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Operationalisierung von Wahrnehmung: (wie) ist Wahrnehmung in der Rede präsent?
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Tarvoc
would prefer not to.



Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44650

Beitrag(#1291981) Verfasst am: 20.05.2009, 01:38    Titel: Operationalisierung von Wahrnehmung: (wie) ist Wahrnehmung in der Rede präsent? Antworten mit Zitat

Im Thema Bibelfundamentalismus und Konsistenzforderungen ist eine interessante philosophische Fragestellung aufgetaucht, die, wie ich finde, einen eigenen Thread wert ist. Ich werde hier einige Passagen aus Beiträgen von mir und vanini zitieren, die auf dieses Problem führen. Danach werde ich nochmal mit eigenen Worten kurz zusammenfassen, worin das Problem aus meiner Sicht besteht. Auch interessant ist die Frage, warum dieses recht bedeutsame Problem so oft völlig übersehen wird und warum anscheinend viele Leute, selbst wenn sie es sehen oder vermuten, so tun, als existiere es gar nicht. Diese Frage kann ich jedoch selbst noch nicht hinreichend klären. Aber vielleicht habt ihr ja Ideen zu dieser Frage, aber auch zu der Frage, ob und wie sich das Problem lösen lässt und wie wir unser Denken organisieren müssten, wenn es sich nicht lösen ließe. Da die Diskussion im Umfeld des Problems sehr chaotisch und unnötig aggressiv war, woran ich selbst leider alles andere als unschuldig war, werde ich mich bei den Zitaten auf die wesentlichen Sätze und Passagen beschränken. Ich denke, das ist im Sinne aller Beteiligten.

vanini hat folgendes geschrieben:
Darum gilt: Jede als "philosophisch" attributierte Aussage, welche der nachprüfbaren menschlichen Wahrnehmung/Beobachtung/Erfahrung ("Empirie") widerspricht, ist zu verwerfen.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Sorry, aber das ist Unfug. Aussagen können nur anderen Aussagen widersprechen.

vanini hat folgendes geschrieben:
Da wir uns hier bereits auf dem Niveau der Kommunikation per Sprache befinden, ist selbstverständlich voraussgesetzt, dass die besagten menschlichen Wahrnehmung/Beobachtung/Erfahrung ("Empirie") als Aussagen zur Debatte stehen.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Eine Frage dazu hätte ich aber noch: Was heißt es, dass eine Wahrnehmung als Aussage zur Debatte steht? Nehmen wir mal an, die Aussage "Ich habe ein Einhorn gesehen" steht zur Debatte. Wie steht in dieser Aussage die Wahrnehmung, die die Person gemacht hat, zur Debatte?


Also, hier ist das Problem, wie ich es beschreiben würde: vanini schrieb, dass eine Wahrnehmung als eine Aussage zur Debatte stehen könne. Es ist klar, dass Aussagen zur Debatte stehen können, aber was heißt es, zu sagen, eine Wahrnehmung stehe als Aussage zur Debatte? Wie kommt sozusagen die Wahrnehmung in die Aussage und wie kommt sie wieder heraus? Ich versuche, das nochmal etwas weiter auszuführen: Es wird hier allem Anschein nach davon ausgegangen, die Wahrnehmung könne sozusagen irgendwie in die Aussage hineingelegt und mit ihr auf den Weg geschickt werden und stünde dann gemeinsam mit der Aussage zur Debatte. Am Beispiel mit dem Einhorn hieße das: In der Aussage "Ich habe ein Einhorn gesehen" liegt irgendwie die Wahrnehmung, die der Sprecher gehabt hat, und kann mit ihr diskutiert werden. Tatsächlich sind sehr viele Menschen der Ansicht, dass sogar genau dadurch, dass in den Begriff oder die Aussage irgendwie eine Anschauung hineingelegt wird, sich überhaupt erst ihr Sinn oder ihre Bedeutung konstituiert. Im Grunde ist das doch recht komisch, wenn man die anscheinende Rätselhaftigkeit dieses Vorgangs des Hineinlegens und auch des Wieder-Herausnehmens (welches man ja bei einer solchen Bedeutungstheorie immer mitdenken muss) bedenkt. Meine Frage ist nun: Verhält es sich tatsächlich so? Wenn ja, wie kommt die Wahrnehmung in die Aussage? Wenn nein, welche Konsequenzen hat das?
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"Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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atheist666
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Anmeldungsdatum: 17.02.2007
Beiträge: 8494

Beitrag(#1291989) Verfasst am: 20.05.2009, 06:41    Titel: Antworten mit Zitat

Ich weiß nicht, ob das hier hinpaßt.

Also wenn jemand sagt, er hätte ein Einhorn gesehen, so halte ich a) die Aussage deshalb für falsch, weil sie sich b) nicht mit Wahrnehmungen von mir und anderen deckt.

Aussagen die über Wahrnehmungen gemacht werden, sind zwar erst einmal subjektiv, werden aber durch mehrere Personen entweder bestätigt oder verneint.

Andererseits machen Menschen Aussagen und wollen dies durch hineinlegen von angeblichen Wahrnehmungen beweisen. Siehe Marienerscheinungen.
Im Kern müßte ich also ersteinmal die Wahrnehmung unter die Lupe nehmen, bevor ich an die Aussage gehe.
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Roter Ballon
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Anmeldungsdatum: 22.12.2006
Beiträge: 2631
Wohnort: München

Beitrag(#1292003) Verfasst am: 20.05.2009, 08:02    Titel: Antworten mit Zitat

ähh, aus den tiefen meines Gedächtnisses fällt mir dazu Habermas ein

Theorie des kommunikativen Handelns
ebnda hat folgendes geschrieben:
(...)Nach Habermas liegen die normativen Grundlagen der Gesellschaft in der Sprache, die als zwischenmenschliches Verständigungsmittel soziale Interaktion erst ermöglicht. (...)
dies funktioniert jedoch nur dann, wenn die Kommunikationsprozesse vernunftorientiert organisiert werden; dies wiederum bedeutet, dass die Teilnehmer des Sprechaktes darauf verzichten müssen, Wirkungen (genauer perlokutive Sprechakte) erzielen zu wollen; daneben soll alles, was wir kommunizieren, auch begründbar und kritisierbar sein. Letztendlich gibt es vier mögliche Grundlagen - sog. Geltungsansprüche - die Bezugspunkte für die Argumentation sein können. Diese sind Verständlichkeit, objektive Wahrheit, normative Richtigkeit und subjektive Wahrhaftigkeit.(...)


Verlegen mehr weiß ich auch nimmie, der war mir damals schon zu kompliziert.

aus dem PDF Link im Wiki heißts auch:
Zitat:
Die Theorien moderner Erfahrungswissenschaften stellten
einen normativen Anspruch, der am Ende nur dadurch eingelöst werden könne, dass es einem
rekonstruierenden Verfahren gelinge, interne und externe, empirische wie normative Aspekte
systematisch zu erklären. Wie für die Wissenschaft gelte dies auch für andere Verkörperungen
des objektiven Geistes.


(aber den kennst du wahrscheinlich eh schon)
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ertrage die Clowns!
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44650

Beitrag(#1292062) Verfasst am: 20.05.2009, 10:55    Titel: Antworten mit Zitat

atheist666 hat folgendes geschrieben:
Ich weiß nicht, ob das hier hinpasst.

Nicht wirklich. Was du schreibst, setzt bereits voraus, wonach ich erst gefragt habe. Es geht hier erstmal nicht um wahr und falsch, sondern darum, wie überhaupt die Wahrnehmung in der Äußerung verfügbar ist. Die Frage ist auch nicht, ob Äußerungen über Wahrnehmungen erstmal subjektiv sind, sondern wie die Äußerung überhaupt mit der Wahrnehmung zusammenhängt. Ebenso stellt sich, wenn du sagst, man müsse erstmal die Wahrnehmung unter die Lupe nehmen, bevor man sich an die Äußerung wagt, die Frage, wie man denn Wahrnehmungen anderer Leute "unter die Lupe nimmt".

@ Robbe Pierre: Auch Habermas' Diskursethik hilft hier m.E. nicht wirklich weiter, weil es dabei so wie ich das sehe eher um ganz andere Fragen geht. Die Frage nach der Beziehung von Aussage und Wahrnehmung taucht ja soweit ich das beim Überfliegen sehe in den Texten auch gar nicht auf. Wenn man wie Habermas eine Konsenstheorie von Bedeutung vertritt, stellt sich diese Frage auch eher weniger. Meines Wissens hat ihn diese Frage jedenfalls nie wirklich interessiert (obwohl er sie kennen dürfte).
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zelig
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Beitrag(#1292072) Verfasst am: 20.05.2009, 11:18    Titel: Re: Operationalisierung von Wahrnehmung: (wie) ist Wahrnehmung in der Rede präse Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
[...]Wie kommt sozusagen die Wahrnehmung in die Aussage[...]

Schematisch: Durch unterschiedliche Instanzen des Bewußtseins.
Entscheidend für Deine Frage dürften sein die Instanzen, die die Wahrnehmung vom Ich distanzieren, und diese in Bereiche unterteilt, die zueinander in Relation gesetzt werden. Ich würde sagen, so entsteht Objekt-Subjekt-trennung, so entstehen Objekte. "Zueinander in Relation setzen" betrachte ich als die storytelling-Instanz. Wir können nicht anders, als Geschichten zu konstruieren.
Manche dieser Geschichten erheben einen merkwürdigen Anspruch, beispielsweise auf sowas wie Objektivität. Was meines Erachtens allerdings nicht mehr als eine Vereinbarung darstellt.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
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Beitrag(#1292074) Verfasst am: 20.05.2009, 11:32    Titel: Antworten mit Zitat

Das mit dem Geschichtenerzählen kann ich in etwa nachvollziehen. Die ersten zwei Sätze in deinem Beitrag verstehe ich aber irgendwie nicht so ganz. Am Kopf kratzen
Willst du sagen, dass die Wahrnehmung gar nicht mit der Äußerung vermittelt wird, sondern ich die Äußerung höre und mir dann selbst eine Wahrnehmung dazu ausdenke?
Wenn ja, was wäre der Nutzen dieses Ausdenkens und warum wäre es von irgendeiner Relevanz für die Bedeutung oder das Verständnis der Aussage?
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Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 20.05.2009, 11:34, insgesamt einmal bearbeitet
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Testirossi
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Beitrag(#1292075) Verfasst am: 20.05.2009, 11:33    Titel: Antworten mit Zitat

"Operationalisierung von Wahrnehmung"
wau, eine hochtrabende Formulierung, wie man sie in den Geisteswissenschaften gerne benutzt, um vom eigentlichen Nebel abzulenken und auf Laien Eindruck zu schinden.

Bereits die Wahrnehmung selbst ist eine Operation.
Dann werden diese Operationen auf operationalem Weg weitergeleitet zum Operationszentrum im Kopf und dort bei Bedarf in operationalisierter Form weiterverarbeitet. zwinkern

Die Wahrnehmung ist die Basis allen Lebens und daher auch der Sprache, die Sprache aber nicht a priori die Basis der Wahrnehmung, obwohl das so sein kann.

Sprache als operationalisierte und formalisierte Wahrnehmungsäusserung klingt zwar gut, ist aber bereits im Ansatz zum Scheitern verurteilt, da wir in der Sprache, wie selbstverständlich, Widersprüche in sich formulieren.
Wir verwenden sie, jeder weiss, was gemeint ist, aber die Regeln lassen sich nur schwer operationalisieren:

Definition Hamster: Lebewesen bla bla Säugetier, vermehrt sich geschlechtlich, nimmt Nahrung auf usw.
Was ist aber ein toter Hamster???

Die Frage ist nicht trivial.
Der Sohn meiner Cousine verlangte von seiner Mutter, dass sie ihm vom Einkauf einige tote Hamster mitbringe.
Auf Nachfrage stellte sich heraus, dass es sich dabei um Tomaten handelte, was daher kam, dass die Stelle, an der einst ein Hamster im Garten begraben worden war, als Tomatenbeet zweckentfremdet werden sollte. Natürlich unter Protest des ehemaligen Hamsterbesitzers. Daraufhin wurde ihm der ewige Kreislauf des Lebens anhand des verwesten Hamsters und der daraus wachsenden Tomaten erklärt. Seitdem macht er sich den Spass, Tomaten als tote Hamster zu bezeichnen.

Sprache als operationalisierte Wahrnehmung ist wohl zu hoch gegriffen (Wittgenstein?), ich bevorzuge daher das Resonanzmodell: "Wahrnehmungen" klingen in uns und wir versuchen, zum Beispiel durch die Sprache, im Anderen ähnliche Anklänge wachzurufen.

Um über in Sprache hereingelegte Wahrnehmungen sinnvoll zu sprechen, sollte man doch wohl zuallererst klären, was Wahrnehmungen sind, oder?
Und da sich das ganz offensichtlich nicht klären lässt, sind hereingelegte Wahrnehmungen doppelt dunkel.

Übrigens habe ich Hunger.
Wollen wir darüber diskutieren?
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Tarvoc
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Beitrag(#1292079) Verfasst am: 20.05.2009, 11:41    Titel: Antworten mit Zitat

Interessanter Beitrag. In ganz großen Teilen würde ich ihm auch zustimmen, wobei ich deine Polemik gegen Geisteswissenschaften für undifferenziert und zumindest potentiell für einen Doppelstandard halte. Jedenfalls wenn ich bedenke, was für komische Wörter zum Beispiel Quantenphysiker oder manche Biologen so benutzen. zwinkern

Die Frage ist, was das jetzt heißt bzw. was die Konsequenzen davon sind, dass sich Sprache nicht als Formalisierung von Wahrnehmung denken lässt.
Dein Verweis auf Wittgenstein ist übrigens sehr hilfreich. Smilie Die Hamstergeschichte finde ich auch recht interessant...
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Testirossi
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Beiträge: 741
Wohnort: jwd

Beitrag(#1292088) Verfasst am: 20.05.2009, 11:53    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Interessanter Beitrag. In ganz großen Teilen würde ich ihm auch zustimmen, wobei ich deine Polemik gegen Geisteswissenschaften für undifferenziert und zumindest potentiell für einen Doppelstandard halte. Jedenfalls wenn ich bedenke, was für komische Wörter zum Beispiel Quantenphysiker oder manche Biologen so benutzen. zwinkern

Physiker benutzen diese komischen Wörter meist nur dann, wenn sie unter sich sind, als nützliche Abkürzung für irgendwas.
"Geisteswissenschaftler" benutzen t.t.s in meiner Wahrnehmung als Imponiergehabe und zur sprachlichen Verkomplizierung lapidarer Wahrheiten, um zu belegen, dass sie auch wirklich studiert haben.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Die Frage ist, was das jetzt heißt bzw. was die Konsequenzen davon sind, dass sich Sprache nicht als Formalisierung von Wahrnehmung denken lässt.

Ich bin übrigens noch immer hungrig, mein Magen knurrt bereits, versuche, das Hungergefühl mit Kaffee zu betäuben.
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zelig
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Beiträge: 25405

Beitrag(#1292089) Verfasst am: 20.05.2009, 11:54    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Das mit dem Geschichtenerzählen kann ich in etwa nachvollziehen. Die ersten zwei Sätze in deinem Beitrag verstehe ich aber irgendwie nicht so ganz. :hmm:
Willst du sagen, dass die Wahrnehmung gar nicht mit der Äußerung vermittelt wird, sondern ich die Äußerung höre und mir dann selbst eine Wahrnehmung dazu ausdenke?[...]

Ah, ich verstehe jetzt besser. du meintest gar nicht inneren Prozess, wie aus einer Wahrnehmung eine Aussage (also vielleicht in Form eines Gedankens) wird, sondern Du redest wirklich von der Übermittlung der Aussage.
Ja, das sehe ich so, wie von Dir beschrieben. Die Wahrnehmungen selber wird nicht transportiert, durch Aussagen aber werden wir in die Lage versetzt, eine Wahrnehmung nachzubilden.
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Tarvoc
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Beitrag(#1292091) Verfasst am: 20.05.2009, 11:59    Titel: Antworten mit Zitat

Testirossi hat folgendes geschrieben:
Physiker benutzen diese komischen Wörter meist nur dann, wenn sie unter sich sind, als nützliche Abkürzung für irgendwas.

Das habe ich anders erlebt.
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Beitrag(#1292093) Verfasst am: 20.05.2009, 12:01    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Ah, ich verstehe jetzt besser. du meintest gar nicht inneren Prozess, wie aus einer Wahrnehmung eine Aussage (also vielleicht in Form eines Gedankens) wird, sondern Du redest wirklich von der Übermittlung der Aussage.

Letztendlich ist beides relevant und auch beides problematisch. Hier ging es tatsächlich in erster Linie um zweiteres. Im Ursprungsthread kam auch ersteres zur Sprache.

zelig hat folgendes geschrieben:
Ja, das sehe ich so, wie von Dir beschrieben. Die Wahrnehmungen selber wird nicht transportiert, durch Aussagen aber werden wir in die Lage versetzt, eine Wahrnehmung nachzubilden.

Bleiben noch die Fragen nach dem Zusammenhang zwischen Wahrnehmung und Nachbildung und nach der Relevanz diese Nachbildung für die Bedeutung der Aussage.
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Testirossi
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Beitrag(#1292151) Verfasst am: 20.05.2009, 13:33    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Testirossi hat folgendes geschrieben:
Physiker benutzen diese komischen Wörter meist nur dann, wenn sie unter sich sind, als nützliche Abkürzung für irgendwas.

Das habe ich anders erlebt.

Seit wann reden Physiker mit Laien über Fachspezifisches? zwinkern
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Testirossi
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Beitrag(#1292155) Verfasst am: 20.05.2009, 13:45    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Ja, das sehe ich so, wie von Dir beschrieben. Die Wahrnehmungen selber wird nicht transportiert, durch Aussagen aber werden wir in die Lage versetzt, eine Wahrnehmung nachzubilden.

Bleiben noch die Fragen nach dem Zusammenhang zwischen Wahrnehmung und Nachbildung und nach der Relevanz diese Nachbildung für die Bedeutung der Aussage.

"Bedeutung der Aussage" ...

jedem, dem schon einmal vor Hunger der Magen geknurrt hat, kann wohl die "Aussage" oder besser: die Schwingung nachvollziehen.
Wer nicht, weiss zumindest, dass es sich bei magenknurrendem Hungergefühl um etwas unangenehmes handelt, aber nicht so unangenehm, wie das Erstickungsgefühl aufgrund mechanisch unterdrückter Atmung, wie beim "Waterboarding" der USA-Regierung.

Ein Schachspieler kann mit der Notation etwas anfangen und eine Partie in groben Zügen nachspielen, allerdings zeigt die Notation nicht die Gedanken und Gefühle der beteiligten Spieler an, zumindest nicht alle ... Cool
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Beitrag(#1292161) Verfasst am: 20.05.2009, 13:51    Titel: Antworten mit Zitat

Testirossi hat folgendes geschrieben:
"Bedeutung der Aussage".

Im Originalthread gab es eher den Ausdruck des Inhaltes einer Aussage - z.B. im Gegensatz zu angeblich "leerem Geschwätz".
Gemeint dürfte damit aber letztlich so ziemlich das selbe sein. Und das stammt auch ganz sicher nicht von mir. zwinkern
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Beitrag(#1292173) Verfasst am: 20.05.2009, 14:04    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Testirossi hat folgendes geschrieben:
"Bedeutung der Aussage".

Im Originalthread gab es eher den Ausdruck des Inhaltes einer Aussage - z.B. im Gegensatz zu angeblich "leerem Geschwätz".
Gemeint dürfte damit aber letztlich so ziemlich das selbe sein. Und das stammt auch ganz sicher nicht von mir. zwinkern

red dich nur raus ... zwinkern

"b e4" hat die Bedeutung, dass ein Spieler einen Bauern nach e4 zieht, wenn möglich, regelgerecht.

Die "Bedeutung" der Schilderung oder Behauptung einer (Sinnes-)Wahrnehmung hat wohl, wie oben angeklungen, eher die Intention, beim Anderen eine Art von Mitfühlen oder Verständnis zu erzeugen.
Einem von Geburt an blinden Menschen kann man zwar die Sinnesempfindung von "Rot" nicht (verbal) vermitteln, er kann aber dennoch ganz gut mitreden, was Rosen, Erröten oder Fussgängerampeln betrifft.
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44650

Beitrag(#1292183) Verfasst am: 20.05.2009, 14:31    Titel: Antworten mit Zitat

Testirossi hat folgendes geschrieben:
red dich nur raus... zwinkern

Ich muss mich nicht herausreden. Diese Sprechweise stammt nicht von mir. Wenn ich sie hier verwende, dann gerade um sie zu problematisieren.
Das ist aber eigentlich relativ leicht einsichtig, wenn man sich die Thematik und Fragestellung dieses ganzen Threads anschaut. Mit den Augen rollen
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Anmeldungsdatum: 17.02.2007
Beiträge: 8494

Beitrag(#1292503) Verfasst am: 21.05.2009, 00:34    Titel: Antworten mit Zitat

Hier kam der "Hunger" in´s Spiel. Vielleicht läßt sich an dieser Stelle etwas verdeutlichen.

Nicht jeder nimmt Hunger, als Gefühl gleich wahr. Wenn also jemand von Hunger spricht, der tasächlich tagelang nichts zu beißen gehabt hat, spricht er zwar auch vom Hunger aber der Zuhörende (Voraussetzung : gut genährt) wird Schwierigkeiten haben dies nachzuvollziehen.
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fräulein rottenmeier
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Anmeldungsdatum: 16.02.2009
Beiträge: 1106
Wohnort: Saint Louis

Beitrag(#1292595) Verfasst am: 21.05.2009, 09:59    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Es wird hier allem Anschein nach davon ausgegangen, die Wahrnehmung könne sozusagen irgendwie in die Aussage hineingelegt und mit ihr auf den Weg geschickt werden und stünde dann gemeinsam mit der Aussage zur Debatte. Am Beispiel mit dem Einhorn hieße das: In der Aussage "Ich habe ein Einhorn gesehen" liegt irgendwie die Wahrnehmung, die der Sprecher gehabt hat, und kann mit ihr diskutiert werden.


Hi Tarvoc

So wie ich es hier lese, verstehst du Wahrnehmung als bewusste Wahrnehmung. Das ist ja etwas, was schon ziemlich weit entfernt ist von Wahrnehmung im Sinne: Aufnehmen von Sinnesdaten. Bevor jemand sagen kann "da ist ein Einhorn" geschah schon einiges: eine Menge Impulse - solche von der Umgebung wie Licht, Töne, Druck, Geruch, und innerliche wie die Wirkung von dem, was man gegessen hat und die Impulse und Kommunikation der Zellen und Organe untereinander werden im Gehirn verarbeitet, gefiltert und zu einem Begriff zusammengefasst. Voraussetzung dazu dass so etws wie bewusste Wahrnehmung stattfinden kann, ist ein bestimmter biologischer Apparat plus das Vorhandensein einer Sprache, mit deren Hilfe dieses gefilterte Bündel von Sinnesdaten zu einer Einheit zusammengefasst werden kann. Wobei noch völlig offen ist, ob diese bestimmte Sprache überhaupt dazu geeignet ist, die Sinnesdaten sinnvoll zusammenzufassen und zu benennen.

Auch damit etwas wie "Aussage" entstehen kann, benötigt es einerseits die entsprechende biologische Grundlage plus eine Sprache.

Aussagen und bewusste Wahrnehmung sehe ich als so eng verbunden, eine Trennung ist da kaum möglich... Es ist vielleicht sinnvoller zu sagen: es ist die Sprache - mit den Aussagen, die im Rahmen dieser bestimmten Sprache möglich sind - die unsere Sinnesdaten als bewusste Wahrnehmungseinheiten strukturieren, es ist die Sprache (oder die Sprachen), die einem Menschen zur Verfügung stehen, die wesentlich definieren, was dieser Mensch überhaupt fähig ist wahrzunehmen - welche Muster dieser Mensch im Input seiner Sinnesdaten erkennen und ihnen Bedeutung zuweisen kann...

grüsse, das fräulein
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
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Beitrag(#1292632) Verfasst am: 21.05.2009, 11:45    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Die Frage ist auch nicht, ob Äußerungen über Wahrnehmungen erstmal subjektiv sind, sondern wie die Äußerung überhaupt mit der Wahrnehmung zusammenhängt.

Genau. Die Äußerung enthält keineswegs direkt alle Information über die Wahrnehmung, sondern sie kann diese Information nur indirekt transportieren, indem/wenn der Empfänger der Äußerung eine kompatible empirische Vorgeschichte hat, in bezug auf die Wahrnehmungen selbst und in bezug auf deren Referenzierung im Ausdruck.

Diese Korrespondenz direkt nachzuweisen dürfte schwierig sein, aber ein gutes Indiz für die Korrespondenz ist mE die simple Tatsache, daß es - von außen betrachtet - funktioniert, z.B.: Ein Warnruf warnt andere Mitglieder der Herde und löst physiologisch ähnliche Zustände aus.

Dabei scheint es relativ irrelevant, ob die Wahrnehmung mit bewußter Reflektion verbunden ist oder nicht.
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Yogosh
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Beitrag(#1293002) Verfasst am: 22.05.2009, 02:05    Titel: Antworten mit Zitat

Bevor ich wirklich was zur Frage schreibe muss ich erst mal nachdenken, aber eine Sache fiel mir in den Antworten auf:

Bei der Rede von Resonanz oder physiologischen Zuständen scheint mir die recht naive Theorie durchzuscheinen dass Bedeutungen von Aussagen oder Wörtern durch private mentale Zustände vollständig bestimmt oder sogar mit ihnen identisch seien.

Hier geht es zwar nur um die Bedeutungstheorie von einfachen Beobachtungs Aussagen (wenn ich Tarvoc richtig verstanden habe), aber auch die kann man glaube ich nicht auf rein (privat-)psychologischer Basis konstruieren.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44650

Beitrag(#1293005) Verfasst am: 22.05.2009, 02:16    Titel: Antworten mit Zitat

Yogosh hat folgendes geschrieben:
Bei der Rede von Resonanz oder physiologischen Zuständen scheint mir die recht naive Theorie durchzuscheinen dass Bedeutungen von Aussagen oder Wörtern durch private mentale Zustände vollständig bestimmt oder sogar mit ihnen identisch seien. Hier geht es zwar nur um die Bedeutungstheorie von einfachen Beobachtungs Aussagen (wenn ich Tarvoc richtig verstanden habe), aber auch die kann man glaube ich nicht auf rein (privat-)psychologischer Basis konstruieren.

Ich glaube, das geht in eine richtige Richtung. Kannst du kurz erläutern, warum du dieser Ansicht bist?
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göttertod
Atheist und Zweifelsäer



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Wohnort: Freiburg

Beitrag(#1293021) Verfasst am: 22.05.2009, 06:06    Titel: Antworten mit Zitat

Professor Wolfgang Wildgen schreibt dazu in seinem Buch "Kognitive Grammatik"


Zitat:
Der Weg, der insbesondere über die spontane Versprachlichung zum sprachlichen Produkt führt, legt die Annahme einer nicht sprachlichen Vorform der Kodierung im Wahrnehmen, Erleben und Handeln nahe. Es gibt genügend Hinweise darauf, dass die Versprachlichung eine Transformation in ein spezifisches Format erfordert und dass dabei Nicht-Äquivalenzen, Umorganisationen, eine Vergröberung der Topologie (Körnigkeit), sowie unterschiedliche Grade der Kontextabhängigkeit auftreten. Wenn von kognitiver Kodierungen die Rede ist, dann wird damit die Ausgangsbasis der Versprachlichung bezeichnet. Man kann sich diese Kodierung als sinnesnahe, kognitive Kartierung/Kategorisierung vorstellen, die auch als Basis anderer Verhaltensweisen dient (gewissermaßen gehört sie einer evolutionären Schicht vor der Entwicklung menschlicher Sprachen an). Die Sprache stellt somit nur eine Verhaltensprojektion dieser Kodierung dar. Es wird aber nicht behauptet, dass die kognitive Kodierung von der Existenz der Sprache unabhängig sei. Immerhin gibt es beim Säugling eine vorsprachliche kognitive Entwicklung in den ersten Lebensmonaten (vgl. Piagets Medoll der kognitiven Selbstorganisation, welche erst die Ausgangsbedingungen des Erwerbs von Sprache herstellt).
(fett von mir)

Hierzu vielleicht auch
http://www.physorg.com/news161528185.html

Zitat:
Can you see the emotions I hear? Study says yes
May 14th, 2009

By observing the pattern of activity in the brain, scientists have discovered they can "read" whether a person just heard words spoken in anger, joy, relief, or sadness. The discovery, reported online on May 14th in Current Biology, a Cell Press publication, is the first to show that emotional information is represented by distinct spatial signatures in the brain that can be generalized across speakers.

...


oder

http://www.zeit.de/2009/21/PD-Markram

Zitat:

...

Hier, an der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL), hat der Neurowissenschaftler vor vier Jahren eines der anspruchvollsten, visionärsten – manche sagen auch: verrücktesten – Forschungsprogramme der Gegenwart gestartet: das Blue Brain Project, das nichts weniger zum Ziel hat als den Bau eines künstlichen Gehirns, Zelle für Zelle, Molekül für Molekül – als komplette, detailgetreue Simulation in einem gigantischen Supercomputer völlig neuen Typs.

...

Zugleich sei das Gehirn aber auch die »totale Autokratie«: Denn Entscheidungsprozesse werden meist von einzelnen Neuronen (oder Neuronengruppen) eingeleitet, deren Impulse sich kaskadenartig im Gehirn verbreiten. »Der Unterschied zur Gesellschaft ist, dass im Gehirn der König in jeder Millisekunde wechselt.« Denn nur wer gerade über die meiste Information verfügt, hat Entscheidungsgewalt; doch schon im nächsten Moment wird der Neuronenkönig zum »Straßenkehrer«, und andere Nervenzellen geben die Richtung vor.

...

Anders als in einem Computer werden im Gehirn Informationen multidimensional, nichtlinear und in permanenter Rückkopplung ausgetauscht. Es gleiche einem schwirrenden Bienenschwarm, der ständig seine Form, Zusammensetzung und Arbeitsverteilung ändere, sagt Markram. »Mir wurde klar, dass man, um diese Komplexität zu verstehen, eine völlig neue Sprache entwickeln muss.« Jahrelang sammelte er wie ein Besessener weiter Daten und suchte in Diskussionen mit Informatikern und Physikern nach dieser neuen Sprache. Viele Gespräche enttäuschten ihn, die meisten Forscher dächten zu statisch, sagt er. Mit vereinfachten Modellen aber will er sich nicht zufriedengeben, für ihn führt kein Weg an einem echten Verständnis der komplexen Hirndynamik vorbei.

...

Und dann: die »Wissenschaft des 21. Jahrhunderts«! Kürzlich hat Markram als Redner die Europäische Konferenz über Zukunftstechnologien in Prag eröffnet und »drei Megarevolutionen« postuliert: Die Forschung werde zunehmend industrialisiert und automatisiert; sei gekennzeichnet durch eine ungeheure Menge an digital verfügbaren Daten; und das führe, drittens, zur »simulationsbasierten Forschung«, die neues Wissen zunehmend am Computer generiere. Damit würden künftig nicht nur Tierexperimente obsolet, glaubt Markram; zudem ließen sich im Rechner in Minutenschnelle Resultate gewinnen, die im Labor Jahre erforderten.

»Bis zum Ende dieses Jahrhunderts werden wir alle Gene kennen, alle Proteine, Zellstrukturen und so weiter«, prognostiziert Markram. »Dieses Wissen wird in großen Datenbanken zusammenfließen und eine digitale Repräsentation von Leben erlauben.« Im Rückblick werde man die wissenschaftliche Leistung des 21. Jahrhunderts in zwei Wörtern zusammenfassen: screening life , die Durchleuchtung des Lebens.

...


Nochbesser das Interview selbst

http://www.heise.de/tr/Das-Betriebssystem-des-Gehirns--/artikel/137857/0/200

Zitat:
...

TR: Mit dem Blue Brain-Projekt gehören Sie ja zu den Pionieren dieser Art von Forschung. Wie ist der Status des Projektes mittlerweile?

Markram: Wir haben 2005 begonnen. Die ersten drei Jahre haben wir mit dem Aufbau einer Infrastruktur zugebracht.Einer Infrastruktur, mit deren Hilfe wir unser Modell konstruieren können. Es ist also mehr als ein Modell – es geht um die Infrastruktur. Wir können jetzt, wenn wir die notwendigen Daten bekommen, innerhalb einer Woche ein Modell fertig stellen. Das Modell ist so genau, wie die Daten, die Sie hineingeben.

TR: Das bedeutet konkret?

Markram: Wir haben 10.000 Neuronen modelliert. Wir haben 400 verschiedene Sorten von Neuronen – das entspricht der Zahl an Neuronentypen, die wir in unseren Proben tatsächlich gesehen haben, Wir haben 30 Millionen Synapsen, die sich in sechs verschiedene Klassen unterteilen lassen. Und wir haben eine Art Rezept, wie wir diese Neuronen miteinander verbinden müssen, um eine kortikale Kolumne zu erhalten: Nimm drei von dieser Sorte, dann fünf von dieser und so weiter. Und wenn wir dieses Modell analysieren, verhält es sich sehr ähnlich zu seinem biologischen Vorbild.

...

TR: Was haben Sie bisher gelernt?

Markram: Wir haben eine Theorie darüber, wie die kortikale Kolumne funktioniert – wie das Betriebsystem des Gehirns aussieht. Wir haben eine Theorie darüber, wie Information in der Kolumne repräsentiert wird, wir verstehen, wie Information gespeichert wird. Wir sind dabei, all diese Erkenntnisse auszuwerten, und schreiben an den entsprechenden Veröffentlichungen. Die werden im Laufe des nächsten Jahres veröffentlicht werden – dann können Sie all das nachlesen

...


und klar läuft es letztlich wieder auf die Handlungsfreiheit hinaus und auf das Leib-Seele-Problem.

Es geht um Reduktionismus und Determinismus, Semiotik.

göttertod hat folgendes geschrieben:
Handlungsfreiheit ist wohl soetwas wie die (sozialisierte) erlernte, bewusste Einschränkung meiner Bedürfnisse oder der gegebenen Möglichkeiten, und gleichzeitig auch das erlernte, bewusste Ausleben meiner Bedürfnisse oder der gegebenen Möglichkeiten. Das Ganze im Zwischenspiel der Interaktion mit anderen Individuen (wie bald wohl künstlichen Intelligenzen).


Und die Sprache ist der kausale Vermittler der kognitiven Kodierungen!
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Yogosh
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Beitrag(#1293053) Verfasst am: 22.05.2009, 10:26    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Yogosh hat folgendes geschrieben:
Bei der Rede von Resonanz oder physiologischen Zuständen scheint mir die recht naive Theorie durchzuscheinen dass Bedeutungen von Aussagen oder Wörtern durch private mentale Zustände vollständig bestimmt oder sogar mit ihnen identisch seien. Hier geht es zwar nur um die Bedeutungstheorie von einfachen Beobachtungs Aussagen (wenn ich Tarvoc richtig verstanden habe), aber auch die kann man glaube ich nicht auf rein (privat-)psychologischer Basis konstruieren.

Ich glaube, das geht in eine richtige Richtung. Kannst du kurz erläutern, warum du dieser Ansicht bist?


Bedeutungen zu vergegenständlichen hat ja den theoretischen Nutzen, dass man die Gleichheit von Bedeutungen erklären kann (und muss: Gegenstände ohne Identifikationskriterium taugen nichts). Das ergibt dann eine sehr einfache Erklärung für Verständigung. Eigentlich hat man genau die umgangssprachliche Redeweise theoretisch untermauert.

Eine solche Theorie ist aber offensichtlich höchstens so gut wie das Identifikationskriterium. Physiologische Zustände stehen in dieser Hinsicht zwar wesentlich besser da als Bedeutungen oder Anschauungen, geraten aber als Bedeutungen sehr schnell in Schwierigkeiten: offensichtlich wird ja nicht die exakte Gleichheit aller Synapsenzustände und Hormonniveaus behauptet, sondern nur eine hinreichende partielle strukturelle Ähnlichkeit. Und damit ist man eigentlich wieder am Anfang, denn was hier als hinreichend ahnlich zählt ist überhaupt nicht klar. Man hat also nicht wirklich eine Theorie sondern nur eine Hypothese (im Fall der Resonanz sogar nur eine Analogie). Die hat den schönen Vorteil dass sie naturalistisch und empirisch zugänglich ist aber über die Identifizierung grober Gefühlszustände wie Wut und Trauer ist man noch nicht hinaus. Bedeutungen selbst von simplen Beobachtungsaussagen sind da noch weit weg.

Es kann natürlich sein, dass man irgendwann an einem Brainscan die Bedeutung von Sätzen wie "Da sitzt Fido" ablesen kann aber diese Hoffnung scheint mir sehr gewagt. Warum? Weil der ganze Ansatz ignoriert dass Sprache eine soziale Veranstaltung ist. Er steht nicht in Widerspruch dazu, aber er gerät sofort in Schwierigkeiten, die theoretische Verrenkungen erfordern nur um sich zu retten ohne irgendwas in dieser Richtung zu erklären.

Wir lernen unsere Sprache irgendwie anhand von simplen Wahrnehmungen die von unseren Eltern kommentiert werden. Jedenfalls dürften diese Situationen eine sehr entscheidende Rolle spielen. Aber wir haben niemals die gleiche Wahrnehmung wie ein anderer, unsere persönlichen Sprachlernbiographien sind sehr unterschiedlich und trotzdem ist das Endprodukt des Erstspracherwerbs erstaunlich homogen, jedenfalls solange wir bei der Kommentierung simpler Beobachtungen bleiben.

Wenn man eine Bedeutungstheorie auf privaten mentalen Zuständen aufbauen möchte hat man unweigerlich so Probleme wie die Frage ob zwei Personen denn rot genau gleich sehen. Die Frage ist nicht nur sehr müßig, es ist auch völlig unklar, was das eigentlich heissen soll. Wenn man sich auf den Gebrauch konzentriert kann man sogar dann Bedeutungsgleicheit erklären, wenn man weiss dass eine Person rot garantiert anders, nämlich im Fall von Farbblindheit gar nicht, sieht. Auch ein Farbblinder weiss dass das rote Licht bei der Ampel oben ist, dass bei Blumen höchstens die Blüten aber nie die Stengel oder die Blätter rot sind. Und die Ausnahme des Weihnachtsterns wird auch irgendwann eingebaut. Auch ein Farbenblinder wird das Wort 'rot' in einer Weise zu gebrauchen lernen, die Verständigung möglich macht. Wenn man hier von Bedeutungsgleicheit sprechen möchte, dann muss wohl irgendwas anderes gleich sein als private psychologische Zustände. Der Gebrauch zum Beispiel.

Quine kommt an dieser Stelle mit der Analogie zweier Zierbüsche, die auf die gleiche Form geschnitten wurden. Aussen sehen sie gleich aus, innen sind sie ganz anders gewachsen und aufgebaut.

Edit: Grammatik


Zuletzt bearbeitet von Yogosh am 22.05.2009, 12:16, insgesamt einmal bearbeitet
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Tarvoc
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Beitrag(#1293090) Verfasst am: 22.05.2009, 12:14    Titel: Antworten mit Zitat

@ Yogosh: Ich glaube, das geht sogar in eine sehr richtige Richtung. Guter Beitrag. Daumen hoch! Hab jetzt erstmal nicht viel hinzuzufügen. Ich warte mal ab, wie's hier weitergeht...
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Yogosh
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Beitrag(#1293106) Verfasst am: 22.05.2009, 12:50    Titel: Antworten mit Zitat

Ich schmeiss mal eine ganz andere Bedeutungstheorie in die Runde. Nicht weil ich sie für besonders erfolgreich halte (obwohl sie von Quine ist), sondern einfach um Leuten, die sich nicht gerade mit Sprachphilosophie beschäftigt haben, zu zeigen dass es neben der naiv psychologistischen Theorie auch noch ganz andere Alternativen gibt.

Dass der Gebrauch und der soziale Zug zur Einheitlichkeit des Gebrauchs für Bedeutungen eine Rolle spielt ist glaube ich offensichtlich. In diesem Zusammenhang ein schönes Zitat von Quine: "Da Wörter gesellschaftliche Werkzeuge sind, trägt Objektivität zu ihrem Überleben bei" (Wort und Gegenstand, §2). Allerdings hat man mit der Zauberformel vom gleichen Gebrauch auch noch keine wirkliche Bedeutungstheorie. Dazu müsste man 'gleichen Gebrauch' erst mal besser explizieren.

Bei Quine ist die Bedeutung eines simplen Beobachtungssatzes das geordnete Paar aus zwei Mengen: die Menge aller Situationen, die einen Sprecher dazu veranlassen (to prompt) würde, den Satz zu bejahen und die aller Situation, die ihn veranlassen würde ihn zu verneinen. Quine würde sich natürlich eher die Zunge abbeissen als von Situationen im gegenständlichen Sinn zu sprechen (was ist denn das Identifikationskriterium bei Situationen? Wann hört eine auf und wann fängt eine neue an?). Er versucht den ontologischen Ballast ganz naturalistisch mit Sinnesreizen zu tragen, was ihm aber letztlich nicht gelingt.

Was man aber bei Quines Theorie sehr schön sieht ist dass es Bedeutungstheorien gibt, die bei der Erklärung der Verständlichkeit und der Übereinstimmung von Bedeutungen schon viel weiter kommen als die der privaten Bewußtseinszustände. Dafür sagt Quines Theorie (durchaus bewußt und gewollt) gar nichts über den (vermutlich irgendwie kausalen) Zusammenhang von Sinnesreizungen/Situationen/Wahrnehmungen und Aussagen.
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step
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Beitrag(#1293121) Verfasst am: 22.05.2009, 13:48    Titel: Antworten mit Zitat

Yogosh hat folgendes geschrieben:
... Eine solche Theorie ist aber offensichtlich höchstens so gut wie das Identifikationskriterium. Physiologische Zustände stehen in dieser Hinsicht zwar wesentlich besser da als Bedeutungen oder Anschauungen, geraten aber als Bedeutungen sehr schnell in Schwierigkeiten: offensichtlich wird ja nicht die exakte Gleichheit aller Synapsenzustände und Hormonniveaus behauptet, sondern nur eine hinreichende partielle strukturelle Ähnlichkeit.

Nicht mal das hatte zumindest ich oben gemeint, sondern die Ähnlichkeit besteht in den makroskopischen Effekten, die ausgelöst werden (z.B. Handlungen, Gefühle usw.).

Yogosh hat folgendes geschrieben:
... Wir lernen unsere Sprache irgendwie anhand von simplen Wahrnehmungen die von unseren Eltern kommentiert werden. Jedenfalls dürften diese Situationen eine sehr entscheidende Rolle spielen. Aber wir haben niemals die gleiche Wahrnehmung wie ein anderer, unsere persönlichen Sprachlernbiographien sind sehr unterschiedlich und trotzdem ist das Endprodukt des Erstspracherwerbs erstaunlich homogen, jedenfalls solange wir bei der Kommentierung simpler Beobachtungen bleiben.

Das ist doch kein so großes Wunder, wenn man bedenkt, daß das Gehirn ein selbstorganisierendes, lernfähiges System ist und andererseits der Lerninhalt einigermaßen vorgegeben ist (Assoziation von Wörtern/Sätzen mit der wahrnehmbaren Welt).

Yogosh hat folgendes geschrieben:
Wenn man eine Bedeutungstheorie auf privaten mentalen Zuständen aufbauen möchte hat man unweigerlich so Probleme wie die Frage ob zwei Personen denn rot genau gleich sehen.

Immerhin könnte man im Prinzip, ausgehend von der physiologischen Wahrnehmung verschiedener Wellenlängen, die Zuordnung von Farbbegriffen zu Wellenlängen neurologisch nachverfolgen/modellieren.

Yogosh hat folgendes geschrieben:
... Auch ein Farbblinder weiss dass das rote Licht bei der Ampel oben ist, dass bei Blumen höchstens die Blüten aber nie die Stengel oder die Blätter rot sind. Und die Ausnahme des Weihnachtsterns wird auch irgendwann eingebaut. Auch ein Farbenblinder wird das Wort 'rot' in einer Weise zu gebrauchen lernen, die Verständigung möglich macht. Wenn man hier von Bedeutungsgleicheit sprechen möchte, dann muss wohl irgendwas anderes gleich sein als private psychologische Zustände. Der Gebrauch zum Beispiel.

Ja, aber wer bezweifelt denn, daß die Verwendung eines Begriffes durch seinen Gebrauch gelernt wird? Ich denke, der Freiheitsgrad liegt darin, welche Wahrnehmung mit dem Begriff gelernt und zu einem Modell zusammengesetzt wird: Während der Farbensehende den Begriff durch dessen Verwendung seiner Eltern bei gleichzeitiger Wahrnehmung einer Wellenlänge (und nachfolgender Abstraktion) lernt, lernt der Farbenblinde den Begriff durch dessen Verwendung bei gleichzeitiger Wahrnhehmung etwa einer Ampel. (Dazu lernt er vielleicht noch ein abstraktes Modell, z.B. eine Analogie mit hörbaren Frequenzen.)

Der Farbenblinde lernt also eine Ersatzassoziation für die Wahrnehmung, nämlich die Wahrnehmung konkreter Objektklassen mit der Eigenschaft, die Frequenzwahrnehmung, die andere dabei haben, auszulösen.

Das würde bedeuten, daß Begriffe durch Gebrauch entstehen, aber der Gebrauch immer auf eine empirische Basis referenziert und daher kommunikativ nur "funktioniert", wenn er ähnliche private Modelle / Assoziationen auslöst. Gäbe es nur Farbenblinde und keine Spektrometer, wäre der Begriff "rot" bald unnütz.

Yogosh hat folgendes geschrieben:
Quine kommt an dieser Stelle mit der Analogie zweier Zierbüsche, die auf die gleiche Form geschnitten wurden. Aussen sehen sie gleich aus, innen sind sie ganz anders gewachsen und aufgebaut.

Mir würde es noch besser gefallen mit etwas, das In- und Output hat, also z.B. zwei Fabriken, die ähnliches Rohmaterial geliefert bekommen und ähnliche Produkte herstellen, aber deren interner Detailablauf sehr unterschiedlich sein kann.
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Yogosh
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Beitrag(#1293141) Verfasst am: 22.05.2009, 14:29    Titel: Antworten mit Zitat

@step: Ich wollte nicht sagen, dass die psychologischen Theorien irgendwie falsch sind oder im Widerspruch zu Gebrauchtheorien stehen. Mir ging es nur darum darauf hinzuweisen, dass ihr Erklärungswert beschränkt ist. Bei der Erklärung von Verständlichkeit und Intersubjektivität von Bedeutungen scheinen sie eher im Weg zu stehen anstatt etwas zu leisten. Der große Preis ist ja der Rede von der Bedeutungsgleicheit eine festere Gundlage zu geben.

Was den vermuteten kausalen Zusammenhang zwischen einer persönlichen Erfahrung und einer folgenden Aussage oder Überzeugung betrifft stehen sie ganz gut da. Das ist vielleicht auch kein Zufall, weil sie in einer Zeit enstanden sind, wo das grundlegende Erkenntnisproblem in dem Bild des einsamen Philosophen in seinem Kämmerlein gedacht wurde. Jetzt wo es eher um das Verständnis des sozialen Wissenschaftsbetriebes mit seiner hochabstrakten aber immer noch sehr exakten Begriffsbildung geht, wird der Blick auf andere Aspekte gelenkt.
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step
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Beitrag(#1293238) Verfasst am: 22.05.2009, 16:47    Titel: Antworten mit Zitat

Yogosh hat folgendes geschrieben:
@step: Ich wollte nicht sagen, dass die psychologischen Theorien irgendwie falsch sind oder im Widerspruch zu Gebrauchtheorien stehen. Mir ging es nur darum darauf hinzuweisen, dass ihr Erklärungswert beschränkt ist.

Das ergibt sich ja schon allein daraus, daß sie nur interne Zustände beschreiben.

Yogosh hat folgendes geschrieben:
Bei der Erklärung von Verständlichkeit und Intersubjektivität von Bedeutungen scheinen sie eher im Weg zu stehen anstatt etwas zu leisten. Der große Preis ist ja der Rede von der Bedeutungsgleicheit eine festere Gundlage zu geben.

Was den vermuteten kausalen Zusammenhang zwischen einer persönlichen Erfahrung und einer folgenden Aussage oder Überzeugung betrifft stehen sie ganz gut da. Das ist vielleicht auch kein Zufall, weil sie in einer Zeit enstanden sind, wo das grundlegende Erkenntnisproblem in dem Bild des einsamen Philosophen in seinem Kämmerlein gedacht wurde. Jetzt wo es eher um das Verständnis des sozialen Wissenschaftsbetriebes mit seiner hochabstrakten aber immer noch sehr exakten Begriffsbildung geht, wird der Blick auf andere Aspekte gelenkt.

Ja, Zustimmung.

Ich bin übrigens der Ansicht, daß weder der erkenntnistheoretisch reflektierende Philosoph im Kämmerlein noch eine intersubjektive Betrachtung hochabstrakter Begriffsbildungen ein guter Ansatzpunkt für eine Theorie der Begriffsbildung sind. Meines Erachtens wäre eine sehr primitive Begriffsbildung, sehr nah am Körperlichen oder an der Wahrnehmung, ein für den Anfang geeigneteres Objekt.
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göttertod
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Beitrag(#1293545) Verfasst am: 23.05.2009, 00:50    Titel: Antworten mit Zitat

Yogosh hat folgendes geschrieben:

Was den vermuteten kausalen Zusammenhang zwischen einer persönlichen Erfahrung und einer folgenden Aussage oder Überzeugung betrifft stehen sie ganz gut da. Das ist vielleicht auch kein Zufall, weil sie in einer Zeit enstanden sind, wo das grundlegende Erkenntnisproblem in dem Bild des einsamen Philosophen in seinem Kämmerlein gedacht wurde. Jetzt wo es eher um das Verständnis des sozialen Wissenschaftsbetriebes mit seiner hochabstrakten aber immer noch sehr exakten Begriffsbildung geht, wird der Blick auf andere Aspekte gelenkt.


Sind diese anderen Aspekte für dich in einem kausalen Zusammenhang? Ist somit dieses genannte Verständnis des sozialen Wissenschaftsbetriebes in sich in einem kausalen Zusammenhang?

Das würde mich interessieren. Es klingt so, als würde das "Verständnis des sozialen Wissenschaftsbetriebes" als Gegenposition oder Alternative zum "(vermuteten) kausalen Zusammenhang" im ersten Teil stehen.
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