Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen |
Autor |
Nachricht |
Rohrspatz grobsinnig und feinschlächtig
Anmeldungsdatum: 25.12.2007 Beiträge: 3877
Wohnort: NRW
|
(#1477406) Verfasst am: 28.05.2010, 12:42 Titel: |
|
|
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Nietzsches Auffassung war ja, dass die Vernunft immer und überall dort besonders ausgeprägt ist, wo die Affekte es allzu bunt getrieben haben, gewissermaßen als Gegengift. Moral bestimmt sich dabei nicht durch die Zügelung der (bösen) Affekte durch die (erhabene) Vernunft, sondern durch das Verhältnis von Affekt und Vernunft zueinander. Die Vernunft gehört gewissermaßen selbst den Affekten an und die Trennung beider ist ein ebensolcher (letztlich sogar derselbe) Mythos wie die Trennung von Körper und Seele.
Was die Emphatie betrifft, so gehört natürlich auch sie unter die Affekte, nicht minder als Gier, Rachsucht usw. |
Hmm. Ich weiß natürlich nicht, woraus Nietzsche seine Interpretation zieht, mir kommt sie aber erst einmal nicht wirklich schlüssig vor. Dass Vernunft das "Gegengift" zu ausufernden Trieben ist, kann ich durchaus nachvollziehen. Dass aber ausufernde Triebe die Vernunft zwingend auf den Plan rufen hingegen nicht. Wenn ein gewisses Maß an Vernunft ausufernde Triebhaftigkeit ausschließt, braucht nur aus irgend welchen Gründen der Gebrauch der Vernunft schwanken, um dieses alternierende Muster zu begründen. Sprich: Wenn eine Gesellschaft maximal vernünftig ist, kann sie nur noch unvernünftiger werden. Wenn eine Gesellschaft maximal unvernünftig ist, kann sie nur noch vernünftiger werden.
Unter diesem Aspekt müsste man Vernunft an sich auch nicht unbedingt als Affekt verstehen, sondern kann sie weiterhin den Affekten gegenüber stellen.
Empathie würde ich auch nicht als Aspekt verstehen. Beides verstehe ich als kognitive Fähigkeiten. Aus diesen Fähigkeiten gehen natürlich Affekte hervor (Empathie führt z.B. zu Mitleid, was ein recht starker Affekt sein kann).
Sicher kann man auch eine Ebene der Abstraktion finden, wo Vernunft, Empathie und Trieb nicht unterscheidbar sind. Zu einer strikten Trennung neige ich im übrigen ebenfalls nicht, da auch kognitive Fähigkeiten die Subjektivität des Erlebens nicht überwinden können und sie ebenfalls erst einmal dem Individuum dienen.
Zitat: |
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Und zu guter Letzt: Wenn Empathie, Mitgefühl, Aufopferungsbereitschaft etc. sich entwickelt hatten, um Kooperation zu ermöglichen und Ethik Zusammenleben gewährleisten soll (ich hoffe so weit sind wir uns einig?), warum sollte Ethik dann nichts mit diesen zwischenmenschlichen Eigenschaften zutun haben? |
Das hat sie ja zweifellos. Aber dem stehen eben auch noch andere menschliche Regungen entgegen. |
Durchaus. Und nun komme ich mit einem ganz doofen Vergleich. Darf ich?
Es gibt ein ganz bestimmtes aromatisches Molekül, das die wichtigste geschmackliche Komponente des Apfels ausmacht. Isoliert betrachtet hat es kaum mehr die geschmacklichen Aspekte eines Apfels, es kann aber dazu heran gezogen werden, das Maß an Apfelartigkeit von künstlichen Speisen zu bestimmen. Oder anders: Ein Apfel ohne dieses Molekül würde auch nicht nach Apfel schmecken.
Was macht Ethik oder Moral auf der abstraktesten Ebene aus?
Intelligente Wesen, die aufgrund ihrer sozialen Struktur Empathie erworben haben, um kooperieren zu können, haben die "natürlichen" Regeln des Miteinanders auf abstrakter Ebene erweitert und optimiert.
Die Frucht der "Ethik" besteht aus vielen verschiedenen Aspekten, die alle die Ethik einer Gesellschaft ausmachen und zu ihrem individuellen "Geschmack" (ja, ich komme mir dabei auch selbst doof vor ) beiträgt. Wenn man aber das Charakteristikum der Ethik heraus finden will, mit dem man die Ethik gegen andere kulturelle Phänomene abgrenzen will, das auch ein "Maß" für den Anteil an Ethik in einer Kultur sein könnte... da käme ich eben wieder zurück auf die Empathie.
Wir gehen prinzipiell unterschiedlich an die Frage danach, was Ethik ist, heran. Du betrachtest anscheinend das, was realisiert ist und dann lassen sich willkürliche Regeln nicht von dem, was ich auf abstrakte Art für Ethik halte, trennen. Dann macht auch die Frage nach dem "Sollen" keinen Sinn.
Ich hingegen gehe davon aus, dass es eine Art "Quintessenz" der Ethik geben muss, allein schon deswegen, weil es zwar Unterschiede aber auch universelle Gemeinsamkeiten zwischen den verschiedenen Kulturen gibt, versuche daraus ein abstraktes Modell der Ethik zu ziehen und hoffe dadurch auf normative Antworten zu stoßen, die unter den Menschen universell sein könnten.
Ich bin mir darüber im Klaren, dass das keinen objektiven Unterschied macht, da es kein objektives Bewertungssystem für Ethik gibt und nicht zuletzt sind auch meine Überzeugungen im Rahmen meines kulturellen Umfelds gewachsen.
_________________ Dies ist keine Piep-Show.
|
|
Nach oben |
|
 |
Rohrspatz grobsinnig und feinschlächtig
Anmeldungsdatum: 25.12.2007 Beiträge: 3877
Wohnort: NRW
|
(#1477408) Verfasst am: 28.05.2010, 12:48 Titel: |
|
|
@VanHanegem:
Eleonor hat folgendes geschrieben: |
Ich hingegen gehe davon aus, dass es eine Art "Quintessenz" der Ethik geben muss, allein schon deswegen, weil es zwar Unterschiede aber auch universelle Gemeinsamkeiten zwischen den verschiedenen Kulturen gibt, versuche daraus ein abstraktes Modell der Ethik zu ziehen und hoffe dadurch auf normative Antworten zu stoßen, die unter den Menschen universell sein könnten. |
Was religiöse Regeln betrifft ist es eben dieser Mangel an Universalität, der irritiert. Wenn es einen Gott gäbe, dem es auch noch wichtig ist, als der einzige anerkannt zu werden und für die gesamte Welt gelten soll, dann sollten doch gerade seine Regeln derart geschaffen sein, überall und zu jeder Zeit gültig zu sein. (Was sie zu einem Großteil nicht sind und was daher unlogisch ist)
Für den Buddhismus u.Ä. gilt diese Kritik natürlich um den verringerten Anspruch an Allgemeingültigkeit weniger.
_________________ Dies ist keine Piep-Show.
|
|
Nach oben |
|
 |
Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
|
(#1477470) Verfasst am: 28.05.2010, 15:22 Titel: |
|
|
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Hmm. Ich weiß natürlich nicht, woraus Nietzsche seine Interpretation zieht, mir kommt sie aber erst einmal nicht wirklich schlüssig vor. Dass Vernunft das "Gegengift" zu ausufernden Trieben ist, kann ich durchaus nachvollziehen. Dass aber ausufernde Triebe die Vernunft zwingend auf den Plan rufen hingegen nicht. Wenn ein gewisses Maß an Vernunft ausufernde Triebhaftigkeit ausschließt, braucht nur aus irgend welchen Gründen der Gebrauch der Vernunft schwanken, um dieses alternierende Muster zu begründen. |
Ich denke nicht, dass Nietzsche hier einen Automatismus dieser Art vor Augen hatte. Die Vernunft war für ihn wohl eher ein Übel, dass durch die Degeneration und die daraus folgende drohende "Anarchie" der Instinkte notwendig wurde. Aber das soll hier weniger mein Thema sein. Mir ging es vor allem darum, den alten Dualismus, der der Gegenüberstellung von Vernunft und Trieb zugrundeliegt, in Frage zu stellen. Denn gerade vermittelst der Vernunft wurden die absonderlichsten Rechtfertigungsversuche moralischer Systeme unternommen.
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Unter diesem Aspekt müsste man Vernunft an sich auch nicht unbedingt als Affekt verstehen, sondern kann sie weiterhin den Affekten gegenüber stellen. |
Fragt sich nur, ob es dafür jenseits der Gewohnheit gute Gründe gibt.
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Wenn man aber das Charakteristikum der Ethik heraus finden will, mit dem man die Ethik gegen andere kulturelle Phänomene abgrenzen will, das auch ein "Maß" für den Anteil an Ethik in einer Kultur sein könnte... da käme ich eben wieder zurück auf die Empathie. |
Eingedenk deiner Definition der Emathie als kognitive Fähigkeit stimme ich dir da zu, gebe aber zu bedenken, dass diese Fähigkeit eben nicht nur Mitgefühl hervorzurufen vermag, sondern auch dazu eingesetzt wird, andere zu übervorteilen, zu manipulieren etc. Und das alles sind in der Tat wesentliche Voraussetzungen für die Entstehung jeglicher moralischen Systeme.
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Wir gehen prinzipiell unterschiedlich an die Frage danach, was Ethik ist, heran. Du betrachtest anscheinend das, was realisiert ist und dann lassen sich willkürliche Regeln nicht von dem, was ich auf abstrakte Art für Ethik halte, trennen. Dann macht auch die Frage nach dem "Sollen" keinen Sinn. |
Nein, der Punkt ist folgender: Für mich ist Moral das am menschlichen Streben, was nicht hinreichend reflektiert wurde und möglicherweise auch gar nicht reflektier werden kann. Die Kenntnis eigener Bedürfnisse und die Kenntnis der Interessen anderer gepaart mit der Urteilskraft, die Folgen etwaiger Handlungen abschätzen zu können, führt zur bestmöglichen Bewertung von Taten und erwünschter Handlungsweisen. Moral kommt immer dort ins Spiel, wo entweder die Motive oder die Folgen einer Handlung nicht adäquat abgeschätzt werden können. Man erkennt zwar die Notwendigkeit, das Handeln Regeln zu unterwerfen, ist sich des vollen Sinns dieser Regeln zumindest im Augenblick der Tat aber nicht bewusst. Daher beruft man sich ersatzweise auf eine als sinnvoll angenommene Norm, die der Handlung schon die gewünschte Richtung geben wird.
Auf einen Satz gebracht: Moral ist das, was wir für richtig halten, ohne guten Gewissens und ohne rot zu werden benennen zu könnten, warum es richtig ist.
|
|
Nach oben |
|
 |
Effô Tisetti Königsblau bis in den Tod
Anmeldungsdatum: 18.09.2003 Beiträge: 9920
Wohnort: 75
|
|
Nach oben |
|
 |
Rohrspatz grobsinnig und feinschlächtig
Anmeldungsdatum: 25.12.2007 Beiträge: 3877
Wohnort: NRW
|
(#1477499) Verfasst am: 28.05.2010, 16:31 Titel: |
|
|
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Denn gerade vermittelst der Vernunft wurden die absonderlichsten Rechtfertigungsversuche moralischer Systeme unternommen. |
Da allerdings ist nicht gerade wenig dran....
Zitat: |
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Unter diesem Aspekt müsste man Vernunft an sich auch nicht unbedingt als Affekt verstehen, sondern kann sie weiterhin den Affekten gegenüber stellen. |
Fragt sich nur, ob es dafür jenseits der Gewohnheit gute Gründe gibt. |
Wie das eben so ist mit Definitionen: Man unterscheidet so viel, wie es bezogen auf die Frage-/Problemstellung nötig erscheint
Zitat: |
Eingedenk deiner Definition der Emathie als kognitive Fähigkeit stimme ich dir da zu, gebe aber zu bedenken, dass diese Fähigkeit eben nicht nur Mitgefühl hervorzurufen vermag, sondern auch dazu eingesetzt wird, andere zu übervorteilen, zu manipulieren etc. Und das alles sind in der Tat wesentliche Voraussetzungen für die Entstehung jeglicher moralischen Systeme. |
Dem stimme ich so zu.
Zitat: |
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Wir gehen prinzipiell unterschiedlich an die Frage danach, was Ethik ist, heran. Du betrachtest anscheinend das, was realisiert ist und dann lassen sich willkürliche Regeln nicht von dem, was ich auf abstrakte Art für Ethik halte, trennen. Dann macht auch die Frage nach dem "Sollen" keinen Sinn. |
Nein, der Punkt ist folgender: Für mich ist Moral das am menschlichen Streben, was nicht hinreichend reflektiert wurde und möglicherweise auch gar nicht reflektier werden kann. Die Kenntnis eigener Bedürfnisse und die Kenntnis der Interessen anderer gepaart mit der Urteilskraft, die Folgen etwaiger Handlungen abschätzen zu können, führt zur bestmöglichen Bewertung von Taten und erwünschter Handlungsweisen. Moral kommt immer dort ins Spiel, wo entweder die Motive oder die Folgen einer Handlung nicht adäquat abgeschätzt werden können. Man erkennt zwar die Notwendigkeit, das Handeln Regeln zu unterwerfen, ist sich des vollen Sinns dieser Regeln zumindest im Augenblick der Tat aber nicht bewusst. Daher beruft man sich ersatzweise auf eine als sinnvoll angenommene Norm, die der Handlung schon die gewünschte Richtung geben wird.
Auf einen Satz gebracht: Moral ist das, was wir für richtig halten, ohne guten Gewissens und ohne rot zu werden benennen zu könnten, warum es richtig ist. |
Interessante Definition. Definitiv auch ein ausgesprochen guter Denkansatz, aus dem sich spannende Blickwinkel ergeben.
Ich werde versuchen diesen Ansatz in meine künftigen Betrachtungsweisen einfließen zu lassen. Danke für die Anregung!
Eine Frage hierzu noch: Gilt demnach, dass ethische Fragen zu unterschiedlichen Antworten führen, je nachdem, welche Definition von Ethik bzw. Moral man wählt, es aber auch hier kein richtig oder falsch geben kann?
Ich meine: Ich habe hier jetzt ziemlich viel diesbezüglich diskutiert, bin aber noch nicht einmal bezüglich der Frage, was Ethik ist, auf Maßstäbe gestoßen, wie man die Antworten in richtig oder falsch einteilen kann.
Und noch ein Gedanke, der sich mir aufdrängt: Sofern man eben doch zwischen Moral und Ethik unterscheidet, würde meines Wissens deine Definition eher unter "Moral" fallen, das was ich meine (wie viel Illusion hinter den Hoffnungen darauf auch immer stecken mag) als Begründung von Moral hingegen als "Ethik", oder greift das nicht weit genug?
_________________ Dies ist keine Piep-Show.
|
|
Nach oben |
|
 |
Der_Guido dafür dagegen zu sein
Anmeldungsdatum: 17.05.2006 Beiträge: 2518
Wohnort: Östlich von Holland
|
(#1477508) Verfasst am: 28.05.2010, 17:12 Titel: |
|
|
Ich kann der Diskussion mangels übereinstimmender Definitionen kaum folgen, obwohl ich gerne würde.
Unter Moral verstehe ich normative Aussagen wie " Töten ist verwerflich/böse/verboten".
Unter Ethik verstehe ich Begründungen für die normativen Aussagen, also die deskriptive Beschreibung plus Ableitung zur normativen Aussage. Gerade da lauern doch die Fallstricke wie "welches Axiomensystem", naturalistischer Fehlschluss" und "Humes Gesetz".
Bin ich völlig auf dem Holzweg ?
_________________ lieber einen schlechten Plan, als gar kein Plan haben
|
|
Nach oben |
|
 |
step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
|
(#1477581) Verfasst am: 28.05.2010, 19:52 Titel: |
|
|
Der_Guido hat folgendes geschrieben: | Ich kann der Diskussion mangels übereinstimmender Definitionen kaum folgen, obwohl ich gerne würde.
Unter Moral verstehe ich normative Aussagen wie " Töten ist verwerflich/böse/verboten".
Unter Ethik verstehe ich Begründungen für die normativen Aussagen, also die deskriptive Beschreibung plus Ableitung zur normativen Aussage. Gerade da lauern doch die Fallstricke wie "welches Axiomensystem", naturalistischer Fehlschluss" und "Humes Gesetz".
Bin ich völlig auf dem Holzweg ? |
Keineswegs, so ähnlich würde ich das auch definieren.
Die Ansprüche an eine Ethik (also an die Begründung moralischer Urteile und Gebote) werden mit der Zeit höher, da sie dem gesammelten Wissen nicht widersprechen sollte und auch die sozialen Geflechte komplexer werden.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
|
|
Nach oben |
|
 |
Rohrspatz grobsinnig und feinschlächtig
Anmeldungsdatum: 25.12.2007 Beiträge: 3877
Wohnort: NRW
|
(#1477593) Verfasst am: 28.05.2010, 20:14 Titel: |
|
|
step hat folgendes geschrieben: | Der_Guido hat folgendes geschrieben: | Ich kann der Diskussion mangels übereinstimmender Definitionen kaum folgen, obwohl ich gerne würde.
Unter Moral verstehe ich normative Aussagen wie " Töten ist verwerflich/böse/verboten".
Unter Ethik verstehe ich Begründungen für die normativen Aussagen, also die deskriptive Beschreibung plus Ableitung zur normativen Aussage. Gerade da lauern doch die Fallstricke wie "welches Axiomensystem", naturalistischer Fehlschluss" und "Humes Gesetz".
Bin ich völlig auf dem Holzweg ? |
Keineswegs, so ähnlich würde ich das auch definieren.
Die Ansprüche an eine Ethik (also an die Begründung moralischer Urteile und Gebote) werden mit der Zeit höher, da sie dem gesammelten Wissen nicht widersprechen sollte und auch die sozialen Geflechte komplexer werden. |
Hm, inzwischen frage ich mich, ob die Ansprüche mit wachsendem Wissen und wachsender Erfahrung immer höher werden... oder ob sie einfach ab einem bestimmten Punkt komplett verworfen werden.
Wenn ich Zumsel bis hier hin folgen konnte drängt sich mir die Frage auf: Wie kommt man dann überhaupt noch zu einer eigenen Ethik? Gar nicht? Oder sucht man sich eine nach Geschmack aus und behält im Hinterkopf, dass diese jedoch kein bisschen besser begründbar ist als jede andere?
_________________ Dies ist keine Piep-Show.
|
|
Nach oben |
|
 |
Der_Guido dafür dagegen zu sein
Anmeldungsdatum: 17.05.2006 Beiträge: 2518
Wohnort: Östlich von Holland
|
(#1477594) Verfasst am: 28.05.2010, 20:15 Titel: |
|
|
step hat folgendes geschrieben: |
Keineswegs, so ähnlich würde ich das auch definieren.
|
danke step, du bist mein Held
step hat folgendes geschrieben: |
Die Ansprüche an eine Ethik (also an die Begründung moralischer Urteile und Gebote) werden mit der Zeit höher, da sie dem gesammelten Wissen nicht widersprechen sollte und auch die sozialen Geflechte komplexer werden. |
Gesammeltes Wissen könnte bedeuten "Schweinefleisch essen ist verwerflich", siehe Islam, oder "heilige Kühe schlachten ist verwerflich", siehe Hinduismus.
Ich kann mir kein Axiomensystem vorstellen, dass nicht gesammelten (moralischen) Wissen widersprechen würde. Sollte man moralisches "Wissen" nicht erst einmal irgendwie essentiell eingrenzen ?
_________________ lieber einen schlechten Plan, als gar kein Plan haben
|
|
Nach oben |
|
 |
step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
|
(#1477598) Verfasst am: 28.05.2010, 20:19 Titel: |
|
|
Der_Guido hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Die Ansprüche an eine Ethik (also an die Begründung moralischer Urteile und Gebote) werden mit der Zeit höher, da sie dem gesammelten Wissen nicht widersprechen sollte und auch die sozialen Geflechte komplexer werden. | Gesammeltes Wissen könnte bedeuten "Schweinefleisch essen ist verwerflich", siehe Islam, oder "heilige Kühe schlachten ist verwerflich", siehe Hinduismus.
Ich kann mir kein Axiomensystem vorstellen, dass nicht gesammelten (moralischen) Wissen widersprechen würde. Sollte man moralisches "Wissen" nicht erst einmal irgendwie essentiell eingrenzen ? |
Ich meinte natürlich kein moralisches Wissen. Sondern gute naturwissenschaftliche Theorien, soziologische Studien und dgl.
Wie ich schon weiter oben schrieb, sollte mE eine moderne Ethik rational nachvollziehbar angeben können, welche gemeinsamen Ziele mit welchen daür geeigneten Mitteln erreicht werden sollen.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
|
|
Nach oben |
|
 |
Der_Guido dafür dagegen zu sein
Anmeldungsdatum: 17.05.2006 Beiträge: 2518
Wohnort: Östlich von Holland
|
(#1477604) Verfasst am: 28.05.2010, 20:37 Titel: |
|
|
step hat folgendes geschrieben: | Der_Guido hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Die Ansprüche an eine Ethik (also an die Begründung moralischer Urteile und Gebote) werden mit der Zeit höher, da sie dem gesammelten Wissen nicht widersprechen sollte und auch die sozialen Geflechte komplexer werden. | Gesammeltes Wissen könnte bedeuten "Schweinefleisch essen ist verwerflich", siehe Islam, oder "heilige Kühe schlachten ist verwerflich", siehe Hinduismus.
Ich kann mir kein Axiomensystem vorstellen, dass nicht gesammelten (moralischen) Wissen widersprechen würde. Sollte man moralisches "Wissen" nicht erst einmal irgendwie essentiell eingrenzen ? |
Ich meinte natürlich kein moralisches Wissen. Sondern gute naturwissenschaftliche Theorien, soziologische Studien und dgl.
Wie ich schon weiter oben schrieb, sollte mE eine moderne Ethik rational nachvollziehbar angeben können, welche gemeinsamen Ziele mit welchen daür geeigneten Mitteln erreicht werden sollen. |
Ah, ok, das meintest du mit "Wissen".
Wissen haben wir ja reichlich, nur wie leitet man daraus eine Ethik ab ? Ein beliebter Streitpunkt mit z.b. Christen ist das Thema Abtreibung, welches Wissen will kann man da anführen, und wie ableiten, ohne einen naturalistischen Fehlschluss zu begehen ?
P.S.: Das bisher gesammelte und gelebte moralische Wissen wird wohl trotzdem wie ein Damoklesschwert über den neuen Moralsystemen hängen. In essentiellen Fragen wie Mord, Raub, Vergewaltigung, Krieg, etc. wird man schwerlich an den Grundfesten rütteln können.
_________________ lieber einen schlechten Plan, als gar kein Plan haben
|
|
Nach oben |
|
 |
Der_Guido dafür dagegen zu sein
Anmeldungsdatum: 17.05.2006 Beiträge: 2518
Wohnort: Östlich von Holland
|
(#1477608) Verfasst am: 28.05.2010, 20:42 Titel: |
|
|
Eleonor hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Der_Guido hat folgendes geschrieben: | Ich kann der Diskussion mangels übereinstimmender Definitionen kaum folgen, obwohl ich gerne würde.
Unter Moral verstehe ich normative Aussagen wie " Töten ist verwerflich/böse/verboten".
Unter Ethik verstehe ich Begründungen für die normativen Aussagen, also die deskriptive Beschreibung plus Ableitung zur normativen Aussage. Gerade da lauern doch die Fallstricke wie "welches Axiomensystem", naturalistischer Fehlschluss" und "Humes Gesetz".
Bin ich völlig auf dem Holzweg ? |
Keineswegs, so ähnlich würde ich das auch definieren.
Die Ansprüche an eine Ethik (also an die Begründung moralischer Urteile und Gebote) werden mit der Zeit höher, da sie dem gesammelten Wissen nicht widersprechen sollte und auch die sozialen Geflechte komplexer werden. |
Hm, inzwischen frage ich mich, ob die Ansprüche mit wachsendem Wissen und wachsender Erfahrung immer höher werden... oder ob sie einfach ab einem bestimmten Punkt komplett verworfen werden.
Wenn ich Zumsel bis hier hin folgen konnte drängt sich mir die Frage auf: Wie kommt man dann überhaupt noch zu einer eigenen Ethik? Gar nicht? Oder sucht man sich eine nach Geschmack aus und behält im Hinterkopf, dass diese jedoch kein bisschen besser begründbar ist als jede andere? |
Das ist meines Wissens eine Frage des Standpunktes. Realisten (dazu zählen die meisten Naturalisten) bemühen sich um eine objektive Moral/Ethik, vermuten auch, dass so eine existiert. Im Gegensatz dazu stehen Relativisten, die objektive Standpunte für etwas ähnliches wie Märchen halten. Die Hardliner sind allerdings die Religionen, die haben nicht objektive, sondern absolute Wertvorstellungen.
_________________ lieber einen schlechten Plan, als gar kein Plan haben
|
|
Nach oben |
|
 |
VanHanegem Weltmeister
Anmeldungsdatum: 24.04.2006 Beiträge: 3180
|
(#1477615) Verfasst am: 28.05.2010, 20:49 Titel: |
|
|
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Das Verbot an einem bestimmten Tag auch nur irgend eine Form der Arbeit auszuüben - selbst wenn sie eigennützig ist und eben nicht fremdbestimmt - inwiefern ist das sinnvoll? |
Was "auch nur irgendeine Form der Arbeit" sei haben die Schreiber des AT explizit offengelassen.
Die Interpretation im orthodoxen Judentum ist nicht die einzig mögliche. So gibt es z.B. auch die im deutschen Ladenschlußgesetz. Du wirst mich doch jetzt nicht im Ernst danach fragen worin dessen Schutzwirkung besteht.
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Dass es kaum Gedanken gibt, die noch nicht gedacht wurden, verwundert dich aber doch nicht wirklich? |
Ja, aber wenn grundlegende Ideen nach dem mainstream gehen, glaube ich nicht so ganz, daß die sich zwingend aufgrund von Reflexion ergeben hätten.
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Niemand. Genau darum geht es ja. Wo niemand Werte unterscheidet, gibt es nur (auf Abwägungen bezogen) Gleichwertigkeit. |
Aus der Nichtexistenz vernünftiger Kriterien für Wertigkeit kann man aber auch schließen, daß diese Kategorie sinnlos sei. Du folgst jedoch wieder dem christlichen Mainstream und postulierst die Existenz einer Wertigkeit und weiter aus dem Fehlen vernünftiger Kriterien dafür Gleichwertigkeit.
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Axiom hier im folgenden Sinne: Unbewiesene Grundannahme, aus welchem sich die ethischen Theoreme ableiten lassen. |
Das wäre bei Dir also z.B. die Gleichheit der Menschen? oder? Wenn ja hältst Du dieses Axiom für verhandelbar?
L.E.N. hat folgendes geschrieben: | dieser hut ist sicher älter als 1000 jahre, denn auch lange vor monotheistischen moralbegründungen gab es moral, die auf vernunft basierte. |
Die religiösen Formen der Moral basieren ebenfalls auf Vernunft. Auf was sonst?
step hat folgendes geschrieben: | Sagen wir, ich habe an eine Reflektion mit heutigem Wissen auch entsprechende Ansprüche. Für Dich dagegen scheint jegliche kulturelle Tätigkeit das Kriterium der kritischen Reflektion zu erfüllen. |
Es gab ja auch in der Vergangenheit schon Reflexionen mit gestrigem Wissen.
Das Urteil über die Qualität von Reflexion spricht der Erfolg und nicht Details der Methodik.
step hat folgendes geschrieben: | Die modifizierte Variante müßte heute aber heißen: "Du sollst an keine Götter glauben" - wo kämen wir denn hin, wenn ein Gericht den Vorwurf der Gotteslästerung als Grund für eine Klage akzeptieren würde? |
So stehts sinngemäß ja im AT drin.
step hat folgendes geschrieben: | Und welche Konfession stellte nochmal bei Kindsmißbrauch ihre Gerichtsbarkeit über die weltliche? Ich muß sagen, der metaphysische Sanktionsdruck treibt bis heute die absonderlichsten Blüten. |
Der Grund für Vertuschung metaphysische Sanktionsdruck? Oder doch eher reines Eigeninteresse?
Der metaphysische Sanktionsdruck hätte, so er denn relevant wäre, z.B. auch die Tat verhindern können.
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Was religiöse Regeln betrifft ist es eben dieser Mangel an Universalität, der irritiert. Wenn es einen Gott gäbe, dem es auch noch wichtig ist, als der einzige anerkannt zu werden und für die gesamte Welt gelten soll, dann sollten doch gerade seine Regeln derart geschaffen sein, überall und zu jeder Zeit gültig zu sein. (Was sie zu einem Großteil nicht sind und was daher unlogisch ist) |
Wie schon gesagt, ich bleibe beim "ist", Du wechselst die Ebenen zwischen "sein" und "sollen", also wirf das dann bitte nicht mir vor.
_________________ Hup Holland Hup, Oranje winnt de cup (2022)
|
|
Nach oben |
|
 |
Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
|
(#1477625) Verfasst am: 28.05.2010, 21:00 Titel: |
|
|
Zur Unterscheidung zwischen Ethik und Moral: Ich kenne sie natürlich, kann ihr aber nicht viel abgewinnen. Sofern man unter "Ethik" lediglich die wissenschaftliche Beschreibung moralischer Phänomene versteht, halte ich diese Begriffswahl aber für durchaus akzeptabel. Wenn jedoch darunter der Versuch gefasst wird, durch abstrakte Ableitungen konkrete Normen scheinbar objektiv zu begründen, lehne ich das klar ab. Und zwar deshalb, weil diese "Begründungen" immer schon notwendig von einem bestimmten moralischen Standpunkt aus erfolgen. Dieser Versuche, dem eigenem moralischen Empfinden den Anschein von Objektivität und Allgemeingültigkeit zu geben, gehört für mich eindeutig selbst in den Bereich der Moral (im hier definierten Sinne). Die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Moral kann nur insofern normativ wirken, als wie sie durch ihre Erkenntnisse den Horizont der Leute erweitert, indem also durch die Offenlegung bestimmter Fakten und Zusammenhänge bisherige Annahmen, auf denen gewisse Normen beruhen, des Irrtums überführt werden und auf dieser Grundlage aus der Gesellschaft heraus eine Normänderung bewirkt wird; nicht aber, indem irgendwelchen fragwürdigen Axiome mit mehr oder weniger offensichtlich konstruierten Ableitungen aus dem Zylinder gezaubert werden. Die normative Diskussion kann niemals objektiv sein.
|
|
Nach oben |
|
 |
Rohrspatz grobsinnig und feinschlächtig
Anmeldungsdatum: 25.12.2007 Beiträge: 3877
Wohnort: NRW
|
(#1477635) Verfasst am: 28.05.2010, 21:11 Titel: |
|
|
VanHanegem hat folgendes geschrieben: | Eleonor hat folgendes geschrieben: | Niemand. Genau darum geht es ja. Wo niemand Werte unterscheidet, gibt es nur (auf Abwägungen bezogen) Gleichwertigkeit. |
Aus der Nichtexistenz vernünftiger Kriterien für Wertigkeit kann man aber auch schließen, daß diese Kategorie sinnlos sei. Du folgst jedoch wieder dem christlichen Mainstream und postulierst die Existenz einer Wertigkeit und weiter aus dem Fehlen vernünftiger Kriterien dafür Gleichwertigkeit. |
Moment, ich postuliere gar nichts. Wenn es keinen Wert gibt, dann sind Menschen eben gleichwertig, weil niemand einen Wert hat. So oder so läuft es also auf das selbe hinaus, es sei denn, man setzt selbst einen Wert fest:
Zitat: |
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Axiom hier im folgenden Sinne: Unbewiesene Grundannahme, aus welchem sich die ethischen Theoreme ableiten lassen. |
Das wäre bei Dir also z.B. die Gleichheit der Menschen? oder? Wenn ja hältst Du dieses Axiom für verhandelbar? |
Natürlich. Wenn allerdings alle Menschen innerhalb einer Wertegemeinschaft das selbe Stimmrecht haben, würden natürlich zwangsläufig alle gleichermaßen beachtet (Gemäß "wenn jeder an sich denkt ist an alle gedacht"). Finden nur die mächtigen einen Konsens, können die ihrerseits verhandeln, was sie wollen. Dann setzen sie einen Wert u.U. willkürlich fest.
Zitat: |
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Was religiöse Regeln betrifft ist es eben dieser Mangel an Universalität, der irritiert. Wenn es einen Gott gäbe, dem es auch noch wichtig ist, als der einzige anerkannt zu werden und für die gesamte Welt gelten soll, dann sollten doch gerade seine Regeln derart geschaffen sein, überall und zu jeder Zeit gültig zu sein. (Was sie zu einem Großteil nicht sind und was daher unlogisch ist) |
Wie schon gesagt, ich bleibe beim "ist", Du wechselst die Ebenen zwischen "sein" und "sollen", also wirf das dann bitte nicht mir vor. |
Um eins zu klären: Du hast ursprünglich auf meinen Post geantwortet. Ich habe deutlich gemacht, dass ich die theoretische und deduktive Ebene gemeint habe. Wenn du im Nachhinein dann sagst, dass die Ist-Ebene für dich die einzig diskutable ist, dann diskutieren wir faktisch gar nicht.
Ich habe sogar bereits eingeräumt, dass religiöse Regeln sozio-logisch, psycho-logisch und historisch Sinn machen. Wenn das alles ist, was dir wichtig ist, wären wir ja schon lange am Ende.
_________________ Dies ist keine Piep-Show.
|
|
Nach oben |
|
 |
Rohrspatz grobsinnig und feinschlächtig
Anmeldungsdatum: 25.12.2007 Beiträge: 3877
Wohnort: NRW
|
(#1477655) Verfasst am: 28.05.2010, 21:33 Titel: |
|
|
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Zur Unterscheidung zwischen Ethik und Moral: Ich kenne sie natürlich, kann ihr aber nicht viel abgewinnen. Sofern man unter "Ethik" lediglich die wissenschaftliche Beschreibung moralischer Phänomene versteht, halte ich diese Begriffswahl aber für durchaus akzeptabel. Wenn jedoch darunter der Versuch gefasst wird, durch abstrakte Ableitungen konkrete Normen scheinbar objektiv zu begründen, lehne ich das klar ab. Und zwar deshalb, weil diese "Begründungen" immer schon notwendig von einem bestimmten moralischen Standpunkt aus erfolgen. Dieser Versuche, dem eigenem moralischen Empfinden den Anschein von Objektivität und Allgemeingültigkeit zu geben, gehört für mich eindeutig selbst in den Bereich der Moral (im hier definierten Sinne). Die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Moral kann nur insofern normativ wirken, als wie sie durch ihre Erkenntnisse den Horizont der Leute erweitert, indem also durch die Offenlegung bestimmter Fakten und Zusammenhänge bisherige Annahmen, auf denen gewisse Normen beruhen, des Irrtums überführt werden und auf dieser Grundlage aus der Gesellschaft heraus eine Normänderung bewirkt wird; nicht aber, indem irgendwelchen fragwürdigen Axiome mit mehr oder weniger offensichtlich konstruierten Ableitungen aus dem Zylinder gezaubert werden. Die normative Diskussion kann niemals objektiv sein. |
Dann habe ich dich doch tatsächlich so weit verstanden, dass ich diese Meinung von dir fast schon erahnt habe
Du sprichst von Irrtümern, die ausgeräumt werden können. Nun ist aber doch der Irrtum nur die Legitimation des moralischen Werts gewesen.
Sprich: Wenn man Frauen unterdrückt hat, und das mit ihrer vermeindlichen Dummheit legitimiert hat, dann kann man zwar lernen, dass die Legitimation falsch war, man könnte aber theoretisch dennoch bei der Unterdrückung bleiben, denn der Wert an sich ist dadurch ja nicht betroffen.
Man könnte anstatt dessen fragen, ob es zielführend ist, Frauen zu unterdrücken. Dafür bedarf es aber keiner Annahmen sondern lediglich des Fakts, dass es z.B. für ein Patriarchat stabilisierend wirkt, Frauen wenige Rechte zuzugestehen.
Ich frage mich, ob Menschen dennoch die Legitimation brauchen. Um (wie du sinngemäß so schön sagtest) "ohne rot zu werden begründen zu können, warum man so handelt" vielleicht. Das wäre dann womöglich deswegen der Fall, weil Empathie durch Legitimationen begrenzt werden muss, um ohne Mitleid jemanden schlechter behandeln zu können als sich selbst.
Hm. Das würde zumindest einiges erklären. Auch, warum sich in einer aufgeklärten Gesellschaft so etwas wie Menschenrechte durchsetzen müssen (die Legitimationen zur Bekämpfung der Empathie gegenüber "Outgroups" fallen mit zunehmendem Wissen weg).
_________________ Dies ist keine Piep-Show.
|
|
Nach oben |
|
 |
L.E.N. im falschen Film
Anmeldungsdatum: 25.05.2004 Beiträge: 27745
Wohnort: Hamburg
|
(#1477664) Verfasst am: 28.05.2010, 21:41 Titel: |
|
|
VanHanegem hat folgendes geschrieben: | L.E.N. hat folgendes geschrieben: | dieser hut ist sicher älter als 1000 jahre, denn auch lange vor monotheistischen moralbegründungen gab es moral, die auf vernunft basierte. |
Die religiösen Formen der Moral basieren ebenfalls auf Vernunft. Auf was sonst? |
auf hirngespinsten, worauf sonst?
beim gesnippten stimmst du mir nun aber zu?
_________________ Ich will Gott lästern dürfen! Weg mit §166 StGB!
|
|
Nach oben |
|
 |
Der_Guido dafür dagegen zu sein
Anmeldungsdatum: 17.05.2006 Beiträge: 2518
Wohnort: Östlich von Holland
|
(#1477688) Verfasst am: 28.05.2010, 22:06 Titel: |
|
|
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Zur Unterscheidung zwischen Ethik und Moral: Ich kenne sie natürlich, kann ihr aber nicht viel abgewinnen. Sofern man unter "Ethik" lediglich die wissenschaftliche Beschreibung moralischer Phänomene versteht, halte ich diese Begriffswahl aber für durchaus akzeptabel. Wenn jedoch darunter der Versuch gefasst wird, durch abstrakte Ableitungen konkrete Normen scheinbar objektiv zu begründen, lehne ich das klar ab. Und zwar deshalb, weil diese "Begründungen" immer schon notwendig von einem bestimmten moralischen Standpunkt aus erfolgen. Dieser Versuche, dem eigenem moralischen Empfinden den Anschein von Objektivität und Allgemeingültigkeit zu geben, gehört für mich eindeutig selbst in den Bereich der Moral (im hier definierten Sinne). Die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Moral kann nur insofern normativ wirken, als wie sie durch ihre Erkenntnisse den Horizont der Leute erweitert, indem also durch die Offenlegung bestimmter Fakten und Zusammenhänge bisherige Annahmen, auf denen gewisse Normen beruhen, des Irrtums überführt werden und auf dieser Grundlage aus der Gesellschaft heraus eine Normänderung bewirkt wird; nicht aber, indem irgendwelchen fragwürdigen Axiome mit mehr oder weniger offensichtlich konstruierten Ableitungen aus dem Zylinder gezaubert werden. Die normative Diskussion kann niemals objektiv sein. |
Falls dein letzter Satz stimmt, was ich nicht annehme, dann wäre doch jede von dir gewählte Begründung obsolet, weil eben nicht objektiv, sondern aus fragwürdigen Axiomen abgeleitet und aus dem Zylinder gezaubert, lediglich subjektiv begründet.
_________________ lieber einen schlechten Plan, als gar kein Plan haben
|
|
Nach oben |
|
 |
step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
|
(#1477845) Verfasst am: 29.05.2010, 11:30 Titel: |
|
|
Zumsel hat folgendes geschrieben: | ... Die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Moral kann nur insofern normativ wirken, als wie sie durch ihre Erkenntnisse den Horizont der Leute erweitert, indem also durch die Offenlegung bestimmter Fakten und Zusammenhänge bisherige Annahmen, auf denen gewisse Normen beruhen, des Irrtums überführt werden und auf dieser Grundlage aus der Gesellschaft heraus eine Normänderung bewirkt wird; nicht aber, indem irgendwelchen fragwürdigen Axiome mit mehr oder weniger offensichtlich konstruierten Ableitungen aus dem Zylinder gezaubert werden. Die normative Diskussion kann niemals objektiv sein. |
Ich stimme insofern zu, als nur die Ableitungen, nicht aber die Grundlagen objektiv bestimmbar sind. Ich widerspreche allerdings, daß die (nichtobjektiven) Grundlagen einer rationalistischen Ethik selbst moralischer Natur sind.
Die Grundlagen sind geprägt durch Fakten (z.B. biologischer oder sozialer Art) und durch Interessen. Beide sind nicht primär moralischer Natur, auch wenn die Interessen nicht objektiv sind.
Wer also wie ich eine rationalistische Ethik fordert, behauptet nicht, daß es eine komplett objektive Grundlage gebe, sondern nur, daß es objektiver und kritischer ist, die Grundlagen (Fakten und Interessen) zu analysieren und zu benennen, als sie im metaphysisch-nebligem Unklaren zu lassen und so zu tun, als ob die Moral selbst vernünftig sei.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
|
|
Nach oben |
|
 |
VanHanegem Weltmeister
Anmeldungsdatum: 24.04.2006 Beiträge: 3180
|
(#1478263) Verfasst am: 29.05.2010, 23:34 Titel: |
|
|
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Moment, ich postuliere gar nichts. Wenn es keinen Wert gibt, dann sind Menschen eben gleichwertig, weil niemand einen Wert hat. So oder so läuft es also auf das selbe hinaus, es sei denn, man setzt selbst einen Wert fest: |
Eine wahrhaft geniale Begründung des Gleichheitsprinzips:
man führt eine nichtexistente Kategorie ein, mag man sie nur "Wert" nennen, oder auch "Muggelfaktor" oder "wrzlbrmft"
Da diese Kategorie nicht existiert sind alle Menschen diesbezüglich gleich.
Zugegeben, diese Argumentation ist in sich widerspruchsfrei, begründet aber auch keine weiteren Konsequenzen.
Ist das "Axiom" der Gleichheit aller Menschen verhandelbar?
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Natürlich. |
Eben! In den Peanoschen Axiomen stecken 10000 Jahre Erfahrung der Menschheit im Umgang mit ganzen Zahlen. Auch Newtons actio=reactio hat schon Archimedes auch ohne formalen Überbau einer Axiomatik verwendet. Leute die das abstreiten sind wohl eher dem Lager der crank-physics zuzuordnen
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Wenn allerdings alle Menschen innerhalb einer Wertegemeinschaft das selbe Stimmrecht haben, würden natürlich zwangsläufig alle gleichermaßen beachtet (Gemäß "wenn jeder an sich denkt ist an alle gedacht"). Finden nur die mächtigen einen Konsens, können die ihrerseits verhandeln, was sie wollen. Dann setzen sie einen Wert u.U. willkürlich fest. |
Statistische Mittelung aller Größen ist in der Gesellschaft ist kein Naturgesetz. Die Masse kann sehr willkürlich reagieren.
Im Vergleich zur jahrtausendealten Erfahrung die einem tatsächlichen Axiom der Naturwissenschaft zugrundeliegt mutet Dein 3-Zeiler doch etwas flach an.
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Ich habe sogar bereits eingeräumt, dass religiöse Regeln sozio-logisch, psycho-logisch und historisch Sinn machen. Wenn das alles ist, was dir wichtig ist, wären wir ja schon lange am Ende. |
In der Tat könnte man meine Kernaussage so auf den Punkt bringen.
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Ich habe deutlich gemacht, dass ich die theoretische und deduktive Ebene gemeint habe. |
Dann wäre aber klarzumachen, was die Deduktive ebene überhaupt bringen soll. Noch mal meine Punkte in Kurzfassung:
- nachdem selbst in einer exakten Wissenschaft wie der Physik der induktive Ansatz überwiegt (obwohl es dort Axiome gibt, die den Namen auch verdienen), halte ich den deduktiven Ansatz im gesellschaftlichen Bereich für wenig aussichtsreich
- Dein Einwand (wenn ich dich da richtig verstanden habe) daß dann wenigstens eine nachträgliche deduktive Bestätigung möglich sein solle, beruht m.E. auf einer Illusion. Eine a posteriori Herleitung ist wertlos, denn in einer nicht-exakten wissenschaft wie der Soziologie läßt sich alles irgenwie plausibel machen. Papier ist geduldig.
Worauf basieren die religiösen Formen der Moral?
L.E.N. hat folgendes geschrieben: | auf hirngespinsten, worauf sonst? |
Sorry, inwiefern z.B. die Substanz der 10G, nämlich der Schutz von Leben Eigentum, Erholung und Altersversorgung, sowie der Wunsch den Gesetzen Autorität zu verschaffen auf Hirngespinsten beruhen sollten müßtest Du schon nachvollziehbar darlegen.
_________________ Hup Holland Hup, Oranje winnt de cup (2022)
|
|
Nach oben |
|
 |
L.E.N. im falschen Film
Anmeldungsdatum: 25.05.2004 Beiträge: 27745
Wohnort: Hamburg
|
(#1478364) Verfasst am: 30.05.2010, 01:05 Titel: |
|
|
VanHanegem hat folgendes geschrieben: | Worauf basieren die religiösen Formen der Moral?
L.E.N. hat folgendes geschrieben: | auf hirngespinsten, worauf sonst? |
Sorry, inwiefern z.B. die Substanz der 10G, nämlich der Schutz von Leben Eigentum, Erholung und Altersversorgung, sowie der Wunsch den Gesetzen Autorität zu verschaffen auf Hirngespinsten beruhen sollten müßtest Du schon nachvollziehbar darlegen. |
sorry, aber erzähl mir bitte mal: wie klingt
Wikipedia: 10 Gebote hat folgendes geschrieben: | „2 Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus.
3 Du sollst neben mir keine anderen Götter haben.
4 Du sollst dir kein Gottesbild machen und keine Darstellung von irgendetwas am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde.
5 Du sollst dich nicht vor anderen Göttern niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen. Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott: Bei denen, die mir Feind sind, verfolge ich die Schuld der Väter an den Söhnen, an der dritten und vierten Generation;
6 bei denen, die mich lieben und auf meine Gebote achten, erweise ich Tausenden meine Huld.
7 Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen; denn der Herr lässt den nicht ungestraft, der seinen Namen missbraucht.
8 Gedenke des Sabbats: Halte ihn heilig!
9 Sechs Tage darfst du schaffen und jede Arbeit tun.
10 Der siebte Tag ist ein Ruhetag, dem Herrn, deinem Gott, geweiht. An ihm darfst du keine Arbeit tun: du, dein Sohn und deine Tochter, dein Sklave und deine Sklavin, dein Vieh und der Fremde, der in deinen Stadtbereichen Wohnrecht hat.
11 Denn in sechs Tagen hat der Herr Himmel, Erde und Meer gemacht und alles, was dazugehört; am siebten Tag ruhte er. Darum hat der Herr den Sabbattag gesegnet und ihn für heilig erklärt. |
für rationale und kritisch denkende menschen?
_________________ Ich will Gott lästern dürfen! Weg mit §166 StGB!
|
|
Nach oben |
|
 |
Rohrspatz grobsinnig und feinschlächtig
Anmeldungsdatum: 25.12.2007 Beiträge: 3877
Wohnort: NRW
|
(#1478448) Verfasst am: 30.05.2010, 11:38 Titel: |
|
|
VanHanegem hat folgendes geschrieben: | Eleonor hat folgendes geschrieben: | Moment, ich postuliere gar nichts. Wenn es keinen Wert gibt, dann sind Menschen eben gleichwertig, weil niemand einen Wert hat. So oder so läuft es also auf das selbe hinaus, es sei denn, man setzt selbst einen Wert fest: |
Eine wahrhaft geniale Begründung des Gleichheitsprinzips:
man führt eine nichtexistente Kategorie ein, mag man sie nur "Wert" nennen, oder auch "Muggelfaktor" oder "wrzlbrmft"
Da diese Kategorie nicht existiert sind alle Menschen diesbezüglich gleich.
Zugegeben, diese Argumentation ist in sich widerspruchsfrei, begründet aber auch keine weiteren Konsequenzen. |
Zum einen stammt der Satz "alle Menschen sind gleich" nicht von mir. Mir ging es ja um die Interessen. Natürlich sind diesbezüglich die Wörter austauschbar.
Also zurück zu den Interessen: Wie du dich vielleicht erinnerst, ging es um eine selbst entwickelte Begründung, warum man die Interessen verschiedener Menschen gleich behandeln sollte und meine Argumentation war der Art, dass man erst eine natürliche Asymmetrie beweisen müsste, und diese kann ohnehin nur bestehen, wenn a) Interessen überhaupt einen Wert haben gibt und sich b) diese voneinander unterscheiden.
Nun hat sich im Verlauf meiner anderen Diskussionsstränge gezeigt, dass das allein nicht reicht, weswegen ich expliziter werden muss:
Obwohl es keinen Kausalzusammenhang zwischen einer moralischen Regel und ihrer faktischen Legitimation gibt, scheint sich diese Legitimation jedoch als wichtig für die Rechtfertigung von Regeln zu erweisen. Wie step schon sagte, ist die rationalistische Ethik von rationalen Grundannahmen geprägt, was meinem Legitimationsbedürfnis am ehesten entspricht. Um das Risiko falscher Annahmen zu verringern, versuche ich möglichst sparsam mit den Grundannahmen umzugehen, versuche also Annahmen zu finden, die ethische Grundprinzipien untermauern könnten, aus denen sich möglichst viele konkrete Regeln ableiten lassen.
Um jedoch ungleiche Berücksichtigung von Interessen legitimieren zu können müsste ich zusätzliche Annahmen machen, die sich auf meinen sparsamen Prämissen nicht ableiten lassen, es sei denn, diese ungleiche Berücksichtigung bewirkt wiederum einen Vorteil für die Allgemeinheit (es ist z.B. im Sinne einer Gruppe, das Leben eines guten Anführers stärker zu schützen als das von anderen).
Ungleiche Berücksichtigungen aufgrund von Status allein wiederum lässt sich dadurch nicht ableiten.
Das ist allein meine Herleitung und für die Problematik, dass es keinen objektiven Maßstab für ethische Werte gibt, bin ich inzwischen durchaus sensibilisiert.
Zitat: |
Ist das "Axiom" der Gleichheit aller Menschen verhandelbar?
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Natürlich. |
Eben! In den Peanoschen Axiomen stecken 10000 Jahre Erfahrung der Menschheit im Umgang mit ganzen Zahlen. Auch Newtons actio=reactio hat schon Archimedes auch ohne formalen Überbau einer Axiomatik verwendet. Leute die das abstreiten sind wohl eher dem Lager der crank-physics zuzuordnen |
Und was willst du mir damit sagen? Falls es wieder um den Begriff "Axiom" geht: Ein formales Axiom muss meines Wissens nur unbeweisbar sein und seinen Theoremen zugrunde liegen. Dass in der Mathematik und den Naturwissenschaften ein willkürlich gesetztes Axiom keinen Sinn macht, ist selbstverständlich. Wie gesagt: Wenn dir "Maxime" lieber ist, kann ich meinen Sprachgebrauch durchaus deinen ästhetischen Bedürfnissen anpassen.
Zitat: |
Statistische Mittelung aller Größen ist in der Gesellschaft ist kein Naturgesetz. Die Masse kann sehr willkürlich reagieren.
Im Vergleich zur jahrtausendealten Erfahrung die einem tatsächlichen Axiom der Naturwissenschaft zugrundeliegt mutet Dein 3-Zeiler doch etwas flach an. |
Moral ist kein Naturgesetz. Moral fällt nicht unter Naturwissenschaften. Ich weiß nicht, warum du Naturwissenschaften überhaupt ins Feld führst. Ich habe bereits definiert, was ich mit Axiom meinte und ich sage es noch einmal: Wenn dir das nicht genehm ist, nehme ich darauf meinetwegen auch Rücksicht.
Jahrtausendealte Erfahrung würde natürlich in meinen Ohren gut klingen, wenn es einen Nachweis gäbe, dass sich die Menschheit nach irgend einem messbaren Maßstab kontinuierlich weiterentwickeln würde.
Tatsächlich lässt sich dies aber schwer begründen. Der Mensch lernt nicht unbedingt aus seinen Fehlern, eingeschlagene Entwicklungen können rückläufig werden, Wissen kann verloren gehen oder zerstört werden und auch der Wohlstand steigt nicht stetig. Daher kann man nicht schlüssig begründen, dass ausgerechnet religiöse Regeln die Summe aus Jahrtausenden voller Erfahrungen sind.
Zitat: |
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Ich habe sogar bereits eingeräumt, dass religiöse Regeln sozio-logisch, psycho-logisch und historisch Sinn machen. Wenn das alles ist, was dir wichtig ist, wären wir ja schon lange am Ende. |
In der Tat könnte man meine Kernaussage so auf den Punkt bringen. |
Ich habe jetzt zwar nochmal auf einige strittige Punkte geantwortet, hoffe aber auch, dass ich einiges was mir nach Kommunikationsproblem gerochen hatte, ausräumen konnte. Meinetwegen ist das durchaus Fazit genug, also kommen wir zum letzten damit assoziierten Punkt:
Zitat: |
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Ich habe deutlich gemacht, dass ich die theoretische und deduktive Ebene gemeint habe. |
Dann wäre aber klarzumachen, was die Deduktive ebene überhaupt bringen soll. Noch mal meine Punkte in Kurzfassung:
- nachdem selbst in einer exakten Wissenschaft wie der Physik der induktive Ansatz überwiegt (obwohl es dort Axiome gibt, die den Namen auch verdienen), halte ich den deduktiven Ansatz im gesellschaftlichen Bereich für wenig aussichtsreich
- Dein Einwand (wenn ich dich da richtig verstanden habe) daß dann wenigstens eine nachträgliche deduktive Bestätigung möglich sein solle, beruht m.E. auf einer Illusion. Eine a posteriori Herleitung ist wertlos, denn in einer nicht-exakten wissenschaft wie der Soziologie läßt sich alles irgenwie plausibel machen. Papier ist geduldig. |
Der Vergleich mit Naturwissenschaften ist schlichtweg verfehlt, da er einfach zu nichts führt. Wissenschaftstheoretisch mag das spannend sein, aber zu konkreten geisteswissenschaftlichen Fragestellungen steuert es nichts bei.
Dennoch hat mir Zumsel die Problematik der deduktiven Herleitung ausgesprochen gut verdeutlicht, weswegen ich auch schon deutlich von meiner ursprünglichen Position abgewichen bin.
Was bleibt ist dennoch, dass religiöse Texte, die angeblich (das ist nicht meine Behauptung) heilig und somit allgemeingültig sein sollen, deutlich universeller sein müssten, um überhaupt allgemeingültig sein zu können. Das ist ein Widerspruch (->unlogisch) im traditionellen religiösem Denken. Auch meiner Meinung nach ist dieses "sollen" unsinnig, es ist aber auch kein Anspruch, den ich mir ausgedacht habe, sondern den viele Theisten aufstellen.
Wie du richtig dargelegt hast, sind diese Regeln dennoch logisch im Sinne von "aus dem damaligen Kontext kausal hervor gegangen" und somit nachvollziehbar. Wobei ich dies eigentlich nicht als "logisch" bezeichnen würde, da in meinem deterministischen Weltbild demnach alles "logisch" wäre und der Begriff somit keine Abgrenzung mehr darstellen würde und damit hinfällig würde.
Ich erkenne aber diesen Blickwinkel der Analyse durchaus an, es war nur nicht das, was ich meinte.
_________________ Dies ist keine Piep-Show.
|
|
Nach oben |
|
 |
Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
|
(#1478450) Verfasst am: 30.05.2010, 11:42 Titel: |
|
|
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Du sprichst von Irrtümern, die ausgeräumt werden können. Nun ist aber doch der Irrtum nur die Legitimation des moralischen Werts gewesen.
Sprich: Wenn man Frauen unterdrückt hat, und das mit ihrer vermeindlichen Dummheit legitimiert hat, dann kann man zwar lernen, dass die Legitimation falsch war, man könnte aber theoretisch dennoch bei der Unterdrückung bleiben, denn der Wert an sich ist dadurch ja nicht betroffen. |
In der Tat. Aber eine Wissenschaft der Moral würde ja nach Möglichkeit sämtliche Zusammenhänge erforschen, nicht nur das, was an Begründungen vorgegeben wird. Neue Erkenntnisse eröffnen neue Perspektiven, die auch den eigentlichen "Wert" in einem andedren Licht erscheinen lassen. Insbesondere natürlich für diejenigen, denen ihre eigene Benachteiligung dadurch erst richtig bewusst wird. Rechte werden i.d.R. nicht großmütig zugestanden sondern erkämpft.
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Man könnte anstatt dessen fragen, ob es zielführend ist, Frauen zu unterdrücken. Dafür bedarf es aber keiner Annahmen sondern lediglich des Fakts, dass es z.B. für ein Patriarchat stabilisierend wirkt, Frauen wenige Rechte zuzugestehen. |
Ja, aber auch hinter dem Ziel, diese Herrschaftsform stabil zu halten, stecken ja bestimmte Interessen und Bedürfnisse, die zu durchschauen mittel- oder langfristig das moralische Bewusstsein zunächst nur einer bestimmten Gruppe und später das einer Mehrheit der Bevölkerung verändern könnte.
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Ich frage mich, ob Menschen dennoch die Legitimation brauchen. Um (wie du sinngemäß so schön sagtest) "ohne rot zu werden begründen zu können, warum man so handelt" vielleicht. |
Also diesbezüglich erwies sich die Menschheit eigentlich immer als höchst einfallsreich. Zu allem, was gewollt wird, findet sich auch eine Begründung, die über das ordinäre eigene Wollen hinausgeht.
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Das wäre dann womöglich deswegen der Fall, weil Empathie durch Legitimationen begrenzt werden muss, um ohne Mitleid jemanden schlechter behandeln zu können als sich selbst. |
Die Rechtfertigung vor dem eigenen Gewissen mag dabei auch eine Rolle spielen, ja. Es geht aber natürlich auch immer um die Rechtfertigung gegenüber anderen und deren Überzeugung. Man lässt andere glauben, dass das, was für einen selbst gut ist auch für sie gut ist. Unter diesem Gesichtspunkt könnte dann freilich auch die moralische Hochachtung des Mitgefühls, nebst ihrer "Vergöttlichung" in Form des Nächstenliebegebotes, u.U. interpretiert werden als eine bloße moralische Waffe. Die Erhebung des Mitleids von einem vielleicht bloß sekundären Affekt zum hohen moralischen Wert, an dem sich jede Handlung messen lassen muss. Also gewissermaßen genau das Gegenteil von dem, was du vermutetest.
Der_Guido hat folgendes geschrieben: | Falls dein letzter Satz stimmt, was ich nicht annehme, dann wäre doch jede von dir gewählte Begründung obsolet, weil eben nicht objektiv, sondern aus fragwürdigen Axiomen abgeleitet und aus dem Zylinder gezaubert, lediglich subjektiv begründet. |
Ich kann dir nicht folgen.
|
|
Nach oben |
|
 |
Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
|
(#1478457) Verfasst am: 30.05.2010, 11:54 Titel: |
|
|
step hat folgendes geschrieben: | Wer also wie ich eine rationalistische Ethik fordert, behauptet nicht, daß es eine komplett objektive Grundlage gebe, sondern nur, daß es objektiver und kritischer ist, die Grundlagen (Fakten und Interessen) zu analysieren und zu benennen, als sie im metaphysisch-nebligem Unklaren zu lassen und so zu tun, als ob die Moral selbst vernünftig sei. |
Ich bin mir noch nicht sicher, ob wir das gleiche meinen oder nicht. Geht es dir um eine Gesellschaft, in der möglichst Viele über möglichst viel Wissen bezüglich ihres eigenen Wesens und bezüglich gesellschaftlicher Zusammenhänge verfügen und dieses Wissen nutzen, um möglichst viele ihrer Bedürfnisse möglichst umfassend zu befriedigen, in der also ein enormes Maß an Bewusstheit und Selbstreflektiertheit herrscht? Das tatsächliche Erscheinungsbild einer solchen Gesellschaft würde dabei jedoch offen gelassen. So wäre zum Beispiel nicht garantiert, dass eine Gesellschaft mit diesem hohen Bewusstheitsgrad in ihrer Mehrheit die Menschenrechte befürwortete. Und es wäre ebenfalls nicht garantiert, dass es überall auf der Welt zu gleichen oder ähnliche Ergebnisse käme. Und wenn sich herausstellene, dass es nun mal einfach nicht in der Natur einer Mehrheit der Menschen liegt, dauerhaft derart reflektiert durchs Leben zu gehen, würde das deinerseits keine moralische Verurteilung nach sich ziehen, sondern höchstens ein resigniertes Bedauern.
Oder wäre es deiner Auffassung nach geboten, dass eine Elite die genannten Grundlagen und Zusammenhänge erforscht (durch eine interdisziplinäre Auswertung soziologischer, biologischer, psychologischer und neurowissenschaftlicher Erkenntnisse etc.) und auf der Basis von Prognosen eine in diesem Sinne "ideale Moral" sowie Möglichkeiten ihrer Durchsetzung entwirft? Also: Ethik für die Elite, Moral für den Pöbel?
|
|
Nach oben |
|
 |
Rohrspatz grobsinnig und feinschlächtig
Anmeldungsdatum: 25.12.2007 Beiträge: 3877
Wohnort: NRW
|
(#1478459) Verfasst am: 30.05.2010, 11:57 Titel: |
|
|
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Eleonor hat folgendes geschrieben: | Man könnte anstatt dessen fragen, ob es zielführend ist, Frauen zu unterdrücken. Dafür bedarf es aber keiner Annahmen sondern lediglich des Fakts, dass es z.B. für ein Patriarchat stabilisierend wirkt, Frauen wenige Rechte zuzugestehen. |
Ja, aber auch hinter dem Ziel, diese Herrschaftsform stabil zu halten, stecken ja bestimmte Interessen und Bedürfnisse, die zu durchschauen mittel- oder langfristig das moralische Bewusstsein zunächst nur einer bestimmten Gruppe und später das einer Mehrheit der Bevölkerung verändern könnte. |
Natürlich! Das sind lediglich zwei verschiedene Ebenen und man kann immer auf das Wesentliche, also den Schutz von Interessen, zurück kommen.
Zumsel hat folgendes geschrieben: |
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Ich frage mich, ob Menschen dennoch die Legitimation brauchen. Um (wie du sinngemäß so schön sagtest) "ohne rot zu werden begründen zu können, warum man so handelt" vielleicht. |
Also diesbezüglich erwies sich die Menschheit eigentlich immer als höchst einfallsreich. Zu allem, was gewollt wird, findet sich auch eine Begründung, die über das ordinäre eigene Wollen hinausgeht. |
Das ist wahr. Nur in einer direkten Konfrontation mit anderen Interessen und/oder Werten distanziert man sich vielleicht von einem Wert, der die eigenen Interessen schützt. Vielleicht.
Zitat: |
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Das wäre dann womöglich deswegen der Fall, weil Empathie durch Legitimationen begrenzt werden muss, um ohne Mitleid jemanden schlechter behandeln zu können als sich selbst. |
Die Rechtfertigung vor dem eigenen Gewissen mag dabei auch eine Rolle spielen, ja. Es geht aber natürlich auch immer um die Rechtfertigung gegenüber anderen und deren Überzeugung. Man lässt andere glauben, dass das, was für einen selbst gut ist auch für sie gut ist. Unter diesem Gesichtspunkt könnte dann freilich auch die moralische Hochachtung des Mitgefühls, nebst ihrer "Vergöttlichung" in Form des Nächstenliebegebotes, u.U. interpretiert werden als eine bloße moralische Waffe. Die Erhebung des Mitleids von einem vielleicht bloß sekundären Affekt zum hohen moralischen Wert, an dem sich jede Handlung messen lassen muss. Also gewissermaßen genau das Gegenteil von dem, was du vermutetest. |
Hm, in jedem Fall lässt sich Mitleid als Waffe verwenden. Gleichzeitig ist es auch eine natürliche Regung. Beides wird eine Rolle spielen, also sowohl die Einforderung von Mitgefühl als moralische Waffe als auch Mitgefühl als unwillkürliche Reaktion auf Leid eines Individuums, das man nicht aus der Wir-Gruppe ausschließen kann.
(Z.B. gibt es Veganer, die von sich aus aus durch Mitleid mit Tieren zu Veganern wurden, aber die die Empörung über fehlendes Mitleid als Waffe in Diskussionen verwenden. Da hat man gleich beides beieinander)
_________________ Dies ist keine Piep-Show.
|
|
Nach oben |
|
 |
step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
|
(#1478466) Verfasst am: 30.05.2010, 12:08 Titel: |
|
|
VanHanegem hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Sagen wir, ich habe an eine Reflektion mit heutigem Wissen auch entsprechende Ansprüche. Für Dich dagegen scheint jegliche kulturelle Tätigkeit das Kriterium der kritischen Reflektion zu erfüllen. | Es gab ja auch in der Vergangenheit schon Reflexionen mit gestrigem Wissen. |
So what?
VanHanegem hat folgendes geschrieben: | Das Urteil über die Qualität von Reflexion spricht der Erfolg und nicht Details der Methodik. |
Zum einen rechtfertigt der extreme Erfolg der wissenschaftlich-rationalen Methodik, diese auf Bereiche auszuweiten, die ehemals zur Domäne des Metaphysisch-Abergläubischen, des Machtpolitischen oder des einfachen Bauchgefühls gehörten. Zweitens scheint mir der "Erfolg" religiöser Moral historisch betrachtet gelinde gesagt suboptimal.
VanHanegem hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Die modifizierte Variante müßte heute aber heißen: "Du sollst an keine Götter glauben" - wo kämen wir denn hin, wenn ein Gericht den Vorwurf der Gotteslästerung als Grund für eine Klage akzeptieren würde? | So stehts sinngemäß ja im AT drin. |
Du verblüffst mich! Meinst Du, daß in
10 Gebote hat folgendes geschrieben: | „Ich bin Jahwe, dein Gott ... Du sollst neben mir keine anderen Götter haben. |
sinngemäß der Aufruf steckt, auch diesen Jahwe noch über Bord zu werfen?
VanHanegem hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Und welche Konfession stellte nochmal bei Kindsmißbrauch ihre Gerichtsbarkeit über die weltliche? Ich muß sagen, der metaphysische Sanktionsdruck treibt bis heute die absonderlichsten Blüten. | Der Grund für Vertuschung metaphysische Sanktionsdruck? Oder doch eher reines Eigeninteresse? Der metaphysische Sanktionsdruck hätte, so er denn relevant wäre, z.B. auch die Tat verhindern können. |
Willst Du dmit sagen, daß es in diesem Fall ausnahmsweise doch zu keiner Entlastung des Innen-Etats kam?
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
|
|
Nach oben |
|
 |
VanHanegem Weltmeister
Anmeldungsdatum: 24.04.2006 Beiträge: 3180
|
(#1478638) Verfasst am: 30.05.2010, 21:15 Titel: |
|
|
L.E.N. hat folgendes geschrieben: | sorry, aber erzähl mir bitte mal: wie klingt ...[originaltext 10G]... für rationale und kritisch denkende menschen? |
Wenn "rationale und kritisch denkende menschen" die Intention der 10G, nämlich Schutz von Leben Eigentum, Erholung und Altersversorgung, sowie der Wunsch den Gesetzen Autorität nicht verstehen, weil der Klang der Formulierung nicht zeitgemäß ist kann es mit der Ratio und Kritikfähigkeit nicht sehr weit her sein.
Eleonor hat folgendes geschrieben: | dass man erst eine natürliche Asymmetrie beweisen müsste, und diese kann ohnehin nur bestehen, wenn a) Interessen überhaupt einen Wert haben gibt und sich b) diese voneinander unterscheiden.
|
Die Asymetrie besteht in der Asymetrie der Macht. Du hast nicht begründet warum die Rechte der Menschen in einem Gesellschaftsvertrag auf ihren "Interessen" und nicht auf ihrer Macht basieren sollten. Die Macht als Kriterium hat zudem einen entscheidenden Vorteil: im Streitfall ergibt sich das Resultat spielerisch wie von selbst, Interessen sind noch nicht mal zuverlässig nachprüfbar.
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Obwohl es keinen Kausalzusammenhang zwischen einer moralischen Regel und ihrer faktischen Legitimation gibt,... |
ääh Moment mal, was in diesem Zusammenhang "Legitimation"sein soll, frage ich die ganze Zeit aber das hat mir hier noch keiner erklärt. "legitim" heißt "gesetzmäßig". Welchem "Gesetz" soll die moralische Regel denn nun eigentlich entsprechen?
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Jahrtausendealte Erfahrung würde natürlich in meinen Ohren gut klingen, wenn es einen Nachweis gäbe, dass sich die Menschheit nach irgend einem messbaren Maßstab kontinuierlich weiterentwickeln würde. |
Alles auf der Erde entwickelt sich. Allerdings nicht in Richtung einer messianischen Erlösung, was Menschen, die völlig in christlichen Denkstrukturen gefangen sind durchaus irritieren kann.
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Dass in der Mathematik und den Naturwissenschaften ein willkürlich gesetztes Axiom keinen Sinn macht, ist selbstverständlich. Wie gesagt: Wenn dir "Maxime" lieber ist, kann ich meinen Sprachgebrauch durchaus deinen ästhetischen Bedürfnissen anpassen. |
Die Wortwahl Axiom ist keine Frage der Ästhetik, das ist Etikettensachwindel. Was Du uns hier als Axiom verkaufst entspricht höchstens dem was man als Postulat oder Arbeitshypothese bezeichnet.
Eleonor hat folgendes geschrieben: | Was bleibt ist dennoch, dass religiöse Texte, die angeblich (das ist nicht meine Behauptung) heilig und somit allgemeingültig sein sollen, deutlich universeller sein müssten, um überhaupt allgemeingültig sein zu können. Das ist ein Widerspruch (->unlogisch) im traditionellen religiösem Denken. Auch meiner Meinung nach ist dieses "sollen" unsinnig, es ist aber auch kein Anspruch, den ich mir ausgedacht habe, sondern den viele Theisten aufstellen. |
Natürlich ist das unterstellte "Sollen" unsinnig, aber hier könnte das Problem auch bei dem liegen, der dieses "Sollen" in völlig unmotivierter Weise unterstellt. (Hinweis: das was Religionslehrer ca. anno 1955 in der Grundschule so zu erzählen pflegten ist keine vernünftige Motivation für eine bestimmte Argumentation)
step hat folgendes geschrieben: | Zum einen rechtfertigt der extreme Erfolg der wissenschaftlich-rationalen Methodik, diese auf Bereiche auszuweiten, die ehemals zur Domäne des Metaphysisch-Abergläubischen, des Machtpolitischen oder des einfachen Bauchgefühls gehörten. |
Nimm das Gleichheitsprinzip: die schiere Notwendigkeit ergab sich (spätestens!) seit Alexander bei Etablierung ethnienübergreifender Weltreiche. Die Rezeption erfolgte mit wechselndem Erfolg meist anhand religiöser Argumente. Gerechtfertigt wird es durch den extremen Erfolg in der Praxis. Wo setzt Die angebliche Bedeutung Deiner "wissenschaftlich-rationalen Methodik" an? Hier geht es übrigens um den gesellschftlichen Bereich. Der extreme Erfolg der wr-Methodik in MINT ist natürlich unbestritten.
step hat folgendes geschrieben: | Du verblüffst mich! Meinst Du, daß in
10 Gebote hat folgendes geschrieben:
„Ich bin Jahwe, dein Gott ... Du sollst neben mir keine anderen Götter haben.
sinngemäß der Aufruf steckt, auch diesen Jahwe noch über Bord zu werfen?
|
Klar sind die anthropomorphen Features von Jahwe erst mal als Methadon für die Poly-Junkies gedacht. Andrerseits: ohne Personifikation ist die Welt auch für den heutigen Menschen nicht beschreibbar.
step hat folgendes geschrieben: | Willst Du dmit sagen, daß es in diesem Fall ausnahmsweise doch zu keiner Entlastung des Innen-Etats kam? |
wieso "ausnamhmsweise"?
Hierzu 27.05.2010, 19:17: VanHanegem hat folgendes geschrieben: | Insoweit als ein metaphysischen Sanktionsdruck tatsächlich wirksam ist, was noch zu zeigen wäre und gerade von vielen Usern hier empört zurückgewiesen wird, mindert er die Ausgabenlast des Innenministeriums, ein durchaus befriedigendes Ergebnis. |
Interessant aber leider off-topic: Der metaphysische Sanktionsdruck ist wohl eher ein gruppendynamisches Phainomenon.
_________________ Hup Holland Hup, Oranje winnt de cup (2022)
|
|
Nach oben |
|
 |
L.E.N. im falschen Film
Anmeldungsdatum: 25.05.2004 Beiträge: 27745
Wohnort: Hamburg
|
(#1478660) Verfasst am: 30.05.2010, 22:27 Titel: |
|
|
VanHanegem hat folgendes geschrieben: | L.E.N. hat folgendes geschrieben: | sorry, aber erzähl mir bitte mal: wie klingt ...[originaltext 10G]... für rationale und kritisch denkende menschen? |
Wenn "rationale und kritisch denkende menschen" die Intention der 10G, nämlich Schutz von Leben Eigentum, Erholung und Altersversorgung, sowie der Wunsch den Gesetzen Autorität nicht verstehen, weil der Klang der Formulierung nicht zeitgemäß ist kann es mit der Ratio und Kritikfähigkeit nicht sehr weit her sein. |
"nicht zeitgemäß" ist ja wohl leicht untertrieben. "illegitim" wäre treffender gewesen.
wir sind wieder bei der eingangsfrage nach dem schicksal religiös begründeter moral dem die religiöse autorität abhanden kommt.
warum wohl halten moralische gläubige atheisten für schlechte menschen?
ist moral für dich eigentlich synonym mit ethik?
_________________ Ich will Gott lästern dürfen! Weg mit §166 StGB!
|
|
Nach oben |
|
 |
beachbernie male Person of Age and without Color
Anmeldungsdatum: 16.04.2006 Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii
|
(#1478665) Verfasst am: 30.05.2010, 22:49 Titel: |
|
|
L.E.N. hat folgendes geschrieben: | VanHanegem hat folgendes geschrieben: | L.E.N. hat folgendes geschrieben: | sorry, aber erzähl mir bitte mal: wie klingt ...[originaltext 10G]... für rationale und kritisch denkende menschen? |
Wenn "rationale und kritisch denkende menschen" die Intention der 10G, nämlich Schutz von Leben Eigentum, Erholung und Altersversorgung, sowie der Wunsch den Gesetzen Autorität nicht verstehen, weil der Klang der Formulierung nicht zeitgemäß ist kann es mit der Ratio und Kritikfähigkeit nicht sehr weit her sein. |
"nicht zeitgemäß" ist ja wohl leicht untertrieben. "illegitim" wäre treffender gewesen.
wir sind wieder bei der eingangsfrage nach dem schicksal religiös begründeter moral dem die religiöse autorität abhanden kommt.
warum wohl halten moralische gläubige atheisten für schlechte menschen?
ist moral für dich eigentlich synonym mit ethik? |
Warum halten eigentlich "moralische" Atheisten Theisten fuer schlechte oder dumme Menschen?
Das gibt's doch in beide Richtungen, zumindest bei Teilmengen beider Lager...
_________________ Defund the gender police!!
|
|
Nach oben |
|
 |
L.E.N. im falschen Film
Anmeldungsdatum: 25.05.2004 Beiträge: 27745
Wohnort: Hamburg
|
(#1478667) Verfasst am: 30.05.2010, 22:55 Titel: |
|
|
beachbernie hat folgendes geschrieben: | L.E.N. hat folgendes geschrieben: | VanHanegem hat folgendes geschrieben: | L.E.N. hat folgendes geschrieben: | sorry, aber erzähl mir bitte mal: wie klingt ...[originaltext 10G]... für rationale und kritisch denkende menschen? |
Wenn "rationale und kritisch denkende menschen" die Intention der 10G, nämlich Schutz von Leben Eigentum, Erholung und Altersversorgung, sowie der Wunsch den Gesetzen Autorität nicht verstehen, weil der Klang der Formulierung nicht zeitgemäß ist kann es mit der Ratio und Kritikfähigkeit nicht sehr weit her sein. |
"nicht zeitgemäß" ist ja wohl leicht untertrieben. "illegitim" wäre treffender gewesen.
wir sind wieder bei der eingangsfrage nach dem schicksal religiös begründeter moral dem die religiöse autorität abhanden kommt.
warum wohl halten moralische gläubige atheisten für schlechte menschen?
ist moral für dich eigentlich synonym mit ethik? |
Warum halten eigentlich "moralische" Atheisten Theisten fuer schlechte oder dumme Menschen? |
wen meinst du denn überhaupt mit "moralische atheisten"?
_________________ Ich will Gott lästern dürfen! Weg mit §166 StGB!
|
|
Nach oben |
|
 |
|