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ARD: Der unbekannt gehaltene türkische Völkermord an den christlichen Armeniern.
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Telliamed
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Anmeldungsdatum: 05.03.2007
Beiträge: 5125
Wohnort: Wanderer zwischen den Welten

Beitrag(#1460357) Verfasst am: 14.04.2010, 22:23    Titel: Antworten mit Zitat

@beachbernie


Zitat:
Ich weiss ja nicht Karlchen....

Schon die Threadueberschrift beinhaltet eine glatte Unwahrheit. Der Voelkermord an den Armeniern wurde keineswegs "unbekannt gehalten". Ich z.B. erfuhr im Geschichtsunterricht an meinem Gymnasium darueber, inklusive der Zahl von schaetzungsweise 1,5 Millionen Todesopfern, die mir noch in Erinnerung geblieben ist. Das wird schon seit Jashrzehnten ueberall an deutschen Schulen als geschichtliches Faktum gelehrt, genauso wie die Bartholomaeusnacht in Frankreich oder Stalin's beruechtigte Saeuberungen. Mir ist irgendwie unklar was Du eigentlich willst....


Ich kann mich ja irren, aber vielleicht wollte @Karlchen wirklich nur auf eine interessante Dokumentation hinweisen, die aufklärend wirkt Deprimiert

Vielleicht hat er bei dem Threadtitel wirklich nicht an solche wie Dich und mich gedacht, die schon in der Schule (beider deutscher Staaten) von den Morden an den Armeniern gehört haben.

Vielleicht könnte eine allgemeine Umfrage sogar wirklich ein erschreckendes Mass an Unwissen bei einem Teil unserer Bevölkerung zutage fördern, oder über den Umstand einer historischen Mitwisserschaft der kaiserlichen deutschen Regierung Deprimiert

Und vielleicht hat @Karlchen ja wirklich in seinen ersten Statements noch gar nichts direkt von Aufrechnungen Christen - Moslems verlauten lassen und entsprechende Bemerkungen beruhen ja nur auf früheren Diskussionen...

Vielleicht ... bin ich aber nur ein verhinderter @Karlchen-Versteher, aber ich mach mich mal hier lieber weg, andere kennen seine wahre Motivlage bei der Threaderöffnung sicher besser ...
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Alchemist
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Anmeldungsdatum: 03.08.2004
Beiträge: 27897
Wohnort: Hamburg

Beitrag(#1460476) Verfasst am: 15.04.2010, 00:43    Titel: Antworten mit Zitat

Bravopunk hat folgendes geschrieben:
Ich glaube da spielt das Stichwort "Ehre" eine gewichtige Rolle. ... Also genaugenommen das ominöse Ding, das die Türken so nennen und wegen dem auch gerne mal einer um die Ecke gebracht wird... als wenn Mord irgendetwas ehrenhaftes hätte. Aber die türkische Ehre ist eine Sache für sich und hat mit dem, was man mitunter selber darunter versteht, rein gar nix zu tun.


Mir scheint, dass dies eins der vielen Wörter ist, das viel zu leicht über die Lippen geht, aber auf Nachfrage, was das eigentlich ist, kaum einer eine Antwort zu geben weiß. Schulterzucken
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Alchemist
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Anmeldungsdatum: 03.08.2004
Beiträge: 27897
Wohnort: Hamburg

Beitrag(#1460479) Verfasst am: 15.04.2010, 00:45    Titel: Antworten mit Zitat

Telliamed hat folgendes geschrieben:


Und vielleicht hat @Karlchen ja wirklich in seinen ersten Statements noch gar nichts direkt von Aufrechnungen Christen - Moslems verlauten lassen und entsprechende Bemerkungen beruhen ja nur auf früheren Diskussionen...


Vielleicht hast du Recht.
Sicherlich beruht aber diese von dir geschilderte Einschätzung auf einschlägigen Erfahrungen, die aber zugegebenermaßen natürlich voreilig gewesen sein kann
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das blühende Leben
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Anmeldungsdatum: 19.09.2006
Beiträge: 92
Wohnort: 540 m ü. NN

Beitrag(#1460496) Verfasst am: 15.04.2010, 01:13    Titel: Antworten mit Zitat

jagy hat folgendes geschrieben:
Weiß eigentlich jemand, wie Kurden zum Völkermord an den Armeniern stehen?

Die Kurden waren daran beteiligt. Kein Wunder, denn ihr Siedlungsgebiet überschnitt sich teilweise mit dem des historischen Armenien. Ihnen wurde ein eigenes Land - nämlich das der Armenier - versprochen, wenn sie mitmachen. Aber das war nur ein Trick, denn die Jungtürken wollten einen nationalistischen Türkenstaat und hatten gar nicht die Absicht, den Kurden Autonomie zu gewähren.

Das historische Armenien war erheblich größer als der heutige Reststaat und bildete einen "Keil" zwischen dem turksprachigen Osmanischen Reich einerseits und Aserbaidschan und den mittelasiatischen Turkvölkern (z.B. Turkmenistan, Usbekistan) andererseits, was wiederum die nationalistischen Bestrebungen der Jungtürken störte.

Ich weiß nicht, wie man auf die Idee kommen kann, der Völkermord an den Armeniern werde unbekannt gehalten. Vielmehr wird doch unbekannt gehalten, daß das Deutsche Reich als Verbündeter des Osmanischen Reiches daran beteiligt war.

Zitat:
So befehligte zum Beispiel ein deutscher Oberst im September 1915 die türkische Belagerung der auf dem "Mosesberg", dem Musa Dagh, verschanzten armenischen Bauern. Die Belagerung des Armenierviertels der Stadt Urfa im September und Oktober 1915 wurde von Eberhard Graf Wolffskeel von Reichenberg, dem deutschen Stabschef in Syrien, geleitet. [...] Auch die Entsendung türkischer Truppen nach Sejtun im März 1915 erfolgte auf Veranlassung eines deutschen Offiziers. [...] Für viele deutsche Zeitgenossen waren die Armenier ein politisch unzuverlässiges, mit dem Erbfeind Rußland sympathisierendes oder gar paktierendes Volk, dessen revolutionäre Kämpfer als anarchische, wenn nicht kriminelle Unruhestifter galten. Man sah die Armenier als Wucherer, als eine Art kleinasiatischer Juden, die sich durch eine hemmungslose Ausbeutung ihrer Nachbarvölker verhaßt gemacht hatten und sich somit ihre Verfolgung selbst zuzuschreiben hatten.

aus: Hofmann, Tessa (Hg.): Armenier und Armenien - Heimat und Exil. Reinbek 1994 (rororo), S. 30f

Diese Kumpelwirtschaft zeigte sich auch daran, daß der Attentäter am osmanischen Innenminister Talaat Pascha (welcher die Pogrome, Deportationen und Ermordung der Armenier angeordnet hatte), der nach Deutschland geflüchtet war, an das Osmanische Reich ausgeliefert und dort hingerichtet wurde.

Und die Kurden kamen sich im Nachhinein (zu recht) beschissen vor. Auf das damals versprochene eigene Land warten sie heute noch.
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beachbernie
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Anmeldungsdatum: 16.04.2006
Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii

Beitrag(#1460531) Verfasst am: 15.04.2010, 08:03    Titel: Antworten mit Zitat

Alchemist hat folgendes geschrieben:
Bravopunk hat folgendes geschrieben:
Ich glaube da spielt das Stichwort "Ehre" eine gewichtige Rolle. ... Also genaugenommen das ominöse Ding, das die Türken so nennen und wegen dem auch gerne mal einer um die Ecke gebracht wird... als wenn Mord irgendetwas ehrenhaftes hätte. Aber die türkische Ehre ist eine Sache für sich und hat mit dem, was man mitunter selber darunter versteht, rein gar nix zu tun.


Mir scheint, dass dies eins der vielen Wörter ist, das viel zu leicht über die Lippen geht, aber auf Nachfrage, was das eigentlich ist, kaum einer eine Antwort zu geben weiß. Schulterzucken



Ich weiss auch nicht genau, was mit dem Wort gemeint sein kann. Aber wenn ich das damals mit Helmut Kohl richtig mitbekommen habe, muss das was ziemlich Schweiniges sein...
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Ilmor
auf eigenen Wunsch deaktiviert



Anmeldungsdatum: 13.12.2008
Beiträge: 7151

Beitrag(#1460600) Verfasst am: 15.04.2010, 11:12    Titel: Antworten mit Zitat

das blühende Leben hat folgendes geschrieben:

Diese Kumpelwirtschaft zeigte sich auch daran, daß der Attentäter am osmanischen Innenminister Talaat Pascha (welcher die Pogrome, Deportationen und Ermordung der Armenier angeordnet hatte), der nach Deutschland geflüchtet war, an das Osmanische Reich ausgeliefert und dort hingerichtet wurde.

Und die Kurden kamen sich im Nachhinein (zu recht) beschissen vor. Auf das damals versprochene eigene Land warten sie heute noch.


Hmm, als in der von Karlchen verlinkten Doku wird behauptet, dass der Attentäter freigesprochen wurde.
Und mein Mitleid mit Kurden hält sich in diesem Fall in Grenzen.
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DeHerg
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Anmeldungsdatum: 28.04.2007
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Wohnort: Rostock

Beitrag(#1460691) Verfasst am: 15.04.2010, 15:28    Titel: Antworten mit Zitat

Alchemist hat folgendes geschrieben:
Bravopunk hat folgendes geschrieben:
Ich glaube da spielt das Stichwort "Ehre" eine gewichtige Rolle. ... Also genaugenommen das ominöse Ding, das die Türken so nennen und wegen dem auch gerne mal einer um die Ecke gebracht wird... als wenn Mord irgendetwas ehrenhaftes hätte. Aber die türkische Ehre ist eine Sache für sich und hat mit dem, was man mitunter selber darunter versteht, rein gar nix zu tun.


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sünnerklaas
Mietzekatzenkater - treibt den Kessel



Anmeldungsdatum: 30.09.2006
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Beitrag(#1460696) Verfasst am: 15.04.2010, 15:39    Titel: Antworten mit Zitat

Als es noch das gute alte Tagesschau-Forum (in der Form vor August 2005) gab, gab es da auch einmal einen größeren Strang zum Thema Genozid an den Armeniern. Wie auch in anderen großen politischen Foren fielen damals Heerscharen von türkischen Extrem-Nationalisten wie aus heiterem Himmel ins Forum ein und sorgten dafür, dass der ganze Strang nur noch in Beschimpfungen und gegenseitigen Bedrohungen endete. Seit Jahren kann man feststellen, dass Betreiber großer Foren dieses Thema meiden, wie der Teufel das Weihwasser. auch die Kommentarfunktionen zu Artikeln dieses Themas sind ganz schnell abgestellt.
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Misterfritz
mini - mal



Anmeldungsdatum: 09.03.2006
Beiträge: 21867
Wohnort: badisch sibirien

Beitrag(#1460823) Verfasst am: 15.04.2010, 19:36    Titel: Antworten mit Zitat

sünnerklaas hat folgendes geschrieben:
... das gute alte Tagesschau-Forum ...

oh ja,
das hatte was zwinkern
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sünnerklaas
Mietzekatzenkater - treibt den Kessel



Anmeldungsdatum: 30.09.2006
Beiträge: 11051
Wohnort: Da, wo noch Ruhe ist

Beitrag(#1460975) Verfasst am: 16.04.2010, 09:20    Titel: Antworten mit Zitat

Misterfritz hat folgendes geschrieben:
sünnerklaas hat folgendes geschrieben:
... das gute alte Tagesschau-Forum ...

oh ja,
das hatte was zwinkern


Ich vermisse es so, wie es vor August 2005 war, heute noch...
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ateyim
registrierter User



Anmeldungsdatum: 21.05.2007
Beiträge: 3656
Wohnort: Istanbul

Beitrag(#1461606) Verfasst am: 17.04.2010, 11:42    Titel: Antworten mit Zitat

Also meine Meinung dazu habe ich glaube ich schon x-Mal kundgetan, aber warum nicht noch mal:

In meinen Augen ist es moralisch gesehen auf alle Faelle ein Völkermord und von staatlicher Seite wird er immer noch nicht anerkannt, mit dem Argument, dass es nur eine "unglücklich und ungewollt so schrecklich verlaufene Deportation gewesen sei und somit keine von vornherein als Genozid beschlossene Massnahme.

Die Lehrbuchversion in der Türkei ist:

die Russen versprachen den Armeniern für ihre Unterstützung im Osten des Osmanischen Reiches einen Staat der sich bis in die stark von Armenieren bewohnten anatolischen Gebiete hinein erstreckte... und dafür gab es auch schon Übergriffe armenischer Partisanen an türkischen Zivilisten (und die schrecklichen Racheakte blieben leider nicht aus). Daraufhin habe die Zentralregierung in İstanbul beschlossen, die Armenier umzusiedeln... gen Süden und Südosten... weg von russischem Einfluss.

Deportationen sind ein fester Bestandteil der osmanischen Geschichte... auch für muslimische Osmanen. Da das gesamte Territorium als Eigentum des Sultans angesehen wird, konnte er jederzeit zwecks Bewirtschaftung bestimmter Regionen bestimmen, dass z.B. die Bewohner eines bestimmten Dorfes in umgesiedelt werden. Mit Anreizen wie Laendereien und Geld aber eine Umsiedlung, so kann ich mir die Denkweise der Regierung vorstellen, war ein probates zig Male angewandtes Mittel.

Die offizielle Version spricht nun davon, dass auf dem beschwerlichen Treck "trotz grösster Bemühungen viele, vor allem Aeltere und Kinder, gestorben seien"

Nun ja...

Ich vermute eher, dass es der Regierung durchaus gefiel, dass der lange Marsch durch staubtrockene Gebiete dafür sorgte, dass das "Problem" sich von allein "verringerte" und es folgte nun eher eine Duldung.

Von armenischer Seite werden heute auch bisher nur Dokumente an die Öffentlichkeit gebracht, die die für die Deportation zusammengeführten Armenier namentlich und zahlenmaessig erfasst... bisher habe ich kein Dokument gesehen, dass einen "Tötüngsbefehl" oder aehnliches dieser Menschen veranlasst haette.


Ob ich es für sinnvoll halte, dass nun immer mehr Parlamente weltweit den Völkermord anerkennen, ist eine andere Frage. Das ein amerikanischer Bundesstaat wie Hawaii dies getan hat,... nun ja... gibt es da nicht noch andere Greueltaten anderer Staaten, die man vielleicht anerkennen sollte. "Who cares"

Wenn in Frankreich eine Türkin ein "ungenügend" für eine Hausaufgabe bekommt, weil sie darin den Völkermord nicht als solchen darstellt, ist unschön, aber wohl eher harmlos im Vergleich zu einem Schulverweis, der einem armenischen Schüler in der Türkei drohen würde, wenn er wiederum den Völkermord anprangern würde.

Aus Gespraechen mit einer Armenierin weiss ich, dass sie in einer Multiple Choice Universitaetsaufnahmeprüfung ihr Kreuz bei "grosse Deportation" gemacht hat, obwohl sie gerne "quasi-Völkermord" angekreuzt haette. In den hiesigen ökonomischen Verhaeltnissen kann sie dieser Stolz Punkte bei der Prüfung kosten und ihr bessere Zukunftsaussichten verwehren.

Die Türkei haette eigentlich soviele Möglichkeiten ihren falschen Stolz in dieser Sache zu überwinden.

Diese Ereignisse sind Teil der osmanischen Geschichte und die wenige Jahre spaeter hervorgegangene türkische Republik ist seit ihrer Gründung stets auf einer Gratwanderung zwischen Stolz auf osmanische Geschichte und Verherrlichung und Rückbesinnung auf diese "alten Zeiten", weil dies die Republik gefaehrden könnten. Sie könnte den Völkermord als Konsequenz eines veralteten, dem Untergang geweihten Staates vermitteln, der in der Moderne keinen Platz mehr hatte, aus dem dann die "Türkische Republik" hervorgegangen sei...

Aber das haette man in den 30er oder 40er Jahren machen müssen, nach den Progromen Anfang der 50er Jahre an Griechen und Armeniern in Istanbul (dort waren die Gründe eher ökonmischer Natur, da sie als die "Reichen, Gebildeten, Besitzenden" betrachtet wurden), in dem auch die Istanbuler Minderheiten, die sich von den Ereignissen im tiefsten Anatolien eher unbeeindruckt gezeigt hatten, in grossser Zahl sich dazu entschlossen, das Land zu verlassen.

Nur am Rande bemerkt, finde ich es interessant, dass in Istanbul, wo zu Beginn des 20Jdh. über 100.000 Armenier lebten, ein "offiziell von oben erlassener Völkermord" ohne Konsequenzen vorüberzog.

Es ist aber und das möchte ich hier dennoch erwaehnen in den Medien kein Tabuthema mehr... im Fernsehen geraten solche, die es als Völkermord anprangern mit Nationalisten aneinander, aber niemand wird "wegen Schaedigung des Ansehens des Türkentums" für die öffentliche Debatte über dieses Thema wie noch vor einigen Jahren vom Staatsanwalt vor Gericht gezerrt werden. Und wenn es mal jemand doch versucht, wird die Klage nicht zugelassen.

Bevor Karlchen als naechstes die türkischen Greueltaten an den Griechen in İzmir anprangert:

Zitat:
Die Stadt war hauptsächlich von Griechen und Armeniern bewohnt (1918 lebten hier laut Archivangaben 155.000 griechisch-Orthodoxe, 44.000 Türken, 21.000 Juden, 10.000 Armenier, 50.000 Ausländer – hauptsächlich Briten, Franzosen, Deutsche und Italiener).
Am 15. Mai 1919 besetzten griechische Truppen die Stadt und stießen von hier aus weiter nach Anatolien vor. Unmittelbar nach Beginn der Invasion wurden türkische und andere muslimische Zivilisten der Region durch die griechischen Truppen massakriert. Allein am ersten Tag der Invasion wurden etwa 1.000 Zivilisten getötet. Auf Drängen der osmanischen Regierung reiste eine Untersuchungskommission der Pariser Verhandlungsdelegationen ein, die Griechenland später für schuldig befand. Im folgenden Jahr wurde die Stadt im Vertrag von Sèvres Griechenland zugesprochen, am 9. September 1922 von den Türken zurückerobert. Am 13. September 1922 brach im Armenierviertel ein Feuer aus, das sich rasch über die Viertel der Griechen und Ausländer („Franken“) ausbreitete und einen großen Teil der Stadt vernichtete. Bei den damit einhergehenden Auseinandersetzungen wurden mindestens 25.000 meist griechische und armenische Zivilisten getötet und ca. 200.000 vertrieben (vgl. hierzu beispielsweise die Augenzeugenberichte des armenischen Arztes Garabed Hatscherian, des amerikanischen Diplomaten George Horton oder des Franzosen René Puaux). Ein Teil der griechischen Bevölkerungsmehrheit wurde noch von den Engländern aus der Stadt evakuiert, die meisten verbliebenen Zivilisten, darunter auch der orthodoxe Erzbischof Chrysostomos Kalafatis fielen anschließenden Gewalthandlungen zum Opfer.


Es waere schön, wenn Geschichte so einfach waere, wie manche es sich machen wollen. Es ist eine Kunst eben NICHT auf einem Auge die Scheuklappen aufzusetzen und mit dem anderen mahnend und verurteilend zu blicken, sondern erstmal die Scheuklappen komplett abzunehmen. Nach einer objektiven Betrachtung aller Seiten kann man dan gerne zu dem vorherigen Schluss kommen... nun kann man sogar mit 2 mahnenden und strafenden Augen blicken... ist doch auch von Vorteil. zwinkern


Zuletzt bearbeitet von ateyim am 17.04.2010, 12:25, insgesamt einmal bearbeitet
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Sir Chaos
Heilvolles Durcheinander



Anmeldungsdatum: 20.11.2007
Beiträge: 974
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Beitrag(#1461617) Verfasst am: 17.04.2010, 12:24    Titel: Antworten mit Zitat

ateyim hat folgendes geschrieben:
Von armenischer Seite werden heute auch bisher nur Dokumente an die Öffentlichkeit gebracht, die die für die Deportation zusammengeführten Armenier namentlich und zahlenmaessig erfasst... bisher habe ich kein Dokument gesehen, dass einen "Tötüngsbefehl" oder aehnliches dieser Menschen veranlasst haette.


Dazu ist zu sagen, dass es dergleichen auch in Bezug auf den Holocaust nicht gibt - also kein Dokument, unterzeichnet von Hitler, das explizit die Ausrottung der Juden befiehlt. Trotzdem fand der Holocaust statt und war ganz bestimmt nicht "leider und trotz großer Anstrengungen" so tödlich.
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ateyim
registrierter User



Anmeldungsdatum: 21.05.2007
Beiträge: 3656
Wohnort: Istanbul

Beitrag(#1461619) Verfasst am: 17.04.2010, 12:35    Titel: Antworten mit Zitat

Karlchen

Zitat:
, mich regt die durch und durch verlogene und respektlose Art wirklich auf, die die Türkeivertreter dem Thema und den Armeniern gegenüber an den Tag legen und das sicher keinesfalls nur, weil die rund 1500000 meist zivilen Opfer Christen waren und deshalb sterben mussten


warum dann so inkonsequent damals, und nicht gleich ALLE Armenier auf osmanischem Gebiet und nicht auch gleich die griechisch-orthodoxen mit, wenn es um die Beseitigung von Christen ging.
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narziss
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 21939

Beitrag(#1461623) Verfasst am: 17.04.2010, 12:40    Titel: Antworten mit Zitat

In Izmir hat man doch ein Massaker an den Griechen veranstaltet.
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ateyim
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Anmeldungsdatum: 21.05.2007
Beiträge: 3656
Wohnort: Istanbul

Beitrag(#1461643) Verfasst am: 17.04.2010, 13:38    Titel: Antworten mit Zitat

narziss hat folgendes geschrieben:
In Izmir hat man doch ein Massaker an den Griechen veranstaltet.


Ich weiss...

aber es bietet sich halt als naechstes für so manchen gewiss an, um so zu argumentieren:

"sie waren Christen und deshalb mussten sie sterben"
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Karlchen
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Anmeldungsdatum: 30.04.2008
Beiträge: 1119

Beitrag(#1461660) Verfasst am: 17.04.2010, 14:12    Titel: Antworten mit Zitat

ateyim hat folgendes geschrieben:
narziss hat folgendes geschrieben:
In Izmir hat man doch ein Massaker an den Griechen veranstaltet.


Ich weiss...

aber es bietet sich halt als naechstes für so manchen gewiss an, um so zu argumentieren:

"sie waren Christen und deshalb mussten sie sterben"


Ab Minute 18:30
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beachbernie
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Anmeldungsdatum: 16.04.2006
Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii

Beitrag(#1461864) Verfasst am: 17.04.2010, 21:42    Titel: Antworten mit Zitat

ateyim hat folgendes geschrieben:
Also meine Meinung dazu habe ich glaube ich schon x-Mal kundgetan, aber warum nicht noch mal:

In meinen Augen ist es moralisch gesehen auf alle Faelle ein Völkermord und von staatlicher Seite wird er immer noch nicht anerkannt, mit dem Argument, dass es nur eine "unglücklich und ungewollt so schrecklich verlaufene Deportation gewesen sei und somit keine von vornherein als Genozid beschlossene Massnahme.




Dass die Tuerkei sich schwer tut den Voelkermord als solchen anzuerkennen, ist nicht das Schlimmste an der Sache. Solche Probleme haben viele andere Laender mit einschlaegigen Leichen im Keller auch.

Was ich allerdings fuer absolut inakzeptabel halte, ist der Umstand, dass es in der Tuerkei ein mit Gefaengnis bedrohter Straftatbestand ist die Dinge beim Namen zu nennen. Und genau das muss sich aendern, wenn die Tuerkei in die EU will. Wichtiger als das moralische Entruestungsschaulaufen mittels Resolutionen im Parlament die Tuerkei wegen vor 100 Jahren passierter Dinge an den Pranger zu stellen ist es darauf zu pochen, dass dieser unsaegliche "Straftatsbestand" der "Beleidigung der Tuerkei/Atatuerks" aus dem tuerkischen Strafrecht verschwindet, bevor ein EU-Beitritt ueberhaupt in Frage kommt. Dazu braucht es keine spektakulaeren Resolutionen in den Parlamenten rund um die Welt, sondern dazu reicht es bei den Beitrittsverhandlungen Druck zu machen.

Dieses ganze moralische Fingerzeigen ist doch extrem kontraproduktiv, weil es hoechstens dazu dienen kann in der Tuerkei Wagenburgmentalitaet zu foerdern, den Menschenrechtlern und Angehoerigen bedrohter Minderheiten nuetzt das null. Im Gegenteil. Es fuehrt eher zu einer Verhaertung der Fronten und stellt bereits erreichte Fortschritte wieder in Frage.
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Louseign
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Anmeldungsdatum: 02.06.2006
Beiträge: 5585

Beitrag(#1461935) Verfasst am: 17.04.2010, 23:52    Titel: Antworten mit Zitat

@bb: Selten genug, dass ich dir vorbehaltlos zustimmen kann – aber gerade bei deinem letzten Beitrag ist es mal wieder soweit. Daumen hoch!
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Sir Chaos
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Anmeldungsdatum: 20.11.2007
Beiträge: 974
Wohnort: bei Frankfurt/Main

Beitrag(#1461989) Verfasst am: 18.04.2010, 01:54    Titel: Antworten mit Zitat

Stimmt.
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ateyim
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Anmeldungsdatum: 21.05.2007
Beiträge: 3656
Wohnort: Istanbul

Beitrag(#1462051) Verfasst am: 18.04.2010, 10:43    Titel: Antworten mit Zitat

Karlchen hat folgendes geschrieben:
ateyim hat folgendes geschrieben:
narziss hat folgendes geschrieben:
In Izmir hat man doch ein Massaker an den Griechen veranstaltet.


Ich weiss...

aber es bietet sich halt als naechstes für so manchen gewiss an, um so zu argumentieren:

"sie waren Christen und deshalb mussten sie sterben"


Ab Minute 18:30



Sorry, ich kann mich in diesem Fall nicht auf den Link beziehen, da er sich hier nicht öffnen laesst...

Aber meine Frage bleibt bestehen: wenn Leute in einem Land aufgrund eines durch die Regierung beschlossenen Genozids beseitigt werden sollen, weil sie Christen sind, warum erfolgte dies nur regional begrenzt? Und gerade da, wo ihre Kollaboration mit einer angreifenden Nation tatsaechlich grosse Probleme bereitet. Mag ja sein, dass ich hier gerade ein Brett vorm Kopf habe und offensichtliche Gründe hierfür nicht erkenne, und womöglich reicht ein "Stups" aus, um mich "sehend" zu machen. skeptisch


@BB... in einem Land wo Kinder solch einen Stuss morgens vor dem Unterricht aufsagen müssen (ich hatte es an anderer Stelle bereits genannt)... was ich mir jeden Tag wegen der Grundschule auf der anderen Strassenseite jeden Tag zweimal anhören muss, und dem Kommandos des Lehrers wie ,STILLGESTANDEN!" "HALT DIE KLAPPE" etc. vorausgehen

"Ich bin Türke, aufrichtig und fleissig. Mein Grundsatz ist, die Jüngeren zu schützen, die Aelteren zu respektieren, mein Land und meine Nation mehr zu lieben als mich selbst. Mein Ideal ist, aufzusteigen und vorwaerts zu kommen. Mein Dasein soll dem Türkischen ein Geschenk sein. Oh grosser Atatürk! Auf dem Weg, den du uns bereitet, und dem Ziel entgegen, das Du uns gezeigt hast, werde ich ununterbrochen gehen. Das schwöre ich! Mein Dasein soll dem türkischen Dasein gewidmet sein. Wie glücklich ist derjenige, der sagen kann: "Ich bin ein Türke""

mag von aussen so vieles wie nur ein einfacher Schritt erscheinen, aber der Weg ist laenger als es den Anschein hat.

Recht hast du auf alle Faelle, aber in einem Land, wo selbst der Ansatz eines Versuchs einer Veraenderung von der Opposition abgelehnt wird, weil man hinter allem einen Schritt zu einem islamistischen Umsturz vermutet, wird sich niemals was bewegen.

Die AKP ist aktuell die Partei der Mitte, die staerkste Opposition, die CHP, zaehlt sich selbst zur Sozialdemokratie, wird aber von den anderen sozialdemokratischen Parteien in der Welt bei Versammlungen nur widerwillig eingeladen, da sie eine Partei kemalistischer Betonköpfe ist. Bleibt noch die MHP, die eh absolut nationalistisch ist und am liebsten schon ein Staubkorn verklagen würde, dass es wagt, sich auf eine türkische Fahne zu legen.

Laut der aktuellsten Umfrage kaemen bei Neuwahlen folgende Werte raus:

AKP 40,6% - CHP 21,6% - MHP 14,6%, alle anderen Parteien würden an der 10% Hürde scheitern, wobei die Kandidaten der kurdischen Partei BDP, die einen Tag nach dem Verbot ihrer bisherigen Partei gegründet wurde, wohl ihre Kandidaten wieder als Unabhaengige ins Rennen schicken würde und die sich dann im Parlament zu einer Fraktion zusammenschliessen würden, da für unabhaengige Kandidaten die 10%-Hürde nicht gilt.

Es sind trotz der 6% Prozent Verlust bei der AKP bei der Hauptopposition ungefaehr gleiche Werte... aendern dürfte sich also nicht viel, zumal die unabhaengigen Abgeordneten der kurdischen Partei eher zur AKP tendieren würden... und bei den Wahlen im kommenden Jahr sehe ich auch für mich persönlich keine Veranlassung, warum ich einer CHP oder MHP meine Stimme geben sollte.
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Karlchen
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Anmeldungsdatum: 30.04.2008
Beiträge: 1119

Beitrag(#1462238) Verfasst am: 18.04.2010, 18:53    Titel: Antworten mit Zitat

@ateyim

grob zitiert: Jungtürken wollten Türkei zu rassisch reinem Großreich machen und von der Vorherrschaft der Ungläubigen befreien. Der Verlußt christliche Gebiete 1912 wurde als eine Schmach enpfunden, die die Jungtürken auch den Christen im eigenen Land anlasteten.

Für ein großen Niederlage gegen die (meist christlichen) Russen, bei der auf beiden Seiten Armenier kämpften, machten die Jungtürken allein eine "christliche Verschwörung" verantwortlich.

coppypaste doch mal diesen Link und schaus Dir an:

http://www.zshare.net/video/74808096c173a3a1/

(@FGH: Ihr könnt das ateyim doch sicher irgendwie ermöglichen.)

Oder sitzt Du in der Türkei, ateyim und da wird der Link zensiert? Würde mich wirklich interressieren! skeptisch
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beachbernie
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Anmeldungsdatum: 16.04.2006
Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii

Beitrag(#1462346) Verfasst am: 18.04.2010, 21:58    Titel: Antworten mit Zitat

Karlchen hat folgendes geschrieben:
@ateyim

grob zitiert: Jungtürken wollten Türkei zu rassisch reinem Großreich machen und von der Vorherrschaft der Ungläubigen befreien. Der Verlußt christliche Gebiete 1912 wurde als eine Schmach enpfunden, die die Jungtürken auch den Christen im eigenen Land anlasteten.

Für ein großen Niederlage gegen die (meist christlichen) Russen, bei der auf beiden Seiten Armenier kämpften, machten die Jungtürken allein eine "christliche Verschwörung" verantwortlich.

coppypaste doch mal diesen Link und schaus Dir an:

http://www.zshare.net/video/74808096c173a3a1/

(@FGH: Ihr könnt das ateyim doch sicher irgendwie ermöglichen.)

Oder sitzt Du in der Türkei, ateyim und da wird der Link zensiert? Würde mich wirklich interressieren! skeptisch



Du versuchst hier einen religioesen Konflikt herbeizudichten, wo gar keiner ist und dabei gebricht es Deiner Argumentation in einem ganz entscheidenden Punkt an innerer Logik.

Die Jungtuerken waren zwar irgendwo auch depperte Nationalisten, soweit stimme ich Dir zu und schon aus diesem Grund sehe ich diese Bewegung auch sehr kritisch, eines waren sie aber mit Sicherheit nicht, naemlich moslemische Fundis, die sich zum Ziel gesetzt hatten die Tuerkei "von der Vorherrschaft der Ungläubigen" zu befreien. Die hatten naemlich mit Religion ueberhaupt nichts am Hut, infolgedessen war es ihnen auch schnurzpiepegal ob die Armenier Moslems oder Christen waren. Die mochten die Armenier aus dem Grund nicht, weil sie keine Tuerken waren, genauso wie sie die ueberwiegend moslemischen Kurden aus dem gleichen Grund nicht mochten.

Ueberspitzt gesagt wollten die Jungtuerken die Tuerkei eher von den Glaeubigen befreien als von den Unglaeubigen, weshalb sie einem recht radikalen Saekularismus anhingen und versuchten den bis dahin die tuerkische Politik dominierenden Islam moeglichst ganz aus dem gesellschaftlichen Leben rauszudraengen.
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ateyim
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Beitrag(#1462438) Verfasst am: 19.04.2010, 07:39    Titel: Antworten mit Zitat

@Karlchen... ich habe niemals behauptet, dass in der Türkei gar keine Zensur herrscht, wie du auch bei meinen "youtube" Postings bemerkt haben dürftest.

Es ist aber nun mal so, dass bei manchen Links entweder der "Verbotshinweis" erscheint seitens eines türkischen Gerichts oder aber auf Deutsch wird man höflichst darauf hingewiesen, dass man nur aus DE/CH/AUT darauf zurückgreifen kann.

In diesem Fall erscheint halt einfach nichts.

An Spiegel-Ausgaben, in denen die Seiten über einen Bericht, der Bereiche Anatoliens als Kurdistan bezeichnete, zugeklebt waren, kann ich mich zu gut erinnern....

aber ich weiss halt auch, dass über diese Themen offen in Fernsehprogrammen heftigst in letzter Zeit diskutiert werden kann, wo Argumente fallen, die früher jemanden lebenslaenglich ins Gefaengnis und den Fernsehsender zu einer mehrmonatigen Sperre gebracht haetten. Das ist nun halt nicht mehr so.

Man muss im dunkelsten Schwarz dennoch in der Lage sein, ein leichtes Grau erkennen zu können, was ein Anzeichen für eine Besserung bedeuten kann.

und warum ich mich an der Formulierung "sie mussten sterben weil sie Christen waren" störte, wird durch BB's letzten Beitrag unterstrichen.

Die konservative Fraktion, die sich ab 1913 leider bei den Jungtürken durchsetzte waren absolute Nationalisten, die auch ein muslimisches Volk in dieser Art und Weise haette deportieren lassen, wenn dieses dort in der Region mit den Russen kollaboriert haette.

Das die dabei entmachtete Fraktion ganz andere Ziele verfolgte wird hier vielleicht etwas deutlich:

Zitat:
Die Jungtürken versuchten zu Beginn ihrer Regierung 1908/09, eine parlamentarisch-konstitutionelle Regierung im Osmanischen Reich einzurichten, die auch die Mitbestimmungs- oder Autonomiebestrebungen christlicher und nichttürkischer islamischer Minderheiten im Vielvölkerstaat der Osmanen einzubinden versuchte. Namentlich mit den organisierten Vertretern der Armenier, der Albaner und der Bulgaren versuchte man zu kooperieren. Diese Bestrebungen stießen vor allem bei fortschrittlichen Intellektuellen dieser Minderheiten auf positive Resonanz, Beispiele sind der armenische Publizist und Hochschullehrer Dikran Kelekian, der 1908 Chefredakteur der wichtigsten Konstantinopler Tageszeitung Sabah wurde und als Professor an der Universität zahlreiche der jungtürkischen Führer unterrichtet hatte


Es waere zu wünschen gewesen, dass diese Fraktion sich laenger haette halten können.

Aber

Zitat:
Unter den Ideologen der Jungtürken setzten sich gegenüber halbwegs pluralistischen (jung-osmanischen) Vorstellungen, die auch den christlichen Volksgruppen Partizipation einräumten, immer stärker türkisch-nationalistische und sogar turko-rassistische Vorstellungen durch


Doch im Falle der armenischen Deportation, die dadurch nicht besser wird, weil ich ihr eine religiöse Motivation seitens der Jungtürken abspreche, bin ich halt der Meinung, dass in der Region das militaerisches Kalkül zu einer aehnlichen Deportation auch muslimischer aber nicht türkischer Volksgruppen geführt haette.
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Karlchen
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Beitrag(#1462491) Verfasst am: 19.04.2010, 11:08    Titel: Antworten mit Zitat

@beachbernie @ateyim

Diese Jungtürken waren keine "depperten Nationalisten" oder "absoluten Nationalisten", diese Völkermörder waren vielleicht die ersten Faschisten, die ideologisch den Nazis in nichts nachstanden.

Mehr habe ich dazu hier wirklich nicht mehr zu sagen.

Grüße
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ateyim
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Beitrag(#1462543) Verfasst am: 19.04.2010, 13:01    Titel: Antworten mit Zitat

Meine Probleme mit dem Link, scheinen an der sehr niedrigen Download-Geschwindigkeit meiner Internetverbindung gelegen zu haben.

ich habe es gerade jetzt nochmal angeklickt und nach ca. 4 Minuten weissem Bildschirm ging es allmaehlich los.

Ich weiss zwar, dass meine Internetverbindung hier oft nicht die beste ist, aber so etwas habe ich kaum erlebt, dass es nach langer Zeit, in der sich rein gar nichts tut, es plötzlich doch normal weitergeht. Ich haette nur geduldiger sein müssen. zwinkern

Werde mir den Film auf alle Faelle ansehen, doch kann ich das schlecht so waehrend der Arbeit machen.
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ateyim
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Beitrag(#1462545) Verfasst am: 19.04.2010, 13:15    Titel: Antworten mit Zitat

Karlchen hat folgendes geschrieben:
@beachbernie @ateyim

Diese Jungtürken waren keine "depperten Nationalisten" oder "absoluten Nationalisten", diese Völkermörder waren vielleicht die ersten Faschisten, die ideologisch den Nazis in nichts nachstanden.

Mehr habe ich dazu hier wirklich nicht mehr zu sagen.

Grüße



Du tust den idealen so manches Jungtürken aus der Anfangszeit dieser Bewegung damit aber Unrecht, indem du die gesamte Bewegung so einfach pauschal über einen Kamm scherst. Ein Jungtürke ist nicht gleich ein Völkermörder!

Wegen der Periode des Terrors nach der französischen Revolution verurteilt man auch nicht pauschal die Idealisten, die sich damals eine solche Wende in eine Schreckensherrschaft bei der Revolution bestimmt nicht vorgestellt hatten.

Die Jungtürken nach dem Putsch in den inneren Reihen, die zum faschitischen Ruck geführt haben, haben nicht wenige Leute aus ihren eigenen Reihen, die die neue Linie nicht unterstützten, beseitigen lassen.

Auch bei Differenzierung bleibt Schlimmes schlimm... dennoch sollten man den Schritt der Differenzierung nicht so einfach überspringen, weil er eventuell mehr Tiefe erfordert.
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Karlchen
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Beitrag(#1462744) Verfasst am: 19.04.2010, 21:46    Titel: Antworten mit Zitat

ateyim hat folgendes geschrieben:
Karlchen hat folgendes geschrieben:
@beachbernie @ateyim

Diese Jungtürken waren keine "depperten Nationalisten" oder "absoluten Nationalisten", diese Völkermörder waren vielleicht die ersten Faschisten, die ideologisch den Nazis in nichts nachstanden.

Mehr habe ich dazu hier wirklich nicht mehr zu sagen.

Grüße



Du tust den idealen so manches Jungtürken aus der Anfangszeit dieser Bewegung damit aber Unrecht, indem du die gesamte Bewegung so einfach pauschal über einen Kamm scherst. Ein Jungtürke ist nicht gleich ein Völkermörder!

Wegen der Periode des Terrors nach der französischen Revolution verurteilt man auch nicht pauschal die Idealisten, die sich damals eine solche Wende in eine Schreckensherrschaft bei der Revolution bestimmt nicht vorgestellt hatten.

Die Jungtürken nach dem Putsch in den inneren Reihen, die zum faschitischen Ruck geführt haben, haben nicht wenige Leute aus ihren eigenen Reihen, die die neue Linie nicht unterstützten, beseitigen lassen.

Auch bei Differenzierung bleibt Schlimmes schlimm... dennoch sollten man den Schritt der Differenzierung nicht so einfach überspringen, weil er eventuell mehr Tiefe erfordert.

Dann formuliere ich es so: Das Gedankengut, dass zum türkischen Völkermord an den Armeniern führte und die tatsächlichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die die ARD dokumentiert hat, waren an Menschenverachtung mit denen der Nazis vergleichbar und dabei bleibe ich auch.
Differenzierung ist eine gute Sache, auch wenn im Falle des deutschen Genozids immer noch nicht wenige Menschen von einer Pauschalschuld der Deutschen ausgehen.
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Uriziel
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Beitrag(#1466203) Verfasst am: 29.04.2010, 04:54    Titel: Antworten mit Zitat

Bravopunk hat folgendes geschrieben:

Da bleibt einem glatt die Spucke weg. Weinen



Der Mensch hat so ein wunderschönes Antlitz manchmal, nicht wahr? zwinkern
Ganz besonders dann, wenn was an's Tageslicht kommt, was er nicht wollte, das es an's Licht kommt...

Wenn der Mensch jemals den Mars bevölkert, wird dessen Unschuld auch vernichtet und seine Oberfläche verdreckt sein... ^^;"
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Alchemist
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Beitrag(#1466259) Verfasst am: 29.04.2010, 09:44    Titel: Antworten mit Zitat

Karlchen hat folgendes geschrieben:
Dann formuliere ich es so: Das Gedankengut, dass zum türkischen Völkermord an den Armeniern führte und die tatsächlichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die die ARD dokumentiert hat, waren an Menschenverachtung mit denen der Nazis vergleichbar und dabei bleibe ich auch.
Differenzierung ist eine gute Sache, auch wenn im Falle des deutschen Genozids immer noch nicht wenige Menschen von einer Pauschalschuld der Deutschen ausgehen.


1. Diese Art von Menschenverachtung gab es bereits vorher, nur waren die technischen Möglichkeiten soweit fortgeschritten, dass ein industrieller Massenmord möglich wurde.

2. Wer soll den Schuld am Völkermord im Dritten Reich gehabt haben?
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Uriziel
Herpiderpi



Anmeldungsdatum: 22.12.2007
Beiträge: 1728

Beitrag(#1467317) Verfasst am: 02.05.2010, 04:43    Titel: Antworten mit Zitat

Alchemist hat folgendes geschrieben:

1. Diese Art von Menschenverachtung gab es bereits vorher, nur waren die technischen Möglichkeiten soweit fortgeschritten, dass ein industrieller Massenmord möglich wurde.


Das hätte auch von mir stammen können.
Leider total wahr... ... und die meisten Leute denken nur nie drüber nach, habe ich den Eindruck.

Von wegen "Früher waren die Leute unschuldiger" - totaler Schwachsinn =)
Früher konnten Menschen nur nicht so effektiv andere in grossen Zahlen ermorden...


Zitat:

2. Wer soll den Schuld am Völkermord im Dritten Reich gehabt haben?


Einmal:
Deutschland an sich. Die Deutschen haben das dritte Reich nicht verhindert und dadurch auch den Völkermord an ihren jüdischen Mitdeutschen nicht.

Dann:
Auch nochmal wieder Deutschland - wegen "Täterdenken".
Ein missgünstiges Volk, genauso widerlich wie heute und nur eben NOCH schlechter informiert ("noch" dümmer?) - aufgehetzt, "futterneidisch" und hässlich - in Wahrheit hat es die meisten doch gefreut, was mit ihren jüdischen Nachbarn passiert ist, nicht wahr?

Oder selbst wenn nicht die meisten - dann aber auf jeden Fall genug -.- denn den Massenmord an den deutschen Juden GAB ES JA WIRKLICH zu der Zeit.



Ich will der Fairness jetzt mal ein wenig "eigen-kritischer" reden - ich bin ja auch Deutscher und will nicht so reden, als wenn ich 100%ig anders gewesen wäre. Darum kommt jetzt eine nationale "Eigen-Klatsche".

Vielleicht war es "unserem" typischen "Phlegmatismus" und unserer typischen, deutschen Feigheit und Aoszialität zu verdanken, das wir den Massenmord der "Täter-Nachbarn" an unseren anderen Nachbarn haben geschehen lassen.

Heute sind wir da ein wenig anders, nicht wahr? Damals aber nicht. Wir waren SO feige, nicht mit totaler Gewalt "gewaltbereiten Abschaum" in seine Grenzen zu weisen, der schon vor der offiziellen Herrschaft Hit*ers in den Strassen Einschüchterung und Terror ausgeübt hatte.

Statt "hässlich" zu werden und die Freiheit dieses Landes mit blutigen Händen und grimmigen Gesichtern zu verteidigen, waren wir "feige, unschuldige Schwächlinge" - die dann beherrscht wurden.


Hoffentlich wird sowas nie wieder passieren. Wir Deutschen sind solch ein feiges, rückgratloses Pack manchmal...


Also: Wem ich nun zu weit gehe, der möge sich "bitte" nicht angesprochen fühlen...

Aber ja - manchmal stinkt mir dieses eigene Land, indem ich großgeworden bin, wirklich zum Himmel...
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