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Arno Gebauer registrierter User
Anmeldungsdatum: 30.01.2005 Beiträge: 698
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(#1537778) Verfasst am: 11.09.2010, 08:28 Titel: Was kann man aus der Geschichte eigentlich lernen? |
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Hallo,
in den Geschichtswissenschaften werden geschichtliche Vorgänge oft
umgedeutet oder anders interpretiert. Das hängt immer davon ab,
welcher Zeitgeist zum Zeitpunkt der Geschichtsbetrachtung herrscht.
Quellen, usw. dienen hauptsächlich dazu, das vergangene politische Machtstreben
zu begründen. Solche Begründungen rechtfertigen stets die schlimmsten und dümmsten
politischen Gewalttaten, wie Kriege, Unterdrückung, usw..
Ich denke, dass man aus der Geschichte nichts lernen kann, wenn man von den
Möglichkeiten der Interpretationen mal absieht, oder?
Viele Grüße
Arno
_________________ Trennung von Staat und Kirche !
Die geistigen Brandstifter des Holocausts waren die Kirchen! Sie haben viele Jahrhunderte lang gegen die Juden gehetzt!
Nie mehr Zeit und Geld für reiche Kirchen!!!!
Keine Kinder mehr in Kirchenhände!
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Abdul H. Hattray auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 10.02.2010 Beiträge: 106
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(#1537781) Verfasst am: 11.09.2010, 08:47 Titel: Die Frage des Einkommens |
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spielt für Geschichtsdeutung eine große Rolle.
Wessen Einkommen ist von welcher Institution bezahlt und "wessen Brot ich ess' des Lied ich sing."
Genau auf dieser Basis werden Studiengänge koncipiert und Forschungswege(pfade) eingerichtet.
Was der Historiker dann nicht soll, nämlich Zusammenhänge die gegen den Duktus der Institution gerichtet sind herstellen, geschieht dann auch nicht.
Darum ist Geschichtsfälschung in hohem Außmaße möglich, wahrscheinlich und findet statt.
An der Person Jesus Christus beispielsweise lässt sich das hervorragend erklären. Welche kirchliche Institution würde schon zugeben, dass Jesus von Bethlehem früh einem kleinkriminellen Milieu angehörte ehe er vom Sektenführer Johannes "geläutert" wurde ?
Welche Institution im Abendland würde die schlüssige Forschung anerkennen, dass derselbe Mann ein uneheliches Kind der "Heiligen Maria Mutter Gottes" mit einem römischen Besatzungssoldaten war?
Welcher Historiker würde frei in Beziehung setzen, dass der Ausspruch des Jesus von Bethlehem: "Mein Vater, warum hast Du mich verlassen", nicht einem imaginären Gott galt, sondern seinem leiblichen Vater, der nach Rom zurückbeordert war?
Oder dass Pontius Pilatus keineswegs seine "Hände in Unschuld wusch", weil Kreuzigungen an der Tagesordnung waren und zum Geschäft eines Tribun gehörten.
Mit freundlichen Grüßen
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Sermon panta rhei
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 18430
Wohnort: Sine Nomine
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Canis_Majoris registrierter User
Anmeldungsdatum: 04.03.2010 Beiträge: 35
Wohnort: Kleines Dorf am großen Fluss
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(#1537800) Verfasst am: 11.09.2010, 10:30 Titel: Re: Was kann man aus der Geschichte eigentlich lernen? |
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Arno Gebauer hat folgendes geschrieben: | Was kann man aus der Geschichte eigentlich lernen? |
Dass der Mensch nichts aus der Geschichte lernt.
_________________ Auge um Auge - und die ganze Welt wird blind sein.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1537815) Verfasst am: 11.09.2010, 10:54 Titel: Re: Was kann man aus der Geschichte eigentlich lernen? |
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Arno Gebauer hat folgendes geschrieben: | Ich denke, dass man aus der Geschichte nichts lernen kann, wenn man von den Möglichkeiten der Interpretationen mal absieht, oder? |
Man könnte die Geschichte als Folge von schlecht geplanten, aber immerhin, Experimenten betrachten, und aus diesen z.B. soziologische Schlüsse ziehen etwa derart, daß bestimmtes Verhalten zu bestimmten Folgen führt.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#1537816) Verfasst am: 11.09.2010, 10:56 Titel: Re: Was kann man aus der Geschichte eigentlich lernen? |
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Canis_Majoris hat folgendes geschrieben: | Arno Gebauer hat folgendes geschrieben: | Was kann man aus der Geschichte eigentlich lernen? |
Dass der Mensch nichts aus der Geschichte lernt. | Sagen meine Profs auch.
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Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
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(#1537877) Verfasst am: 11.09.2010, 12:35 Titel: |
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@Sermon
Interessante Link-Sammlung, wenn auch vielleicht ein bißchen ideengeschichtslastig, aber das entspricht ja wohl der gegenwärtigen Mode in den Geschichtswissenschaften. Sie sind immer noch im Stadium der Inventurwissenschaften (Harald Lesch hat dieses Wort mal im Bezug auf die Physik benutzt, aber auf die Geschichte paßt es noch besser). Man sammelt eine mittlerweile beeindruckende Menge an belastbaren Fakten, woran es mangelt, ist eine ebenso belastbare Theorie sozialer Prozesse, die diese Fakten in einen nachprüfbaren Zusammenhang bringt. Weil das so ist, schafft sich jede Generation von Historikern ihre eigenen Zusammenhänge, und da es keine aus der Wissenschaft selbst entstandenen Theorien von Zusammenhängen und Wertungen gibt, werden diese Zusammenhänge wesentlich von heteronomen, von außen kommenden Wertungen bestimmt, seien sie weltanschaulicher oder politischer Art.
_________________ "Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."
Friedrich Nietzsche
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Sermon panta rhei
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 18430
Wohnort: Sine Nomine
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(#1538301) Verfasst am: 12.09.2010, 12:37 Titel: |
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Marcellinus hat folgendes geschrieben: | @Sermon
Interessante Link-Sammlung |
Wissenschaft ist Methode. Ohne Nachpruefbarkeit waere etwas Vorgelegtes nicht wissenschaftlich. Und wer dazu mitreden will, sollte sich erst einmal kundig machen. Quellen sind stumm. Sie werden erst durch Fragen (erkenntnisleitendes Interesse) zum Sprechen gebracht. Der Folgeposter hingegen vermag ja nicht mal zwischen quellenbelegten Annahmen und frei erfundener Ausschmueckung faktischen Nichtwissens zu unterscheiden. Geschichtsschrteibung ist immer Vergangenheitsdeutung zum Gegenwartsverstaendnis und Zukunftsperspektivierung. Das Erkenntnissubjekt ist hierfuer konstitutiv.
Mit scheint, hier verstehen einige unter Geschichtswissenschaft das, was sie in der Schule als Geschichtsunterricht erlebt haben, oder im TV via Guido Knopp&Co. praesentiert bekommen. Das ist als Vorstellung etwa so sinnig, als wuerde man waehnen, man habe in einem Excel-Kurs deshalb bereits die Grundlagen der Wirtschaftsinformatik vermittelt bekommen, weil darin ja auch Zahlen vorkommen.
_________________ "Der Typ hat halt so seine Marotten" (Sermon über Sermon)
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Yamato Teeist
Anmeldungsdatum: 21.08.2004 Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore
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(#1538302) Verfasst am: 12.09.2010, 12:46 Titel: Re: Was kann man aus der Geschichte eigentlich lernen? |
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step hat folgendes geschrieben: | Arno Gebauer hat folgendes geschrieben: | Ich denke, dass man aus der Geschichte nichts lernen kann, wenn man von den Möglichkeiten der Interpretationen mal absieht, oder? |
Man könnte die Geschichte als Folge von schlecht geplanten, aber immerhin, Experimenten betrachten, und aus diesen z.B. soziologische Schlüsse ziehen etwa derart, daß bestimmtes Verhalten zu bestimmten Folgen führt. |
An der Wiederholbarkeit mangelt es aber gewaltig. Besonders bei Experimenten die man ungern wiederholen möchte (führt eine Nazi-ähnliche Partei immer zum Genozid und Weltkrieg?).
Es ist auch schwierig zufällige Ereignisse von echten Folgen zu trennen.
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#1538848) Verfasst am: 13.09.2010, 02:14 Titel: Re: Was kann man aus der Geschichte eigentlich lernen? |
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narziss hat folgendes geschrieben: | Canis_Majoris hat folgendes geschrieben: | Arno Gebauer hat folgendes geschrieben: | Was kann man aus der Geschichte eigentlich lernen? |
Dass der Mensch nichts aus der Geschichte lernt. | Sagen meine Profs auch. |
Dann ham die wohl nur solche Schüler wie Dich.
Kommt davon, wenn nur Akademikerkinder studieren können.
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Effô Tisetti Königsblau bis in den Tod
Anmeldungsdatum: 18.09.2003 Beiträge: 9920
Wohnort: 75
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(#1538878) Verfasst am: 13.09.2010, 09:31 Titel: Re: Was kann man aus der Geschichte eigentlich lernen? |
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step hat folgendes geschrieben: | Arno Gebauer hat folgendes geschrieben: | Ich denke, dass man aus der Geschichte nichts lernen kann, wenn man von den Möglichkeiten der Interpretationen mal absieht, oder? |
Man könnte die Geschichte als Folge von schlecht geplanten, aber immerhin, Experimenten betrachten, und aus diesen z.B. soziologische Schlüsse ziehen etwa derart, daß bestimmtes Verhalten zu bestimmten Folgen führt. |
Dieser Ansatz geht m.E. grandios fehl, weil er die Sozialgeschichte nicht abbilden kann oder sie sogar bewusst ausblendet. Denn wenn quasi das Denken und Handeln jedes Einzelnen ein "Experiment" darstellt, kann man sich ein Design auch gleich ganz sparen. Man kann aber z.B. Stalinismus nicht verstehen, wenn man sich nur das von Hr. Dschugaschwili veranstaltete "Experiment" anschaut. Oder ich verstehe dich ganz falsch...
_________________ "Die einfache Formel: Jesus ist stärker! hilft Menschen, sich aus der Fixierung völlig irrationaler Wertesysteme zu lösen."
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1538900) Verfasst am: 13.09.2010, 10:33 Titel: Re: Was kann man aus der Geschichte eigentlich lernen? |
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Effô Tisetti hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Arno Gebauer hat folgendes geschrieben: | Ich denke, dass man aus der Geschichte nichts lernen kann, wenn man von den Möglichkeiten der Interpretationen mal absieht, oder? |
Man könnte die Geschichte als Folge von schlecht geplanten, aber immerhin, Experimenten betrachten, und aus diesen z.B. soziologische Schlüsse ziehen etwa derart, daß bestimmtes Verhalten zu bestimmten Folgen führt. | Dieser Ansatz geht m.E. grandios fehl, weil er die Sozialgeschichte nicht abbilden kann oder sie sogar bewusst ausblendet. Denn wenn quasi das Denken und Handeln jedes Einzelnen ein "Experiment" darstellt, kann man sich ein Design auch gleich ganz sparen. Man kann aber z.B. Stalinismus nicht verstehen, wenn man sich nur das von Hr. Dschugaschwili veranstaltete "Experiment" anschaut. Oder ich verstehe dich ganz falsch... |
Ich meinte eher nicht die Taten Einzelner, sondern soziologische Effekte. Hier mal ein Beispiel:
- Wo und warum hat das Zusammenleben verschiedener Ethnien funktioniert? Etwa am Beispiel der Hindus/Moslems in Kaschmir könnte man versuchen zu lernen, was funktioniert hat und wodurch es zerstört wurde.
Ich teile aber Deine Skepsis trotzdem und habe es oben bewußt vorsichtig formuliert.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Effô Tisetti Königsblau bis in den Tod
Anmeldungsdatum: 18.09.2003 Beiträge: 9920
Wohnort: 75
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(#1538910) Verfasst am: 13.09.2010, 11:00 Titel: Re: Was kann man aus der Geschichte eigentlich lernen? |
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step hat folgendes geschrieben: | Effô Tisetti hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Arno Gebauer hat folgendes geschrieben: | Ich denke, dass man aus der Geschichte nichts lernen kann, wenn man von den Möglichkeiten der Interpretationen mal absieht, oder? |
Man könnte die Geschichte als Folge von schlecht geplanten, aber immerhin, Experimenten betrachten, und aus diesen z.B. soziologische Schlüsse ziehen etwa derart, daß bestimmtes Verhalten zu bestimmten Folgen führt. | Dieser Ansatz geht m.E. grandios fehl, weil er die Sozialgeschichte nicht abbilden kann oder sie sogar bewusst ausblendet. Denn wenn quasi das Denken und Handeln jedes Einzelnen ein "Experiment" darstellt, kann man sich ein Design auch gleich ganz sparen. Man kann aber z.B. Stalinismus nicht verstehen, wenn man sich nur das von Hr. Dschugaschwili veranstaltete "Experiment" anschaut. Oder ich verstehe dich ganz falsch... |
Ich meinte eher nicht die Taten Einzelner, sondern soziologische Effekte. Hier mal ein Beispiel:
- Wo und warum hat das Zusammenleben verschiedener Ethnien funktioniert? Etwa am Beispiel der Hindus/Moslems in Kaschmir könnte man versuchen zu lernen, was funktioniert hat und wodurch es zerstört wurde. |
Ja, aber da bist du weit weg von dem Begriff des "Experiments". Denn das braucht ein Setting und jemanden der es durchführt. Ich hatte das als eine Art "(sozial)politisches Konzept" verstanden, das man auf seine Erfolgstauglichkeit testen könne. Und ich glaube nur sehr bedingt, dass man das kann. Nimm Ruanda oder Jugoslawien: Alles "funktioniert" mehr oder weniger gut. Und auf einmal kommt die Eruption und man fragt sich, was das war und woher das kommt. Da passiert mehr, als man mit einer veränderten politischen Großwetterlage erklären könnte. Da spielen unzählige Faktoren und auch Irrationalitäten und Zufälle mit rein und dann bekommt alles plötzlich irgendwie eine verhängnisvolle Eigendynamik. Geschichte wiederholt sich nicht und wir haben keine Glaskugel. Wir können nur schauen, dass das, was wir als ethische Standards z.B. in den Menschenrechten mühsam erarbeitet haben, möglichst nicht unterlaufen wird und sollten entsprechend wachsam sein. Mehr kann man m.E. aus der Geschichte nicht lernen.
_________________ "Die einfache Formel: Jesus ist stärker! hilft Menschen, sich aus der Fixierung völlig irrationaler Wertesysteme zu lösen."
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Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
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(#1538915) Verfasst am: 13.09.2010, 11:09 Titel: Re: Was kann man aus der Geschichte eigentlich lernen? |
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Effô Tisetti hat folgendes geschrieben: | Da passiert mehr, als man mit einer veränderten politischen Großwetterlage erklären könnte. Da spielen unzählige Faktoren und auch Irrationalitäten und Zufälle mit rein und dann bekommt alles plötzlich irgendwie eine verhängnisvolle Eigendynamik. Geschichte wiederholt sich nicht und wir haben keine Glaskugel. Wir können nur schauen, dass das, was wir als ethische Standards z.B. in den Menschenrechten mühsam erarbeitet haben, möglichst nicht unterlaufen wird und sollten entsprechend wachsam sein. Mehr kann man m.E. aus der Geschichte nicht lernen. |
Im Moment hast du sicher Recht. Wir können nicht mehr tun, weil wir nicht mehr wissen. Aber das heißt ja nicht, das wir auch nicht mehr wissen könnten. Unser Problem ist nur, daß wir selbst ein einem Maße in die auch ideologischen Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen und Idealen eingebunden sind, daß es uns schwer fällt, diese Auseinandersetzungen gewissermaßen von außen zu betrachten. Gedankliche Distanzierung vom Gegenstand der Untersuchung ist die erste Voraussetzung für eine wissenschaftliche Betrachtung. Was aber wenn Subjekt und Objekt der Untersuchung identisch sind?
_________________ "Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."
Friedrich Nietzsche
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Sermon panta rhei
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 18430
Wohnort: Sine Nomine
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(#1538943) Verfasst am: 13.09.2010, 12:45 Titel: Re: Was kann man aus der Geschichte eigentlich lernen? |
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Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Was aber wenn Subjekt und Objekt der Untersuchung identisch sind? | Das Genre nennt man Autobiographie und es hat eher wenig mit Wissenschaft zu tun.
_________________ "Der Typ hat halt so seine Marotten" (Sermon über Sermon)
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Wilson zwischen gaga und dada
Anmeldungsdatum: 04.02.2008 Beiträge: 21450
Wohnort: Swift Tuttle
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Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
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(#1538970) Verfasst am: 13.09.2010, 14:26 Titel: Re: Was kann man aus der Geschichte eigentlich lernen? |
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Sermon hat folgendes geschrieben: | Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Was aber wenn Subjekt und Objekt der Untersuchung identisch sind? | Das Genre nennt man Autobiographie und es hat eher wenig mit Wissenschaft zu tun. |
Nein, du hast mich mißverstanden, oder ich mich mißverständlich ausgedrückt. Gegenstand der Untersuchung sind menschliche Gesellschaften und Wissenschaftler sind Teil dieser Gesellschaften, was für ihre notwendige Distanz nicht ganz ohne Bedeutung ist.
_________________ "Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."
Friedrich Nietzsche
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1538974) Verfasst am: 13.09.2010, 14:40 Titel: Re: Was kann man aus der Geschichte eigentlich lernen? |
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Effô Tisetti hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ich meinte eher nicht die Taten Einzelner, sondern soziologische Effekte. Hier mal ein Beispiel:
- Wo und warum hat das Zusammenleben verschiedener Ethnien funktioniert? Etwa am Beispiel der Hindus/Moslems in Kaschmir könnte man versuchen zu lernen, was funktioniert hat und wodurch es zerstört wurde. | Ja, aber da bist du weit weg von dem Begriff des "Experiments". Denn das braucht ein Setting und jemanden der es durchführt. |
Wirklich? Dieses zum Beispiel nicht:
http://de.wikipedia.org/wiki/Naturreaktor_Oklo
Oder auch die Theorien zur plötzlichen Dekadenz auf den osterinseln:
http://de.wikipedia.org/wiki/Osterinsel#Fr.C3.BChgeschichte
Solche "Experimente" sind zwar - mangels Systematik - nicht sehr effizient, aber dennoch.
Effô Tisetti hat folgendes geschrieben: | Ich hatte das als eine Art "(sozial)politisches Konzept" verstanden, das man auf seine Erfolgstauglichkeit testen könne. |
Nee, ich meinte einen historischen Vorgang als (zufälliges, vergangenes) Experiment zu betrachten und auszuwerten, soweit es seine Randbedingungen zulassen.
Effô Tisetti hat folgendes geschrieben: | ... verhängnisvolle Eigendynamik. Geschichte wiederholt sich nicht und wir haben keine Glaskugel ... |
Effô Tisetti hat folgendes geschrieben: | Wir können nur schauen, dass das, was wir als ethische Standards z.B. in den Menschenrechten mühsam erarbeitet haben, möglichst nicht unterlaufen wird und sollten entsprechend wachsam sein. Mehr kann man m.E. aus der Geschichte nicht lernen. |
Hmm ... aber um ethische Standards "mühsam zu erarbeiten", legt man sie doch gerade nicht rein theoretisch fest, sondern man profitiert teilweise von dem Wissen über z.B. mißlungene Ethiken. Selbst wenn dieses Wissen teilweise gar nicht reflektiert vorliegt, sondern z.B. über die Evolution Eingang fand.
Na gut, ich will hier nicht ausgerechnet den Anwalt der Geschichtswissenschaften spielen ... ich stimme Dir zu, daß die Geschichte ein extrem teures und uneffizientes "Experiment" ist, gemessen an den daraus ziehbaren Lehren.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Effô Tisetti Königsblau bis in den Tod
Anmeldungsdatum: 18.09.2003 Beiträge: 9920
Wohnort: 75
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(#1538983) Verfasst am: 13.09.2010, 14:57 Titel: Re: Was kann man aus der Geschichte eigentlich lernen? |
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Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Sermon hat folgendes geschrieben: | Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Was aber wenn Subjekt und Objekt der Untersuchung identisch sind? | Das Genre nennt man Autobiographie und es hat eher wenig mit Wissenschaft zu tun. |
Nein, du hast mich mißverstanden, oder ich mich mißverständlich ausgedrückt. Gegenstand der Untersuchung sind menschliche Gesellschaften und Wissenschaftler sind Teil dieser Gesellschaften, was für ihre notwendige Distanz nicht ganz ohne Bedeutung ist. |
In der Analyse sollte das keinen Unterschied machen. Und je näher man mit dieser an die gesellschaftliche Lebenswirklichkeit von Menschen herankommt, um so weniger muss man selbst überhaupt noch interpretieren. Das bedeutet aber Arbeit. Die Lebenswirklichkeit in der stalinistischen Gesellschaft spricht weitgehend für sich selbst. Da ist der Gulag für das Verständnis des großen Ganzen nur noch eine Randnotiz, an der ich mich dann aber auch nicht mehr zu emotional geleiteten Fehldeutungen hochschaukeln muss.
_________________ "Die einfache Formel: Jesus ist stärker! hilft Menschen, sich aus der Fixierung völlig irrationaler Wertesysteme zu lösen."
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Effô Tisetti Königsblau bis in den Tod
Anmeldungsdatum: 18.09.2003 Beiträge: 9920
Wohnort: 75
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Roter Ballon Lifted
Anmeldungsdatum: 22.12.2006 Beiträge: 2631
Wohnort: München
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(#1539008) Verfasst am: 13.09.2010, 16:11 Titel: Re: Was kann man aus der Geschichte eigentlich lernen? |
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Effô Tisetti hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Effô Tisetti hat folgendes geschrieben: | Ich hatte das als eine Art "(sozial)politisches Konzept" verstanden, das man auf seine Erfolgstauglichkeit testen könne. |
Nee, ich meinte einen historischen Vorgang als (zufälliges, vergangenes) Experiment zu betrachten und auszuwerten, soweit es seine Randbedingungen zulassen. |
Ok, dann hatte ich das missverstanden. |
der macht das ziemlich gut
Jared Diamond: Why societies collapse
"Arm und Reich" gibt es auch als dreiteilige TV doku
"Kollaps" ist auch empfehlenswert
_________________ ____________________
ertrage die Clowns!
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Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
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(#1539026) Verfasst am: 13.09.2010, 16:53 Titel: Re: Was kann man aus der Geschichte eigentlich lernen? |
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Roter Ballon hat folgendes geschrieben: | Effô Tisetti hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Effô Tisetti hat folgendes geschrieben: | Ich hatte das als eine Art "(sozial)politisches Konzept" verstanden, das man auf seine Erfolgstauglichkeit testen könne. |
Nee, ich meinte einen historischen Vorgang als (zufälliges, vergangenes) Experiment zu betrachten und auszuwerten, soweit es seine Randbedingungen zulassen. |
Ok, dann hatte ich das missverstanden. |
der macht das ziemlich gut
Jared Diamond: Why societies collapse
"Arm und Reich" gibt es auch als dreiteilige TV doku
"Kollaps" ist auch empfehlenswert |
Ja, der versucht Geschichte nicht einfach nur als eine zufällig Abfolge von Ereignissen zu sehen, oder als ein Duell von Ideen, ob von Einzelpersonen oder Gruppen, sondern er versucht Strukturen zu entdecken, belegbare Fakten, die für längerfristige Entwicklungen verantwortlich sein könnten. Die erlauben, Theorien aufzustellen, Modelle von Zusammenhängen, die dann an anderen historischen Entwicklungen überprüft und bestätigt oder widerlegt werden können. Nur so kommt man zu Urteilen, die aus der Sache selbst kommen, und nicht von jeder neuen Generation von Historikern von außen an die Geschichte herangetragen werden, abgeleitet aus ihren eigenen Ideologien, denen sie sich zugehörig fühlen.
_________________ "Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."
Friedrich Nietzsche
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pera auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 01.07.2009 Beiträge: 4256
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(#1539032) Verfasst am: 13.09.2010, 17:15 Titel: Re: Was kann man aus der Geschichte eigentlich lernen? |
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narziss hat folgendes geschrieben: | Canis_Majoris hat folgendes geschrieben: | Arno Gebauer hat folgendes geschrieben: | Was kann man aus der Geschichte eigentlich lernen? |
Dass der Mensch nichts aus der Geschichte lernt. | Sagen meine Profs auch. |
Unterschreib.
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Sermon panta rhei
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 18430
Wohnort: Sine Nomine
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(#1539040) Verfasst am: 13.09.2010, 17:52 Titel: Re: Was kann man aus der Geschichte eigentlich lernen? |
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Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Ja, der versucht Geschichte nicht einfach nur als eine zufällig Abfolge von Ereignissen zu sehen, oder als ein Duell von Ideen, ob von Einzelpersonen oder Gruppen, sondern er versucht Strukturen zu entdecken, belegbare Fakten, die für längerfristige Entwicklungen verantwortlich sein könnten. Die erlauben, Theorien aufzustellen, Modelle von Zusammenhängen, die dann an anderen historischen Entwicklungen überprüft und bestätigt oder widerlegt werden können. Nur so kommt man zu Urteilen, die aus der Sache selbst kommen, und nicht von jeder neuen Generation von Historikern von außen an die Geschichte herangetragen werden, abgeleitet aus ihren eigenen Ideologien, denen sie sich zugehörig fühlen. |
Du interessierst Dich fuer:
Jürgen Osterhammel: Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts.
München 2009. ISBN 3-406-58283-7
Besprechungen:
socialnet
H-Soz-u-Kult
FAZ-Rezension
DR-Kultur
Glanz & Elend Magazin für Literatur und Zeitkritik
Jürgen Osterhammel
„Globale Geschichte zeigt überraschende Verbindungen, unerwartete Nähe und Ferne, die Genesis der vernetzten Welt.“
_________________ "Der Typ hat halt so seine Marotten" (Sermon über Sermon)
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Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
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(#1539057) Verfasst am: 13.09.2010, 19:23 Titel: Re: Was kann man aus der Geschichte eigentlich lernen? |
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Sermon hat folgendes geschrieben: | Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Ja, der versucht Geschichte nicht einfach nur als eine zufällig Abfolge von Ereignissen zu sehen, oder als ein Duell von Ideen, ob von Einzelpersonen oder Gruppen, sondern er versucht Strukturen zu entdecken, belegbare Fakten, die für längerfristige Entwicklungen verantwortlich sein könnten. Die erlauben, Theorien aufzustellen, Modelle von Zusammenhängen, die dann an anderen historischen Entwicklungen überprüft und bestätigt oder widerlegt werden können. Nur so kommt man zu Urteilen, die aus der Sache selbst kommen, und nicht von jeder neuen Generation von Historikern von außen an die Geschichte herangetragen werden, abgeleitet aus ihren eigenen Ideologien, denen sie sich zugehörig fühlen. |
Du interessierst Dich fuer:
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„Globale Geschichte zeigt überraschende Verbindungen, unerwartete Nähe und Ferne, die Genesis der vernetzten Welt.“ |
Ja, so in der Art.
_________________ "Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
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