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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1340144) Verfasst am: 07.08.2009, 19:40 Titel: |
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Hornochse hat folgendes geschrieben: | Ich sagte, dass ich ihn [den Art. 1 GG] in Hinsicht auf seinen Absolutheitsanspruch insofern für problematisch halte, als er im strengen Sinne einer Letztbegründung bedürfte. |
Ich verstehe das nicht. Irgendwie drehen wir uns im Kreis. Wahrscheinlich liegt mein Unverständnis an meinem Unvermögen.
Der Art. 1 GG hat einen Absolutheitsanspruch, (soll ohne Ausnahme gelten, nicht aufhebbar sein), selbstverständlich. Aber doch nicht notwendigerweise in dem Sinne, eine objektive Wahrheit zu verkünden. Und nur für eine solche benötigte man eine (unmögliche) Letztbegründung. Für den anderen Absolutheitsanspruch nicht.
Es macht mich ganz kribbelig, dass ich nicht verstehe, auf was Du hinauswillst.
Wenn man Ethik als Diskurs- und / oder Vertragsethik ansieht, (und das muss man mE als Relativist), dann kann man doch dennoch absolute Grundsätze vereinbaren (so wie die Menschenwürde oder die Menschenrechte) und kann auch festlegen, dass diese verbindlich sein sollen. Mir scheint, Du sähest das anders. Ist das so? Ist das unser Dissens hier?
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AXO nach unbekannt auf unbestimmte Zeit verzogen
Anmeldungsdatum: 05.02.2007 Beiträge: 10129
Wohnort: Thüringen
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(#1340149) Verfasst am: 07.08.2009, 19:53 Titel: Re: Begründung der Menschenwürde |
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Sir Chaos hat folgendes geschrieben: | AXO hat folgendes geschrieben: | beachbernie hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: |
Also zum Beispiel war die Moral in der Steinzeit eine andere als heute, da wir heute prinzipiell einfach mehr Möglichkeiten haben, Dinge schonend und rücksichtsvoll zu organisieren. Moral heisst im Prinzip dann aber auch, das einzufordern, was dem neuesten Stand entspricht bzw. entspräche. Insofern müssten die Menschenrechte, wenn man sie denn konkretisieren will, regelmäßig ein update bekommen: Menschenrechte version x.0 halt.
Marx meinte ja auch, dass eine erfolgreiche kommunistische Bewegung sich vor allem dort etablieren könne, wo sich die materiellen Bedingungen bereits vollständig heraus gebildet hätten. Dies gilt dann aber auch für die davon abgeleitete Moral usw.
Skeptiker |
Dummerweise finden sich gerade unter den amoralischsten Regimes etliche, die sich als marxistisch/sozialistisch begriffen. Ich erinnere nur an den Stalinismus, Pol Pots Terrorherrschaft oder die maoistische Kulturrevolution.
Ganz so einfach kann man es sich also nicht machen mit der Verteilung von Moral und Amoral. Sowohl Kapitalismus als auch Marxismus haben gleichermassen jede Menge Leichen im Keller!
Gruss, Bernie |
und die Steinzeit vielleicht noch die wenigsten |
Das aber dann eher aufgrund der niedrigen Bevölkerungsdichte... |
Ich wollte eigentlich drauf hinaus das "Moral" sicherlich älter ist als Zivilisation
oder wo schlägt ein Affe dem andern den Schädel ein um ihm ne Banane zu klaun?
Die sich diesbezüglich selbstpreisenden Religionen kamen mit ihren Regulierungsversuchen
doch erst aufs Tablett als Mensch intelligent genug war unmoralisch zu handeln.
_________________ Augen auf dann kann nichts passieren
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1340216) Verfasst am: 07.08.2009, 22:45 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | Nur mal intereressehalber. Hat sich jemand von euch schonmal mit Margalit befasst? | Ich nicht. Magst Du was über ihn sagen? |
Ich muß zugeben, daß ich absolut nichts über ihn weiß. |
Ich kenne ihn bisher auch nur aus zweiter Hand. Nida-Rümelin führt verweist auf ihn wenn er versucht Menschenwürde anhand von Selbstachtung bzw den Verstoß gegen sie anhand von Demütigung festzumachen. Vielleicht mehr nach der Urlaubslektüre.
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L.E.N. im falschen Film
Anmeldungsdatum: 25.05.2004 Beiträge: 27745
Wohnort: Hamburg
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(#1340219) Verfasst am: 07.08.2009, 23:03 Titel: Re: Begründung der Menschenwürde |
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Sir Chaos hat folgendes geschrieben: | AXO hat folgendes geschrieben: | beachbernie hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: |
Also zum Beispiel war die Moral in der Steinzeit eine andere als heute, da wir heute prinzipiell einfach mehr Möglichkeiten haben, Dinge schonend und rücksichtsvoll zu organisieren. Moral heisst im Prinzip dann aber auch, das einzufordern, was dem neuesten Stand entspricht bzw. entspräche. Insofern müssten die Menschenrechte, wenn man sie denn konkretisieren will, regelmäßig ein update bekommen: Menschenrechte version x.0 halt.
Marx meinte ja auch, dass eine erfolgreiche kommunistische Bewegung sich vor allem dort etablieren könne, wo sich die materiellen Bedingungen bereits vollständig heraus gebildet hätten. Dies gilt dann aber auch für die davon abgeleitete Moral usw.
Skeptiker |
Dummerweise finden sich gerade unter den amoralischsten Regimes etliche, die sich als marxistisch/sozialistisch begriffen. Ich erinnere nur an den Stalinismus, Pol Pots Terrorherrschaft oder die maoistische Kulturrevolution.
Ganz so einfach kann man es sich also nicht machen mit der Verteilung von Moral und Amoral. Sowohl Kapitalismus als auch Marxismus haben gleichermassen jede Menge Leichen im Keller!
Gruss, Bernie |
und die Steinzeit vielleicht noch die wenigsten |
Das aber dann eher aufgrund der niedrigen Bevölkerungsdichte... |
welches ich für ein viel zu wenig beachtetes argument halte.
weshalb wird der demographische faktor eigentlich so dermaßen vernachlässigt? (sofern es so ist)
_________________ Ich will Gott lästern dürfen! Weg mit §166 StGB!
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Sir Chaos Heilvolles Durcheinander
Anmeldungsdatum: 20.11.2007 Beiträge: 974
Wohnort: bei Frankfurt/Main
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(#1340234) Verfasst am: 08.08.2009, 00:02 Titel: Re: Begründung der Menschenwürde |
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AXO hat folgendes geschrieben: | Sir Chaos hat folgendes geschrieben: | AXO hat folgendes geschrieben: | beachbernie hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: |
Also zum Beispiel war die Moral in der Steinzeit eine andere als heute, da wir heute prinzipiell einfach mehr Möglichkeiten haben, Dinge schonend und rücksichtsvoll zu organisieren. Moral heisst im Prinzip dann aber auch, das einzufordern, was dem neuesten Stand entspricht bzw. entspräche. Insofern müssten die Menschenrechte, wenn man sie denn konkretisieren will, regelmäßig ein update bekommen: Menschenrechte version x.0 halt.
Marx meinte ja auch, dass eine erfolgreiche kommunistische Bewegung sich vor allem dort etablieren könne, wo sich die materiellen Bedingungen bereits vollständig heraus gebildet hätten. Dies gilt dann aber auch für die davon abgeleitete Moral usw.
Skeptiker |
Dummerweise finden sich gerade unter den amoralischsten Regimes etliche, die sich als marxistisch/sozialistisch begriffen. Ich erinnere nur an den Stalinismus, Pol Pots Terrorherrschaft oder die maoistische Kulturrevolution.
Ganz so einfach kann man es sich also nicht machen mit der Verteilung von Moral und Amoral. Sowohl Kapitalismus als auch Marxismus haben gleichermassen jede Menge Leichen im Keller!
Gruss, Bernie |
und die Steinzeit vielleicht noch die wenigsten |
Das aber dann eher aufgrund der niedrigen Bevölkerungsdichte... |
Ich wollte eigentlich drauf hinaus das "Moral" sicherlich älter ist als Zivilisation
oder wo schlägt ein Affe dem andern den Schädel ein um ihm ne Banane zu klaun?
Die sich diesbezüglich selbstpreisenden Religionen kamen mit ihren Regulierungsversuchen
doch erst aufs Tablett als Mensch intelligent genug war unmoralisch zu handeln. |
Jared Diamond berichtet - in "Der Dritte Schimpanse", glaube ich - von einer Affensippe, die eine andere gezielt ausrottet. Mit Bananenklau kann ich also nicht dienen, aber Völkermord gab´s schon vor der Erfindung der Zivilisation.
_________________ Illusion: Zu schön, um wahr zu sein.
Realität: Zu wahr, um schön zu sein.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1340249) Verfasst am: 08.08.2009, 03:10 Titel: Re: Begründung der Menschenwürde |
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step hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Wie PataPata schon zitierte, gehören Menschenwürde und Menschenrechte untrennbar zusammen. |
In den sich über viele Monate erstreckenden Beratungen zum Grundgesetz wurde zuerst die Mesnchenwürde mit den Menschenrechten begründet, später standen beide unverbundenen nebeneinander, und schließlich wurden die Menschenrechte mit der Menschenwürde begründet. Letztere wurde nicht weiter begründet, sondern man war 1949 der Meinung, der Bürger selbst solle sich seine jeweilige metaphysische Letztbegründung wählen, also z.B. Gott, Natur, Vernunft, Freiheit oder was auch immer, und fände diese dann schon plausibel genug.
Diese fehlende Interpretation des Würdebegriffs führte später zur Notwendigkeit, ihn durch das Bundesverfassungsgericht auslegen zu lassen. In dessen ersten, sehr konservativen Jahren rühmte das BVG die Unbestimmtheit des Würdebegriffs als besonderen Vorteil. Später dann wurden einige Interpretationsversuche gemacht, vor allem die sog. "Objektformel" (Mensch darf vom Staat nicht zum Objekt gemacht werden, letztlich auf Kant zurückgehend), die allerdings in den 70ern wieder eingeschränkt wurde.
Letztlich ist es aber bis heute so, daß die Menschenrechte wesentlich konkreter als die Menschenwürde definiert und begründet sind, und im Prinzip könnte man letztere als rein pathetisch-metaphysischen Traditionsbegriff ansehen. |
Man kann nicht die Menschenwürde ohne die Menschenrechte bekommen und umgekehrt.
Die Definition der Menschenwürde ist eine allgemeine, aber sie ist trotzdem klar zu formulieren:
Menschenwürde wird begründet durch solche Verhältnisse, die dem Menschen würdig und seinem Wesen angemessen sind. (Ich hatte aber auch eine Tierwürde eingeräumt, je nach Entwicklungsstand und Eigenarten eines Tieres.) Jedenfalls geht es bei der Würde um eine sehr grundsätzliche Sache, im weiteren Sinne bedeutet sie Selbstverwirklichung innerhalb eines sozialen Systems.
Menschenrechte können dagegen profaner verstanden werden, nämlich als die Schaffung der Voraussetzungen für Selbstverwirklichung durch mehrdimensionale Rechtsansprüche, die gegen den Staat real durchsetzbar sein müssen, da sie sonst wohl kaum als Rechte gelten können. Umgekehrt ist Selbstverwirklichung (Menschenwürde) sozusagen der Sinn, die Bedeutung der Menschenrechte.
step hat folgendes geschrieben: |
(heldenhaften Kampf gegen Feudalismus gesnippt ...) |
Wieder mal Realität gesnippt, gelle?
step hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ja, eine Würde, die dem Menschen quasi per Geburt (oder gar per Zeugung) zukommt, ist nicht begründbar. Früher hat man das religiös begründet, aber es ist seit langem klar, daß das auch nicht hilft. | ... Das kam also nicht aus dem Nichts und die Menschenrechte sind auch niemals religiös begründet worden, sondern immer mit den Bedürfnissen der Menschen. |
Das ist falsch. Erstens habe ich von der Menschenwürde und nicht den Rechten geschrieben, ... |
Menschenwürde und Menschenrechte traten und treten stets gemeinsam auf.
Ich nenne als Paradebeispiel die von Dir verlinkten 12 Artikel, die Urform der Menschenrechte:
step hat folgendes geschrieben: | zweitens stimmt es auch für die Rechte nicht.
- Während der langen Zeit religiöser Vorherrschaft wurden Menschenrechte, sofern sie überhaupt thematisiert wurden, mit der Gottesebenbildlichkeit des Menschen begründet
- nur ein Beispiel: Die sogenannten Zwölf Artikel, die erste schriftliche Menschenrechtsformulierung auf europäischem Boden von 1525, geschrieben von Original-Proletariern
- erst in der Aufklärung wurden bürgerliche Freiheitstraditionen der Griechen und Römer wiederbelebt, die sich nicht zentral auf Gott bezogen, auch wenn religiöse Letztbegründungen auch danach noch lange, ja bis heute, durch die Verfassungstexte wabern. |
In den besagten 12 Artikeln geht es nur noch der Form nach um eine reiligiöse Begründung. Das war in Wirklichkeit eine Kampfansage an die verlotterten Herrschenden. Luther, dieser Alternativpapst hat das sehr wohl begriffen. Er schob die religiöse Verkleidung beiseite und rief umgehend zum Bauernmorden auf, als Verbündeter der herrschenden Klassen.
Vom Inhalt waren diese Ur-Menschenrechte bereits an den objektiven Lebensbedürfnissen der Bauern und der Menschen orientiert.
step hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Es geht bei der Menschenwürde darum, dass alle Menschen das Recht haben, ... |
Nein, darum geht es bei den Menschenrechten. Bei der Menschenwürde geht es um eine vermeintlich jedem Menschen apriori innewohnende Eigenschaft, die aber offensichtlich keiner je vernünftig benennen konnte. |
Ja, wenn Du alles wegsnippst, dann wird es natürlich unverständlich. Der Satz ging noch weiter. Ich sagte, dass Menschenwürde durch Menschenrechte erst möglich wird.
step hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | ... Der Angriff auf die Moral, auf die Menschenrechte und die Menschenwürde ... |
Großer Strohmann. |
Schön wär's.
step hat folgendes geschrieben: |
(Haßtiraden auf Kapitalisten und Physiker gesnippt ...) |
Habe keinen Haß auf Kapitalisten oder Physiker. Welch Unterstellung!
step hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Dazu: Franz Josef Wetz: Illusion Menschenwürde. Aufstieg und Fall eines Grundwerts. Klett-Cotta Verlag (Stuttgart) 2005. 396 Seiten. ISBN 978-3-608-94122-7 mit einer Geschichte des europäischen Würdebegriffs. | ... @step: Dein philosophischer Kompagnon ... |
Ich bin Deine stalinistische Ausdrucksweise langsam leid. |
Was soll ich denn statt dessen schreiben? "Dein Zwillingsbruder"?
step hat folgendes geschrieben: | Ich habe das Buch empfohlen, weil es einen gut lesbaren geschichtlichen Überblick über die "Menschenwürde" gibt, auch mit interessanten Einblicken in die Entstehung der Verfassungen, und auch weil es nicht viele Philosophen oder Verfassungsrechtler gibt, die die Problematik des Würdekonzeptes überhaupt offen zugeben. |
Da baucht man nichts zuzugeben. Es gibt auch kein Problem mit dem Konzept der Menschenwürde. Es gibt nur in einigen konservativen Kreisen eine Ablehnung dieses Konzeptes. ---> Luther.
step hat folgendes geschrieben: | In diversen Punkten bin ich persönlich anderer Meinung als Wetz, aber es geht wohl über Deinen kleingeistig-klassenkämpferischen Horizont, daß man auch Bücher empfiehlt oder gar liest, die nicht nur die eigene Ansicht bestätigen. |
Dann empfiehl doch mal Bücher, die sich auch lohnen, gelesen zu werden. Wetz vertritt nun wirklich keine neue Ansicht. Die gab es nämlich schon 1525.
step hat folgendes geschrieben: |
(allgemeine Sprüche über "das Kapital" gesnippt ...) |
Warum? Steht doch das drin, was (auch heute) der Fall ist.
Skeptiker
_________________ °
K.I.Z - Frieden
Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video
Informationsstelle Militarisierung e.V.
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AXO nach unbekannt auf unbestimmte Zeit verzogen
Anmeldungsdatum: 05.02.2007 Beiträge: 10129
Wohnort: Thüringen
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(#1340310) Verfasst am: 08.08.2009, 11:26 Titel: Re: Begründung der Menschenwürde |
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Sir Chaos hat folgendes geschrieben: | AXO hat folgendes geschrieben: | Sir Chaos hat folgendes geschrieben: | AXO hat folgendes geschrieben: | beachbernie hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: |
Also zum Beispiel war die Moral in der Steinzeit eine andere als heute, da wir heute prinzipiell einfach mehr Möglichkeiten haben, Dinge schonend und rücksichtsvoll zu organisieren. Moral heisst im Prinzip dann aber auch, das einzufordern, was dem neuesten Stand entspricht bzw. entspräche. Insofern müssten die Menschenrechte, wenn man sie denn konkretisieren will, regelmäßig ein update bekommen: Menschenrechte version x.0 halt.
Marx meinte ja auch, dass eine erfolgreiche kommunistische Bewegung sich vor allem dort etablieren könne, wo sich die materiellen Bedingungen bereits vollständig heraus gebildet hätten. Dies gilt dann aber auch für die davon abgeleitete Moral usw.
Skeptiker |
Dummerweise finden sich gerade unter den amoralischsten Regimes etliche, die sich als marxistisch/sozialistisch begriffen. Ich erinnere nur an den Stalinismus, Pol Pots Terrorherrschaft oder die maoistische Kulturrevolution.
Ganz so einfach kann man es sich also nicht machen mit der Verteilung von Moral und Amoral. Sowohl Kapitalismus als auch Marxismus haben gleichermassen jede Menge Leichen im Keller!
Gruss, Bernie |
und die Steinzeit vielleicht noch die wenigsten |
Das aber dann eher aufgrund der niedrigen Bevölkerungsdichte... |
Ich wollte eigentlich drauf hinaus das "Moral" sicherlich älter ist als Zivilisation
oder wo schlägt ein Affe dem andern den Schädel ein um ihm ne Banane zu klaun?
Die sich diesbezüglich selbstpreisenden Religionen kamen mit ihren Regulierungsversuchen
doch erst aufs Tablett als Mensch intelligent genug war unmoralisch zu handeln. |
Jared Diamond berichtet - in "Der Dritte Schimpanse", glaube ich - von einer Affensippe, die eine andere gezielt ausrottet. Mit Bananenklau kann ich also nicht dienen, aber Völkermord gab´s schon vor der Erfindung der Zivilisation. |
Aber das spiegelt doch komplett die Moral wieder nach denen auch Religionen aufgebaut sind.
-> INTERN der "Sippe" -> moralisch handeln um sich EXTERN gemeinsam zu behaupten.
Das ist doch nichts als der Versuch einer bewußten Fortsetztung dessen was nicht
mehr unbewußt funktioniert hat.
Auch heut noch kriegts die Menschheit (noch) nicht hin sich in ihre Gänze als INTERN zu begreifen
und noch immer konkurrieren die Religionen um den Anspruch ALLE unter jeweils ihrem Moralbegriff
zusammenzufassen damit es Intern der Menschheit kein Extern mehr gibt.
Klar hat sie die <s>Zeit</s> Entwicklung überholt und verhindern das es Intern der jeweiligen Sippe
zum Bananenklau auf Kosten eingeschlagener Schädel kommt konnten sie auch nicht.
Die Logik des Anspruches bewußt fortsetzen zu wollen, was mit dem "Verlust" des unbewußten
verloren zu gehen drohte kann man ihnen m.E. trotzdem nicht absprechen.
_________________ Augen auf dann kann nichts passieren
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1340324) Verfasst am: 08.08.2009, 12:09 Titel: Re: Begründung der Menschenwürde |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Menschenrechte können ... verstanden werden ... als die Schaffung der Voraussetzungen für Selbstverwirklichung durch mehrdimensionale Rechtsansprüche, die gegen den Staat real durchsetzbar sein müssen, da sie sonst wohl kaum als Rechte gelten können. Umgekehrt ist Selbstverwirklichung (Menschenwürde) sozusagen der Sinn, die Bedeutung der Menschenrechte. |
Die Menschenrechte spezifizieren ja bereits recht konkret, was man so in Anlehnung an die Bedürfnispyramide benötigt:
http://de.wikipedia.org/wiki/Menschenrechte#Klassifizierung_nach_.E2.80.9EGenerationen.E2.80.9C
Wenn die "Menschenwürde" tatsächlich nur bedeuten soll, daß es das höchste gesellschaftliche Ziel ist, daß sich jeder selbst verwirklicht, könnte man das ja in der Verfassung so spezifizieren. Dann würde auch nicht der Eindruck erweckt, die Menschenwürde sei eine ontologische Eigenschaft des Menschen. Deine Legitimation der Menschenrechte wäre damit offensichtlich eine utilitaristisch-naturrechtliche Argumentation.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Menschenwürde und Menschenrechte traten und treten stets gemeinsam auf. |
Das wird auch durch Wiederholen nicht richtiger. So gab es schon in der Antike (Aristoteles, Stoa) menschenrechtliche Ansätze, etwa indem zumindest für männliche Bürger verschiedene Freiheits- und Gleichheitsrechte gefordert wurden, aber unter "Würde" wurde damals etwas ganz anderes verstanden, nämlich eine Art "sittlicher Adel". Meines Wissens war Cicero der Erste (in Europa), der allen Menschen eine (durch ihre Fähigkeit zur Vernunft apriori gegebene) Würde zusprach. Erst in der Aufklärung wurde dieser Gedanke wieder wesentlich aufgegriffen.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | In den besagten 12 Artikeln geht es nur noch der Form nach um eine reiligiöse Begründung. Das war in Wirklichkeit eine Kampfansage an die verlotterten Herrschenden. |
Religiöse - und allgemein metaphysische - Letztbegründungsversuche sind in gewiser Weise immer nur "der Form nach". Es ist aber bis heute so (und erst recht war es 1525 so), daß metaphysische Letztbegründungsversuche für die Legitimation als wichtig erachtet wurden.
So ging es etwa in der Unabhängigkeitserklärung der USA um die Loslösung von der kolonialen Herrschaft der Britischen Krone, aber zur Legitimation wird auf den christlichen Glauben verwiesen:
DOI hat folgendes geschrieben: | „Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, dass alle Menschen gleich erschaffen wurden, dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt wurden, worunter Leben, Freiheit und das Streben nach Glückseligkeit sind. Dass zur Versicherung dieser Rechte Regierungen unter den Menschen eingeführt worden sind, welche ihre gerechte Gewalt von der Einwilligung der Regierten herleiten; dass sobald eine Regierungsform diesen Endzwecken verderblich wird, es das Recht des Volkes ist, sie zu verändern oder abzuschaffen, und eine neue Regierung einzusetzen, die auf solche Grundsätze gegründet, und deren Macht und Gewalt solchergestalt gebildet wird, als ihnen zur Erhaltung ihrer Sicherheit und Glückseligkeit am schicklichsten zu seyn dünket.“
„Zwar gebietet Klugheit, daß von langer Zeit her eingeführte Regierungen nicht um leichter und vergänglicher Ursachen willen verändert werden sollen; und demnach hat die Erfahrung von jeher gezeigt, daß Menschen, so lang das Uebel noch zu ertragen ist, lieber leiden und dulden wollen, als sich durch Umstoßung solchver Regierungsformen, zu denen sie gewöhnt sind, selbst Recht und Hülfe verschaffen. Wenn aber eine lange Reihe von Mißhandlungen und gewaltsamen Eingriffen auf einen und eben den Gegenstand unabläßig gerichtet, einen Anschlag an den Tag legt, sie unter unumschränkte Herrschaft zu bringen, so ist es ihr Recht, ja ihre Pflicht, solche Regierung abzuwerfen, und sich für ihre künftige Sicherheit neue Gewähren zu verschaffen.“ |
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Es gibt auch kein Problem mit dem Konzept der Menschenwürde. Es gibt nur in einigen konservativen Kreisen eine Ablehnung dieses Konzeptes. ---> Luther. |
Wenn ich mich richtig erinnere, waren es gerade die weniger konservativen Grundgesetzverfasser (z.B. ein Carlo Schmid), die 1948/49 immer wieder auf Probleme des metaphysischen Würdekonzeptes der Konservativen hinwiesen.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1340395) Verfasst am: 08.08.2009, 14:58 Titel: Re: Begründung der Menschenwürde |
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step hat folgendes geschrieben: | Wenn die "Menschenwürde" tatsächlich nur bedeuten soll, daß es das höchste gesellschaftliche Ziel ist, daß sich jeder selbst verwirklicht, könnte man das ja in der Verfassung so spezifizieren. |
Artikel 2 Absatz 1 GG.
step hat folgendes geschrieben: | Dann würde auch nicht der Eindruck erweckt, die Menschenwürde sei eine ontologische Eigenschaft des Menschen. |
Aber dieser Eindruck wird ja im GG gerade nicht erweckt. Das bleibt offen und das ist auch gut so.
Mir geht es um die Sache, um die Selbstverpflichtung der Gesellschaft, allen Menschen immer zumindest einen solchen gewissen Grundrespekt entgegenzubringen, dass sie ihre Selbstachtung behalten können.
Dir scheint es um etwas anderes zu gehen und zwar um die Festlegung der Wahrheit im GG. Die ein naturalistisches Weltbild sein soll. Aber das geht nun mal aus mehreren Gründen nicht.
Wenn jemand "Würde" als ontologische Eigenschaft auffassen möchte oder sie als von Gott oder der Natur gegeben ansieht, dann ist mir das egal, wenn wir letztlich zu denselben Ergebnissen, was die konkrete Umsetzung angeht, kommen.
Ich habe nicht den Anspruch, jemandem meine Weltanschauung überzustülpen, denn ich kann als Relativist meine Weltanschauung (von der ich selber jedoch fest überzeugt bin) gar nicht als Wahrheit deklarieren. Das wäre selbstwidersprüchlich.
Was mich aber selbstverständlich nicht daran hindert, mich für meine Interessen einzusetzen.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1340401) Verfasst am: 08.08.2009, 15:24 Titel: Re: Begründung der Menschenwürde |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Wenn die "Menschenwürde" tatsächlich nur bedeuten soll, daß es das höchste gesellschaftliche Ziel ist, daß sich jeder selbst verwirklicht, könnte man das ja in der Verfassung so spezifizieren. | Artikel 2 Absatz 1 GG. |
Da steht aber gerade, daß dies Menschenrecht ist (was ja unbestritten ist). Da steht nicht, wie das mit der Würde zusammenhängt.
GG, Artikel 2 hat folgendes geschrieben: | (1) Jeder hat das Recht auf ... |
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Dann würde auch nicht der Eindruck erweckt, die Menschenwürde sei eine ontologische Eigenschaft des Menschen. | Aber dieser Eindruck wird ja im GG gerade nicht erweckt. Das bleibt offen und das ist auch gut so. |
Es bleibt sogar offen, was diese Würde überhaupt sein soll. Und die Begründung, das sei gut so, damit man es fallweise auslegen könne, gefällt mir überhaupt nicht.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Mir geht es um die Sache, um die Selbstverpflichtung der Gesellschaft, allen Menschen immer zumindest einen solchen gewissen Grundrespekt entgegenzubringen, dass sie ihre Selbstachtung behalten können. |
Ja, da sind wir uns ja einig. Dann sollte man aber schreiben, daß diese Menschenrechte verbindlich gelten, weil wir uns als Gesellschaft dazu verpflichten. Und nicht "Die Würde des Menschen IST unantastbar".
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Dir scheint es um etwas anderes zu gehen und zwar um die Festlegung der Wahrheit im GG. Die ein naturalistisches Weltbild sein soll. Aber das geht nun mal aus mehreren Gründen nicht. |
Nein, mir geht es um Klarheit der Ausdrucksweise, damit der Begründungs- und Verbindlichkeits-Status konkreter Menschenrechte klar hervortritt, auch seine Relativierungen.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Wenn jemand "Würde" als ontologische Eigenschaft auffassen möchte oder sie als von Gott oder der Natur gegeben ansieht, dann ist mir das egal, wenn wir letztlich zu denselben Ergebnissen, was die konkrete Umsetzung angeht, kommen. Ich habe nicht den Anspruch, jemandem meine Weltanschauung überzustülpen, denn ich kann als Relativist meine Weltanschauung (von der ich selber jedoch fest überzeugt bin) gar nicht als Wahrheit deklarieren. Das wäre selbstwidersprüchlich. |
Auch ich habe nicht den Anspruch, jemandem "meine Weltanschauung überzustülpen" - aber es gehört mE in die Verfassung, daß die Menschenrechte deshalb verbindlich gelten, weil wir als Bürger sie legitimieren (plus evtl. zu welchem Zweck wir das tun). Das liegt sozusagen der Natur einer demokratischen Verfassung zugrunde.
Du selbst hast weiter oben - mE zurecht - von Diskursethik o.ä. geschrieben.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Hornochse Orthographiefetischist
Anmeldungsdatum: 22.07.2007 Beiträge: 8223
Wohnort: Bundeshauptstadt
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(#1340413) Verfasst am: 08.08.2009, 15:47 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Hornochse hat folgendes geschrieben: | Ich sagte, dass ich ihn [den Art. 1 GG] in Hinsicht auf seinen Absolutheitsanspruch insofern für problematisch halte, als er im strengen Sinne einer Letztbegründung bedürfte. |
Ich verstehe das nicht. Irgendwie drehen wir uns im Kreis. Wahrscheinlich liegt mein Unverständnis an meinem Unvermögen.
Der Art. 1 GG hat einen Absolutheitsanspruch, (soll ohne Ausnahme gelten, nicht aufhebbar sein), selbstverständlich. Aber doch nicht notwendigerweise in dem Sinne, eine objektive Wahrheit zu verkünden. Und nur für eine solche benötigte man eine (unmögliche) Letztbegründung. Für den anderen Absolutheitsanspruch nicht. |
Was steht denn hinter Art. 1 GG wenn nicht auch ein Wahrheitsanspruch. Das verstehe ich nicht.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | ]Es macht mich ganz kribbelig, dass ich nicht verstehe, auf was Du hinauswillst.
Wenn man Ethik als Diskurs- und / oder Vertragsethik ansieht, (und das muss man mE als Relativist), dann kann man doch dennoch absolute Grundsätze vereinbaren (so wie die Menschenwürde oder die Menschenrechte) und kann auch festlegen, dass diese verbindlich sein sollen. Mir scheint, Du sähest das anders. Ist das so? Ist das unser Dissens hier? |
Vielleicht besteht unser Dissens darin, dass ich diese Grundsätze nicht als absolut bezeichnen würde. Aussagen mit Absolutheitsanspruch erheben - nach meinem Verständnis - den Anspruch, unabhängig von Diskursen und deren Output gültig zu sein - sie sind also, von ihrem Anspruch her, nicht das Ergebnis eines solchen Diskurses.
_________________ Alles könnte anders sein - und fast nichts kann ich ändern.
- Niklas Luhmann -
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1340422) Verfasst am: 08.08.2009, 16:04 Titel: Re: Begründung der Menschenwürde |
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step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Wenn die "Menschenwürde" tatsächlich nur bedeuten soll, daß es das höchste gesellschaftliche Ziel ist, daß sich jeder selbst verwirklicht, könnte man das ja in der Verfassung so spezifizieren. |
Artikel 2 Absatz 1 GG. |
Da steht aber gerade, daß dies Menschenrecht ist (was ja unbestritten ist). Da steht nicht, wie das mit der Würde zusammenhängt. |
Mein Hinweis war wohl zu knapp geraten. Ich wollte damit sagen, dass Selbstverwirklichung nicht mit der Würde zusammenhängt. Im Gegensatz zu Skeptikers Auffassung.
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Dann würde auch nicht der Eindruck erweckt, die Menschenwürde sei eine ontologische Eigenschaft des Menschen. |
Aber dieser Eindruck wird ja im GG gerade nicht erweckt. Das bleibt offen und das ist auch gut so. |
Es bleibt sogar offen, was diese Würde überhaupt sein soll. Und die Begründung, das sei gut so, damit man es fallweise auslegen könne, gefällt mir überhaupt nicht. |
Nein, ich meinte, dass es gut ist, dass keine ontologische Eigenschaft behauptet wird. Denn dann könnte sich jemand wie ich, dem das unlogisch vorkommt, nicht mehr damit identifizieren.
Ich meine nicht, dass es offen ist, was mit Menschenwürde gemeint ist. Wie gesagt. Oder siehe auch meinen nächsten Satz.
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Mir geht es um die Sache, um die Selbstverpflichtung der Gesellschaft, allen Menschen immer zumindest einen solchen gewissen Grundrespekt entgegenzubringen, dass sie ihre Selbstachtung behalten können. |
Ja, da sind wir uns ja einig. Dann sollte man aber schreiben, daß diese Menschenrechte verbindlich gelten, weil wir uns als Gesellschaft dazu verpflichten. Und nicht "Die Würde des Menschen IST unantastbar". |
Natürlich sind wir beide uns einig. Weil unsere Weltanschauungen in großen Teilen übereinstimmt. Wir sind beide Relativisten und Naturalisten.
Andere sehen das aber wohl anders. Und das ist mAn auch ihr gutes Recht und das stört mich solange überhaupt nicht, solange es meine Belange nicht berührt und solange ich mit ihnen auf einen gemeinsamen Nenner komme.
Den Satz "Die Würde des Menschen IST unantastbar" sehe ich als Appell, als Bekenntnis. Bedeutet letztlich nichts anderes als "Die Würde des Menschen MUSS unantastbar sein".
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Dir scheint es um etwas anderes zu gehen und zwar um die Festlegung der Wahrheit im GG. Die ein naturalistisches Weltbild sein soll. Aber das geht nun mal aus mehreren Gründen nicht. |
Nein, mir geht es um Klarheit der Ausdrucksweise, damit der Begründungs- und Verbindlichkeits-Status konkreter Menschenrechte klar hervortritt, auch seine Relativierungen. |
Über den Begründungs- und Verbindlichkeitsstatus gibt es aber nun mal Diskrepanzen. Wenn Du Deine (und meine) Sichtweise dessen durchdrücken willst, dann verlierst Du an Zustimmung bei denjenigen, die eine Letztbegründung für nowendig halten und eine solche auch sehen. Das wäre ein ziemlich hoher Preis für die "Wahrheit".
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Skeptiker "I can't breathe!"
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(#1340426) Verfasst am: 08.08.2009, 16:13 Titel: Der Mensch das höchste Wesen |
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step hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Menschenrechte können ... verstanden werden ... als die Schaffung der Voraussetzungen für Selbstverwirklichung durch mehrdimensionale Rechtsansprüche, die gegen den Staat real durchsetzbar sein müssen, da sie sonst wohl kaum als Rechte gelten können. Umgekehrt ist Selbstverwirklichung (Menschenwürde) sozusagen der Sinn, die Bedeutung der Menschenrechte. |
Die Menschenrechte spezifizieren ja bereits recht konkret, was man so in Anlehnung an die Bedürfnispyramide benötigt:
http://de.wikipedia.org/wiki/Menschenrechte#Klassifizierung_nach_.E2.80.9EGenerationen.E2.80.9C |
Sind also in dem Sinne bereits komplett, meinst Du und benötigen keine Menschenwürde mehr - nicht wahr?
Ich dagegen argumentiere, dass die Menschenwürde als Grundanspruch gegenüber jedem Staat bedeutet, dass der Mensch (zusammen mit den höher entwickelten, bewussten Tieren) der Maßstab von allem ist, das, wonach sich alles in der Politik, in der Ökonomie, in der Kultur auszurichten habe und zwar ohne wenn und aber. Der Mensch ist qua Existenz das Maß aller Dinge. Das ist die Forderung und der Kontrapunkt zu der strukturkonservativen Ansicht, dass sich der Mensch gefälligst nach dem Staat, nach der Politik, der Ökonomie und der Kultur zu richten habe. Letzteres ist einfach nur die entgegengesetzte, konformistische Sichtweise jedes Konservativen, Ersteres ist die progressive Sichtweise, welche jede Institution auf ihre Existenzberechtigung vor dem Menschen abklopft. Damit hat die Menschenwürde einen kritischen, antikonservativen Inhalt. Der Mensch steht über jeder Institution.
step hat folgendes geschrieben: | Wenn die "Menschenwürde" tatsächlich nur bedeuten soll, daß es das höchste gesellschaftliche Ziel ist, daß sich jeder selbst verwirklicht, könnte man das ja in der Verfassung so spezifizieren. Dann würde auch nicht der Eindruck erweckt, die Menschenwürde sei eine ontologische Eigenschaft des Menschen. Deine Legitimation der Menschenrechte wäre damit offensichtlich eine utilitaristisch-naturrechtliche Argumentation. |
Nein, das kommt falsch rüber. Ich betrachte die Menschenwürde als eine ontologische Eigenschaft des Menschen und lehne den Utilitarismus ab. Selbstverwirklichung ist für mich insofern synonym mit Menschenwürde, als dass die Institutionen zum Zwecke der Menschen da sind und nicht umgekehrt. Es geht hier nicht um eine private Moral des Handelns, sondern schon um Verhältnisse, die dem Menschen angemessen sind, seinem So-Sein.
Oder wie Marx schreibt:
"Die Kritik der Religion endet mit der Lehre, dass der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei, also mit dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist"
http://www.dober.de/religionskritik/marx1.html
Der Mensch, nicht "Gott" ist das höchste Wesen. So geht die Religionskritik in eine Kritik der Verhältnisse und in die Herstellung der Menschenwürde über. In der Religion ist der Mensch nicht das Maß aller Dinge, wie man weiß, sondern etwas Überweltliches, Außerweltliches, zu dem der Mensch aufschauen muss.
step hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Menschenwürde und Menschenrechte traten und treten stets gemeinsam auf. |
Das wird auch durch Wiederholen nicht richtiger. |
Umgekehrt. Ich wiederhole es, weil es richtig ist.
step hat folgendes geschrieben: | So gab es schon in der Antike (Aristoteles, Stoa) menschenrechtliche Ansätze, etwa indem zumindest für männliche Bürger verschiedene Freiheits- und Gleichheitsrechte gefordert wurden, aber unter "Würde" wurde damals etwas ganz anderes verstanden, nämlich eine Art "sittlicher Adel". Meines Wissens war Cicero der Erste (in Europa), der allen Menschen eine (durch ihre Fähigkeit zur Vernunft apriori gegebene) Würde zusprach. Erst in der Aufklärung wurde dieser Gedanke wieder wesentlich aufgegriffen. |
Es gab in der Antike auch demokratische Ansätze. Aber die damalige Art von Demokratie war etwas anderes als die spätere bürgerliche Demokratie mit ihrem Fundament der universellen Menschenrechte. Es bedurfte erst der bürgerlichen Aufklärung, um so etwas wie Menschenwürde überhaupt erst denken zu können. Ich würde deshalb die eigentliche Geschichte der Menschenrechte erst nach dem Mittelalter beginnen lassen. Die Epoche der Antike wäre für mich eher so etwas wie deren Vorgeschichte.
step hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | In den besagten 12 Artikeln geht es nur noch der Form nach um eine reiligiöse Begründung. Das war in Wirklichkeit eine Kampfansage an die verlotterten Herrschenden. |
Religiöse - und allgemein metaphysische - Letztbegründungsversuche sind in gewiser Weise immer nur "der Form nach". Es ist aber bis heute so (und erst recht war es 1525 so), daß metaphysische Letztbegründungsversuche für die Legitimation als wichtig erachtet wurden.
So ging es etwa in der Unabhängigkeitserklärung der USA um die Loslösung von der kolonialen Herrschaft der Britischen Krone, aber zur Legitimation wird auf den christlichen Glauben verwiesen:
DOI hat folgendes geschrieben: | „Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, dass alle Menschen gleich erschaffen wurden, dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt wurden, worunter Leben, Freiheit und das Streben nach Glückseligkeit sind. Dass zur Versicherung dieser Rechte Regierungen unter den Menschen eingeführt worden sind, welche ihre gerechte Gewalt von der Einwilligung der Regierten herleiten; dass sobald eine Regierungsform diesen Endzwecken verderblich wird, es das Recht des Volkes ist, sie zu verändern oder abzuschaffen, und eine neue Regierung einzusetzen, die auf solche Grundsätze gegründet, und deren Macht und Gewalt solchergestalt gebildet wird, als ihnen zur Erhaltung ihrer Sicherheit und Glückseligkeit am schicklichsten zu seyn dünket.“
„Zwar gebietet Klugheit, daß von langer Zeit her eingeführte Regierungen nicht um leichter und vergänglicher Ursachen willen verändert werden sollen; und demnach hat die Erfahrung von jeher gezeigt, daß Menschen, so lang das Uebel noch zu ertragen ist, lieber leiden und dulden wollen, als sich durch Umstoßung solchver Regierungsformen, zu denen sie gewöhnt sind, selbst Recht und Hülfe verschaffen. Wenn aber eine lange Reihe von Mißhandlungen und gewaltsamen Eingriffen auf einen und eben den Gegenstand unabläßig gerichtet, einen Anschlag an den Tag legt, sie unter unumschränkte Herrschaft zu bringen, so ist es ihr Recht, ja ihre Pflicht, solche Regierung abzuwerfen, und sich für ihre künftige Sicherheit neue Gewähren zu verschaffen.“ |
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Die Menschenrechte haben nach und nach ihre absolut überflüssige und verzichtbare religiöse Hülle abgeworfen und die menschlichen Rechte nicht mehr aus der Religion abgeleitet. Das ist schon mal ein Fortschritt. Und man sollte nicht zu viel auf bestimmte Formulierungen geben. Der Inhalt und die gesamte Stoßrichtung ist längst eine ganz andere.
Ich bin etwas verwundert, wieso Du ständig die Geschichte mit der "metaphyisischen Letztbegründung" herunter betest. Das hat keinerlei Bedeutung. Denn die Menschenrechte und die Menschenwürde wurden von den unterdrückten Klassen (- siehe auch die 12 Artikel! -) als von ihren eigenen Interessen und Bedürfnissen abgeleitet dargestellt. Diese Interessen und Bedürfnisse sind dann meinetwegen so etwas wie eine "Letztbebegründung". Nur - was soll dieses Wort aussagen?
step hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Es gibt auch kein Problem mit dem Konzept der Menschenwürde. Es gibt nur in einigen konservativen Kreisen eine Ablehnung dieses Konzeptes. ---> Luther. |
Wenn ich mich richtig erinnere, waren es gerade die weniger konservativen Grundgesetzverfasser (z.B. ein Carlo Schmid), die 1948/49 immer wieder auf Probleme des metaphysischen Würdekonzeptes der Konservativen hinwiesen. |
Carlo Schmid hat die metaphysische Begründung der Menschenwürde abelehnt. Auch für ihn leitete sich Menschenwürde aus dem realen Menschen selber ab.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Wenn die "Menschenwürde" tatsächlich nur bedeuten soll, daß es das höchste gesellschaftliche Ziel ist, daß sich jeder selbst verwirklicht, könnte man das ja in der Verfassung so spezifizieren. |
Artikel 2 Absatz 1 GG.
step hat folgendes geschrieben: | Dann würde auch nicht der Eindruck erweckt, die Menschenwürde sei eine ontologische Eigenschaft des Menschen. |
Aber dieser Eindruck wird ja im GG gerade nicht erweckt. Das bleibt offen und das ist auch gut so.
Mir geht es um die Sache, um die Selbstverpflichtung der Gesellschaft, allen Menschen immer zumindest einen solchen gewissen Grundrespekt entgegenzubringen, dass sie ihre Selbstachtung behalten können.
Dir scheint es um etwas anderes zu gehen und zwar um die Festlegung der Wahrheit im GG. Die ein naturalistisches Weltbild sein soll. Aber das geht nun mal aus mehreren Gründen nicht.
Wenn jemand "Würde" als ontologische Eigenschaft auffassen möchte oder sie als von Gott oder der Natur gegeben ansieht, dann ist mir das egal, wenn wir letztlich zu denselben Ergebnissen, was die konkrete Umsetzung angeht, kommen. |
Letzten Endes sind die Ergebnisse wichtig, stimmt schon. Obwohl ich nicht recht glaube, dass die religiös begründete Menschenwürde die gleiche ist wie die weltlich begründete.
Skeptiker
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K.I.Z - Frieden
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Zuletzt bearbeitet von Skeptiker am 08.08.2009, 16:32, insgesamt 3-mal bearbeitet |
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1340427) Verfasst am: 08.08.2009, 16:17 Titel: |
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Hornochse hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Der Art. 1 GG hat einen Absolutheitsanspruch, (soll ohne Ausnahme gelten, nicht aufhebbar sein), selbstverständlich. Aber doch nicht notwendigerweise in dem Sinne, eine objektive Wahrheit zu verkünden. Und nur für eine solche benötigte man eine (unmögliche) Letztbegründung. Für den anderen Absolutheitsanspruch nicht. |
Was steht denn hinter Art. 1 GG wenn nicht auch ein Wahrheitsanspruch. Das verstehe ich nicht. |
Aus meiner Sicht als Relativist ist es eine energische Selbstverpflichtung des Staates / der Gesellschaft.
Hornochse hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Wenn man Ethik als Diskurs- und / oder Vertragsethik ansieht, (und das muss man mE als Relativist), dann kann man doch dennoch absolute Grundsätze vereinbaren (so wie die Menschenwürde oder die Menschenrechte) und kann auch festlegen, dass diese verbindlich sein sollen. Mir scheint, Du sähest das anders. Ist das so? Ist das unser Dissens hier? |
Vielleicht besteht unser Dissens darin, dass ich diese Grundsätze nicht als absolut bezeichnen würde. Aussagen mit Absolutheitsanspruch erheben - nach meinem Verständnis - den Anspruch, unabhängig von Diskursen und deren Output gültig zu sein - sie sind also, von ihrem Anspruch her, nicht das Ergebnis eines solchen Diskurses. |
Dann besteht unser Dissens darin, dass Du behauptest, Art. 1 GG würde einen solchen Absolutheitsanspruch stellen, bzw. er wäre nur dann akzeptabel und könnte nur dann so stehenbleiben, wenn er ihn stellen würde. Ist das so? Wenn ja: warum?
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Hornochse Orthographiefetischist
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(#1340432) Verfasst am: 08.08.2009, 16:26 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Hornochse hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Der Art. 1 GG hat einen Absolutheitsanspruch, (soll ohne Ausnahme gelten, nicht aufhebbar sein), selbstverständlich. Aber doch nicht notwendigerweise in dem Sinne, eine objektive Wahrheit zu verkünden. Und nur für eine solche benötigte man eine (unmögliche) Letztbegründung. Für den anderen Absolutheitsanspruch nicht. |
Was steht denn hinter Art. 1 GG wenn nicht auch ein Wahrheitsanspruch. Das verstehe ich nicht. |
Aus meiner Sicht als Relativist ist es eine energische Selbstverpflichtung des Staates / der Gesellschaft. |
So ist der Artikel aber nicht formuliert. Das Bekenntnis des Volkes ist nicht konstitutiv für die Menschenwürde.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Hornochse hat folgendes geschrieben: | Vielleicht besteht unser Dissens darin, dass ich diese Grundsätze nicht als absolut bezeichnen würde. Aussagen mit Absolutheitsanspruch erheben - nach meinem Verständnis - den Anspruch, unabhängig von Diskursen und deren Output gültig zu sein - sie sind also, von ihrem Anspruch her, nicht das Ergebnis eines solchen Diskurses. |
Dann besteht unser Dissens darin, dass Du behauptest, Art. 1 GG würde einen solchen Absolutheitsanspruch stellen |
Ja.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | bzw. er wäre nur dann akzeptabel und könnte nur dann so stehenbleiben, wenn er ihn stellen würde. Ist das so? |
Nein. Das habe ich aber auch schon mehrmals geschrieben.
_________________ Alles könnte anders sein - und fast nichts kann ich ändern.
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PataPata Agnostiker und Pataphysiker
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Wohnort: Toscana
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(#1340435) Verfasst am: 08.08.2009, 16:33 Titel: |
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Ich verfolge diese Diskussion hier über die Menschenwürde und werde das Gefühl nicht los, dass der Begriff "Menschenwürde" eine leere Worthülse ist, in welche jeder hinein interpretieren kann, was er will. Es kommen mir sogar die Geschichten Kafkas in den Sinn, in welchen alle würdevoll sind und die Würde aller respektiert wird und dennoch geht es den Menschen "würdevoll" an den Kragen - Menschenwürde, ein kafkaesker Ausdruck...
_________________ Alles denkbare ist real
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
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(#1340443) Verfasst am: 08.08.2009, 16:50 Titel: |
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PataPata hat folgendes geschrieben: | Ich verfolge diese Diskussion hier über die Menschenwürde und werde das Gefühl nicht los, dass der Begriff "Menschenwürde" eine leere Worthülse ist, in welche jeder hinein interpretieren kann, was er will. Es kommen mir sogar die Geschichten Kafkas in den Sinn, in welchen alle würdevoll sind und die Würde aller respektiert wird und dennoch geht es den Menschen "würdevoll" an den Kragen - Menschenwürde, ein kafkaesker Ausdruck... |
Vielleicht hat man heute einfach vergessen, was der Mensch ist.
Während die Menschenrechte sozusagen die *Versorgung* der Menschen mit bürgerlichen Freiheiten und sozialen Rechten beinhalten, bedeutet die Menschenwürde die Abschaffung von Herr und Knecht - konkret wie auch im weitesten Sinne.
So würde ich es auf den Punkt bringen.
Skeptiker
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Zuletzt bearbeitet von Skeptiker am 08.08.2009, 16:57, insgesamt einmal bearbeitet |
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PataPata Agnostiker und Pataphysiker
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(#1340446) Verfasst am: 08.08.2009, 16:52 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | PataPata hat folgendes geschrieben: | Ich verfolge diese Diskussion hier über die Menschenwürde und werde das Gefühl nicht los, dass der Begriff "Menschenwürde" eine leere Worthülse ist, in welche jeder hinein interpretieren kann, was er will. Es kommen mir sogar die Geschichten Kafkas in den Sinn, in welchen alle würdevoll sind und die Würde aller respektiert wird und dennoch geht es den Menschen "würdevoll" an den Kragen - Menschenwürde, ein kafkaesker Ausdruck... |
Vielleicht hat man heute einfach vergessen, was der Mensch ist.
Während die Menschenrechte sozusagen die *Versorgung* der Menschen mit bürgerlichen Freiheiten und sozialen Rechten beinhalten, bedeutet die Menschenwürde die Abschaffung von Herr und Knecht.
So würde ich es auf den Punkt bringen.
Skeptiker | Akzeptiert !
Edit: Obwohl - - Würde kann auch in einem Knecht stecken - und wie ist es mit gewissen heutigen Arbeitverhältnissen, in welchen Herr und Knecht Verhältnis durchaus noch drin steckt...
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Zuletzt bearbeitet von PataPata am 08.08.2009, 16:55, insgesamt einmal bearbeitet |
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step registriert
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(#1340448) Verfasst am: 08.08.2009, 16:54 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Ich dagegen argumentiere, dass die Menschenwürde als Grundanspruch gegenüber jedem Staat bedeutet, dass der Mensch (zusammen mit den höher entwickelten, bewussten Tieren) der Maßstab von allem ist, das, wonach sich alles in der Politik, in der Ökonomie, in der Kultur auszurichten habe und zwar ohne wenn und aber. Der Mensch ist qua Existenz das Maß aller Dinge. Das ist die Forderung und der Kontrapunkt zu der strukturkonservativen Ansicht, dass sich der Mensch gefälligst nach dem Staat, nach der Politik, der Ökonomie und der Kultur zu richten habe. |
Ich sehe mal über den ideologischen Ballast Deines Beitrags hinweg - schließlich ist das Primat des Individuums gegenüber dem Staat nicht gerade ein kommunistisches, sondern eher ein bürgerliches, liberales Paradigma.
Die von Dir angesprochene Sichtweise, der Bürger stehe über dem Staat, ist fundamentaler Grundsatz der Verfassung. Und diese Sichtweise wurde zusammen mit den Menschenrechten (z.B. durch Aristoteles, später Hobbes und Locke) wesentlich geprägt.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Ich betrachte die Menschenwürde als eine ontologische Eigenschaft des Menschen und lehne den Utilitarismus ab. |
Du hast aber selbst oben geschrieben, was das höchste Ziel sein soll.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Die Menschenrechte haben nach und nach ihre absolut überflüssige und verzichtbare religiöse Hülle abgeworfen und die menschlichen Rechte nicht mehr aus der Religion abgeleitet. Das ist schon mal ein Fortschritt. ... |
Aha, das klingt schon gleich ganz anders. Deine ursprüngliche Behauptung bleibt aber falsch:
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | ... und die Menschenrechte sind auch niemals religiös begründet worden ... |
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Ich bin etwas verwundert, wieso Du ständig die Geschichte mit der "metaphyisischen Letztbegründung" herunter betest. Das hat keinerlei Bedeutung. Denn die Menschenrechte und die Menschenwürde wurden von den unterdrückten Klassen (- siehe auch die 12 Artikel! -) als von ihren eigenen Interessen und Bedürfnissen abgeleitet dargestellt. Diese Interessen und Bedürfnisse sind dann meinetwegen so etwas wie eine "Letztbebegründung". Nur - was soll dieses Wort aussagen? |
Der Grund ist, daß die Unmöglichkeit einer Letztbegründung nicht nur für religiöse Begründungen gilt, sondern für alle (Naturrecht, Vernunft, Bedürfnisse der Arbeiterklasse usw.). Dies wurde auch bei der deutschen Verfassungsgebung (mehrheitlich) erkannt und daher weder eine Definition noch eine Begründung für die Menschenwürde gegeben. Die Menschenwürde stand darum schließlich relativ zusammenhanglos neben den Grundrechten.
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step registriert
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(#1340452) Verfasst am: 08.08.2009, 16:55 Titel: |
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PataPata hat folgendes geschrieben: | Ich verfolge diese Diskussion hier über die Menschenwürde und werde das Gefühl nicht los, dass der Begriff "Menschenwürde" eine leere Worthülse ist, in welche jeder hinein interpretieren kann, was er will. |
Ja, das ist auch mein Eindruck.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step registriert
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(#1340465) Verfasst am: 08.08.2009, 17:12 Titel: Re: Begründung der Menschenwürde |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | ... ich meinte, dass es gut ist, dass keine ontologische Eigenschaft behauptet wird. Denn dann könnte sich jemand wie ich, dem das unlogisch vorkommt, nicht mehr damit identifizieren. |
Ja, das sehe ich ebenso, es begründet aber nur, warum die Menschenwürde eben nicht ontologisch (naturrechtlich, religiös, o.ä.) begründet wurde. Hast Du mal eine Zusammenfassung der Diskussionen gelesen, die 1948/49 in Herrenchiemsee usw. stattfanden? Kann ich nur empfehlen. Unter Adenauer gab es sogar - gestützt vom BVerfG, eine zeitweilige Renaissance des Naturrechtsgedankens in der Justiz.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Natürlich sind wir beide uns einig. Weil unsere Weltanschauungen in großen Teilen übereinstimmt. Wir sind beide Relativisten und Naturalisten. Andere sehen das aber wohl anders. Und das ist mAn auch ihr gutes Recht und das stört mich solange überhaupt nicht, solange es meine Belange nicht berührt und solange ich mit ihnen auf einen gemeinsamen Nenner komme.
...
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Dir scheint es um etwas anderes zu gehen und zwar um die Festlegung der Wahrheit im GG. Die ein naturalistisches Weltbild sein soll. Aber das geht nun mal aus mehreren Gründen nicht. |
Nein, mir geht es um Klarheit der Ausdrucksweise, damit der Begründungs- und Verbindlichkeits-Status konkreter Menschenrechte klar hervortritt, auch seine Relativierungen. | Über den Begründungs- und Verbindlichkeitsstatus gibt es aber nun mal Diskrepanzen. Wenn Du Deine (und meine) Sichtweise dessen durchdrücken willst, dann verlierst Du an Zustimmung bei denjenigen, die eine Letztbegründung für nowendig halten und eine solche auch sehen. Das wäre ein ziemlich hoher Preis für die "Wahrheit". |
Sehe ich anders. Würde man den Zuweisungscharakter der Grundrechte explizit hervorheben (weil er eben konstitutiv für eine Demokratie, für eine Diskursethik usw. ist), würde das ja jedem Menschen offenlassen, zusätzlich eine private metaphysische Letztbegründung anzunehmen. Es würde aber klarmachen, daß diese etwaige Letztbegründung für die Verfassung nicht konstitutiv ist.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Den Satz "Die Würde des Menschen IST unantastbar" sehe ich als Appell, als Bekenntnis. Bedeutet letztlich nichts anderes als "Die Würde des Menschen MUSS unantastbar sein". |
Aber was soll da nicht angetastet werden? Eben gerade die Grundrechte! Historisch gesehen steht dieser Satz mit der Würde nur deshalb im GG, weil er aus einem ursprünglichen Letztbegründungsversuch übrigblieb.
Deine Deutung impliziert übrigens ein weiteres Argument gegen die ontologische Interpretation: Wäre die Würde des Menschen eine apriori-Eigenschaft, so bräuchte sie ja nicht extra geschützt werden. Dieses Problem wurde übrigens in der GG-Entstehung tatsächlich länglich diskutiert.
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AgentProvocateur registrierter User
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(#1340492) Verfasst am: 08.08.2009, 17:45 Titel: Re: Begründung der Menschenwürde |
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step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Über den Begründungs- und Verbindlichkeitsstatus gibt es aber nun mal Diskrepanzen. Wenn Du Deine (und meine) Sichtweise dessen durchdrücken willst, dann verlierst Du an Zustimmung bei denjenigen, die eine Letztbegründung für nowendig halten und eine solche auch sehen. Das wäre ein ziemlich hoher Preis für die "Wahrheit". |
Sehe ich anders. Würde man den Zuweisungscharakter der Grundrechte explizit hervorheben (weil er eben konstitutiv für eine Demokratie, für eine Diskursethik usw. ist), würde das ja jedem Menschen offenlassen, zusätzlich eine private metaphysische Letztbegründung anzunehmen. Es würde aber klarmachen, daß diese etwaige Letztbegründung für die Verfassung nicht konstitutiv ist. |
Dann haben wir hier eben einen Dissens. An dieser Stelle bin ich schlicht Pragmatiker. Ich weiß sehr wohl, dass Relativismus für viele Leute Teufelszeug ist. Dazu müssen sie übrigens nicht religiös sein.
Mir ist letztlich eine Übereinstimmung in der Sache / in den Ergebnissen / in der konkreten Umsetzung wichtiger als eine Übereinstimmung in der Weltsicht.
Der Kompromiss, mit dem ich und auch die anderen leben können, ist das Offenlassen der Frage, ob es eine objektive / übergeordnete Wahrheit gibt oder nicht.
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Den Satz "Die Würde des Menschen IST unantastbar" sehe ich als Appell, als Bekenntnis. Bedeutet letztlich nichts anderes als "Die Würde des Menschen MUSS unantastbar sein". |
Aber was soll da nicht angetastet werden? Eben gerade die Grundrechte! |
Nein, eben nicht. Die Grundrechte können durch Gesetze eingeschränkt werden. Sie sind nicht unantastbar. Die Menschenwürde soll es aber sein. Das ist der wesentliche Unterschied und daher ist sie mAn unverzichtbar.
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step registriert
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(#1340528) Verfasst am: 08.08.2009, 18:15 Titel: Re: Begründung der Menschenwürde |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Würde man den Zuweisungscharakter der Grundrechte explizit hervorheben (weil er eben konstitutiv für eine Demokratie, für eine Diskursethik usw. ist), würde das ja jedem Menschen offenlassen, zusätzlich eine private metaphysische Letztbegründung anzunehmen. Es würde aber klarmachen, daß diese etwaige Letztbegründung für die Verfassung nicht konstitutiv ist. | Dann haben wir hier eben einen Dissens. An dieser Stelle bin ich schlicht Pragmatiker. Ich weiß sehr wohl, dass Relativismus für viele Leute Teufelszeug ist. Dazu müssen sie übrigens nicht religiös sein. |
In der Tat.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Der Kompromiss, mit dem ich und auch die anderen leben können, ist das Offenlassen der Frage, ob es eine objektive / übergeordnete Wahrheit gibt oder nicht. |
Mir erscheint es irgendwie absurd, wenn diejenigen, für die Relativismus Teufelszeug ist, sich mit einer Offenlassung dieser Frage zufriedengäben.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Die Grundrechte können durch Gesetze eingeschränkt werden. Sie sind nicht unantastbar. Die Menschenwürde soll es aber sein. Das ist der wesentliche Unterschied und daher ist sie mAn unverzichtbar. |
Ich verstehe, was Du meinst. Mir ist aber nur ein Fall bekannt, in dem tatsächlich versucht wurde zu spezifizieren, was genau denn da unantastbar ist: die schon genannte "Objektformel", in der das BVerfG ausführte, es widerspräche der Würde in besonderem Maße, wenn der Mensch vom Staat zum Objekt gemacht und "seine Subjektqualität prinzipiell infragegestellt" werde. Interessanterweise wurde gerade diese Formel in den 70ern wieder eingeschränkt, meiner Erinnerung nach dahingehend, daß der Mensch nicht "nur" zum Objekt gemacht werden dürfe, oder ähnlich.
Meine Frag also an Dich: Was genau fällt in den absolut unantastbaren Bereich, wenn es nicht einige der Grundrechte sind?
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Skeptiker "I can't breathe!"
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(#1340553) Verfasst am: 08.08.2009, 18:51 Titel: Menschenwürde, die Dritte |
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step hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Ich dagegen argumentiere, dass die Menschenwürde als Grundanspruch gegenüber jedem Staat bedeutet, dass der Mensch (zusammen mit den höher entwickelten, bewussten Tieren) der Maßstab von allem ist, das, wonach sich alles in der Politik, in der Ökonomie, in der Kultur auszurichten habe und zwar ohne wenn und aber. Der Mensch ist qua Existenz das Maß aller Dinge. Das ist die Forderung und der Kontrapunkt zu der strukturkonservativen Ansicht, dass sich der Mensch gefälligst nach dem Staat, nach der Politik, der Ökonomie und der Kultur zu richten habe. |
Ich sehe mal über den ideologischen Ballast Deines Beitrags hinweg - schließlich ist das Primat des Individuums gegenüber dem Staat nicht gerade ein kommunistisches, sondern eher ein bürgerliches, liberales Paradigma. |
So? Das bürgerliche Paradigma stellt doch die Institutionen des Kapitals - und dazu gehört auch der Staat - über die Interessen der Lohnabhängigen und der Mehrheit der Bevölkerung.
Kommunismus dagegen ist die Tendenz der Abschaffung des Staates.
step hat folgendes geschrieben: | Die von Dir angesprochene Sichtweise, der Bürger stehe über dem Staat, ist fundamentaler Grundsatz der Verfassung. Und diese Sichtweise wurde zusammen mit den Menschenrechten (z.B. durch Aristoteles, später Hobbes und Locke) wesentlich geprägt. |
Ja, aber diese Verfassung muss man gegen die Politik des Kapitals verteidigen, gegen die Verabsolutierung des Maximalprofits und gegen die objektive Tendenz, den Menschen zu einer Ware unter Waren zu machen.
step hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Die Menschenrechte haben nach und nach ihre absolut überflüssige und verzichtbare religiöse Hülle abgeworfen und die menschlichen Rechte nicht mehr aus der Religion abgeleitet. Das ist schon mal ein Fortschritt. ... |
Aha, das klingt schon gleich ganz anders. Deine ursprüngliche Behauptung bleibt aber falsch:
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | ... und die Menschenrechte sind auch niemals religiös begründet worden ... |
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Nein, ich meinte: Die religiösen Formeln sind von Anfang an nur ein halbherziges und taktisches Zugeständnis der Verfasser gewesen um dem noch politisch mächtigen Klerus zu geben was des Klerus ist.
Aber im Kern sind bereits die ersten Ur-Menschenrechte eindeutig nicht religiös. Oder anders gesagt: Die Reihenfolge zwischen "Gott" und Mensch ist bereits umgedreht zugunsten des Menschen und seiner konkreten Lebensbedürfnisse.
step hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Ich bin etwas verwundert, wieso Du ständig die Geschichte mit der "metaphyisischen Letztbegründung" herunter betest. Das hat keinerlei Bedeutung. Denn die Menschenrechte und die Menschenwürde wurden von den unterdrückten Klassen (- siehe auch die 12 Artikel! -) als von ihren eigenen Interessen und Bedürfnissen abgeleitet dargestellt. Diese Interessen und Bedürfnisse sind dann meinetwegen so etwas wie eine "Letztbebegründung". Nur - was soll dieses Wort aussagen? |
Der Grund ist, daß die Unmöglichkeit einer Letztbegründung nicht nur für religiöse Begründungen gilt, sondern für alle (Naturrecht, Vernunft, Bedürfnisse der Arbeiterklasse usw.). Dies wurde auch bei der deutschen Verfassungsgebung (mehrheitlich) erkannt und daher weder eine Definition noch eine Begründung für die Menschenwürde gegeben. Die Menschenwürde stand darum schließlich relativ zusammenhanglos neben den Grundrechten. |
Du behauptest, dass der Begriff "Menschenwürde" nicht definiert oder weiterhin schwammig sei. Ich meine das nicht, sondern sehe diesen Begriff nicht nur hier klar fassbar.
Statt dessen weichst Du wiederholt aus, wenn ich danach frage, was Du unter "Letztbegründung" verstehst. Das würde mich interessieren. Denn warum "Letztbegründung"? Reicht es nicht aus, Menschenrechte und Menschenwürde mit dem Menschen selbst zu begründen? Seine Bedürfnisse und sein Wesen sind doch Realität. Da wird nichts künstlich herbei definiert und es hat auch weniger mit dem Naturrecht zu tun, sondern geradezu mit objektiven Tatsachen. Denn Bedürfnisse sind objektive Tatsachen. Niemand denkt sie sich aus. Sie sind vorhanden, auch wenn niemand sie definiert.
Zum Schluss möchte ich noch eine etwas andere Definition der Menschenwürde geben. Bzw. einen anderen bitten, dies auf unnachahmliche Weise für mich zu tun.
http://www.youtube.com/watch?v=LFessKiuDUk
http://www.youtube.com/watch?v=3i-Mcb9X0zA
http://www.youtube.com/watch?v=3OPCIuKIWu0
Da steckt alles drin, was man über Menschenwürde wissen muss. Und dies ist völlig hinreichend ...-!
Skeptiker
_________________ °
K.I.Z - Frieden
Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video
Informationsstelle Militarisierung e.V.
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pewe auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 20.01.2008 Beiträge: 3377
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(#1340556) Verfasst am: 08.08.2009, 18:58 Titel: Re: Menschenwürde, die Dritte |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Da steckt alles drin, was man über Menschenwürde wissen muss. Und dies ist völlig hinreichend ...-! |
Zitat: | Und weil der Mensch ein Mensch ist,
Drum braucht er was zum Essen, bitte sehr!
Es macht ihn ein Geschwätz nicht satt,
Das schafft kein Essen her. |
Ich glaube kaum, dass McDonalds einen Orden aus deinen Reihen annimmt.
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Hornochse Orthographiefetischist
Anmeldungsdatum: 22.07.2007 Beiträge: 8223
Wohnort: Bundeshauptstadt
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(#1340557) Verfasst am: 08.08.2009, 18:59 Titel: Re: Menschenwürde, die Dritte |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ich sehe mal über den ideologischen Ballast Deines Beitrags hinweg - schließlich ist das Primat des Individuums gegenüber dem Staat nicht gerade ein kommunistisches, sondern eher ein bürgerliches, liberales Paradigma. |
So? Das bürgerliche Paradigma stellt doch die Institutionen des Kapitals - und dazu gehört auch der Staat - über die Interessen der Lohnabhängigen und der Mehrheit der Bevölkerung. |
step hat hier aber völlig Recht, wenn er sagt, dass das Primat des Individuums der liberalen Tradition entspringt. Es ist für wie geradezu konstitutiv. Das gleiche kann man von den meisten sozialistischen oder gar kommunistischen Paradigmen nicht sagen. Hier liegt der Fokus zumeist auf der Unterordnung des einzelnen unter das Kollektiv.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Reicht es nicht aus, Menschenrechte und Menschenwürde mit dem Menschen selbst zu begründen? Seine Bedürfnisse und sein Wesen sind doch Realität. Da wird nichts künstlich herbei definiert und es hat auch weniger mit dem Naturrecht zu tun, sondern geradezu mit objektiven Tatsachen. Denn Bedürfnisse sind objektive Tatsachen. Niemand denkt sie sich aus. Sie sind vorhanden, auch wenn niemand sie definiert. |
Hornochse hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Eine objektive Moral muss natürlich in ihren wesentlichen Punkten gleich bleiben, kann aber im Zuge der gesellschaftlichen Entwicklung andere angemessene Formen bekommen.
Also zum Beispiel war die Moral in der Steinzeit eine andere als heute, da wir heute prinzipiell einfach mehr Möglichkeiten haben, Dinge schonend und rücksichtsvoll zu organisieren. Moral heisst im Prinzip dann aber auch, das einzufordern, was dem neuesten Stand entspricht bzw. entspräche. Insofern müssten die Menschenrechte, wenn man sie denn konkretisieren will, regelmäßig ein update bekommen: Menschenrechte version x.0 halt. |
Im Prinzip gibt es doch zwei Schwierigkeiten, denen du dich gegenübersiehst: Zum einen müssen die menschlichen Bedürfnisse objektiv feststellbar sein und zum anderen muss aus dieser objektiven Feststellung eine Moral abgeleitet werden.
Ersteres ist schon schwierig genug doch selbst wenn dies gelingt, hast du zunächst nicht mehr als eine Reihe von deskriptiven Aussagen im Sinne von: "Menschen haben dieses und jenes Bedürfnis". Um aber daraus eine Moral zu machen, benötigst du ein normatives Fundament/Prinzip. Und dieses müsste wiederum ebenso objektiv sein, um deinen Ansprüch zu genügen.
Der Klassenstandpunkt könnte ein solches Prinzip sein doch wodurch wird dessen Objektivität sichergestellt? Ist er nicht von seinem Wesen her bereits nicht-objektiv? |
_________________ Alles könnte anders sein - und fast nichts kann ich ändern.
- Niklas Luhmann -
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1340581) Verfasst am: 08.08.2009, 19:25 Titel: Re: Menschenwürde, die Dritte |
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Hornochse hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ich sehe mal über den ideologischen Ballast Deines Beitrags hinweg - schließlich ist das Primat des Individuums gegenüber dem Staat nicht gerade ein kommunistisches, sondern eher ein bürgerliches, liberales Paradigma. |
So? Das bürgerliche Paradigma stellt doch die Institutionen des Kapitals - und dazu gehört auch der Staat - über die Interessen der Lohnabhängigen und der Mehrheit der Bevölkerung. |
step hat hier aber völlig Recht, wenn er sagt, dass das Primat des Individuums der liberalen Tradition entspringt. Es ist für wie geradezu konstitutiv. Das gleiche kann man von den meisten sozialistischen oder gar kommunistischen Paradigmen nicht sagen. Hier liegt der Fokus zumeist auf der Unterordnung des einzelnen unter das Kollektiv. |
Sicher, der bürgerliche Individualismus gehört zu den ideologischen Bestandteilen der bürgerlichen Gesellschaft von - theoretisch - lauter souveränen Privatiers, die selbständig sind im Denken, Entscheiden, Konsumieren, Wählen, usw. Vor den Tatsachen blamiert sich dies allemal. So könnte man eher von einer Gleichschaltung der Meinungen sprechen. Aber das ist ein weiterführendes Thema.
Aber das Prinzip "Jedem nach seinen Bedürfnissen, jeder nach seinen Fähigkeiten!" ist Dir schon bekannt, oder? Man könnte noch spezifizieren: individuelle Bedürfnisse und Fähigkeiten, aber ... wir müssen ja nicht Eulen nach Athen tragen, gelle?
Also Kommunismus heisst schon individuelle Entfaltung auf der Basis einer demokratischen Ökonomie.
Zu Deinen Fragen später mehr.
Danke aber für die Erinnerung!
Skeptiker
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K.I.Z - Frieden
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Informationsstelle Militarisierung e.V.
Zuletzt bearbeitet von Skeptiker am 08.08.2009, 19:29, insgesamt einmal bearbeitet |
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1340597) Verfasst am: 08.08.2009, 19:53 Titel: Re: Menschenwürde, die Dritte |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Reicht es nicht aus, Menschenrechte und Menschenwürde mit dem Menschen selbst zu begründen? Seine Bedürfnisse und sein Wesen sind doch Realität. Da wird nichts künstlich herbei definiert und es hat auch weniger mit dem Naturrecht zu tun, sondern geradezu mit objektiven Tatsachen. Denn Bedürfnisse sind objektive Tatsachen. Niemand denkt sie sich aus. Sie sind vorhanden, auch wenn niemand sie definiert. |
Wie begründest Du, daß alle Menschen "gleich" sind, also gleiche Rechte haben? Etwa damit, daß sie alle die objektiv gleichen Bedürfnisse haben?
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44645
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(#1340605) Verfasst am: 08.08.2009, 20:41 Titel: Re: Menschenwürde, die Dritte |
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step hat folgendes geschrieben: | Wie begründest Du, daß alle Menschen "gleich" sind, also gleiche Rechte haben? |
Nicht das allgemeine Recht, sondern das Privileg ist es, das der Begründung bedarf.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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