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Gibt es eine objektive Moral
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
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Beitrag(#1785342) Verfasst am: 29.09.2012, 17:16    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Stell dir vor, jemand kommt zu dir und fragt dich um Rat, was er jetzt tun soll. Das einzige, was du tust, ist, ihm seine Situation einfach nur zu beschreiben. In gewissen Fällen kann ihm damit vielleicht geholfen sein.

So jemand ist vermutlich in einem moralischen Dilemma, er spürt eine inkonsistente Auftragslage, kein Auftrag ist eindeutig stärker. So jemandem kann ich evtl. bei der Abwägung der moralischen Auftragslage oder auch der ethischen Interessenslage helfen.

Aber wenn derjenige dann so reagiert wie Du, nach dem Motto: Solche Abwägungen reichen mir nicht - ich will wissen, was ich wirklich tun soll, dann kann ich ihm nur sagen, daß er diese Illusion nur in der Religion befriedigen kann.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ethik ist für mich das Nachdenken über die Frage, welche Regeln die allgemeinen Interessen besser bedienen würden.
"Allgemeines Interesse" ist nun wirklich kein ethisch unproblematischer Begriff und geht der kritischen ethischen Reflexion keineswegs voraus, sondern ist in vielfacher Weise selbst einer ihrer Gegenstände.

Ja, natürlich.
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
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Beitrag(#1785343) Verfasst am: 29.09.2012, 17:21    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Wieso nicht?

Weil das auf den naturalistischen Fehlschluss hinausläuft. ...

Ich habe immer mehr den Eindruck, daß Du das Sollen für irgndwie irreduzibel hältst, für eine Art Wesenheit jenseits des Seins.

Eine ähnliche Situation hatten wir mal bei der Freierwille-Diskussion, als einige (zelig ist mir in Erinnerung) die Ansicht vertraten, Gründe seien irreduzibel. Und auch in der Qualiadiskussion kam das schon öfter.

Ein naturalistischer Fehlschluss wäre etwas Anderes: Wenn man z.B. argumentieren würde: Weil die Gegebenheiten so und so sind, ist das natürlich, und daher auch gut.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
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Beitrag(#1785349) Verfasst am: 29.09.2012, 17:38    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Aber wenn derjenige dann so reagiert wie Du, nach dem Motto: Solche Abwägungen reichen mir nicht - ich will wissen, was ich wirklich tun soll, dann kann ich ihm nur sagen, daß er diese Illusion nur in der Religion befriedigen kann.

Nein. Das Wort "wirklich" wird er in diesem Kontext wohl nicht verwenden, und wenn er so reagiert, dann signifiziert das für dich, dass du ihm bis jetzt keine Hilfe warst. Ich streite auch gar nicht ab, dass in einem solchen Fall eine Beschreibung seiner Situation bereits hilfreich sein kann. Der Punkt ist, dass, wenn dich jemand nach einem Ratschlag fragt, er dich nicht nach einer Beschreibung fragt. Wenn du ihm eine Beschreibung seiner Situation gibst und diese ihm bereits weiterhilft, dann nicht nur deshalb, weil sie eine Beschreibung ist.

Ich kann mir zwar durchaus vorstellen, dass die Frage nach der Erkenntnis dessen, was ist, mit der Frage nach dem Sollen zusammenhängt (wobei noch zu klären wäre, wie), nur ist gerade in einem solchen Falle auch Erkenntnis nicht einfach nur Beschreibung.

step hat folgendes geschrieben:
Ich habe immer mehr den Eindruck, daß Du das Sollen für irgndwie irreduzibel hältst, für eine Art Wesenheit jenseits des Seins.

Eben keine Wesenheit. Was ich doch nur tue, ist für jede Ableitung von Sollen aus einem Sein zu zeigen, dass sie logisch nicht zwingend ist. Das ist genau das selbe wie zu sagen, Sollen lässt sich nicht aus Sein ableiten.

Die ganze Sache ist natürlich in hohem Maße eine sprachliche Angelegenheit (und wenn wir über Regelsysteme sprechen, sprechen wir ja auch über Sprache). Wo du von Irreduzibilität sprichst: Überhaupt ist jede Reduktion eine sprachliche Reduktion, und ich mache darauf aufmerksam, dass bei jeder Reduktion der Sprechweise, mit der wir es bei der Frage nach dem Sollen zu tun haben, auf eine Sprechweise, die nur Seiendes beschreibt, Sinn verloren geht. Und Sinn ist hier nichts Mystisches, sondern einfach Formen der Anwendbarkeit.
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"Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte


Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 29.09.2012, 17:47, insgesamt einmal bearbeitet
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step
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Beitrag(#1785350) Verfasst am: 29.09.2012, 17:46    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Der Punkt ist, dass, wenn dich jemand nach einem Ratschlag fragt, er dich nicht nach einer Beschreibung fragt.

Und fragst Du als Philosoph, wenn Du "Was soll ich / der Mensch tun", tatsächlich nach einem Ratschlag?

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
... und ich mache darauf aufmerksam, dass bei jeder Reduktion der Sprechweise, mit der wir es bei der Frage nach dem Sollen zu tun haben, auf eine Sprechweise, die nur Seiendes beschreibt, Sinn verloren geht. Und Sinn bedeutet hier nichts Mystisches, sondern einfach Formen der Anwendbarkeit.

Tja, dazu kann und will ich nichts sagen - zwar stimme ich zu, daß Versprachlichung immer auch eine Vereinfachung / Verfälschung bedeutet, aber ich möchte eigentlich nicht über ein Sollen sprechen, das kein Seiendes ist.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
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Beitrag(#1785351) Verfasst am: 29.09.2012, 17:49    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Und fragst Du als Philosoph, wenn Du "Was soll ich / der Mensch tun", tatsächlich nach einem Ratschlag?

Im allgemeinen Sinne - ja, warum denn nicht? Was ist denn sonst die praktische Aufgabe eines Philosophen wenn nicht die eines Ratgebers?
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Skeptiker
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Beitrag(#1785353) Verfasst am: 29.09.2012, 17:56    Titel: Antworten mit Zitat

Ich mache an dieser Stelle mal einen kleinen break, ohne die bisherigen Aspekte zu vergessen.

Moral als "Auftrag" oder "Regel" hat unmittelbare Bezüge zum Freud'schen "Über-ich" sowie zu Machtverhältnissen, unter denen überhaupt erst Aufträge und Regeln möglich sind. Böse Zungen behaupten, die herrschenden Regeln seien sowieso nichts anderes als Herrschaft - in Gestalt der Regeln der Herrschenden für Beherrschten. Solche *moralischen* (???) Regeln wären dann aber keine moralischen Regeln, da sie allein der Herrschaftssicherung an sich dienen würden und nur dann moralisch zu nennen wären, wenn man eben Herrschaft selbst als eine moralische Sache betrachtet.

Des weiteren: Die Ökonomen haben gezeigt, dass es im Rahmen der bürgerlichen ökonomischen Verhältnisse so etwas wie objektive Werte gibt, und zwar bezogen auf die Warenproduktion und den Warenaustausch zu Marktpreisen.

Bei der Frage, ob es auch einen objektiven Wert von Moral gibt, kommt man quasi von den objektiven Tauschwerten zu "objektiven Gebrauchswerten", also zu nützlichen Verhaltensweisen und Verhältnissen für den Gebrauch.

Solche Gebrauchswerte sind notwendig individuell, was aber nicht bedeuten muss, dass sie nicht objektiv sind ...-
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Tarvoc
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Beitrag(#1785355) Verfasst am: 29.09.2012, 18:02    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Bei der Frage, ob es auch einen objektiven Wert von Moral gibt, kommt man quasi von den objektiven Tauschwerten zu "objektiven Gebrauchswerten", also zu nützlichen Verhaltensweisen und Verhältnissen für den Gebrauch.

Man kommt auch zum Begriff des Gebrauchs selbst und den unterschiedlichen Auffassungen davon, was es eigentlich bedeutet, zu gebrauchen. Sehr interessanter Beitrag übrigens. Daumen hoch!
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step
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Beitrag(#1785360) Verfasst am: 29.09.2012, 18:15    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Und fragst Du als Philosoph, wenn Du "Was soll ich / der Mensch tun", tatsächlich nach einem Ratschlag?
Im allgemeinen Sinne - ja, warum denn nicht? Was ist denn sonst die praktische Aufgabe eines Philosophen wenn nicht die eines Ratgebers?

Moment mal, ich hatte danach gefragt, ob Du mit der Frage einen Rat suchst. Offensichtlich also nicht.
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Beitrag(#1785364) Verfasst am: 29.09.2012, 18:25    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Moment mal, ich hatte danach gefragt, ob Du mit der Frage einen Rat suchst.

Aber was soll denn diese Frage? Den Fall, dass jemand dich um Rat fragt, habe ich als Beispiel gebracht.
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Beitrag(#1785365) Verfasst am: 29.09.2012, 18:28    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Moral als "Auftrag" oder "Regel" hat unmittelbare Bezüge zum Freud'schen "Über-ich" sowie zu Machtverhältnissen, unter denen überhaupt erst Aufträge und Regeln möglich sind.

Ja, natürlich. Wobei sich "Aufträge" und Regeln auch schon ganz einfach aus dem Zusammenleben mit anderen Menschen und den damit verbundenen persönlichen Bindungen, Verpflichtungen und Interessenskonflikten ergeben, auch ganz ohne Kapitalismus. Und ja, das Über-Ich oder auch Gewissen ist eine sehr effiziente Implementation von Moral, die - wie überhaupt die gesamte Moral - die Menschen individuell unfreier macht, aber für das Zusammenleben praktisch ist.
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step
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Beitrag(#1785371) Verfasst am: 29.09.2012, 19:43    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Moment mal, ich hatte danach gefragt, ob Du mit der Frage einen Rat suchst.
Aber was soll denn diese Frage? Den Fall, dass jemand dich um Rat fragt, habe ich als Beispiel gebracht.

Dann ist es aber gerade kein Beispiel dafür, wie ich oder Du mittels wissenschaftlichen oder philosophischen Methoden dieser Frage zuleiberücken (denn keiner von uns sucht Rat), sondern ein Beispiel für jemanden, der "pastoralen Beistand" benötigt.
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Marcellinus
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Beiträge: 7429

Beitrag(#1785376) Verfasst am: 29.09.2012, 20:01    Titel: Antworten mit Zitat

Entschuldigt, Leute, wenn das so weiter geht, klink ich mich hier aus. Das hat für mich keinen Sinn. Die einen debattieren philosophisch, die anderen soziologisch. Ich verstehe hier auch nicht, was das mit "Sein" und "Sollen" soll. Ich bleibe wieder bei meinem Beispiel mit der Sexualmoral. Zu allererst geht es um das Verhalten von Menschen, in diesem Falle jungen Menschen, die gern früher, häufiger und anders Sexualkontakte haben wollten, als ihren Eltern das Recht war, die sich also gegen die herrschende Moral auflehnten, die in diesem Fall die Moral ihrer Elterngeneration war. Warum wollten sie das? Nun, das tut nichts zur Sache! Fest steht, daß sie es wollten. Ihre Begründung war vermutlich nicht geistreicher als die ihrer Eltern dagegen.

Am Anfang waren es nur wenige, im Laufe der Zeit wurden es mehr, nachdem die sahen, daß die Elterngeneration sie nicht wirklich daran hindern konnten, und 10 Jahre später war es Standardverhalten. Es hatte sich durchgesetzt. Mit welcher Begründung? Es entsprach dem Willen der jungen Generation und die Alten hatten sie nicht daran hindern können, was etwas mit den Lebens- und Einkommensverhältnissen zu tun hatte. Näheres könnte ihr in Geschichts- und Ökonomiebüchern nachlesen.

Entstanden war eine neue Moral, und auch die war nicht in Stein gemeißelt. Im Gegensatz zu früheren Zeiten, in denen die Verhaltenänderungen von Generation zu Generation nicht so heftig waren, ändert sich nun die Verhaltensnormen in viel kürzeren Abständen. Ein schönes Beispiel ist, einer Frau in den Mantel zu helfen oder ihr die Tür aufzuhalten, ein Verhalten, das in der Generation meiner Mutter noch erwartet, in der meiner Frau zumindest gern gesehen wird, und in der ich mir in der Generation meiner Töchter mindestens einen mißbilligenden Blick einhandele.

Für keine dieser Verhaltensweisen gibt es in dem Sinne eine Begründung. Man tut es eben! Aber sie hängen in diesem Falle zusammen mit den gewandelten Geschlechterbeziehungen, mit dem geringer gewordenen Machtgefälle, und dem damit gestiegenen Selbstvertrauen der Frauen, das ihnen solche Gesten der Hilfsbereitschaft als peinlich erscheinen lassen.

So wird man für jede Änderung der Verhaltensstandards auf der gesellschaftlichen Ebene Begründung in geänderten Machtbeziehungen finden. Auf der Ebene der einzelnen handelnden Individuen findet du geänderte Empfindungen von Abneigungen und Wünschen, aus denen sich geänderte Verhaltensweisen ergeben. Wenn die erfolgreich sind, und es nur genügend viele tun, werden sie zu neuen Verhaltensnormen. Mehr ist dazu nicht zu sagen.

Natürlich kannst du oder du dir für dein persönliches Verhalten Begründungen ausdenken, aber du solltest nie vergessen, daß das in den meisten Fällen nachträgliche, bewußte Rationalisierungen von Verhaltensweisen sind, die auf unseren unterbewußten Wünschen und Abneigungen beruhen. zwinkern
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Friedrich Nietzsche
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fwo
Caterpillar D9



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Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#1785377) Verfasst am: 29.09.2012, 20:03    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
.....
step hat folgendes geschrieben:
Ich habe immer mehr den Eindruck, daß Du das Sollen für irgndwie irreduzibel hältst, für eine Art Wesenheit jenseits des Seins.

Eben keine Wesenheit. Was ich doch nur tue, ist für jede Ableitung von Sollen aus einem Sein zu zeigen, dass sie logisch nicht zwingend ist. Das ist genau das selbe wie zu sagen, Sollen lässt sich nicht aus Sein ableiten. ...

Dieses Sollen hängt ja auch grundsätzlich von der Zielgröße ab:

Wenn ich oben frage:
Wo ist der Nutzen für wen?
Wer bezahlt die Kosten?

Du kannst es auch als Brauchbarkeit bezeichnen, dann ist eigentlich klar, dass hier Konfliktpotential liegt: Während die Vertreter des Individualismus (da gehört für mich auch der Primitivkapitalismus dazu) das Wohl der handelnden Person in den Vordergrund stellen (der Nutzen für das Ganze ergibt sich angeblich automatisch) fragen andere nach dem Nutzen für die Gemeinschaft. Evolutionär sollte man eigentlich meinen, dass die Gemeinschaft die Familie ist, wenn man aber sieht, für was Mensch so alles in der Lage ist, sich in Kriege zu stürzen, scheint Gemeinschaft beim Menschen eher kulturell als durch direkte genetische Verwandtschaft bestimmt zu werden. Und da sind wir offensichtlich (oder hoffentlich) auf dem Weg von der stammesbestimmten über die landesbestimmte in die menschheitsbestimmte Moral, Moral ist hier aber nicht mehr eindeutig, sondern birgt selbst Konflikte.

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Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.

Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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fwo
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Anmeldungsdatum: 05.02.2008
Beiträge: 26509
Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#1785380) Verfasst am: 29.09.2012, 20:08    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Entschuldigt, Leute, wenn das so weiter geht, klink ich mich hier aus. Das hat für mich keinen Sinn. Die einen debattieren philosophisch, die anderen soziologisch.

Scheiße - ich habe von beidem keine Ahnung. Das hindert mich aber auch nicht. Lachen

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Tom der Dino
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Beitrag(#1785410) Verfasst am: 29.09.2012, 23:04    Titel: Antworten mit Zitat

@Marcellinus

Das ist genau das, was ich meine.
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Am Anfang war ......das Experiment.
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Tarvoc
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Beiträge: 44681

Beitrag(#1785441) Verfasst am: 30.09.2012, 10:50    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Dann ist es aber gerade kein Beispiel dafür, wie ich oder Du mittels wissenschaftlichen oder philosophischen Methoden dieser Frage zuleiberücken (denn keiner von uns sucht Rat), sondern ein Beispiel für jemanden, der "pastoralen Beistand" benötigt.

Nein, ich hatte es als Beispiel dafür gebracht, dass die Beschreibung der Umstände, die dazu führten, dass eine bestimmte Frage gestellt wird, noch nicht das selbe ist wie die Beantwortung der Frage. Oder jedenfalls nicht in jedem Falle.
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Kival
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Beitrag(#1785473) Verfasst am: 30.09.2012, 16:12    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Das Sollen folgt aus dem Wollen der Dominanten Gruppe in einer Gesellschaft.

Nein, tut es nicht. Mit den Augen rollen

Definiere Sollen.

Meine Vermutung:
Tom: Sollen = soziale Übereinkunft
Tarvoc: Sollen wird ethisch begründet.

fwo


Ich weiß nicht, ob Tarvoc es so sieht, aber ich würde so weit gehen zu sagen, Sollen lässt sich überhaupt nicht begründen. Es lassen sich zwar Vereinbarungen treffen und soziale Übereinkünfte spielen eine entscheidende Rolle in der praktischen Moral, die Entscheidung ob man diese sozialen Übereinkünfte teilt und/oder ob diese Übereinkünfte entstehen sind zwar abhängig von sozialen Prozessen, nichtdestotrotz begründen sie keine Moral.
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step
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Beitrag(#1785476) Verfasst am: 30.09.2012, 16:35    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
... die Entscheidung ob man diese sozialen Übereinkünfte teilt und/oder ob diese Übereinkünfte entstehen sind zwar abhängig von sozialen Prozessen, nichtdestotrotz begründen sie keine Moral.

Das behauptet auch niemand. Tarvoc hat ja schon mehr oder weniger zugegeben, daß Moral durch nichts "begründet" wird, in diesem Sinne. Aber das einfach so hinzunehmen, scheint auch nicht zu gefallen.
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Kival
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Beiträge: 24071

Beitrag(#1785477) Verfasst am: 30.09.2012, 16:41    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
... die Entscheidung ob man diese sozialen Übereinkünfte teilt und/oder ob diese Übereinkünfte entstehen sind zwar abhängig von sozialen Prozessen, nichtdestotrotz begründen sie keine Moral.

Das behauptet auch niemand.


Hm... sicher? Klang hier schon mehrfach an, dass irgendwie zwangsläufigerweise aus dem Wollen das Sollen folgt.
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Beitrag(#1785479) Verfasst am: 30.09.2012, 16:45    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
Hm... sicher? Klang hier schon mehrfach an, dass irgendwie zwangsläufigerweise aus dem Wollen das Sollen folgt.

Ja, aber eben nur das Sein des Sollens, eben der Auftrag, das faktische Sollen. Aber - und ich denke da sind sich eigentlich alle einig - ein absolutes Sollen im Sinne einer metaphysischen Norm läßt sich damit nicht begründen.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
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Beitrag(#1785495) Verfasst am: 30.09.2012, 18:08    Titel: Antworten mit Zitat

Okay, jetzt wird's gerade noch ein ganzes Stück interessanter hier. (Ich find's ohnehin schon super, dass hier mal nicht nur Standpunkte dargestellt, sondern Überlegungen erst entwickelt werden.)

Ich versuch's mal mit einem anderen Ansatz. Ich hab' ja bisher vor allem darauf hingewiesen, dass die verschiedenen Strategien der Ableitung von Sollen aus Sein auf der theoretischen Ebene mit Fehlschlüssen einhergehen (naturalistischer Fehlschluss, petitio principii, etc.). Jetzt stellt sich natürlich die Frage, wie sich das auf die Praxis auswirkt. Nun kommt es mir so vor (und diese Überlegung lehnt sich an Walter Benjamins "Kritik der Gewalt" an), als würden all diese Strategien letztlich (nicht auf einen Willen, sondern) auf eine Gewalt rekurrieren, die diese Ableitung gründet. Besonders gut sichtbar war das bei Tom der Dinos Ableitung des Sollens aus dem Willen der dominanten Gruppe einer Gesellschaft. (Schon Marx hat übrigens in seinen Frühschriften darauf hingewiesen, dass das Sollen bei einer solchen Begründungsstrategie eigentlich nicht aus dem Willen der dominanten Klasse abgeleitet wird, sondern aus dem Faktum ihrer Dominanz.) Eine solche Gewalt, die herangezogen wird, um ein Sollen zu begründen, nennt Walter Benjamin mythische Gewalt. Der Mythos liegt dabei gerade in ihrer angeblichen Verbindung zu einem Sollen, das sie dem eigenen Anspruch nach durchsetzt, tatsächlich aber eigentlich erst aufrichtet. Der Diskurs, den ich hier bisher Kritik genannt habe, zeichnet sich gerade dadurch aus, dass in ihm diese Verbindung des Sollens zur Gewalt grundsätzlich zerbrochen (oder deaktiviert) wird - und genau deshalb wird in diesem Diskurs das Sollen gleichzeitig scheinbar "immun" (um Tom der Dinos Ausdruck wieder aufzugreifen) und zunehmend leer bzw. grundsätzlich problematisch. Deshalb sage ich nicht, was man denn nun eigentlich tun soll oder wie sich das denn nun eigentlich begründen lassen soll - weil es erstmal darum geht, jede Figur der Gründung eines Sollens auf einer Gewalt gleichzeitig aufzudecken und zurückzuweisen.

- Es ist denkbar, dass bei diesem Prozess der Kritik Ausdrücke übrigbleiben, bei denen ein Sollen nicht aus einem Sein abgeleitet wird, sondern mit ihm zusammenfällt, wie etwa Freundlichkeit und Herzensgüte. Diese könnte man dann tatsächlich "nicht weiter begründen".
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Anmeldungsdatum: 27.05.2009
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Beitrag(#1785500) Verfasst am: 30.09.2012, 18:47    Titel: Antworten mit Zitat

Noch mal vielleicht von der Seitenlinie. Ich kann mit Begriffen immer dann nichts anfangen, wenn sie 1. absolut verwendet werden (das Sollen), unhistorisch sind oder sich auf "den" Menschen oder "die" Gesellschaft beziehen, als wenn Menschen im Singular vorkämen und sich "die" Gesellschaft als etwas denken ließe, daß den Menschen gegenüberstünde.

Hier wird "Sein" und "Sollen" gegenübergestellt, gelegentlich auch der alte Marx bemüht, die herrschende Moral als die Moral der Herrschenden behauptet. Aber was heißt das alles? Es wird mit abstrakten Begriffen hantiert, ohne daß klar ist, was damit begriffen werden soll.

Also wieder ein Beispiel. Ich hab schon festgestellt, daß sich aus der veränderten sozialen Situation der Frauen im Laufe der 80er und 90er Jahre des letzten Jahrhunderts die Machtgewichte zwischen Männern und Frauen verändert haben, und damit die Vorstellungen davon, wie die Verhältnisse zwischen Männern und Frauen sein sollten.

Es haben sich also die Moralvorstellungen geändert, erst nur von wenigen Menschen (68er), dann von immer mehr, als sichtbar wurde, daß man diesem Vorstellungen folgen konnte, ohne daß die unzweifelhaft am Anfang vorhandene Ächtung durch die älteren Generationen incl. deren Publizistik (BLÖD-Zeitung) wesentlich etwas ausrichtete.

Es war unzweifelhaft eine Veränderung der Wünsche und Lebensvorstellungen einzelner Menschen, geboren aus den geänderten gesellschaftlichen Verhältnissen, gegen die herrschenden Vorstellungen. Hier änderten sich zuerst die Moralvorstellungen Einzelner, dann die von immer mehr Menschen, bis sie, auch durch ihr Älterwerden, die nachlassende Kraft der Alten und ihren Marsch durch die Institutionen, zur moralischen Mehrheitsvorstellungen werden - ohne übrigens je zu einem "Sollen" in dem Sinne zu werden, daß jedermann verpflichtet gewesen wäre, ihr zu folgen.

Ich finde, hier sieht man die Untauglichkeit solcher statischen und absoluten Begriffe, die der Vielfältigkeit und historischen Dimension sozialer Entwicklungen nicht gerecht werden.
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Tom der Dino
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Anmeldungsdatum: 20.07.2011
Beiträge: 3949

Beitrag(#1785503) Verfasst am: 30.09.2012, 18:54    Titel: Antworten mit Zitat

Versteh ich etwas anderes unter "Begründung"? Ich hab darunter immer "Beschreibung" verstanden. Wenn ich Tarvoc nun richtig verstanden habe, versteht er unter "Begründung" eher warum das Sollen so sein soll. Falls das richtig ist, ist es klar, dass eine Begründung des Sollens keinen Sinn ergibt.
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Beitrag(#1785507) Verfasst am: 30.09.2012, 19:01    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
... weil es erstmal darum geht, jede Figur der Gründung eines Sollens auf einer Gewalt gleichzeitig aufzudecken und zurückzuweisen.

Ich stimme zu, daß Sollen (also das Auftragsgefühl) auch etwas mit Macht im allgemeinsten Sinne zu tun hat, und ich gehe auch mit, daß es nützlich ist, diese grundsätzlich zu hinterfragen. Also zu hinterfragen, wessen "Auftrag" da eigentlich in Deinem Gewissen / Deiner Moral implementiert ist, und welchen Zielen dieser dient.

Diese Nutznießer der Moral sind allerdings weit allgemeiner zu sehen, als es das kommunistische Klassenklischee vorsieht. Mitmenschen, Eltern, die Biologie ... alle implementieren Dir Moral. Und ich denke auch nicht, daß ein Zusammenleben ganz ohne Machtausübung der Gruppe auf das Individuum überlebensfähig wäre.
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vrolijke
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Beitrag(#1785510) Verfasst am: 30.09.2012, 19:07    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
... weil es erstmal darum geht, jede Figur der Gründung eines Sollens auf einer Gewalt gleichzeitig aufzudecken und zurückzuweisen.

Ich stimme zu, daß Sollen (also das Auftragsgefühl) auch etwas mit Macht im allgemeinsten Sinne zu tun hat, und ich gehe auch mit, daß es nützlich ist, diese grundsätzlich zu hinterfragen. Also zu hinterfragen, wessen "Auftrag" da eigentlich in Deinem Gewissen / Deiner Moral implementiert ist, und welchen Zielen dieser dient.

Diese Nutznießer der Moral sind allerdings weit allgemeiner zu sehen, als es das kommunistische Klassenklischee vorsieht. Mitmenschen, Eltern, die Biologie ... alle implementieren Dir Moral. Und ich denke auch nicht, daß ein Zusammenleben ganz ohne Machtausübung der Gruppe auf das Individuum überlebensfähig wäre.


Wobei es durchaus eine "gefühlte" Machtausübung ist.
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Tarvoc
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Beitrag(#1785520) Verfasst am: 30.09.2012, 19:54    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Diese Nutznießer der Moral sind allerdings weit allgemeiner zu sehen, als es das kommunistische Klassenklischee vorsieht.

Das ist sicher auch eine interessante Frage (Foucault hat sich damit z.B. beschäftigt), aber mir ging es erstmal gar nicht um Nutznießer. Bevor die Gewalt nach ihrem Nutzen bewertet wird, ist erstmal die Frage zu stellen, ob Gewalt zum Erreichen irgendeines Nutzens überhaupt jemals legitim sein kann. Und hinsichtlich dieser Frage kommt man dann auch nicht mehr einfach mit einem gesellschaftlichen oder kulturellen Relativismus oder Historizismus à la Marcellinus davon, weil das quasi darauf hinausliefe, zu sagen, Leute mancher gesellschaftlicher oder kultureller Herkunft dürften aufgrund dieser Herkunft und der damit verbundenen Umstände ruhig fremder Gewalt unterworfen werden. Aber genau das wäre eben ein (extremes) Beispiel für einen Mythos (der Herkunft).
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step
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Beitrag(#1785537) Verfasst am: 30.09.2012, 21:12    Titel: Antworten mit Zitat

vrolijke hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Und ich denke auch nicht, daß ein Zusammenleben ganz ohne Machtausübung der Gruppe auf das Individuum überlebensfähig wäre.
Wobei es durchaus eine "gefühlte" Machtausübung ist.

Wem sagst Du das - wollte ich gerade schreiben, aber bin mir nicht sicher, ob ich verstehe, was Du meinst.
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vrolijke
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Beitrag(#1785544) Verfasst am: 30.09.2012, 21:26    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Und ich denke auch nicht, daß ein Zusammenleben ganz ohne Machtausübung der Gruppe auf das Individuum überlebensfähig wäre.
Wobei es durchaus eine "gefühlte" Machtausübung ist.

Wem sagst Du das - wollte ich gerade schreiben, aber bin mir nicht sicher, ob ich verstehe, was Du meinst.


"Die Moral" bedeutet eigentlich, wie benehme ich mich "richtig"?
"Richtig" im Sinne von durch mir selber vorgegebene Richtlinien.

Wenn man von einem "Kulturkreis" in einen anderen wechselt, merkt man ziemlich bald, wie dort die "Richtlinien" gehandhabt werden.
Man merkt aber auch, welche "Richtlinien" man getrost über Bord werfen kann, weil es dort niemand mehr interessiert.

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Beitrag(#1785550) Verfasst am: 30.09.2012, 21:31    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
... ob Gewalt zum Erreichen irgendeines Nutzens überhaupt jemals legitim sein kann.

Ja, interessante Frage. Ich denke, wenn Gewalt illegitim ist, läßt sich das mit einem höher bewertetem Nutzen begründen.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Und hinsichtlich dieser Frage kommt man dann auch nicht mehr einfach mit einem gesellschaftlichen oder kulturellen Relativismus oder Historizismus à la Marcellinus davon, weil das quasi darauf hinausliefe, zu sagen, Leute mancher gesellschaftlicher oder kultureller Herkunft dürften aufgrund dieser Herkunft und der damit verbundenen Umstände ruhig fremder Gewalt unterworfen werden. Aber genau das wäre eben ein (extremes) Beispiel für einen Mythos (der Herkunft).

Ob das darauf hinausliefe, scheint mir nicht stringent.
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Beitrag(#1785551) Verfasst am: 30.09.2012, 21:34    Titel: Antworten mit Zitat

vrolijke hat folgendes geschrieben:
Wenn man von einem "Kulturkreis" in einen anderen wechselt, merkt man ziemlich bald, wie dort die "Richtlinien" gehandhabt werden.
Man merkt aber auch, welche "Richtlinien" man getrost über Bord werfen kann, weil es dort niemand mehr interessiert.

Dieses "Merken" ist die gefühlte Macht.

Ah, so meinst Du das. Ja, da kann ich nur zustimmen.
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