommt über den Begriff 'Gegenstand' nachzudenken. Bis dahin hat man aber durch die Naivität etwas gewonnen: Man kann z.B. eine Menge klassischer Mechanik mit dem naiven Begriff entwickeln und auch die Formulierung der ontologischen Schwierigkeiten baut erst mal auf dem naiven Verständis dieses und einer Menge anderer Begriffe auf. Das wollte Wittgenstein mit der Leitermetapher sagen: Man kann die Leiter erst wegstoßen, wenn man an ihr emporgestiegen ist.
Das was ich als Metaphysik beschimpfe ist im Foundationalism gefangen. Wissenschaft geht ohne große epistemologische Rechtfertigung praktisch holistisch vor. Dieses Verfahren kann man auch in der Philosophie verwenden. Zu sinnvollen Theorien in der Epistemonologie kommt man nämlich auch erst, wenn man sich eine ganze Weile böse an ihr versündigt hat.
Ein anderes Bild zur Illustration ist von Neurath (sinngemäß wiedergegeben, es ziert die erste Seite von Quines Word and Object): "Wie Schiffer sind wir, die ihr Gefährt auf offener See Stück für Stück umbauen müssen ohne es je in einem Trockendock ganz zerlegen und neu aufbauen zu können."
Egal wie man es anstellt, man hat allein durch die Umgangssprache immer schon eine komplette Ontologie im Gepäck. Man kann sie aber modifizieren und als Hypothesensammlung verstehen.
Ich hoffe, dass Du meine Ansichten besser verstehst, wenn ich Dir sage, dass ich in diesem Sinne holistisch denke. Und ja: ohne dafür wirklich eine endgültige Rechtfertigung zu besitzen. Der pragmatische Nutzen reicht erst mal.
zu den anderen Punkten später. Ich hab sie nicht vergessen, es wird nur alles ein bißchen viel.
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Testirossi Gnostiker
Anmeldungsdatum: 12.08.2008 Beiträge: 741
Wohnort: jwd
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(#1288670) Verfasst am: 14.05.2009, 13:50 Titel: |
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Die Begriffe ... wenn die erst einmal klar wären, bräuchte man keine Philosophen mehr.
Mein Resonanzmodell der Sprache gefällt mir trotzdem besser.
Fangen wir jetzt endlich mit dem Unfug an?
_________________ "Die Kunst aller grossen Volksführer aber, bestand noch zu allen Zeiten darin, die Aufmerksamkeit der Masse auf einen Feind zu konzentrieren."
(A. H.)
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Höhlenbär saisonaler Einzelgänger
Anmeldungsdatum: 04.03.2007 Beiträge: 147
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(#1288715) Verfasst am: 14.05.2009, 15:18 Titel: |
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@Yogosh
1) Metaphysische Unschärfe
Du beschreibst Dein Unbehagen mit den Begriffen der Metaphysiker bis in die Mitte des 20. Jhdt., aber selbst genehmigst du Dir mit der häufigen Verwendung von Anglizismen unter der Ausrede schlechter Übersetzbarkeit eine nicht weniger unscharfe Verwendung von Begriffen.
Eine ewige Aufgabe der Philosophie bleibt es, die potentiell immer gleichen Begriffe in die je aktuelle Sprache zu übersetzen, um die Philosophie überhaupt verständlich zu erhalten. Sollte es noch keinen einheitlichen Gebrauch in der Zielsprache geben für bereits eingebürgerte Begriffe in den Quellsprachen, ist schleunigst mit dem Versuch der Durchsetzung einer Variante zu beginnen. Myrons "ontologische Festlegung" für ontological commitment gefällt mir zB nicht schlecht.
2) Quine
Quine kannte ich noch nicht. Nachdem ich nun sein "Two Dogmas of Empiricism" gelesen habe (danke für den Link, ballancer), muß ich zugeben, daß mir da etwas entgangen ist. Allerding hege ich den Verdacht, daß Quines Bedeutung für den Untergang des logischen Positivismuses doch überschätzt wird. Er weist zwar nach, daß das Programm des logischen Positivismuses keine absolute Wahrheit erzeugen kann, was ganz sicher nicht jeden überrascht hat, plädiert aber für ernsten Pragmatismus. Vermutlich waren die Positivisten bereits von der Erfahrung demotiviert, daß ihr Programm in langwierige kleinteilige Arbeit ausartete, und die Erkenntnis, damit höchstens etwas praktisches zu leisten, war dann endgültig zuviel.
"Wie Schiffer sind wir, die ihr Gefährt auf offener See Stück für Stück umbauen müssen ohne es je in einem Trockendock ganz zerlegen und neu aufbauen zu können." ist wirklich ein schönes Bild.
Quines Bild aus "Two Dogmas of Empiricism": "Or, to change the figure [of the totality of our so-called knowledge or beliefs], total science is like a field of force whose boundary conditions are experience" gefällt mir persönlich besser, aber es setzt Verständnis für das Lösen von Differentialgleichungen voraus, welches leider nicht weit genug verbreitet ist.
_________________ Macht ist geil. Humor ist Pflicht. Skepsis ist eine Tugend.
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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
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(#1288721) Verfasst am: 14.05.2009, 15:32 Titel: |
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Okay, dann mal zum versprochenen Beispiel und wie ich zu meinem Urteil komme
(Ich fange nie wieder eine solch globalgalaktische Diskussion an)
In 'On Denoting' (1905) versucht Russel mit Folgendem aufzuräumen: (Hier folgt jetzt keine Zusammenfassung von 'On Denoting'. Die gibt es zuhauf und besser als ich sie hinkriegen würde)
Aussagesätze (es geht erst mal nur um die Bedeutung von Aussagesätzen. Dabei wurde und wird oft noch angenommen, dass die Möglichkeit, ihre Wahrheit beurteilen zu können ein sehr gutes Zeichen (aber vielleicht nicht das einzige) dafür ist, dass man die Bedeutung erfasst habe) wie
(1) 'Mein Fahrrad ist grün'
(2) 'Der momentane König von Frankreich hat eine Glatze'
(3) 'Einhörner sind weiss'
(4) '5eckige Kreise haben mehr Ecken als 4eckige Kreise'
sind strukturell sehr ähnlich. Sie scheinen über etwas zu reden und auch etwas auszusagen. Dieses etwas wird aber von (1) bis (4) zunehmend seltsamer. Sie sind aber nicht so offensichtlich sinnlos wie etwa 'jhg ljheeu8 jjkek' sinnlos ist. Wie erklärt man sich das?
Zu dieser Zeit gab es Überlegungen, die ungefähr so gingen:
(1) ist eine (verhältnismässig) klare Sache. Es geht um das Fahrrad, es ist durch den Sprecher eindeutig identifiziert. Fahrräder kennen wir. Ob der Satz wahr ist, entscheidet sich durch Hingucken.
(2) Es gibt ja gerade keinen König in Frankreich, deswegen wird auch nichts über ein existierenden Gegenstand gesagt, sondern nur über einen möglichen. Und mögliche Gegenstände sind im Gegensatz zu tatsächlich existierenden nicht in allen denkbaren Eigenschaften festgelegt. Deswegen ist der Satz falsch oder begeht einen Kategorienfehler. Auf jeden Fall ist er nicht wahr.
(3) Hmm, es gibt ja keine Einhörner, aber irgendwie ist der Satz doch wahr. Die möglichen Viecher, die wir uns als Einhörner vorstellen sind immer weiss. Sind also alle möglichen Einhörner weiss? Würden wir nicht ein schwarzes Pferd mit einem Horn auch als Einhorn durchgehen lassen? Schwierig. Ausserdem steht der Satz im Plural. Wir reden also über eine Menge aller (weil Plural) möglichen (weil tatsächlich nicht existenten) bestimmten (wie denn bestimmt?) Dinger.
(4) Eckige Kreise gibt es nicht und kann es auch gar nicht geben, es ist ein Widerspruch in sich. Wovon reden wir hier aber? Von unmöglichen Dingen? Haben die auch Eigenschaften? Sie können vielleicht keine Glatze haben, aber wo schon 'eckig' essentiell für die Klassifizierung ins Unmögliche ist, kann man ja schlecht sagen, dass die Anzahl der Ecken ein unzulässiges Prädikat sei. Und dann ist 5 allemal mehr als 4. Ist der Satz also wahr?
Um die Bedeutung solcher Sätzen zu erklären wurde teilweise eine Menge Ontologie aufgefahren. Da gab es dann plötzlich existierende Dinge, nicht existierende aber mögliche Dinge und auch nichtexistierende unmögliche Dinge in verschiedenen Aktualitätsstufen die für die unterschiedliche Ausprägung der Prädikate herhalten sollten.
Diese ontologische Explosion ist unbehaglich. Da kann man Occams Rasiermesser gleich wegschmeissen. Man fühlte sich aber in diese Richtung gedrängt, weil das immerhin irgendwie erklärt, wie und welche Bedeutung Aussagesätze haben. Und die Leute waren auch alles andere als dumm.
Russel räumt damit auf, indem er lediglich eine logische Formalisierung vorschlägt mit der man den ganzen Existenzenzoo nicht mehr braucht.
Seine Formalisierung geht so:
(1) Es gibt ein x für das gilt: (x ist mein Fahrrad) und (x ist grün). ('Mein' kann man ebenso auflösen)
(2) Es gibt ein x für das gilt: (x ist momentan König von Frankreich) und (x hat eine Glatze)
(3) Für alle x gilt: Wenn (x Pferdegestalt hat und x hat genau ein Horn) dann folgt (x ist ein Einhorn)
(4) Für alle x,y gilt: Wenn ((x ist ein Kreis und x hat fünf Ecken) und (y ist ein Kreis und y hat 4 Ecken)) dann folgt (x hat mehr Ecken als y)
(Ich hoffe ich habe die Klammern alle richtig)
Russel hat auch mal die Zahl 1 nur mit Mengenlehre definiert, er schafft es durchaus, auch die 4 und 5, Frankreich, das 'genau ein' und das 'mehr' in ähnlicher Weise aufzulösen.
Was hat Russel jetzt gewonnen?
(1) ist wahr
(2) ist falsch
(3) ist je nach Definition von Einhorn, die man für die Auflösung verwendet auch wahr
(4) hängt davon ab, was man von FALSCH->p hält, ist also jetzt ein rein logisches Problem
Und er kann den ganzen Zoo von oben mit Occams Rasiermesser entfernen. Er braucht sich noch nicht mal festlegen, was alles ein x sein kann. Da kann jeder das alles nehmen, wie es ihm passt.
Wer das Problem der oben erwähnten Leute ernst nimmt und nicht sieht was für eine Erleichterung eine Lösung a la Russel darstellt, der wird mit mir bestimmt nicht übereinstimmen.
Ich hoffe, dass ich von den anderen noch irgendwen überzeugen kann.
So what? Und auch ein Kriterium (wieder bloß behavioristisch, Du kriegst mich nicht dazu Heideggersch zu sprechen, ich kann es einfach nicht)
Hat Russel bewiesen, dass es die unmöglichen Existenzen nicht gibt? Nein, hat er nicht. Hat irgendwer bewiesen dass es den Äther und das Phlogiston und den Impetus und die Quintessenz nicht gibt? Nein. Wer weiterhin an diese Dinger glauben will, tut das eben.
Wir sagen heute aber dennoch dass es dieses Zeug nicht gibt auch wenn wir keine konsensfähige Definition von Existenz haben und auch kein konsensfähiges Kriterium für Existenz. Das Verfahren, was wir anscheind verwenden um zu solchen Urteilen zu kommen geht ungefähr wie folgt:
Wir nehmen die Existenz von allem möglichen Zeug (Konkrete Dinge, physische Dinge, Abstrakte Dinge, Gattungen, Mengen, nicht physische Dinge etc. alles fröhlich durcheinander und erstaunlich unkritisch) solange an, bis wir einen Weg finden es auszusortieren. Und was wir aussortieren entscheidet sich durch die ontologischen Festlegungen (ich find commitment trotzdem besser, das impliziert vorläufiges Engagement) die wir brauchen damit unsere Theorie über die Welt funktioniert.
Wer entscheidet was unsere Theorie ist und was sie braucht? Erst mal jeder für sich selbst. Es kann ja jeder glauben was er will. Aber die gleiche Mischung aus rationalem Diskurs, vorsichtiger Begriffsbildung, Einbeziehung von Empirie, Occams Rasiermesser, Drang zur Einfachheit, Ablehnung von ad hoc Hypothesen usw., die uns in den Wissenschaften (allen, nicht bloß den Natur-) gute Dienste leisten, tut es auch hier.
Philospohie und auch brauchbare Metaphysik stehen nicht vor unter oder neben den Wissenschaften, sondern mitten drin.
Kurz: Ich komme zu meinem Urteil auf die gleiche diffuse und mir nicht restlos klare aber hoffendlich vernünftige und rationale Art mit der ich mich auch entscheide, die Evolutionstheorie und die Relativitätstheorie zu akzeptieren, Esoterik abzulehnen und nicht an Götter zu glauben. Es kann natürlich sein, dass ich bloß glaube was mir passt und den Rest für Voodoo erkläre. Ich geb mir aber Mühe das nicht zu tun.
Zuletzt bearbeitet von Yogosh am 14.05.2009, 15:54, insgesamt 2-mal bearbeitet |
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Einsiedler registrierter User
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(#1288722) Verfasst am: 14.05.2009, 15:33 Titel: |
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Testirossi hat folgendes geschrieben: | Woher zum Beispiel kommt dieser unsinnige "Energieerhaltungssatz"?
Empirisch kann er wohl kaum gefunden worden sein, und wozu dient er überhaupt?
Soll damit ein "abgeschlossenes System" definiert werden?
Oder soll ein "abgeschlossenen System" die Energieerhaltung definieren? |
Reicht es denn nicht, ein offenes System zu betrachten und die Energie zu messen, die von/nach außen
zu-/abgeführt wird? Dann folgt die Aussage für das abgeschlossene System als Spezialfall, ohne daß
man eine solches System selbst empirisch untersuchen müßte.
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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
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(#1288726) Verfasst am: 14.05.2009, 15:37 Titel: |
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Höhlenbär hat folgendes geschrieben: | Du beschreibst Dein Unbehagen mit den Begriffen der Metaphysiker bis in die Mitte des 20. Jhdt., aber selbst genehmigst du Dir mit der häufigen Verwendung von Anglizismen unter der Ausrede schlechter Übersetzbarkeit eine nicht weniger unscharfe Verwendung von Begriffen. |
Da muss ich aber doch widersprechen. Ich habe foundationalism und commitment verwendet. Das wars. Wenn Du eine Übersetzung für Foundationalism hast, dann her damit. Ich hab damals alle meine Profs durchgefragt. Ohne Glück. Fundamentalismus ist ja was völlig anderes.
Was commitment angeht: Das benutzen auch die Psychologen für commitment zu einer Beziehung, weil sie eben auch nichts besseres finden. Festlegung klingt nach endgültig. Und genau das sollen Quines ontologische commitments ja eben nicht sein.
Wenn Dir Quine gefällt, guck mal in das Essay 'Ontological Relativity' und die ersten beiden Kapitel von 'Word and Object'. Wenn ich hier so weitermache, hätte ich die beiden besser gleich abtippen sollen
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Wolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.08.2004 Beiträge: 16610
Wohnort: Zuhause
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(#1288736) Verfasst am: 14.05.2009, 15:45 Titel: |
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Yogosh hat folgendes geschrieben: | (1) 'Mein Fahrrad ist grün'
(2) 'Der momentane König von Frankreich hat eine Glatze'
(3) 'Einhörner sind weiss'
(4) '5eckige Kreise haben mehr Ecken als 4eckige Kreise'
[...]
(4) Eckige Kreise gibt es nicht und kann es auch gar nicht geben, es ist ein Widerspruch in sich. Wovon reden wir hier aber? Von unmöglichen Dingen? Haben die auch Eigenschaften? |
Der Einheitskreis bzgl. der Unendlichkeitsnorm hat vier Ecken. (Er existiert auch.)
_________________ Trish:(
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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
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(#1288745) Verfasst am: 14.05.2009, 16:00 Titel: |
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Wolf hat folgendes geschrieben: | Der Einheitskreis bzgl. der Unendlichkeitsnorm hat vier Ecken. (Er existiert auch.) |
Dann baue ich in meine Definition von eckig irgendwas mit unterschiedlicher Entfernung vom Mittelpunkt ein
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Wolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.08.2004 Beiträge: 16610
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(#1288760) Verfasst am: 14.05.2009, 16:13 Titel: |
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Testirossi hat folgendes geschrieben: | Kival hat folgendes geschrieben: | Therotische Terme sind empirisch unterbestimmt, von ihnen lassen sich aber Aussagen, die empirisch geprüft werden können, ableiten. Rein metaphysische Aussagen wären demnach solche, von deinen sich keine empirischen Prognosen ableiten lassen. |
Dann kann man also nie wissen, ob es sich bei einer Aussage um Methaphysik handelt oder nicht?
Denn liessen sich daraus empirische Prognosen ableiten, wäre es nach obigem Verständnis keine Metaphysik.
Im anderen Falle, wenn abgeleitete empirische Prognosen nie erfolgen, würde es sich demnach um Metaphysik handeln.
Man kann im letzten Fall also nie entscheiden, ob es sich eventuell um Metaphysik handelt, oder nicht. | Wir haben einen Satz p und eine Folgerung q die wir empirisch prüfen können.
Erweist sich q als falsch, so muss auch p falsch sein. Und wir müssen p verwerfen.
Somit ist p empirscher Natur.
Erweist sich q als wahr, so wissen wir noch nichts über den Warheitsgehalt von p.
Warum machen wir uns überhaupt die Mühe p einzuführen und führen nicht gleich q ein?
Weil p nicht nur eine sondern mehrere Folgerungen enthalten wird, etwa q1, ... qn und wir so eine allgemeineres Verständnis erhalten. Wir können uns natürlich nie sicher sein, dass p wahr ist. Aber intuitiv wird man vermuten, dass wenn p viele Folgerungen hat, die sich als wahr erweisen, p ungefähr stimmen wird.
_________________ Trish:(
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Wolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.08.2004 Beiträge: 16610
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(#1288765) Verfasst am: 14.05.2009, 16:16 Titel: |
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Yogosh hat folgendes geschrieben: | Wolf hat folgendes geschrieben: | Der Einheitskreis bzgl. der Unendlichkeitsnorm hat vier Ecken. (Er existiert auch.) |
Dann baue ich in meine Definition von eckig irgendwas mit unterschiedlicher Entfernung vom Mittelpunkt ein |
Würde dir auch nichts helfen. Die Unendlichkeitsnorm induziert eine etwas ungewohnte Entfernung.
_________________ Trish:(
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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
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(#1288768) Verfasst am: 14.05.2009, 16:20 Titel: |
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Aus einem Satz alleine folgt nichts auf eindeutige Weise, weil darin Begriffe vorkommen, deren Bedeutungen beim logischen Schliessen wiederum weitere Sätze sind, in denen auch wieder Begriffe vorkommen usw.
Deswegen hat der reduktionistische Teil des logischen Positivismus nicht geklappt. Alle Sätze hängen zusammen und treten nur im Kollektiv vor das Tribunal der Erfahrung. (Quines Bild, nicht meins)
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#1288770) Verfasst am: 14.05.2009, 16:23 Titel: |
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Yogosh hat folgendes geschrieben: | Meiner Ansicht nach steckt da ein grundsätzlich anderes Wissensbild dahinter, nämlich Foundationalism (gibts kein deutsches Wort) gegenüber Holismus. |
Natürlich gibt es noch eine dritte Möglichkeit der Betrachtung, nämlich die des Poststrukturalismus: Es gibt weder eine Fundierung noch eine Ganzheit des Wissens (d.h. der Sprache), sondern vielmehr eine Vielzahl fragmentierter, ausdifferenzierter und nicht in einer einheitlichen Meta-Erzählung fassbarer unterschiedliche Diskursarten. Natürlich ist diese Betrachtung dem Holismus eigentlich nicht unähnlich. Sie eröffnet aber einige Fragestellungen, an denen sich zeigt, dass auch der Holismus noch metaphysische Dimensionen besitzt, z.B. in seinem Begriff von Erfahrung, der im Holismus als so eine Art "Soft Foundation" funktioniert und die Einheit des Wissensfeldes garantieren soll.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 14.05.2009, 16:30, insgesamt 3-mal bearbeitet |
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Danol registrierter User
Anmeldungsdatum: 02.04.2007 Beiträge: 3027
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(#1288771) Verfasst am: 14.05.2009, 16:25 Titel: |
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Testirossi hat folgendes geschrieben: | Kival hat folgendes geschrieben: | Testirossi hat folgendes geschrieben: | Woher zum Beispiel kommt dieser unsinnige "Energieerhaltungssatz"? |
Das nennt sich Theorie. |
Ohne "Empirie" ist er ganz klar Metaphysik. |
Nein. Aufgabe der Physik ist nicht irgendetwas zu erklären, sondern modellhaft zu beschreiben. Wenn ein Modell, das den Energieerhaltungssatz enthält, hinreichend genaue, überprüfbare Vorhersagen liefert, die sich experimentell bestätigen lassen, dann ist es Physik. Dazu ist es vollkommen irrelevant, ob irgend ein konkretes Postulat der Theorie nachweisbar ist, was zählt ist die Überprüfbarkeit der Folgerungen aus diesen Postulaten. Wenn sich irgend ein Postulat mal experimentell wiederlegen ließe: Schön, dann muss man ein anderen suchen. Derartige Grundannahmen aber empirisch herleiten zu wollen ist Unsinn und stellt auch nicht die Grenze zwischen Physik und Metaphysik dar, die verläuft nämlich einerseits an der Überprüfbarkeit der Aussagen, andererseits an Ockhams Rasiermesser (und noch an einigen anderen Stellen, diese beiden halte ich aber für die momentan wesentlichen).
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Wolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.08.2004 Beiträge: 16610
Wohnort: Zuhause
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(#1288772) Verfasst am: 14.05.2009, 16:25 Titel: |
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Testirossi hat folgendes geschrieben: |
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ... und zweitens ist hier überhaupt nichts falsch. |
Oh doch, das "abgeschlossene System" ...
Ich habe bisher weder eines gesehen, noch wäre es mir in der Theorie plausibel. |
Das macht es ja nicht falsch, dass in einem abgeschlossene System die Energie erhalten bleibt.
Empirisch überprüfen lässt sich das Ganze einfach, indem wir Energie wieviel Energie etwa durch Reibung unsere System verlässt und wieviel drin bleibt.
_________________ Trish:(
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