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Was ist Kommunismus?
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Evilbert
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Anmeldungsdatum: 16.09.2003
Beiträge: 42408

Beitrag(#1298027) Verfasst am: 31.05.2009, 17:37    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Nein, in Wirklichkeit handelt es sich um eine Einladung zum Mittagessen. "Komm und iss Mus." freakteach


[Narziss]Was anderes zu essen gibt`s in solchen Staaten ja auch wirklich nicht. [/narziss]
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Danol
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Anmeldungsdatum: 02.04.2007
Beiträge: 3027

Beitrag(#1298046) Verfasst am: 31.05.2009, 17:58    Titel: Antworten mit Zitat

Baldur hat folgendes geschrieben:
Wo liegen die Unterschiede und Zusammenhänge von Sozialismus und Kommunismus?


Keine Ahnung. Wenn der S. wirklich nur eine Übergangsphase sein soll, dürften die auch nicht wesentlich sein, da die Unterschiede quasi 'verschwimmen' werden.

Zitat:
Was ist eine Klassengesellschaft?


Zu zeiten von Marx und Engels eine treffende Beschreibung der damaligen Gesellschaften, heutzutage eine leere Propagandaphrase ohne gesellschaftliche Realität. Zumindest in Westeuropa ...

Zitat:
Was ist das Proletariat?


Siehe eine Antwort weiter oben.

Zitat:
Welche Rolle spielen die Eigentümer an den Produktionsmitteln (Kapitalisten)?


Kommt drauf an wieviel Kapital sie besitzen. Diverse Kleinunternehmer (Handwerksmeister u.ä.) und Bauern spielen kaum eine Rolle, aber z.B. Familien wie die Porsches und Quandts, aber auch Leute wie Bill Gates haben erheblichen Einfluss auf gesellschaftliche und politische Entwicklungen. Alles in allem halte ich 'Kapitalisten' aus genau diesem Grund aber nicht für eine sinnvolle Kategorie, in die man Menschen einteilen könnte, genausowenig wie das zugrundeliegende Klassendenken. Über eine einteilung der Gesellschaft in bestimmte Schichten, basierend auf der ihnen real zukommenden ökonomischen und politischen Macht, kann man gerne reden ...

Zitat:
Wie sieht Marx' Menschenbild aus? Ist eine kommunistische Gesellschaft mit der menschlichen Natur vereinbar. Wie müsste der Mensch aussehen, mit dem eine kommunistische Gesellschaft möglich wäre?


Diese Frage, insbesondere das von mir markierte, stellt sich mir nicht. Sinnvoller wäre zu fragen wie eine optimale Gesellschaft aussehen müsste, die mit den vorhandenen Menschen realisierbar ist.

Zitat:
Wo liegen die Unterschiede zwischen Kapitalismus und Kommunismus in ökonomischer Hinsicht undinsbesondere im Hinblick auf ihre ökonomische Stabilität?


Ich sehe nicht, wie man diese Frage sinnvoll beantworten sollte. M.E. schließen sich eine (auf die reinen Gütermärkte beschränkte) Marktwirtschaft und Kommunismus/Sozialismus nicht aus, genauso wie sich Kapitalismus und Planwirtschaft nicht ausschließen. Wo also ist hier die Frage?

Zitat:
Muss oder kann eine hierarchische und auf Terror basierende Gesellschaft unter der Führung einer Minderheit oder eines Einzelnen eine kommunistische sein?


Nein, der bisherigen Erfahrung nach muss eine kommunistische Gesellschaft aber auf Terror basieren und von einer Minderheit geführt werden, zumindest während des Großteils ihrer Existenz. Obs auch anders geht ist rein spekulativ ...

Zitat:
Wie sind die UdSSR, China, DDR, Jugoslawien (Tito), Kuba (Castro), Venezuela (Chavez), Chile (Allende), Nordkorea (Kim Jong Il), Vietnam (Ho-Chi-Minh) usw. im Hinblick auf die Frage nach einem kommunistischen Gesellschaftssystem einzuordnen?


Sie waren allesamt m.E. ernstgemeinte Versuche der realisierung der kommunistischen Ideologie. Kambodscha fehlt als wichtiges Beispiel übrigens ...
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44685

Beitrag(#1298106) Verfasst am: 31.05.2009, 19:22    Titel: Antworten mit Zitat

Danol hat folgendes geschrieben:
Baldur hat folgendes geschrieben:
Wo liegen die Unterschiede und Zusammenhänge von Sozialismus und Kommunismus?

Keine Ahnung.

Gute Antwort. zwinkern Ich persönlich halte diese Frage eigentlich für unwichtig. An unterschiedlichen Stellen werden Arbeiterbefreiungsbewegungen ihren Situationen entsprechend unterschiedliche Terminologien entwickeln. So wie ich das sehe, ist es nicht die Aufgabe, alle in einem großen, vereinheitlichten Metadiskurs zusammenzuquetschen, sondern Vernetzung zu ermöglichen, d.h. an die Gegebenheiten und Diskurse angepasst Übersetzungsraster zu konstruieren.
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"Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Yogosh
Leisetreter ...und Klugscheisser



Anmeldungsdatum: 19.03.2009
Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1298328) Verfasst am: 01.06.2009, 01:19    Titel: Antworten mit Zitat

Will mir denn niemand widersprechen? Ich hatte weiter oben so ungefähr behauptet dass der Glaube an historische Gesetzmäßigkeiten der Grund dafür ist dass Kommunismus immer auf die Diktatur einer Minderheit hinausläuft. Das muss doch jemanden hier stören und ich hätte gerne mal eine kommunistische Antwort darauf.
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Danol
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Anmeldungsdatum: 02.04.2007
Beiträge: 3027

Beitrag(#1298329) Verfasst am: 01.06.2009, 01:22    Titel: Antworten mit Zitat

Wohl eher der Glaube daran diese historischen Gesetzmäßigkeiten selbst zu kennen. Das es die gibt halt ich auch für zumindest möglich ...
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Evilbert
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Anmeldungsdatum: 16.09.2003
Beiträge: 42408

Beitrag(#1298332) Verfasst am: 01.06.2009, 01:28    Titel: Antworten mit Zitat

Danol hat folgendes geschrieben:
Wohl eher der Glaube daran diese historischen Gesetzmäßigkeiten selbst zu kennen. Das es die gibt halt ich auch für zumindest möglich ...


Ich denke, es sind eher Richtlinien. [/CaribbeanCurse] Lachen
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Baldur
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Anmeldungsdatum: 05.10.2005
Beiträge: 8326

Beitrag(#1298344) Verfasst am: 01.06.2009, 02:05    Titel: Antworten mit Zitat

Yogosh hat folgendes geschrieben:
Will mir denn niemand widersprechen? Ich hatte weiter oben so ungefähr behauptet dass der Glaube an historische Gesetzmäßigkeiten der Grund dafür ist dass Kommunismus immer auf die Diktatur einer Minderheit hinausläuft. Das muss doch jemanden hier stören und ich hätte gerne mal eine kommunistische Antwort darauf.


Ich glaube nicht an einen historischen Determinismus und ich halte auch deine Aussage für falsch, das dieser Glaube stets in eine Diktatur münden muss. Der Glaube an historische Gesetzmäßigkeiten veranlasst vielleicht dazu, die historischen Entwicklungen beschleunigenzu wollen, aber nicht einmal das zwingend, er legt aber keinesfalls fest, wie dies zu geschehen habe.

Ich bin der Meinung, dass die Sätze von Kant universelle Gültigkeit haben:
"Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte."

und

"Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines andern zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht aus Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. 'Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!' ist also der Wahlspruch der Aufklärung."

Daraus ergibt sich alles Weitere von selbst.
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Yogosh
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Beitrag(#1298346) Verfasst am: 01.06.2009, 02:14    Titel: Antworten mit Zitat

Vielleicht eine Antwort von jemandem der noch an den historischen Materialismus glaubt, ihn nicht verwässert hat und sich die Mühe macht meine Ausführungen dazu zu lesen?

Die Argumentation war keinesfalls deterministisch sondern beruhte auf einem Widerspruch zwischen Glaube an HistoMat und Demokratie. Skeptiker to the rescue please.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44685

Beitrag(#1298363) Verfasst am: 01.06.2009, 04:19    Titel: Antworten mit Zitat

Yogosh hat folgendes geschrieben:
Ich hatte weiter oben so ungefähr behauptet dass der Glaube an historische Gesetzmäßigkeiten der Grund dafür ist dass Kommunismus immer auf die Diktatur einer Minderheit hinausläuft. Das muss doch jemanden hier stören und ich hätte gerne mal eine kommunistische Antwort darauf.

Nun gut, dann mal meine kommunistische Antwort darauf. Ich zum Beispiel glaube nicht an historische Gesetzmäßigkeiten. Oder jedenfalls nicht in dem Sinne. Wenn man sich z.B. mal den Achtzehnten Brumaire des Lous Bonaparte ansieht, könnte man zumindest zu der Ansicht kommen, dass auch Marx selbst keinen strengen Determinismus vertrat, zumindest nicht in dem Sinne, wie sich das die marxistisch-leninistischen Parteidoktrinen zusammenfantasierten. Übrigens sind historische Beispiele für Kommunisten, die kein Bisschen an historische Gesetzmäßigkeiten glaubten, eigentlich relativ leicht zu finden. Mir fiele spontan George Orwell ein.

Danol hat folgendes geschrieben:
Wohl eher der Glaube daran diese historischen Gesetzmäßigkeiten selbst zu kennen.

Ja, ich denke, darauf läuft es hinaus. Solange man nicht direkt oder indirekt einen privilegierten Zugang behauptet, kann man metaphysisch sowieso glauben, was man will. Ich persönlich würde Zizeks Lesart von Hegel übernehmen, also dass sich der dialektische Widerspruch von Notwendigkeit und Kontingenz nicht in einer höheren Form der Notwendigkeit, sondern in einer höheren Form der Kontingenz dialektisch aufhebt. In der nachträglichen Betrachtung erscheinen die kontingenten Geschichtsereignisse (möglicherweise) historisch notwendig, aber wie sie das tun, ist wiederum historisch kontingent. Naja, das sind aber letztlich nur dialektische Spielereien. zwinkern

Yogosh hat folgendes geschrieben:
Vielleicht eine Antwort von jemandem der noch an den historischen Materialismus glaubt, ihn nicht verwässert hat und sich die Mühe macht meine Ausführungen dazu zu lesen?

Ich finde diese Äußerung ehrlich gesagt leicht anmaßend. Du tust so, als hätten die Marxisten-Leninisten die einzig wahre Marxdeutung und ich würde mir meinen Marx so verzerren, wie er mir passt. Tatsächlich würde ich den strengen Geschichtsdeterminismus der Marxisten-Leninisten viel eher als Verzerrung des historischen Materialismus sehen - nicht umsonst hatten sie sogar seinen Namen zu HistoMat verzerrt. Ich halte es für fraglich, ob sich ein strenger Determinismus dieser Art überhaupt von Marx her rechtfertigen lässt. Oder zumindest tut er das allenfalls nichttrivial.
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Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 01.06.2009, 05:11, insgesamt 2-mal bearbeitet
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44685

Beitrag(#1298365) Verfasst am: 01.06.2009, 04:34    Titel: Antworten mit Zitat

Noseman hat folgendes geschrieben:
Danol hat folgendes geschrieben:
Wohl eher der Glaube daran diese historischen Gesetzmäßigkeiten selbst zu kennen. Das es die gibt halt ich auch für zumindest möglich ...

Ich denke, es sind eher Richtlinien. [/CaribbeanCurse] Lachen

Der war gut. Lachen Mr. Green
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Yogosh
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Anmeldungsdatum: 19.03.2009
Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1298398) Verfasst am: 01.06.2009, 10:40    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ich finde diese Äußerung ehrlich gesagt leicht anmaßend. Du tust so, als hätten die Marxisten-Leninisten die einzig wahre Marxdeutung und ich würde mir meinen Marx so verzerren, wie er mir passt. Tatsächlich würde ich den strengen Geschichtsdeterminismus der Marxisten-Leninisten viel eher als Verzerrung des historischen Materialismus sehen - nicht umsonst hatten sie sogar seinen Namen zu HistoMat verzerrt. Ich halte es für fraglich, ob sich ein strenger Determinismus dieser Art überhaupt von Marx her rechtfertigen lässt. Oder zumindest tut er das allenfalls nichttrivial.


Ich wollte hier nicht den wahren Schotten umdrehen. Tut mir leid, wenn das so rüberkam. Mir geht es nicht so sehr um die Deutungshoheit über Marx sondern den grundsätzlichen Widerspruch zwischen Demokratie und einer historisch überaus einflussreichen marxistischen Tradition: der Glaube, dass es Gesetze der Geschichte gibt und dass sie erkennbar sind. Der Glaube dass Politik eine Art Ingenieurwissenschaft sei. Der Glaube dass tiefe Meinungsdifferenzen nicht einfach abweichende Meinungen oder unterschiedliche Werte/Priotitäten sind, sondern objektiv falsch.

Vielleicht ergibt erst der zusätzliche Glaube an einen Volonté générale die richtig giftige Mischung. Aber mit diesen beiden Überzeugungen ausgerüstet kann man eigentlich keine grundsätzlich abweichende politische Überzeugung mehr tolerieren oder einen Mehrheitsbeschluss akzeptieren.

Diese Lesart (den etwas platten HistoMat) des Marxismus muss man nicht teilen, aber man wird sie auch nicht komplett wegdiskutieren können. Dazu findet sich für sie zu viel Material in den Quellen. Und es ist die Faszination die diese Lesart auf Machtmenschen ausübt die ich als systematischen Grund dafür sehe dass diese Typen bei jeder Revolution dabei waren. Dass solche Leute sich dann letztlich immer durchsetzen dürfte niemanden groß wundern.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44685

Beitrag(#1298399) Verfasst am: 01.06.2009, 10:45    Titel: Antworten mit Zitat

Yogosh hat folgendes geschrieben:
Dass solche Leute sich dann letztlich immer durchsetzen dürfte niemanden groß wundern.

Nun, ich gehöre ja zu den Leuten, die die Neigung haben, sich über alles mögliche zu wundern. zwinkern
Aber interessant, dass du diesbezüglich anscheinend noch eher an "Geschichtsnotwendigkeiten" glaubst als ich. Cool
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Skeptiker
"I can't breathe!"



Anmeldungsdatum: 14.01.2005
Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville

Beitrag(#1298402) Verfasst am: 01.06.2009, 11:01    Titel: Re: beim nächsten Mal wird alles anders? Antworten mit Zitat

Yogosh hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Das ist allerdings ein sehr wichtiger Punkt. [...]


Erst mal danke für die Antwort.
Sie führt mich auch zu meinem nächsten Punkt, den ich für den eigentlich entscheidenen halte: Die Spannung zwischen dem wissenschaftlichen Anspruch und demokratischer Mitbestimmung. Wenn man die Meinung vertritt dass es Gesetze der Geschichte und/oder menschlichen Gesellschaft gibt dann erscheint mir eine Forderung nach demokratischer Mitbestimmung geradezu kriminell. Es wäre unverantwortlich die Gestaltung der Gesellschaft nicht den Experten zu überlassen. Beim Hausbau wird ja auch nicht abgestimmt, da entscheidet der Architekt.


Der Architekt entscheidet bei näherem Hinsehen eigentlich auch nicht. Auch er muss sich den Gesetzen der Statik und gewissen Grundregeln der Ästhetik und Funktionalität fügen. Dazu kommen die Wünsche der Auftraggeber. Und mit denen muss sich der Architekt vorher verständigen, damit die wissen, was überhaupt technisch möglich wäre.

Gesamtgesellschaftliche Gremien, die aus der "normalen" Bevölkerung und Wissenschaftlern bestehen würde, wäre insofern eine vernünftige Methode, statt billiger Abstimungen echte und aufgeklärte Mitbestimmung zu gewährleisten.

Yogosh hat folgendes geschrieben:
Ich verstehe Dich so, dass Du einen entscheidenen Fehler der Vergangenheit darin siehst, dass man sich fälschlicherweise einbildete diese Gesetze bereits vollständig verstanden zu haben statt sie beständig weiter zu erforschen. Zu viele Antworten und zu wenig Fragen.


Ich schrieb, dass Marxisten aus den Quellen schöpfen sollten, von denen schon Marx selbst geschöpft hat und lernen sollten, die besten Methoden anzuwenden. Gleichzeitig wäre es ratsam seine gut begründeten Arbeitsergebnisse zu verwenden.

Nun ist Weiterdenken und -forschen die eine Sache. Die Praxis unter konkreten Drucksituationen eine andere. Ein Architekt, dem weder Zeit noch Geld noch Unterstützung gegeben wird, wird kaum das umsetzen können, was er unter günstigeren Umständen umsetzen würde. Nicht umsonst pochte Marx besonders auf die notwendigen Bedingungen für eine erfolgreiche internationale Revolution. Und die materiellen Bedingungen waren weder in Russland noch in den asiatischen Ländern gegeben.

Sie wären aber gegeben in den USA/Kanada und in Europa.

Yogosh hat folgendes geschrieben:
Das Problem ist aber prinzipiell: der Glaube dass es solche Gesetze gäbe und dass sie (natur?)wissenschaftlichen Charakter und Gültigkeit beanspruchen können führt einen zwangsläufig zu einer anderen Art der Klassengesellschaft: die Wissenden, die noch Lernenden, die Ahnungslosen und die Verstockten. Ich denke durchaus teilweise in gleichen Kategorien. Als letztere sehe ich z.B. Esoteriker und Verschwörungstheoretiker. Deswegen bin ich auch voll für deren Diskriminierung/Unterdrückung in Universitäten und im Wissenschaftsbetrieb. Aber eben nur dort.

Auf Basis angenommener Gesetze der Geschichte/menschlicher Gesellschaft habe ich doch sogar die Pflicht die Unterdrückung der Verstockten auf die ganze Breite der Politik und Gesellschaft auszuweiten und die Lernenden und Ahnungslosen aus dem politischen Entscheidungsprozess auszuschliessen.


Im Gegenteil. Die genannten gesamtgesellschaftlichen Diskussonsforen müssten für alle offen stehen, um überhaupt funktionieren zu können. Denn ohne die Mitwirkungsmöglicheit aller wird es an der Akzeptanz der Umsetzung fehlen. Alle können dort lernen, wie man sich auseinandersetzt, wie man diskutiert, wie man lernt, wie man Widersprüche nicht bloß durch billige Kompromisse, sondern durch blitzsaubere Snythesen auflöst.

Das ist besser als Schule oder Uni.

Wenn es um Unterdrückung geht, dann in Bezug auf solche Figuren wie Pinochet oder Hitler und die bürgerlichen Klassen, die sie verteidigen. Es ist ja klar, dass so eine Familie Quandt oder solche Ackermanns lieber einen blutigen Putsch als eine Demokratie wollen. Die sind allerdings an einer Diktatur einer Minderheit über die Mehrheit interessiert. Aber nur die.

Yogosh hat folgendes geschrieben:
Zum einen bin ich natürlich nicht überzeugt dass es diese Gesetze gibt und würde anmahnen dass sie wegen ihrer drastischen Konsequenzen schon ausserordentlich gut belegt sein müssten.


Was heisst "Gesetze"? Sicherlich ist Marxismus umgestülpter Hegelianismus in einem gewissen Sinne und die Hegel'sche Weltsicht war schon eine, in der sich gesetzmäßig aus dem Niederen das Höhere, schließlich der Weltgeist entwickelte. Und Lenin hatte ja mal gesagt, dass die Gesetze der Evolution, bei der auch eine Höherentwicklung stattfand eine Analogie für die Höherentwicklung der menschlichen Gesellschaft sei.

Jedoch sind weder Hegel noch Lenin noch Marx Deterministen. Sie alle ließen die Möglichkeit offen, die Reza als Alternative zwischen Kommunismus oder Barbarei bezeichnet hat.

Es gibt nichts Vorgezeichnetes. Aber es gibt neue, nie dagewesene Chancen der Menschheit. Und es gibt Zeitfenster, in denen diese genutzt werden können. Das ist aber auch eine politische und nicht allein eine theoretische Frage.

Ich stimme aber mit Dir darin überein, dass eine Diktatur von selbsternannten und ellenbogenbewehrten Besserwissern wie wir sie des öfteren erelebt haben, sicher nicht zielführend sein kann.

Yogosh hat folgendes geschrieben:
Zum anderen scheint mir die Annahme, die Gesetze der Geschichte zu erkennen, unter anderem auch einen bestimmten Schlag von Menschen anzuziehen. Für Machtmenschen wie Caesar, Napoleon, Hitler, Stalin u.a. muss die ungeahnte Kontrollmöglichkeit die mit dieser Annahme verbunden ist eine unglaubliche Anziehungskraft ausüben, die mindestens so groß ist wie das Versprechen einer gerechten Gesellschaft für gutmeinende Idealisten. Wer sich in revolutionären Situationen immer wieder durchsetzt ist hinreichend dokumentiert und eigentlich auch keine Überraschung.


Da muss ich Dich leider korrigieren. Denn wenn etwas solche Figuren wie Hitler ausgezeichnet hat, dann war es u.a. ein absoluter erkenntnistheoretischer Relativismus. Diese Typen haben eine andere Art von "Wahrheit" vertreten. Besonders der Faschismus verhöhnt jede stringente Analyse der Welt und sieht die "Wahrheit" allein im "Recht des Stärkeren" begründet, was allerdings nur eine Umschreibung für Klassenherrschaft ist ...-

Skeptiker
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Roody
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Beitrag(#1298406) Verfasst am: 01.06.2009, 11:07    Titel: Antworten mit Zitat

Immer wenn jemand eine Theorie zu Weltverbesserung hat, sollte man sofort die Flucht ergreifen.

Der Kommunismus (oder sein "Übergang" Sozialismus), wie ich ihn am eigenen Leib erfahren durfte, war eine Religion.
Ausser Gott alles vorhanden:
Propheten (Marx, Engel, Lenin). Diese wurden als unfehlbar, genial und gütig dargestellt (Vilmos und Inge Korn: "Mohr und die Raben von London");
Dogmen, Heilsversprechen, Inqusition alles da.
Als Kind war die Sowjetunion für mich ein Reich voller Licht. Ohne Verbrechen und ohne schlechtem Wetter. Lichtdurchströmt und alles Gut.

Das Reich des Bösen lag im Westen.
Und in der Zukunft, nach einer Apokalypse zu unseren Lebzeiten (Weltrevolution, 3. Weltkrieg) kam das Weltreich des Kommunismus, das Ende der Geschichte.

Zweifeln am Dogma waren nicht erlaubt. Selbst bei geringfügigen abweichenden Fragen (Staatsbürgerkunde) wurde nicht geantwortet, sondern mit Gegenfragen gekontert. "Woher hast Du solche Gedanken? Was willst Du jetzt damit bezwecken? Du provozierst!"

Ich glaub auch nicht, daß damit das Thema Kommunismus damit völlig erledigt ist. Aber wenn, kommt eine solche Gesellschaftsordnung nicht durch Partei und Proletariat zustande-sondern irgendwie anders.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44685

Beitrag(#1298409) Verfasst am: 01.06.2009, 11:15    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Denn wenn etwas solche Figuren wie Hitler ausgezeichnet hat, dann war es u.a. ein absoluter erkenntnistheoretischer Relativismus.

Ah ja. Ein absoluter Relativismus. Vertreten von Hitler. Alles klar. Mit den Augen rollen
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Yogosh
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Anmeldungsdatum: 19.03.2009
Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1298411) Verfasst am: 01.06.2009, 11:21    Titel: Re: beim nächsten Mal wird alles anders? Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Gesamtgesellschaftliche Gremien, die aus der "normalen" Bevölkerung und Wissenschaftlern bestehen würde, wäre insofern eine vernünftige Methode, statt billiger Abstimungen echte und aufgeklärte Mitbestimmung zu gewährleisten.
[...]
Im Gegenteil. Die genannten gesamtgesellschaftlichen Diskussonsforen müssten für alle offen stehen, um überhaupt funktionieren zu können. Denn ohne die Mitwirkungsmöglicheit aller wird es an der Akzeptanz der Umsetzung fehlen. Alle können dort lernen, wie man sich auseinandersetzt, wie man diskutiert, wie man lernt, wie man Widersprüche nicht bloß durch billige Kompromisse, sondern durch blitzsaubere Snythesen auflöst.
[...]
Wenn es um Unterdrückung geht, dann in Bezug auf solche Figuren wie Pinochet oder Hitler und die bürgerlichen Klassen, die sie verteidigen. Es ist ja klar, dass so eine Familie Quandt oder solche Ackermanns lieber einen blutigen Putsch als eine Demokratie wollen. Die sind allerdings an einer Diktatur einer Minderheit über die Mehrheit interessiert. Aber nur die.


Hier steht eigentlich schon wieder genau mein Problem: Andere Meinungen können nur durch Dämonisierung erklärt werden. Für die Akzeptanz anderer politischer Grundüberzeugungen ist bei Dir kein Platz. Du postulierst einfach dass man sich ganz vernünftig einigen würde. Das ist eine fromme Hoffnung, aber da ist mir der Realismus einer parlamentarischen Demokratie lieber.
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Gustav Aermel
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Anmeldungsdatum: 05.04.2007
Beiträge: 1811

Beitrag(#1298427) Verfasst am: 01.06.2009, 11:31    Titel: Antworten mit Zitat

Baldur hat folgendes geschrieben:
Ich bin der Meinung, dass die Sätze von Kant universelle Gültigkeit haben:
"Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte."


Hermann Scheler, Einführung in den historischen Materialismus, Berlin 1975 hat folgendes geschrieben:
[...] Die Neukantianer beriefen sich bei ihrer ethischen Begründung des Sozialismus insbesondere auf die Kantsche Ethik. Die Ethik aber ist der schwächste Punkt seiner Philosophie. Sie enthüllte den kleinbürgerlichen Charakter seiner gesellschaftlichen Anschauungen am deutlichsten. Nirgends ist er so sehr Philister wie in seiner Ethik. Kant erhob die philiströse Gesinnung auf die Höhe des kategorischen Imperativs. Seine Pflichtenlehre mit ihrem kategorischen Imperativ soll angeblich ein zeitloses Sittengesetz der Menschheit sein. In Wahrheit fußt die Ethik Kants auf der Anschauung, wonach der Mensch ein Teil der Welt der Erscheinungen und zugleich ein Teil der intelligiblen Welt sei, also ein Teil der Sinnenwelt und ein Teil einer transzendenten, intelligiblen Welt. Als Teil der Sinnenwelt unterliegt er der äußeren Notwendigkeit, unterliegt er auch der Erbsünde, ist er ein sündhaftes Wesen, das den Notwendigkeiten seiner irdischen Natur unterworfen ist, als Teil der Welt an sich, der intelligiblen Welt aber ist er völlig frei, an nichts gebunden. Das ist im Grunde genommen nichts anderes als die alte christliche Lehre, daß der Mensch halb Tier, halb Engel sei. Kant trennte die Form des sittlichen Willens von seinem Inhalt. Ihm kam es nicht auf den Inhalt, sondern auf die Form des Willens an. Die Sittlichkeit des Handelns sollte nur in der reinen Selbstbestimmung des freien Willens, im sittlichen Willen an sich bestehen, nicht aber im materialen Inhalt dieses Willens, also nicht in dem materialen Inhalt des Handelns.

Marx und Engels haben die wahre Klassennatur dieser Kantschen Spekulation in "Die deutsche Ideologie“ dargelegt. In Kants Ethik spiegelt sich der Zustand Deutschlands am Ende des 18. Jahrhunderts deutlich wider. Während die französische Bourgeoisie ihre Revolution durchkämpfte, brachten es die ohnmächtigen deutschen Bürger nur zum guten Willen. Auch Kant begnügte sich mit dem an sich guten Willen, selbst wenn dieser gute Wille ohne jedes praktische Resultat blieb. "Dieser gute Wille Kants entspricht vollständig der Ohnmacht, Gedrücktheit und Misere der deutschen Bürger, deren kleinliche Interessen nie fähig waren, sich zu gemeinschaftlichen, nationalen Interessen einer Klasse zu entwickeln."\footnote{K. Marx/F. Engels, Die deutsche Ideologie, in: Werke, Bd. 3, Berlin 1958, S. 177.} Aus der ohnmächtigen Stellung der deutschen Bürger innerhalb der Gesellschaft erklärt sich die Auffassung Kants über den Widerspruch zwischen der angeblich ewigen Form des sittlichen Willens und seinem wechselnden, auf bestimmtes Handeln gerichteten Inhalt.

Kants Ethik ist daher der typische Ausdruck für die Form, die der auf deutsche Verhältnisse übertragene französische Liberalismus annahm. Kant merkte nicht, schreiben Marx und Engels, "daß diesen theoretischen Gedanken der Bourgeois materielle Interessen und ein durch die materiellen Produktionsverhältnisse bedingter und bestimmter Wille zugrunde lag; er trennte daher diesen theoretischen Ausdruck von den Interessen, die er ausdrückt, machte die materiell motivierten Bestimmungen des Willens der französischen Bourgeois zu \emph{reinen} Selbstbestimmungen des \emph{,freien Willens‘}, des Willens an und für sich, des menschlichen Willens, und verwandelt ihn so in rein ideologische Begriffsbestimmungen und moralische Postulate. Die deutschen Kleinbürger schauderten daher auch vor der Praxis dieses energischen Bourgeoisliberalismus zurück, sobald diese sowohl in der Schreckensherrschaft als in dem unverschämten Bourgeoiserwerb hervortrat.“\footnote{Ebenda, S. 178.} Marx und Engels zeigen hier deutlich den gesellschaftlichen Hintergrund dieser Idee von der Selbstbestimmung des Willens, von der Sittlichkeit eines Willens, der nur der Form nach, aber nicht dem Inhalt nach gut ist. Das angeblich zeitlose Sittengesetz entpuppt sich als Zuflucht der bürgerlichen Ideologen vor dem Klassenkampf außerhalb von Zeit und Raum, unabhängig von jeder konkreten Bestimmung. Im Grunde genommen dient eine solche Bestimmung des sittlichen Willens der Klässenaussöhnung.

Die Kantianer unter den Rechtssozialisten stützen sich also auf den kategorischen Imperativ, den sie zu einem sozialistischen Prinzip erklären. Der Kantsche kategorische Imperativ "Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne", dieses angeblich zeitlose Sittengesetz, hat in Wirklichkeit einen ganz bestimmten historischen Charakter. Es ist nämlich nur in einer Gesellschaft möglich, in der der Mensch nicht bloß Zweck ist, sondern auch als Mittel gebraucht werden kann. Erst in einer solchen Gesellschaftkann der Gedanke geboren werden: "Handle so, daß du die Menschheit, sowohl in deiner Person als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel gebrauchst". Dieses Sittengesetz ist also ein Protest gegen die historisch-konkrete feudale Gesellschaft mit ihrem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis. Es ist die philosophische Formulierung der bürgerlichen Parole der Freiheit, der Gleichheit und Brüderlichkeit, die im Kapitalismus Freiheit der Ausbeutung, formelle Gleichheit vor dem Gesetz, aber ökonomische Ungleichheit bedeutet.

Die Maxime ist ein Niederschlag der ökonomischen Tatsache, daß die Bourgeoisie, um ein für die kapitalistische Produktion taugliches Ausbeutungsobjekt zu erlangen, das Proletariat nicht nur als Mittel gebrauchen, sondern als Zweck setzen mußte. Wir wissen, daß es ein ökonomisches Erfordernis der kapitalistischen Produktion war, freie Individuen zu bekommen, die ihre Arbeitskraft verkaufen können. Die bürgerliche Gesellschaft macht es also notwendig, den Menschen nicht nur als Mittel, wie im Feudalismus, sondern auch als Zweck zu schätzen. Der Zweck war allerdings bloß der freie Lohnarbeiter, der in Wirklichkeit stets auch als Mittel gebraucht wird. Andererseits war es nur in einem Lande möglich, eine solche Theorie zu entwickeln, in dem die Philosophie unbeirrt von der politischen Praxis spekulieren konnte, wo folglich eine solche Maxime keine unmittelbaren praktischen Konsequenzen in sich einschloß und der Bourgeoisie nicht von den Ausgebeuteten entgegengehalten wurde. Der Anspruch der Neukantianer, aus der Kantschen Ethik und seinem kategorischen Imperativ die sittliche Begründung des Sozialismus abzuleiten, ist also absolut falsch. Es handelt sich eben nicht um ein ewiges Sittenprinzip, sondern um ein historisches Prinzip, das aus historischen Umständen heraus gewachsen ist und aus ihnen erklärt werden muß. Wir haben infolgedessen keinerlei Veranlassung, der neukantianischen Argumentation das Ohr zu leihen. Ich glaube, damit sowohl die Schranken als auch die progressive Bedeutung der Kantschen Philosophie für die Herausbildung des historischen Materialismus gezeigt zu haben.


Baldur hat folgendes geschrieben:
"Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines andern zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht aus Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. 'Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!' ist also der Wahlspruch der Aufklärung."

Daraus ergibt sich alles Weitere von selbst.


Wenn du meinst. Mit den Augen rollen
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Beitrag(#1298430) Verfasst am: 01.06.2009, 11:36    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Denn wenn etwas solche Figuren wie Hitler ausgezeichnet hat, dann war es u.a. ein absoluter erkenntnistheoretischer Relativismus.

Ah ja. Ein absoluter Relativismus. Vertreten von Hitler. Alles klar. Mit den Augen rollen


Nun sei doch nicht immer so ein Sprachpedant! Mit den Augen rollen

Schließlich stimmt es.

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Beitrag(#1298433) Verfasst am: 01.06.2009, 11:39    Titel: Re: beim nächsten Mal wird alles anders? Antworten mit Zitat

Yogosh hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Gesamtgesellschaftliche Gremien, die aus der "normalen" Bevölkerung und Wissenschaftlern bestehen würde, wäre insofern eine vernünftige Methode, statt billiger Abstimungen echte und aufgeklärte Mitbestimmung zu gewährleisten.
[...]
Im Gegenteil. Die genannten gesamtgesellschaftlichen Diskussonsforen müssten für alle offen stehen, um überhaupt funktionieren zu können. Denn ohne die Mitwirkungsmöglicheit aller wird es an der Akzeptanz der Umsetzung fehlen. Alle können dort lernen, wie man sich auseinandersetzt, wie man diskutiert, wie man lernt, wie man Widersprüche nicht bloß durch billige Kompromisse, sondern durch blitzsaubere Snythesen auflöst.
[...]
Wenn es um Unterdrückung geht, dann in Bezug auf solche Figuren wie Pinochet oder Hitler und die bürgerlichen Klassen, die sie verteidigen. Es ist ja klar, dass so eine Familie Quandt oder solche Ackermanns lieber einen blutigen Putsch als eine Demokratie wollen. Die sind allerdings an einer Diktatur einer Minderheit über die Mehrheit interessiert. Aber nur die.


Hier steht eigentlich schon wieder genau mein Problem: Andere Meinungen können nur durch Dämonisierung erklärt werden. Für die Akzeptanz anderer politischer Grundüberzeugungen ist bei Dir kein Platz. Du postulierst einfach dass man sich ganz vernünftig einigen würde. Das ist eine fromme Hoffnung, aber da ist mir der Realismus einer parlamentarischen Demokratie lieber.


Die Kapitalvertreter (und die ihnen dienenden Pinochets und Hitlers) haben bloß eine andere Meinung? Bist Du sicher? Meinst Du nicht, dass da womöglich auch noch so etwas wie ein ganz erhebliches Interesse herumspukt? Wenigstens ein ganz kleines bisschen? Sehr glücklich

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Yogosh
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Beitrag(#1298439) Verfasst am: 01.06.2009, 11:49    Titel: Re: beim nächsten Mal wird alles anders? Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Kapitalvertreter (und die ihnen dienenden Pinochets und Hitlers) haben bloß eine andere Meinung? Bist Du sicher? Meinst Du nicht, dass da womöglich auch noch so etwas wie ein ganz erhebliches Interesse herumspukt? Wenigstens ein ganz kleines bisschen? Sehr glücklich


Bestimmt sogar mehr als nur ein bißchen. Meine Aktienpakete sind aber zum Beispiel ... sehr übersichtlich ums mal vorsichtig zu formuilieren. Und ich bin totzdem für die parlamentarische Demokratie und gegen Rätesysteme, Kommunismus und angeblich wissenschaftliche Planung der Gesellschaft.

Beim Rawls Test gewinnt sie bei mir auch immer wieder. Und ich fürchte dass es in Deinem Denken nur eine Erklärung für meine Haltung gibt: Ich bin verblendet und muss vor mir selbst und im Interesse der Allgemeinheit reformiert werden.

Edit: das 'fürchte' ist nicht bloß eine rhetorische Formulierung. Das genau ist der Grund warum ich hoffe dass Kommunismus und Totalitarismus nie wieder kommen.
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Skeptiker
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Beitrag(#1298460) Verfasst am: 01.06.2009, 12:16    Titel: Re: beim nächsten Mal wird alles anders? Antworten mit Zitat

Yogosh hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Kapitalvertreter (und die ihnen dienenden Pinochets und Hitlers) haben bloß eine andere Meinung? Bist Du sicher? Meinst Du nicht, dass da womöglich auch noch so etwas wie ein ganz erhebliches Interesse herumspukt? Wenigstens ein ganz kleines bisschen? Sehr glücklich


Bestimmt sogar mehr als nur ein bißchen. Meine Aktienpakete sind aber zum Beispiel ... sehr übersichtlich ums mal vorsichtig zu formuilieren. Und ich bin totzdem für die parlamentarische Demokratie und gegen Rätesysteme und Kommunismus.

Beim Rawls Test gewinnt sie bei mir auch immer wieder. Und ich fürchte dass es in Deinem Denken nur eine Erklärung für meine Haltung gibt: Ich bin verblendet und muss vor mir selbst und im Interesse der Allgemeinheit reformiert werden.


Rawls Test? In der bürgerlichen Gesellschaftstheorie wird jedes Jahr eine neue "gerechtigkeitstheoretische" Sau durchs Dorf getrieben - oder wiederbelebt.

Das führt doch zu nichts, weil die Grundlagen der Gesellschaft noch nicht mal in den Blick genommen werden.

Die angebliche parlamentarische "Demokratie" wäre ja gut und schön, wenn es denn eine wäre. Aber weder handelt es sich beim Parlamentarismus um Demokratie noch bewirkt der Parlamentarismus insgesamt gesehen irgendeine progressive Tendenz. Die Gesellschaft steht, sie ist vollkommen statisch ohne Chance, an die menschlichen Potenziale zu kommen und sie weiter zu entwickeln - übrigens auch in Bezug auf Gerechtigkeit und wirkliche Demokratie.

Das ist gerade der Punkt: der unsägliche Konservatismus, der durch die bürgerliche Art von Abstimmung gegeben ist. Dazu kommt: Wenn die Abstimmungen nicht (mehr) im Sinne der Herrschenden laufen, dann ziehen sie andere Seiten auf. Dann ist eben die offene bürgerliche Diktatur angesagt. Aber der übliche bürgerliche Parlamentarismus ist lediglich die nicht-offene/kaschierte Diktatur des Maximalprofits.

Und Freiheit gibt es nur innerhalb dieses vorgegebenen Rahmens - oder eben nicht. Im Moment stellen sich die Herrschenden auf "soziale Unruhen" ein. Sowas kommt in den besten "Demokratien" vor ...-

Yogosh hat folgendes geschrieben:
Edit: das 'fürchte' ist nicht bloß eine rhetorische Formulierung. Das genau ist der Grund warum ich hoffe dass Kommunismus und Totalitarismus nie wieder kommen.


Und ich will nicht, dass hier Kapitalisten die Gesetze machen.

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Zuletzt bearbeitet von Skeptiker am 01.06.2009, 12:34, insgesamt einmal bearbeitet
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Gustav Aermel
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Beitrag(#1298466) Verfasst am: 01.06.2009, 12:26    Titel: Re: beim nächsten Mal wird alles anders? Antworten mit Zitat

Yogosh hat folgendes geschrieben:
Beim Rawls Test gewinnt sie bei mir auch immer wieder. Und ich fürchte dass es in Deinem Denken nur eine Erklärung für meine Haltung gibt: Ich bin verblendet und muss vor mir selbst und im Interesse der Allgemeinheit reformiert werden.


Dein Denken ist eine Widerspiegelung der gesellschaftlichen Bedingungen und deiner Klasse, daher rühren auch die reaktionären Ansichten. Inwieweit du zu progressiven Ansichten fähig bist, hängt wiederum von der Widerspiegelung ab. Die Frage ob man dich reformieren sollte, müsste verneint werden, denn die Änderung der gesellschaftlichen Bedingungen und damit die Aufhebung der Klassengegensätze wird unweigerlich zum Enden der reaktionären Ansichten führen. Stillschweigend wurde davon ausgegangen, dass die unterschiedlichen Weltanschauungen Ausdruck der unterschiedlichen Klasse und damit der Klassengegensätze sind.

Yogosh hat folgendes geschrieben:
Edit: das 'fürchte' ist nicht bloß eine rhetorische Formulierung. Das genau ist der Grund warum ich hoffe dass Kommunismus und Totalitarismus nie wieder kommen.


Deine Furcht ist Produkt des reaktionären Charakters der Klassenherrschaft der Bourgeosie und wird mit der Beendigung der Klassenherrschaft enden, denn durch das Verwirklichen der Ziele des Proletariats, d.h. die Aufhebung der Klassen, wird die gesamte Menschheit von diesen befreit und die darauf begründete Ausbeutung und Entfremdung beendet.
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Surata
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Beitrag(#1298474) Verfasst am: 01.06.2009, 12:34    Titel: Re: beim nächsten Mal wird alles anders? Antworten mit Zitat

Sharif hat folgendes geschrieben:


Deine Furcht ist Produkt des reaktionären Charakters der Klassenherrschaft der Bourgeosie und wird mit der Beendigung der Klassenherrschaft enden, denn durch das Verwirklichen der Ziele des Proletariats, d.h. die Aufhebung der Klassen, wird die gesamte Menschheit von diesen befreit und die darauf begründete Ausbeutung und Entfremdung beendet.


Das hat aber echt religiösen Charakter.




Edit: Ne Frage. Proletariat bedeutet die Gruppe von Menschen, die nicht von irgendeiner Art Kapitalerträgen leben oder davon profitieren, oder?
Bezieht sich das nur auf direkte Erträge/Profite oder auch auf indirekte?
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vrolijke
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Beitrag(#1298480) Verfasst am: 01.06.2009, 12:52    Titel: Re: beim nächsten Mal wird alles anders? Antworten mit Zitat

Surata hat folgendes geschrieben:
Sharif hat folgendes geschrieben:


Deine Furcht ist Produkt des reaktionären Charakters der Klassenherrschaft der Bourgeosie und wird mit der Beendigung der Klassenherrschaft enden, denn durch das Verwirklichen der Ziele des Proletariats, d.h. die Aufhebung der Klassen, wird die gesamte Menschheit von diesen befreit und die darauf begründete Ausbeutung und Entfremdung beendet.


Das hat aber echt religiösen Charakter.




Edit: Ne Frage. Proletariat bedeutet die Gruppe von Menschen, die nicht von irgendeiner Art Kapitalerträgen leben oder davon profitieren, oder?
Bezieht sich das nur auf direkte Erträge/Profite oder auch auf indirekte?


Zufällig habe ich heute früh beim Frühstück in der Bibel gelesen. Meiner Frau wollte wissen, was da Pfingsten passiert sein soll. Da habe ich ihr die Pfingstgeschichte vorgelesen. Ein paar Zeilen weiter stehen da nochn paar Grundsätzen der frühe Christen. Sie hatten kein Privatbesitz. Alles wurde der Gemeinschaft zur Verfügung gestellt.
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Roody
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Beitrag(#1298482) Verfasst am: 01.06.2009, 12:53    Titel: Re: beim nächsten Mal wird alles anders? Antworten mit Zitat

Sharif hat folgendes geschrieben:


Deine Furcht ist Produkt des reaktionären Charakters der Klassenherrschaft der Bourgeosie und wird mit der Beendigung der Klassenherrschaft enden, denn durch das Verwirklichen der Ziele des Proletariats, d.h. die Aufhebung der Klassen, wird die gesamte Menschheit von diesen befreit und die darauf begründete Ausbeutung und Entfremdung beendet.


Juhu-da sind se wieder!
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Tarvoc
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Beitrag(#1298487) Verfasst am: 01.06.2009, 13:01    Titel: Antworten mit Zitat

Naja. Die Feststellung, dass bestimmte gesellschaftliche Verhältnisse auch auf die in ihnen auffindbaren Denkweisen Einfluss haben, ist ja erstmal relativ unspektakulär. Man muss halt nur schauen, welche Folgerungen man daraus zieht. Nehmen wir mal an, ich mache folgende Voraussage: Wenn sich die Gesellschaft auf diese oder jene Weise ändert, verändert sich auch das Denken auf eine bestimmte Weise. Nun nehmen wir weiter an, die Gesellschaft verändert sich so, wie ich es vorausgesagt habe, aber das Denken verändert sich irgendwie anders, als ich gedacht habe. Daraus kann man entweder den Schluss ziehen, dass ich eben mit meiner Voraussage Unrecht hatte und meine Theorie überprüfen muss, oder man kann den Schluss ziehen, dass ich das Denken der Menschen mit Gewalt ändern muss, um zu verschleiern, dass ich mit meiner Voraussage Unrecht hatte. Und jetzt kommt es einfach nur darauf an, mit wieviel Wohlwollen wir Sharifs Aussagen lesen. zwinkern
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vrolijke
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Beitrag(#1298492) Verfasst am: 01.06.2009, 13:15    Titel: Antworten mit Zitat

1 Ein Mann aber mit Namen Hananias samt seiner Frau Saphira verkaufte einen Acker, 2 doch er hielt mit Wissen seiner Frau etwas von dem Geld zurück und brachte nur einen Teil und legte ihn den Aposteln zu Füßen. 3 Petrus aber sprach: Hananias, warum hat der Satan dein Herz erfüllt, daß du den heiligen Geist belogen und etwas vom Geld für den Acker zurückbehalten hast? 4 Hättest du den Acker nicht behalten können, als du ihn hattest? Und konntest du nicht auch, als er verkauft war, noch tun, was du wolltest? Warum hast du dir dies in deinem Herzen vorgenommen? Du hast nicht Menschen, sondern Gott belogen. 5 Als Hananias diese Worte hörte, fiel er zu Boden und gab den Geist auf. Und es kam eine große Furcht über alle, die dies hörten. 6 Da standen die jungen Männer auf und deckten ihn zu und trugen ihn hinaus und begruben ihn.
7 Es begab sich nach einer Weile, etwa nach drei Stunden, da kam seine Frau herein und wußte nicht, was geschehen war. 8 Aber Petrus sprach zu ihr: Sag mir, habt ihr den Acker für diesen Preis verkauft? Sie sprach: Ja, für diesen Preis. 9 Petrus aber sprach zu ihr: Warum seid ihr euch denn einig geworden, den Geist des Herrn zu versuchen? Siehe, die Füße derer, die deinen Mann begraben haben, sind vor der Tür und werden auch dich hinaustragen. 10 Und sogleich fiel sie zu Boden, ihm vor die Füße, und gab den Geist auf. Da kamen die jungen Männer und fanden sie tot, trugen sie hinaus und begruben sie neben ihrem Mann.
11 Und es kam eine große Furcht über die ganze Gemeinde und über alle, die das hörten.
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Beitrag(#1298493) Verfasst am: 01.06.2009, 13:18    Titel: Antworten mit Zitat

Ich bin immer wieder überrascht mit welcher behauptenden Kraft die Zukunft in der klassenlosen Gesellschaft in den schönsten Farben gemalt wird und gleichzeitig das Risiko eben nicht vorhersehbarer Konsequenzen einer Revolution in Kauf genommen wird.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Die erste Form zielt also auf den Umbau der Klassengesellschaft nach Maßgabe irgendeiner Elite oder Avantgarde von Planern, die zweite Form hingegen zielt auf gar nichts Bestimmtes außer auf sich selbst bzw. auf ihren eigenen Vollzug.


Und wenn es soweit ist: Was dann?
Diskurse führen bis selbst Habermas der Kragen platzt, wählen bis die Stimmzettel ausgehen, Gruppensex und Ringelpietz mit anfassen?
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Beitrag(#1298502) Verfasst am: 01.06.2009, 13:30    Titel: Antworten mit Zitat

pewe hat folgendes geschrieben:
Und wenn es soweit ist: Was dann?

Ich dachte nicht, dass ich mich irgendwie unklar ausgedrückt hätte. zwinkern
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Beitrag(#1298529) Verfasst am: 01.06.2009, 14:26    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Und jetzt kommt es einfach nur darauf an, mit wieviel Wohlwollen wir Sharifs Aussagen lesen. zwinkern


Mit dem Erreichen des Kommunismus stellt sich diese Frage nicht mehr. Im Stadium des Sozialismus muss dagegen mit reaktionären Strömungen in einer Form umgegangen werden, so dass kein Rückfall in alte Gesellschaftsformationen vonstattengehen kann. Die Form hängt selbstverständlich von den Bedingungen ab, die vorherrschen. In einfachsten Fällen genügt es bereits, die private Aneignung von Produktionsmitteln zu unterbinden. Inwieweit sie aber den bürgerlichen Schutzmaßnahmen, gemeint sind Verfassungsschutz, Folter, Präventivkriege etc., entsprechen werden, kann schwerlich provezeit werden.

vrolijke hat folgendes geschrieben:
Scheinbar kann sich dieses Prinzip nicht so recht durchsetzen. Merkwürdig. Am Kopf kratzen


Überhaupt nicht merkwürdig. Das damalige Christentum war eine Notwendigkeit für den Erhalt des Sklavenhalterstaates Rom, weshalb es auf revolutionäre Art selbstverständlich auch progressive Elemente aufwies. Ähnlichkeiten fallen auch in der bürgerlichen Revolution in Frankreich, d.h. die französische Revolution, auf. Die damaligen Aufklärer legitimierten die bürgerliche Revolution mit ihren Theorie, die durchsetzt von materialistischen und atheistischen Vorstellungen waren. Nach dem Überwinden der feudalen Gesellschaft wendete sich die bürgerliche Klasse vom Materialismus zum Idealismus hin, womit jeglicher progressive Charakter erlosch. Ähnlich erging es den progressiven Vorstellungen des frühen Christentum, nachdem es zur Staatsreligion erhoben worden ist.

Um Missverständnisse auszuschließen, die Aufklärer lösten nicht die Revolution aus, sondern waren Produkt der bevorstehenden Umwälzung. Ähnlich wie mit dem Christentum.

Surata hat folgendes geschrieben:
Das hat aber echt religiösen Charakter.


Selbstverständlich muss es dir religiös erscheinen, sonst würdest du die darauffolgende Frage nicht stellen.

Surata hat folgendes geschrieben:
Edit: Ne Frage. Proletariat bedeutet die Gruppe von Menschen, die nicht von irgendeiner Art Kapitalerträgen leben oder davon profitieren, oder?
Bezieht sich das nur auf direkte Erträge/Profite oder auch auf indirekte?


Der Kapitalertrag ist Spielball der bürgerlichen Ökonomie. Proletarier kennzeichnen sich dadurch aus, dass sie für ihren Lebensunterhalt arbeiten müssen.

Ein interessanter Punkt ist die deutsche Mentalität, denjenigen, der die Arbeit gibt, Arbeitnehmer zu nehmen, und denjenigen, der die Arbeit nimmt, Arbeitgeber zu nennen. Das Proletariat möchte ja beschäftigt werden, da es ansonsten nichts zu tun hat. (vgl. K. Marx/F. Engels, Werke, Band 23, "Das Kapital", S. 34, Dietz Verlag, Berlin 1968)


Zuletzt bearbeitet von Gustav Aermel am 01.06.2009, 14:34, insgesamt einmal bearbeitet
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