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Welche Regierung gibts, wenn die Mehrheitsverhältnisse bleiben? |
CDU/CSU-SPD |
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69% |
[ 30 ] |
SPD-Grüne-Linke |
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4% |
[ 2 ] |
CDU/CSU-FDP-Grüne |
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4% |
[ 2 ] |
SPD-FDP-Grüne |
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4% |
[ 2 ] |
SPD-Minderheitsregierung |
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0% |
[ 0 ] |
CDU-Minderheitsregierung |
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4% |
[ 2 ] |
CDU-FDP-Minderheitsregierung |
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6% |
[ 3 ] |
SPD-Grüne-Minderheitsregierung mit Tolerierung durch Linke |
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2% |
[ 1 ] |
SPD-Grüne-Minderheitsregierung ohne Tolerierung durch Linke |
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0% |
[ 0 ] |
Neuwahlen |
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0% |
[ 0 ] |
noch was anderes (bitte erläutern) |
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2% |
[ 1 ] |
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Stimmen insgesamt : 43 |
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Autor |
Nachricht |
tridi _____
Anmeldungsdatum: 21.06.2007 Beiträge: 7933
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(#1358412) Verfasst am: 11.09.2009, 19:57 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Ich habe da zwei Gründe, dergleichen bei Leuten, denen man zu Selbstvertrauen und angemessener Bildung verhelfen kann, nicht zu vermuten.
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zu bildung verhelfen kann man eh niemandem, es gibt keinen nuernberger trichter fuer bildung.
die leute koennen sich die bildung nur selbst aneignen (wobei man sie natuerlich unterstuetzen kann).
Zitat: |
Der idealistische ist: Menschen haben das Bedürfnis, eigene Wirksamkeit zu erfahren. Wer die Möglichkeit hat und nicht eingeredet bekommt, er sei unnütz, wird es als angenehm empfinden, sich bilden und eine sinnvolle Arbeit tun zu können, auch wenn der Minimallebensunterhalt gesichert ist.
Der nicht ganz so idealistische ist: Die meisten Menschen hätten gern etwas mehr als den Minimallebensunterhalt. (Davon gehst du ja offenbar auch aus, dachte ich.) Also ist Bildung und ein Beruf auch dann für sie erstrebenswert, wenn es eine Grundsicherung gibt, wenn man dadruch etwas mehr als die Grundsicherung hat - was gerade durch einen Mindestlohn gesichert wäre.
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sicher haetten die leute das gerne. aber der erwerb von bildung ist anstrengend und weniger angenehm als andere taetigkeiten. und grade den jugendlichen interessiert der jetzige augenblick viel mehr als eine in der fernen zukunft liegende belohnung, insbesondere wenn die alternative (hartz iv) gar nicht so unangenehm erscheint.
Zitat: | Wobei übrigens der Blick über die Grenzen lohnt - in vielen Ländern Europas gibt es ganz selbstverständlich einen Mindestlohn, und in wenigen Ländern Europas hat sich der Lohn in den letzten Jahren so schlecht entwickelt wie hier. Hat's unserer Wirtschaft geholfen? |
ich halte nichts von einem mindestlohn, aber ein massvoller mindestlohn wie in anderen europaeischen laendern wird sicher auch uns nicht umbringen. bei der linken glaube ich aber nicht an ein masshalten.
die schlechte lohnentwicklung hier kann auch an einem hohen ausgangsniveau liegen. oder ist unser lohnniveau auch absolut gesehen niedrig? (ich weiss es grad nicht, wie das im verhaeltnis zu nachbarlaendern ist; die schweizer allerdings haben sicher mehr.)
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Wolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.08.2004 Beiträge: 16610
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(#1358499) Verfasst am: 11.09.2009, 22:05 Titel: |
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tridi hat folgendes geschrieben: |
eine sozialleistung sehe ich nicht als eingriff in den markt an.
| Das halte ich für sehr naiv. Meinst du ernsthaft dies hätte keinen Effekt auf den Markt?
Gut nach deinem nächsten Beitrag steigt sogar der Marktwert. Bei einer hohen Grundabsicherung durchaus denkbar.
Weswegen hast du eigentlich soviel Vertrauen in den Markt? (Sicherlich ist es einfacher den Markt die falschen Entscheidungen zu überlassen, als selbst welche zu treffen.)
Hältst du den Markt für "gerecht"?
_________________ Trish:(
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Wolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.08.2004 Beiträge: 16610
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(#1358503) Verfasst am: 11.09.2009, 22:08 Titel: |
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tridi hat folgendes geschrieben: | ich halte nichts von einem mindestlohn, aber ein massvoller mindestlohn wie in anderen europaeischen laendern wird sicher auch uns nicht umbringen. bei der linken glaube ich aber nicht an ein masshalten. |
Als maßvoll erachte ich einen Mindestlohn, bei dem man bei 40Std/Woche nicht mehr auf Arbeitslosengeld angewiesen ist. Hältst du das für zu hoch?
_________________ Trish:(
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#1358506) Verfasst am: 11.09.2009, 22:13 Titel: |
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Wolf hat folgendes geschrieben: |
Als maßvoll erachte ich einen Mindestlohn, bei dem man bei 40Std/Woche nicht mehr auf Arbeitslosengeld angewiesen ist. |
Wer genau ?
Ein Single, ein Elternteil eines, zweier [...] Kinder?
In vergangenen Zeiten war es schwierig und hart, aber sehr gut möglich, eine kleine Familie mit einem Einkommen durchzubringen als Ungelernter.
Ich finde, das müsste auch heute wieder drin sein können. Die blosse Arbeitskraft eines Menschen ist ja nicht weniger produktiv als im Jahre 1959.
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Wolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.08.2004 Beiträge: 16610
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(#1358510) Verfasst am: 11.09.2009, 22:22 Titel: |
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Noseman hat folgendes geschrieben: | Wer genau ?
Ein Single, ein Elternteil eines, zweier [...] Kinder?
| Single.
Gibt es bei euch kein Kindergeld/Familienbeihilfe bzw ist sie bei euch zu niedrig?
_________________ Trish:(
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#1358514) Verfasst am: 11.09.2009, 22:27 Titel: |
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Wolf hat folgendes geschrieben: | Noseman hat folgendes geschrieben: | Wer genau ?
Ein Single, ein Elternteil eines, zweier [...] Kinder?
| Single.
Gibt es bei euch kein Kindergeld/Familienbeihilfe bzw ist sie bei euch zu niedrig? |
Kindergeld.
Ich würde es als zu niedrig einstufen, denn es entspricht nur knapp der Hälfte des Satzes eines erwachsenen Hartz-IV-Empfängers. Und wenn letzteres das Existemzminimum eines Erwachsenen sein soll, dann reicht meines bescheidenen Erachtens der halbe Satz davon für eine heranwachsendes Kind nichtmal halb aus. (Und davon abgesehen übrigens auch nicht).
Natürlich kann man ergänzend Hartz IV /Arbeitslosengeld II beantragen, wenn der Lohn nicht ausreicht, aber dann sind wir ja schon wieder in dem subventionierten Bereich, aus dem man mittels Arbeit eigentlich draussen sein sollte.
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Wolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.08.2004 Beiträge: 16610
Wohnort: Zuhause
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(#1358518) Verfasst am: 11.09.2009, 22:31 Titel: |
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Noseman hat folgendes geschrieben: |
Kindergeld.
Ich würde es als zu niedrig einstufen, denn es entspricht nur knapp der Hälfte des Satzes eines erwachsenen Hartz-IV-Empfängers.
Natürlich kann man ergänzend Hartz IV /Arbeitslosengeld II beantragen, wenn der Lohn nicht ausreicht, aber dann sind wir ja schon wieder in dem subventionierten Bereich, aus dem man mittels Arbeit eigentlich draussen sein sollte. |
Sollte es deiner Ansicht nach gleiches Kindegeld für alle geben oder ein nach Einkommen gestaffeltes?
_________________ Trish:(
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#1358526) Verfasst am: 11.09.2009, 22:39 Titel: |
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Wolf hat folgendes geschrieben: |
Sollte es deiner Ansicht nach gleiches Kindegeld für alle geben oder ein nach Einkommen gestaffeltes? |
Staffeln könnte man ja theoretisch in beide Richtungen. Ich fände es aber sowohl am unbürokratischtesten als auch am gerechtesetn, wenn es ein Kindergeld in gleiche rhäöhe für jedes Kind gibt.
Was es in D ja auch gibt.
Nur ist es mE zu niedrig, zumindest solange der Erwerbslohn eines einfachen Arbeiters nicht hinreicht, mehr als sich selbst zu erhalten (und nicht mal das ist ja für Millionen von Menschen gegeben derzeit).
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tridi _____
Anmeldungsdatum: 21.06.2007 Beiträge: 7933
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(#1358554) Verfasst am: 11.09.2009, 23:21 Titel: |
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Wolf hat folgendes geschrieben: | tridi hat folgendes geschrieben: |
eine sozialleistung sehe ich nicht als eingriff in den markt an.
| Das halte ich für sehr naiv. Meinst du ernsthaft dies hätte keinen Effekt auf den Markt?
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effekte gibt es viele. sicher auch in diesem fall. ein mindestlohn ist dagegen ein direkter eingriff.
Zitat: | Weswegen hast du eigentlich soviel Vertrauen in den Markt?
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soll ich dir da jetzt ne vwl-vorlesung drueber halten? ich hatte auch vorher schon viel vertrauen in den markt, aber das, was ich in der allokationstheorie gelernt hab, war doch sehr ueberzeugend. da wird dir nachgewiesen, dass der markt die beste verteilung der gueter liefert. unter bestimmten idealen voraussetzungen natuerlich, die in der wirklichkeit natuerlich nicht so ideal gegeben sind, und der arbeitsmarkt ist erst recht kein idealer markt.
wenn ich dabei von "nachweis" rede, dann ist das uebrigens kein wortreiches gesuelze, sondern richtige mathematische herleitung, angewandte mehrdimensionale analysis sozusagen. richtig was fuer mathematiker, waehrend einem der typische wiwi-student da nur leid tun kann.
Zitat: |
(Sicherlich ist es einfacher den Markt die falschen Entscheidungen zu überlassen, als selbst welche zu treffen.)
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ein idealer markt trifft keine falschen entscheidungen.
(allerdings sind die meisten maerkte nicht ganz ideal.)
(eingriffe von aussen machen es allerdings nur seltenst besser.)
Zitat: |
Hältst du den Markt für "gerecht"? |
definiere "gerecht"...
grad beim arbeitsmarkt ist das doch schwer zu definieren. dass jemand, der sich stark anstrengt, um qualifikationen zu erwerben, damit auch mehr verdient als andere, das kann man schon als gerecht ansehen. andere aber (insbesondere die forumskommunisten) werden als gerecht nur einen zustand ansehen, bei dem jeder gleich viel verdient, vom arbeitslosen bis zum universitaetsprofessor. und der markt benachteiligt natuerlich die, deren angeborene faehigkeiten unterdurchschnittlich sind. da wirds schwierig mit der gerechtigkeit.
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tridi _____
Anmeldungsdatum: 21.06.2007 Beiträge: 7933
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(#1358566) Verfasst am: 11.09.2009, 23:35 Titel: |
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Wolf hat folgendes geschrieben: | tridi hat folgendes geschrieben: | ich halte nichts von einem mindestlohn, aber ein massvoller mindestlohn wie in anderen europaeischen laendern wird sicher auch uns nicht umbringen. bei der linken glaube ich aber nicht an ein masshalten. |
Als maßvoll erachte ich einen Mindestlohn, bei dem man bei 40Std/Woche nicht mehr auf Arbeitslosengeld angewiesen ist. Hältst du das für zu hoch? |
hmmm... bei 5 eur/stunde haette man dann ja schon so 800 eur/monat und waere nicht mehr auf irgendwas angewiesen (bei 5 eur netto).
ich bin zwar aus prinzipiellen gruenden dagegen, aber eine solche groessenordnung wird uns gewiss nicht umbringen.
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#1358569) Verfasst am: 11.09.2009, 23:40 Titel: |
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tridi hat folgendes geschrieben: |
hmmm... bei 5 eur/stunde haette man dann ja schon so 800 eur/monat und waere nicht mehr auf irgendwas angewiesen (bei 5 eur netto).
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Wenn die 5 € netto sind, dann stimmt die Rechnung und die Interpretation (für einen Single) ja noch einigermassen.
Aber wenn man von 800 € erstmal eine Krankenversicherung, Miete und Sozialabgaben zahlen muss, dann bleibt nicht mehr viel übrig.
Jedenfalls nicht der (mE ohnehin schon zu geringe ) Hartzssatz von 359 €.
Wenn man also nicht ganz schnell ausehernwill wie ein wandelndes George-Grosz-Bild wäre man ebenfalls wieder auf Hartz angewiesen.
5 € sind viel zuwenig. Andere europäische Länder haben doch auch weit mehr Mindestlohn.
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#1358570) Verfasst am: 11.09.2009, 23:45 Titel: |
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10 DM, also 5 € habe ich schon als Minderjähriger vor über 20 Jahren bekommen.
Und in meinem ersten befristeten Aushilfsjobob direkt nach der Bundeswehr vorm Studium 16, 50 DM plus Akkordzulage (was etwa weitere zehn Prozent waren).
Damals war 10 DM aber auch noch richtig Geld! Was krieg ich denn heute für 5€? Nichtmal ne Tageskarte für die Öffis.
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tridi _____
Anmeldungsdatum: 21.06.2007 Beiträge: 7933
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(#1358572) Verfasst am: 11.09.2009, 23:48 Titel: |
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Noseman hat folgendes geschrieben: |
In vergangenen Zeiten war es schwierig und hart, aber sehr gut möglich, eine kleine Familie mit einem Einkommen durchzubringen als Ungelernter.
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als ungelernter konkurrierst du auf dem globalen markt mit suedamerikanischen slumbewohnern, mit afrikanern und indern etc. zu hiesigen preise bringst du damit keinen durch.
Zitat: |
Ich finde, das müsste auch heute wieder drin sein können. Die blosse Arbeitskraft eines Menschen ist ja nicht weniger produktiv als im Jahre 1959. |
waerst du denn dann auch mit einem lebensstandard eines ungelernten aus dem jahr 1959 zufrieden? kein fernseher, allenfalls n radio, kein computer, kein auto, bestenfalls n fahrrad, kein handy, festnetzanschluss bestenfalls als doppelanschluss mit dem nachbarn zusammen, kein internet, ferngespraeche nur im notfall (sonst postkarte oder brief), kein fertigfutter, alles selber kochen, teils sogar im garten anbauen, fleisch allenfalls am sonntag, auch selbst waschen (nix waschmaschine oder gar geschirrspueler), einmal die woche ist badetag (keine taegliche dusche), keine zentralheizung, sondern kohlen ausm kohlenkeller holen und in den ofen packen, gemeinschaftsklo mit den nachbarn zusammen auf dem flur...
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22332
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(#1358574) Verfasst am: 11.09.2009, 23:51 Titel: |
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tridi hat folgendes geschrieben: | ... das, was ich in der allokationstheorie gelernt hab, war doch sehr ueberzeugend. da wird dir nachgewiesen, dass der markt die beste verteilung der gueter liefert. |
tridi hat folgendes geschrieben: | unter bestimmten idealen voraussetzungen natuerlich, die in der wirklichkeit natuerlich nicht so ideal gegeben sind, und der arbeitsmarkt ist erst recht kein idealer markt. |
ups ... und schon ist der ganz weihrauch wieder wech ...
tridi hat folgendes geschrieben: | definiere "gerecht"... |
Wie wäre es mit: "Gerecht sind Unterschiede im Zugriff auf die vorhandenen Ressourcen einer Gesellschaft dann, wenn der höhere Zugriff einzelner/einer Teilgruppe Vorteile für alle bringt"? (So
frei ausm Gedächtnis nach Rawls.)
Damit wären begrenzte Unterschiede, die sich durch längere Arbeitszeit, härtere Arbeitsanforderungen, bessere Ausbildung oder größere Verantwortung begründen lassen, einerseits gerechtfertigt und würden auch zu diesen Dingen motivieren.
So ungefähr das, was ich danach an Unterschieden noch gerecht finden würde, wären konkret zB die Unterschiede zwischen ca. 7,50 E für einfache Hilfstätigkeiten bis Bunselkanzlerinnengehalt.
Nicht mehr gerecht wären aber die absurden Auswüchse eines fehlgesteuereten Marktes - einerseits Hungerlöhne, von denen niemand leben kann, und andererseits Mondgehälter, die sich durch nichts anderes mehr begründen lassen als dadurch, dass es halt gezahlt wird.
Nach Wirtschaftlermeinung scheint mir aber häufig letzteres einfach qua Tautologie als "gerecht" bezeichnet zu werden: Das, was der Markt hervorbringt, sei gerecht, weil es der Markt so bestimmt hat. Wenn man sich nicht sowieso von der Idee "Gerechtigkeit" verabschiedet. Dann wüsste ich aber auch wirklich nicht mehr, wie ich dem Arbeitslosen erklären sollte, warum Banküberfälle nicht so gut sind.
_________________ "YOU HAVE TO START OUT LEARNING TO BELIEVE THE LITTLE LIES." -- "So we can believe the big ones?" -- "YES."
(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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tridi _____
Anmeldungsdatum: 21.06.2007 Beiträge: 7933
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(#1358576) Verfasst am: 11.09.2009, 23:54 Titel: |
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Noseman hat folgendes geschrieben: |
5 € sind viel zuwenig. Andere europäische Länder haben doch auch weit mehr Mindestlohn. |
5 euro netto reicht jedenfalls fuer den single, um nicht mehr auf hartz iv angewiesen zu sein.
und danach war ich gefragt worden. also wie ich einen solchen mindestlohn einschaetzen wuerde.
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#1358580) Verfasst am: 12.09.2009, 00:05 Titel: |
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tridi hat folgendes geschrieben: | Noseman hat folgendes geschrieben: |
In vergangenen Zeiten war es schwierig und hart, aber sehr gut möglich, eine kleine Familie mit einem Einkommen durchzubringen als Ungelernter.
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als ungelernter konkurrierst du auf dem globalen markt mit suedamerikanischen slumbewohnern, mit afrikanern und indern etc. zu hiesigen preise bringst du damit keinen durch.
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Nein, tue ich nicht.
Denn ich bin selbstmurmelnd hier um ein vielfaches produktiver als ein "suedamerikanischer slumbewohner", selbst wenn der voll klug ist und ich ein arbeitsloser Alkoholiker ohne Schulabschluss wäre.
Zitat: | waerst du denn dann auch mit einem lebensstandard eines ungelernten aus dem jahr 1959 zufrieden? kein fernseher, allenfalls n radio, kein computer, kein auto, bestenfalls n fahrrad, kein handy, festnetzanschluss bestenfalls als doppelanschluss mit dem nachbarn zusammen, kein internet, ferngespraeche nur im notfall (sonst postkarte oder brief), kein fertigfutter, alles selber kochen, teils sogar im garten anbauen, fleisch allenfalls am sonntag, auch selbst waschen (nix waschmaschine oder gar geschirrspueler), einmal die woche ist badetag (keine taegliche dusche), keine zentralheizung, sondern kohlen ausm kohlenkeller holen und in den ofen packen, gemeinschaftsklo mit den nachbarn zusammen auf dem flur... |
Ich habe und hatte nie ein Auto, Fernseher nur zur Zierde, bin Vegetarier.
Die Technik hat sich geändert, daher habe ich ein Handy für Notfälle. Benutzt habe ich es kaum; ca. 30 e in 5 Jahren. Normales Telefon dito.
Internet ist was anderes, das ist mein Hobby.
Ohne Waschmaschine geht allerdings garnix. [Chauvi]Aber dafür hätte ich da ja meine Ehefrau, die unsere Wäsche wascht und kocht und putzt[/Chauvi]
Das - meine persönlichen Bedürfnisse - sind aber alle hier völlig irrelevant.
Es ist eben genau der Witz an der Sache: dem normalen Malocher geht es im Grunde doch nicht wesentlich besser als 1959.
Obwohl der technische Fortschritt, die Produktivität sich seitdem um mehrere hunderte oder Tausende Prozent gesteigert hat, ist einges sogar ärger, auch wen manche Sachen besser geworden sind. Aber entscheidend hat materiell gesehen sich soviel nicht geändert, ideell ist es sogar schlechter geworden, weil damals Zuversicht, heute Zukunftsangst herrscht.
Wer hat den enormen technischen Zuwachs abgeschöpft und mitgenommen?
Nicht der "kleine Mann".
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22332
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(#1358581) Verfasst am: 12.09.2009, 00:07 Titel: |
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tridi hat folgendes geschrieben: | Noseman hat folgendes geschrieben: |
In vergangenen Zeiten war es schwierig und hart, aber sehr gut möglich, eine kleine Familie mit einem Einkommen durchzubringen als Ungelernter.
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als ungelernter konkurrierst du auf dem globalen markt mit suedamerikanischen slumbewohnern, mit afrikanern und indern etc. zu hiesigen preise bringst du damit keinen durch. |
Quatsch. Auf dem hiesigen Arbeitsmarkt konkurriere ich mit den Leuten, die hier leben. Weil die Arbeitskraft nämlich in den meisten Fällen unter hiesigen Bedingungen gebraucht wird, ob es um die reine physische anwesenheit der Arbeiter, hiesige Infrastruktur, Ausbildung oder gesellschaftliche Stabilität geht, und eben nicht im südamerikanischen Slum.
Arbeiten, bei denen es tatsächlich egal ist, ob sie hierzulande oder von südamerikanischen Slumbewohnern erledigt werden, werden auch bei einem hiesigen Stundenlohn von 1,28 von jenen südamerikanischen Slumbewohnern erledigt, die sind so oder so wech.
tridi hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Ich finde, das müsste auch heute wieder drin sein können. Die blosse Arbeitskraft eines Menschen ist ja nicht weniger produktiv als im Jahre 1959. |
waerst du denn dann auch mit einem lebensstandard eines ungelernten aus dem jahr 1959 zufrieden? [...] |
Ach nee, und der Produktivitätszuwachs seitdem ist allein fürs Kapital? So läufts nu aber nicht. Dagegen wäre Lebensstandard der 50er plus dem prozentualen Produktivitätszuwachs wohl in Ordnung ... nur dass zumindest in den letzten Jahren vor der Krise der Lohnzuwachs mW regelmäßig deutlich geringer war als der Produktivitätszuwachs. Diese Verschiebung müsste sich mE erst mal rechtfertigen.
_________________ "YOU HAVE TO START OUT LEARNING TO BELIEVE THE LITTLE LIES." -- "So we can believe the big ones?" -- "YES."
(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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tridi _____
Anmeldungsdatum: 21.06.2007 Beiträge: 7933
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(#1358584) Verfasst am: 12.09.2009, 00:11 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: |
Nicht mehr gerecht wären aber die absurden Auswüchse eines fehlgesteuereten Marktes
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sicher gibt es auswuechse, ganz besonders dort, wo es am idealen markt hapert, und da sollte man auch was gegen tun.
Zitat: |
- einerseits Hungerlöhne, von denen niemand leben kann,
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wenn jemand keine arbeit anbieten kann, die einen ernsthaften marktwert hat, dann sehe ich kein gerechtigkeitsproblem darin, wenn er dafuer auch nur einen hungerlohn kriegt - vorausgesetzt, er erhaelt neben dem hungerlohn sozialleistungen, die dafuer sorgen, dass er nicht hungern muss.
Zitat: |
und andererseits Mondgehälter, die sich durch nichts anderes mehr begründen lassen als dadurch, dass es halt gezahlt wird.
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selbst mondgehaelter koennen begruendet sein. wenn jemand mit seinem extremen talent es schafft, den gewinn der firma um 100 millionen zu steigern, dann kann man ihm davon durchaus 10 millionen zahlen. niemand haette was davon, wenn man ihn nicht einstellte.
(fakt ist allerdings, dass ich mich oft des eindrucks nicht erwehren kann, dass diese hochbezahlten typen den gewinn eher durch idiotische massnahmen gewaltig senken, indem sie milliarde um milliarde sinn- und verstandlos vernichten, mit aktionen, bei denen jeder, der halbwegs klar bei verstand ist, schon vorher sagen wuerde, dass das wahnsinn ist.)
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#1358585) Verfasst am: 12.09.2009, 00:13 Titel: |
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Wenn ich hier eine Firma plus Arbeiter habe, die Brummkreisel herstellen, interessiert mich als Brummkreiselfirmabesitzer, wieiviel mich die Erstellung eines Brummkreisels kostet (Lohnstückkosten).
Nicht das Gehalt eines Arbeiters. Ich nehme lieber einen, der zehn € kostet und 11 Brummkreisel herstellt las einen der 5 Eurokostet aber nur 4 Brummkreisel herstellt.
Aber selbst wenn die außerirdischen Brummkreiselarbeiter genausoviel kosten und genausoviel herstellen, interessiert mich auch noch wie viel ich verkaufen kann.
Und das ist bei "Made in Germany" immer noch weit wahrscheinlicher, selbst wenn die Qualität genauso beschissen wie die von Taiwan wäre.
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tridi _____
Anmeldungsdatum: 21.06.2007 Beiträge: 7933
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(#1358587) Verfasst am: 12.09.2009, 00:19 Titel: |
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Noseman hat folgendes geschrieben: |
Denn ich bin selbstmurmelnd hier um ein vielfaches produktiver als ein "suedamerikanischer slumbewohner", selbst wenn der voll klug ist und ich ein arbeitsloser Alkoholiker ohne Schulabschluss wäre.
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deine produktivitaet kenne ich nicht, aber es gibt leute, deren produktivitaet ist nahezu null. es gibt sogar welche mit negativer produktivitaet, die machen mehr kaputt als dass sie irgendwas helfen.
Zitat: |
Das - meine persönlichen Bedürfnisse - sind aber alle hier völlig irrelevant.
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eben - warum erwaehnst du es dann?
meine frage "waerst du mit ... zufrieden" zielte darauf, ob du zufrieden waerst, wenn man ungelernten in diesem land einen solchen lebensstandard bieten wuerde.
Zitat: |
Es ist eben genau der Witz an der Sache: dem normalen Malocher geht es im Grunde doch nicht wesentlich besser als 1959.
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das bezweifle ich. verfrachte ihn per zeitreise ins jahr 1959 und ich vermute, er wird dort einiges vermissen.
Zitat: |
Wer hat den enormen technischen Zuwachs abgeschöpft und mitgenommen?
Nicht der "kleine Mann". |
der ungelernte, von dem du sprichst, hat diesen technischen fortschritt auch nicht geschaffen.
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tridi _____
Anmeldungsdatum: 21.06.2007 Beiträge: 7933
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(#1358589) Verfasst am: 12.09.2009, 00:27 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: |
tridi hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Ich finde, das müsste auch heute wieder drin sein können. Die blosse Arbeitskraft eines Menschen ist ja nicht weniger produktiv als im Jahre 1959. |
waerst du denn dann auch mit einem lebensstandard eines ungelernten aus dem jahr 1959 zufrieden? [...] |
Ach nee, und der Produktivitätszuwachs seitdem ist allein fürs Kapital?
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mir wurde vorgehalten, der ungelernte sei heute nicht weniger produktiv. daraufhin hab ich versucht darzustellen, dass er auch nicht weniger bekommt als damals.
nun sagst du was anderes, du weist darauf hin, dass es sogar einen produktivitaetszuwachs gegeben habe.
das mag sein - aber ist die arbeit eines ungelernten auch irgendwie produktiver geworden? den kannst du doch heute kaum noch brauchen. frueher hat er noch erheblich zur produktion beitragen koennen, heute dagegen ist er ziemlich entbehrlich.
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#1358590) Verfasst am: 12.09.2009, 00:29 Titel: |
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tridi hat folgendes geschrieben: | Noseman hat folgendes geschrieben: |
Denn ich bin selbstmurmelnd hier um ein vielfaches produktiver als ein "suedamerikanischer slumbewohner", selbst wenn der voll klug ist und ich ein arbeitsloser Alkoholiker ohne Schulabschluss wäre.
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deine produktivitaet kenne ich nicht, aber es gibt leute, deren produktivitaet ist nahezu null. es gibt sogar welche mit negativer produktivitaet, die machen mehr kaputt als dass sie irgendwas helfen.
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Ja, die gibt es. Einige wenige. Aber in dem Ruf unproduktiv zu sein stehen derzeit quasi Millionen!
tridi hat folgendes geschrieben: | em land einen solchen lebensstandard bieten wuerde.
Zitat: |
Es ist eben genau der Witz an der Sache: dem normalen Malocher geht es im Grunde doch nicht wesentlich besser als 1959.
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das bezweifle ich. verfrachte ihn per zeitreise ins jahr 1959 und ich vermute, er wird dort einiges vermissen. |
Toll. Selbst wenn ich Kaiser und Gottkönig im Jahr wannauchimmer wäre, würde ich auch einiges vermissen.
tridi hat folgendes geschrieben: | Zitat: |
Wer hat den enormen technischen Zuwachs abgeschöpft und mitgenommen?
Nicht der "kleine Mann". |
der ungelernte, von dem du sprichst, hat diesen technischen fortschritt auch nicht geschaffen. |
Diejenigen, die davon profitieren in den allermeisten Fällen aber auch nicht !
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22332
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(#1358592) Verfasst am: 12.09.2009, 00:30 Titel: |
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dabei ging es mir um den produktivitätszuwachs verglichen mit dem lohnzuwachs insgesamt über alle arbeitnehmer. unter diesen sind natürlich auch sowieso viel weniger ungelernte als in den 50ern. aber ja, auch diese sollten noch soviel verdienen, dass sich für sie arbeit lohnt.
_________________ "YOU HAVE TO START OUT LEARNING TO BELIEVE THE LITTLE LIES." -- "So we can believe the big ones?" -- "YES."
(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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tridi _____
Anmeldungsdatum: 21.06.2007 Beiträge: 7933
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(#1358593) Verfasst am: 12.09.2009, 00:34 Titel: |
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Noseman hat folgendes geschrieben: | Wenn ich hier eine Firma plus Arbeiter habe, die Brummkreisel herstellen, interessiert mich als Brummkreiselfirmabesitzer, wieiviel mich die Erstellung eines Brummkreisels kostet (Lohnstückkosten).
Nicht das Gehalt eines Arbeiters. Ich nehme lieber einen, der zehn € kostet und 11 Brummkreisel herstellt las einen der 5 Eurokostet aber nur 4 Brummkreisel herstellt.
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stimmt!
(d.h. bei 5 eur mindestlohn wird die arbeitskraft des letzteren nicht verwendet.)
Zitat: |
Und das ist bei "Made in Germany" immer noch weit wahrscheinlicher, selbst wenn die Qualität genauso beschissen wie die von Taiwan wäre. |
das glaube ich nicht. bei so nem bloeden brummkreisel ist man doch gewohnt, dass sowas auch china kommt. da achtet doch kaum einer auf das herstellungsland.
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#1358596) Verfasst am: 12.09.2009, 00:38 Titel: |
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tridi hat folgendes geschrieben: |
das glaube ich nicht. bei so nem bloeden brummkreisel ist man doch gewohnt, dass sowas auch china kommt. da achtet doch kaum einer auf das herstellungsland. |
Ja gut, war ein scheiss Beispiel.
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tridi _____
Anmeldungsdatum: 21.06.2007 Beiträge: 7933
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(#1358598) Verfasst am: 12.09.2009, 00:44 Titel: |
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Noseman hat folgendes geschrieben: | tridi hat folgendes geschrieben: |
deine produktivitaet kenne ich nicht, aber es gibt leute, deren produktivitaet ist nahezu null. es gibt sogar welche mit negativer produktivitaet, die machen mehr kaputt als dass sie irgendwas helfen.
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Ja, die gibt es. Einige wenige.
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eher groessenordnung ne million als einige wenige.
davon die allermeisten arbeitslos, einige kriegen ein gehalt, und ein paar wenige sogar ein exorbitantes. idiotie schuetzt leider nicht zuverlaessig vor herausragender stellung und hohem gehalt.
Zitat: |
Aber in dem Ruf unproduktiv zu sein stehen derzeit quasi Millionen!
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die produktivitaet von millionen ist jedenfalls so niedrig (verglichen mit dem lohn den man ihnen zahlen muesste, um sie einzustellen), dass es sich nicht lohnt diese leute einzustellen und mit ihrer produktivitaet gueter herzustellen.
(waere es anders, dann wuerde man sie ja einstellen, die gueter herstellen und sich damit ne goldene nase verdienen.)
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tridi _____
Anmeldungsdatum: 21.06.2007 Beiträge: 7933
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(#1358601) Verfasst am: 12.09.2009, 00:50 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | dabei ging es mir um den produktivitätszuwachs verglichen mit dem lohnzuwachs insgesamt über alle arbeitnehmer. unter diesen sind natürlich auch sowieso viel weniger ungelernte als in den 50ern. aber ja, auch diese sollten noch soviel verdienen, dass sich für sie arbeit lohnt. |
ich seh keinen sinn darin, ihnen 5 euro fuer ne arbeit zu geben, die hoechstens einen euro wert ist.
und wenn sie mit ihrer arbeit einen gegenstand, der vorher 10 euro wert war, so veredeln, dass er hinterher 11 euro wert ist, dann hat ihre arbeit eben nur einen wert von 1 euro.
wobei aber natuerlich klar ist, dass sie sozialleistungen bekommen muessen, wenn sie zuwenig lohn bekommen um nicht hungern zu muessen.
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22332
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(#1358610) Verfasst am: 12.09.2009, 01:46 Titel: |
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tridi hat folgendes geschrieben: | tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | dabei ging es mir um den produktivitätszuwachs verglichen mit dem lohnzuwachs insgesamt über alle arbeitnehmer. unter diesen sind natürlich auch sowieso viel weniger ungelernte als in den 50ern. aber ja, auch diese sollten noch soviel verdienen, dass sich für sie arbeit lohnt. |
ich seh keinen sinn darin, ihnen 5 euro fuer ne arbeit zu geben, die hoechstens einen euro wert ist.
und wenn sie mit ihrer arbeit einen gegenstand, der vorher 10 euro wert war, so veredeln, dass er hinterher 11 euro wert ist, dann hat ihre arbeit eben nur einen wert von 1 euro.
wobei aber natuerlich klar ist, dass sie sozialleistungen bekommen muessen, wenn sie zuwenig lohn bekommen um nicht hungern zu muessen. |
Du scheinst einen komischen Begriff von "Wert" zu haben. Ist etwas wirklich nur das "wert", was jemand tatsächlich dafür bezahlt? Dann wäre eine unbeschädigte Qualitätsarmbanduhr, die ich auf der Straße finde und die jemand, den ich nicht ermitteln kann, verloren hat, und die ich darob behalte, nichts "wert" - ich habe ja nichts dafür bezahlen müssen.
Nur in diesem Sinne ist aber mE die meiste Billigarbeit nicht mehr als einen Billiglohn wert: Die Arbeitgeber (also die, die die Arbeit anderer annehmen) können die Arbeit von den Arbeitnehmern (also von denen, die ihre Arbeit abgeben) aufgrund einer komischen Marktsituation so billig bekommen, also nehmen sie sie auch so billig.
Oder ist etwas nicht vielleicht doch das "wert", was jemand theoretisch noch dafür bezahlen würde? Dann wäre die gefundene Uhr vielleicht doch etwas wert, nämlich das, was jemand, der sie nicht zufällig findet, sondern zu einem fairen Preis erwerben möchte, dafür zahlen würde. Und dann wäre eine Stunde Arbeit vielleicht nicht nur den Billiglohn wert, sondern auch einen höheren, den der Arbeitannehmer und Geldgeber noch zahlen würde, bevor er die Arbeit ungetan sein lässt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die allermeiste Arbeit, die hierzulande für Niedriglöhne getan wird, in diesem Sinne durchaus einen projektierten Mindestlohn wert ist. Warum soll der Staat nicht durch einen kleinen, marktkorrigierenden Eingriff dafür sorgen, dass der Arbeitabgeber diesen Lohn, den seine Arbeit durchaus wert ist, auch bekommt? (Außer um den armen Markt nicht traurig zu machen?)
Und, wie gesagt: Arbeit, die niemandem einen Mindestlohn irgendwo in der angedachten Höhe wert ist, braucht auch nicht getan zu werden. Dann soll, wer seine Haare nicht schneiden lassen möchte, wenn die Friseuse dafür mehr als 3,50 pro Stunde bekommt, halt in Zotteln gehen. Er wird sein Geld schon irgendwo anders wieder in den Wirtschaftskreislauf einspeisen.
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(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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Critic oberflächlich
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 16375
Wohnort: Arena of Air
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(#1358621) Verfasst am: 12.09.2009, 05:02 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | tridi hat folgendes geschrieben: | schoen, dass du es ihnen goennst, ich goenns ihnen nicht. das sorgt naemlich dafuer, dass die arbeitslosigkeit gar nicht als so erschreckend angesehen wird, dass man sich noch bemuehen sollte, sich so zu bilden, dass man spaeter auch arbeit findet. ("was willst du denn spaeter mal werden?" "hartz IV, was sonst...")
statt dass man also was lernt, was spaeter zu einem marktwert der eigenen arbeitskraft fuehrt, von dem man leben kann, gibt man sich einfach keine muehe, lernt nix, und findet dieses schicksal ohne arbeit gar nicht so schlecht... das kanns nicht sein, aber genau diese effekte wuerde die linke noch erheblich verstaerken, wenn sie denn koennte. |
Ich habe da zwei Gründe, dergleichen bei Leuten, denen man zu Selbstvertrauen und angemessener Bildung verhelfen kann, nicht zu vermuten.
Der idealistische ist: Menschen haben das Bedürfnis, eigene Wirksamkeit zu erfahren. Wer die Möglichkeit hat und nicht eingeredet bekommt, er sei unnütz, wird es als angenehm empfinden, sich bilden und eine sinnvolle Arbeit tun zu können, auch wenn der Minimallebensunterhalt gesichert ist.
Der nicht ganz so idealistische ist: Die meisten Menschen hätten gern etwas mehr als den Minimallebensunterhalt. (Davon gehst du ja offenbar auch aus, dachte ich.) Also ist Bildung und ein Beruf auch dann für sie erstrebenswert, wenn es eine Grundsicherung gibt, wenn man dadruch etwas mehr als die Grundsicherung hat - was gerade durch einen Mindestlohn gesichert wäre.
tridi hat folgendes geschrieben: | zu hohe mindestloehne oder bedingungslose grundeinkommen wuerden aber nichts stabilisieren, sondern alles zusammenbrechen lassen. und die linken wuerden in diesem punkt nicht masshalten. |
Zu niedrige Löhne sind ganz real ein Problem für die Binnennachfrage. Wobei übrigens der Blick über die Grenzen lohnt - in vielen Ländern Europas gibt es ganz selbstverständlich einen Mindestlohn, und in wenigen Ländern Europas hat sich der Lohn in den letzten Jahren so schlecht entwickelt wie hier. Hat's unserer Wirtschaft geholfen? |
1. "Wert" ist schon ein ökonomischer Begriff, noch dazu subjektiv. Ein Beispiel, das ich da noch erinere: Es nützte nichts, wenn man beispielsweise die Metallteile in einem Autositz mit Gold beschichten würde, wenn der Kunde dafür erst den Sitz mit einem Messer aufschlitzen und das Schaumgummi etc. rausholen müßte, um die sehen zu können. Er bezahle nur für das, was er als echten (Mehr)wert empfinde. Das Problem ist jetzt nur, daß jemand die Reinemachefrau oder den Packer genauso beurteilt -- weil Sauberkeit oder daß Regale eingeräumt seien ja selbstverständlich sei, seien die mit 6 Euro pro Stunde "gut versorgt".
2. Arbeitslosigkeit wird schon als "erschreckend" empfunden, oder besser: man sieht eben nichts Anderes als realistisch an. Heute wird Hauptschülern schon einigermaßen routinemäßig beigebracht, daß sie keine nennenswerte Chance auf eine Lehrstelle hätten. (Und ich empfinde es auch als schwierig, Leuten zu sagen, dann müßten sie halt ein bißchen bescheiden sein und/oder nehmen, was es gibt. Ich weiß ja nicht, was der Einzelne hier beruflich macht, aber wäre ich in einer solchen Situation gewesen und mir - als Computermensch - hätte jemand gesagt, dann müsse ich halt Schreiner lernen, dem hätte ich einen Vogel gezeigt.)
2a. Und dann ist es auch kein Wunder, daß sich Leute in die Verhältnisse von 1959 zurücksehnen. (Wenn auch manche Dinge, die heute selbst der Hartz-IV-Empfänger hat, damals im Vergleich relativ teurer war -- Bananen etc. gab es damals noch nicht überall.) Die Problematik stellt sich erst in den letzten Jahrzehnten, der früheste mir bekannte Bericht, daß jemand mit Hauptschulabschluß Probleme hatte, eine Lehrstelle zu finden, ist etwa 30 Jahre alt.
_________________ "Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"
Dann bin ich halt bekloppt.
"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
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Wolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.08.2004 Beiträge: 16610
Wohnort: Zuhause
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(#1358629) Verfasst am: 12.09.2009, 08:29 Titel: |
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tridi hat folgendes geschrieben: | wenn ich dabei von "nachweis" rede, dann ist das uebrigens kein wortreiches gesuelze, sondern richtige mathematische herleitung, angewandte mehrdimensionale analysis sozusagen. richtig was fuer mathematiker, waehrend einem der typische wiwi-student da nur leid tun kann. | Du meinst also bloß einen Nachweis für ein formales Modell(von denen es ja zahlreiche gibt) und keinen empirischen Nachweis.
Zitat: |
grad beim arbeitsmarkt ist das doch schwer zu definieren. dass jemand, der sich stark anstrengt, um qualifikationen zu erwerben, damit auch mehr verdient als andere, das kann man schon als gerecht ansehen.
| Ist geistige Anstrengung bzw. ehenmalige geistige Anstrengung höher zu bewerten als harte körperliche Anstrengung?
_________________ Trish:(
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