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rabenkrähe Gast
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(#157877) Verfasst am: 29.07.2004, 02:16 Titel: |
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frajo hat folgendes geschrieben: | rabenkrähe hat folgendes geschrieben: | Was ist putativ????? Hat das was mit Putin zu tun? Na, würde jedenfalls passen, zu dem brutal diktatorischen Geheimdienst-Heini. |
eine trickreiche erfindung von juristen, um staatsdienern, die im dienst jemand umgebracht haben, auch dann den genuß des notwehr-privilegs zu ermöglichen, wenn objektiv keine notwehrsituation gegeben war.
ganz grob: du zeigst mit einem löffel auf einen polizisten, der schießt dich tot und wird - falls es überhaupt zum verfahren kommt - freigesprochen, weil er das gericht davon überzeugen kann, daß er wegen tiefstehender sonne und hochliegenden adrenalinspiegels wirklich und echt der annahme war, du hättest mit einer schmidt-wesson auf ihn angelegt.
"euer ehren, ich war subjektiv in einer notwehr-situation".
das ist sehr hilfreich.
nur nicht für dich.
nun ja, die entwicklung geht weiter und mittlerweile bedarf es bekanntlich nicht mal mehr einer subjektiven notwehr-situation, um bomben regnen zu lassen.
profite müssen halt gemacht werden, koste es, was es wolle. |
Perfide Macht-Selbstbeweihräucherei nebst MachtMißbrauch.
Bähhhhhhhhhhhhh
bin rabenkrähe
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rabenkrähe Gast
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(#157878) Verfasst am: 29.07.2004, 02:23 Titel: |
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frajo hat folgendes geschrieben: | rabenkrähe hat folgendes geschrieben: | Natürlich haben wir Minderheitenschutz. Im GG steht doch klar und deutlich, daß niemand wegen seiner Geschlechtlosigkeit, Überzeugung und Zugehörigkeit zu welchen Ungläubigen auch immer benachteiligt werden darf. |
papier ist geduldig.
Zitat: | Allüberall wird versucht, auf die Ausnahme von der Ausnahme einzugehen und sie zu berücksichtigen. |
für so jung hatte ich dich eigentlich gar nicht mehr gehalten, wie es dieser satz nahelegt.
Zitat: | Es gibt wirklich kaum ein System, bei dem das mehr versucht wird. |
soso. du kennst also alle, alle systeme. |
Du, was aus dem gemacht wird, was auf dem Papier steht, liegt letztlich an allen.
Es wird sich wirklich Mühe gemacht, dumm dran sind allerdings jene, die, warum auch immer, nicht in der Lage sind, sich ihre Rechte zu sichern, oder die "zwischen allen Fronten" stehen. Die werden dann nämlich von allen vorgeführt. Sogenannte Idealisten halt.
Und schlimm ist eben, daß sinnvolle demokratische Einrichtungen von verschiedenen Seiten übelst mißbraucht werden. Und das ist mehrfach bedenklich, weil es einerseits zeigt, daß negative Kräfte sich fast immer irgendwie durchsetzen und vor allem die Masse mit zur Schau gestellter Gleichgültigkeit das wohlfeil ermöglicht.
Die anderen 1009 Bedenklichkeiten lasse ich jetzt mal außen vor.
Na, die irdischen Systeme sind mir schon bekannt, und da bin ich eigentlich froh, jetzt und hier zu leben, muß ich wirklich schreiben, bei allem, was ich en detail und auch grundsätzlich zu meckern habe....
bin rabenkrähe
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44698
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(#157902) Verfasst am: 29.07.2004, 08:21 Titel: |
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Also, ich seh' dat so: Die BRD ist freiheitlich, denn die Menschenrechte werden - im Gegensatz zu unseren guten Freunden von Übersee - gewahrt. Die BRD ist rechtsstaatlich, denn sie hat einen funktionierenden und nachvollziehbaren Rechtsapparat und ein einsehbares Gesetz, an das sich auch üblicherweise gehalten wird. Die BRD ist aber nicht demokratisch, denn das Volk wählt zwar die Legislative, diese ist aber zur Bedeutungslosigkeit verdammt, da die nicht gewählten Lobbyisten das politische Geschehen dominieren.
Ach ja, btw. die USA ist nichts von alledem, m.a.W. es könnte auch schlimmer sein!
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Effô Tisetti Königsblau bis in den Tod
Anmeldungsdatum: 18.09.2003 Beiträge: 9920
Wohnort: 75
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(#157920) Verfasst am: 29.07.2004, 10:23 Titel: |
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frajo hat folgendes geschrieben: |
einen nur partiellen rechtsstaat.
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Sowas kann man nur behaupten, wenn man davon ausgeht, dass es so etwas wie einen "absoluten" - sprich: ganzen - Rechtsstaat gäbe. Das ist Metaphysik. Ein Rechtsstaat ist real und mitnichten unveränderlich. Die Gesetzgebung und Rechtssprechung wird schließlich ständig verändert. Ein Rechtsstaat lässt sich nicht auf Einzelfälle reduzieren, sondern entspricht einer Grundeinstellung, die verschiedene Ausführungen erfahren kann.
_________________ "Die einfache Formel: Jesus ist stärker! hilft Menschen, sich aus der Fixierung völlig irrationaler Wertesysteme zu lösen."
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Effô Tisetti Königsblau bis in den Tod
Anmeldungsdatum: 18.09.2003 Beiträge: 9920
Wohnort: 75
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(#157923) Verfasst am: 29.07.2004, 10:34 Titel: |
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Gewiss gab/gibt es Demokratien, die weder rechtsstaatlich noch freiheitlich organisiert waren/sind.
Andererseits ist mir kein Rechtsstaat auf der Welt bekannt, der die Menschenrechte achtet, und keine Demokratie wäre - wobei ich konstitutionelle Monarchien wie GB, Schweden usw. selbstverständlich als demokratisch verfasst betrachte).
Somit wäre Demokratie ein notwendiges, aber keine hinreichendes Kriterium für eine freiheitlich-rechtsstaatliche Verfasstheit.
Demokratie - oder anders ausgedrückt: Befristung der Machtdauer von Herrschenden - ist Grundvoraussetzung dafür, dass eine Gesellschaft die Werte, die der Rechtsstaatlichkeit und den Menschenrechten zugrunde liegen, anerkennen.
_________________ "Die einfache Formel: Jesus ist stärker! hilft Menschen, sich aus der Fixierung völlig irrationaler Wertesysteme zu lösen."
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44698
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(#157927) Verfasst am: 29.07.2004, 10:42 Titel: |
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Schalker hat folgendes geschrieben: | Andererseits ist mir kein Rechtsstaat auf der Welt bekannt, der die Menschenrechte achtet, und keine Demokratie wäre |
Sowas ist auch allenfalls theoretisch denkbar. Völlig unmöglich ist es aber nicht und völlig ausschließen würde ich es auch nicht.
Schalker hat folgendes geschrieben: | Somit wäre Demokratie ein notwendiges, aber keine hinreichendes Kriterium für eine freiheitlich-rechtsstaatliche Verfasstheit. |
Jaein. Dass es notwendig ist, ist nicht notwendig. Es ist eine empirische Erfahrung, allerdings durchaus (auch in der Realität) falsifizierbar.
Schalker hat folgendes geschrieben: | Demokratie - oder anders ausgedrückt: Befristung der Machtdauer von Herrschenden |
Falsche Verknüpfung. Befristung der Machtdauer von Herrschenden gibt es zumindest theoretisch nicht nur in Demokratien! Beispiel wäre das alte Rom (ich meine die Res Publika, nicht das Kaiserreich), was ja bekanntlich eine Art Aristokratie mit leicht demokratischem Einschlag war. Dennoch waren die politischen Ämter alle befristet.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Effô Tisetti Königsblau bis in den Tod
Anmeldungsdatum: 18.09.2003 Beiträge: 9920
Wohnort: 75
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(#157938) Verfasst am: 29.07.2004, 11:08 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
Schalker hat folgendes geschrieben: | Andererseits ist mir kein Rechtsstaat auf der Welt bekannt, der die Menschenrechte achtet, und keine Demokratie wäre |
Sowas ist auch allenfalls theoretisch denkbar. Völlig unmöglich ist es aber nicht und völlig ausschließen würde ich es auch nicht. |
Habe ich ja nicht ausgeschlossen. Mir ist nur keiner bekannt.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
Schalker hat folgendes geschrieben: | Somit wäre Demokratie ein notwendiges, aber keine hinreichendes Kriterium für eine freiheitlich-rechtsstaatliche Verfasstheit. |
Jaein. Dass es notwendig ist, ist nicht notwendig. Es ist eine empirische Erfahrung, allerdings durchaus (auch in der Realität) falsifizierbar. |
Beispiel?
Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
Schalker hat folgendes geschrieben: | Demokratie - oder anders ausgedrückt: Befristung der Machtdauer von Herrschenden |
Falsche Verknüpfung. Befristung der Machtdauer von Herrschenden gibt es zumindest theoretisch nicht nur in Demokratien! Beispiel wäre das alte Rom (ich meine die Res Publika, nicht das Kaiserreich), was ja bekanntlich eine Art Aristokratie mit leicht demokratischem Einschlag war. Dennoch waren die politischen Ämter alle befristet.
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Verstehe ich nicht. Welchem Element der Verfasstheit der Res Publica soll die Befristung denn sonst geschuldet sein?
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Nav Gast
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(#157939) Verfasst am: 29.07.2004, 11:13 Titel: |
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Die Befristung ergibt sich daraus, daß Abgeordnete und Regierungsmitglieder sowie Staatsoberhäupter in Demokratien nur auf eine bestimmte Zeit in freier, geheimer und höchstpersönlicher Wahl gekürt werden und man nach Ablauf dieser Zeit (in Österreich tendenziell eher früher ) die Wahlberechtigten einer Demokratie auch wieder andere Leute dort haben können, wenn sie das so ankreuzeln.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44698
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(#157978) Verfasst am: 29.07.2004, 13:04 Titel: |
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Schalker hat folgendes geschrieben: | Welchem Element der Verfasstheit der Res Publica soll die Befristung denn sonst geschuldet sein? |
Ähm, ja... den Satz hab' ich jetzt... irgendwie... nicht verstanden...
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caballito zänkisches Monsterpony
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 12112
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(#157996) Verfasst am: 29.07.2004, 13:35 Titel: |
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Schalker hat folgendes geschrieben: | Verstehe ich nicht. Welchem Element der Verfasstheit der Res Publica soll die Befristung denn sonst geschuldet sein? |
Keinem. Es ist von allen anderen Unabhängig. Grundsätzlich ist es möglich, demokratisch gewählte Ämter auf Lebenszeit zu besetzen.
_________________ Die Gedanken sind frei.
Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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Effô Tisetti Königsblau bis in den Tod
Anmeldungsdatum: 18.09.2003 Beiträge: 9920
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caballito zänkisches Monsterpony
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 12112
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(#158007) Verfasst am: 29.07.2004, 13:50 Titel: |
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rabenkrähe hat folgendes geschrieben: |
Die genannte politische Dreifaltigkeit soll ja der Kontrolle dienen.
Und Juristen zum Beispiel werden gaaaaaanz, gaaaaaaaanz böse, wenn ihnen einer ins Handwerk zu pfuschen versucht.
Für jede gesellschaftliche Einrichtung gibt es Kammern und Kontrollgremien.
Daß es nicht genutzt wird, wie es angezeigt wäre, steht auf einem völlig anderen Blatt und liegt auch an den Bürgern, die die demokratischen Vorgabe gar nicht wie möglich nutzen. |
Ändert nichts daran, dass diese "politische Dreifaltigkeit" weder aus der Demokratie folgt noch sie benötigt. Es ist auch ein undemokratischer Staat denkbar, der diese Trennung beinhaltet (z.B. eine "Triarchie" mit drei erblichen Ämtern, eines für die Gesetzgebung, eines für die Verwaltung und eines für die Justiz), ebenso wie ein demokratischer, der sie nicht kennt (hat es gegeben: Räterepublik).
Zitat: | Natürlich haben wir Minderheitenschutz. Im GG steht doch klar und deutlich, daß niemand wegen seiner Geschlechtlosigkeit, Überzeugung und Zugehörigkeit zu welchen Ungläubigen auch immer benachteiligt werden darf. Allüberall wird versucht, auf die Ausnahme von der Ausnahme einzugehen und sie zu berücksichtigen.
Es gibt wirklich kaum ein System, bei dem das mehr versucht wird. |
Natürlich steht Minderheitenschutz im Grundgesetz. Aber das ändert nichts daran, dass er dem demokratischen Prinzip entgegensteht, er verbietet nämlich der Mehrheit, demokratisch zu beschließen, die Minderheit zu unterdrücken. Genau das ist der Punkt, auf den ich hinauswill: Viele missverstehen -genau wie du hier- diesen Minderheitenschutz als Wesenselement der Demokratie und ziehen daraus den -gefährlichen- Fehlschluss, demokratische Organisation allein sei ein hinreichender Garant für Minderheitenschutz. Und stehen dann völlig hilflos der demokratischen Mehrheit gegenüber, die die Todesstrafe einführen will oder nicht einsieht, wieso die Minderheit ihr verbieten kann, Schulkruzifixe aufzuhängen. Was die Minderheit eben genau deswegen kann, weil es im Grundgesetz einen Minderheitenschutz gibt, der die demokratische Mehrheit in dieser Hinsicht entmachtet.
Deutschland wäre kein bisschen weniger demokratisch, wenn die Grundrechtsartikel einfach aus dem Grundgeset gestrichen würden - denn "Demokratie" beschreibt lediglich die Struktur, die hinterher in den Abschnitten über die Staatsorgane und die Gesetzgebung definiert ist. Ohne die Grundrechtsartikel würde immer noch alle 4 Jahre ein Bundestag frei gewählt, der dann, wie so auch, den Bundeskanzler wählt ... nur könnte er dann, ganz demokratisch, die Todestrafe für Schwule beschließen, wenn er wollte. Es ist nämlich nicht die Demokratie, die ihn daran hindert.
_________________ Die Gedanken sind frei.
Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44698
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(#158018) Verfasst am: 29.07.2004, 14:00 Titel: |
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Schalker hat folgendes geschrieben: | Welchem Element der Verfasstheit der Res Publica soll die Befristung denn sonst geschuldet sein, wenn nicht einem demokratischen? |
Ich verstehe die Frage immer noch nicht.
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- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Nav Gast
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(#158019) Verfasst am: 29.07.2004, 14:02 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Schalker hat folgendes geschrieben: | Welchem Element der Verfasstheit der Res Publica soll die Befristung denn sonst geschuldet sein, wenn nicht einem demokratischen? |
Ich verstehe die Frage immer noch nicht. |
Eine Republik muß nicht zwangsweise demokratisch sein - aber wenn es ein demokratisches Moment gibt, dann bedingt dieses die Befristung. Was ist daran so unverständlich?
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44698
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(#158055) Verfasst am: 29.07.2004, 14:54 Titel: |
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Es kann aber auch Befristung ohne Demokratie geben. Wenn z.B. nur die Adeligen wahlberechtigt sind...
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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caballito zänkisches Monsterpony
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 12112
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(#158090) Verfasst am: 29.07.2004, 15:27 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Es kann aber auch Befristung ohne Demokratie geben. Wenn z.B. nur die Adeligen wahlberechtigt sind... |
Richtig. Und es kann Demokratie sehr wohl ohne Befristung geben.
_________________ Die Gedanken sind frei.
Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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Effô Tisetti Königsblau bis in den Tod
Anmeldungsdatum: 18.09.2003 Beiträge: 9920
Wohnort: 75
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(#158108) Verfasst am: 29.07.2004, 15:46 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Es kann aber auch Befristung ohne Demokratie geben. Wenn z.B. nur die Adeligen wahlberechtigt sind... |
Was dann ja eine Oligarchie wäre. Und selbst wenn innerhalb der Oligarchie einzelne Ämter befristet ausgeübt würden, wäre die Macht der Oligarchen gegenüber den Beherrschten nicht befristet. Ich bin aber kein Staatskundler - ist nur meine Laienmeinung.
caballito hat folgendes geschrieben: |
Richtig. Und es kann Demokratie sehr wohl ohne Befristung geben. |
Ich halte die zeitliche Begrenzung der Amtsdauer (bei uns "Legislaturperiode") für konstitutiv für eine "Demokratie".
In welcher Demokratie soll es das nicht geben?
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caballito zänkisches Monsterpony
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary
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(#158136) Verfasst am: 29.07.2004, 16:05 Titel: |
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Schalker hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Es kann aber auch Befristung ohne Demokratie geben. Wenn z.B. nur die Adeligen wahlberechtigt sind... |
Was dann ja eine Oligarchie wäre. Und selbst wenn innerhalb der Oligarchie einzelne Ämter befristet ausgeübt würden, wäre die Macht der Oligarchen gegenüber den Beherrschten nicht befristet. Ich bin aber kein Staatskundler - ist nur meine Laienmeinung. |
So gesehen ist aber auch in der Demokratie die Macht der Mehrheit gegen den einzelnen unbefristet. Was übersehen wird, ist, dass aus der Sicht des ihr unterwerfenene einzelnen Staatsmacht gleich Staatsmacht ist, ganz egal, ob sie ein tyrannischer König oder das Volk per Abstimmung ausübt.
Letztlich ist -aus eben dieser Sicht des Einzelnen- die Staatsmacht entweder für ihn (sie lässt ihn tun, wie er mag) oder gegen ihn (sie zwingt ihn, zu tun, was er nicht mag) - ist sie für ihn, ist es völlig unerheblich, wer ihn dfa in Ruhe lässt. Ist sie aber gegen ihn, wird es nicht dadurch besser, dass ein demokratischer Beschluss dahinter steckt.
Mir scheint, viele verwechseln Demokratie mit Akratie ...
Zitat: | caballito hat folgendes geschrieben: |
Richtig. Und es kann Demokratie sehr wohl ohne Befristung geben. |
Ich halte die zeitliche Begrenzung der Amtsdauer (bei uns "Legislaturperiode") für konstitutiv für eine "Demokratie".
In welcher Demokratie soll es das nicht geben? |
Du meinst, dass eine Demokratie so konstriert sein sollte. Aber warum sollte das zwingend sein?
Ich bin im Gegenteil der Meinung, eine wirklich funktionierende Demokratie kommt ohne Befristung aus - was im Umkehrschkuss heißt: Wo Befristung nötig scheint, ist in der Demokratie der Wurm drin. Was bei uns Demokratie heißt, ist oft nichts anderes als eine Oligarchie mit (formal) demokratisch gewählten Oligarchen. Klar, dass es da nötig ist, die Oligarchen von Zeit zu Zeit zum Teufel jagen zu können. Aber ist das wirklich Demokratie?
In einer Funktionierenden Demokratie wären die gewählten nur ausführendes Organ - und das könnten sie unbefristet sein. Jederzeitige Abwahlmöglichkeit reicht vollkommen.
_________________ Die Gedanken sind frei.
Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44698
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(#158164) Verfasst am: 29.07.2004, 16:28 Titel: |
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caballito hat folgendes geschrieben: |
So gesehen ist aber auch in der Demokratie die Macht der Mehrheit gegen den einzelnen unbefristet. Was übersehen wird, ist, dass aus der Sicht des ihr unterwerfenene einzelnen Staatsmacht gleich Staatsmacht ist, ganz egal, ob sie ein tyrannischer König oder das Volk per Abstimmung ausübt.
Letztlich ist -aus eben dieser Sicht des Einzelnen- die Staatsmacht entweder für ihn (sie lässt ihn tun, wie er mag) oder gegen ihn (sie zwingt ihn, zu tun, was er nicht mag) - ist sie für ihn, ist es völlig unerheblich, wer ihn dfa in Ruhe lässt. Ist sie aber gegen ihn, wird es nicht dadurch besser, dass ein demokratischer Beschluss dahinter steckt. |
"Dem Volk ist es egal, ob der Stock, mit dem man es schlägt 'Stock des Volkes' genannt wird."
- Michail Bakunin
caballito hat folgendes geschrieben: | Mir scheint, viele verwechseln Demokratie mit Akratie ... |
Wat is'n Akratie?
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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caballito zänkisches Monsterpony
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary
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(#158170) Verfasst am: 29.07.2004, 16:33 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | "Dem Volk ist es egal, ob der Stock, mit dem man es schlägt 'Stock des Volkes' genannt wird."
- Michail Bakunin |
Exakt. Darf ergänzt werden durch
"Sklaven werden nicht dadurch frei, dass sie den Aufseher wählen dürfen"
- caballito
So was ähnliches wie Anarchie Herrschaftslosigkeit.
_________________ Die Gedanken sind frei.
Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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Effô Tisetti Königsblau bis in den Tod
Anmeldungsdatum: 18.09.2003 Beiträge: 9920
Wohnort: 75
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(#158171) Verfasst am: 29.07.2004, 16:34 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
Wat is'n Akratie? |
Guckst du Google. Frei nach Oppenheimer:
"Kulturelles Erbe der Menschheit aus den Jahrtausenden ist die Beherrschung der Massen durch wenige (Oligokratie) oder einzelne (Monokratie). Demgegenüber war die Demokratie ursprünglich weder eine Weltanschauung, Theorie oder Ideal, sondern eine Reaktion auf die Oligokratie, mit der sie sich bis heute im Kampf befindet. Der Begriff »Demokratie« drückt den Anspruch auf Mitherrschaft des Volkes (Demos) aus, aber ist theoretisch unscharf, da ein Anschwellen der Mitregierung auf breiter Basis logisch die ausgeübte Herrschaft (Kratie) der Minderheiten zurückdrängt. "Herrschaft war nie etwas anderes als die rechtliche Form einer wirtschaftlichen Ausbeutung." Entsprechend ist die Demokratie in Vollendung eine Akratie, die nach Oppenheimer "das Ideal einer von jeder wirtschaftlichen Ausbeutung erlösten Gesellschaft" bedeutet. Die politische Aufhebung der Klassengesellschaft setzt ihre ökonomische Überwindung voraus. Alle Schwächen der Demokratie erwachsen aus den oligokratischen Resten vordemokratischer Zeiten."
_________________ "Die einfache Formel: Jesus ist stärker! hilft Menschen, sich aus der Fixierung völlig irrationaler Wertesysteme zu lösen."
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44698
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(#158173) Verfasst am: 29.07.2004, 16:35 Titel: |
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Also, anders gesagt eine demokratisch organisierte Anarchie.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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caballito zänkisches Monsterpony
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary
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(#158177) Verfasst am: 29.07.2004, 16:37 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Also, anders gesagt eine demokratisch organisierte Anarchie. |
So könnte man das wohl formulieren
_________________ Die Gedanken sind frei.
Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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Effô Tisetti Königsblau bis in den Tod
Anmeldungsdatum: 18.09.2003 Beiträge: 9920
Wohnort: 75
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(#158179) Verfasst am: 29.07.2004, 16:38 Titel: |
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caballito hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | "Dem Volk ist es egal, ob der Stock, mit dem man es schlägt 'Stock des Volkes' genannt wird."
- Michail Bakunin |
Exakt. Darf ergänzt werden durch
"Sklaven werden nicht dadurch frei, dass sie den Aufseher wählen dürfen"
- caballito
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Als "real-parlamentarisch-demokratischer" Anarchist frage ich mich:
Das bedeutet in der Konsequenz was?
Wie sieht die Freiheit der "Sklaven" aus und wie hämmert man die für akratische Vehältnisse unumgänglichen Werte in die Köpfe der Big-Brother-Container-Bewohner und deren Fans?
_________________ "Die einfache Formel: Jesus ist stärker! hilft Menschen, sich aus der Fixierung völlig irrationaler Wertesysteme zu lösen."
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caballito zänkisches Monsterpony
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary
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(#158191) Verfasst am: 29.07.2004, 16:48 Titel: |
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Schalker hat folgendes geschrieben: | Wie sieht die Freiheit der "Sklaven" aus und wie hämmert man die für akratische Vehältnisse unumgänglichen Werte in die Köpfe der Big-Brother-Container-Bewohner und deren Fans?  |
Gar nicht. Werte kann man nicht irgendwo hineinhämmern, Werte müssen empfunden werden. Das Problem dabei ist, dass man, um etwas wertschätzen zu können, es kennen, es erlebt haben muss.
Und es ist nun mal leider so, dass viele Sklaven große Angst vor der reiheit haben ...
_________________ Die Gedanken sind frei.
Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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frajo dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 25.08.2003 Beiträge: 11440
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(#158257) Verfasst am: 29.07.2004, 18:59 Titel: |
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rabenkrähe hat folgendes geschrieben: | Na, die irdischen Systeme sind mir schon bekannt, und da bin ich eigentlich froh, jetzt und hier zu leben, muß ich wirklich schreiben, bei allem, was ich en detail und auch grundsätzlich zu meckern habe.... |
seitdem ich anderes kennengelernt habe, fühle ich mich jedesmal, wenn ich in D bin, körperlich unwohl.
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frajo dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 25.08.2003 Beiträge: 11440
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(#158262) Verfasst am: 29.07.2004, 19:13 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Also, ich seh' dat so: Die BRD ist freiheitlich, denn die Menschenrechte werden - im Gegensatz zu unseren guten Freunden von Übersee - gewahrt. |
es sei denn, du bist "schübling" oder "insasse" oder "flughafenasylant" oder bewohner belgrads oder ...
Zitat: | Die BRD ist rechtsstaatlich, denn sie hat einen funktionierenden und nachvollziehbaren Rechtsapparat und ein einsehbares Gesetz, an das sich auch üblicherweise gehalten wird. |
ein staat, dessen regierung gegen das eigene grundgesetz (GG20(3)) verstoßen und anschließend erfolgreich verhindern kann, daß dieser gesetzesverstoß gerichtlich gewürdigt wird, ist kein rechtsstaat.
Zitat: | Die BRD ist aber nicht demokratisch, denn das Volk wählt zwar die Legislative, diese ist aber zur Bedeutungslosigkeit verdammt, da die nicht gewählten Lobbyisten das politische Geschehen dominieren. |
demokratie ist ein schillernder und vor allem ständiger entwicklung unterworfener begriff.
wir können daher kaum sagen, im athen vor 2500 jahren habe es deswegen keine demokratie gegeben, weil frauen in der politik keine positionen hatten.
wir können kaum sagen, die USA seien nicht demokratisch, weil nur die geldelite eine chance hat, in politische führungspositionen zu kommen.
wir können aber sehr wohl feststellen, daß das gesellschaftliche system in den USA auf einem relativ niedrigen demokratie-level angesiedelt ist und daß die athener vor 2500 jahren ein revolutionäres, nie zuvor dagewesenes, menschheitlich richtungsweisendes gesellschaftsystem entwarfen und praktizierten.
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frajo dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 25.08.2003 Beiträge: 11440
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(#158268) Verfasst am: 29.07.2004, 19:23 Titel: |
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Schalker hat folgendes geschrieben: | frajo hat folgendes geschrieben: |
einen nur partiellen rechtsstaat.
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Sowas kann man nur behaupten, wenn man davon ausgeht, dass es so etwas wie einen "absoluten" - sprich: ganzen - Rechtsstaat gäbe. Das ist Metaphysik. Ein Rechtsstaat ist real und mitnichten unveränderlich. Die Gesetzgebung und Rechtssprechung wird schließlich ständig verändert. Ein Rechtsstaat lässt sich nicht auf Einzelfälle reduzieren, sondern entspricht einer Grundeinstellung, die verschiedene Ausführungen erfahren kann. |
sorry - du meinst doch nicht wirklich, es reiche, in sonntagsreden und auf dem papier eine grundeinstellung vorweisen zu können, in der praxis ansonsten aber "den lieben gott nen guten mann sein" lassen zu können?
das wäre genauso pervers wie das predigen der "nächstenliebe" in tateinheit mit dem segnen von waffen.
ein rechtsstaat liegt dann vor, wenn (u.a.) jede maßnahme, und zwar insbesondere die von regierungen und anderen "staatstragenden" gruppen der gesellschaft, gerichtlich überprüfbar ist.
ein rechtsstaat liegt dann nicht vor, wenn eine regierung eine straftat begehen und anschließend erfolgreich (mittels der handlangerdienste eines (weisungsabhängigen?) GBA) verhindern kann, daß diese straftat einer gerichtlichen würdigung zugeführt wird.
ein staat, wo das gesetz nicht für alle gilt, ist kein rechtsstaat.
Zuletzt bearbeitet von frajo am 29.07.2004, 19:38, insgesamt einmal bearbeitet |
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frajo dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 25.08.2003 Beiträge: 11440
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(#158271) Verfasst am: 29.07.2004, 19:31 Titel: |
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Nav hat folgendes geschrieben: | Die Befristung ergibt sich daraus, daß Abgeordnete und Regierungsmitglieder sowie Staatsoberhäupter in Demokratien nur auf eine bestimmte Zeit in freier, geheimer und höchstpersönlicher Wahl gekürt werden und man nach Ablauf dieser Zeit (in Österreich tendenziell eher früher ) die Wahlberechtigten einer Demokratie auch wieder andere Leute dort haben können, wenn sie das so ankreuzeln. |
im prinzip stimme ich zu.
allerdings mache ich schon einen unterschied zwischen verschiedenen leveln der demokratie.
beispiel USA: dort liegt eine oligarchie der geldelite vor. zwar können die wähler "auch andere leute dort haben", aber kaum "auch andere politische vorstellungen".
beispiel D: zwar können die wähler "auch andere leute dort haben", aber nur für das halbe parlament. die andere hälfte des parlaments wird von diversen klüngel- und filzverbänden (aka "parteien") besetzt, ohne daß der souverän darauf einfluß hätte.
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caballito zänkisches Monsterpony
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary
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(#158272) Verfasst am: 29.07.2004, 19:32 Titel: |
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@frajo
Kann es sein, dass du auf "Rechtsstaat" genau den absoluten Maßstab ansaetzt, den du für "Demokratie" ein Posting vorher (durchaus zu Recht) verworfen hast?
_________________ Die Gedanken sind frei.
Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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