Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen |
Autor |
Nachricht |
Nordseekrabbe linker Autist
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 31152
Wohnort: Dresden
|
(#157780) Verfasst am: 28.07.2004, 22:12 Titel: Ludwig Feuerbach |
|
|
Ludwig Feuerbach wäre heute auf den Tag genau 200 Jahre alt geworden .
In einem ausführlichen Artikel unserer Zeitung wurde heute darüber berichtet. Als Überschrift wurde die These verwendet, Feuerbach sei der "Kirchenvater des Atheismus".
Ist das ein Satz, den Feuerbach tatsächlich in seinen philosophischen Betrachtungen verwendet hat - oder wurde ihm dies nachträglich sozusagen "angedichtet"?
_________________ Autismus macht kein Urlaub.
"Seid unbequem. Seid Sand, nicht Öl im Getriebe der Welt." (Günter Eich)
"Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir für die Welt wünschst." (Mahatma Gandhi)
"Soldaten sind Mörder." (Kurt Tucholsky)
|
|
Nach oben |
|
 |
Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44650
|
(#157781) Verfasst am: 28.07.2004, 22:14 Titel: Re: Ludwig Feuerbach |
|
|
Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben: | Ist das ein Satz, den Feuerbach tatsächlich in seinen philosophischen Betrachtungen verwendet hat - oder wurde ihm dies nachträglich sozusagen "angedichtet"?  |
Ich tippe mal ganz stark auf zweiteres!
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
|
|
Nach oben |
|
 |
shiningthrough deaktiviert
Anmeldungsdatum: 08.11.2003 Beiträge: 1099
|
(#157867) Verfasst am: 29.07.2004, 00:26 Titel: These |
|
|
Dabei fällt mir spontan die 11. These zu Feuerbach von Charly M. ein:
"Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert - es kömmt drauf an, sie zu verändern."
Ich bevorzuge unter den Ludwigs in der Philosophie allerdings eher den Agnostiker Wittgenstein.
|
|
Nach oben |
|
 |
Tassilo Deaktiviert
Anmeldungsdatum: 17.05.2004 Beiträge: 7361
|
(#157926) Verfasst am: 29.07.2004, 10:41 Titel: |
|
|
Die bekanntesten Zitate von Feuerbach sind:
"Der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde" (steht auch auf dem Feuerbachdenkmal auf dem Nürnberger Rechenberg)
und
"Der Mensch ist, was er ißt" (wird gerne von der Gastronomie verwendet)
|
|
Nach oben |
|
 |
Tassilo Deaktiviert
Anmeldungsdatum: 17.05.2004 Beiträge: 7361
|
(#157931) Verfasst am: 29.07.2004, 10:50 Titel: |
|
|
Ich habe noch ein schönes Feuerbach-Zitat gefunden:
"Der Zweck meiner Schriften ... ist: die Menschen aus Theologen zu Anthropologen, aus Theophilen zu Philanthropen, aus Kandidaten des Jenseits zu Studenten des Diesseits, aus religiösen und politischen Kammerdienern der himmlischen und irdischen Monarchie und Aristokratie zu freien, selbstbewußten Bürgern der Erde zu machen."
aus Feuerbachs "Vorlesungen über das Wesen der Religion", 1848/49
|
|
Nach oben |
|
 |
defensor_fidei Gast
|
(#157940) Verfasst am: 29.07.2004, 11:23 Titel: Re: Ludwig Feuerbach |
|
|
Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben: | Ludwig Feuerbach wäre heute auf den Tag genau 200 Jahre alt geworden .
In einem ausführlichen Artikel unserer Zeitung wurde heute darüber berichtet. Als Überschrift wurde die These verwendet, Feuerbach sei der "Kirchenvater des Atheismus".
Ist das ein Satz, den Feuerbach tatsächlich in seinen philosophischen Betrachtungen verwendet hat - oder wurde ihm dies nachträglich sozusagen "angedichtet"?  |
"Kirchenvater" des Atheismus ist schon in gewissem Sinne eine gute Umschreibung für Feuerbach.
Feuerbach kommt nämlich mit seinen Ideen zu einer atheistisch-humanistischen "Pseudoreligion". Der Mensch wird bei ihm vergöttlicht und als göttlich verehrt. Als Grundlage seiner Ethik sieht er das Verhältnis der Menschen untereinander, das Verhältnis "ICH - DU". Diesen Ansatz findet man bei späteren Denkern.
Im Gegensatz zu Hegel, dem es noch um die "Rechtfertigung des Bestehenden" gibt, sieht Feuerbach das "Bestehende" als das "zu Überwindende". - Damit tritt die Philosophie in den revolutionären Part, den später Karl Marx aufgreift.
|
|
Nach oben |
|
 |
Nav Gast
|
(#157941) Verfasst am: 29.07.2004, 11:25 Titel: Re: Ludwig Feuerbach |
|
|
defensor_fidei hat folgendes geschrieben: | Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben: | Ludwig Feuerbach wäre heute auf den Tag genau 200 Jahre alt geworden .
In einem ausführlichen Artikel unserer Zeitung wurde heute darüber berichtet. Als Überschrift wurde die These verwendet, Feuerbach sei der "Kirchenvater des Atheismus".
Ist das ein Satz, den Feuerbach tatsächlich in seinen philosophischen Betrachtungen verwendet hat - oder wurde ihm dies nachträglich sozusagen "angedichtet"?  |
"Kirchenvater" des Atheismus ist schon in gewissem Sinne eine gute Umschreibung für Feuerbach.
Feuerbach kommt nämlich mit seinen Ideen zu einer atheistisch-humanistischen "Pseudoreligion". Der Mensch wird bei ihm vergöttlicht und als göttlich verehrt. Als Grundlage seiner Ethik sieht er das Verhältnis der Menschen untereinander, das Verhältnis "ICH - DU". Diesen Ansatz findet man bei späteren Denkern.
Im Gegensatz zu Hegel, dem es noch um die "Rechtfertigung des Bestehenden" gibt, sieht Feuerbach das "Bestehende" als das "zu Überwindende". - Damit tritt die Philosophie in den revolutionären Part, den später Karl Marx aufgreift. |
Nun, Stillstand bedeutet den Tod jeder Gesellschaft.
|
|
Nach oben |
|
 |
defensor_fidei Gast
|
(#157946) Verfasst am: 29.07.2004, 11:29 Titel: |
|
|
Ist denn aber die "Rechtfertigung des Bestehenden" (im philosophischen Sinne jetzt - bitte komme mir nicht sofort wieder mit der Kirche, nav) gar so schlecht? - Wenn ja, warum? Das "Bestehende" kann doch auch Wachstum, Fortschritt etc bedeuten??
|
|
Nach oben |
|
 |
Heike N. wundert gar nix mehr
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 26138
Wohnort: Bottrop
|
(#157948) Verfasst am: 29.07.2004, 11:30 Titel: |
|
|
defensor_fidei hat folgendes geschrieben: | Ist denn aber die "Rechtfertigung des Bestehenden" (im philosophischen Sinne jetzt - bitte komme mir nicht sofort wieder mit der Kirche, nav) gar so schlecht? - Wenn ja, warum? Das "Bestehende" kann doch auch Wachstum, Fortschritt etc bedeuten?? |
Du meinst so etwas wie wertkonservativ?
_________________ God is Santa Claus for adults
Front Deutscher Äpfel (F.D.Ä.) - Nationale Initiative gegen die Überfremdung des deutschen Obstbestandes und gegen faul herumlungerndes Fallobst
|
|
Nach oben |
|
 |
Nav Gast
|
(#157949) Verfasst am: 29.07.2004, 11:31 Titel: |
|
|
defensor_fidei hat folgendes geschrieben: | Ist denn aber die "Rechtfertigung des Bestehenden" (im philosophischen Sinne jetzt - bitte komme mir nicht sofort wieder mit der Kirche, nav) gar so schlecht? - Wenn ja, warum? Das "Bestehende" kann doch auch Wachstum, Fortschritt etc bedeuten?? |
Werte und Konventionen müssen sich anpassen, damit sie weiterhin ernstgenommen werden.
Darum gibt es so viele Menschen ohne Werte - weil die alten Werte schon lange nicht mehr lebbar sind (von der Menschenverachtung mal ganz abgesehen), und die Versorgung mit neuen Werten oftmals verhindert wird.
|
|
Nach oben |
|
 |
pyrrhon registrierter User
Anmeldungsdatum: 22.05.2004 Beiträge: 8770
|
(#157950) Verfasst am: 29.07.2004, 11:31 Titel: Re: Ludwig Feuerbach |
|
|
defensor_fidei hat folgendes geschrieben: | "Kirchenvater" des Atheismus ist schon in gewissem Sinne eine gute Umschreibung für Feuerbach.
Feuerbach kommt nämlich mit seinen Ideen zu einer atheistisch-humanistischen "Pseudoreligion". Der Mensch wird bei ihm vergöttlicht und als göttlich verehrt. Als Grundlage seiner Ethik sieht er das Verhältnis der Menschen untereinander, das Verhältnis "ICH - DU". Diesen Ansatz findet man bei späteren Denkern.
Im Gegensatz zu Hegel, dem es noch um die "Rechtfertigung des Bestehenden" gibt, sieht Feuerbach das "Bestehende" als das "zu Überwindende". - Damit tritt die Philosophie in den revolutionären Part, den später Karl Marx aufgreift. |
Der Atheismus - was ist das für Dich? Das ist doch ganz und gar keine einheitliche Strömung, sondern eine weltanschauliche Grundhaltung, die dadurch definiert ist, dass Atheisten nicht an Gott glauben. Die einzelnen Atheisten können sich hingegen voneinander unterscheiden wie Tag und Nacht. Ich bin ein Atheist, der dem Buddhismus nahesteht, und würde nicht sagen, dass für mich Feuerbach irgendeine Funktion hat, die der eines Kirchenvaters entspricht. Ich bin mir sicher, dass das auch für viele anderen, vermutlich die überwiegende Mehrheit der Atheisten gilt. Feuerbach wurde sicherlich von einigen im 19. Jahrhundert gelesen und eine Auseinandersetzung mit ihm bietet sicher für einige Philosophen eine wichtige Grundlage. Von einem Atheismus als Pseudoreligion ist aber weit und breit keine Spur.
|
|
Nach oben |
|
 |
shiningthrough deaktiviert
Anmeldungsdatum: 08.11.2003 Beiträge: 1099
|
(#157961) Verfasst am: 29.07.2004, 12:16 Titel: Feierweiler |
|
|
Schön, dass defensor_fidei wieder mitdiskutiert. Bin zwar alles andere als seiner Meinung, schätze aber seine Klugheit.
Er schreibt u.a.:
Zitat: | Das "Bestehende" kann doch auch Wachstum, Fortschritt etc bedeuten?? |
Das wäre dann aber kein Bestehendes im engeren Sinne des Wortes, sondern eher das "Fließende". War Heraklit konservativ?
Es ergibt sich daher auch die Frage, ob es überhaupt etwas "Bestehendes" gibt oder eher sehr langsame Veränderungen, die wegen ihrer - in Bezug auf unsere Wahrnehmung - dauerhaft erscheinen (z.B. der Protonenzerfall aber im weiteren Sinne auch die Evolution).
Das Bestehende kann allerdings metaphysischer Natur sein: Ewigkeit (ist keine Zeitlichkeit), Nirvana, Gott. Das, was ich die Existenz nenne - aus der alles kommt und in die alles einmündet und die nur meditativ erfahrbar ist (siehe hierzu auch die Bücher von Williges Jäger, Benediktiner und ZEN-Meister).
Wenn man mal vom fundamentalistischen Kardinalfehler - dem Setzen der Form als Inhalt - absieht, so scheint mir der tiefe Wesensgehalt aller großen Glaubenssyteme gleich. Dann sind sogar Brücken zur Naturwissenachft nicht nur denkbar sondern auch errichtbar und beschreitbar (wie es Hoimar von Ditfurth in seinem Buch "Wir sind nicht nur von dieser Welt" angefangen hatte und leider wegen seines Todes nicht weiterführen konnte).
Die Evolution weist klar auf einen Verlauf von Einfach nach Komplex hin und vor allem auf eine zunehmende Bewußtwerdung des Lebens. Diese Bewußtswerdung überschreitet die Notwendigkeiten des Überlebens und reicht in die Transzendenz hinein (z.B. mit für unser Alltagsbewußtsein unbegreifbaren Ergebnissen der Quantenphysik und der Relativitätstheorie). Dieses zeigt, dass Welt mehr ist als das was wir von ihr in unseren Schädeln herumtragen. These: Welt ist Ewigkeit im Sein - und Werden im Wahrnehmungs- und Forschungsprozess. Zukunft: Koinzidenz von Werden und Sein. Jetzt: Antizipation dieses Procederes in der Meditation.
Nur mal spekuliert.
|
|
Nach oben |
|
 |
Schmerzlos auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 02.08.2003 Beiträge: 4554
|
(#157968) Verfasst am: 29.07.2004, 12:49 Titel: Re: Feierweiler |
|
|
shiningthrough hat folgendes geschrieben: | Das wäre dann aber kein Bestehendes im engeren Sinne des Wortes, sondern eher das "Fließende". War Heraklit konservativ? |
- Wenn man "Krieg als den Vater aller Dinge" als Konservativ ansieht...
Zitat: | Ewigkeit (ist keine Zeitlichkeit) |
- Ewigkeit ist eine Zeitlichkeit.
Zitat: | Nur mal spekuliert. |
Unser Leben ist endlich, das Wissen ist unendlich.
Mit dem Endlichen etwas Unendlichem nachzugehen, ist gefährlich.
Dschuang Dsi (350 - etwa 275 v. Chr.), Taoistischer Philosoph
|
|
Nach oben |
|
 |
Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44650
|
(#157974) Verfasst am: 29.07.2004, 13:01 Titel: Re: Feierweiler |
|
|
shiningthrough hat folgendes geschrieben: | War Heraklit konservativ? |
Gegenfrage: Ist Ayn Rand reaktionär?
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
|
|
Nach oben |
|
 |
defensor_fidei Gast
|
(#158033) Verfasst am: 29.07.2004, 14:15 Titel: |
|
|
Hallo Nagarjuna,
natürlich hast Du Recht - "den" Atheismus gibt es nicht. Dennoch ist die Grundlage aller Richtungen des Atheismus die "Gottlosigkeit".
Wenn Du dem Buddhismus nahestehst, so wirst du sicherlich viele von Feuerbachs Thesen nachvollziehen können. So z.B. ist Gott lediglich ein zum "Fetsich gewordenes Wunschbild", eine "phantastische Therorie". Feuerbach weiter: Mit wachsender Kultur erscheinen "andere Götter", und irgendwann verschwinden alle Religionen und es herrscht nur noch die "wahre Sittlichkeit", um die Lage der Gesamtheit zu verbessern.
Mit diesen, Feuerbachs Thesen, ist er zum (vielleicht ein besserer Begriff für Kirchenvater) Dogmatiker von Marx, Engel, Bebel und anderen geworden.
Und wenn man sich mal die "verwirklichten" Formen Marx, Engels & Co. ansieht (Soialismus, Kommunismus, Maoismus, Stalinismus etc.) ansieht, so sieht man doch, wie sie zu einer "Pseudo-Religion" geworden sind oder (z.B. im "Personenkult") noch existieren.
|
|
Nach oben |
|
 |
defensor_fidei Gast
|
(#158035) Verfasst am: 29.07.2004, 14:17 Titel: |
|
|
Heike N. hat folgendes geschrieben: | defensor_fidei hat folgendes geschrieben: | Ist denn aber die "Rechtfertigung des Bestehenden" (im philosophischen Sinne jetzt - bitte komme mir nicht sofort wieder mit der Kirche, nav) gar so schlecht? - Wenn ja, warum? Das "Bestehende" kann doch auch Wachstum, Fortschritt etc bedeuten?? |
Du meinst so etwas wie wertkonservativ? |
Werte an sich sind gut, sie können sich jedoch auch wandeln. Aber ihre Kernaussage bleibt imho die Selbe.
|
|
Nach oben |
|
 |
Heike N. wundert gar nix mehr
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 26138
Wohnort: Bottrop
|
(#158052) Verfasst am: 29.07.2004, 14:52 Titel: |
|
|
defensor_fidei hat folgendes geschrieben: | Heike N. hat folgendes geschrieben: | Du meinst so etwas wie wertkonservativ? |
Werte an sich sind gut, sie können sich jedoch auch wandeln. Aber ihre Kernaussage bleibt imho die Selbe. |
Kannst du näher erläutern, was du damit meinst? Welche Kernaussage bleibt deiner Meinung nach gleich, auch wenn sich Werte ändern?
_________________ God is Santa Claus for adults
Front Deutscher Äpfel (F.D.Ä.) - Nationale Initiative gegen die Überfremdung des deutschen Obstbestandes und gegen faul herumlungerndes Fallobst
|
|
Nach oben |
|
 |
defensor_fidei Gast
|
(#158178) Verfasst am: 29.07.2004, 16:38 Titel: |
|
|
Heike N. hat folgendes geschrieben: | defensor_fidei hat folgendes geschrieben: | Heike N. hat folgendes geschrieben: | Du meinst so etwas wie wertkonservativ? |
Werte an sich sind gut, sie können sich jedoch auch wandeln. Aber ihre Kernaussage bleibt imho die Selbe. |
Kannst du näher erläutern, was du damit meinst? Welche Kernaussage bleibt deiner Meinung nach gleich, auch wenn sich Werte ändern? |
Tja, ich kann Dir ein "Wert" nennen, aber ich möchte zugleich keine Metadiskussion hier einführen - oder wie Nav gestern mir vorwarf, die Diskussion an mich ziehen.
Ein unbestreitbarer Wert wäre doch der sogenannte "Schutz des Lebens".
Um diesen Wert herum gab - und gibt - es eine Reihe von Diskussionen, so z.B. Beginn des Lebens, schützenswerter Personenkreis etc.
Immer wieder im Laufe der Geschichte gab es eben in den verschiedensten Gruppieriungen (z.B. Gesellschaft, Kirche) Diskussionen. Vieles wurde teilweise unterschiedlich ausgelegt, interpretiert u.s.w.
Ich darf vielleicht nur einen kleinen Punkt nennen: Todesstrafe, Krieg. - Und auch diese beiden Beispiele fallen unter den Wert "Schutz des Lebens".
Der Wert ist durchaus der gleiche geblieben (Schutz des Lebens).
|
|
Nach oben |
|
 |
Sanne gives peas a chance.
Anmeldungsdatum: 05.08.2003 Beiträge: 12088
Wohnort: Nordschland
|
(#158193) Verfasst am: 29.07.2004, 16:52 Titel: |
|
|
defensor_fidei hat folgendes geschrieben: | Heike N. hat folgendes geschrieben: | defensor_fidei hat folgendes geschrieben: | Heike N. hat folgendes geschrieben: | Du meinst so etwas wie wertkonservativ? |
Werte an sich sind gut, sie können sich jedoch auch wandeln. Aber ihre Kernaussage bleibt imho die Selbe. |
Kannst du näher erläutern, was du damit meinst? Welche Kernaussage bleibt deiner Meinung nach gleich, auch wenn sich Werte ändern? |
Tja, ich kann Dir ein "Wert" nennen, aber ich möchte zugleich keine Metadiskussion hier einführen - oder wie Nav gestern mir vorwarf, die Diskussion an mich ziehen.
Ein unbestreitbarer Wert wäre doch der sogenannte "Schutz des Lebens".
Um diesen Wert herum gab - und gibt - es eine Reihe von Diskussionen, so z.B. Beginn des Lebens, schützenswerter Personenkreis etc.
Immer wieder im Laufe der Geschichte gab es eben in den verschiedensten Gruppieriungen (z.B. Gesellschaft, Kirche) Diskussionen. Vieles wurde teilweise unterschiedlich ausgelegt, interpretiert u.s.w.
Ich darf vielleicht nur einen kleinen Punkt nennen: Todesstrafe, Krieg. - Und auch diese beiden Beispiele fallen unter den Wert "Schutz des Lebens".
Der Wert ist durchaus der gleiche geblieben (Schutz des Lebens). |
Das sind humanistische Werte
Da gibt es gelegentlich einen Konsens zwischen Christen und Atheisten. (Aber sowohl Christen als auch Atheisten verstoßen viel zu häufig gegen diese Werte )
_________________ Ich will das Internet doch nicht mit meinen Problemen belästigen! (Marge Simpson)
|
|
Nach oben |
|
 |
Effô Tisetti Königsblau bis in den Tod
Anmeldungsdatum: 18.09.2003 Beiträge: 9920
Wohnort: 75
|
(#158195) Verfasst am: 29.07.2004, 16:56 Titel: |
|
|
defensor_fidei hat folgendes geschrieben: |
Mit diesen, Feuerbachs Thesen, ist er zum (vielleicht ein besserer Begriff für Kirchenvater) Dogmatiker von Marx, Engel, Bebel und anderen geworden.
Und wenn man sich mal die "verwirklichten" Formen Marx, Engels & Co. ansieht (Soialismus, Kommunismus, Maoismus, Stalinismus etc.) ansieht, so sieht man doch, wie sie zu einer "Pseudo-Religion" geworden sind oder (z.B. im "Personenkult") noch existieren. |
So eine "Rückverfolgung" halte ich für extrem problematisch. Ich habe auch schon gelesen, dass jemand Kant für Marx und schließlich Stalin verantwortlich gemacht hat. Dabei darf man nicht vergessen, dass Marx sich höchstens von Feuerbach beeinflusst sah und das daraus geschlossen hat, was er für richtig hielt. Feuerbach hatte aber keinen Marx intendiert. Für ebenso problematisch halte ich es, Marx für den Stalinismus verantwortlich zu machen. Oder Nietzsche für Hitler. Oder, oder... Es gibt keine Entwicklungen in der Geschichte, die zwangsläufig irgendwo hinführen müssten.
Vielleicht macht man ja Drewermann in 60 Jahren für den 3. Weltkrieg verantwortlich? Oder dich?
_________________ "Die einfache Formel: Jesus ist stärker! hilft Menschen, sich aus der Fixierung völlig irrationaler Wertesysteme zu lösen."
|
|
Nach oben |
|
 |
shiningthrough deaktiviert
Anmeldungsdatum: 08.11.2003 Beiträge: 1099
|
(#158197) Verfasst am: 29.07.2004, 17:05 Titel: Atheismus |
|
|
Zitat: | Wenn Du dem Buddhismus nahestehst, so wirst du sicherlich viele von Feuerbachs Thesen nachvollziehen können. So z.B. ist Gott lediglich ein zum "Fetsich gewordenes Wunschbild", eine "phantastische Therorie". Feuerbach weiter: Mit wachsender Kultur erscheinen "andere Götter", und irgendwann verschwinden alle Religionen und es herrscht nur noch die "wahre Sittlichkeit", um die Lage der Gesamtheit zu verbessern.
Mit diesen, Feuerbachs Thesen, ist er zum (vielleicht ein besserer Begriff für Kirchenvater) Dogmatiker von Marx, Engel, Bebel und anderen geworden.
Und wenn man sich mal die "verwirklichten" Formen Marx, Engels & Co. ansieht (Soialismus, Kommunismus, Maoismus, Stalinismus etc.) ansieht, so sieht man doch, wie sie zu einer "Pseudo-Religion" geworden sind oder (z.B. im "Personenkult") noch existieren. |
Der Buddhismus sieht in Göttern Wesen anderer Daseinsbereiche und keine Fetische. Götter sind im Buddhadharma ziemlich bedeutungslos und nur personale "Zustände" im Umherwandern im Daseinskreislauf. Die langlebigsten Götter sind die brahmanischen. Buddhistischen Legenden zufolge kommt es hin und wieder vor, dass ein brahmanischer Gott nach Verbrauch von gutem Karma eine Stufe tiefer fällt und dies zusammen mit einem Weltenzusammenbruch geschieht. Dann sieht dieser brahmanische Gott eine neue Welt entstehen mit seiner Ankunft auf der niedrigeren Ebene. Und da ein brahmanischer Gott in den letzten Äonen nichts anders gemacht hat als sich hochabstrakte System auszudenken, meint er dann, er habe diese neu entstandenen Welt erschaffen. Aus diesem Wahrnehmungsfehler (falsche Wahrnehmungen sind das Wesen der Geschöpfe im Daseinskreislauf - nur Menschen können noch am besten differenzieren und haben so eine Chance zum Durchblick) schließt dann der Gott, er habe die Welt erschaffen.
Buddha hat Brahma mal zu einem Disput herausgefordert, den Brahma verlor weil er außer "Ich bin Brahma, der große Brahma!" nichts mehr an Argumenten vorweisen konnte.
Was nun die hier suggerierte Kausalität von Feuerbach zu Stalin und Co anbelangt, so halte ich derlei doch für etwas verwegen konstruiert.
Diese Argumentation ist ja auch nicht unbekannt und läßt mich an Kreationisten denken, die Darwin für die Greuel des sog. Dritten Reiches verantwortlich machen wollen (die Evolutionstheorie sei sogar Teufelswerk - schrieb mal einer). Feuerbach hat ja nicht unrecht - zumindestens die griech. Götter sind doch ohne weiteres als Projektionen verabsolutierter Menschentypen erkennbar. Biblisch kann man natürlich entgegenhalten, dass man sich kein Bild von Gott machen soll und man kann sogar Abram als einen leichten Vorläufer der Aufklärung ansehen, da er seine Hausgötter zerschlug um dem großen abstrakten Jahwe zu folgen. Allerdings ähnelt der Jahwe doch irgendwie dem Brahma - wenn ich mich nicht irre.
Marx sah in der Religion den Geist geistloser Zustände, das Opium des Volkes, welches im Dieseits betäubt und aufs Jenseits vertröstet. Er forderte, die Illusion über einen Zustand zu beenden, welcher der Illusion bedarf. Historisch gesehen - besonders in Hinblick auf das Paktieren der hohen Geistlichkeit mit den Herrschenden des Frühkapitalismus - ist das alles sehr verständlich. Anders gesagt: Hätten die Kirchen ihre Lämmer ordentlich geweidet - wüßten wir nichts von Stalin und Co. Jesus wußte, was er vom Kapital zu halten hatte: Nämlich gar nichts!
|
|
Nach oben |
|
 |
Effô Tisetti Königsblau bis in den Tod
Anmeldungsdatum: 18.09.2003 Beiträge: 9920
Wohnort: 75
|
(#158201) Verfasst am: 29.07.2004, 17:11 Titel: |
|
|
defensor_fidei hat folgendes geschrieben: |
Ein unbestreitbarer Wert wäre doch der sogenannte "Schutz des Lebens".
|
Der "Schutz des Lebens" ist kein "Wert" sondern eine "Handlung" aufgrund von Werten. Diese müssten dann näher formuliert werden:
Welcher Wert schützt wann das Leben von wem und ggf. vor wem?
So betrachtet ist man vom (vermeintlich) absoluten "Kern" deines "Wertes" schon wieder weit weg. Das Leben ist halt nicht simpel.
_________________ "Die einfache Formel: Jesus ist stärker! hilft Menschen, sich aus der Fixierung völlig irrationaler Wertesysteme zu lösen."
|
|
Nach oben |
|
 |
shiningthrough deaktiviert
Anmeldungsdatum: 08.11.2003 Beiträge: 1099
|
(#158202) Verfasst am: 29.07.2004, 17:15 Titel: Schutz |
|
|
Fragen:
Inkludiert der Schutz des Lebens auch ein menschenwürdiges Heranwachsen? Ich denke dabei auch an Priesterkinder.
Inkludiert der Schutz des Lebens auch die Aufforderung von Militärgeistlichen, im Kriegsfalle daneben zu schießen?
Inkludiert der Schutz des Lebens auch den Gebrauch künstlicher Verhütungsmittel um einerseits der Überbevölkerung Herr zu werden und andererseits AIDS vorzubeugen?
Na?
|
|
Nach oben |
|
 |
defensor_fidei Gast
|
(#158203) Verfasst am: 29.07.2004, 17:19 Titel: |
|
|
In einer Randnotiz meines Skriptums "Geschichte der Philosophie" lese ich gerade, daß das Zitat "Religion ist Opium des Volkes" gar nicht von Marx stammt, sondern von L. Feuerbach.
Aber sicherlich bleibt festzustellen: Karl Marx hat die anthropologische Religionskritik von Feuerbach übernommen. Diese erfuhr jedoch (unter Einfluß eines Moses HESS) eine entscheidende Abwandlung: Religionskritik und Gesellschaftskritik wurden eng miteinander verbunden. Marx ging sogar so weit, indem er sagte: Religion ist eine durch fehlerhafte gesellschaftliche Verhältnisse produzierte Denkart.
Aber ich beginne vom Thema "Feuerbach" abzuschweifen ...
|
|
Nach oben |
|
 |
defensor_fidei Gast
|
(#158205) Verfasst am: 29.07.2004, 17:23 Titel: |
|
|
Übrigens: Das ist die von der Deutschen Post AG herausgegebene Briefmarke (= "Postwertzeichen") zum 200. Geburtstag Ludwig Feuerbachs:
|
|
Nach oben |
|
 |
nocquae diskriminiert nazis
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 18183
|
(#158206) Verfasst am: 29.07.2004, 17:24 Titel: |
|
|
defensor_fidei hat folgendes geschrieben: | In einer Randnotiz meines Skriptums "Geschichte der Philosophie" lese ich gerade, daß das Zitat "Religion ist Opium des Volkes" gar nicht von Marx stammt, sondern von L. Feuerbach. | Marx meinte ja auch er habe "Feuerbach vom Kopf auf die Füße gestellt".
_________________ In Deutschland gilt derjenige, der auf den Schmutz hinweist, als viel gefährlicher, als derjenige, der den Schmutz macht.
-- Kurt Tucholsky
|
|
Nach oben |
|
 |
defensor_fidei Gast
|
(#158207) Verfasst am: 29.07.2004, 17:26 Titel: |
|
|
NOCQUAE hat folgendes geschrieben: | defensor_fidei hat folgendes geschrieben: | In einer Randnotiz meines Skriptums "Geschichte der Philosophie" lese ich gerade, daß das Zitat "Religion ist Opium des Volkes" gar nicht von Marx stammt, sondern von L. Feuerbach. | Marx meinte ja auch er habe "Feuerbach vom Kopf auf die Füße gestellt". |
Andererseits kann man K. Marx vorwerfen, alles das, was er durchdachte, lediglich ein intellektuelles Anliegenwar, nicht aber soziales Empfinden. Kommunist sei er am Schreibtisch geworden.
edit: Satzstellung korrigiert!!
|
|
Nach oben |
|
 |
shiningthrough deaktiviert
Anmeldungsdatum: 08.11.2003 Beiträge: 1099
|
(#158275) Verfasst am: 29.07.2004, 19:35 Titel: Hegel |
|
|
Zitat: | Marx meinte ja auch er habe "Feuerbach vom Kopf auf die Füße gestellt".
|
Soweit ich das erinnere, war damit Hegel gemeint. Die hegelsche Philosophie gehört dem Idealismus an, geht von einem Weltgeist aus, welcher sich dialektisch (Thesis-Antithesis-Synthesis, Negationen, etc.) manifestiere.
Marx und Engels sahen diese Dialektik sowohl in der Natur als auch in der Gesellschaft am Werke, also materiell. Die sozialistischen Klassiker nahmen - sehr grob gesagt - vom Hegel die Dialektik und vom Feuerbach den Materialismus. Heraus kamen dialektischer und historischer Materialismus, der später von Lenin und anderen erweitert wurde. Stalin, Mao und Co waren dabei keine großen "Leuchten".
Angegriffen wurden seinerzeit übrigens u.a. der Physiker Ernst Mach, dessen Gedanken denen des Buddhismus recht nahekommen.
Erkenntnistheoretisch hat m.E. der Marxismus-Leninismus weitestgehend abgewirtschaftet mit seinem Praxisprimat. Es bleibt aber das Verdienst der Analyse sozialer Evolution mit der Grundsatzkritik am Kapitalismus.
|
|
Nach oben |
|
 |
shiningthrough deaktiviert
Anmeldungsdatum: 08.11.2003 Beiträge: 1099
|
(#158280) Verfasst am: 29.07.2004, 19:48 Titel: Marx |
|
|
Zitat: | Marx ging sogar so weit, indem er sagte: Religion ist eine durch fehlerhafte gesellschaftliche Verhältnisse produzierte Denkart. |
Der Geist geistloser Zustände - wie ich bereits erwähnte. Das ist vmtl. in der Verabsolutierung nicht ganz korrekt, da die Genese religiöser Vorstellungen wohl anders verlief. Ganz falsch ist es aber dennoch nicht, denn in armen Gegenden hat die Religiosität bekanntlich einen höheren Stellenwert. Und daraus kamen denn eben so marxsche Sätze wie (sinngemäß): "Die Forderung eine Illusion aufzugeben ist die Forderung, einen Zustand aufzugeben, welcher der Illusion bedarf." Man kann auch salopp formulieren: Es gibt ein Leben vor dem Tod - und das ist evident - alles andere Spekulation solange, bis Beweise verfügbar sind.
|
|
Nach oben |
|
 |
Schmerzlos auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 02.08.2003 Beiträge: 4554
|
(#158288) Verfasst am: 29.07.2004, 19:58 Titel: Re: Atheismus |
|
|
shiningthrough hat folgendes geschrieben: | Der Buddhismus sieht in Göttern Wesen anderer Daseinsbereiche |
- Kommt darauf an. Es gibt z.B. auch diverse tibetische Gottheiten.
(Verkörperungen der Leerheit)
Eine sehr bekannte Gottheit wäre Avalokitesvara oder Chenrezi.
Der Buddha des vollkommenen Mitgefühls. Manifestiert sich in
unzähligen Formen...
Zitat: | Buddha hat Brahma mal zu einem Disput herausgefordert, den Brahma verlor weil er außer "Ich bin Brahma, der große Brahma!" nichts mehr an Argumenten vorweisen konnte. |
Das Kevattasutta, D XI
Zitat: | Marx sah in der Religion den Geist geistloser Zustände, das Opium des Volkes, welches im Dieseits betäubt und aufs Jenseits vertröstet. |
- Ein Materialist.
|
|
Nach oben |
|
 |
|