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göttertod Atheist und Zweifelsäer
Anmeldungsdatum: 20.08.2004 Beiträge: 1565
Wohnort: Freiburg
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(#1293555) Verfasst am: 23.05.2009, 01:41 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: |
Ich bin übrigens der Ansicht, daß weder der erkenntnistheoretisch reflektierende Philosoph im Kämmerlein noch eine intersubjektive Betrachtung hochabstrakter Begriffsbildungen ein guter Ansatzpunkt für eine Theorie der Begriffsbildung sind. Meines Erachtens wäre eine sehr primitive Begriffsbildung, sehr nah am Körperlichen oder an der Wahrnehmung, ein für den Anfang geeigneteres Objekt. |
Eine Begriffsbildung, die sich beispielsweise an einer von der Netzhaut weitergeleiteten Informationsablage orientiert. In welcher Art und Weise sie Zugang zur Hardware erlangt und wo sie sich niederlässt.
Dein Beispiel Step von den Farben ist gut... es gibt objektiv nachweisbare, elektromagnetische Wellen, die für sich im menschlichen Körper eine gewisse Wahrnehmung hervor rufen. Wenn jetzt z.B. eine Farbenblindheit (liegt eine neurologische Störung der Farbwahrnehmung vor. oder noch besser eine Farbenfehlsichtigkeit (Die Betroffenen haben einen Defekt an mindestens einem der drei farbevermittelnden Rezeptoren im Auge.) bei jemandem vorliegt. Genau, eine Protanopie.
Dann geht es doch in einer Theoriebildung einer Begrifflichkeit erstmal vorrangig um die insgesammt oder einzeln betrachtete Signalverarbeitung und deren komplexe, im Hirn hinterlegte und vorallem im Verarbeitungsprozess wirkende Repräsentanz. Und schrecklicherweise auch noch um die nochkomplexeren Interaktionen der Repräsentanzen untereinander.
Und wenn ich das Ganze dann laienhaft mit soetwas getränkt sehe wie dem Instanzenmodell von Freud oder der 3 Weltentheorie von Popper oder die Kategorienlehre von Charles Sanders Pierce. Der Versuch des Verständnisses. Schon interessant.
Und gerade hab ich noch mal das hier gelesen:
Zitat: | Das Wahrgenommene ist das Zeichen, das zwischen dem Objekt und dem Wahrnehmungsurteil steht. Der Zugang zu den Objekten erfolgt immer durch die Abbildung des Perzeptes als Zeichen. Das Zeichen hat die Form eines sinnlichen Eindrucks, also eines Bildes, eines Klangs etc.
Ein Zeichen oder Repräsentamen ist alles, was in einer solchen Beziehung zu einem Zweiten steht, das sein Objekt genannt wird, dass es fähig ist ein Drittes, das sein Interpretant genannt wird, dahingehend zu bestimmen, in derselben triadischen Relation zu jener Relation auf das Objekt zu stehen, in der es selbst steht. (MS 478). |
witzig finde ich wann er die Theorie entwickelt hat...einen Magnetresonanztomograph gab es damals ja noch nicht---aber mit solchen Theorien könnten sich die Hirnforscher und Neurowissenschaftler messen und mit ihnen arbeiten.
_________________ auf dass die Bücher von "Iain Banks" Wirklichkeit werden
The Jimmy Dore Show
jede Tradition ist es wert sich an sie zu erinnern, aber nicht jede Tradition ist es wert gelebt zu werden
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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
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(#1293580) Verfasst am: 23.05.2009, 09:29 Titel: |
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göttertod hat folgendes geschrieben: | Das würde mich interessieren. Es klingt so, als würde das "Verständnis des sozialen Wissenschaftsbetriebes" als Gegenposition oder Alternative zum "(vermuteten) kausalen Zusammenhang" im ersten Teil stehen. |
Nein, so meinte ich das nicht. Den vermutlich kausalen Zusammenhang zwischen Wahrnehmungen und Beobachtungsurteilen betrifft diese Verschiebung nur insofern, als dass sie im Paradigma des einsamen Grüblers der die Welt betrachtet bzw. über sie sinniert anders und möglicherweise besser erklärbar schien als heute. Fälschlicherweise imho.
Vielleicht hat erst die Sozialisierung der Wissenschaft den Blick auf die sozialen Aspekte der Sprache gelenkt. Durchaus mit Gewinn, wie man sieht: den korrekten Sprachgebrauch des Rot-Grün Blinden hätte im alten Bild wohl nicht so elegant erklären können.
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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
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(#1293583) Verfasst am: 23.05.2009, 09:47 Titel: |
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Sind wir uns in diesem Thread einig, dass es einen irgendwie kausalen Zusammenhang zwischen Sinneserfahrungen und dem Wahrheitsgehalt von einfachen Beobachtungsaussagen gibt und wir in dieser naturalistischen Richtung weitermachen? Dann würde ich nämlich mal Quines radikales Übersetzungs Gedankenexperiment in die Runde werfen. Was sagt Tarvoc dazu?
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fräulein rottenmeier registrierter User
Anmeldungsdatum: 16.02.2009 Beiträge: 1106
Wohnort: Saint Louis
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(#1293823) Verfasst am: 23.05.2009, 19:00 Titel: |
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Yogosh hat folgendes geschrieben: | Sind wir uns in diesem Thread einig, dass es einen irgendwie kausalen Zusammenhang zwischen Sinneserfahrungen und dem Wahrheitsgehalt von einfachen Beobachtungsaussagen gibt und wir in dieser naturalistischen Richtung weitermachen? Dann würde ich nämlich mal Quines radikales Übersetzungs Gedankenexperiment in die Runde werfen. Was sagt Tarvoc dazu? |
hm. klar, diesen Zusammenhang gibt es. Es gibt allerdings auch innerpsychische und dem Menschen eigene Ursachen (wie zB sein Beruf, sein aktuelles Ziel, seine Motivationen...), die dazu beitragen, dass diese oder jene konkrete Aussage dann getätigt wird.
Es ist natürlich möglich, erst mal nur die naturalistische Seite zu betrachten, doch was soll der Nutzen davon sein, die psychische Seite links liegen zu lassen?
in Wiki steht zu Quine:
Zitat: | Quine meint, dass man verschiedene Übersetzungsmanuale zur Übersetzung der Quellsprache in die Zielsprache erstellen kann, die sich untereinander widersprechen, aber dennoch passende Übersetzungen sind. Man kann nicht entscheiden, welche dieser Übersetzungen richtig ist. Als Grund dafür führt er eine prinzipielle empirische Unterbestimmtheit an. |
edit: hier noch der Link:
http://de.wikipedia.org/wiki/Willard_Van_Orman_Quine#Unbestimmtheit_der_.C3.9Cbersetzung
mit rationalen Mitteln kann man das oft nicht entscheiden, das ist wahr. Allen, die Texte von einer Sprache in die andere übersetzen, dürfte dieser Sachverhalt höchst vertraut sein.
Wahr ist aber auch, dass man durchaus feststellen kann, ob im konkreten Fall eine Übersetzung besser ist als die andere, und zwar anhand des nicht rationalen, sprachlich kaum oder nur schwer feststellbaren, aber dennoch für Leute mit entsprechender Erfahrung und Bildung präzise wahrnehmbarem Gefühl, ob der "Geist" des Originals auch getroffen sei.
Der naturalistische Ansatz mag für einfache Aussagen wie "da steht ein Löwenzahn" funktionieren, aber schon bei Aussagen wie "der Löwenzahn ist schön" ziemliche Probleme bekommen.
grüsse, das fräulein
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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
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(#1294069) Verfasst am: 24.05.2009, 09:39 Titel: |
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fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | hm. klar, diesen Zusammenhang gibt es. Es gibt allerdings auch innerpsychische und dem Menschen eigene Ursachen (wie zB sein Beruf, sein aktuelles Ziel, seine Motivationen...), die dazu beitragen, dass diese oder jene konkrete Aussage dann getätigt wird. |
Es geht eher um den Wahrheitsstatus der Aussage. Der interessiert aus epistemologischen Gründen, um die alte Hoffnung, simple Beobachtungsaussagen könnten eine feste Basis für Wissenschaft bzw. überhaupt Erkenntnis sein. Andere Aspekte werden nicht geleugnet, sie sind für dieses spezielle Interesse einfach nur nicht relevant.
Übrigens ist bei Quine 'the speaker ist prompted to assert a sentence' (token, not type!) u.ä. immer nur eine behavioristische Annäherung für 'der Sprecher glaubt die Aussage' nicht 'der Sprecher hatte jetzt die Motivation diesen Satz zu sagen'. Um seinen ontologischen Einkaufszettel klein zu halten verwendet Quine 'Aussagen' und 'glauben' erst mal nicht. Die Fehlerquellen von Täuschung, falschem Kontext etc. sind ihm lieber.
fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | Es ist natürlich möglich, erst mal nur die naturalistische Seite zu betrachten, doch was soll der Nutzen davon sein, die psychische Seite links liegen zu lassen? |
Der Nutzen ist methodisch: Man versucht Wissen (und zwar alles Wissen) irgendwie auf simple Beobachtungsaussagen und einer Menge Logik aufzubauen und zu begründen. Bevor man in diesem Projekt die höhere Abstraktionen etwa der Psychologie überhaupt mal definieren kann muss man irgendwo anfangen. Man probiert mal wie weit man mit einfachen Erklärungen kommt. 'Einfach' im Sinne von Occams Razor und Erstspracherwerb. Wir lernen unsere Sprache ja irgendwie auf der Basis von ostentativen Bedeutungserklärungen ('Hund!', 'Mama!' etc.). Von dieser Art ist der erste Input auf dem alles beruht. Jedenfalls wenn man nicht annehmen möchte dass wir vor unserer Geburt schon den reinen Ideenhimmel geschaut haben.
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Roter Ballon Lifted
Anmeldungsdatum: 22.12.2006 Beiträge: 2631
Wohnort: München
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(#1294093) Verfasst am: 24.05.2009, 11:49 Titel: |
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Yogosh hat folgendes geschrieben: | Sind wir uns in diesem Thread einig, dass es einen irgendwie kausalen Zusammenhang zwischen Sinneserfahrungen und dem Wahrheitsgehalt von einfachen Beobachtungsaussagen gibt und wir in dieser naturalistischen Richtung weitermachen? Dann würde ich nämlich mal Quines radikales Übersetzungs Gedankenexperiment in die Runde werfen. Was sagt Tarvoc dazu? |
ich mag die behavioristen aba ned.
da is mir der Gedanke an eine Unviersalgrammatik lieber.
und außerdem hat bspw die deutsche Sprache mehr "Verknüpfungsoperatoren" (wie ich meine) als "kausal" formale Sprachformen (operationalisierte Systeme)
* Beifügungssatz
* Beziehungssatz
* Umstandssatz
* Bedingungssatz
* Begründungssatz
* Einräumungssatz
* Folgesatz
* Fragesatz
* Zwecksatz (Absichtssatz)
* Zeitsatz
Nehmen wir (alternativ zu deinem Vorschlag) mal an, es gäbe eine Universalsprache in der das Bezeichnete beliebig, dessen Bedeutung aber vom Individuum ... besser Gesellschaft abhängig ist.
Hierzu sind dann wohl aber bestehende Untersuchungen zu "Ekel" und/oder Phobien aufschlußreicher.
Auch sehe ich in der Existenz von Kreol und Pidginsprachen einen deutlichen Hinweis, daß ein konkret individualistischer Bedeutungsinhalt nicht existent ist.
Die Wahrnehmung von Bedeutung entsteht nicht aus einem selber heraus, sondern in Abstimmung mit der Erfahrungswelt, diese ist aber massiv geprägt durch Interaktion mit anderen.
(auch hier gibbet Bespw. den Fall Kaspar Hauser und evtl. noch den Hollywood Film "Nell" anzuguggen, letzteren wohl eher ned wirklich)
Niemand erfindet eine Bedeutung allein für sich.
Erst die Vergewisserung mit und durch andere gibt einer Wahrnehmung Bedeutung.
Die Anderen sind unsere natürlichen Regulatoren.
Denn Affen sind wir, wir lernen durch Imitation und Antizipation.
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ertrage die Clowns!
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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
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(#1294104) Verfasst am: 24.05.2009, 12:36 Titel: |
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@Robbe Piere: Ich sehe den Widerspruch nicht. Der vermutete kausale Zusammenhang zwischen physischen Dingen über Sinneserfahrungen zu der Bedeutung von (mindestens mal) Aussagen, die versuchen über diese Dinge zu reden steht im Gegensatz zu Solipsismus oder einer rein internalistischen Bedeutungstheorie. Mir ging es nicht um Exlusivität sondern nur darum, dass nicht sprachliche Sinneserfahrungen und physische Dinge überhaupt eine Rolle für Bedeutung und Wahrheit von Aussagen spielen.
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Roter Ballon Lifted
Anmeldungsdatum: 22.12.2006 Beiträge: 2631
Wohnort: München
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(#1294136) Verfasst am: 24.05.2009, 13:50 Titel: |
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jo mei, und ich seh das Problem ned.
also kann ich auch keinen Widerspruch erkennen, wie auch.
und hier versteh ich das "nicht" nicht.
yogosh hat folgendes geschrieben: | Mir ging es nicht um Exlusivität sondern nur darum, dass nicht sprachliche Sinneserfahrungen und physische Dinge überhaupt eine Rolle für Bedeutung und Wahrheit von Aussagen spielen. |
ich hab mir nun eine reihe von Gedanken gemacht, aber irgendwie paßt alles ned.
Verstehbarkeit, ist in diesem Zusammenhang ohnehin der Grenzfall wo Aussagen dann Bedeutung und/oder Wahrheit überhaupt erst zugeordnet werden kann.
ich hätt auch ned gedacht das es da soviel zu bedenken gibt, vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Bedeutung_(Sprachphilosophie)
also bspw. bis hierhin kann ich noch etwa folgen
http://de.wikipedia.org/wiki/Universalpragmatik hat folgendes geschrieben: | Austin erläutert, dass viele der traditionellen philosophischen Probleme durch die Auffassung entstanden sind, Äußerungen seien entweder als Äußerungen über Tatsachen (konstative Äußerungen) aufzufassen oder keiner Analyse wert. Dies habe dazu geführt, den Umstand zu vernachlässigen, dass Sprechen immer gleichzeitig auch Handeln bedeute. Austin bezeichnet diese „Tatsachenfixierung“ der Sprachanalyse auch als „deskriptiven Fehlschluss“. |
aber dann wirds immer wilder.
Habermas sagt:
"Abweichend von einem weit verbreitetem Usus halte ich es nicht für sinnvoll, Aussagen von Behauptungen in der weise zu unterscheiden, daß eine Aussage, dadurch daß sie behauptet wird, zwar in eine bestimmte Sprechsituation eingebettet wird, nicht aber ihre assertorische kraft erhält. Ich meine vielmehr, daß die assertorische Kraft einer Aussage nicht anders als mit Bezugnahme auf den Geltungsanspruch rekonstruiert werden kann, den irgendein kompetenter Sprecher für die Aussage indem er sie behauptet erhebt. Ob dieser Anspruch erforderlichenfalls diskursiv eingelöst werden kann, d.h. ob die Aussage "gültig" wahr ist, hängt freilich davon ab, ob sie bestimmten Adäquatheitsbedingungen genügt. Wir können gewiß Aussagen monologisch betrachten, d.h. als symbolische Gebilde mit abstraktem Wahrheitswert ohne Sprecherbezug; aber dann abstrahieren wir eben von der Sprechsituation, in der ein Aussageinhalt dank des Umstandes, daß er als Aussage behauptet wird, einen Realitätsbezug erhält, d.h. die die Voraussetzung erfüllt wahr oder falsch sein zu können. Diese Abstraktion liegt allerdings nahe, weil der vom Sprecher erhobene Wahrheitsanspruch universalistisch ist, also gerade dahin geht, daß er, obwohl er in einer bestimmten Situation erhoben wird, jederzeit gegen jedermanns Zweifel vertreidigt werden könnte"
(aus Vorstudien und Ergänzungen zur Theorie des kommunikativen Handelns S.399 f (67)
okay, ich bin verwirrt - aber könntet ihr beiden (Tarvoc und Yogosh) mal zum Pudels Kern kommen.
ich fühl mich immo so am Nasenring herumgeführt ... und das Gras links und rechts vom weg ist doch auch grün.
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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
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(#1294186) Verfasst am: 24.05.2009, 14:45 Titel: |
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Robbe Piere hat folgendes geschrieben: | yogosh hat folgendes geschrieben: | Mir ging es nicht um Exlusivität sondern nur darum, dass nicht sprachliche Sinneserfahrungen und physische Dinge überhaupt eine Rolle für Bedeutung und Wahrheit von Aussagen spielen. |
ich hab mir nun eine reihe von Gedanken gemacht, aber irgendwie paßt alles ned. |
Ganz harmlos: Wenn mir einer was sagt oder ich etwas lese, sind das ja auch erst mal Sinneseindrücke. Die Situation ist aber doch etwas anderes als wenn jemand ein Kaninchen sieht und 'Gavagai' sagt.
Ich verstehe das Problem so: Ich zeige auf einen Hund und sage 'Hund'. Irgendwie hängt das Vieh und etliche andere ähnliche Viecher, die von mir oder anderen, die ebenfalls manchmal 'Hund' sagen, gesehen wurden mit der Bedeutung meines (und deren) Sprachfetzen zusammen. Und bestimmt kommt da auch sonst noch einiges hinzu.
Allerdings kann ich noch nicht mal sagen, was genau Bedeutung ist, weder im allgemeinen Fall noch in diesem speziellen. Sich auf diesen scheinbar simplen Fall zu konzentrieren (simpel etwa im Vergleich zum Habermas Zitat u.ä.) scheint ein guter Anfang zu sein über Bedeutungen nachzudenken.
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Roter Ballon Lifted
Anmeldungsdatum: 22.12.2006 Beiträge: 2631
Wohnort: München
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(#1294234) Verfasst am: 24.05.2009, 15:42 Titel: |
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Yogosh hat folgendes geschrieben: | Robbe Piere hat folgendes geschrieben: | yogosh hat folgendes geschrieben: | Mir ging es nicht um Exlusivität sondern nur darum, dass nicht sprachliche Sinneserfahrungen und physische Dinge überhaupt eine Rolle für Bedeutung und Wahrheit von Aussagen spielen. |
ich hab mir nun eine reihe von Gedanken gemacht, aber irgendwie paßt alles ned. |
Ganz harmlos: Wenn mir einer was sagt oder ich etwas lese, sind das ja auch erst mal Sinneseindrücke. Die Situation ist aber doch etwas anderes als wenn jemand ein Kaninchen sieht und 'Gavagai' sagt.
Ich verstehe das Problem so: Ich zeige auf einen Hund und sage 'Hund'. Irgendwie hängt das Vieh und etliche andere ähnliche Viecher, die von mir oder anderen, die ebenfalls manchmal 'Hund' sagen, gesehen wurden mit der Bedeutung meines (und deren) Sprachfetzen zusammen. Und bestimmt kommt da auch sonst noch einiges hinzu.
Allerdings kann ich noch nicht mal sagen, was genau Bedeutung ist, weder im allgemeinen Fall noch in diesem speziellen. Sich auf diesen scheinbar simplen Fall zu konzentrieren (simpel etwa im Vergleich zum Habermas Zitat u.ä.) scheint ein guter Anfang zu sein über Bedeutungen nachzudenken. |
Aber die Bezeichnung eines Gegenstandes ist doch egal. sozusagen babelfischmäßig erratbar.
Schwierig wirds doch erst ab einer zusätzlichen Info die mittransportiert werden soll.
also vgl. Pivot-Grammatik -alischen Verknüpfungen.
Vorher ists kein Problem und danach wirds recht schnell unübersichtlich.
Bedeutung hängt halt an der Aussage über etwas dran.
Da find ich mich schnell im nichts, wenn ich auf das Sinnliche reduzieren will.
Ich denk ja auch ned in "Flashs" von Eindrücken, sondern in normalen ganzen Sätzen. (und ebenso langsam)
Also "Gavagai" existiert nur wenn du gavagaisch aufgewachsen bist.
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ertrage die Clowns!
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1294246) Verfasst am: 24.05.2009, 16:15 Titel: |
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Yogosh hat folgendes geschrieben: | Allerdings kann ich noch nicht mal sagen, was genau Bedeutung ist, weder im allgemeinen Fall noch in diesem speziellen. Sich auf diesen scheinbar simplen Fall zu konzentrieren (simpel etwa im Vergleich zum Habermas Zitat u.ä.) scheint ein guter Anfang zu sein über Bedeutungen nachzudenken. |
Ich kenne mich in der Sprachphilosophie nicht gut aus, aber meine Vorstellung geht etwa so:
Ein funktionierendes Symbol soll bei Sender und Empfänger auf hinreichend ähnliche Assoziationen referenzieren. Das "hinreichend ähnlich" macht dabei nur Sinn, wenn die Assoziationen selbst wiederum empirisch begründet sind. Das kann intersubjektiv überprüfbare Wahrnehmung / Konnotation, eine gemeinsame kulturelle Prägung, oder eine Rekursion auf andere ebenso geprägte Symbole sein.
Aus meiner Sicht ist Bedeutung also primär durch den Gebrauch definiert, welcher selbst jedoch immer einen empirischen Bezug zur hypothetischen Realität hat.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Roter Ballon Lifted
Anmeldungsdatum: 22.12.2006 Beiträge: 2631
Wohnort: München
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(#1294567) Verfasst am: 25.05.2009, 10:16 Titel: |
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Yogosh hat folgendes geschrieben: | (...)
Ich verstehe das Problem so: Ich zeige auf einen Hund und sage 'Hund'. Irgendwie hängt das Vieh und etliche andere ähnliche Viecher, die von mir oder anderen, die ebenfalls manchmal 'Hund' sagen, gesehen wurden mit der Bedeutung meines (und deren) Sprachfetzen zusammen. Und bestimmt kommt da auch sonst noch einiges hinzu.
(...) |
nehmen wir mal "Fußball spielen"
Ich kann selber Fußball spielen
Ich kann einem Fußballspiel zusehen
Einem Radiokommentator über ein Fußballspiel zuhören
Über Fußball reden.
und,
wenn ich nix von Fußball weiß und andere bei dieser Tätigkeit beobachte,
versteh ich dann was die tun?
und,
um selber zu spielen, wieviel Bedeutungen muß ich kennen?
und ich muß ja meinem Fuß nicht verbalisieren wie der Ball getreten werden soll.
Sprachlich/gedanklich ist das ein Thema: "Fußball"
aber für die Wahrnehmung (sinnlich) aller vorangehenden Aktionen bleibt es wohl nicht monothematisch.
dennoch kann ich nur mit sprachlichen Mitteln darüber reflektieren,
also muß ich darauf vertrauen das meine Rede, mit meinen Wahrnehmungen vollständig übereinstimmen.
Ansonsten lande ich in der Klapse.
und mir fällt nichts ein, wie diese sehr enge Verzwirbelung von Rede und Wahrnehmung aufgetrennt werden könnte.
Da jagt der Gavagai seinem Schweif nach.
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ertrage die Clowns!
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Testirossi Gnostiker
Anmeldungsdatum: 12.08.2008 Beiträge: 741
Wohnort: jwd
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(#1294597) Verfasst am: 25.05.2009, 13:26 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Testirossi hat folgendes geschrieben: | red dich nur raus...  |
Ich muss mich nicht herausreden. Diese Sprechweise stammt nicht von mir. Wenn ich sie hier verwende, dann gerade um sie zu problematisieren.
Das ist aber eigentlich relativ leicht einsichtig, wenn man sich die Thematik und Fragestellung dieses ganzen Threads anschaut. |
Ja - ja - ...
(btw: den Zwinkersmiley hast du gesehen?)
_________________ "Die Kunst aller grossen Volksführer aber, bestand noch zu allen Zeiten darin, die Aufmerksamkeit der Masse auf einen Feind zu konzentrieren."
(A. H.)
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Testirossi Gnostiker
Anmeldungsdatum: 12.08.2008 Beiträge: 741
Wohnort: jwd
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(#1294598) Verfasst am: 25.05.2009, 13:31 Titel: |
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atheist666 hat folgendes geschrieben: | Hier kam der "Hunger" in´s Spiel. Vielleicht läßt sich an dieser Stelle etwas verdeutlichen.
Nicht jeder nimmt Hunger, als Gefühl gleich wahr. Wenn also jemand von Hunger spricht, der tasächlich tagelang nichts zu beißen gehabt hat, spricht er zwar auch vom Hunger aber der Zuhörende (Voraussetzung : gut genährt) wird Schwierigkeiten haben dies nachzuvollziehen. |
Ja, der Begriff wirkt immer etwas anders, sogar bei der gleichen Person.
Wenn jemand hungrig ist, wirkt das Ansprechen eines Hungergefühls wahrscheinlich eindrücklicher, als wenn die selbe Person satt ist.
_________________ "Die Kunst aller grossen Volksführer aber, bestand noch zu allen Zeiten darin, die Aufmerksamkeit der Masse auf einen Feind zu konzentrieren."
(A. H.)
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Testirossi Gnostiker
Anmeldungsdatum: 12.08.2008 Beiträge: 741
Wohnort: jwd
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(#1294601) Verfasst am: 25.05.2009, 13:43 Titel: |
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Yogosh hat folgendes geschrieben: | Bevor ich wirklich was zur Frage schreibe muss ich erst mal nachdenken, aber eine Sache fiel mir in den Antworten auf:
Bei der Rede von Resonanz oder physiologischen Zuständen scheint mir die recht naive Theorie durchzuscheinen dass Bedeutungen von Aussagen oder Wörtern durch private mentale Zustände vollständig bestimmt oder sogar mit ihnen identisch seien. |
Ich benutze das Resonanzmodell der Kommunikation u. a. deshalb, um von der "Bedeutung" von Aussagen wegzukommen.
Letztlich sind alle Begriffsdefinitionen entweder Zirkelschlüsse oder direkt von nichtverbalen Sinneswahrnehmungen wie der Anschauung abhängig.
Yogosh hat folgendes geschrieben: | Hier geht es zwar nur um die Bedeutungstheorie von einfachen Beobachtungs Aussagen (wenn ich Tarvoc richtig verstanden habe), aber auch die kann man glaube ich nicht auf rein (privat-)psychologischer Basis konstruieren. |
Bevor ich hier schrieb, habe ich mir verschiedene Möglichkeiten einer "Bedeutungsdefinition" überlegt und fand sie alle unbefriedigend.
Das Resonanzmodell, das ohne den Begriff "Bedeutung" auskommt, erschien mir von allen am meisten plausibel und konsistent.
_________________ "Die Kunst aller grossen Volksführer aber, bestand noch zu allen Zeiten darin, die Aufmerksamkeit der Masse auf einen Feind zu konzentrieren."
(A. H.)
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Testirossi Gnostiker
Anmeldungsdatum: 12.08.2008 Beiträge: 741
Wohnort: jwd
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(#1294603) Verfasst am: 25.05.2009, 13:54 Titel: |
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göttertod hat folgendes geschrieben: | ...
Und gerade hab ich noch mal das hier gelesen:
Zitat: | Das Wahrgenommene ist das Zeichen, das zwischen dem Objekt und dem Wahrnehmungsurteil steht. Der Zugang zu den Objekten erfolgt immer durch die Abbildung des Perzeptes als Zeichen. Das Zeichen hat die Form eines sinnlichen Eindrucks, also eines Bildes, eines Klangs etc.
Ein Zeichen oder Repräsentamen ist alles, was in einer solchen Beziehung zu einem Zweiten steht, das sein Objekt genannt wird, dass es fähig ist ein Drittes, das sein Interpretant genannt wird, dahingehend zu bestimmen, in derselben triadischen Relation zu jener Relation auf das Objekt zu stehen, in der es selbst steht. (MS 478). |
witzig finde ich wann er die Theorie entwickelt hat...einen Magnetresonanztomograph gab es damals ja noch nicht---aber mit solchen Theorien könnten sich die Hirnforscher und Neurowissenschaftler messen und mit ihnen arbeiten. |
Er macht den häufigen Fehler, bei einer Wahrnehmung ein "Objekt" vorauszusetzen.
Das ist nur dann richtig, wenn man die Wahrnehmung über das äh- "Objekt" definiert. Dann allerdings immer, nämlich als Tautologie.
_________________ "Die Kunst aller grossen Volksführer aber, bestand noch zu allen Zeiten darin, die Aufmerksamkeit der Masse auf einen Feind zu konzentrieren."
(A. H.)
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Testirossi Gnostiker
Anmeldungsdatum: 12.08.2008 Beiträge: 741
Wohnort: jwd
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(#1294606) Verfasst am: 25.05.2009, 14:02 Titel: |
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Yogosh hat folgendes geschrieben: | Sind wir uns in diesem Thread einig, dass es einen irgendwie kausalen Zusammenhang zwischen Sinneserfahrungen und dem Wahrheitsgehalt von einfachen Beobachtungsaussagen gibt und wir in dieser naturalistischen Richtung weitermachen? ... |
Beobachtungsaussagen, wenn sie streng als solche formuliert sind und keine Absicht zur Lüge besteht, sind immer wahr.
"Mir kommt es vor, als sähe, fühlte röche ich ..."
Ein rosa Einhorn.
Weshalb soll ich kein rosa Einhorn sehen, fühlen riechen?
Aber den Schritt von einer gefühlten Sinneswahrnehmung oder einen "realistischen" Traum auf ein Objekt würde ich, wenn ich redlich bleiben soll, nicht zu gehen wagen.
_________________ "Die Kunst aller grossen Volksführer aber, bestand noch zu allen Zeiten darin, die Aufmerksamkeit der Masse auf einen Feind zu konzentrieren."
(A. H.)
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Testirossi Gnostiker
Anmeldungsdatum: 12.08.2008 Beiträge: 741
Wohnort: jwd
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(#1294610) Verfasst am: 25.05.2009, 14:10 Titel: |
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Yogosh hat folgendes geschrieben: | Robbe Piere hat folgendes geschrieben: | yogosh hat folgendes geschrieben: | Mir ging es nicht um Exlusivität sondern nur darum, dass nicht sprachliche Sinneserfahrungen und physische Dinge überhaupt eine Rolle für Bedeutung und Wahrheit von Aussagen spielen. |
ich hab mir nun eine reihe von Gedanken gemacht, aber irgendwie paßt alles ned. |
Ganz harmlos: Wenn mir einer was sagt oder ich etwas lese, sind das ja auch erst mal Sinneseindrücke. Die Situation ist aber doch etwas anderes als wenn jemand ein Kaninchen sieht und 'Gavagai' sagt.
Ich verstehe das Problem so: Ich zeige auf einen Hund und sage 'Hund'. Irgendwie hängt das Vieh und etliche andere ähnliche Viecher, die von mir oder anderen, die ebenfalls manchmal 'Hund' sagen, gesehen wurden mit der Bedeutung meines (und deren) Sprachfetzen zusammen. Und bestimmt kommt da auch sonst noch einiges hinzu. |
So harmlos ist das, abgesehen von der Voraussetzung eines Objektes nicht, denn ich sage nicht "Hund", sondern "Rex".
_________________ "Die Kunst aller grossen Volksführer aber, bestand noch zu allen Zeiten darin, die Aufmerksamkeit der Masse auf einen Feind zu konzentrieren."
(A. H.)
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Testirossi Gnostiker
Anmeldungsdatum: 12.08.2008 Beiträge: 741
Wohnort: jwd
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(#1294612) Verfasst am: 25.05.2009, 14:16 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Aus meiner Sicht ist Bedeutung also primär durch den Gebrauch definiert, ... |
ist die Wirkung durch die Assoziationen oder Eindrücke definiert, die eine Aüsserung bei mir auslöst.
step hat folgendes geschrieben: | ...welcher selbst jedoch immer einen empirischen Bezug zur hypothetischen Realität hat. |
Zumindest sollte die Illusion für mich stimmig sein, ansonsten würde ich den Verdacht bekommen, zu träumen oder wach zu halluzinieren.
_________________ "Die Kunst aller grossen Volksführer aber, bestand noch zu allen Zeiten darin, die Aufmerksamkeit der Masse auf einen Feind zu konzentrieren."
(A. H.)
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Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
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(#1296988) Verfasst am: 29.05.2009, 10:48 Titel: |
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Hier geht es offensichtlich um Philosophie, wie sie heute verstanden wird: unverständlich! (Sorry, kleines Wortspiel, das ich mir nicht verkneifen konnte) Aber es geht auch um Begriffe wie Wahrnehmung, Erfahrung und Aussagen. Irgendwie schimmerte sogar so etwas wie Wirklichkeit durch die Zeilen (aber wirklich nur irgendwie), als von Satz mit dem Einhorn die Rede war. Schließlich lauert dahinter die Frage nach der theoriefreien Wahnehmung.
Hier also mal ein Einwurf eines Nicht-Philosophen:
1. Wahrnehmung ist eine Tätigkeit von Menschen, und Menschen kommen nur im Plural vor. Wahrnehmen können wir also immer nur in der Gemeinschaft mit anderen Menschen. Selbst Robinson ist nicht denkbar ohne andere Menschen.
2. Menschliche Gemeinschaften entwickeln sich. Jeder von uns wächst in eine existierende Gemeinschaft von Menschen hinein. Unsere Vorstellungen entwickeln sich in Übereinstimmung oder Auseinandersetzung mit den Vorstellungen unserer Gruppe. Unsere Weltbilder haben also eine Geschichte wie die Gesellschaften, in denen sie entstehen.
Was hat das nun für Folgen für unsere Tatsachenbeobachtungen und Theoriebildungen? Es ist ganz offensichtlich, daß es keine Wahrnehmung geben kann ohne Theorie. Lange bevor ein Menschenjunges erste eigene Erfahrungen macht, existiert ein Bild von dieser Welt, daß ihm von seinen Altvorderen vermittelt wird und das seine Erfahrungen steuert (Die uns angeborenen Erfahrungen sowie die Tatsache, daß unser Gehirn äußere Reize nur sehr selektiv verarbeitet, was ja auch schon eine Art Theoriebildung darstellt, lasse ich hier mal raus). Zuerst ganz praktisch, in dem nur solche Aktionen zugelassen werden, die man als zuträglich empfindet, später durch Ge- und Verbote.
Gleichzeitig ist aber jede Theorie auch das Ergebnis von, oft schmerzlichen, Erfahrungen. Paradebeispiel ist die Miasmentheorie, die bis ins 19. Jahrhundert verbreitete Vorstellung, Krankheiten würden durch schlechte Gerüche verbreitet. In London leitet man daher um 1830 stinkende Abwässer in die Themse. Der Gestank war weg, und 14.000 Menschen starben an der Cholera, weil sie ihr Trinkwasser aus der Themse bezogen. Der Gestank konnte es also nicht sein. Man suchte und fand die Bakterien.
An diesem Beispiel läst sich sehr schön die wechselseitige Abhängigkeit und historische Entwicklung von Wahrnehmung und Theoriebildung erkennen:
Die Menschen ekelten sich schon immer vor schlechten Gerüchen. Als aber die Bevölkerung stark anwuchs, fanden sie, daß da, wo es sehr schmutzig ist (und damit schlecht riecht), viele Krankheiten auftreten. Die Verbesserung der Hygiene und z.B. das Trockenlegen von Sümpfen brachte Verbesserung und bestätigte die Theorie und beförderte weitere Beobachtungen, die Suche nach weiteren schlechten Dämpfen.
Bis dann Beobachtungen auftraten, die der Theorie widersprachen, wie die 14.000 Cholera-Toten von London. Die alte Theorie geriet ins Wanken. Man versuchte die gemachten Beobachtungen in neuen Zusammenhängen zu sehen, was mit dem Nachweis der Bakterien schließlich gelang.
Die Beobachtungen, die man auf der Grundlage der Miasmentheorie gemacht hatte, hatten genau diese Theorie widerlegt. Dies führte zur Bakteriologie und damit zu weiteren Tatsachenbeobachtungen.
Aber Theorien können auch Beobachtungen verändern. So geschehen am Ende der Antike, als mit dem Aufkommen des Christentums zumindest im lateinischen Teil des Römischen Reiches jede wissenschaftlich Tätigkeit zum Erliegen kam, weil mit der Schließung der heidnischen Philosopie-Schulen die sozialen Grundlange zerstört wurden und gleichzeitig z.B. Krankheiten nicht mehr medizinisch gedeutet wurden, sondern heilsgeschichtlich.
Fazit: Theorien, die ernst genommen werden wollen, müssen auf beobachtbaren Tatsachen beruhen und Tatsachen kann man nicht theoriefrei beobachten. Erst wenn man zur Kenntnis nimmt, das beides sich gegenseitig bedingt und sich über die Zeit entwickelt (und wie man oben gesehen hat, nicht nur aufwärts), kommt man dem Verständnis näher.
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