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Transzendenz/Immanenz und Theismus/Atheismus
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Tarvoc
would prefer not to.



Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44650

Beitrag(#1516631) Verfasst am: 10.08.2010, 20:18    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Solange man meint, es könne objektive Standpunkte ohne Beobachter geben, kann man sich natürlich den (unbewusst) mitgedachten Beobachter auch nicht wegdenken, weil man ihn gar nicht sieht.

Also sieht man ihn nur, wenn man bereits weiss, dass er da ist?
_________________
"Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1516638) Verfasst am: 10.08.2010, 20:26    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Solange man meint, es könne objektive Standpunkte ohne Beobachter geben, kann man sich natürlich den (unbewusst) mitgedachten Beobachter auch nicht wegdenken, weil man ihn gar nicht sieht.

Also sieht man ihn nur, wenn man bereits weiss, dass er da ist?

Nein, man sieht ihn, wenn man, so wie ich, meint, dass ein angenommener 'objektiver Standpunkt' ohne Beobachter mit einem Kontext sinnlos ist. Das hat mit 'wissen' nichts zu tun.
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zelig
Kultürlich



Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25405

Beitrag(#1516639) Verfasst am: 10.08.2010, 20:27    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
[...]
Überhaupt ist die Annahme, es gäbe eine 'Gesamtrealität' ja eben genau die, die ich als sinnlos ansehe. Kann man zwar in der Kneipe nachts um drei hübsch drüber diskutieren. Aber mehr nicht.[...]

Naja, Du hast das Szenario zur Diskusion gestellt.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
[...]Aber zu Deiner konkreten Frage: ich weiß nicht. Ich nehme an, Du gehst davon aus, dass ich meine Realität wählen würde. Aber warum sollte ich eigentlich?


Keine Ahnung was Du solltest oder willst. Vorausgesetzt ich könnte entscheiden, würde ich die umfassendere Realität wählen. Andernfalls würde ich ja freiwillig auf Erkenntnis verzichten.
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Der_Guido
dafür dagegen zu sein



Anmeldungsdatum: 17.05.2006
Beiträge: 2518
Wohnort: Östlich von Holland

Beitrag(#1516644) Verfasst am: 10.08.2010, 20:33    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Der_Guido hat folgendes geschrieben:
Das mit dem Beobachter und der Sprache verstehe ich nicht.

Warum kann ich nicht etwas benutzen, das etwa einem Spiegel entspricht und so einen Blick aus einer anderen (Beobachter- ?) Perspektive erhalten ?

Klar kannst Du eine andere Beobachterposition einnehmen, dazu brauchst Du auch kein Hilfsmittel, das kannst Du auch einfach so in Gedanken machen. Du kannst Dich zum Beispiel in die Borg eindenken, da gibt es kein prinzipielles Problem. Das Problem ist lediglich, dass es nur unterschiedliche Beobachterpositionen gibt, aber nicht die Beobachterposition, eine objektive, die einen Nicht-Kontext proklamiert.

Ich kann mich nicht aus allen Positionen gleichzeitig betrachten, ok. Wenn ich mich aber im Spiegel betrachte, mal von vorn, dann von hinten, dann von der Seite, Bauch einziehend und wieder ausatmend, Zähne fletschend, Muckies anspannend, .... dann gewinne ich aber ein ganz anderes Bild von mir, als wenn ich diesen Spiegel nicht hätte oder gar blind wäre.

Wozu ist es wichtig, einen umfassenden Blick zu haben, bzw. viel wichtiger wäre mir die Frage, welchen Nutzen hat es, wenn ich auf diesen Blick verzichte ?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Der_Guido hat folgendes geschrieben:
Nach welchen Kriterien wählst du denn dann subjektive oder intersubjektive Modelle aus ? Das Beispiel rote Rose hatte ich ja schon in der Antwort davor gebracht, ist Rot für dich eine innewohnende Eigenschaft oder benötigst du jetzt doch Metaphysik, um es durch Lichtbrechung zu erklären ?

Das Rot einer Rose ist keine nur der Rose innewohnende Eigenschaft. Die Eigenschaft ist sowohl mit der Realität als auch mit dem verwendeten Modell verbunden.

Modelle werden nach Gesichtspunkten ausgewählt, die sowohl evolutionäre Grundlagen haben als auch durch Abstimmung mit anderen entstanden sind.

Ja, das sehe ich ähnlich. Da du aber den naiven Realismus ins Spiel brachtest, benötigst du für diese Auffassung ein bissel Metaphysik, den der naive Realismus nicht bietet. Swicht du da zwischen den verschiedenen Realismus-Arten hin und her ?
_________________
lieber einen schlechten Plan, als gar kein Plan haben
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AgentProvocateur
registrierter User



Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1516650) Verfasst am: 10.08.2010, 20:41    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
[...]Überhaupt ist die Annahme, es gäbe eine 'Gesamtrealität' ja eben genau die, die ich als sinnlos ansehe. Kann man zwar in der Kneipe nachts um drei hübsch drüber diskutieren. Aber mehr nicht.[...]

Naja, Du hast das Szenario zur Diskusion gestellt.

Ja...

Aber die Beispiele sind doch alle Gleichnisse, die letztlich darauf hinauslaufen, es sei sinnvoll, eine solche Gesamtrealität anzunehmen. Was jedoch mE nur sinnvoll ist aus der 'äußeren' Beobachterperspektive, nicht aber aus der der 'inneren' Beobachterperspektive.

zelig hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
[...]Aber zu Deiner konkreten Frage: ich weiß nicht. Ich nehme an, Du gehst davon aus, dass ich meine Realität wählen würde. Aber warum sollte ich eigentlich?

Keine Ahnung was Du solltest oder willst. Vorausgesetzt ich könnte entscheiden, würde ich die umfassendere Realität wählen. Andernfalls würde ich ja freiwillig auf Erkenntnis verzichten.

Nein, das folgt eben nicht. Du hättest, egal, was Du wählst, keine 'übergeordnete / bessere / umfangreichere Erkenntnis'. Du hättest lediglich eine andere Realität, würdest etwas anderes unter 'Realität' verstehen. Von der 'äußeren' Beobachterperspektive aus wüsstest Du gar nichts über die Erkenntnisse der 'inneren' Beobachterperspektive.

Nur wenn Du als Prämisse schon reinsteckst, dass die 'äußere' Beobachterperspektive mehr Erkenntnis beinhaltet als die 'innere', dann kannst Du zu Deinem Schluss kommen.
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1516654) Verfasst am: 10.08.2010, 20:50    Titel: Antworten mit Zitat

Der_Guido hat folgendes geschrieben:
Ich kann mich nicht aus allen Positionen gleichzeitig betrachten, ok. Wenn ich mich aber im Spiegel betrachte, mal von vorn, dann von hinten, dann von der Seite, Bauch einziehend und wieder ausatmend, Zähne fletschend, Muckies anspannend, .... dann gewinne ich aber ein ganz anderes Bild von mir, als wenn ich diesen Spiegel nicht hätte oder gar blind wäre.

Meine Frage ist aber gar nicht, ob Du gleichzeitig Bilder von Dir gewinnen kannst oder nicht, meine Frage ist: gibt es das (einzig wahre, richtige, letztliche) Bild von Dir?

Der_Guido hat folgendes geschrieben:
Ja, das sehe ich ähnlich. Da du aber den naiven Realismus ins Spiel brachtest, benötigst du für diese Auffassung ein bissel Metaphysik, den der naive Realismus nicht bietet. Swicht du da zwischen den verschiedenen Realismus-Arten hin und her ?

Ja, das tue ich. Eine Kombination aus naivem Realismus und schwachem Realismus vielleicht.
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Der_Guido
dafür dagegen zu sein



Anmeldungsdatum: 17.05.2006
Beiträge: 2518
Wohnort: Östlich von Holland

Beitrag(#1516674) Verfasst am: 10.08.2010, 21:26    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Der_Guido hat folgendes geschrieben:
Ich kann mich nicht aus allen Positionen gleichzeitig betrachten, ok. Wenn ich mich aber im Spiegel betrachte, mal von vorn, dann von hinten, dann von der Seite, Bauch einziehend und wieder ausatmend, Zähne fletschend, Muckies anspannend, .... dann gewinne ich aber ein ganz anderes Bild von mir, als wenn ich diesen Spiegel nicht hätte oder gar blind wäre.

Meine Frage ist aber gar nicht, ob Du gleichzeitig Bilder von Dir gewinnen kannst oder nicht, meine Frage ist: gibt es das (einzig wahre, richtige, letztliche) Bild von Dir?

Keine Ahnung, vielleicht. Das was wir über uns und die Welt sammeln würde ich eher als Puzzlespiel betrachten, ohne Garantie dass das Puzzle vollständig ist oder sein kann.

Wenn ich die These bejahren würde, dass es gar keine wahre Perspektiven gibt oder zumindest eine Annäherung, dann ergibt m.E.
a) schon die Aussage "ich bin ein Gehirn im Tank" gar keinen Sinn (woher weiß ich, dass es ein Tank ist und nicht etwas anderes,) und
b) worüber ließe sich ohne einen (subjektiven, skeptischen oder solipsistischen) Einwand überhaupt noch sinnvoll über die Beschaffenheit unserer Umgebung, bzw. die Wahl der Mittel zur Analyse dieser Umgebung, diskutieren?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Der_Guido hat folgendes geschrieben:
Ja, das sehe ich ähnlich. Da du aber den naiven Realismus ins Spiel brachtest, benötigst du für diese Auffassung ein bissel Metaphysik, den der naive Realismus nicht bietet. Swicht du da zwischen den verschiedenen Realismus-Arten hin und her ?

Ja, das tue ich. Eine Kombination aus naivem Realismus und schwachem Realismus vielleicht.

Ich dachte da wäre noch ein hauch evolutionärer, bzw. hypothetischer Realismus, weil du "evolutionär" erwähntest.
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AgentProvocateur
registrierter User



Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1516704) Verfasst am: 10.08.2010, 22:07    Titel: Antworten mit Zitat

Der_Guido hat folgendes geschrieben:
Wenn ich die These bejahren würde, dass es gar keine wahre Perspektiven gibt oder zumindest eine Annäherung, dann ergibt m.E.
a) schon die Aussage "ich bin ein Gehirn im Tank" gar keinen Sinn (woher weiß ich, dass es ein Tank ist und nicht etwas anderes,)

Ja, genau, das ist der Punkt. Das Wort 'Tank' des Gehirnes im Tank bezeichnet gar nicht das, was der 'äußere' Beobachter mit 'Tank' meint.

Der_Guido hat folgendes geschrieben:
und
b) worüber ließe sich ohne einen (subjektiven, skeptischen oder solipsistischen) Einwand überhaupt noch sinnvoll über die Beschaffenheit unserer Umgebung, bzw. die Wahl der Mittel zur Analyse dieser Umgebung, diskutieren?

Du und ich, wir sind Menschen, wir haben gemeinsame Voraussetzungen, einen gemeinsamen Kontext, eine gemeinsame Sprache, (auch wenn die Bedeutungen nicht eindeutig sind). Und in diesem Kontext / im Rahmen unserer gemeinsamen Modelle können wir doch über die Beschaffenheit unserer Umgebung / die Analyse etc. diskutieren.

Aber ich glaube, ich habe Deine Frage nicht richtig verstanden. Vielleicht könntest Du die nochmal anders formulieren.

Der_Guido hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Der_Guido hat folgendes geschrieben:
Swicht du da zwischen den verschiedenen Realismus-Arten hin und her ?

Ja, das tue ich. Eine Kombination aus naivem Realismus und schwachem Realismus vielleicht.

Ich dachte da wäre noch ein hauch evolutionärer, bzw. hypothetischer Realismus, weil du "evolutionär" erwähntest.

Mag schon sein. Aber mit abstrakten Labeln, bei denen wir uns nicht auf eine gemeinsame Bedeutung geeinigt haben, kommen wir, glaube ich, nicht weiter.
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kalmar
Poltergeist



Anmeldungsdatum: 29.11.2005
Beiträge: 81
Wohnort: Salzwedel

Beitrag(#1516752) Verfasst am: 10.08.2010, 23:12    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
kalmar hat folgendes geschrieben:
...es ist doch klar, dass kein Mensch ihn (praktisch) in reiner Form einnehmen kann. Klar ist außerdem, dass die Grundannahmen des metaphysischen Realismus...hypothetische (zu glaubende) Annahmen sind, die also auch falsch sein könnten.
Ja, und nach Putnams Auffassung sind sie falsch; falsch insofern, als sie schlicht keinen Sinn ergeben, (zumindest verstehe ich das so und zustimmen tue ich ihm auch).
Es geht nicht darum, dass diesen Standpunkt kein Mensch 'praktisch in einer reinen' Form einnehmen kann, es geht darum, dass diese Idee auch wie auch immer hypothetisch eine sinnlos ist, denn sie bedeutete letztlich, von jedem Kontext abstrahieren zu können, Aussagen in einem Nicht-Kontext treffen zu können. Und eben das ist nun mal nicht möglich.

Gut - der metaphysische Realismus ist eine falsche Theorie, weil es den 'objektiven' Beobachterstandpunkt nicht gibt. Aber die klassische Physik ist auch eine falsche Theorie, weil es den absoluten Raum und die absolute Zeit nicht gibt. Trotzdem benutzen wir die klassische Physik, weil sie innerhalb gewisser Grenzen brauchbare Ergebnisse liefert. Ebenso können wir innerhalb gewisser Grenzen mit dem metaphysischen Realismus gut zurechtkommen. Die Grenze liegt da, wo das Erkenntnissubjekt sich selbst zum Objekt macht - wenn wir versuchen, das Bewusstsein zu verstehen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Der Punkt ist letztlich der: man kann sich das Erkenntnissubjekt (das nicht ohne Kontext denkbar ist) niemals aus einer Situation gänzlich wegdenken. Das funktioniert nicht, denn dann bliebe nicht mehr viel, wenn nicht gar gar nichts. Nun beruht die Idee des 'objektiven Standpunktes' jedoch auf der (impliziten, evtl. selber gar nicht erkannten) Annahme, man könne das doch irgendwie, es könne eine Weltbeschreibung ohne Erkenntnissubjekt geben.

Ist das wirklich so? Erkennen heißt doch nicht bloß Informationen sammeln, sondern auch verstehen, also Informationen in bekannte Zusammenhänge einordnen, auf Bekanntes zurückführen. Das setzt Theorien immer schon voraus, und es setzt selbstverständlich Sprache voraus. Das gelegentlich zu reflektieren ist aber Teil des Erkenntnisprozesses, denke ich. Ich habe einfach das Gefühl, dass der 'Gottesstandpunkt' ein Popanz ist, ein Pappkamerad, den man nur aufbaut, um ihn abzuschießen.

Und, egal, ob man die 'objektive Realität' oder Kants 'Ding an sich' für möglich hält oder nicht - meiner Ansicht nach hat das nichts mit Transzendenz zu tun. Das Nichterkennbare ist nicht transzendent. Es ist verborgen, geheimnisvoll - oder einfach nicht vorhanden.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nun, dass eine Lautfolge bzw. eine Buchstabenkombination etwas anderes ist als eine Bedeutung, ist natürlich richtig. Man kann dieselbe Bedeutung in unterschiedliche Lautfolgen gegenseitig verständlich darstellen, (seien das nun Synonyme oder fremdsprachliche Lautfolgen - so das Gegenüber diese Fremdsprache ebenfalls versteht). Und dass es einen Unterschied zwischen einzelnen Individuen und Gruppen / einer Zusammenfassung von Individuen / einem Allgemeinbegriff gibt, ist natürlich auch richtig.
Nur: was das nun mit 'Transzendenz' zu tun haben könnte, verstehe ich immer noch nicht so recht.

Die Bedeutung ist transzendent, weil sie nicht sinnlich wahrnehmbar ist. Trotzdem kennen wir die Bedeutung, sie ist also nichts Verborgenes.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und auch das, was Du eigentlich mit 'sinnlich wahrnehmbar' meinst. Soll das nun 'direkt sinnlich wahrnehmbar' bedeuten...

Mit 'sinnlich wahrnehmbar' meinte ich das, was wir im Prinzip, also auch mit Hilfsmitteln (Fernrohren, Mikroskopen, Messgeräten etc.), sehen, hören, messen können - was also der Erfahrung zugänglich ist. Es ist eigentlich egal, ob man Röntgenstrahlen oder Quarks einbezieht oder nicht, denn das der Erfahrung nur Verborgene ist ohnehin nicht das Transzendente.

Auch Gott, wenn es ihn gäbe, und das 'Jenseits' wären an und für sich nicht transzendent, sondern nur ein dunkles Geheimnis. Transzendent wäre das, wodurch das Jenseitige offenbar würde - der brennende Dornbusch, Jabobs Traum von der Himmelsleiter, der Engel, der erscheint und verkündigt... - also etwas, das zwar sinnlich wahrnehmbar ist, aber über diese Wahrnehmung hinausweist auf etwas anderes, das prinzipiell nicht sinnlich erfahrbar ist. Lat. 'transcendens' heißt wörtlich 'übersteigen', 'übertreffen'.

Sinnlich wahrnembar sein (als Struktur, als Form, als Zeichen) und zugleich als Information, als Bedeutung über sich hinausweisen auf etwas nicht sinnlich Wahrnehmbares, weil Vergangenes oder Abstraktes - diese beiden Eigenschaften schreibe ich dem Geistigen zu (den Gedanken ebenso wie z. B. einem geschriebenen Wort) und nenne es deshalb transzendent. Ich verwerfe also meine alte Definition und definiere neu: transzendent = sinnlich erfahrbar, aber auf nicht sinnlich Erfahrbares weisend. Damit ist dann zwar auch ein Verkehrsschild transzendent, denn es hat auch eine Bedeutung - aber das ist egal, es geht mir nicht um Esoterik.

Die Frage ist, was man mit einer Diskussion über Transzendenz / Immanenz will: Will man zeigen, dass Transzendenz ein sinnleerer Begriff ist, um ein Argument gegen die Religion zu gewinnen - oder will man den Begriff, abgelöst vom religiösen Kontext, in seiner Bedeutung erhalten und nutzbar machen? Mich interessiert letzteres.

kalmar


Zuletzt bearbeitet von kalmar am 11.08.2010, 08:39, insgesamt 2-mal bearbeitet
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#1516815) Verfasst am: 11.08.2010, 00:13    Titel: Antworten mit Zitat

kalmar hat folgendes geschrieben:
Gut - der metaphysische Realismus ist eine falsche Theorie, weil es den 'objektiven' Beobachterstandpunkt nicht gibt. Aber die klassische Physik ist auch eine falsche Theorie, weil es den absoluten Raum und die absolute Zeit nicht gibt. Trotzdem benutzen wir die klassische Physik, weil sie innerhalb gewisser Grenzen brauchbare Ergebnisse liefert. Ebenso können wir innerhalb gewisser Grenzen mit dem metaphysischen Realismus gut zurechtkommen.

Ja, es zeigt sich sogar empirisch, daß der Beobachterstandpunkt in allen physikalischen Situationen (und das sind bisher alle) effektiv entkoppelt, also quasi-objektiv ist.

kalmar hat folgendes geschrieben:
Die Grenze liegt da, wo das Erkenntnissubjekt sich selbst zum Objekt macht - wenn wir versuchen, das Bewusstsein zu verstehen.

Diese scheinbare Grenze zeigt sich bisher aber nur dann, wenn wir das Bewußtsein reflektiv verstehen wollen. So wie es aussieht, funktioniert die Entkopplung von Beobachter und Gehirn (eines Probanden) auch recht gut.
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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kalmar
Poltergeist



Anmeldungsdatum: 29.11.2005
Beiträge: 81
Wohnort: Salzwedel

Beitrag(#1516879) Verfasst am: 11.08.2010, 08:27    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
kalmar hat folgendes geschrieben:
Die Grenze liegt da, wo das Erkenntnissubjekt sich selbst zum Objekt macht - wenn wir versuchen, das Bewusstsein zu verstehen.

Diese scheinbare Grenze zeigt sich bisher aber nur dann, wenn wir das Bewußtsein reflektiv verstehen wollen...

Ja - so hatte ich es auch gemeint.
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Der_Guido
dafür dagegen zu sein



Anmeldungsdatum: 17.05.2006
Beiträge: 2518
Wohnort: Östlich von Holland

Beitrag(#1517335) Verfasst am: 12.08.2010, 07:41    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Der_Guido hat folgendes geschrieben:
Wenn ich die These bejahren würde, dass es gar keine wahre Perspektiven gibt oder zumindest eine Annäherung, dann ergibt m.E.
a) schon die Aussage "ich bin ein Gehirn im Tank" gar keinen Sinn (woher weiß ich, dass es ein Tank ist und nicht etwas anderes,)

Ja, genau, das ist der Punkt. Das Wort 'Tank' des Gehirnes im Tank bezeichnet gar nicht das, was der 'äußere' Beobachter mit 'Tank' meint.

Der_Guido hat folgendes geschrieben:
und
b) worüber ließe sich ohne einen (subjektiven, skeptischen oder solipsistischen) Einwand überhaupt noch sinnvoll über die Beschaffenheit unserer Umgebung, bzw. die Wahl der Mittel zur Analyse dieser Umgebung, diskutieren?

Du und ich, wir sind Menschen, wir haben gemeinsame Voraussetzungen, einen gemeinsamen Kontext, eine gemeinsame Sprache, (auch wenn die Bedeutungen nicht eindeutig sind). Und in diesem Kontext / im Rahmen unserer gemeinsamen Modelle können wir doch über die Beschaffenheit unserer Umgebung / die Analyse etc. diskutieren.

Aber ich glaube, ich habe Deine Frage nicht richtig verstanden. Vielleicht könntest Du die nochmal anders formulieren.

Hmm, ich versuche es mal konkreter.

Ein Gespräch oder eine Modellbildung unter Blinden würde bezüglich einer roten Rose einen komplett anderen Verlauf nehmen, als wenn sich zwei Sehende oder 1 Blinder und 1 Sehender darüber unterhalten. Selbst unter den Sehenden gibt es unterschiedliche Sinneswahrnehmungen.

Putnams oder dein Einwand ist doch jener, dass es nur eine intern-realistische Wahrheit gibt, die ausschließlich auf uns bereits bekannte Begrifflichkeiten zurückzuführen ist, oder ? Ein Blinder wird aber nicht verstehen, wovon ein Modell eines Sehenden handelt oder was das Modell eigentlich beschreibt, demzufolge wird er die Existenz von z.B. "rot" verneinen müssen. Vielleicht fehlinterpretiere oder überspitze ich Putnams Aussage, aber müßte ein Blinder nicht sogar eine (aus unserer Sicht des "Sehenden") existierende Wahrheit, die über seine Wahrnehmungsfähigkeit hinaus geht, verneinen ?

Zur Modellbildung:
Unter "können wir diskutieren" kann ich mir alles mögliche vorstellen, auf welcher Basis läßt sich denn mit einem internen Realisten über Existenz und Wahrheit diskutieren ?
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lieber einen schlechten Plan, als gar kein Plan haben
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Marcellinus
Outsider



Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#1517343) Verfasst am: 12.08.2010, 07:55    Titel: Antworten mit Zitat

Der_Guido hat folgendes geschrieben:

Ein Gespräch oder eine Modellbildung unter Blinden würde bezüglich einer roten Rose einen komplett anderen Verlauf nehmen, als wenn sich zwei Sehende oder 1 Blinder und 1 Sehender darüber unterhalten. Selbst unter den Sehenden gibt es unterschiedliche Sinneswahrnehmungen.

Putnams oder dein Einwand ist doch jener, dass es nur eine intern-realistische Wahrheit gibt, die ausschließlich auf uns bereits bekannte Begrifflichkeiten zurückzuführen ist, oder ? Ein Blinder wird aber nicht verstehen, wovon ein Modell eines Sehenden handelt oder was das Modell eigentlich beschreibt, demzufolge wird er die Existenz von z.B. "rot" verneinen müssen. Vielleicht fehlinterpretiere oder überspitze ich Putnams Aussage, aber müßte ein Blinder nicht sogar eine (aus unserer Sicht des "Sehenden") existierende Wahrheit, die über seine Wahrnehmungsfähigkeit hinaus geht, verneinen ?

Ich weiß nicht, ob praktische Einwände bei solchen Diskussionen interessieren. Ich hatte aus privaten Gründen viele Jahre mit Blinden zu tun. In diesem Zusammenhang interessieren nur Geburtsblinde, und von denen hat keiner bestritten, daß es Farben gibt. Sie können sich nur nichts darunter vorstellen. Einer erklärte mir gegenüber, daß er sich Farben wie unterschiedliche Klanghöhen vorstelle. Außerdem kann man Farben durchaus messen. Daß hinter dem Konzept "Farbe" eine physikalische Realität steht, ist also kaum zu bezweifeln, auch wenn man sie persönlich nicht wahrnehmen kann. Gravitation kann ich auch nicht wahrnehmen, deren Auswirkungen aber durchaus. Wahrheit, oder Wirklichkeit kann, oder noch besser die Beweisbarkeit von Theorien kann also nicht an unserer Wahnehmungsfähigkeit hängen.
_________________
"Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."

Friedrich Nietzsche
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Der_Guido
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Anmeldungsdatum: 17.05.2006
Beiträge: 2518
Wohnort: Östlich von Holland

Beitrag(#1517346) Verfasst am: 12.08.2010, 08:00    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Der_Guido hat folgendes geschrieben:

Ein Gespräch oder eine Modellbildung unter Blinden würde bezüglich einer roten Rose einen komplett anderen Verlauf nehmen, als wenn sich zwei Sehende oder 1 Blinder und 1 Sehender darüber unterhalten. Selbst unter den Sehenden gibt es unterschiedliche Sinneswahrnehmungen.

Putnams oder dein Einwand ist doch jener, dass es nur eine intern-realistische Wahrheit gibt, die ausschließlich auf uns bereits bekannte Begrifflichkeiten zurückzuführen ist, oder ? Ein Blinder wird aber nicht verstehen, wovon ein Modell eines Sehenden handelt oder was das Modell eigentlich beschreibt, demzufolge wird er die Existenz von z.B. "rot" verneinen müssen. Vielleicht fehlinterpretiere oder überspitze ich Putnams Aussage, aber müßte ein Blinder nicht sogar eine (aus unserer Sicht des "Sehenden") existierende Wahrheit, die über seine Wahrnehmungsfähigkeit hinaus geht, verneinen ?

Ich weiß nicht, ob praktische Einwände bei solchen Diskussionen interessieren. Ich hatte aus privaten Gründen viele Jahre mit Blinden zu tun. In diesem Zusammenhang interessieren nur Geburtsblinde, und von denen hat keiner bestritten, daß es Farben gibt. Sie können sich nur nichts darunter vorstellen. Einer erklärte mir gegenüber, daß er sich Farben wie unterschiedliche Klanghöhen vorstelle. Außerdem kann man Farben durchaus messen. Daß hinter dem Konzept "Farbe" eine physikalische Realität steht, ist also kaum zu bezweifeln, auch wenn man sie persönlich nicht wahrnehmen kann. Gravitation kann ich auch nicht wahrnehmen, deren Auswirkungen aber durchaus. Wahrheit, oder Wirklichkeit kann, oder noch besser die Beweisbarkeit von Theorien kann also nicht an unserer Wahnehmungsfähigkeit hängen.

Putnam geht doch sogar einen Schritt weiter, wenn ich es richtig verstehe.

Wahrheit hängt demzufolge an Begrifflichkeiten, die wir aufgrund unserer (eingeschränkten) Wahrnehmungsfähigkeiten bilden.
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Marcellinus
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Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#1517375) Verfasst am: 12.08.2010, 09:21    Titel: Antworten mit Zitat

Der_Guido hat folgendes geschrieben:

Putnam geht doch sogar einen Schritt weiter, wenn ich es richtig verstehe.

Wahrheit hängt demzufolge an Begrifflichkeiten, die wir aufgrund unserer (eingeschränkten) Wahrnehmungsfähigkeiten bilden.

Ja, aber das ist Idealismus, sonst nichts.
_________________
"Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."

Friedrich Nietzsche
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kalmar
Poltergeist



Anmeldungsdatum: 29.11.2005
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Wohnort: Salzwedel

Beitrag(#1517456) Verfasst am: 12.08.2010, 12:37    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Der_Guido hat folgendes geschrieben:
Wenn ich die These bejahren würde, dass es gar keine wahre Perspektiven gibt oder zumindest eine Annäherung, dann ergibt m.E.
a) schon die Aussage "ich bin ein Gehirn im Tank" gar keinen Sinn (woher weiß ich, dass es ein Tank ist und nicht etwas anderes,)
Ja, genau, das ist der Punkt. Das Wort 'Tank' des Gehirnes im Tank bezeichnet gar nicht das, was der 'äußere' Beobachter mit 'Tank' meint.

Das 'Gehirn im Tank'-Gedankenexperiment funktioniert nur deshalb, weil ich den Standpunkt des äußeren Beobachters nicht einnehmen kann. Ich kann nicht nur nicht feststellen, ob ich ein Gehirn im Tank bin - ich kann auch nicht feststellen, ob der Tank ein Bierfass oder ein Weinballon ist.

Aber auch wenn ich die Frage: "Bin ich ein Gehirn in Tank bin oder nicht?" nicht beantworten kann, so ist es doch nicht gleichgültig, was ich darüber glaube: Wäre die Welt eine Fiktion, dann wären auch alle Kausalzusammenhänge Fiktionen: Es würde nicht ein physikalisches Ereignis ein anderes bewirken, sondern der böse Dämon würde alle Kausalität nur vortäuschen und könnte sie jederzeit aufheben. Es hätte keinen Sinn, nach Naturgesetzen zu fragen, denn es gäbe in Wahrheit keine objektiv gültigen Naturgesetze, sondern nur den Mutwillen des Dämons.
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
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Beitrag(#1517497) Verfasst am: 12.08.2010, 14:39    Titel: Antworten mit Zitat

Der_Guido hat folgendes geschrieben:
Ein Gespräch oder eine Modellbildung unter Blinden würde bezüglich einer roten Rose einen komplett anderen Verlauf nehmen, als wenn sich zwei Sehende oder 1 Blinder und 1 Sehender darüber unterhalten. Selbst unter den Sehenden gibt es unterschiedliche Sinneswahrnehmungen.

Putnams oder dein Einwand ist doch jener, dass es nur eine intern-realistische Wahrheit gibt, die ausschließlich auf uns bereits bekannte Begrifflichkeiten zurückzuführen ist, oder ? Ein Blinder wird aber nicht verstehen, wovon ein Modell eines Sehenden handelt oder was das Modell eigentlich beschreibt, demzufolge wird er die Existenz von z.B. "rot" verneinen müssen. Vielleicht fehlinterpretiere oder überspitze ich Putnams Aussage, aber müßte ein Blinder nicht sogar eine (aus unserer Sicht des "Sehenden") existierende Wahrheit, die über seine Wahrnehmungsfähigkeit hinaus geht, verneinen ?

Hm, das kann man von zwei Seiten her einkreisen. Erst mal fände ich es sehr überraschend, wenn jemand behauptete, nur das würde existieren, was er persönlich direkt wahrnehmen könne. Das wäre dann sozusagen eine Maximal-Skeptiker-Position. Mein Modell von der Welt ist jedoch keineswegs ein rein persönliches, ich muss mich einfach darauf verlassen, dass mich andere nicht nur anschwindeln. Wäre es rein persönlich, dann müsste ich z.B. auch sagen: 'New York existiert nicht, weil ich noch nie dort war, habe ich noch nie wahrgenommen'. (Ob eine Maximal-Skeptiker-Position überhaupt eine konsistente ist, wäre auch die Frage. Ich würde das intuitiv erst mal bezweifeln wollen. Aber gut, das ist hier wohl nebensächlich.)

Und von der anderen Seite her: nehmen wir mal an, alle wären von Geburt an blind und das wäre immer schon so gewesen. Dann kann man sich doch problemlos vorstellen, dass die niemals das Konzept 'Farbe' herausbilden würden. Bzw. ich denke, dem wäre dann auch so, weil mir gerade nichts einfällt, was sie mit diesem Konzept anfangen könnten. Und dann gäbe es eben keine Farben.

Dann möchte ich nochmal auf diesen Artikel hinweisen: Ist die Welt eine Computersimulation? von der Seite www.gehirnimtank.de
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Beitrag(#1517732) Verfasst am: 13.08.2010, 00:14    Titel: Antworten mit Zitat

kalmar hat folgendes geschrieben:
Aber auch wenn ich die Frage: "Bin ich ein Gehirn in Tank bin oder nicht?" nicht beantworten kann,

Nun, wie gesagt, mE kann man die sehr wohl (und zwar negativ) beantworten. Siehe zusätzlich zu dem obigen Link auch diesen.

kalmar hat folgendes geschrieben:
so ist es doch nicht gleichgültig, was ich darüber glaube: Wäre die Welt eine Fiktion, dann wären auch alle Kausalzusammenhänge Fiktionen: Es würde nicht ein physikalisches Ereignis ein anderes bewirken, sondern der böse Dämon würde alle Kausalität nur vortäuschen und könnte sie jederzeit aufheben. Es hätte keinen Sinn, nach Naturgesetzen zu fragen, denn es gäbe in Wahrheit keine objektiv gültigen Naturgesetze, sondern nur den Mutwillen des Dämons.

Doch, was Du glaubst, ist hierbei gleichgültig. Nur wenn Du Evidenzen für eine Matrix / einen Genius malignus / ein Gehirn im Tank hättest, würde das etwas bedeuten. Bzw. wenn Du ein Kriterium dafür bringen könntest, wie man das unterscheiden kann. Oder darlegen könntest, was für einen Unterschied das machte.

Das ist Dir bisher nicht gelungen, denn wir wissen auch so (ohne Annahme all dieser hypothetischen Szenarien) nicht, ob die Naturgesetze 'in Wahrheit objektiv gültig' sind, (was immer das bedeuten mag, da hat sich wohl schon wieder der Gottesstandpunkt eingeschlichen). Wir wissen noch nicht einmal, ob sie morgen noch gelten werden.

Dennoch ergibt es einen Sinn, nach Naturgesetzen zu fragen. Das hat sich einfach bewährt, ist nützlich, ebenso wie die Annahme, die Naturgesetze würden auch morgen und übermorgen noch gelten.

Du scheinst auf eine Letztbegründung aus zu sein.
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kalmar
Poltergeist



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Beitrag(#1517807) Verfasst am: 13.08.2010, 10:40    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

...wir wissen auch so (ohne Annahme all dieser hypothetischen Szenarien) nicht, ob die Naturgesetze 'in Wahrheit objektiv gültig' sind, (was immer das bedeuten mag, da hat sich wohl schon wieder der Gottesstandpunkt eingeschlichen). Wir wissen noch nicht einmal, ob sie morgen noch gelten werden.

Genau. Wir glauben (1) an die Gültigkeit der Naturgesetze und werden in diesem Glauben dadurch bestärkt, dass die daraus abgeleiteten Voraussagen eintreffen und dass die technischen Anwendungen im Wesentlichen funktionieren. Und wir glauben (2), dass es keine Götter, Dämonen und sonstige Wesenheiten gibt, die diese Gesetze außer Kraft setzen können. Der Glaube (1) und der Glaube (2) bedingen und bestärken sich gegenseitig.
Zitat:
Das hat sich einfach bewährt, ist nützlich, ebenso wie die Annahme, die Naturgesetze würden auch morgen und übermorgen noch gelten.

Ja, Pascal hat versucht, uns davon zu überzeugen, dass es nützlicher ist, an den lieben Gott zu glauben - wir finden es aber noch nützlicher, an die Naturgesetze zu glauben.
Zitat:
Du scheinst auf eine Letztbegründung aus zu sein.

Im Gegenteil, es ging mir darum, klar zu machen, dass wir keine Letztbegründungen haben und deshalb auf Metaphysik nicht völlig verzichten können. Wenn ich Olaf Müller richtig verstanden habe, dann beweist Putnam lediglich, dass meine Sprache korrekt ist und meine Aussagen über die Welt zutreffen können - auch dann, wenn ich ein 'Gehirn im Tank' wäre.
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Rasmus
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Beitrag(#1517812) Verfasst am: 13.08.2010, 11:01    Titel: Antworten mit Zitat

kalmar hat folgendes geschrieben:
Ja, Pascal hat versucht, uns davon zu überzeugen, dass es nützlicher ist, an den lieben Gott zu glauben - wir finden es aber noch nützlicher, an die Naturgesetze zu glauben.


Es *ist* nützlich, an die Naturgesetze zu glauben. Versuch doch mal grob darzustellen, wie man sein Leben sonst gestalten würde ...

die Pascal'sche Wette macht analog dazu keine Aussage darüber, ob es Gott wirklich gibt. (Von den vielen Fehlern in der Argumentation mal ganz zu schweigen ...)
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fwo
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Beitrag(#1517834) Verfasst am: 13.08.2010, 12:26    Titel: Antworten mit Zitat

Rasmus hat folgendes geschrieben:
.....
Es *ist* nützlich, an die Naturgesetze zu glauben. Versuch doch mal grob darzustellen, wie man sein Leben sonst gestalten würde .......

Es ist nicht nur nützlich, sondern die Existenz der Beständigkeit / Vorhersagbarkeit der weltlichen Prozesse ist die Basis jeden Lebens bzw. jeder Evolution.

So ist der "Glaube" an die Schwerkraft in Pflanzen genetisch fixiert. Wenn also jemand davon ausgeht, dass irgend ein Gott diese Pflanzen gemacht hat, so sollte er auch davon ausgehen, dass er damit gleichzeitig seinen Willen für eine gewisse Zuverlässigkeit des weltlichen Geschehens kundgetan hat. Von jemandem, der von der Evolution ausgeht, will ich in diesem Zusammenhang gar nicht reden.

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Rasmus
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Beitrag(#1517844) Verfasst am: 13.08.2010, 12:37    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Rasmus hat folgendes geschrieben:
.....
Es *ist* nützlich, an die Naturgesetze zu glauben. Versuch doch mal grob darzustellen, wie man sein Leben sonst gestalten würde .......

Es ist nicht nur nützlich, sondern die Existenz der Beständigkeit / Vorhersagbarkeit der weltlichen Prozesse ist die Basis jeden Lebens bzw. jeder Evolution.


Das käme darauf an, wie jemand glaubt erklären zu können,dass speziell unser Universum keine unveränderlichen Naturgesetze aufzuweisen hat.

Aber eigentlich meinte ich was anderes: Es ist sinnvoll, an konstante Naturgesetze zu glauben, selbst wenn sie doch nicht konstant sein sollten. Es dürfte die Evolution nur herzlich wenig interessieren, wer alles an diese Gesetze glaubt oder nicht.

Zitat:
So ist der "Glaube" an die Schwerkraft in Pflanzen genetisch fixiert.


Mit dieser Sichtweise habe ich große Probleme! Pflanzen glauben nicht an Schwerkraft, sie funktionieren nur in ihr. Ich weiß nicht, ob Pflanzten im Weltraum überleben können - Menschen bekommen das einigermaßen hin - aber niemand von denen würde deshalb aufhören an die Schwerkraft zu glauben, oder?

Zitat:
Wenn also jemand davon ausgeht, dass irgend ein Gott diese Pflanzen gemacht hat, so sollte er auch davon ausgehen, dass er damit gleichzeitig seinen Willen für eine gewisse Zuverlässigkeit des weltlichen Geschehens kundgetan hat.


Nein. Das ende der Welt könnte für nächsten Donnerstag geplant sein. Eventuell wird da asuch nur die Schwerkraft verzwölffacht. Schulterzucken

Zitat:
Von jemandem, der von der Evolution ausgeht, will ich in diesem Zusammenhang gar nicht reden.


So jemand muss lediglich glauben, dass die Lebensbedingungen sich in den letzten paar Millionen Jahren nur so viel geschwankt sind, dass die Evolution immer mithalten konnte.
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Woici
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Beitrag(#1517848) Verfasst am: 13.08.2010, 12:47    Titel: Antworten mit Zitat

Rasmus hat folgendes geschrieben:
Mit dieser Sichtweise habe ich große Probleme! Pflanzen glauben nicht an Schwerkraft, sie funktionieren nur in ihr. Ich weiß nicht, ob Pflanzten im Weltraum überleben können - Menschen bekommen das einigermaßen hin - aber niemand von denen würde deshalb aufhören an die Schwerkraft zu glauben, oder?


http://www.astronews.com/frag/antworten/1/frage1389.html

Sehr glücklich

Zitat:
So jemand muss lediglich glauben, dass die Lebensbedingungen sich in den letzten paar Millionen Jahren nur so viel geschwankt sind, dass die Evolution immer mithalten konnte.


und wenn es mal schneller ging, kam es zu einem massenaussterben...
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fwo
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Beitrag(#1517896) Verfasst am: 13.08.2010, 14:34    Titel: Antworten mit Zitat

Rasmus hat folgendes geschrieben:
.....

Zitat:
So ist der "Glaube" an die Schwerkraft in Pflanzen genetisch fixiert.


Mit dieser Sichtweise habe ich große Probleme! Pflanzen glauben nicht an Schwerkraft, sie funktionieren nur in ihr. Ich weiß nicht, ob Pflanzten im Weltraum überleben können - Menschen bekommen das einigermaßen hin - aber niemand von denen würde deshalb aufhören an die Schwerkraft zu glauben, oder?.....

Vielleicht hatte sich der Autor ja etwas dabei gedacht, als er den Glauben in "" gesetzt hat? zwinkern

Fakt ist Folgendes: Wir finden gewisse Regelmäßigkeiten in der physikalischen Realität und Anpassungen daran im Bauplan der Lebewesen. Anders ausgedrückt: Die Genetik der an diese physikalischen Realität angepassten Lebewesen enthält Informationen (=Annahmen) über die Regelmäßigkeiten dieser Realität.

Der Mensch (nicht nur er, aber er besonders) geht in seiner Anpassungsfreudigkeit noch etwas weiter und erlaubt außer den genetischen noch persönliche Annahmen über die Beschaffenheit der Welt ......

Kannst Du deine Schwierigkeiten mit diesen Gedanken etwas präzisieren, nachdem ich diese Gedanken nun etwas breiter ausgewalzt habe?

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AgentProvocateur
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Beitrag(#1517944) Verfasst am: 13.08.2010, 17:21    Titel: Antworten mit Zitat

kalmar hat folgendes geschrieben:
Genau. Wir glauben (1) an die Gültigkeit der Naturgesetze und werden in diesem Glauben dadurch bestärkt, dass die daraus abgeleiteten Voraussagen eintreffen und dass die technischen Anwendungen im Wesentlichen funktionieren. Und wir glauben (2), dass es keine Götter, Dämonen und sonstige Wesenheiten gibt, die diese Gesetze außer Kraft setzen können. Der Glaube (1) und der Glaube (2) bedingen und bestärken sich gegenseitig.

Ja.

kalmar hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Das hat sich einfach bewährt, ist nützlich, ebenso wie die Annahme, die Naturgesetze würden auch morgen und übermorgen noch gelten.

Ja, Pascal hat versucht, uns davon zu überzeugen, dass es nützlicher ist, an den lieben Gott zu glauben - wir finden es aber noch nützlicher, an die Naturgesetze zu glauben.

Das eine hat aber mit dem anderen nichts zu tun. Vielleicht findet es jemand für sich nützlich, an den lieben Gott zu glauben, weil er dann einer Strafe entgeht oder eine Belohnung bekommt, das mag schon sein.

Hier geht es aber doch um etwas anderes, um Modelle unserer Welt. Und da bringt es nun mal nichts, bei jedem Phänomen zu sagen: "Gott / ein Dämon / ein Programmierer / ein Supercomputer / bzw. genau genommen sind das alles nur Analogien, eigentlich müsste man sagen: etwas für uns gänzlich Unverstehbares war's, aber warum er / es das getan hat / warum das so gekommen ist, wissen wir nicht und was er morgen tun wird / wie's morgen kommen wird, wissen wir auch nicht, das liegt jenseits unserer Erkenntnis". Das wäre letztlich nichts anderes, als bei jedem Phänomen zu sagen: "weiß nicht, wie das kommt und wie das mit was anderem zusammenhängt". Und inwiefern das nützlich sein könnte, weiß ich nicht.

Nun gut, jemand könnte darauf antworten: "was nützlich ist, ist mir nicht so wichtig, mir geht es um die objektive Wahrheit, um das, was eigentlich dahinterliegt, was die Welt im Innersten zusammenhält". Aber das wäre dann nun mal die Suche nach einer Letztbegründung, inkl. der impliziten Ansicht, es könne eine solche geben.

Die Behauptung: 'ein für uns Unverstehbares tut aus uns unbekannten Gründen etwas, das wir nicht verstehen können' kann ich zwar nicht widerlegen, weil ich da keinen Angriffspunkt sehe, aber eine Letztbegründung ist das nicht.

kalmar hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Du scheinst auf eine Letztbegründung aus zu sein.

Im Gegenteil, es ging mir darum, klar zu machen, dass wir keine Letztbegründungen haben und deshalb auf Metaphysik nicht völlig verzichten können.

OK, dann habe ich da wohl was falsch verstanden.

kalmar hat folgendes geschrieben:
Wenn ich Olaf Müller richtig verstanden habe, dann beweist Putnam lediglich, dass meine Sprache korrekt ist und meine Aussagen über die Welt zutreffen können - auch dann, wenn ich ein 'Gehirn im Tank' wäre.

Ja, es ist ein (jedoch mE sehr gutes) Argument gegen Skeptizismus.
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kalmar
Poltergeist



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Beitrag(#1518080) Verfasst am: 13.08.2010, 21:04    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

kalmar hat folgendes geschrieben:
Wenn ich Olaf Müller richtig verstanden habe, dann beweist Putnam lediglich, dass meine Sprache korrekt ist und meine Aussagen über die Welt zutreffen können - auch dann, wenn ich ein 'Gehirn im Tank' wäre.

Ja, es ist ein (jedoch mE sehr gutes) Argument gegen Skeptizismus.

Stimmt - zumindest, was die Wissenschaft betrifft. Obwohl ich Olaf Müllers Text schon länger kenne, habe ich heute erst verstanden (es ist sozusagen der Groschen gefallen), warum er Putnams Beweis für so bedeutsam hält: Wenn unsere Sprache korrekt ist, dann ist auch unser Denken korrekt.
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Der_Guido
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Beitrag(#1518169) Verfasst am: 14.08.2010, 00:02    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Der_Guido hat folgendes geschrieben:
Ein Gespräch oder eine Modellbildung unter Blinden würde bezüglich einer roten Rose einen komplett anderen Verlauf nehmen, als wenn sich zwei Sehende oder 1 Blinder und 1 Sehender darüber unterhalten. Selbst unter den Sehenden gibt es unterschiedliche Sinneswahrnehmungen.

Putnams oder dein Einwand ist doch jener, dass es nur eine intern-realistische Wahrheit gibt, die ausschließlich auf uns bereits bekannte Begrifflichkeiten zurückzuführen ist, oder ? Ein Blinder wird aber nicht verstehen, wovon ein Modell eines Sehenden handelt oder was das Modell eigentlich beschreibt, demzufolge wird er die Existenz von z.B. "rot" verneinen müssen. Vielleicht fehlinterpretiere oder überspitze ich Putnams Aussage, aber müßte ein Blinder nicht sogar eine (aus unserer Sicht des "Sehenden") existierende Wahrheit, die über seine Wahrnehmungsfähigkeit hinaus geht, verneinen ?

Hm, das kann man von zwei Seiten her einkreisen. Erst mal fände ich es sehr überraschend, wenn jemand behauptete, nur das würde existieren, was er persönlich direkt wahrnehmen könne. Das wäre dann sozusagen eine Maximal-Skeptiker-Position. Mein Modell von der Welt ist jedoch keineswegs ein rein persönliches, ich muss mich einfach darauf verlassen, dass mich andere nicht nur anschwindeln. Wäre es rein persönlich, dann müsste ich z.B. auch sagen: 'New York existiert nicht, weil ich noch nie dort war, habe ich noch nie wahrgenommen'. (Ob eine Maximal-Skeptiker-Position überhaupt eine konsistente ist, wäre auch die Frage. Ich würde das intuitiv erst mal bezweifeln wollen. Aber gut, das ist hier wohl nebensächlich.)

Und von der anderen Seite her: nehmen wir mal an, alle wären von Geburt an blind und das wäre immer schon so gewesen. Dann kann man sich doch problemlos vorstellen, dass die niemals das Konzept 'Farbe' herausbilden würden. Bzw. ich denke, dem wäre dann auch so, weil mir gerade nichts einfällt, was sie mit diesem Konzept anfangen könnten. Und dann gäbe es eben keine Farben.

Es gibt dann keine Farben, keinen Mond, keine Gestirne und die Erde ist flach wie eine Scheibe.

Man mag über eine andere Realität nicht sinnvoll diskutieren können, aber der Mond existiert, das kannst du schlecht verneinen. Und wer weiß, vielleicht entwickeln sich evolutionär noch Augen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Dann möchte ich nochmal auf diesen Artikel hinweisen: Ist die Welt eine Computersimulation? von der Seite www.gehirnimtank.de

Auf irgend etwas spezielles im Text ?
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1518201) Verfasst am: 14.08.2010, 00:58    Titel: Antworten mit Zitat

Der_Guido hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und von der anderen Seite her: nehmen wir mal an, alle wären von Geburt an blind und das wäre immer schon so gewesen. Dann kann man sich doch problemlos vorstellen, dass die niemals das Konzept 'Farbe' herausbilden würden. Bzw. ich denke, dem wäre dann auch so, weil mir gerade nichts einfällt, was sie mit diesem Konzept anfangen könnten. Und dann gäbe es eben keine Farben.

Es gibt dann keine Farben, keinen Mond, keine Gestirne und die Erde ist flach wie eine Scheibe.

Man mag über eine andere Realität nicht sinnvoll diskutieren können, aber der Mond existiert, das kannst du schlecht verneinen. Und wer weiß, vielleicht entwickeln sich evolutionär noch Augen.

John Locke unterscheidet zwischen primären und sekundären Eigenschaften. Primäre Eigenschaften sind solche, die einem Ding inhärent sind, (Ausdehung, Schwere, Härte), sekundäre sind solche, die sich erst in Zusammenhang mit einem bestimmten Wahrnehmungsapparat herausbilden (Wärme, Farbe).

Der direkte Realismus behauptet, dass einige Eigenschaften primär sind, der naive Realismus, dass alle primär sind, der indirekte Realismus, dass alle Eigenschaften sekundär sind.

Eigentlich wollte ich nur darauf hinaus. Es gibt nun keinen Grund per se, dass eine blinde Gesellschaft kein Wissen über den Mond, die Sterne und die Form der Erde erlangen könnten, Modelle aufstellen könnten. Sie müssten sich natürlich Messinstrumente bauen, wie auch immer. Was schwierig sein mag, wenn man blind ist, aber undenkbar ist es nicht.

Bei der Farbe ist das jedoch anders, denn das ist eine sekundäre Eigenschaft. Nun könnte man sich zwar vorstellen, dass sie ein Messgerät bauen, um die Wellenlänge des Lichtes zu messen. Aber das würde dennoch nicht unser Konzept von Farbe abdecken.

Man muss sich ja auch nicht Blinde vorstellen, man kann auch einfach annehmen, dass Menschen einfach komplett farbenblind wären, nur Graustufen sehen könnten.

Der_Guido hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Dann möchte ich nochmal auf diesen Artikel hinweisen: Ist die Welt eine Computersimulation? von der Seite www.gehirnimtank.de

Auf irgend etwas spezielles im Text ?

Nö, der ganze Text. Das war jetzt aber auch nicht speziell an Dich gerichtet, eher so im Zusammenhang mit meinen vorherigen Postings zu sehen.
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Der_Guido
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Beitrag(#1518211) Verfasst am: 14.08.2010, 01:36    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Der_Guido hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und von der anderen Seite her: nehmen wir mal an, alle wären von Geburt an blind und das wäre immer schon so gewesen. Dann kann man sich doch problemlos vorstellen, dass die niemals das Konzept 'Farbe' herausbilden würden. Bzw. ich denke, dem wäre dann auch so, weil mir gerade nichts einfällt, was sie mit diesem Konzept anfangen könnten. Und dann gäbe es eben keine Farben.

Es gibt dann keine Farben, keinen Mond, keine Gestirne und die Erde ist flach wie eine Scheibe.

Man mag über eine andere Realität nicht sinnvoll diskutieren können, aber der Mond existiert, das kannst du schlecht verneinen. Und wer weiß, vielleicht entwickeln sich evolutionär noch Augen.

John Locke unterscheidet zwischen primären und sekundären Eigenschaften. Primäre Eigenschaften sind solche, die einem Ding inhärent sind, (Ausdehung, Schwere, Härte), sekundäre sind solche, die sich erst in Zusammenhang mit einem bestimmten Wahrnehmungsapparat herausbilden (Wärme, Farbe).

Der direkte Realismus behauptet, dass einige Eigenschaften primär sind, der naive Realismus, dass alle primär sind, der indirekte Realismus, dass alle Eigenschaften sekundär sind.

Eigentlich wollte ich nur darauf hinaus. Es gibt nun keinen Grund per se, dass eine blinde Gesellschaft kein Wissen über den Mond, die Sterne und die Form der Erde erlangen könnten, Modelle aufstellen könnten. Sie müssten sich natürlich Messinstrumente bauen, wie auch immer. Was schwierig sein mag, wenn man blind ist, aber undenkbar ist es nicht.

Bei der Farbe ist das jedoch anders, denn das ist eine sekundäre Eigenschaft. Nun könnte man sich zwar vorstellen, dass sie ein Messgerät bauen, um die Wellenlänge des Lichtes zu messen. Aber das würde dennoch nicht unser Konzept von Farbe abdecken.

Man muss sich ja auch nicht Blinde vorstellen, man kann auch einfach annehmen, dass Menschen einfach komplett farbenblind wären, nur Graustufen sehen könnten.

Aus unserer Sicht mag das stimmen, dass es keinen Grund gibt, dass sich eine blinde Gesellschaft nicht Wissen über Mond und Gestirne aneignen könnte. Begriffe wie Mond oder Gestirne sind aber für diese Gesellschaft im Bereich der Transzendenz, pure Spekulationen, und darüber kann man doch deiner Auffassung nach nicht sinnvoll diskutieren, bzw. sie sind nicht existent, oder mißverstehe ich dich oder Putnam völlig ?
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1518212) Verfasst am: 14.08.2010, 01:43    Titel: Antworten mit Zitat

Wieso 'pure Spekulationen'? Ich bin doch davon ausgegangen, dass sie sich Messgeräte bauen.
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