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caballito zänkisches Monsterpony
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary
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(#389189) Verfasst am: 22.12.2005, 19:48 Titel: |
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Tante_Jolesch hat folgendes geschrieben: | caballito hat folgendes geschrieben: | Komodo hat folgendes geschrieben: | caballito hat folgendes geschrieben: | Na, um mal ein paar Beispiel zu nennen: Die EU, Kanada, Australien und Neuseeland. Ist bei weitem keine vollständige Aufzählung. | Aja. Und wie genau sieht diese Herrschaft aus? Militärisch ist die ja nun offensichtlich nicht. |
Wie sie funktioniert, ist sicher eine interessante Frage. Fakt ist jedenafalls. dass sie es tut. Oder wie anders würdest du es bezeichnen, wenn einer pfeift, und die andern tanzen? |
Du meinst so wie Frankreich und Deutschland Seit an Seit mit ihren imperialen US-Befehlshabern in den Irak einmaschiert sind?  |
Es hat ja nun auch einigen Ärger gegeben deswegen
Und wir wissen doch auch, dass wir trotzdem mit drinhängen.
Mal abgesehen davon: Was meinst du, wieso ich von Imperium im Stadium des Niedergangs schrieb?
_________________ Die Gedanken sind frei.
Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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Jolesch Freund des kleineren Übels
Anmeldungsdatum: 11.07.2004 Beiträge: 7390
Wohnort: Omicron Persei VIII
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(#389196) Verfasst am: 22.12.2005, 19:51 Titel: |
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Ist ein Imperium dem die Vasallen nicht gehorchen überhaupt ein Imperium ?
_________________ Storm by Tim Minchin
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caballito zänkisches Monsterpony
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary
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(#389197) Verfasst am: 22.12.2005, 19:55 Titel: |
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Tante_Jolesch hat folgendes geschrieben: |
PS: Nach einigen hier gängigen Definitionen ist auch die EU ein Imperium, ebenso Russland und China (nur Lichtenstein ist keines (oder zumindest ein nur ein sehr kleines))  |
Russland und China sind geradezu klassische Imperien. Und die EU ist zweifellos ein Wirtschaftsimperium. Allerdings gehört zu einem Imperium mehr als wirtschaftliche Dominanz. Zu einem Imperium gehört z.B., dass die Vasallen ihre Passgesetze ändern, um den neuen Richtlinien der Zentralmacht zu gefallen. Oder die Währung der Zentralmacht als Leitwährung zu akzeptieren, obwohl deren Realwert das gar nicht rechtfertigt. Oder, die Mebschenrechte, die man angeblich verteidigt, selber nicht zu beachten, und damit durchzukommen, dass internationale Gerichte, an deren Errichtung man maßgeblich beteiligt ist, für einen selber nicht zuständig sind.
_________________ Die Gedanken sind frei.
Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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caballito zänkisches Monsterpony
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary
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(#389199) Verfasst am: 22.12.2005, 19:57 Titel: |
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Tante_Jolesch hat folgendes geschrieben: | Ist ein Imperium dem die Vasallen nicht gehorchen überhaupt ein Imperium ?  |
Wenn sie ihm nicht mehr gehorchen, hat es aufgehört, eins zu sein.
Wenn sie aber nur ab und an den Aufstand proben, und dann brav zurückkehren wie der verlorene Sohn ...
_________________ Die Gedanken sind frei.
Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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Komodo Maggots!
Anmeldungsdatum: 27.05.2005 Beiträge: 4588
Wohnort: 2Fort
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(#389207) Verfasst am: 22.12.2005, 20:15 Titel: |
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caballito hat folgendes geschrieben: | Es hat ja nun auch einigen Ärger gegeben deswegen  | Welchen Ärger? Die politische Freundschaft auf Eis?
caballito hat folgendes geschrieben: | Wenn sie aber nur ab und an den Aufstand proben, und dann brav zurückkehren wie der verlorene Sohn ... | War das denn der Fall?
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caballito zänkisches Monsterpony
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary
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(#389219) Verfasst am: 22.12.2005, 20:29 Titel: |
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Komodo hat folgendes geschrieben: | caballito hat folgendes geschrieben: | Es hat ja nun auch einigen Ärger gegeben deswegen  | Welchen Ärger? Die politische Freundschaft auf Eis? |
Es fielen recht markige Worte.
Komodo hat folgendes geschrieben: | caballito hat folgendes geschrieben: | Wenn sie aber nur ab und an den Aufstand proben, und dann brav zurückkehren wie der verlorene Sohn ... | War das denn der Fall? |
Er war zumindest auffallend, wie sehr sich manche anschließend ins Zeug geklegt haben, die Amis von der unerschütterlichen Freundschaft usw. zu überzeugen.
Und wenn ein deutscher Verteidigungsminister das gute Klima lobt, wenn er angeraunzt wird, wann Deutschland denn endlich (!) den Verteidigungsetat erhöht ...
_________________ Die Gedanken sind frei.
Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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Komodo Maggots!
Anmeldungsdatum: 27.05.2005 Beiträge: 4588
Wohnort: 2Fort
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(#389307) Verfasst am: 22.12.2005, 21:58 Titel: |
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caballito hat folgendes geschrieben: | Es fielen recht markige Worte. | Was für ein Ärger.
Naja, Arschkriecher halt.
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Cato Der Freund der Bösen
Anmeldungsdatum: 13.08.2005 Beiträge: 970
Wohnort: Wolkenkuckucksheim
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(#389482) Verfasst am: 23.12.2005, 14:20 Titel: |
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Da jeden Imperium verschieden ist, sind auch die Ursachen immer andere – die Staatsform ist hier entscheidend – die römische Republik war unbesiegbar und bezwang allein selbst ein militärisches Genie wie Hannibal, erholte sich von furchtbaren Niederlagen, wie der Plünderung und Zerstörung der Stadt durch die Kelten und immer stieg Roms Macht weiter an, weil der Staat aus ehemaligen den Feinden und Konkurrenten in Italien ein machtvolles Bündnissystem schmiedete. Ohne diese neuen Verbündeten besonders auszunutzen oder sind in deren innere Angelegenheiten einzumischen. Die der Republik nachfolgende Militärmonarchie gewann zwar noch riesige Territorien, konnte aber keinen einzigen ihrer zahlreichen Feinde dauerhaft schlagen – weder die Donau noch die Rheingrenze wurden dauerhaft gesichert; im Osten ergab sich gegen Parther bzw. das neupersische Reich ein gänzlich ähnliches Bild – hinzu kommt noch das sich der römische Staat in ständiger Verwesung befand. Gaben sich die besseren unter den Kaisern während des Prinzipats – bis 192 – zumindest noch in den Traditionen der Republik, so lebten die schlechtern ihre autokratische Selbstherrlichkeit ungehemmt aus; ein Vorwurf ist ihnen dafür nicht zu machen: Die Existenzgrundlagen der römischen Republik waren erschöpft; das römische Volk, als geordnete Bürgerschaft, hatte schon vor dem endgültigen Fall der Republik aufgehört zu existieren. Nachdem Prinzipat begann die Zeit der Soldatenkaiser und damit die Herrschaft der marodierenden Soldateska, Niederlage reihte sich an Niederlage und das Imperium musste seine Soldaten im Feindesland rekrutieren oder gar ganze feindliche Völker anwerben, während im Inneren sich Niedergangsreligionen, wie das Christentum ungehemmt ausbreiten konnten. Mit Diocletian ist der Niedergang Roms vollendet: Der Staat - in dem selbst der König von alters her nur der oberste Gemeindeverwalter gewesen war, der weder die Gesetze ändern konnte noch einen Verurteilten begnadigen konnte und in dem die eigentliche Legislative immer schon die Volksversammlung war – wurde nun zur Gottgewollten Autokratie, indem der Herrscher selbst göttlich ist, ein zweites Persien. Konstantin ist nur eine weitere Folgerichtigkeit dieses Prozesses, wie die Zerstörung des Reiches durch die Barbaren aus dem Norden. Hätten diese nicht nur mit dem Imperium Romanum, sondern auch mit dessen neuer widernatürlichen Staatsreligion, ein Ende gemacht, müsste man ihre Tat Mitleid heißen.
Indes hilft es wenig auf ein Ende der hegemonial Stellung der USA zu spekulieren – Russland steht unendlich schlechter dar, auch den kapitalistischen Erben Gorbatschows ist es nicht gelungen den Verfall des russischen Staates zu beenden, der seit Stalin und dem verlustreichen Krieg gegen die Nazihorden an dem einstmals großen Staat nagt.
Die Behauptungen Amerika hänge mehr von der Welt ab als die Welt von den USA, wirkt doch Recht grotesk, wirtschaftlich und von den Ressourcen vielleicht. Aber militärisch und politisch? Südostasien klammert sich ängstlich an sie USA aus Furcht vor dem aufsteigenden Drachen China. Allerdings steht es noch in den Sternen, ob es China gelingt jemals den USA das Wasser zu reichen, der rasante Aufschwung hat soziale und ökologische Verwerfungen in Gang gesetzt, welche der Herrschaft der KP ein jähes Ende bereiten und das Land ins Chaos stürzen könnte. Hinzukommt die kontinuierlich ansteigende Ausbreitung christlicher Strömungen, welche die Ausrichtung Chinas grundsätzlich ändern könnten.
So gesehen ist Amerikas Vorherrschaft nur dann gefährdet, sollte es sich mit seinen (europäischen) Verbündeten zerstreiten. Allerdings bedarf die amerikanische Demokratie zahlreicher Reformen und das Land muss sich den theokratischen Strömungen im Inneren entgegenstellen – so gesehen sind Amerikas grundlegende Probleme zuhause zu lösen, wie immer, dann niemand wird durch Eroberungen zur Großmacht, man muss es schon sein, damit man überhaupt seinen Einfluss geltend machen kann oder militärisch erfolgreich agieren kann…
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#389653) Verfasst am: 23.12.2005, 22:23 Titel: |
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Sicherlich ist jedes Land verschieden, die Behauptung hier ist jedoch, dass es grundsätzliche Mechanismen und Muster gibt, die sich regelmäßig wiederholen.
Nach Auffassung einiger Denkrichtungen ist genau das Sinn und Zweck der Geschichtsforschung.
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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Cato Der Freund der Bösen
Anmeldungsdatum: 13.08.2005 Beiträge: 970
Wohnort: Wolkenkuckucksheim
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(#389744) Verfasst am: 24.12.2005, 01:27 Titel: |
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Sicher, aber Äpfel mit Birnen zu vergleichen macht nun wirklich keinen Sinn. Oder könnte man sinnvoll den attischen Seebund mit dem osmanischen Reich vergleichen? Zwar kann man das Märchen vom Untergang durch Überdehnung der Kräfte erzählen, aber am Kern der Sache geht das oftmals schlichtweg vorbei, wie jede zwanghafte Verallgemeinerung.
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#389831) Verfasst am: 24.12.2005, 14:09 Titel: |
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Cato hat folgendes geschrieben: | Sicher, aber Äpfel mit Birnen zu vergleichen macht nun wirklich keinen Sinn. |
Doch, wenn wir allgemeine Aussagen über Kernobst treffen wollen, dann schon.
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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Cato Der Freund der Bösen
Anmeldungsdatum: 13.08.2005 Beiträge: 970
Wohnort: Wolkenkuckucksheim
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(#389931) Verfasst am: 24.12.2005, 17:55 Titel: |
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Also gut und welche Aussagen gibt es dazu anlässlich der Saturnalien nun zu treffen?
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Critic oberflächlich
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 16375
Wohnort: Arena of Air
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(#390063) Verfasst am: 25.12.2005, 02:16 Titel: |
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Critic hat folgendes geschrieben: | Zu Rom, Athen etc. fiele mir noch ein (wurde doch auch schon hier ausgebreitet):
A. Interne Querelen, Zerfall der Reichseinheit.
[...]
2. Aber zu diesem Zeitpunkt ist das Reich in dem Sinne noch nicht formal "aufgeteilt". Vollends bricht die Reichseinheit auf, als aus strategischen Gründen das Reich auch formal geteilt wird. Wobei insbesondere der Kampf zwischen Westen und Osten zwischen Eugenius und Theodosius am Ende des vierten Jahrhunderts eine Schwächung des Westreiches bedeutet: bei der Schlacht am Frigidus wurde ein Gutteil der Armee des Westreiches ausgelöscht, wodurch auf längere Sicht erst einmal die Verteidigung empfindlich geschwächt wurde. Noch dazu ein Treppenwitz, weil Theodosius gerade eine Wiederherstellung der Reichseinheit gewollt hatte, diese aber nicht realisieren konnte, weil er bald nach seinem Sieg selbst gestorben war, und so das Reich endgültig zerfiel.
[...]
C. Paradigmenwechsel in der Führungskultur (stark mit A verflochten)
In der Spätantike findet auch ein Wandel in der hinter der Verwaltung des Staates stehenden Philosophie statt. Während der Kaiserzeit war es zunächst üblich gewesen, die militärische und politische Gewalt strikt zu trennen. Späterhin (in der Tetrarchie, aber auch später in den byzantinischen Verfassungen des Exarchats und der Thema) wurden beide Gewalten miteinander verquickt.
[...]
E. "Ausdünnung der Führungsebene" (eng mit C und D verflochten)
[...]
Auch die unter C erwähnte Verwaltungsform spielt offenbar da mit hinein. Die Einheit von politischer und militärischer Macht ist dann - im Sinne bestimmter Ziele - effektiv, wenn derjenige a. genügend Kompetenz dazu hat, gleichzeitig aber b. (wie auch wohl Platon argumentiert) er immer das Interesse des Staates im Vordergrund sieht. Andererseits hat die Kombination der politischen mit der militärischen Macht ja auch gewaltige Niederlagen beschert: die römische Niederlage bei Cannae ist wohl auch mit der Fehleinschätzung des Konsuln zuzuschreiben, der an dem Tag gerade (die beiden Konsuln wechselten sich damit täglich ab) den Oberbefehl hatte, und eine wichtige Ursache für den Untergang der Nazis ist, daß der böhmische Gefreite sich für einen großen Strategen gehalten hat. |
Zu diesen Tatbeständen kann man noch weitere Ergänzungen geben. Bei Adrianopel hatte 378 das oströmische Reich ebenfalls eine vernichtende Niederlage einstecken müssen, mehr als die Hälfte seiner Armee war auf dem Schlachtfeld umgekommen. Valens' Nachfolger Theodosius konnte allerdings die Gunst der Stunde nutzen, um unbelastet von den alten Strukturen eine neue militärische Organisation zu errichten. Diese fußte unter anderem auf der starken Einbeziehung von Vasallenstämmen, etwa der Goten auf dem Balkan oder der Bevölkerung in Kleinasien, die allenfalls "teilromanisiert" waren und ggf. nicht dazu gebracht werden konnten, dem Kaiser die Treue zu schwören. Von daher blieb eigentlich auch gar nichts übrig, als diese Form zu gründen, in der ein lokaler Führer sowohl für die politische als auch für die militärische Organisation zuständig ist. So konnte schnell Masse aufgebaut werden, allerdings mit dem Nachteil geteilter Loyalität und einem - auch damit verbundenen - Effizienzverlust. Die Effizienz einer Organisation leidet weiterhin dadurch, daß einem Feldherrn niemals so viele zu ihm loyale Soldaten unterstellt werden konnten, daß er dem Reich hätte gefährlich werden können, hätte er konkrete Pläne für einen Umsturz gehabt, das aber in der Schlacht ein Nachteil ist, weil man dann eben nicht weiß, ob seine Untergebenen wirklich für ihn ihr Leben riskieren werden.
Andererseits hatte das oströmische Reich aber den Zeitvorteil, daß seine Reorganisation zum selben Zeitpunkt so weitgehend abgeschlossen und seine militärische Sicherheit im großen und ganzen gewährleistet war, als das weströmische Reich kaum mehr zu verteidigen war. Weiterhin gab es die politische Möglichkeit, Druck von seiten germanischer Völker an byzantinischen Grenzen dadurch abzuwenden, daß es ihren Blick auf eben dieses weströmische Reich richtete.
_________________ "Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"
Dann bin ich halt bekloppt.
"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#390157) Verfasst am: 25.12.2005, 15:53 Titel: |
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Cato hat folgendes geschrieben: | Also gut und welche Aussagen gibt es dazu anlässlich der Saturnalien nun zu treffen?  |
Das gedenken wir herausfinden.
Überdehnung aber, soviel zu ist klar, ist viel zu monokausal gedacht.
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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Cato Der Freund der Bösen
Anmeldungsdatum: 13.08.2005 Beiträge: 970
Wohnort: Wolkenkuckucksheim
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(#390275) Verfasst am: 25.12.2005, 22:31 Titel: |
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Critic hat folgendes geschrieben: | Zu diesen Tatbeständen kann man noch weitere Ergänzungen geben. Bei Adrianopel hatte 378 das oströmische Reich ebenfalls eine vernichtende Niederlage einstecken müssen, mehr als die Hälfte seiner Armee war auf dem Schlachtfeld umgekommen. Valens' Nachfolger Theodosius konnte allerdings die Gunst der Stunde nutzen, um unbelastet von den alten Strukturen eine neue militärische Organisation zu errichten. Diese fußte unter anderem auf der starken Einbeziehung von Vasallenstämmen, etwa der Goten auf dem Balkan oder der Bevölkerung in Kleinasien, die allenfalls "teilromanisiert" waren und ggf. nicht dazu gebracht werden konnten, dem Kaiser die Treue zu schwören. Von daher blieb eigentlich auch gar nichts übrig, als diese Form zu gründen, in der ein lokaler Führer sowohl für die politische als auch für die militärische Organisation zuständig ist. So konnte schnell Masse aufgebaut werden, allerdings mit dem Nachteil geteilter Loyalität und einem - auch damit verbundenen - Effizienzverlust. Die Effizienz einer Organisation leidet weiterhin dadurch, daß einem Feldherrn niemals so viele zu ihm loyale Soldaten unterstellt werden konnten, daß er dem Reich hätte gefährlich werden können, hätte er konkrete Pläne für einen Umsturz gehabt, das aber in der Schlacht ein Nachteil ist, weil man dann eben nicht weiß, ob seine Untergebenen wirklich für ihn ihr Leben riskieren werden.
Andererseits hatte das oströmische Reich aber den Zeitvorteil, daß seine Reorganisation zum selben Zeitpunkt so weitgehend abgeschlossen und seine militärische Sicherheit im großen und ganzen gewährleistet war, als das weströmische Reich kaum mehr zu verteidigen war. Weiterhin gab es die politische Möglichkeit, Druck von seiten germanischer Völker an byzantinischen Grenzen dadurch abzuwenden, daß es ihren Blick auf eben dieses weströmische Reich richtete. |
Nett, nur vergisst man hier, dass das byzantinische Reich sich fast 1000 Jahre nur im Niedergang befand, es hat kein eigenes Leben und seine Existenz erschöpfte sich in der allmählichen Verwesung des römischen und altgriechischen Erbes – mit Ausnahme von Justinian und einigen späteren erfolglosen Reformversuchen. Ich zähle es daher lediglich zu Roms langem Niedergang.
_________________ Im Übrigen bin ich dafür, dass der Monotheismus zerstört werden muss.
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DeHerg nun schon länger Ranglos
Anmeldungsdatum: 28.04.2007 Beiträge: 6525
Wohnort: Rostock
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(#1330038) Verfasst am: 17.07.2009, 14:02 Titel: |
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caballito hat folgendes geschrieben: | Tante_Jolesch hat folgendes geschrieben: |
PS: Nach einigen hier gängigen Definitionen ist auch die EU ein Imperium, ebenso Russland und China (nur Lichtenstein ist keines (oder zumindest ein nur ein sehr kleines))  |
Russland und China sind geradezu klassische Imperien. Und die EU ist zweifellos ein Wirtschaftsimperium. | naja Russland kann noch als Restimperium durchgehen(aufgrund seines Einflusses in Zentralasien und Weißrussland), inwieweit China ein Imperium sein soll erschließt sich mir nun nicht, und wo ist denn bei der EU das Kernland und die Provinzen zu verorten?
_________________ Haare spalten ist was für Grobmotoriker
"Leistung muss sich wieder lohnen"<--purer Sozialismus
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AXO nach unbekannt auf unbestimmte Zeit verzogen
Anmeldungsdatum: 05.02.2007 Beiträge: 10129
Wohnort: Thüringen
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(#1330074) Verfasst am: 17.07.2009, 15:13 Titel: |
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DeHerg hat folgendes geschrieben: | , und wo ist denn bei der EU das Kernland und die Provinzen zu verorten? |
ursprüngliche EU und Ostprovinzen
_________________ Augen auf dann kann nichts passieren
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#1330077) Verfasst am: 17.07.2009, 15:25 Titel: |
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DeHerg hat folgendes geschrieben: | caballito hat folgendes geschrieben: | Tante_Jolesch hat folgendes geschrieben: |
PS: Nach einigen hier gängigen Definitionen ist auch die EU ein Imperium, ebenso Russland und China (nur Lichtenstein ist keines (oder zumindest ein nur ein sehr kleines))  |
Russland und China sind geradezu klassische Imperien. Und die EU ist zweifellos ein Wirtschaftsimperium. | naja Russland kann noch als Restimperium durchgehen(aufgrund seines Einflusses in Zentralasien und Weißrussland), inwieweit China ein Imperium sein soll erschließt sich mir nun nicht, und wo ist denn bei der EU das Kernland und die Provinzen zu verorten? | Hast du die Diskussion um das "Europa der zwei Geschwindigkeiten" (Kerneuropa/EWG gegen spätere Beitrittler) verpasst?
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
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(#1330086) Verfasst am: 17.07.2009, 15:42 Titel: |
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Cato hat folgendes geschrieben: | Nett, nur vergisst man hier, dass das byzantinische Reich sich fast 1000 Jahre nur im Niedergang befand, es hat kein eigenes Leben und seine Existenz erschöpfte sich in der allmählichen Verwesung des römischen und altgriechischen Erbes – mit Ausnahme von Justinian und einigen späteren erfolglosen Reformversuchen. Ich zähle es daher lediglich zu Roms langem Niedergang. |
Nein, das geht nun nicht. Du kannst nicht tausend Jahre Nedergang postulieren. Dann kommen noch 200 jahre des Gesamtreiches dazu, so daß du auf 1200 Jahre Niedergang eines Reiches kommst, daß knapp 2000 Jahre existiert hat.
_________________ "Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."
Friedrich Nietzsche
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DeHerg nun schon länger Ranglos
Anmeldungsdatum: 28.04.2007 Beiträge: 6525
Wohnort: Rostock
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(#1330104) Verfasst am: 17.07.2009, 16:16 Titel: |
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Shadaik hat folgendes geschrieben: | DeHerg hat folgendes geschrieben: | caballito hat folgendes geschrieben: | Tante_Jolesch hat folgendes geschrieben: |
PS: Nach einigen hier gängigen Definitionen ist auch die EU ein Imperium, ebenso Russland und China (nur Lichtenstein ist keines (oder zumindest ein nur ein sehr kleines))  |
Russland und China sind geradezu klassische Imperien. Und die EU ist zweifellos ein Wirtschaftsimperium. | naja Russland kann noch als Restimperium durchgehen(aufgrund seines Einflusses in Zentralasien und Weißrussland), inwieweit China ein Imperium sein soll erschließt sich mir nun nicht, und wo ist denn bei der EU das Kernland und die Provinzen zu verorten? | Hast du die Diskussion um das "Europa der zwei Geschwindigkeiten" (Kerneuropa/EWG gegen spätere Beitrittler) verpasst? | mir scheint ja(zumindest habe ich gerade keine Erinnerung daran). Wurde dieses "Europa der zwei Geschwindigkeiten" denn umgesetzt? Und bedeutet das("EdzG") das der langsamere Part von dem schnelleren bestimmt/abhängig/unterdrückt ist/wird?
_________________ Haare spalten ist was für Grobmotoriker
"Leistung muss sich wieder lohnen"<--purer Sozialismus
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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
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(#1330115) Verfasst am: 17.07.2009, 16:46 Titel: |
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DeHerg hat folgendes geschrieben: | Shadaik hat folgendes geschrieben: | Hast du die Diskussion um das "Europa der zwei Geschwindigkeiten" (Kerneuropa/EWG gegen spätere Beitrittler) verpasst? | mir scheint ja(zumindest habe ich gerade keine Erinnerung daran). Wurde dieses "Europa der zwei Geschwindigkeiten" denn umgesetzt? Und bedeutet das("EdzG") das der langsamere Part von dem schnelleren bestimmt/abhängig/unterdrückt ist/wird? |
Das ist kein wirkliches Programm, sondern eher ein Schlagwort was alle Nase lang mal wieder hochkommt. Meines Wissens sind die einzigen Integrationsprogramme von Bedeutung die nur in Teilen der EU umgesetzt wurden das Schengen Abkommen und der Euro.
Bestimmt/abhängig/unterdrückt wird bei diesen zwei Geschwindigkeiten wenn überhaupt wohl eher andersherum als das in Imperien traditionell der Fall ist. Nämlich der Kern von der Peripherie, wenn Vetos eingelegt werden.
Die EU als Imperium zu bezeichnen um sie in die Nähe des alten Rom oder der Sowjetunion zu rücken ist mal wieder so eine Verbalphantasie mit Privatsprache. Als politische Analyse ist das imho ziemlich albern. Der Begriff passt auf die EU nur wenn man ihn so sehr aufweicht dass er eigentlich gar nichts mehr aussagt.
_________________ "If the King's English was good enough for Jesus Christ, it's good enough for the children of Texas!" - Miriam Amanda "Ma" Ferguson, Governor of Texas, als Begründung gegen Spanischunterricht
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Critic oberflächlich
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 16375
Wohnort: Arena of Air
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(#1330507) Verfasst am: 18.07.2009, 01:04 Titel: |
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Imperien haben sich manchmal wohl einfach "verheizt". Das wäre zum einen eine "Dekadenztheorie", zum anderen aber ein "Ausbluten". Wenngleich der äußere Schein noch da war, war das Innere so geschwächt, daß es einem äußeren Angriff nicht viel entgegensetzen konnte.
Beispiele für die "Dekadenzthese": Das Reich der Achämeniden. Das persische Reich konnte zwar den Griechen und Makedoniern riesengroße Armeen entgegenwerfen. Gut, die wurden allesamt aus dem Feld geschlagen, aber ein Reich, das über 200 Jahre Bestand gehabt hatte, wäre nicht innerhalb weniger Jahre unterworfen worden, wenn seine Teile loyal zum Reich gewesen wären und nicht eigene Interessen verfolgt hätten. Tatsächlich wurde der letzte "Großkönig" Dareios III. von einem seiner eigenen Statthalter umgebracht.
Wenn man etwa dem Bild folgt, das Charles Oman vermittelte, hatte das byzantinische Reich im frühen und bis ins hohe Mittelalter hinein eigentlich das beste Heer Europas, wurde allerdings durch die Türken bedroht. Im Osten Kleinasiens kam es schließlich zur Schlacht, die aber aus verschiedenen Gründen verlorenging: Die Armee war zum Teil undiszipliniert, agierte nicht geschlossen. Söldner liefen zum Feind über oder zogen sich aus der Schlacht zurück, ohne zu kämpfen. Die griechischen Heerführer verfolgten jeweils eigene Interessen, für die zum Teil eine Niederlage nicht so schlecht war. Die Folge war, daß mit Kleinasien ein "Kernland" und auch eine wichtige Quelle für "Menschenmaterial" verloren war. Aus kurzsichtigen Erwägungen (Lebenszeit eines Menschen im Vergleich zur Gesamtexistenz) wurde also die Überlebensfähigkeit des Staates beschädigt. In Byzanz hatte es die Strategie gegeben, daß man seine Nachbarn wirtschaftlich einband und damit langfristig auch die Kontrolle über sie gewinnen wollte. Diese Strategie funktionierte aber mit den Türken auf lange Sicht nicht mehr, wodurch auch ökonomisch der Niedergang eingeleitet war.
Beispiele zur "Ausblutungsthese": Manchmal paßt Geschichte doch in eine Nußschale: Da berichtete ein Ostfriese von der Historie, daß zwei feindliche ostfriesische Clans sich im Kampf um die Macht im ganzen Land bekämpften und dann schließlich beide von einem dritten geschluckt wurden. Das ist in der Geschichte einige Male in größerem Maßstab passiert. Wenn man so will, waren das buchstäblich "Weltkriege", weil sie die ganze Welt betrafen, die die damaligen Menschen jeweils als relevant ansahen. Man kann das auch getrost als "Pyrrhussiege" ausdeuten:
So haben sich in der klassischen Antike Athen und Sparta gegenseitig bekämpft, ging Sparta aus dem Peloponnesischen Krieg zwar als Siegerin hervor, war aber darüber selbst so geschwächt, daß es seinerseits von Theben kassiert wurde. Und in gleicher Weise geriet Griechenland noch etwas später unter die Vorherrschaft von Makedonien.
Am Ende der Antike bekriegten sich fast ständig das byzantinische und das Reich der Sassaniden. Die Griechen haben die Perser noch einmal besiegt, und ein paar Jahre drauf werden sowohl das persische Reich als auch das byzantinische Reich von den Arabern angegriffen. Persien wird schließlich von ihnen erobert, das byzantische Reich besteht zwar weiter, aber ist ein halbierter "Rumpfstaat".
Vielleicht läßt sich das auch auf die Gegenwart übertragen: Die Sowjetunion ging schließlich u.a. aufgrund dessen unter, daß ihre Ökonomie die Kosten des Wettrüstens nicht mehr tragen konnte. Die USA und ihre Verbündeten haben den "kalten Krieg" gewonnen. Und zwei Jahrzehnte später gibt es eine globale Wirtschaftskrise. Und erst die nächsten Jahre werden womöglich zeigen, ob es deren Wirtschaftssystem gelingt, angesichts dessen zu bestehen, oder ob nicht neue (oder, wie man es nimmt, alte) Akteure sie überflügeln.
_________________ "Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"
Dann bin ich halt bekloppt.
"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
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Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
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(#1330560) Verfasst am: 18.07.2009, 10:14 Titel: |
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Interessante Zusammenstellung. Eine solche Tour d'Horizon setzt eine Menge Wissen voraus, und einiges an Wissen über Zusammenhänge.
_________________ "Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."
Friedrich Nietzsche
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Roter Ballon Lifted
Anmeldungsdatum: 22.12.2006 Beiträge: 2631
Wohnort: München
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(#1330576) Verfasst am: 18.07.2009, 11:22 Titel: |
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Insgesamt ja,
nach welchen Kriterien wird zusammengeschoben und wie wird gewichtet, in der Dekadenz und Ausblutungsthese?
ich denk da bspw. an:
- Imperien als Wirtschaftsräume
- Armeefähigkeiten
- dynastische Kontingenz
- Kulturelle Assimilation
- Rechts und Verwaltungssysteme
- technischer Vorsprung ... äh also das Gegenteil
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ertrage die Clowns!
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#1330604) Verfasst am: 18.07.2009, 12:48 Titel: |
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DeHerg hat folgendes geschrieben: | Shadaik hat folgendes geschrieben: | DeHerg hat folgendes geschrieben: | caballito hat folgendes geschrieben: | Tante_Jolesch hat folgendes geschrieben: |
PS: Nach einigen hier gängigen Definitionen ist auch die EU ein Imperium, ebenso Russland und China (nur Lichtenstein ist keines (oder zumindest ein nur ein sehr kleines))  |
Russland und China sind geradezu klassische Imperien. Und die EU ist zweifellos ein Wirtschaftsimperium. | naja Russland kann noch als Restimperium durchgehen(aufgrund seines Einflusses in Zentralasien und Weißrussland), inwieweit China ein Imperium sein soll erschließt sich mir nun nicht, und wo ist denn bei der EU das Kernland und die Provinzen zu verorten? | Hast du die Diskussion um das "Europa der zwei Geschwindigkeiten" (Kerneuropa/EWG gegen spätere Beitrittler) verpasst? | mir scheint ja(zumindest habe ich gerade keine Erinnerung daran). Wurde dieses "Europa der zwei Geschwindigkeiten" denn umgesetzt? Und bedeutet das("EdzG") das der langsamere Part von dem schnelleren bestimmt/abhängig/unterdrückt ist/wird? | Die Idee dabei ist, dass eine Gruppe von Kernstaaten (üblicherweise die alte EWG plus Großbritannien) den Weg geht, den ihrer Meinung nach die EU gehen sollte, in der Hoffnung, dass die Peripherie mitzieht oder die EU insgesamt das jeweils angestrebte Konzept als grundsatz übernimmt.
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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Critic oberflächlich
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 16375
Wohnort: Arena of Air
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(#1330993) Verfasst am: 19.07.2009, 00:53 Titel: |
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Robbe Piere hat folgendes geschrieben: | Insgesamt ja,
nach welchen Kriterien wird zusammengeschoben und wie wird gewichtet, in der Dekadenz und Ausblutungsthese?
ich denk da bspw. an:
- Imperien als Wirtschaftsräume
- Armeefähigkeiten
- dynastische Kontingenz
- Kulturelle Assimilation
- Rechts und Verwaltungssysteme
- technischer Vorsprung ... äh also das Gegenteil |
Ja, wenn ich Historiker wäre... Es gibt in der Regel ja etliche Faktoren, die auch in einem komplexen Gefüge stehen, sich mitunter gegenseitig verstärken, aber auch abschwächen können. Etwa so:
1. Naja, Wirtschaftssysteme können ja auch suboptimal werden, wenn die Voraussetzungen, auf denen sie beruhen, nicht mehr gegeben sind. Obwohl zumindest das Prinzip der Dampfmaschine bekannt war, fand im römischen Reich so etwas wie eine "Industrialisierung" - in dem Sinne, daß es Kraftmaschinen, Fabrikanlagen etc. gegeben hätte - nicht statt, weil man meinte, es gebe ja genug Sklaven. Die kamen allerdings aus Raubzügen an der Peripherie, und als die - mangels genügend schwacher Gegner - nicht mehr stattfanden, ging es mit der Wirtschaft bergab.
2. Führungsstreitigkeiten können ebenfalls zum Niedergang von Imperien beitragen. Wieder das Beispiel des römischen Reichs, gab es während der Geschichte immer wieder Phasen, in denen zum Beispiel eine Dynastie erlischt, der eine oder andere Soldatenführer von seinen Männern zum Kaiser ernannt wird, was dann fast unweigerlich dazu führt, daß römische Armeen gegeneinander kämpfen. In der frühen Zeit sind derartige Querelen schnell vorbei, die Zeit der "Soldatenkaiser", in der nur einmal ein Kaiser eines natürlichen Todes stirbt, dauert aber gleich mehrere Generationen. Gegen Ende hin nimmt also die Intensität der Auseinandersetzungen zu. Ein ganz prägnantes Beispiel ist der Versuch des Ostkaisers Theodosius, noch einmal die Teile des Reiches zu vereinen. Unter den üblichen Vorwänden und Propagandalügen ("Usurpator, böser Heidenfreund" -- Eugenius, zwar Christ, wollte im Unterschied zu Theodosius die alten Kulte nicht vernichten) vernichtet man also 394 die Armee des Westreiches. Dadurch sei aber die Abwehrfähigkeit auf Jahre, wenn nicht Jahrzehnte hinaus empfindlich geschwächt worden, was auch die Invasion der Goten in Italien ermöglicht habe. Und 395 wird das Reich bekanntlich für immer geteilt.
3. Was den "technischen Vorsprung" anging, war man in römischer Zeit eben der Meinung, daß man schon in der "Besten aller Welten" lebte, und so kommt die technische Entwicklung langsam zum Erliegen. Womöglich noch, als man sich in "goldenen Zeiten" und auf der "Höhe der Macht" wähnt. Nur, daß mit den Jahrhunderten die Gegner auch dazu lernten. Man kann ja im 4.Jahrhundert nicht erwarten, daß man noch wie zu Zeiten Julius Caesars kämpfte.
[Edit: krude Grammatik, schon spät.]
_________________ "Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"
Dann bin ich halt bekloppt.
"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
Zuletzt bearbeitet von Critic am 19.07.2009, 01:48, insgesamt einmal bearbeitet |
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DeHerg nun schon länger Ranglos
Anmeldungsdatum: 28.04.2007 Beiträge: 6525
Wohnort: Rostock
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(#1331003) Verfasst am: 19.07.2009, 01:46 Titel: |
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Shadaik hat folgendes geschrieben: | DeHerg hat folgendes geschrieben: | Shadaik hat folgendes geschrieben: | DeHerg hat folgendes geschrieben: | caballito hat folgendes geschrieben: | Tante_Jolesch hat folgendes geschrieben: |
PS: Nach einigen hier gängigen Definitionen ist auch die EU ein Imperium, ebenso Russland und China (nur Lichtenstein ist keines (oder zumindest ein nur ein sehr kleines))  |
Russland und China sind geradezu klassische Imperien. Und die EU ist zweifellos ein Wirtschaftsimperium. | naja Russland kann noch als Restimperium durchgehen(aufgrund seines Einflusses in Zentralasien und Weißrussland), inwieweit China ein Imperium sein soll erschließt sich mir nun nicht, und wo ist denn bei der EU das Kernland und die Provinzen zu verorten? | Hast du die Diskussion um das "Europa der zwei Geschwindigkeiten" (Kerneuropa/EWG gegen spätere Beitrittler) verpasst? | mir scheint ja(zumindest habe ich gerade keine Erinnerung daran). Wurde dieses "Europa der zwei Geschwindigkeiten" denn umgesetzt? Und bedeutet das("EdzG") das der langsamere Part von dem schnelleren bestimmt/abhängig/unterdrückt ist/wird? | Die Idee dabei ist, dass eine Gruppe von Kernstaaten (üblicherweise die alte EWG plus Großbritannien) den Weg geht, den ihrer Meinung nach die EU gehen sollte, in der Hoffnung, dass die Peripherie mitzieht oder die EU insgesamt das jeweils angestrebte Konzept als grundsatz übernimmt. | es gibt also in einem Bündnis ein paar Parteien die noch enger zusammen rücken wollen als der Rest, weil sie meinen einige der anderen Parteien würden ein ähnliches zusammenrücken auf der Ebene des gesamten Bündnis verzögern(wenn man sich das Verhalten von GB und Polen so ansieht eine nicht ganz unberechtigte Vermutung(das nun gerade GB bei den schnelleren sein soll halte ich für völlig unrealistisch)), um mit den vorgelebten Vorteilen dieser engeren Zusammenarbeit für die anderen ein Vorbild zu sein(sie zu animieren es ihnen gleich zu tun).
Weder ist da etwas konkretes vorhanden(was den momentanen Status als Imperium ausschließt) noch scheint das angestrebte Konstrukt eine imperiale Struktur zu haben(da keiner dem Anderen Entscheidungen aufzwingen kann).
Als Jolesch die Eu als Imperium bezeichnete dachte ich am ehesten noch das er die Importzölle nach außen mit der gleichzeitigen "Überschwemmung" anderer Märkte mit subventionierten Waren meinte, was mir aber auch mehr als wacklig erschien(will ihn da jetzt keinen Stohmann unterschieben), weswegen ich noch einmal nachfragte.
_________________ Haare spalten ist was für Grobmotoriker
"Leistung muss sich wieder lohnen"<--purer Sozialismus
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#1331038) Verfasst am: 19.07.2009, 09:07 Titel: |
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Ein Imperium kann also nach der Definition, welche du nutzt, nur ein zentralistischer Staat sein?
Siehst du eine Möglichkeit, wie ein demokratisches oder oligarchisches System ein Imperium ausbilden kann oder ist das per definition ausgeschlossen?
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DeHerg nun schon länger Ranglos
Anmeldungsdatum: 28.04.2007 Beiträge: 6525
Wohnort: Rostock
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(#1331046) Verfasst am: 19.07.2009, 09:35 Titel: |
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Shadaik hat folgendes geschrieben: | Ein Imperium kann also nach der Definition, welche du nutzt, nur ein zentralistischer Staat sein? | das Wort stammt vom lateinischen Bergriff für "befehlen"(imperare), die Minimalbedingung ist also das die Souveränität eines Gebietes durch die Befehlsgewalt eines anderen Eingeschschränkt/Aufgehoben ist(die Einschränkung im Fall von Bündnissen zählt dort natürlich nicht hinein da keiner der Parteien eine Befehlsgewalt hat sondern lediglich ein Stimmrecht).
Shadaik hat folgendes geschrieben: | Siehst du eine Möglichkeit, wie ein demokratisches oder oligarchisches System ein Imperium ausbilden kann oder ist das per definition ausgeschlossen? | Das Zentralgebiet kann dabei jedes politische System haben, die angeschlossenen "Provinzen" stehen in einem Imperium per definition unter (teilweiser) Fremdherrschaft(wie dort der nicht frembdbeherrschte Teil der Provinzverwaltung organisiert wird ist auch dabei von der definition eines Imperium nicht festgelegt)
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Telliamed registrierter User
Anmeldungsdatum: 05.03.2007 Beiträge: 5125
Wohnort: Wanderer zwischen den Welten
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(#1331095) Verfasst am: 19.07.2009, 11:19 Titel: |
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Nicht zu unterschätzen sind ethnische Gegensätze innerhalb eines Imperiums. Es kann jahrhundertelang von einer Zentrale aus zusammengehalten worden sein. Fast über Nacht sind aber solche Imperien mit multiethnisch zusammengesetzter Bevölkerung zusammengebrochen.
Das Habsburger Imperium - 1918
Der Gegensatz zwischen den zentralistischen Bestrebungen des österreich-habsburgischen Kaiserhauses und dem ungarischen Königtum der Magnaten führte wiederholt zu Aufständen (1671, 1703-1711 Rakoczi; 1848), doch gab es auch immer wieder Kompromisse, wie der von 1867, der zur Bildung der k. u. k. Monarchie führte. Dieses Gebilde mit den zwei Machtpolen in Wien und Buda funktionierte auch deshalb noch verhältnismäßig lang, weil die ungarische Adels-"natio" wiederum als Unterdrücker anderer Ethnien, wie der Slowaken, Rumänen und Kroaten, auftrat. Dieses "Teile und Herrsche" funktionierte bis 1918, als am Ende des Ersten Weltkrieges und als Bestandteil einer europäischen Revolutionswelle die Kronen herunterpurzelten.
Das Osmanische Reich
Im 18. Jahrhundert wurde das durch Montesquieu populär gewordene Wort vom "Koloß auf tönernen Füßen" auf das Osmanische Reich angewandt, dass viele Völker und Stämme einschloß und von den relativ selbständigen "Barbaresken"-Staatsgebilden um Marokko, Algier und Tunis im Westen bis zum Irak und zur Arabischen Halbinsel im Osten reichte. Katharina II. berichtete 1774 im Briefwechsel mit Voltaire schon triumphierend, dass ihre Truppen fast vor Konstantinopel stünden. Nur die Politik Frankreichs, dessen "Allerchristlicher König" traditionell mit dem "muselmanischen" Sultan gegen die ebenfalls katholischen Habsburger verbündet war, und der christlichen Seefahrermacht England verhinderte weitere Vorstöße Russlands, das immer wieder seinen "orthodoxen Glaubensbrüdern" zu Hilfe kommen wollte. Bis 1918 das Jahrhunderte bestehende Osmanische Reich relativ rasch zusammenbrach und die türkischen Offiziere die Macht im Kerngebiet übernahmen.
Das Sowjetische Imperium 1991
Es ist heute noch atemberaubend, wie in Folge eines mißglückten Staatsstreiches im August 1991 innerhalb kürzester Zeit nach dem Verbot der Kommunistischen Partei der Sowjetunion durch Jelzin das multiethnische Imperium zusammenbrach. Der Schlußstrich wurde - ebenfalls staatsstreichartig -noch 1991 im Wald von Belowesh unter dem Diktat Jelzins als nunmehriger Präsident Russlands mit den Führern der Ukraine und Belorusslands gezogen. Die Führungen der anderen Unionsrepubliken wurden gar nicht erst gefragt. Die Sowjetunion brach innerhalb weniger Tage und zunächst friedlich wie ein Kartenhaus zusammen, was dann doch verblüffte.
Wenn es auch 1991 bei der Loslösung der baltischen Republiken zu Blutvergießen in Riga kam, so konnten diese nicht mehr der 1992 geschaffenen GUS angehörenden Staatsgebilde immerhin an eine selbständige Existenz außerhalb der Sowjetunion 1919 bis 1940 anknüpfen. Die Tschetschenen, mit denen Russland seit 1994 zwei Kriege führte, waren 1941 wie andere Kaukasusvölker und die Deutschen durch Stalin deportiert worden, wobei ein Drittel der Bevölkerung umkam.
Also: Imperien mit multiethnischer Zusammensetzung können lange existieren, weil die Zentralgewalt auf Kooperation und Korruption in bezug auf die Eliten der ethnischen Minderheiten bauen konnte. Äußere Anlässe brachten das Kartenhaus innerhalb kürzester Zeit zum Einsturz.
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