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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#136437) Verfasst am: 09.06.2004, 21:46 Titel: |
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Hi KP,
wenn Du nicht über Raumzeitbildchen reden magst, spring einfach gleich zu (***).
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Das statische Element kommt jedoch nicht vom Aufspalten, sondern von der "Spatialisierung der Zeit". Mehr steckt da nicht dahinter. |
Das habe ich auch nie behauptet und stimme dem sogar zu. Das statische Element hat mit der MWI nichts zu tun, es ist ein rein klassisches Argument, das auch in 1 Universum gilt. Wenn man das von unserem subjektiven Zeitempfinden geprägte Wort "statisch" gebraucht, sollte man sich klarmachen, daß es nichts weiter heißt als "zeitlich nicht veränderlich", also "gleich zu zwei Raumzeitpunkten mit gleichen Raumkordinaten". Wenn Du also die Nichtstatik der physikalischen Zeit zu retten versuchst, indem Du darauf hinweist, daß die Zeit nicht modellhaft spatialisiert werden dürfe, so müßtest Du dies physikalisch begründen. Die Raumzeitmodelle legen aber gerade nahe, daß man die Zeit hinreichend gut spatialisieren kann.
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Würden wir uns selber in einem solchen Multiweltenmodell mitsimulieren, dann würden wir (mitsamt unserer tatsächlich erfahrenen Welt) uns mit einer Geschwindigkeit von einer Sekunde pro Sekunde den Zeitpfeil entlangreisen sehen. Würde unsere simulierten Ebenbilder Uhren betrachten, dann würden deren Sekundenzeiger (wie das in diesem Koordinatensystem eben ist) sich mit einer Geschwindigkeit von 6 Grad pro Sekunde drehen. Sanduhren würden rinnen (eben so, wie das so ist, wenn wir den Strom der Zeit wahrnehmen). |
Das glaube ich nicht, jedenfalls nicht, wenn wir in einer anderen Raumzeit lebten als die simulierten Wesen. In diesem Fall würden wir sie (wenn wir sie denn sehen könnten, was eigentlich ein Widerspruch ist) als Schnappschüsse auf einem Raumzeitgitter (also mit spatialisierter Zeit) sehen. Je nach unserer eigenen Raumzeit und der darin geltenden Physik wäre es auch denkbar, daß wir keinen Zeitpfeil empfinden, sondern die Zeit als raumartig erleben.
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Die einzige Frage, die uns bezüglich Zukunft interessiert, ist die: In welcher Welt werden wir leben? Ob auch andere möglich wären, das ist die interessante Frage nach dem Determinismus. Aber ob diese anderen Welten tatsächlich existieren, ist irrelevant. Deine unfehlbar deterministischen Antwort bezüglich eines Münzenwurfes wären: "Entweder fällt Kopf oder Zahl". Das ist aber eine komplett irrelevante Antwort. Die relevante Antwort (die mich interessieren würde) wäre: "Ich weiss sicher, dass es Kopf ist". Eine solche Antwort ist Dir aber unmöglich: Weil beide Zustände gleichberechtigt sind. Das heisst insbesondere: die Frage, warum ist Kopf gefallen und nicht Zahl kann nur mit "das war rein zufällig" beantwortet werden. |
Hier würde ich widersprechen. Weder ist es (echter) Zufall, ob Kopf oder Zahl fällt, noch ist es (nach dem was wir heute wissen) prinzipiell unberechenbar. Es kann aber dennoch prinzipiell Unberechenbares geben, z.B. wenn die Naturgesetze eben so sind, daß wir aus einer bestimmten Raumzeitregion keine Information bekommen können oder wenn jemand an echten Zufall in der QM glaubt.
(***)
Aber Du hast eigentlich schon deutlich genug gemacht, daß Du unter Determinismus tatsächlich so etwas wie "prinzipielle Berechenbarkeit der Zukunft" verstehst. Für mich ist das aber eine ganz eigene Frage, und selbst wenn man das identifiziert, sollte man lieber gleich "Berechenbarkeit der Zukunft" sagen. In diesem Zusammenhang müßtest Du eigentlich auch in bezug auf die Vergangenheit Indeterminist sein: "Es ist nicht bestimmt (weil nicht berechenbar), ob genau vor einem Jahr da und dort ein Sack Reis umgefallen ist." Dies ist offensichtlich korrekt, jedoch Dein subjektives Zeitempfinden suggeriert Dir, die Vergangenheit sei determiniert, oder?
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Die Welt wäre determiniert, wenn es in Deinem Multiweltenmodell nur genau eine physikalisch zulässige "Weltlinie" gäbe. Alle anderen Weltlinien wären durch die Physik ausgeschlossen (unabhängig davon, ob ich den tatsächlichen Verlauf nun berechnen kann ider nicht). |
Sehr merkwürdig! Bleiben wir mal in einem Universum. Wenn Du Indeterminist bist, glaubst Du demnach: "Es gibt mehrere mögliche Weltlinien, und welche realisiert wird, bestimmt nicht die Physik" - denn sonst gäbe es ja nur eine physikalisch zulässige, und Du müßtest Determinist sein. Die Entschiedung für ein der möglichen Weltlinien fällt also Deiner Meinung nach durch ein unphysikalisches Phänomen. Dieses müßtest Du aber näher beschreiben, es scheint mir ein Spuk!
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | In einem gewissen Sinne haben wir auch Einfluss darauf. |
Ist dieser Einfluss unphysikalisch?
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Klaus-Peter auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 10.01.2004 Beiträge: 1534
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(#136617) Verfasst am: 10.06.2004, 11:56 Titel: |
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Hi Step,
step hat folgendes geschrieben: | Wenn man das von unserem subjektiven Zeitempfinden geprägte Wort "statisch" gebraucht, sollte man sich klarmachen, daß es nichts weiter heißt als "zeitlich nicht veränderlich", also "gleich zu zwei Raumzeitpunkten mit gleichen Raumkordinaten". Wenn Du also die Nichtstatik der physikalischen Zeit zu retten versuchst, indem Du darauf hinweist, daß die Zeit nicht modellhaft spatialisiert werden dürfe, so müßtest Du dies physikalisch begründen. Die Raumzeitmodelle legen aber gerade nahe, daß man die Zeit hinreichend gut spatialisieren kann. |
Ich denke, das tun sie nicht. Es hat noch niemand beobachtet, dass sich irgendjemand oder irgendetwas auf der Zeitachse von rechts nach links bewegt hat. Mein Punkt war, dass der Verlauf der Zeit ein objektives Phänomen ist, kein lediglich subjektives (weil wir es intersubjektiv erleben). Ich denke, es ist eher so, dass dieses objektive Phänomen des Unterschiedes zwischen Vergangenheit und Zukunft etwas ist, das die Raumzeitmodelle (klassisch oder nicht) nicht erklären können (wegen ihrer prinzipiellen Zeitsymmetrie). Damit müssen sie offenbar falsch oder zumindest unvollständig sein.
Mir scheint, du argumentierst gerade umgekehrt: Weil die Raumzeit symmetrisch in er Zeit ist, muss unser subjektives Empfinden eine Täuschung sein. Am Beispiel unseres Forums ausgedrückt: Mir scheint, Du bestreitest die Tatsache, dass es einen grundlegenden Unterschied gibt zwischen den Beiträgen die zum jetzigen Zeitpunkt bereits geschrieben sind, und denen, die erst in der Zukunft geschrieben werden. (Mit "jetzigen Zeitpunkt" meine ich die oben angegebene Zeit).
Step hat folgendes geschrieben: | Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Würden wir uns selber in einem solchen Multiweltenmodell mitsimulieren, dann würden wir (mitsamt unserer tatsächlich erfahrenen Welt) uns mit einer Geschwindigkeit von einer Sekunde pro Sekunde den Zeitpfeil entlangreisen sehen. Würde unsere simulierten Ebenbilder Uhren betrachten, dann würden deren Sekundenzeiger (wie das in diesem Koordinatensystem eben ist) sich mit einer Geschwindigkeit von 6 Grad pro Sekunde drehen. Sanduhren würden rinnen (eben so, wie das so ist, wenn wir den Strom der Zeit wahrnehmen). |
Das glaube ich nicht, jedenfalls nicht, wenn wir in einer anderen Raumzeit lebten als die simulierten Wesen. In diesem Fall würden wir sie (wenn wir sie denn sehen könnten, was eigentlich ein Widerspruch ist) als Schnappschüsse auf einem Raumzeitgitter (also mit spatialisierter Zeit) sehen. Je nach unserer eigenen Raumzeit und der darin geltenden Physik wäre es auch denkbar, daß wir keinen Zeitpfeil empfinden, sondern die Zeit als raumartig erleben. |
Ich verstehe kein Wort. Eigentlich hatte ich gedacht, Du würdest mir hier trivialerweise zustimmen. Vielleicht hilft diese Frage: Warum, meinst Du, "empfinden" wir einen Zeitpfeil? Kann das Dein Modell erklären? Meine "Erklärung" wäre: Weil wir uns (inclusive unserer Welt) entlang der Zeitachse mit einer "Geschwindigkeit" von 1 Sekunde pro Sekunde fortbewegen. Und diese Bewegung kann von uns nicht beeinflusst werden. Sie ist "naturgesetzlich".
Zitat: | ...Weder ist es (echter) Zufall, ob Kopf oder Zahl fällt, noch ist es (nach dem was wir heute wissen) prinzipiell unberechenbar. Es kann aber dennoch prinzipiell Unberechenbares geben, z.B. wenn die Naturgesetze eben so sind, daß wir aus einer bestimmten Raumzeitregion keine Information bekommen können oder wenn jemand an echten Zufall in der QM glaubt. |
Ich glaube Du hast mein Argument nicht verstanden. Ich versuche es anders: Du bist doch derjenige, der glaubt, die Welt sei eine "Multiwelt". Vereinfacht dargestellt, es gibt mindestens eine "Quantenmünze" und mindestens zwei Welten, eine, in der Kopf fällt und eine in der Zahl fällt. Wir beide sind aber nur in einer von diesen Welten. Damit ist es für uns absolut zufällig, und nicht vorhersagbar, ob wir in der "kopf"Welt leben werden oder in der "Zahl" Welt. Es ist absolut indeterminiert. Du bist also, was unserer beider Zukunft angeht, absoluter Indeterminist.
Zitat: | Aber Du hast eigentlich schon deutlich genug gemacht, daß Du unter Determinismus tatsächlich so etwas wie "prinzipielle Berechenbarkeit der Zukunft" verstehst. Für mich ist das aber eine ganz eigene Frage, und selbst wenn man das identifiziert, sollte man lieber gleich "Berechenbarkeit der Zukunft" sagen. In diesem Zusammenhang müßtest Du eigentlich auch in bezug auf die Vergangenheit Indeterminist sein: "Es ist nicht bestimmt (weil nicht berechenbar), ob genau vor einem Jahr da und dort ein Sack Reis umgefallen ist." Dies ist offensichtlich korrekt, jedoch Dein subjektives Zeitempfinden suggeriert Dir, die Vergangenheit sei determiniert, oder? |
Nein. Ich rede genau deshalb nicht von "Berechenbarkeit". Die Vergangenheit ist dadurch determiniert, dass etwas stattgefunden hat, nicht dadurch, dass ich in der Lage bin, das zu rekonstruieren. Der Sack Reis ist umgefallen, ob ich ihn gesehen habe oder nicht. Den Beitrag am 26.5.2003 habe ich geschrieben oder nicht, egal, ob ihn jemand gelesen hat, bevor ich ihn wieder gelöscht habe oder nicht. Mit Determiniertheit meine ich, dass (halbmathematisch dargestellt) es eine Funktion "Determi" gibt, die aus dem Zustand der Welt zum Zeitpunkt t0 den Zustand der Welt zum Zeitpunkt t1 bestimmt: Welt(t1) = Determi(Welt(t0)). Ob die Funktion Determi "berechenbar" ist, ist mir egal (es gibt bekanntlich nicht.berechenbare mathematische Funktionen.
Zitat: | Bleiben wir mal in einem Universum. Wenn Du Indeterminist bist, glaubst Du demnach: "Es gibt mehrere mögliche Weltlinien, und welche realisiert wird, bestimmt nicht die Physik" - denn sonst gäbe es ja nur eine physikalisch zulässige, und Du müßtest Determinist sein. Die Entschiedung für ein der möglichen Weltlinien fällt also Deiner Meinung nach durch ein unphysikalisches Phänomen. Dieses müßtest Du aber näher beschreiben, es scheint mir ein Spuk! |
Ich behaupte: Offenbar ist der zukünftige Verlauf der (einen) Welt nicht durch die jetzt bestehenden Anfangsbedingungen und physikalische Gesetze vollständig vorherbestimmt. Offenbar ist also die Physik so beschaffen, dass diese "Freiheit" offenbleibt. Es muss also in der Tat spontane Wirkungen ohne Ursache geben (Beispielsweise eine spontane Erzeugung eines Elektron-Positron-Paares aus einem Lichtquant oder (im Rahmen der Unschärferrelation) aus dem Nichts). Das ist vermutlich eine unausweichliche Konsequenz aus dem Indeterminismus. Mit Spuk hat das nichts zu tun.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#136797) Verfasst am: 10.06.2004, 14:43 Titel: |
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Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Die Raumzeitmodelle legen aber gerade nahe, daß man die Zeit hinreichend gut spatialisieren kann. |
Ich denke, das tun sie nicht. Es hat noch niemand beobachtet, dass sich irgendjemand oder irgendetwas auf der Zeitachse von rechts nach links bewegt hat. |
Zum einen behaupte ja gerade ich nicht, daß man sich auf der Zeitachse bewege. Diese Vorstellung ist falsch, da in dem Wort "bewegen" implizit die Veränderung des Ortes (in diesem Fall der Position auf der modellhaft spatialisierten Zeitachse) in der Zeit enthalten ist, also in diesem Fall einer zusätzlichen äußeren Zeit des Beobachters. Diese gibt es aber - nach jetzigem Wissen - nicht.
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Mein Punkt war, dass der Verlauf der Zeit ein objektives Phänomen ist, kein lediglich subjektives (weil wir es intersubjektiv erleben). Ich denke, es ist eher so, dass dieses objektive Phänomen des Unterschiedes zwischen Vergangenheit und Zukunft etwas ist, das die Raumzeitmodelle (klassisch oder nicht) nicht erklären können (wegen ihrer prinzipiellen Zeitsymmetrie). Damit müssen sie offenbar falsch oder zumindest unvollständig sein. |
Du hast hier insofern recht, als das Raumzeitmodell natürlich nicht erklärt, wieso wir einen Zeitfluss empfinden bzw. wieso wir Raum und Zeit und Vergangenheit und Zukunft in bestimmten Zusammenhängen unterschiedlich empfinden. Dies wird nur im Zusammenhang mit den physikalischen Gesetzen klar. Was Du empfindest, ist nicht die Zeit, sondern die Auswirkungen physikalischer Gestze, die die Zeit beinhalten.
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Mir scheint, du argumentierst gerade umgekehrt: Weil die Raumzeit symmetrisch in er Zeit ist, muss unser subjektives Empfinden eine Täuschung sein. Am Beispiel unseres Forums ausgedrückt: Mir scheint, Du bestreitest die Tatsache, dass es einen grundlegenden Unterschied gibt zwischen den Beiträgen die zum jetzigen Zeitpunkt bereits geschrieben sind, und denen, die erst in der Zukunft geschrieben werden. (Mit "jetzigen Zeitpunkt" meine ich die oben angegebene Zeit). |
Ja, der Unterschied besteht mE nur im Wissen und/oder der Berechenbarkeit. Man sieht das an Fällen, wo wir sehr gute Theorien haben: Wenn wir die Augen aufmachen und sehen gerade einen Stein fallen, so wissen wir etwa gleich gut, wo er kurz zuvor war, wie wo er kurz danach sein wird. Die Asymmetrie ist also keine der Raumzeit, sondern einiger darin geltenden Naturgesetze.
D.Deutsch hat folgendes geschrieben: | Wenn Sie ein Los für die gestrige Lotterie haben, aber noch nicht wissen, ob Sie gewonnen haben oder nicht, ist das Ergebnis aus Ihrer Sicht noch offen, obwohl es objektiv gesehen festliegt. Aber Sie können es weder subjektiv noch objektiv beeinflussen. |
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Warum, meinst Du, "empfinden" wir einen Zeitpfeil? Kann das Dein Modell erklären? |
Nicht das Raumzeitmodell - natürlich nicht - aber andere physikalische Theorien. Ich vermute, wir wechseln subjektiv zwischen den unvereinbaren Bildern einzelner Augenblicke und einer fließenden Zeit, um besser mit der Beschränkung umgehen zu können, daß wir wenig über die Zukunft wissen, uns aber an die Vergangenheit, die ältere Versionen unserer selbst wahrnahmen, erinnern.
D.Deutsch hat folgendes geschrieben: | Was wir wahrnehmen, sind Unterschiede zwischen unseren gegenwärtigen Wahrnehmungen und unseren gegenwärtigen Erinnerungen an frühere Wahrnehmungen. Wir deuten jene Unterschiede richtig als Hinweise darauf, daß sich das Universum im Lauf der Zeit ändert. Wir deuten sie auch, fälschlich, als Hinweis darauf, daß sich unser Bewußtsein oder die Gegenwart oder irgend etwas anderes durch die Zeit bewegt. |
Ein Teil der Asymmetrieemfindung kommt auch dadurch zustande, daß wir uns die Beeinflußbarkeit nur in bezug auf (einige) zukünftige Ereignisse einbilden, nicht aber in bezug auf vergangene Ereignisse.
Interessant wär mE, wie stark die Funktionsweise unseres Gehirns damit zusammenhängt. Möglicherweise ist auch die nur Ausdruck tieferliegender physikalischer Gesetze, so daß alle KI's ebenfalls dazu neigen würden, sich eine Fortbewegung der Welt in der Zeit einzubilden.
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Meine "Erklärung" wäre: Weil wir uns (inclusive unserer Welt) entlang der Zeitachse mit einer "Geschwindigkeit" von 1 Sekunde pro Sekunde fortbewegen. Und diese Bewegung kann von uns nicht beeinflusst werden. Sie ist "naturgesetzlich". |
Deine Theorie der zusätzlichen äußeren Zeit ist aber durch kein physikalisches Experiment belegt und widerspricht sogar solchen, die eine 4-dimensionale Raumzeit nahelegen. Du glaubst, etwas oder jemand "lege die Ereignisse erst an die Raumzeitpunkte", wenn jeweils ein äußerer Zeitpunkt erreicht ist. Meiner Ansicht nach eine absurde Vorstellung.
Das folgende bezieht sich auf die MWI und Quantenmünzen, die Argumentation zuvor (und auch das Münzenbeispiel) war jedoch zunächst mal rein klassisch. Aber sei's drum:
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Vereinfacht dargestellt, es gibt mindestens eine "Quantenmünze" und mindestens zwei Welten, eine, in der Kopf fällt und eine in der Zahl fällt. Wir beide sind aber nur in einer von diesen Welten. |
Ja, in jeder Welt nimmt eine Kopie jeweils nur sich selbst wahr, beide erinnern sich aber an eine gemeinsame Version aus der Vergangenheit.
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Damit ist es für uns absolut zufällig, und nicht vorhersagbar, ob wir in der "kopf"Welt leben werden oder in der "Zahl" Welt. Es ist absolut indeterminiert. |
Hier meinst Du also mit Indeterminiertheit hier eher prinzipielle Unberechenbarkeit, obwohl Du das an anderer Stelle leugnest.
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Du bist also, was unserer beider Zukunft angeht, absoluter Indeterminist. |
Nein, Determinist, unser beider Zukunft (falls die MWI zutrifft, die Menge aller zukünftigen parallelen Kopien von uns) liegt in der Raumzeit vor. Falls zusätzlich die prinzipielle Berechenbarkeit gilt (und das ist zumindest bei der Quantenmünze der Fall): Ich kann prinzipiell vorhersagen, wie sich das Multiversum (!) der Quantenmünze entwickelt: Es wir genau zwei Kopien geben, die sich nur durch den Münzenspin unterscheiden. Die Kopie des KP im Zahl-Univerum wird "Zahl" sehen, die im Kopfuniversum "Kopf".
Die Tatsache, daß eine Stichprobe aus den entsehenden 2 Kopien pseudozufällig ist, führt nicht dazu, daß das Multiversum-Modell indeterministisch wird, ebensowenig wie die klassischen Lottozahlen. Nur: Der KP im noch ungeteilten Universum hat kein Wissen darüber, welche Stichprobe aus der Menge seiner zwei späteren Kopien "gewählt" wird.
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Die Vergangenheit ist dadurch determiniert, dass etwas stattgefunden hat, nicht dadurch, dass ich in der Lage bin, das zu rekonstruieren. Der Sack Reis ist umgefallen, ob ich ihn gesehen habe oder nicht. |
Ich finde, solche Aussagen gehören entmystifiziert: Heißt "der Sack Reis IST umgefallen" nicht einfach nur "das vermutete Umfallen des Reissacks liegt an einem Zeitpunkt in der Vergangenheit, und ich glaube nicht, daß ich dieses Ereignis noch beeinflussen kann" ?
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Mit Determiniertheit meine ich, dass (halbmathematisch dargestellt) es eine Funktion "Determi" gibt, die aus dem Zustand der Welt zum Zeitpunkt t0 den Zustand der Welt zum Zeitpunkt t1 bestimmt: Welt(t1) = Determi(Welt(t0)). |
Also die Naturgesetzlichkeit des Zusammenhangs. Das ist mehr als meine Forderung, aber kann man so sehen - ich neige übrigens auch bei dieser Definition immer noch zum Determinismus, wenn ich auch dann nicht ohne MWI auskomme.
Forderst Du dies eigentlich auch für t1<t0?
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Ich behaupte: Offenbar ist der zukünftige Verlauf der (einen) Welt nicht durch die jetzt bestehenden Anfangsbedingungen und physikalische Gesetze vollständig vorherbestimmt. |
So offenbar ist das nur dann, wenn man die MWI ausschließt und echten Zufall der CI annimmt.
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Offenbar ist also die Physik so beschaffen, dass diese "Freiheit" offenbleibt. Es muss also in der Tat spontane Wirkungen ohne Ursache geben (Beispielsweise eine spontane Erzeugung eines Elektron-Positron-Paares aus einem Lichtquant oder (im Rahmen der Unschärferrelation) aus dem Nichts). Das ist vermutlich eine unausweichliche Konsequenz aus dem Indeterminismus. Mit Spuk hat das nichts zu tun. |
Naja, Du postulierst unphysikalische Wirkungen, für die nicht nur bisher die Erklärung fehle, sondern die prinzipiell echt zufällig (oder spontan oder was auch immer) seien. Meinst Du denn nicht, daß die Wissenschaft diese "Spontanereignisse" doch erklären könnte, vielleicht im Rahmen einer umfassenderen Theorie?
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Klaus-Peter auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 10.01.2004 Beiträge: 1534
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(#136842) Verfasst am: 10.06.2004, 16:06 Titel: |
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Hi Step,
ich habe jetzt ein prinzipielles Problem. Ich bin der Meinung, ich habe das meine Position (und meine Argumente gegen das was ich für die Deinige halte) nach bestem Wissen und Gewissen aufgeschrieben. Leider verstehe ich nun praktisch kein Wort von Deiner Antwort. Oder besser, sie kommt mir komplett unsinnig vor. Ich habe keine Ahnung, was ich noch schreiben soll.
Zum Beispiel verstehe ich überhaupt nicht, was dieser Satz soll:
D.Deutsch hat folgendes geschrieben: | Wenn Sie ein Los für die gestrige Lotterie haben, aber noch nicht wissen, ob Sie gewonnen haben oder nicht, ist das Ergebnis aus Ihrer Sicht noch offen, obwohl es objektiv gesehen festliegt. Aber Sie können es weder subjektiv noch objektiv beeinflussen. |
Wovon redet der Mann eigentlich? Ich dachte, in seinem (und Deinem) Weltbild steht alles nur rum, man kann sowieso nichts beeinflussen, und die ganze Welt ist nur eine multidimensionale statische Mannigfaltigkeit, in der niemand und nichts irgendetwas anderes beeinflusst. Ich verstehe nicht, wie in so einer Welt irgendetwas "passiert" und warum es dort (als völlig sinnloses Epiphänomen) irgendwelche Leute geben sollte, die glauben, dass irgendetwas passiere.
Zum Beispiel kommt mir:
Step hat folgendes geschrieben: | Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Warum, meinst Du, "empfinden" wir einen Zeitpfeil? Kann das Dein Modell erklären? |
Nicht das Raumzeitmodell - natürlich nicht - aber andere physikalische Theorien. Ich vermute, wir wechseln subjektiv zwischen den unvereinbaren Bildern einzelner Augenblicke und einer fließenden Zeit, um besser mit der Beschränkung umgehen zu können, daß wir wenig über die Zukunft wissen, uns aber an die Vergangenheit, die ältere Versionen unserer selbst wahrnahmen, erinnern. |
vollkommen sinnlos vor. Ich habe nicht die Spur einer Ahnung, was Du meinen könntest.
Auch das Reden von einer "äusseren Zeit" ist irgendwie sinnlos. Wenn wir die Welt modellieren, dann müssen wir über dieses Modell reden. Dazu benötigen wir eine "Metasprache", unsere Alltagssprache. Und Zu der gehört unsere "Alltagszeit". Die Zeit, die wir kritisch untersuchen können, ist die in unserer Objektsprache, die in unserem Modell. (Das ist die Zeit, die wir in Form einer Gerade aufgemalt haben). Und in den Worten meiner Alltagssprache (der Metasprache meines Modells" bin ich berechtigt zu sagen, die Welt meines Modells (der Objektwelt, die Gegenstand meiner Untersuchgung ist) bewgt sich mit einer Geschwindigkeit von 1 Sekunde pro Sekunde entlang dem Zeitstrahl. Ich habe fast das Gefühl, Deutsch (und damit auch Du) verheddert sich im Gestrüpp zwischen Objektsprache und Metasprache - ein Problem das auch in der Mathematik auftreten kann, wenn man "Metamathematik" betreibt, wenn man also das untersucht, was man gemeinhin "Grundlagen der Mathematik" nennt.
Jetzt, wo ich es aufgeschrieben habe: Ja, ich denke, das ist das Problem. Deutsch verwechselt "Die Welt" und "Das Modell der Welt, das wir uns machen". Kannst Du Deine Thesen mal unter diesem Gesichtspunkt kritisch unter die Lupe nehmen? Ich habe nämlich das Gefühl, wir drehen uns im Kreis.
Gruss
KP
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#136876) Verfasst am: 10.06.2004, 17:29 Titel: |
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Hi KP,
meinen Beitrag einfach als sinnlos zu erklären ist aber nicht die ganz feine Art ... und nach nochmaligem Durchlesen finde ich meine Argumentation nachvollziehbar und nicht sinnlos. Sowohl das klassische Raumzeitmodell als auch die MWI sind in sich einigermaßen konsistent, wenn auch natürlich nicht die einzig möglichen Modelle.
In puncto Determinismus und Berechenbarkeit habe ich eine klare Position und Begriffsdefinition geäußert. Die Widersprüche, die sich aus Deiner Sicht der Indeterminiertheit ergeben, konntest Du bisher mE nicht entkräften.
Das Beispiel Zitat: | Wenn Sie ein Los für die gestrige Lotterie haben, aber noch nicht wissen, ob Sie gewonnen haben oder nicht, ist das Ergebnis aus Ihrer Sicht noch offen, obwohl es objektiv gesehen festliegt. Aber Sie können es weder subjektiv noch objektiv beeinflussen. | ist nur ein weiteres Beispiel dafür, daß Unwissen für das klassische Indeterminismusgefühl entscheidender ist als der Zeitpunkt eines Ereignisses. In diesem Beispiel würde natürlich jeder zustimmen, daß die Entscheidung schon gefallen ist, aber dennoch erscheint ihm das Ergebnis offen. Ähnlich ist es beim deterministischen Chaos: Die Anfangsbedingungen determinieren das Ergebnis (Augustwetter) vollständig, aber es erscheint uns offen, weil es so schwer vorausberechenbar ist.
Den möglicherweise irritierenden Begriff der äußeren Zeit (die es nicht gibt) habe ich eingeführt, um zu zeigen, daß unsere implizite Alltagszeitvorstellung zwar nicht stört, solange wir Modelle der Welt betrachten, die im Rahmen von physikalischen Theorien entstehen, welche die Zeit nicht selbst modellieren, daß wir damit aber vorsichtig sein müssen, wenn wir die hypothetische Realität unserer Raumzeit selbst untersuchen. Darüber können wir zwar - wie Du richtig ausführst - letztlich auch wieder nur mit einer Metasprache reden, diese sollte aber nicht subjektive Vorstellungen des Untersuchungsobjekts (Raumzeit) enthalten. Ich verheddere mich also gerade nicht "im Gestrüpp zwischen Objekt- und Metasprache", sondern ziehe logische und von der Alltagsmystik befreite Schlüsse aus den derzeit besten Theorien (auch wenn sie erstmal ungewohnt erscheinen), während Du zur Bestätiging Deiner subjektiven Zeitvorstellung diese selbst anzuführen scheinst. Es ist allerdings ungewohnt, beim Diskutieren über Raumzeitmodelle unser subjektives Zeitempfinden nicht vorauszusetzen, was wir sonst immer ungestraft dürfen, auch bisher in der normalen Physik, eben solange die untersuchten Theorien Raum und Zeit als gegeben annehmen.
Deutsch verwechselt auch nicht "Die Welt" und "Das Modell der Welt, das wir uns machen", sondern er unterscheidet zwischen zwei Modellen der hypothetisch realen Welt:
- dem physikalisch derzeitig besten Modell (Raumzeit + QM)
- dem subjektiven Modell (Zeitflussempfindung und anderes)
Diese beiden Modelle widersprechen sich, beide können nicht richtig sein. Deutsch argumentiert, daß das Raumzeitmodell genauer ist.
Aber ich fürchte (wie Du), daß wir hier nicht weiterkommen.
gruß/step
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pyrrhon registrierter User
Anmeldungsdatum: 22.05.2004 Beiträge: 8770
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(#136889) Verfasst am: 10.06.2004, 18:33 Titel: |
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Gedankenexperiment: Nehmen wir einen Raum mit nur zwei Dimensionen an und nehmen wir die Zeit als dritte hinzu. Nehmen wir einen Anfang der Zeit und ein Ende der Zeit an. Der Raum sei endlich. Dann wäre ein mögliches Raum-Zeit-Kontinuum eine Kugel. Von innen aus kann der Betrachter nur in die Vergangenheit sehen und die Zukunft nicht berechnen, so die Annahme. Dann wäre dieses Raum-Zeit-Kontinuum für den inneren Betrachter indeterminiert, für einen äußeren Betrachter aber determiniert. Ich glaube, dass step von der Sicht des äußeren Betrachters ausgeht und Klaus-Peter von der Sicht des inneren Betrachters. Nur ist die Wirklichkeit deutlich komplizierter als dieses kleine Modell.
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Klaus-Peter auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 10.01.2004 Beiträge: 1534
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(#136893) Verfasst am: 10.06.2004, 18:45 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | meinen Beitrag einfach als sinnlos zu erklären ist aber nicht die ganz feine Art ... und nach nochmaligem Durchlesen finde ich meine Argumentation nachvollziehbar und nicht sinnlos. |
Das ist dann Dein Problem. Wenn ich in Deinem Beitrag keinen Sinn erkennen kann, dann dann musst Du das als Fakt und als Feedback anerkennen. Das hat nichts mit feinen Manieren zu tun, sondern ist eine wahre Aussage über mein subjektives Empfinden.
Auf meine Frage
Zitat: | Warum, meinst Du, "empfinden" wir einen Zeitpfeil? Kann das Dein Modell erklären? |
ist Deine Antwort
Zitat: | Nicht das Raumzeitmodell - natürlich nicht - aber andere physikalische Theorien. Ich vermute, wir wechseln subjektiv zwischen den unvereinbaren Bildern einzelner Augenblicke und einer fließenden Zeit, um besser mit der Beschränkung umgehen zu können, daß wir wenig über die Zukunft wissen, uns aber an die Vergangenheit, die ältere Versionen unserer selbst wahrnahmen, erinnern. |
für mich vollkommen sinnfrei. Du hättest genausogut schreiben können: "Weil der Gott der Philosophen diese Illusion in mir erzeugt." Ich weiss nicht, warum Du nicht einsiehst, dass die Antwort: "Wir erzeugen das Gefühl subjektiv" (was anderes hast Du nicht gesagt) keine Erklärung für meine Frage ist. Das ist eine rein zirkuläre Aussage. Wenn Dir das trotzdem als sinnvoll vorkommt, dann hast entweder Du Deine Ideen vor Kritik immunisiert, oder aber ich habe total Tomaten auf den Augen. In letzterem Fall bitte ich dringend irgendeinen Mitleser (Lars? Sokrateer?, Babyface?, ...) mir auf die Sprünge zu helfen.
Gruss
KP
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#136911) Verfasst am: 10.06.2004, 19:47 Titel: |
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Nagarjuna hat folgendes geschrieben: | ... Ich glaube, dass step von der Sicht des äußeren Betrachters ausgeht und Klaus-Peter von der Sicht des inneren Betrachters. Nur ist die Wirklichkeit deutlich komplizierter als dieses kleine Modell. |
Unabhängig vom Modell, eine physikalische Theorie sollte den äußeren Standpunkt einzunehmen versuchen, also den, in dem die Theorie möglichst invariant gegenüber dem Standpunkt oder Zustand des Beobachters formulierbar ist.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#136922) Verfasst am: 10.06.2004, 20:12 Titel: |
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Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Auf meine Frage Zitat: | Warum, meinst Du, "empfinden" wir einen Zeitpfeil? Kann das Dein Modell erklären? | ist Deine Antwort ... für mich vollkommen sinnfrei. Du hättest genausogut schreiben können: "Weil der Gott der Philosophen diese Illusion in mir erzeugt." Ich weiss nicht, warum Du nicht einsiehst, dass die Antwort: "Wir erzeugen das Gefühl subjektiv" (was anderes hast Du nicht gesagt) keine Erklärung für meine Frage ist. |
Ganz so ist es nicht, ich hatte auch einige Erklärungsansätze angeboten. Zudem habe ich Beispiele gebracht, wo unser subjektives Zeitgefühl uns trügt, ohne daß wir das leugnen. Ich denke, ich könnte da sogar ein bessere Theorie liefern, warum die physikalischen Gesetze und die Wissensverwaltung im Gehirn unser Zeitgefühl nahelegen, allerdings nicht in Kürze.
Letztlich habe ich aber kein Problem damit, die Frage nach der endgültigen Klärung des Mechanismus, der in unserem Bewußtsein bei der Bewertung zeitabhängiger Phänomene vor sich geht, als noch offen zu bezeichnen. Mein Raumzeit-Determinismus-Modell scheint mir einfach konsistenter - auch wenn es natürlich nicht alles erklären kann. Aber auch Dein Modell hat Lücken, etwa kannst Du nicht erklären, wer oder was die Ereignisse erst zu bestimmten äußeren Zeitpunkten an die Raumzeitpunkte legt. Der entscheidende Mangel Deines Modells ist aber für mich, daß das subjektive Zeitempfinden und Dein Modell für den klassischen Bereich im Widerspruch zu physikalischen Theorien steht.
gruß/step
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Klaus-Peter auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 10.01.2004 Beiträge: 1534
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(#136942) Verfasst am: 10.06.2004, 20:39 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Nagarjuna hat folgendes geschrieben: | ... Ich glaube, dass step von der Sicht des äußeren Betrachters ausgeht und Klaus-Peter von der Sicht des inneren Betrachters. Nur ist die Wirklichkeit deutlich komplizierter als dieses kleine Modell. |
Unabhängig vom Modell, eine physikalische Theorie sollte den äußeren Standpunkt einzunehmen versuchen, also den, in dem die Theorie möglichst invariant gegenüber dem Standpunkt oder Zustand des Beobachters formulierbar ist.
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Genau. Lob für Nagarjuna, der mit seinem interessanten Hinweis womöglich wieder Bewegung in die Sache gebracht hat.
Ich stimme zu: Eine physikalische Theorie sollte unabhängig vom Beobachter sein. Man sollte also zunächst einmal einen "äusseren" Standpunkt einnehmen. Wir formulieren also eine Raumzeit, eine Physik, uznd betrachten diese Raumzeit, diese Physik von einem äusseren Standpunkt.
Innerhalb dieser Physik, die wir jetzt von unserem äusseren objektiven Standpunkt betrachten, wird es auch (modellierte) Menschen geben müssen, die so etwas wie einen Zeitfluss empfinden. Wir müssen jetzt also (in unserer äusseren objektiven Betrachtungsweise) erklären, wie diese inneren modellierten Wesen dazu kommen, einen subjektiven Zeitfluss zu empfinden. Dazu sind natürlich Sätze wie "die bilden sich das ein" nicht erlaubt (weil das keine Sätze aus der äusseren objektiven Betrachtungsweise sind).
Sind wir uns soweit einig?
Gruss
KP
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step registriert
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Wohnort: Germering
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(#136957) Verfasst am: 10.06.2004, 20:59 Titel: |
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KP hat folgendes geschrieben: | Ich stimme zu: Eine physikalische Theorie sollte unabhängig vom Beobachter sein. Man sollte also zunächst einmal einen "äusseren" Standpunkt einnehmen. Wir formulieren also eine Raumzeit, eine Physik, uznd betrachten diese Raumzeit, diese Physik von einem äusseren Standpunkt.
Innerhalb dieser Physik, die wir jetzt von unserem äusseren objektiven Standpunkt betrachten, wird es auch (modellierte) Menschen geben müssen, die so etwas wie einen Zeitfluss empfinden. Wir müssen jetzt also (in unserer äusseren objektiven Betrachtungsweise) erklären, wie diese inneren modellierten Wesen dazu kommen, einen subjektiven Zeitfluss zu empfinden. |
Bis hierher volle Zustimmung.
KP hat folgendes geschrieben: | Dazu sind natürlich Sätze wie "die bilden sich das ein" nicht erlaubt (weil das keine Sätze aus der äusseren objektiven Betrachtungsweise sind). |
Hmm ... die Aussage "das bilden sie sich ein" ist ja auch nicht Teil meines Raumzeitmodells, sondern höchstens eines Bewußtseinsmodells. Um eine Theorie des Bewußtseins zu entwerfern, muß ich in bezug auf dieses "außen" zu stehen versuchen. Du hast aber insofern recht, als ich die Aussage nicht machen dürfte, wenn ich nicht implizit annähme, daß für die Erklärung der entsprechenden Bewußtseinsvorgänge die Raumzeit als gegeben vorausgesetzt werden kann, ebenso wie für alle anderen derzeit bekannten Phänomene diesseits der Planckskala.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
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(#137304) Verfasst am: 11.06.2004, 18:21 Titel: |
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Hi Step,
[...]
Step hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Nehmen wir mal an, Quantenphänomene wären tatsächlich unbestimmt in dem Sinne, daß es keine "verborgenen Parameter" gäbe. Weshalb wäre dann auf der Quantenebene die Kausalrelation widerlegt? |
Es müßten dann "Wirkungen" ohne "Ursachen" angenommen werden. |
Hmmm. Ein Tritiumkern zerfällt als ß-Strahler, weil das hohe Neutronen/Protonen-Verhältnis die Bindungsenergie der Nucleonen enorm herabsetzt und somit den Kern destabilisiert. Ist das etwa keine Ursache, nur weil der Atomzerfall nicht deterministisch erfolgt, sondern nur quantenstatistisch berechenbar ist?
Grüße
Martin
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#137312) Verfasst am: 11.06.2004, 18:54 Titel: |
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Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Step hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Nehmen wir mal an, Quantenphänomene wären tatsächlich unbestimmt in dem Sinne, daß es keine "verborgenen Parameter" gäbe. Weshalb wäre dann auf der Quantenebene die Kausalrelation widerlegt? |
Es müßten dann "Wirkungen" ohne "Ursachen" angenommen werden. | Hmmm. Ein Tritiumkern zerfällt als ß-Strahler, weil das hohe Neutronen/Protonen-Verhältnis die Bindungsenergie der Nucleonen enorm herabsetzt und somit den Kern destabilisiert. Ist das etwa keine Ursache, nur weil der Atomzerfall nicht deterministisch erfolgt, sondern nur quantenstatistisch berechenbar ist? |
Kommt darauf an, was man unter Ursache versteht. Ich denke, man könnte in der Tat nach wie vor sagen: "Die Herabsetzung der Bindungsenergie verursacht den statistischen Zerfall". Auf dieser Ebene hat man die Kausalität gerettet, allerdings ist das Ergeignis auf dieser Ebene auch determiniert.
Geht es dagegen um die Frage, was genau die Ursache dafür ist, daß in einem ganz speziellen Fall der Beobachtung der Zerfall genau zum Zeitpunkt t und nicht früher oder später auftritt, so muß ich dafür entweder eine deterministische Erklärung finden, oder (und so war ja gerade die Annahme) es handelt sich um echten indeterministischen Zufall. In diesem Fall wäre für das Auftreten des Zerfalls gerade zum Zeitpunkt t keine Ursache bekannt und sogar per Annehme nicht existent.
gruß/step
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pyrrhon registrierter User
Anmeldungsdatum: 22.05.2004 Beiträge: 8770
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(#137321) Verfasst am: 11.06.2004, 19:16 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Nagarjuna hat folgendes geschrieben: | ... Ich glaube, dass step von der Sicht des äußeren Betrachters ausgeht und Klaus-Peter von der Sicht des inneren Betrachters. Nur ist die Wirklichkeit deutlich komplizierter als dieses kleine Modell. |
Unabhängig vom Modell, eine physikalische Theorie sollte den äußeren Standpunkt einzunehmen versuchen, also den, in dem die Theorie möglichst invariant gegenüber dem Standpunkt oder Zustand des Beobachters formulierbar ist. |
In diesem Fall besteht ein äußerer Standpunkt jedoch in einem Standpunkt außerhalb des Universums bzw. Multiversums. Du gehst von der Annahme aus, dass man das gesamte Raum-Zeit-Kontinuum sozusagen von außen betrachten kann. Daraus schließt Du, dass das Universum bzw. Multiversum deterministisch ist. (Die Umkehrung gilt natürlich auch: der Schluss von einem deterministischen Universum auf die Möglichkeit eines äußeren Standpunkts.) Diese Annahme muss aber nicht stimmen, es könnte auch genauso gut keinen möglichen Standpunkt geben, von dem Du alles, was war, ist und sein wird, in einem Stück sehen kannst, wenn das Universum also nicht deterministisch ist. Zur Zeit sieht es doch so aus, dass diese Frage, ob das Universum deterministisch ist, nicht beantwortet werden kann und ich vermute, dass diese Frage auch grundsätzlich unbeantwortbar ist, weil die Beantwortung jenseits unserer Erkenntnismöglichkeiten liegt. Die Entscheidung für eine Möglichkeit davon ist wohl eine Glaubensentscheidung.
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Graf Zahl untot
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 7040
Wohnort: Universum
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(#137339) Verfasst am: 11.06.2004, 19:54 Titel: |
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Nagarjuna hat folgendes geschrieben: | Zur Zeit sieht es doch so aus, dass diese Frage, ob das Universum deterministisch ist, nicht beantwortet werden kann und ich vermute, dass diese Frage auch grundsätzlich unbeantwortbar ist, weil die Beantwortung jenseits unserer Erkenntnismöglichkeiten liegt. |
Da bin ich mir gar nicht so sicher. Würde das eine Theory of Everything nicht klären?
_________________ 42
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#137340) Verfasst am: 11.06.2004, 19:54 Titel: |
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Nagarjuna hat folgendes geschrieben: | Du gehst von der Annahme aus, dass man das gesamte Raum-Zeit-Kontinuum sozusagen von außen betrachten kann. |
Nicht wirklich. Nur so, wie man einen Zusammenhang von außen betrachtet, indem man einen Formalismus zu seiner Beschreibung, Simulation angibt. Zudem habe ich mit der "äußeren Zeit" - die es laut Physik nicht gibt - nur gezeigt, was passiert, wenn man die subjektive Zeitvorstellung ernst nimmt.
Wenn Du etwa ein Urknallmodell hast, also z.B. eine Expansionsformel, so macht diese Voraussagen aus einer äußeren Perspektive (sie spannt den zu beschreibenden Bereich auf), aber sie macht ihre Voraussagen unabahängig davon, ob wir sie modellhaft in eine größere Welt einbetten.
Nagarjuna hat folgendes geschrieben: | Daraus schließt Du, dass das Universum bzw. Multiversum deterministisch ist. ... Diese Annahme muss aber nicht stimmen, es könnte auch genauso gut keinen möglichen Standpunkt geben, von dem Du alles, was war, ist und sein wird, in einem Stück sehen kannst, wenn das Universum also nicht deterministisch ist. |
Das sehe ich nicht so. Ich tue eigentlich nur zwei Dinge:
1. Ich muß mich an die beste derzeitige Theorie halten, und die beschreibt - jedenfalls oberhalb der Plancklänge - eine Raumzeit als Mannigfaltigkeit. Auf der gelten physikalische Gesetze, die die Zustände der wahrnehmbaren Welt an den Raumzeitpunkten mehr oder weniger verknüpfen.
2. Ich muß definieren, was ich unter Determinismus verstehe. Das habe ich klar und deutlich getan. Meint man prinzipielle Berechenbarkeit, ist nicht sicher, ob die Welt determiniert ist. Meint man dagegen mit Indeterminismus, daß erst zum Zeitpunkt t jemand oder etwas den Zustand der Welt zum Zeitpunkt t festlegt, so widerspricht das der derzeit besten Theorie der Raumzeit, weswegen ich in diesem Sinne Determinist bin.
Übrigens meine ich, man könnte eine Raumzeit und Gesetze darauf definieren, so daß die falsche Zeitvorstellung tatsächlich der Realität entspräche.
Nagarjuna hat folgendes geschrieben: | ... und ich vermute, dass diese Frage auch grundsätzlich unbeantwortbar ist, weil die Beantwortung jenseits unserer Erkenntnismöglichkeiten liegt. |
Wieso sollte das prinzipiell nicht erkennbar sein, kannst Du das naturalistisch begründen?
gruß/step
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#137341) Verfasst am: 11.06.2004, 19:55 Titel: |
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Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Nagarjuna hat folgendes geschrieben: | Zur Zeit sieht es doch so aus, dass diese Frage, ob das Universum deterministisch ist, nicht beantwortet werden kann und ich vermute, dass diese Frage auch grundsätzlich unbeantwortbar ist, weil die Beantwortung jenseits unserer Erkenntnismöglichkeiten liegt. |
Da bin ich mir gar nicht so sicher. Würde das eine Theory of Everything nicht klären? |
Ja, würde sie.
Vermutlich auch schon eine "TO almost E".
gruß/step
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Graf Zahl untot
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 7040
Wohnort: Universum
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(#137348) Verfasst am: 11.06.2004, 20:13 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Nagarjuna hat folgendes geschrieben: | Zur Zeit sieht es doch so aus, dass diese Frage, ob das Universum deterministisch ist, nicht beantwortet werden kann und ich vermute, dass diese Frage auch grundsätzlich unbeantwortbar ist, weil die Beantwortung jenseits unserer Erkenntnismöglichkeiten liegt. |
Da bin ich mir gar nicht so sicher. Würde das eine Theory of Everything nicht klären? |
Ja, würde sie.
Vermutlich auch schon eine "TO almost E".
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Spielst Du mit dem "almost" auf andere eventuell existierende Universumsblasen eines Multiversums an, über die wir keine Aussagen machen könnten?
_________________ 42
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#137405) Verfasst am: 11.06.2004, 22:58 Titel: |
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Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Spielst Du mit dem "almost" auf andere eventuell existierende Universumsblasen eines Multiversums an, über die wir keine Aussagen machen könnten? |
Eher darauf, daß eine TOE, so wie wir sie zur Zeit suchen, gar keine wirkliche theory of EVERYTHING wäre. Vieles bliebe auch mit ihr ungeklärt, aber ich denke, am Raumzeitmodell oberhalb der Planckskala wird sich im Effekt durch eine TOE nicht viel ändern.
gruß/step
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#139912) Verfasst am: 19.06.2004, 11:44 Titel: |
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Hi.
als Anregung zum Thema hier ein interessanter Artikel:
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#139914) Verfasst am: 19.06.2004, 11:55 Titel: |
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Lamarck hat folgendes geschrieben: | als Anregung zum Thema hier ein interessanter Artikel:
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Ich habe hier ja schon mehrfach begründet, warum ich das Qualia-Problem für ein reines Scheinproblem halte. Aber der zweite Teil des Artikels scheint mir gaz interessant, und egal ob Singer oder Flohr rechtbehalten, in jedem Fall gilt der beste Satz des Artikels:
Zitat: | Entweder kann es keine Zombies geben - oder sie sind so dumm, dass wir es merken würden. |
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#139924) Verfasst am: 19.06.2004, 12:29 Titel: |
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Klasse Artikel. Endlich mal was, das sich mit dem auseinandersetzt was ich auch für Bewusstsein halte. Andere Artikel handelten auf den ersten Blick auch vom Bewusstsein, gemeint war dann aber eher ein Ichbewusstsein.
Ab in die Favoriten damit.
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#140015) Verfasst am: 19.06.2004, 17:42 Titel: |
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Hi Lamarck,
danke für den Link, der Artikel ist wahrlich hochinteressant! IIRC kennt man das "Neglect-Phänomen" auch bei Epileptikern, deren Gehirnhälften durch einen "Balkenschnitt" getrennt wurden. Das scheint dafür zu sprechen, daß Bewußtsein eine emergente Eigenschaft ist, die nur dann entsteht, wenn sich eine Vielzahl neuronaler "Module" durch Synchronisation ihrer Aktivität zu einem harmonischen Zustand zusammenschalten. Von der Vorstellung, man könne das Bewußtsein an einer bestimmten Stelle lokalisieren, halte ich nichts. Auf die zeitliche Koordination räumlich verteilter Aktivitäten scheint es anzukommen.
Von epistemologischem Interesse ist übrigens auch folgender Abschnitt:
Zitat: | Und auch auf die dritte Frage - Wozu ist das Bewusstsein gut? - hat Flohr eine Antwort parat. Bewusstsein, sagt Flohr, sei letztlich Metarepräsentation: Wenn wir bewusst etwas wahrnehmen, verfüge unser Gehirn nicht nur über eine Repräsention des eigentlichen Objekts, sondern auch über eine Repräsentation unseres eigenen Gehirnzustandes. Damit verbunden wären zusätzliche Fähigkeiten, die auch evolutionär von Vorteil wären. |
Als radikaler Konstruktivist beachte man besonders die Termini "wahrnehmen", "Repräsentation", "eigentliches Objekt", "Gehirnzustand" und "evolutionärer Vorteil". Auch hier wird nicht klar, wie der radikale Konstruktivismus an der wissenschaftlichen Theorienbildung beteiligt sein könnte...
Grüße
Martin
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#140021) Verfasst am: 19.06.2004, 18:14 Titel: |
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Hi Step,
step hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | als Anregung zum Thema hier ein interessanter Artikel:
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Ich habe hier ja schon mehrfach begründet, warum ich das Qualia-Problem für ein reines Scheinproblem halte. |
Nein, warum? Gerade der Gedanke, daß da womöglich Millionen von Menschen ohne Bewußtsein in der Welt herumrennen, ist doch das eigentlich Interessante! Irgendwie beschleicht mich der Verdacht, daß die Gründe, die Dich dazu veranlassen, das Ganze zu einem Scheinproblem herunterzureden, wieder mit Deiner empiristischen (positivistischen) Wissenschaftsdefinition zu tun haben: Aussagen über etwas, das man nicht messen, wägen, jederzeit und unmittelbar beobachten bzw. auf die Erfahrung zurückführen kann, werden für "wissenschaftlich sinnlose" (metaphysische) Sätze gehalten. Ich hoffte eigentlich schon früher, Dir etwas deutlicher gemacht zu haben, daß und weshalb dem nicht so ist
Grüße
Martin
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#553139) Verfasst am: 27.08.2006, 21:06 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | als Anregung zum Thema hier ein interessanter Artikel:
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Ich habe hier ja schon mehrfach begründet, warum ich das Qualia-Problem für ein reines Scheinproblem halte. Aber der zweite Teil des Artikels scheint mir gaz interessant, und egal ob Singer oder Flohr rechtbehalten, in jedem Fall gilt der beste Satz des Artikels:
Zitat: | Entweder kann es keine Zombies geben - oder sie sind so dumm, dass wir es merken würden. |
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Wenn man mal den Menschen mal als Black Box ansieht, als Rechner, der bei bestimmten Eingaben bestimmte Ausgaben (Verhaltensweisen) liefert, dann ist mMn dazu keineswegs ein Bewusstsein notwendig. Eine Maschine ohne Bewusstsein wäre durchaus denkbar, die sich aber trotzdem exakt wie ein Mensch verhielte. Die Schlussfolgerung aus dem obigen zitierten Artikel "Entweder kann es keine Zombies geben - oder sie sind so dumm, dass wir es merken würden." ist daher nur in einem bestimmten Kontext richtig, nämlich dann, wenn man davon ausgeht, dass alle Zombies sich nur durch das Fehlen eines Bewusstseins vom Menschen unterscheiden. Wenn die Zombies aber insgesamt anders funktionieren als Menschen und das Verhalten eines Menschen mit Bewusstsein exakt kopieren könnten, dann könnte man sie eben nicht unterscheiden.
Morgenwelt hat folgendes geschrieben: | Wenn schnelle Entscheidungen gefragt sind, bringe das Bewusstsein nichts, betont Flohr. Dazu sei es zu langsam: Wir greifen in diesen Fällen lieber auf Routine-Reaktionen zurück. Doch die Fähigkeit zur Metakognition erlaube es den Organismen, die über Bewusstsein verfügen, im Nachhinein ihr Routine-Verhalten zu reflektieren und gegebenenfalls zu korrigieren. |
Wenn diese Aussage stimmt, dann macht ein Bewusstsein nur Sinn, wenn es Handlungsfreiheit in meinem Sinne gibt, d.h., wenn das Bewusstsein zukünftige Handlungen beeinflussen kann.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44651
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(#553195) Verfasst am: 27.08.2006, 22:37 Titel: |
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Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Ich hoffte eigentlich schon früher, Dir etwas deutlicher gemacht zu haben, daß und weshalb dem nicht so ist. |
Das würde mich auch interessieren. Hast du einen Link dazu?
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Deus ex Machina registrierter User
Anmeldungsdatum: 14.03.2006 Beiträge: 789
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(#554819) Verfasst am: 30.08.2006, 01:35 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Die Schlussfolgerung aus dem obigen zitierten Artikel "Entweder kann es keine Zombies geben - oder sie sind so dumm, dass wir es merken würden." ist daher nur in einem bestimmten Kontext richtig, nämlich dann, wenn man davon ausgeht, dass alle Zombies sich nur durch das Fehlen eines Bewusstseins vom Menschen unterscheiden. Wenn die Zombies aber insgesamt anders funktionieren als Menschen und das Verhalten eines Menschen mit Bewusstsein exakt kopieren könnten, dann könnte man sie eben nicht unterscheiden. |
Ohne damit eine neue Diskussion mit dir darüber starten zu wollen: Ich glaube der Begriff wird in der philosophischen Debatte genau in jenem ersten und nicht im zweiten von dir erwähnten Sinne verwendet.
Beispiel:
Zitat: | Anschaulich wird diese Frage oft so formuliert: Sind philosophische Zombies möglich? Das sind Wesen, bei denen im Gehirn alles ganz so abläuft wie bei uns, deren Gehirnprozesse aber mit keinerlei Erlebnissen einhergehen. |
Ich teile übrigens die kurz später im Text vertretene Meinung, dass eine Unterscheidung zwischen bewussten Menschen und Zombies in diesem Sinne ein Scheinproblem ist.
Zitat: | Und ein vermeintlicher Unterschied, der unter keinen Umständen festgestellt werden kann, ist in meinen Augen überhaupt kein Unterschied. |
Aber das wusstest du ja schon.
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#555829) Verfasst am: 31.08.2006, 13:38 Titel: |
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Deus ex Machina hat folgendes geschrieben: | Ich teile übrigens die kurz später im Text vertretene Meinung, dass eine Unterscheidung zwischen bewussten Menschen und Zombies in diesem Sinne ein Scheinproblem ist. |
Sagen wir so: Wenn in zwei Gehirnen genau dieselben neurobiologischen Prozesse ablaufen, müssen auch die mentalen Eigenschaften identisch sein. Mit anderen Worten: Falls es Zombies geben sollte, müßte dies z.B. anhand des EEGs nachweisbar sein. Alles andere wäre esoterischer Quatsch. Niemand würde etwa auf die Idee kommen, zu behaupten, daß es einen Magen geben könnte, in dem zwar alle zur Verdauung notwendigen Prozesse ablaufen, der aber trotzdem nicht verdaut.
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Effô Tisetti Königsblau bis in den Tod
Anmeldungsdatum: 18.09.2003 Beiträge: 9920
Wohnort: 75
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(#556285) Verfasst am: 01.09.2006, 10:56 Titel: |
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Ich hab mal wirr rumgesponnen:
Ich könnte mir in aller Laienhaftigkeit vorstellen, dass das (Ich-)Bewusstsein die Repräsentanz der Wechselwirkung des "Unterbewussten" (aka "ältere Hinrregionen", limbisches System etc.) mit den Teilen des Hirns ist, die für "Äußere Eindrücke" zuständig wären und denen man bislang das "bewusste Erleben" zugeordnet hatte. Also eine zutiefst "dezentrale" Angelegenheit: Einen "Ort" für das Bewusstsein gibt es nicht. Ersteres wäre das (für sich) unbewusste "Ich" oder "Innen", zweiteres das (für sich) unbewusste "Du" oder "Es" bzw. "Äußeres". Erst in der Wechselwirkung (neurobiologische Aktivität) würde das Bewusstsein als Beziehung bzw. Abgleich von "Ich" und "Du" entstehen. Anästhesie wäre gleichbedeutend mit Abschaltung des "Du". Das "Ich" abzuschalten wäre wohl insofern schwierig, als es auch die lebenswichtigen Funktionen des Körpers steuert (Atmung, Herzschlag etc.).
Ein "Zombie" wäre demnach ein Wesen, bei dem "Ich" und "Du" zwar existieren, aber nicht in eine Wechselwirkung treten, die gleichbedeutend mit dem "Erleben" wäre.
Wäre dem so, würde es völlig unsinnig sein, das "Bewusstsein" als eine Art "absolute Größe" anzusehen, à la: der Mensch hat ein (Ich-)Bewusstsein, der Hund aber nicht. Vielmehr wäre das Bewusstsein eine "relative" Größe. Relativ in Abhängigkeit vom Ausmaß der Wechselwirkung der verschiedenen Hirnregionen bzw. der Komplexität der Hirnstruktur. Der Hund hätte demnach ein "kleineres" (Ich-)Bewusstsein - aber er hätte zweifelsfrei eines! Ferner wäre völlig klar, dass die Neuronen(?) schon gefeuert haben MÜSSEN, BEVOR sie in Wechselwirkung/Beziehung treten können - was mit den Hinweisen bzgl. der Nicht-Existenz eines Freien Willens kompatibel ist.
Damit wäre auch klar, dass das subjektive "Erleben" ein vom Hirn selbst geschaffenes Konstrukt ist, das zwar eine physikalische Struktur benötigt, aber selbst keine physikalischen Strukturen (oder "Realitäten") abbildet: Es gibt Lichtwellen mit einer bestimmten Länge und es gibt eine (ältere) Gehirnstruktur, die eine Art "Rezeptor" für Licht mit einer bestimmten Wellenlänge hat. Ergebnis: unbewusstes Wahrnehmen einer bestimmten Farbe - ohne dass diese "eingeordnet" werden könnte (etwa als "Grün", "Gelb" oder sonstwas). Ein weiterer "Rezeptor" im (jüngeren) Bereich, der für die Äußere Wahrnehmung zuständig ist, setzt die Farbwahrnehmung in Bezug zu zuvor gespeicherten Wahrnehmungen von Farben. Wenn beide Rezeptoren gleichzeitig feuern, entsteht das Erleben von "Grün".
Alles klar?
_________________ "Die einfache Formel: Jesus ist stärker! hilft Menschen, sich aus der Fixierung völlig irrationaler Wertesysteme zu lösen."
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#556355) Verfasst am: 01.09.2006, 12:53 Titel: |
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Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Deus ex Machina hat folgendes geschrieben: | Ich teile übrigens die kurz später im Text vertretene Meinung, dass eine Unterscheidung zwischen bewussten Menschen und Zombies in diesem Sinne ein Scheinproblem ist. |
Sagen wir so: Wenn in zwei Gehirnen genau dieselben neurobiologischen Prozesse ablaufen, müssen auch die mentalen Eigenschaften identisch sein. Mit anderen Worten: Falls es Zombies geben sollte, müßte dies z.B. anhand des EEGs nachweisbar sein. Alles andere wäre esoterischer Quatsch. |
Das ist unstrittig, das ist aber auch nicht der Punkt. Die Frage ist, falls der Mensch ein Rechenautomat ist, warum es zusätzlich zu den Berechnungen im Gehirn Gefühle gibt. Diese wären doch dann überflüssig, ohne Nutzwert.
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Niemand würde etwa auf die Idee kommen, zu behaupten, daß es einen Magen geben könnte, in dem zwar alle zur Verdauung notwendigen Prozesse ablaufen, der aber trotzdem nicht verdaut. |
Der Vergleich hinkt. Der Zweck des Magens ist es, zu verdauen. Der Zweck des Gehirns soll es sein, zu berechnen. Du müsstest jetzt begründen, warum in einer Berechnung Empfindungen und Bewusstsein notwendig sein sollen.
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