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Ethik-Preis für Paola Cavalieri und Peter Singer
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Skeptiker
"I can't breathe!"



Anmeldungsdatum: 14.01.2005
Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville

Beitrag(#1652427) Verfasst am: 22.06.2011, 18:58    Titel: Der Mensch und der Nacktmull Antworten mit Zitat

Rohrspatz hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Es bedeutet, dass bestimmte Gehirnaktivitäten durch Bewusstseinsaktivitäten begleitet werden, die wiederum auch Gehirnaktivitäten sind. Es bleibt natürlich von der Qualität ein Rätsel. Was ist das Gefühl? Was ist ein bemerkter Gedanke? Man kommt nicht wirklich dahinter.

Infolge dessen sucht man sich also eine Definition von Bewusstsein aus, die einem gefällt, setzt Fähigkeit X oder Gehirnstruktur Y mit dem Vorhandensein von Bewusstsein gleich und forscht munter drauf los... Das schwache Glied an der Forschung wie der, die du mir nun präsentiert hast ist die Frage, was eigentlich erforscht wurde.
Nach deren favorisierter Definition von Bewusstsein, ist es das Bewusstsein selbst. Nach meiner Definition etwas völlig anderes. Zumal im nzz-Artikel beispielsweise eben genau die Unterscheidung zwischen Emotion und Gefühl nicht gemacht wird, ja nicht einmal als dritte Option zu Reflexen in Erwägung gezogen wird. (Weswegen ich es auch nicht als echte Erwiderung auf meine Einwände betrachten kann.)


Im NZZ-Artikel ist sehr wohl auf die Unterscheidung zu Reflexen eingegangen worden. Was hast Du denn da gelesen?

http://www.nzz.ch/2003/07/02/ft/article8XAJQ.html

Ich bin einfach gegen diese ganze Definiererei. Die Dinge selbst sind das entscheidende und nicht, was man da herbei definiert.

Wenn Tiere vom Gehirnaufbau und von ihren Reaktionen analoge Strukturen zeigen wie der Mensch - etwa beim Schmerzempfinden - dann sollte man das akzeptieren und nicht hinweg palavern.

Ich finde so einen Satz, dass Tiere kein Bewusstsein hätten, unmöglich. Das kommt mit vor wie ein extremer Rückfall in voraufklärerische Zeiten. Heute weiß man, dass Säuge- und viele andere Tiere zwar nicht die kognitiven Leistungen haben wie der Mensch, aber darum ging es auch gar nicht. Es ging um Bewusstsein. Und dass Du nicht weisst, was das ist, kann ich mir nicht vorstellen.

Rohrspatz hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Aber wenn man mit Analogien arbeitet, dass man sagt, das Schmerzempfinden menschlicher Säugetiere löst ähnliche oder gleiche Gehirn- und Körperreaktionen aus wie bei tierischen Säugetieren, dann hat man eine Methode, um hier die Gleichheit zu überprüfen.

Was aber, wenn Bewusstsein nur einen kleinen Unterschied macht? Wer sagt denn, dass Bewusstsein so komplex ist, dass sich ein Gehirn, das zu Bewusstsein befähigt ist, mit unseren aktuellen Methoden von einem anderen unterscheiden ließe?


Bewusstsein ist eine (geheimnisvolle) Gehirnaktivität. Wir können hier nur mit Analogieschlüssen arbeiten. Und wir finden bei Säugetieren u.a. diese Analogien. Was willst Du noch?

Rohrspatz hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Und ich finde auch das folgende Interview ganz interessant

Ich nicht. Er beantwortet gar nicht die Frage nach dem Bewusstsein, aber schön moralisierend ist er. Wäre aber als allgemeiner Beitrag zum Thread nicht uninteressant gewesen.

Also nochmal die Frage: Warum sollte ein Nervensystem überhaupt so eine Art "inneres Auge" haben und damit Dinge, die bereits wahrgenommen und bewertet sind noch einmal betrachten? Beim Menschen liegt der Vorteil auf der Hand: Wenn man sich nicht unmittelbar mit der Realität beschäftigen muss, sondern auch ein paar hübsche "Modelle" (Hypothesen über die Welt) zur Hand hat, kann man flexibel in die Zukunft planen und komplexe Dinge erfinden, die keine Entsprechung in der Natur haben.
Einem Nacktmull reicht ein Nervensystem, das nach "gut" und "schlecht" bewerten kann, damit er gutes anstreben und schlechtes meiden kann.


Für einen Nacktmull ist Schmerz- oder Euphorie-Empfinden genau so nützlich wie für den Menschen. Der Nacktmull wird so konditioniert, er lernt dazu und er meidet schädliches und strebt nach lohnenswertem. So ist es auch bei uns.

Wenn ich mir vrolijkes Schilderung mit der intelligenten, nachdenkenden Katze angucke, die über einen vorher bewusst gedachten Umweg das Dach des Kratzbaumes erreicht, dann ist klar, dass auch dies nichts anderes ist, als bewusstes Denken. Es gibt hier keine klare Trennlinie zwischen Mensch und Tier. Es gibt fließende Übergänge. That's it!

Rohrspatz hat folgendes geschrieben:
Ich sag ja gar nicht, dass ich Recht haben muss, aber dieses vage "Ich weiß zwar nicht, was Bewusstsein ausmacht, aber wenn ich genug Häkchen auf der Gemeinsamkeits-Checkliste abgehakt habe, kann ich auch gleich mal ein Häkchen bei "Bewusstsein" setzen!" empfinde ich persönlich als enorm unbefriedigend.


Tja, was willst Du sonst für einen Versuchsaufbau erstellen? Lass Deine Alternativen hören.

Wissenswertes zum Nacktmull
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K.I.Z - Frieden

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Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11519

Beitrag(#1652433) Verfasst am: 22.06.2011, 19:14    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Dann wäre es jetzt wohl hilfreich, mal zu erläutern, was Singer eigentlich unter einem 'Recht' versteht und was Du darunter verstehst.

Wenn das etwas ganz anderes ist, als das, was ich darunter verstehe.

Ich kann jetzt nur beschreiben, was ich darunter verstehe.

Ein Recht beinhaltet als Konstrukt:

- einen Träger
- einen Adressaten
- ein Verhalten

und ist durch folgende Beziehung dieser drei Punkte definiert:

der Träger ist berechtigt, das Verhalten oder eine Unterlassung des Verhaltens vom Adressaten einzufordern und der Adressat ist wiederum zu diesem Verhalten oder zu dessen Unterlassung gegenüber dem Träger verpflichtet.

Bsp) Eigentumsrecht

Träger: Eigentümer
Adressat: andere Rechtspersonen
Verhalten: Beschädigung/Entwendung von Eigentum

Man sieht hier ganz gut: aus der Beschreibung der Verhaltenspflicht ist kein Rückschluss auf den Träger und das Wesen eines Rechts möglich. Der Träger muss genauso wie das Verhalten bestimmt werden. Aus "Gegenstand x darf man nicht kaputt machen" folgt z.b. nicht, dass Gegenstand x ein Recht auf körperliche Unversehrtheit hat. Aus "Säugling darf nicht getötet werden" folgt nicht automatisch, dass der Säugling ein Lebensrecht hat.

Singer schwebt anstelle eines Lebensrechts für den Säugling vielleicht sowas vor:

Träger: Eltern
Adressat: Staat
Verhalten: Schutz des Säuglings

Ist aber nur eine Vermutung von mir, ich habe Singer nicht gelesen und weiß nicht viel mehr über ihn als in dem oben verlinkten Artikel drinsteht.
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posted by Babyface
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L.E.N.
im falschen Film



Anmeldungsdatum: 25.05.2004
Beiträge: 27745
Wohnort: Hamburg

Beitrag(#1652458) Verfasst am: 22.06.2011, 20:49    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
caballito hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:

Ich hatte den Nacktmull genommen, weil der äußerlich zwar eine gewisse Ähnlichkeit besitzt, aber mehr kann als ein menschlicher Embryo. Komischerweise fällt die bei dem aber auf, dass Du ihn erst vermenschlichen musst. zwinkern

Komisch, dass dir nicht auffällt, dass ein Embryo nicht mehr erst vermenschlicht, also menschlich gemacht zu werden braucht, wenn er, wie du selber schreibst, bereits menschlich ist.

Yupp. Er ist ungefähr so menschlich wie eine Zellkultur in einem Labor.

fwo


höhö, ab jetzt wirds noc
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Ich will Gott lästern dürfen! Weg mit §166 StGB!
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AgentProvocateur
registrierter User



Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1652470) Verfasst am: 22.06.2011, 21:06    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Dann wäre es jetzt wohl hilfreich, mal zu erläutern, was Singer eigentlich unter einem 'Recht' versteht und was Du darunter verstehst.

Wenn das etwas ganz anderes ist, als das, was ich darunter verstehe.

Ich kann jetzt nur beschreiben, was ich darunter verstehe.

Okay.

Babyface hat folgendes geschrieben:
Ein Recht beinhaltet als Konstrukt:

- einen Träger
- einen Adressaten
- ein Verhalten

und ist durch folgende Beziehung dieser drei Punkte definiert:

der Träger ist berechtigt, das Verhalten oder eine Unterlassung des Verhaltens vom Adressaten einzufordern und der Adressat ist wiederum zu diesem Verhalten oder zu dessen Unterlassung gegenüber dem Träger verpflichtet.

Ja, so sehe ich das auch.

Babyface hat folgendes geschrieben:
Bsp) Eigentumsrecht

Träger: Eigentümer
Adressat: andere Rechtspersonen
Verhalten: Beschädigung/Entwendung von Eigentum

Man sieht hier ganz gut: aus der Beschreibung der Verhaltenspflicht ist kein Rückschluss auf den Träger und das Wesen eines Rechts möglich. Der Träger muss genauso wie das Verhalten bestimmt werden. Aus "Gegenstand x darf man nicht kaputt machen" folgt z.b. nicht, dass Gegenstand x ein Recht auf körperliche Unversehrtheit hat.

Ein Gegenstand hat aber keinen Körper. Und kann somit nicht körperlich versehrt werden.

Babyface hat folgendes geschrieben:
Aus "Säugling darf nicht getötet werden" folgt nicht automatisch, dass der Säugling ein Lebensrecht hat.

Zumindest nach heutigem Recht folgt es sehr wohl automatisch:

Subjektives Recht hat folgendes geschrieben:
Die von der Rechtsordnung gewährten Rechte bezeichnet man als subjektive Rechte, weil sie einen Träger berechtigen: das Rechtssubjekt.
Rechtssubjekt hat folgendes geschrieben:
Rechtsfähigkeit ist die Fähigkeit, als juristische Person (auch juristische Einheit genannt) selbständig Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Im Gegensatz zu einem solchen Rechtssubjekt stehen Rechtsobjekte, die nicht Träger, sondern Gegenstand von Rechten und Pflichten sind. In allen modernen, westlichen Rechtsordnungen hat jeder Mensch Kraft seiner Würde Rechtsfähigkeit (natürliche Personen).

Klar kann man das heutige Recht auch ändern. Aber warum sollte man? Wegen dem unplausiblen Postulat, dass Rechte mit einem momentanen Interesse korrespondieren müssen? Falls so: z.B. jemand, der gerade im Koma liegt, dürfte dann auch kein Recht auf Leben haben.

Babyface hat folgendes geschrieben:
Singer schwebt anstelle eines Lebensrechts für den Säugling vielleicht sowas vor:

Träger: Eltern
Adressat: Staat
Verhalten: Schutz des Säuglings

Was bedeuten würde, dass dem Säugling der Status als Rechtssubjekt entzogen würde und er als Eigentum der Eltern gelten würde, mit dem sie nach Belieben verfahren können.

Und: man müsste dann die Tötung des Säuglings durch einen Dritten konsequenterweise so behandeln wie eine andere Zerstörung von Eigentum durch Dritte.

Babyface hat folgendes geschrieben:
Ist aber nur eine Vermutung von mir, ich habe Singer nicht gelesen und weiß nicht viel mehr über ihn als in dem oben verlinkten Artikel drinsteht.

Okay, dann kann Femina hier vielleicht aushelfen, sie hat ja das Buch gerade gelesen und vorliegen. (Oder auch jemand anderes.)
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Femina
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Anmeldungsdatum: 24.07.2005
Beiträge: 1038

Beitrag(#1652514) Verfasst am: 22.06.2011, 22:22    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Femina hat folgendes geschrieben:
Unser Handeln in Bezug auf die Beziehung zu uns hat Singer damit ins Spiel gebracht, indem er den Eltern ein Entscheidungsrecht lässt. [...] Er sagt doch z.B. auch, wenn Eltern ein etwas leichter behindertes Kind nicht großziehen wollen und sich jemand zur Adoption findet, dann sllen sie es zur Adoption freigeben.

'Sollen' - aber warum eigentlich? Ist das nur eine unverbindliche Empfehlung oder eine Vorschrift, ein Müssen?

Es wäre in dem Falle nach Singers Prämissen, so wie ich die verstehe, ebenso gut, wenn die Eltern, aus welchem Grunde auch immer, lieber wollen, dass das Kind getötet wird. Bzw. sie hätten das Recht dazu, das zu verlangen, wenn sie das letztliche Entscheidungsrecht haben sollen. Auch wenn das Kind überhaupt nicht behindert wäre, da das Kind ja kein momentanes Lebensinteresse hätte und das ist ja, wenn ich Singer recht verstehe, hier der letzlich ausschlaggebende Punkt.

Und die Adoptionswilligen hätten so oder so nicht per se ein Recht, genau dieses Kind adoptieren zu dürfen.

Singers Adoptionsargument leuchtet mir überhaupt nicht ein.

Und was, wenn die Eltern das nicht behinderte Kind nicht wollen und niemand es adoptieren will?


Es wäre wirklich einfacher, wenn du das Buch gelesen hättest. Mit "sollen" wollte ich ausdrücken, dass das Singers Schlussfolgerung war, nicht, dass er verschiedene Optionen offen gelassen hätte.

Singer schreibt also, ein nicht schwer behindertes Kind muss zur Adoption freigegeben werden, wenn die Eltern es nicht aufziehen wollen und wenn sich Adoptiveltern finden. Wenn sich allerdings keine Adoptiveltern finden und auch niemand sonst, der sich um dieses Kind kümmern würde, dann muss an es nicht leben lassen. Es besteht für niemanden eine Pflicht, ein Kind großzuziehen. Und allein kann sich ja so ein Neugeborenes nicht großziehen. - Ich denke mal, dieses Beispiel findet Anwendung in solchen Ländern, wo die Familien 10 Kinder und mehr haben, aber noch weitere Kinder geboren werden, die die Eltern dann nicht mehr groß ziehen wollen / können. In slchen Ländern findet man vermutlich nicht immer Adoptiveltern. - Tja, was ist, wenn niemand da ist, der sich um ein Kind kümmert?
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1652525) Verfasst am: 22.06.2011, 22:34    Titel: Antworten mit Zitat

Femina hat folgendes geschrieben:
Mit "sollen" wollte ich ausdrücken, dass das Singers Schlussfolgerung war, nicht, dass er verschiedene Optionen offen gelassen hätte.

Schlussfolgerung woraus? Aus seinen Prämissen, so wie ich die kenne, folgt das jedenfalls nicht. Daraus folgt, dass es ethisch unbedenklich ist, einen Säugling schmerzlos zu töten, weil dieser kein Zukunftsbewusstsein hat. Und er postuliert, dass Eltern ein primäres Recht haben sollen, entscheiden zu dürfen, was mit dem Säugling passiert. (Wenn ich das nicht falsch verastanden habe.)

Femina hat folgendes geschrieben:
Singer schreibt also, ein nicht schwer behindertes Kind muss zur Adoption freigegeben werden, wenn die Eltern es nicht aufziehen wollen und wenn sich Adoptiveltern finden. Wenn sich allerdings keine Adoptiveltern finden und auch niemand sonst, der sich um dieses Kind kümmern würde, dann muss an es nicht leben lassen. Es besteht für niemanden eine Pflicht, ein Kind großzuziehen. Und allein kann sich ja so ein Neugeborenes nicht großziehen. - Ich denke mal, dieses Beispiel findet Anwendung in solchen Ländern, wo die Familien 10 Kinder und mehr haben, aber noch weitere Kinder geboren werden, die die Eltern dann nicht mehr groß ziehen wollen / können. In slchen Ländern findet man vermutlich nicht immer Adoptiveltern. - Tja, was ist, wenn niemand da ist, der sich um ein Kind kümmert?

Tja, und was ist, wenn niemand da ist, der sich um Dich kümmert, wenn Du bei einem Unfall so verletzt wirst, dass Du Hilfe brauchst und nicht alleine klar kommen könntest?

Wie lautet Dein Argument hier eigentlich genau?


Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 22.06.2011, 22:35, insgesamt einmal bearbeitet
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Skeptiker
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Wohnort: 129 Goosebumpsville

Beitrag(#1652528) Verfasst am: 22.06.2011, 22:35    Titel: Antworten mit Zitat

Femina hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Femina hat folgendes geschrieben:
Unser Handeln in Bezug auf die Beziehung zu uns hat Singer damit ins Spiel gebracht, indem er den Eltern ein Entscheidungsrecht lässt. [...] Er sagt doch z.B. auch, wenn Eltern ein etwas leichter behindertes Kind nicht großziehen wollen und sich jemand zur Adoption findet, dann sllen sie es zur Adoption freigeben.

'Sollen' - aber warum eigentlich? Ist das nur eine unverbindliche Empfehlung oder eine Vorschrift, ein Müssen?

Es wäre in dem Falle nach Singers Prämissen, so wie ich die verstehe, ebenso gut, wenn die Eltern, aus welchem Grunde auch immer, lieber wollen, dass das Kind getötet wird. Bzw. sie hätten das Recht dazu, das zu verlangen, wenn sie das letztliche Entscheidungsrecht haben sollen. Auch wenn das Kind überhaupt nicht behindert wäre, da das Kind ja kein momentanes Lebensinteresse hätte und das ist ja, wenn ich Singer recht verstehe, hier der letzlich ausschlaggebende Punkt.

Und die Adoptionswilligen hätten so oder so nicht per se ein Recht, genau dieses Kind adoptieren zu dürfen.

Singers Adoptionsargument leuchtet mir überhaupt nicht ein.

Und was, wenn die Eltern das nicht behinderte Kind nicht wollen und niemand es adoptieren will?


Es wäre wirklich einfacher, wenn du das Buch gelesen hättest. Mit "sollen" wollte ich ausdrücken, dass das Singers Schlussfolgerung war, nicht, dass er verschiedene Optionen offen gelassen hätte.

Singer schreibt also, ein nicht schwer behindertes Kind muss zur Adoption freigegeben werden, wenn die Eltern es nicht aufziehen wollen und wenn sich Adoptiveltern finden. Wenn sich allerdings keine Adoptiveltern finden und auch niemand sonst, der sich um dieses Kind kümmern würde, dann muss an es nicht leben lassen. Es besteht für niemanden eine Pflicht, ein Kind großzuziehen. Und allein kann sich ja so ein Neugeborenes nicht großziehen. - Ich denke mal, dieses Beispiel findet Anwendung in solchen Ländern, wo die Familien 10 Kinder und mehr haben, aber noch weitere Kinder geboren werden, die die Eltern dann nicht mehr groß ziehen wollen / können. In slchen Ländern findet man vermutlich nicht immer Adoptiveltern. - Tja, was ist, wenn niemand da ist, der sich um ein Kind kümmert?


Die Singer'schen Schriftgeleerten wissen darauf nur ein Achselzucken als Antwort? Ein bisschen dürftig für eine *Theorie*, als deren besondere Stärke doch einst ihre *Konsistenz* landauf, landab gepriesen wurde ...-
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Femina
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Anmeldungsdatum: 24.07.2005
Beiträge: 1038

Beitrag(#1652540) Verfasst am: 22.06.2011, 22:44    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Femina hat folgendes geschrieben:
Singer schlussfolgert aus seinen Prämissen nur, dass z.B. neugeborene Menschen kein Lebensrecht haben sollten. Damit gibt er sie jedoch nicht zum Abschuss frei,

Wenn ein Wesen X ein Lebensrecht hat, dann bedeutet das, dass andere die Pflicht haben, X nicht zu töten, (und nach ihren Möglichkeiten verpflichtet sind, zu verhindern, dass X getötet wird). Wenn X kein Lebensrecht hat, bedeutet das, dass andere nicht die Pflicht haben, X nicht zu töten.

Und wenn sie nicht dazu verpflichtet sind, X nicht zu töten, dann dürfen sie X töten. Könnte man auch als 'zum Abschuss freigegeben' nennen, wenn Du das so nennen willst.

Keine Ahnung, was Du eigentlich unter 'Recht' verstehst, muss aber etwas völlig grundlegend anderes sein als das.


Recht ist hier auch in verschiedenem Kontext zu sehen. Einmal leitet Singer aus seinen Prämissen ein moralisches Recht ab. Also, X hat zunächst wegen seines fehlenden Sebstbewusstseins ethisch betrachtet kein Recht, am Leben gelassen zu werden.

Dann jedoch kommen die ganzen anderen Aspekte dazu, z.B. das [moralische] Recht der Eltern, dass ihr Kind am Leben bleibt. Daraus folgt: Wir sollten dem Neugeborenen wegen des Rechts der Etern, dass ihr Kind am Leben bleibt, juristisch ein Lebensrecht geben. Singer findet noch andere Gründe warum wir Neugeborenen trotzdem juristisch ein Lebensrecht geben sollten. Übrig bleiben Neugeborene mit schweren Krankheiten, aber auch Neugeborene, für die niemand gefunden werden kann, der sich um sie kümmert.


AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Mir will einfach nicht in den Kopf, warum man, wenn man mit dem verhinderten Leid argumentieren will, dann Säuglinge nicht genauso behandeln will wie andere Menschen auch, (auch bei Erwachsenen gibt es Fälle, wo man es als richtig ansieht, die lebenserhaltene Maschine auszuschalten, auch ohne Patientenverfügung), warum man ein 2-Klassen-Recht einführen möchte. Den Sinn und Nutzen und Vorteil dessen sehe ich nicht. Hoffentlich ist die Begründung nicht die: 'das ist aber im Sinne der getöteten Säuglinge, nur darum geht es uns doch, um Leidminimierung'. Dann würde es völlig absurd, weit weg von Singers Prämissen und der darauf aufbauenden Argumentation.

Wenn man für Säuglinge einen grundsätzlich anderen Status postuliert, der eine andere ethische Bedeutung haben müsse, (weil: aktuell fehlendes Zukunftsbewusstsein), dann müsste man konsequenterweise alle Säuglinge nach diesem Status behandeln. Wenn Säuglinge einen anderen ethischen und rechtlichen Status haben sollen als Erwachsene, dann folgt daraus auch, dass eine Tötung von Säuglingen durch Dritte weniger sanktioniert werden müsste / als weniger schlimm angesehen werden müsste als die Tötung von Erwachsenen, (und wenn jemand das nicht tut, seien das die Eltern oder andere: irrationale Emotionen, nicht berücksichtigenswert, ethisch irrelevant, objektiv falsch, wegen der Prämissen, die von Singer als wahr postuliert werden).


Letztlich behandelt man die Säuglinge ja so, wie andere Menschen, die nicht (mehr) für sich selbst entscheiden können und keine Patientenverfügung haben, auch.

Dass eine Tötung durch Dritte trotz des fehlenden Sebstbewusstseins beim Säugling sanktioniert werden muss, folgt aus dem juristischen Recht, das ja nur wenige Ausnahmen zulässt. Also nur eine Entscheidung der Eltern im Zusammenhang mit den Gutachten von zwei Ärzten oder den Tatbestand, dass niemand dieses Kind großziehen würde (in unserer Gesellschaft sicher nicht denkbar).
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Femina
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Beitrag(#1652541) Verfasst am: 22.06.2011, 22:45    Titel: Antworten mit Zitat

sorry, hier hatte ich einen technischen Fehler.
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Femina
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Anmeldungsdatum: 24.07.2005
Beiträge: 1038

Beitrag(#1652548) Verfasst am: 22.06.2011, 22:51    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Tja, und was ist, wenn niemand da ist, der sich um Dich kümmert, wenn Du bei einem Unfall so verletzt wirst, dass Du Hilfe brauchst und nicht alleine klar kommen könntest?

Wie lautet Dein Argument hier eigentlich genau?


Dann hatte ich wohl einfach Pech. Wenn niemand da ist, der sich um mich kümmert und ich nicht allein klar komme, dann kann ich auch gegen niemand einen Anspruch stellen. Keine schöne Situation, aber es ist so.
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AgentProvocateur
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Wohnort: Berlin

Beitrag(#1652555) Verfasst am: 22.06.2011, 23:04    Titel: Antworten mit Zitat

Femina hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Femina hat folgendes geschrieben:
Singer schlussfolgert aus seinen Prämissen nur, dass z.B. neugeborene Menschen kein Lebensrecht haben sollten. Damit gibt er sie jedoch nicht zum Abschuss frei,

Wenn ein Wesen X ein Lebensrecht hat, dann bedeutet das, dass andere die Pflicht haben, X nicht zu töten, (und nach ihren Möglichkeiten verpflichtet sind, zu verhindern, dass X getötet wird). Wenn X kein Lebensrecht hat, bedeutet das, dass andere nicht die Pflicht haben, X nicht zu töten.

Und wenn sie nicht dazu verpflichtet sind, X nicht zu töten, dann dürfen sie X töten. Könnte man auch als 'zum Abschuss freigegeben' nennen, wenn Du das so nennen willst.

Keine Ahnung, was Du eigentlich unter 'Recht' verstehst, muss aber etwas völlig grundlegend anderes sein als das.

Recht ist hier auch in verschiedenem Kontext zu sehen. Einmal leitet Singer aus seinen Prämissen ein moralisches Recht ab. Also, X hat zunächst wegen seines fehlenden Sebstbewusstseins ethisch betrachtet kein Recht, am Leben gelassen zu werden.

Ein im vorübergehenden Koma Liegender hat auch kein Selbstbewusstsein. Also hat er demnach auch kein moralisches / ethisches Recht, am Leben gelassen zu werden.

Femina hat folgendes geschrieben:
Dann jedoch kommen die ganzen anderen Aspekte dazu, z.B. das [moralische] Recht der Eltern, dass ihr Kind am Leben bleibt. Daraus folgt: Wir sollten dem Neugeborenen wegen des Rechts der Etern, dass ihr Kind am Leben bleibt, juristisch ein Lebensrecht geben.

Aber nicht gegenüber den Eltern, richtig?

Und: das moralische Recht der Eltern ist dann äquivalent zu ihrem moralischen Recht, dass ihr sonstiges Eigentum nicht beschädigt / zerstört wird, richtig? Wenn nicht, wenn größer: warum?

Femina hat folgendes geschrieben:
Singer findet noch andere Gründe warum wir Neugeborenen trotzdem juristisch ein Lebensrecht geben sollten.

Das ist mir neu. Welche denn?

Femina hat folgendes geschrieben:
Übrig bleiben Neugeborene mit schweren Krankheiten, aber auch Neugeborene, für die niemand gefunden werden kann, der sich um sie kümmert.

Und wenn es (vorübergehend nicht alleine lebensfähige) Erwachsene gibt, für die niemand gefunden werden kann, der sich um sie kümmert?

Femina hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Mir will einfach nicht in den Kopf, warum man, wenn man mit dem verhinderten Leid argumentieren will, dann Säuglinge nicht genauso behandeln will wie andere Menschen auch, (auch bei Erwachsenen gibt es Fälle, wo man es als richtig ansieht, die lebenserhaltene Maschine auszuschalten, auch ohne Patientenverfügung), warum man ein 2-Klassen-Recht einführen möchte. Den Sinn und Nutzen und Vorteil dessen sehe ich nicht. Hoffentlich ist die Begründung nicht die: 'das ist aber im Sinne der getöteten Säuglinge, nur darum geht es uns doch, um Leidminimierung'. Dann würde es völlig absurd, weit weg von Singers Prämissen und der darauf aufbauenden Argumentation.

Wenn man für Säuglinge einen grundsätzlich anderen Status postuliert, der eine andere ethische Bedeutung haben müsse, (weil: aktuell fehlendes Zukunftsbewusstsein), dann müsste man konsequenterweise alle Säuglinge nach diesem Status behandeln. Wenn Säuglinge einen anderen ethischen und rechtlichen Status haben sollen als Erwachsene, dann folgt daraus auch, dass eine Tötung von Säuglingen durch Dritte weniger sanktioniert werden müsste / als weniger schlimm angesehen werden müsste als die Tötung von Erwachsenen, (und wenn jemand das nicht tut, seien das die Eltern oder andere: irrationale Emotionen, nicht berücksichtigenswert, ethisch irrelevant, objektiv falsch, wegen der Prämissen, die von Singer als wahr postuliert werden).

Letztlich behandelt man die Säuglinge ja so, wie andere Menschen, die nicht (mehr) für sich selbst entscheiden können und keine Patientenverfügung haben, auch.

Warum dann ein spezielles Extra-Recht für Säuglinge?

Femina hat folgendes geschrieben:
Dass eine Tötung durch Dritte trotz des fehlenden Sebstbewusstseins beim Säugling sanktioniert werden muss, folgt aus dem juristischen Recht, das ja nur wenige Ausnahmen zulässt. Also nur eine Entscheidung der Eltern im Zusammenhang mit den Gutachten von zwei Ärzten oder den Tatbestand, dass niemand dieses Kind großziehen würde (in unserer Gesellschaft sicher nicht denkbar).

Doch, das ist durchaus denkbar, wenn Du hier ausschließlich Individuen meinst, die sich kümmern müssen. Wäre dann so, wie das Argument, dass wir Obdachlose verhungern lassen sollen, wenn sich kein Einzelner findet, der sie bei sich aufnehmen will.


Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 22.06.2011, 23:22, insgesamt 2-mal bearbeitet
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1652564) Verfasst am: 22.06.2011, 23:11    Titel: Antworten mit Zitat

Femina hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Tja, und was ist, wenn niemand da ist, der sich um Dich kümmert, wenn Du bei einem Unfall so verletzt wirst, dass Du Hilfe brauchst und nicht alleine klar kommen könntest?

Wie lautet Dein Argument hier eigentlich genau?

Dann hatte ich wohl einfach Pech. Wenn niemand da ist, der sich um mich kümmert und ich nicht allein klar komme, dann kann ich auch gegen niemand einen Anspruch stellen. Keine schöne Situation, aber es ist so.

Du könntest keinen Anspruch stellen, dass sich dann jemand um Dich kümmert? Meinst das wirklich? Dass also letztlich niemand einen Anspruch auf Hilfe erheben kann in einer Gesellschaft? Dass die jede Hilfe ablehnen darf, zu nichts verpflichtet sei?

Eine merkwürdige Gesellschaft wäre das.
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fwo
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Beiträge: 26479
Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#1652570) Verfasst am: 22.06.2011, 23:24    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Femina hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Tja, und was ist, wenn niemand da ist, der sich um Dich kümmert, wenn Du bei einem Unfall so verletzt wirst, dass Du Hilfe brauchst und nicht alleine klar kommen könntest?

Wie lautet Dein Argument hier eigentlich genau?

Dann hatte ich wohl einfach Pech. Wenn niemand da ist, der sich um mich kümmert und ich nicht allein klar komme, dann kann ich auch gegen niemand einen Anspruch stellen. Keine schöne Situation, aber es ist so.

Du könntest keinen Anspruch stellen, dass sich dann jemand um Dich kümmert? Meinst das wirklich? Dass also letztlich niemand einen Anspruch auf Hilfe erheben kann in einer Gesellschaft? Dass die jede Hilfe ablehnen darf, zu nichts verpflichtet sei?

Eine merkwürdige Gesellschaft wäre das.

Nein. Mir scheint, Du hast hier ein kleines Missverständnis provoziert. Ihre Antwort hätte lauten sollen, dass der Unterschied zwischen ihr und dem Neugeborenen darin besteht, dass sie zwangsläufig bereits ein anerkanntes Mitglied dieser Gesellschaft ist, sonst könnte sie mit dir nicht diskutieren. Die Antwort, die sie gegeben hat, bezieht sich auf einen Unfall in der Einöde, in der niemand existiert, der ihr helfen könnte - so konnte man deine Frage nämlich auch verstehen.

fwo
_________________
Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.

Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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Beiträge: 11519

Beitrag(#1652573) Verfasst am: 22.06.2011, 23:36    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

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Adressat: andere Rechtspersonen
Verhalten: Beschädigung/Entwendung von Eigentum

Man sieht hier ganz gut: aus der Beschreibung der Verhaltenspflicht ist kein Rückschluss auf den Träger und das Wesen eines Rechts möglich. Der Träger muss genauso wie das Verhalten bestimmt werden. Aus "Gegenstand x darf man nicht kaputt machen" folgt z.b. nicht, dass Gegenstand x ein Recht auf körperliche Unversehrtheit hat.

Ein Gegenstand hat aber keinen Körper. Und kann somit nicht körperlich versehrt werden.

Doch, man kann. Ein Gegenstand ist ein physikalischer Körper. War hier aber gar nicht der entscheidende Punkt.

Zitat:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Aus "Säugling darf nicht getötet werden" folgt nicht automatisch, dass der Säugling ein Lebensrecht hat.

Zumindest nach heutigem Recht folgt es sehr wohl automatisch: [...]

Aber eben nicht wie Du behauptest hast aus der alleinigen Tatsache, dass er nicht getötet werden darf, sondern daraus, dass der Säugling als Rechtssubjekt bzw. Person betrachtet wird. Ob er als solche betrachtet werden sollte, ist aber bei Singer genau die strittige Frage.

Zitat:
Klar kann man das heutige Recht auch ändern. Aber warum sollte man? Wegen dem unplausiblen Postulat, dass Rechte mit einem momentanen Interesse korrespondieren müssen? Falls so: z.B. jemand, der gerade im Koma liegt, dürfte dann auch kein Recht auf Leben haben.

Das hatten wir bereits an anderer Stelle ausführlich diskutiert.

Zitat:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Singer schwebt anstelle eines Lebensrechts für den Säugling vielleicht sowas vor:

Träger: Eltern
Adressat: Staat
Verhalten: Schutz des Säuglings

Was bedeuten würde, dass dem Säugling der Status als Rechtssubjekt entzogen würde und er als Eigentum der Eltern gelten würde, mit dem sie nach Belieben verfahren können.

Und: man müsste dann die Tötung des Säuglings durch einen Dritten konsequenterweise so behandeln wie eine andere Zerstörung von Eigentum durch Dritte.

2 x non sequitur.

Erstens bedeutet ein Eigentumsrecht nicht, dass man nach belieben mit dem Eigentum damit verfahren darf, da Eigentumsrechte durch öffentliche Interessen eingeschränkt werden können (z.b. den Tierschutz im Fall von Haustierhaltung).

Zweitens würde aus einem Elternrecht auf Schutz "ihres" Säuglings keine Eigentumsrechte am Säugling folgen. So kann sich der Staat gegenüber den Eltern zwar verpflichten, den Säugling zu schützen. Er muss sich aber nicht gleichzeitig verpflichten lassen, den Eltern z.b. den Verkauf ihres Säuglings zu gestatten..
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Beitrag(#1652574) Verfasst am: 22.06.2011, 23:37    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Nein. Mir scheint, Du hast hier ein kleines Missverständnis provoziert. Ihre Antwort hätte lauten sollen, dass der Unterschied zwischen ihr und dem Neugeborenen darin besteht, dass sie zwangsläufig bereits ein anerkanntes Mitglied dieser Gesellschaft ist, sonst könnte sie mit dir nicht diskutieren. Die Antwort, die sie gegeben hat, bezieht sich auf einen Unfall in der Einöde, in der niemand existiert, der ihr helfen könnte - so konnte man deine Frage nämlich auch verstehen.

Nö, ich habe überhaupt kein Missverständnis provoziert. Zur Erinnerung: Femina hat dies geschrieben:

Femina hat folgendes geschrieben:
Singer schreibt also, ein nicht schwer behindertes Kind muss zur Adoption freigegeben werden, wenn die Eltern es nicht aufziehen wollen und wenn sich Adoptiveltern finden. Wenn sich allerdings keine Adoptiveltern finden und auch niemand sonst, der sich um dieses Kind kümmern würde, dann muss an es nicht leben lassen. Es besteht für niemanden eine Pflicht, ein Kind großzuziehen. Und allein kann sich ja so ein Neugeborenes nicht großziehen. - Ich denke mal, dieses Beispiel findet Anwendung in solchen Ländern, wo die Familien 10 Kinder und mehr haben, aber noch weitere Kinder geboren werden, die die Eltern dann nicht mehr groß ziehen wollen / können. In slchen Ländern findet man vermutlich nicht immer Adoptiveltern. - Tja, was ist, wenn niemand da ist, der sich um ein Kind kümmert?

Wenn wir über 'Einöde' reden: okay, Einöde gibt es für jeden, egal ob Dich, mich oder den Säugling, kann daher kein Argument sein, Säuglinge anders zu behandeln als Dich oder mich.

Und wenn wir nicht über 'Einöde' reden: dann ist das Argument Murks, wenn es bedeutet, (so wie ich das verstehe), dass wir Säuglinge töten dürften, wenn sich keine Adoptiveltern finden.

Es besteht zwar für den Einzelnen keine Pflicht, einen Säugling groß zu ziehen, (ebensowenig wie es eine Pflicht für den Einzelnen dazu gibt, einen Obdachlosen zu unterstützen), aber für die Gesellschaft als Ganzes gibt es diese Pflicht (zumindest meiner Ansicht nach) und auch die Möglichkeit schon. Und es ist einfach nicht wahr, dass es diese Möglichkeit nicht gäbe, es ist falsch, die hier einfach auszublenden.

Wäre das Argument richtig, dann dürften wir auch den Obdachlosen verhungern lassen, wenn es kein Individuum gäbe, das aus seinen eigenen Mitteln den Obdachlosen unterstützte.
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Beitrag(#1652581) Verfasst am: 22.06.2011, 23:52    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Babyface hat folgendes geschrieben:
Aus "Gegenstand x darf man nicht kaputt machen" folgt z.b. nicht, dass Gegenstand x ein Recht auf körperliche Unversehrtheit hat.

Ein Gegenstand hat aber keinen Körper. Und kann somit nicht körperlich versehrt werden.

Doch, man kann. Ein Gegenstand ist ein physikalischer Körper. War hier aber gar nicht der entscheidende Punkt.

Glaube eher nicht, dass man den Begriff 'körperliche Unversehrtheit' auf physikalische Körper anwendet. Hört sich zumindest für mich erst mal sehr ungewohnt an.

Babyface hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Aus "Säugling darf nicht getötet werden" folgt nicht automatisch, dass der Säugling ein Lebensrecht hat.

Zumindest nach heutigem Recht folgt es sehr wohl automatisch: [...]

Aber eben nicht wie Du behauptest hast aus der alleinigen Tatsache, dass er nicht getötet werden darf, sondern daraus, dass der Säugling als Rechtssubjekt bzw. Person betrachtet wird. Ob er als solche betrachtet werden sollte, ist aber bei Singer genau die strittige Frage.

1. Rechtssubjekt <> Person.
2. Stimmt, wenn man den Säugling nicht als Rechtssubjekt, als eigenständiges Individuum, mit eigenem Rechtsanspruch, sondern als Eigentum der Eltern betrachtet, als reines Objekt, als Ding, dann hat er kein Recht auf Leben dadurch, dass er von Dritten nicht getötet werden darf. Das habe ich nicht bedacht, auf die Idee bin ich bisher nicht gekommen. Du hast recht.

Babyface hat folgendes geschrieben:
Das hatten wir bereits an anderer Stelle ausführlich diskutiert.

Stimmt.

Babyface hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Was bedeuten würde, dass dem Säugling der Status als Rechtssubjekt entzogen würde und er als Eigentum der Eltern gelten würde, mit dem sie nach Belieben verfahren können.

Und: man müsste dann die Tötung des Säuglings durch einen Dritten konsequenterweise so behandeln wie eine andere Zerstörung von Eigentum durch Dritte.

2 x non sequitur.

Erstens bedeutet ein Eigentumsrecht nicht, dass man nach belieben mit dem Eigentum damit verfahren darf, da Eigentumsrechte durch öffentliche Interessen eingeschränkt werden können (z.b. den Tierschutz im Fall von Haustierhaltung).

Stimmt, es wird nach Singers Prämissen verboten sein, den Säugling sinnlos zu quälen, (da er ja ein Interesse an Leidfreiheit hat). Aber nicht verboten, ihn zu töten, denn er hat ja kein moralisches / ethisches Lebensrecht, (weil er kein Zukunftsinteresse hat und nie eines hatte und auch keine Disposition zu einem Zukunftsinteresse hat, [wiewohl er die Anlage dazu hat, aber das darf keine Rolle spielen, weil das ein Potentionalitsargument wäre und die sind per se falsch, die dürfen keine Rolle spielen]. Habe ich jetzt noch was vergessen oder ist das soweit korrekt?).

Babyface hat folgendes geschrieben:
Zweitens würde aus einem Elternrecht auf Schutz "ihres" Säuglings keine Eigentumsrechte am Säugling folgen. So kann sich der Staat gegenüber den Eltern zwar verpflichten, den Säugling zu schützen. Er muss sich aber nicht gleichzeitig verpflichten lassen, den Eltern z.b. den Verkauf ihres Säuglings zu gestatten..

Mag sein, aber töten dürften sie ihn, (wenn schmerzlos).

Wenn nicht: warum nicht? Wo er doch kein moralisches / ethisches Lebensrecht hat und die Interessen der Eltern hier die Hauptrolle bzw. einzige Rolle spielen sollen?


Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 23.06.2011, 00:01, insgesamt einmal bearbeitet
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Kival
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Beitrag(#1652585) Verfasst am: 22.06.2011, 23:58    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

2. Stimmt, wenn man den Säugling nicht als Rechtssubjekt, als eigenständiges Individuum, mit eigenem Rechtsanspruch, sondern als Eigentum der Eltern betrachtet, als reines Objekt, als Ding, dann hat er kein Recht auf Leben dadurch, dass er von Dritten nicht getötet werden darf. Das habe ich nicht bedacht, auf die Idee bin ich bisher nicht gekommen. Du hast recht.


Singer betrachtet sie nicht als reine Objekte und Dinge, sondern als vergleichbar mit anderen nicht-selbstbewussten aber empfindungsfähigen Tieren! Dass Tiere nur als Dinge betrachtet werden ist ja gerade, was Singer u.a. kritisiert.
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fwo
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Beitrag(#1652587) Verfasst am: 22.06.2011, 23:59    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
.....
Es besteht zwar für den Einzelnen keine Pflicht, einen Säugling groß zu ziehen, (ebensowenig wie es eine Pflicht für den Einzelnen dazu gibt, einen Obdachlosen zu unterstützen), aber für die Gesellschaft als Ganzes gibt es diese Pflicht (zumindest meiner Ansicht nach) und auch die Möglichkeit schon. Und es ist einfach nicht wahr, dass es diese Möglichkeit nicht gäbe, es ist falsch, die hier einfach auszublenden.

Wäre das Argument richtig, dann dürften wir auch den Obdachlosen verhungern lassen, wenn es kein Individuum gäbe, das aus seinen eigenen Mitteln den Obdachlosen unterstützte.

Die ist hübsch, deine Logik, hat aber in meinen Augen einen kleinen Fehler: Sie unterschlägt, dass es die Diskussion überhaupt gibt, die mit grundlegend für diesen Thread ist:
Ein paar Posts vorher habe ich es gegenüber Cab so zusammengefasst:
fwo hat folgendes geschrieben:
....Es geht einfach um die Frage, ab wann ein Zellhaufen mit menschlichem Genom von der Gesellschaft als Mitglied behandelt werden sollte. Es geht also um den Menschen im juristischen Sinne und darum, wo man den sinnvollerweise beginnen lassen sollte. Das sollte schon eine gewisse Logik besitzen....

Und es ist nicht zwingend, dass die Geburt den Zeitpunkt des Beginnes des juristischen Menschen darstellt. Und dadrum geht es hier.

Deine Obdachlosen sind bereits lange Mitglied dieser Gesellschaft und das ist kein Attribut, das von irgendwem aberkannt werden kann.

Deshalb ist deine Argumentation hier nur in dem Sinn logisch, als sie anzeigt, dass Du über den eigentlichen Gegenstand nicht diskutieren willst. Das ist eine Haltung, die man allerdings auch weniger wortreich vertreten kann.

fwo
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Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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Beitrag(#1652592) Verfasst am: 23.06.2011, 00:04    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
2. Stimmt, wenn man den Säugling nicht als Rechtssubjekt, als eigenständiges Individuum, mit eigenem Rechtsanspruch, sondern als Eigentum der Eltern betrachtet, als reines Objekt, als Ding, dann hat er kein Recht auf Leben dadurch, dass er von Dritten nicht getötet werden darf. Das habe ich nicht bedacht, auf die Idee bin ich bisher nicht gekommen. Du hast recht.

Singer betrachtet sie nicht als reine Objekte und Dinge, sondern als vergleichbar mit anderen nicht-selbstbewussten aber empfindungsfähigen Tieren! Dass Tiere nur als Dinge betrachtet werden ist ja gerade, was Singer u.a. kritisiert.

Okay, war etwas polemisch, ich korrigiere mich also: wir müssen nach Singer Säuglinge wie nicht-selbstbewusste aber empfindungsfähige Tiere ansehen und so behandeln.
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Beitrag(#1652596) Verfasst am: 23.06.2011, 00:08    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
....Es geht einfach um die Frage, ab wann ein Zellhaufen mit menschlichem Genom von der Gesellschaft als Mitglied behandelt werden sollte. Es geht also um den Menschen im juristischen Sinne und darum, wo man den sinnvollerweise beginnen lassen sollte. Das sollte schon eine gewisse Logik besitzen....

Und es ist nicht zwingend, dass die Geburt den Zeitpunkt des Beginnes des juristischen Menschen darstellt. Und dadrum geht es hier.

Völlig korrekt.

fwo hat folgendes geschrieben:
Deine Obdachlosen sind bereits lange Mitglied dieser Gesellschaft und das ist kein Attribut, das von irgendwem aberkannt werden kann.

Das ist nicht zwingend.

fwo hat folgendes geschrieben:
Deshalb ist deine Argumentation hier nur in dem Sinn logisch, als sie anzeigt, dass Du über den eigentlichen Gegenstand nicht diskutieren willst. Das ist eine Haltung, die man allerdings auch weniger wortreich vertreten kann.

Ehrlich gesagt halte ich das für eine persönliche Beleidigung. Ich diskutiere über den eigentlichen Gegenstand und ich bemühe mich, Argumente zu liefern. Und logische Schlussfolgerungen aus den Prämissen von Singer.
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fwo
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Beitrag(#1652614) Verfasst am: 23.06.2011, 00:30    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
....
fwo hat folgendes geschrieben:
Deine Obdachlosen sind bereits lange Mitglied dieser Gesellschaft und das ist kein Attribut, das von irgendwem aberkannt werden kann.

Das ist nicht zwingend.
...

In welchem der hier diskutierten Systeme / Modelle ist es nicht so, so dass das Obdachlosenargument, wie auch das Unfallargument bei Femina einen Sinn bekommt?

fwo
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Beitrag(#1652626) Verfasst am: 23.06.2011, 00:44    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
....
fwo hat folgendes geschrieben:
Deine Obdachlosen sind bereits lange Mitglied dieser Gesellschaft und das ist kein Attribut, das von irgendwem aberkannt werden kann.

Das ist nicht zwingend....

In welchem der hier diskutierten Systeme / Modelle ist es nicht so, so dass das Obdachlosenargument, wie auch das Unfallargument bei Femina einen Sinn bekommt?

fwo hat folgendes geschrieben:
Und es ist nicht zwingend, dass die Geburt den Zeitpunkt des Beginnes des juristischen Menschen darstellt.

'Zwingend' ist gar nix.

Es ist auch nicht zwingend, dass es nur die hier diskutierten Systeme / Modelle geben dürfe. Und also ist es auch nicht zwingend, dass man nur zwischen diesen Alternativen auswählen könne.

Aber mag sein, dass ich Deine Frage nicht richtig verstanden habe, formuliere die doch noch mal anders.
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fwo
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Beitrag(#1652633) Verfasst am: 23.06.2011, 01:13    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
....
Aber mag sein, dass ich Deine Frage nicht richtig verstanden habe, formuliere die doch noch mal anders.

Ein neugeborener Mensch ist schmerzfähig, hat aber noch keine eigenen Interessen im eigentlichen Sinn usw. - kannst Du in diesem Thread bereits x-fach lesen, einschließlich der Forderungen, die man daraus für ihn ableiten kann oder nicht ableiten kann.

Was macht es aus logischer Sicht für einen Sinn, ihn in den Forderungen mit einem Obdachlosen oder einem verunfallten erwachsenen Menschen zu vergleichen, wobei nichteinmal besondere Unfallfolgen spezifiziert waren, sondern der Verunfallte einfach eine Metapher für einen Hilfsbedürftigen darstellte? Beides also moralische und ethische Subjekte, mit eigenen Bedürfnissen usw. ausgestattet und mit den daraus abgeleiteten Rechten bzw. Forderungen an die Gesellschaft.

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Beitrag(#1652640) Verfasst am: 23.06.2011, 02:05    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Ein neugeborener Mensch ist schmerzfähig, hat aber noch keine eigenen Interessen im eigentlichen Sinn usw. - kannst Du in diesem Thread bereits x-fach lesen, einschließlich der Forderungen, die man daraus für ihn ableiten kann oder nicht ableiten kann.

Aber ich teile die Prämisse, dass (zugewiesene) Rechte von momentanen (und vergangenen und dispositionalen) Interessen des Rechteträgers abhängen müssen, nun mal nicht. Die ist nicht zwingend und gute Argumente dafür habe ich auch noch nicht gesehen.

fwo hat folgendes geschrieben:
Was macht es aus logischer Sicht für einen Sinn, ihn in den Forderungen mit einem Obdachlosen oder einem verunfallten erwachsenen Menschen zu vergleichen, wobei nichteinmal besondere Unfallfolgen spezifiziert waren, sondern der Verunfallte einfach eine Metapher für einen Hilfsbedürftigen darstellte? Beides also moralische und ethische Subjekte, mit eigenen Bedürfnissen usw. ausgestattet und mit den daraus abgeleiteten Rechten bzw. Forderungen an die Gesellschaft.

Die hier vorgebrachten Argumente waren:

- wenn niemand ein Kind groß ziehen will, dann darf es getötet werden
- man kann niemanden verpflichten, ein Kind groß zu ziehen
- wenn sich niemand um mich kümmert, dann kann ich auch keinen Anspruch darauf stellen, dass sich jemand um mich kümmert

Meine Beispiele mit dem Obdachlosen und dem Verunfallten waren eine Antwort darauf. In dem Zusammenhang sind die passend, ich wüsste nicht, wieso sie es nicht sein sollten.

Außerdem meine ich nicht, dass moralische / ethische Subjekte irgendwie per se einen höheren Wert und größere Rechte beanspruchen könnten als z.B. Säuglinge. Was daran liegt, dass ich nicht an intrinsische Rechte glaube, sondern Rechte schlicht als gegenseitige Vereinbarungen ansehe.

Auch utilitaristisch lässt sich meiner Ansicht nach gut begründen, wieso man Säuglingen ab der Geburt dasselbe Lebensrecht wie allen anderen Mitgliedern der Gesellschaft zusprechen sollte.

Man muss sich nur von der (mE) unplausiblen Singer'schen Prämisse trennen, dass Rechte mit momentanen, vergangenen und dispositionalen Interessen des jeweiligen Rechteträgers korrespondieren müssen.
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fwo
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Beitrag(#1652641) Verfasst am: 23.06.2011, 02:28    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
....
Außerdem meine ich nicht, dass moralische / ethische Subjekte irgendwie per se einen höheren Wert und größere Rechte beanspruchen könnten als z.B. Säuglinge. Was daran liegt, dass ich nicht an intrinsische Rechte glaube, sondern Rechte schlicht als gegenseitige Vereinbarungen ansehe....

Ist ja interessant, was die Säuglinge so alles mit dir vereinbart haben ....

lasse mers.

fwo
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L.E.N.
im falschen Film



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Beitrag(#1652660) Verfasst am: 23.06.2011, 08:38    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Ein paar Posts vorher habe ich es gegenüber Cab so zusammengefasst:
fwo hat folgendes geschrieben:
....Es geht einfach um die Frage, ab wann ein Zellhaufen mit menschlichem Genom von der Gesellschaft als Mitglied behandelt werden sollte. Es geht also um den Menschen im juristischen Sinne und darum, wo man den sinnvollerweise beginnen lassen sollte. Das sollte schon eine gewisse Logik besitzen....

Und es ist nicht zwingend, dass die Geburt den Zeitpunkt des Beginnes des juristischen Menschen darstellt. Und dadrum geht es hier.


da kann man ansetzen: ich stimme zu. im juristischen sinne ist es im moment so, dass die geburt den zeitpunkt der menschwerdung und damit das recht auf leben markiert.
die mutter oder eltern wie auch christen werden diesen punkt (aus unterschiedlichen gründen) früher ansetzen und auch ich habe ihn an den zeitpunkt gesetzt, an dem der fötus als frühgeborenes überlebensfähig wäre, was selbstverständlich nichts mit einer theologischenbegründung zu tun hat.
aus welchem grund man den zeitpunkt nun später ansetzen sollte kann ich nicht einsehen. allein das überlebensinteresse des menschen bzw seiner mitmenschen kann doch höchstens auch, aber doch nicht allein ausschlaggebend für sein recht auf leben sein?!
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Beitrag(#1652666) Verfasst am: 23.06.2011, 09:04    Titel: Antworten mit Zitat

L.E.N. hat folgendes geschrieben:
.....
die mutter oder eltern wie auch christen werden diesen punkt (aus unterschiedlichen gründen) früher ansetzen ....
fett von mir
Am Kopf kratzen Meinst Du damit, dass ich mal unseren Briefträger fragen soll? Unser alter Hausarzt hat mal nur nach einem erstaunten Blick in die Augen meiner Kinder und dann in meine (Farbe: irgend etwas braun-grün-grau gesprenkeltes) laut auf der Straße herausposaunt, dass ich diese Vaterschaft wohl nicht werde verleugnen können. Ich glaube ihm. Was meine Frau - Du solltest jetzt ahnen: die Mutter - angeht, so sind wir uns bei diesem Thema ziemlich einig.

Bei den Christen hast Du nach den regelmäßig dahergebeteten kirchlichen Verlautbarungen wohl Recht.

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Beitrag(#1652669) Verfasst am: 23.06.2011, 09:14    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
L.E.N. hat folgendes geschrieben:
.....
die mutter oder eltern wie auch christen werden diesen punkt (aus unterschiedlichen gründen) früher ansetzen ....
fett von mir
Am Kopf kratzen Meinst Du damit, dass ich mal unseren Briefträger fragen soll? Unser alter Hausarzt hat mal nur nach einem erstaunten Blick in die Augen meiner Kinder und dann in meine (Farbe: irgend etwas braun-grün-grau gesprenkeltes) laut auf der Straße herausposaunt, dass ich diese Vaterschaft wohl nicht werde verleugnen können. Ich glaube ihm. Was meine Frau - Du solltest jetzt ahnen: die Mutter - angeht, so sind wir uns bei diesem Thema ziemlich einig.

Bei den Christen hast Du nach den regelmäßig dahergebeteten kirchlichen Verlautbarungen wohl Recht.

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du musst jetzt ganz tapfer sein. sitzt du?

die sozialen eltern sind nicht notwendigerweise auch die biologischen eltern und das trifft aus biologischen gründen häufiger auf väter zu. so, jetzt ist es raus. komm, rauchen wir eine! Sehr glücklich
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Beitrag(#1652671) Verfasst am: 23.06.2011, 09:22    Titel: Antworten mit Zitat

Rohrspatz hat folgendes geschrieben:
Außerdem wünsche ich den Nacktmullen auch gar kein Bewusstsein. Kennt ihr die Lebenssituation eines durchschnittlichen Nacktmulls? Versklavung! ;)


Vermutlich stellte die Versklavung für den bewussten durchschnittlichen Nacktmull jedoch keine entwürdigende oder in sonst einer Form abzulehnende Existenz dar.
Wir sollten uns daher vor dem nacktmullischen evolutionären Potential fürchten, das mal einen Singer unter ihnen hervorbringen könnte, welcher konsistent begründen würde, warum es ein nacktmullischer Speziezismus sei, die Sklavenexistenz nur auf die eigene Art zu begrenzen.
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Beitrag(#1652690) Verfasst am: 23.06.2011, 11:14    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
Aus "Säugling darf nicht getötet werden" folgt nicht automatisch, dass der Säugling ein Lebensrecht hat.

Das stimmt. Und auch das Gegenteil stimmt:
Aus "Säugling darf getötet werden" folgt nicht automatisch, dass der Säugling kein Lebensrecht hat.
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