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Naastika RL rulez<->auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 23.11.2003 Beiträge: 6100
Wohnort: an der Fütterungsstelle der Eichhörnchen
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(#1790274) Verfasst am: 24.10.2012, 17:23 Titel: |
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@murhpy, recht so, so gut atheistisch...*salut*
G`Abend und Tschü, muss kind abholen, habe hier heut ZU VIEL ZEIT verschwenden und gelobe, bis Freitag auszusetzen!
Also, bis Montag!
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#1790300) Verfasst am: 24.10.2012, 19:59 Titel: Re: Wieso wird Religiosität von der Evolution nicht bestraft |
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Murphy hat folgendes geschrieben: | Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Es kursiert der Spruch, in einem abstürzenden Flugzeug gibt es keine Atheisten. Ich denke, da ist was dran. Der Glaube an ein jenseitiges Leben kann sinnstiftend sein, das ist m. E. selbstevident. |
Ich find den Spruch unter aller Sau. Da wird die (zeugenlose!) Paniksituation in einem Katastrophenszenario, in der Menschen völlig unreflektiert bereit wären so ziemlich alles von sich zu geben, ausgenutzt um den angeblichen Trost des Glaubens zu propagieren.
Das ist zum einen schon deshalb falsch, weil der Moment der vollkommenen Verzweiflung und Einsicht in das eigene Todesmoment bei Leuten, die auf göttlichen Beistand hoffen genauso kommt - nur vielleicht etwas später, wenn sie merken, dass da nichts kommt und dass es jetzt trotzdem so weit ist. Und dann ist es halt so kurz vor knapp, dass die Enttäuschung und Angst nicht mehr artikuliert werden kann.
Zum anderen hat das wenig mit dem eigentlichen Glauben zu tun, sondern vielmehr mit der Art mit solchen Extremsituationen umzugehen und fertig zu werden. Ein gefestigter Mensch, der bereit ist zu sterben wenn es sein muss, wird eben eher ruhig und seinen Überzeugungen treu bleiben, egal ob er die nun auf Gottglauben oder säkulare Weltsicht gründet. Ein anderer dagegen, den die Angst übermannt, wird versuchen sich an jeden Strohhalm zu klammern.
Es muss doch die größte Genugtuung für jeden Atheisten sein, in einem abstürzenden Flugzeug oder Aufzug die in ängstlicher Erwartung Betenden fest und gesetzt anzublicken, ihnen durch die eigene Furchtlosigkeit und Unerschütterlichkeit Mut zuzuwinken und ihnen im allerletzten Moment mild lächelnd in die Augen zu sehen.
naja, und wenn man dann doch schreit machts auch nichts, aber man braucht sichs ja nicht einreden und kann sichs zumindest vornehmen Ruhe zu bewahren. |
Was ist denn Dein Argument gegen meine Behauptung, dass religiöser Glaube eine Palliativ-Funktion hat? Willst Du bestreiten, dass es nicht wenige Menschen gibt, für die der Glaube eine beruhigende Perspektive bietet? Das denke ich dürfte Dir schwer fallen. Menschen sind nun einmal von Natur aus ängstlich und greifen nach jedem Strohhalm, wenn es "eng" wird.
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
www.ag-evolutionsbiologie.de
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Murphy auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 29.04.2011 Beiträge: 5000
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(#1790320) Verfasst am: 24.10.2012, 20:43 Titel: Re: Wieso wird Religiosität von der Evolution nicht bestraft |
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Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Was ist denn Dein Argument gegen meine Behauptung, dass religiöser Glaube eine Palliativ-Funktion hat? Willst Du bestreiten, dass es nicht wenige Menschen gibt, für die der Glaube eine beruhigende Perspektive bietet? Das denke ich dürfte Dir schwer fallen. Menschen sind nun einmal von Natur aus ängstlich und greifen nach jedem Strohhalm, wenn es "eng" wird. |
Es ging mir primär um deine Aussage, dass dieser Glaube 'sinnstiftend' sei - was auch immer man darunter versteht. Und auch die Position von der beruhigenden Perspektive greife ich an: Beruhigend ist nicht der Glaube selbst, also seine Inhalte, sondern die Gewissheit die man sich damit selbst gibt, dass man sich dazu entscheidet diesen oder jenen Glauben anzunehmen. Und welche Perspektiven sind es denn, die er bietet? Es sind doch diejenigen, die man sich ausgesucht hat als man sich für diesen oder jenen Glauben entschied!
"von Natur aus ängstlich" - ist das so? Du bist der Experte, ist der Mensch ein Fluchttier? Und selbst wenn nicht - einen Überlebenstrieb hat wohl jedes Tier, der Mensch hat aber zusätzlich Vernunft und muss sich ihm damit nicht zwangsläufig unterwerfen. Etwas, das ihn bei meinen bescheidenen Biologiekentnissen vom Tier unterscheidet und ihm wenigstens in groben Zügen soetwas wie Willensfreiheit einräumt.
Und was soll das bringen, wenn der Glaube palliativ wirkt? Wir brauchen ihn dazu nicht, die Palliativmedizin ist deutlich wirksamer und selbst wenn wir auf die von dir angesprochene Extremsituation zurückkommen: Nichts für ungut, aber da halt ich sogar Wichsen für hilfreicher um die Angst und den Schmerz zu lindern und ich bin mir ziemlich sicher, dass der Effekt dabei auch nachweisbar stärker ist als beim Beten.
Davon ab ist noch nichteinmal geklärt, warum die palliative Vorgehensweise auch automatisch die Richtige sein soll...
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beachbernie male Person of Age and without Color
Anmeldungsdatum: 16.04.2006 Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii
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(#1790327) Verfasst am: 24.10.2012, 21:16 Titel: |
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Betrachtet man sich die verschiedenen Kulturen innerhalb der Menschheit, so faellt auf, dass es in praktisch jeder irgendeine Form von Religiositaet gibt. Von theistischer Seite wird das gerne als "Beweis" dafuer angefuehrt, dass es einen Gott oder zumindest irgendetwas "Goettliches" geben muss.
Meines Erachtens beweist dieses Phaenomen allerdings was ganz Anderes: Naemlich, dass Religiositaet waehrend der Entwicklung der modernen Menschheit offensichtlich einen Evolutionsvorteil dargestellt haben muss, sonst ware dieses Phaenomen nicht so weit verbreitet wie es dies ist. Merkmale, die keinen Vorteil in der evolutionaeren Entwicklung bringen, sind naemlich nicht so universal verbreitet und solche, die sogar einen Nachteil darstellen, werden negativ ausgelesen und verschwinden im Laufe der Zeit.
Womit wir exakt beim Thema dieses Threads waeren.
Deshalb sollte man sich wirklich mal ganz ernsthaft mit der Frage beschaeftigen, worin dieser Vorteil der Religiositaet fuer die Urgesellschaften, aus denen sich die moderne Menschheit entwickelt hat, gelegen haben koennte. Dieser Vorteil muss natuerlich nicht notwendigerweise auch heute noch bestehen, vor allem weil es mittlerweile auch recht erfolgreiche Gesellschaften gibt, die nicht religioes sind bzw. die ihre urspruenglich vorhandene starke Religiositaet deutlich zurueckgedraengt haben.
_________________ Defund the gender police!!
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1790338) Verfasst am: 24.10.2012, 21:48 Titel: |
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beachbernie hat folgendes geschrieben: | Deshalb sollte man sich wirklich mal ganz ernsthaft mit der Frage beschaeftigen, worin dieser Vorteil der Religiositaet fuer die Urgesellschaften, aus denen sich die moderne Menschheit entwickelt hat, gelegen haben koennte. |
- leichter erzwingbares Commitment auf gemeinnütziges Verhalten
- kein Leiden unter unerklärten Phänomenen (Regen, Sonnenaufgang, Jahreszeiten, "Zufälle" usw.)
- Bewältigung der Todesangst
- Festigung der Kultur durch Ahnenbezug
- bei Streitigkeiten: gemeinsame, der Argumentation entzogene Basis
- Motivation durch "mächtige" Helfer/Antreiber
- Verstärkung von Problemlösungsstrategien durch Überhöhung (z.B. Voodoo, Placebo usw.)
- Überwindung der Empathie im kriegerischen Konflikt durch Abgrenzung von Falschgläubigen
- ...
Erstaunlich, wie vieles davon auch in heutigen Religionen noch wirksam scheint ...
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1790339) Verfasst am: 24.10.2012, 21:51 Titel: |
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beachbernie hat folgendes geschrieben: | Betrachtet man sich die verschiedenen Kulturen innerhalb der Menschheit, so faellt auf, dass es in praktisch jeder irgendeine Form von Religiositaet gibt. Von theistischer Seite wird das gerne als "Beweis" dafuer angefuehrt, dass es einen Gott oder zumindest irgendetwas "Goettliches" geben muss.
Meines Erachtens beweist dieses Phaenomen allerdings was ganz Anderes: Naemlich, dass Religiositaet waehrend der Entwicklung der modernen Menschheit offensichtlich einen Evolutionsvorteil dargestellt haben muss, sonst ware dieses Phaenomen nicht so weit verbreitet wie es dies ist. Merkmale, die keinen Vorteil in der evolutionaeren Entwicklung bringen, sind naemlich nicht so universal verbreitet und solche, die sogar einen Nachteil darstellen, werden negativ ausgelesen und verschwinden im Laufe der Zeit.
Womit wir exakt beim Thema dieses Threads waeren.
Deshalb sollte man sich wirklich mal ganz ernsthaft mit der Frage beschaeftigen, worin dieser Vorteil der Religiositaet fuer die Urgesellschaften, aus denen sich die moderne Menschheit entwickelt hat, gelegen haben koennte. Dieser Vorteil muss natuerlich nicht notwendigerweise auch heute noch bestehen, vor allem weil es mittlerweile auch recht erfolgreiche Gesellschaften gibt, die nicht religioes sind bzw. die ihre urspruenglich vorhandene starke Religiositaet deutlich zurueckgedraengt haben. |
Dass Religiösität evolutionär bevorteilt ist halte ich für einen Trugschluss. Phantasie, Kreativität, Neugier und Mustererkennung sind evolutionär vorteilhaft. Daraus ergibt sich automatisch der Drang Dinge erklären zu wollen. Das Bewusstsein der eigenen Kreativität, die Verknüpfung mit "übermächtigen Ereignissen" wie Sonne, Erdbeben, großen Bergen etc. legt den Schluss übermächtiger Wesen nahe. Wenn die Erklärungen dann noch halb zutreffen, sorgt das für Ansehen höhere Stellung in der Gruppe und damit für Fortpflanzungserfolg.
Oder so ähnlich.
Edit: RS
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1790340) Verfasst am: 24.10.2012, 21:54 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Dass Religiösität evolutionär bevorteilt ist halte ich für einen Trugschluss. |
Religiösität könnte von Vorteil gewesen sein, ohne Bezug auf Evolution.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1790341) Verfasst am: 24.10.2012, 22:03 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Dass Religiösität evolutionär bevorteilt ist halte ich für einen Trugschluss. |
Religiösität könnte von Vorteil gewesen sein, ohne Bezug auf Evolution. |
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1790343) Verfasst am: 24.10.2012, 22:11 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Dass Religiösität evolutionär bevorteilt ist halte ich für einen Trugschluss. |
Religiösität könnte von Vorteil gewesen sein, ohne Bezug auf Evolution. | |
Naja, kulturell halt. Ich denke, biologische Evolution ist zu langsam für das Aufblühen der religiösen Kulte. Daher habe ich BB's interessante Frage so beantwortet, als ob sie sich nicht auf biologische Evolution bezieht.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1790349) Verfasst am: 24.10.2012, 22:27 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Dass Religiösität evolutionär bevorteilt ist halte ich für einen Trugschluss. |
Religiösität könnte von Vorteil gewesen sein, ohne Bezug auf Evolution. | |
Naja, kulturell halt. Ich denke, biologische Evolution ist zu langsam für das Aufblühen der religiösen Kulte. Daher habe ich BB's interessante Frage so beantwortet, als ob sie sich nicht auf biologische Evolution bezieht. |
Das käme aber doch auf etwas ähnliches heraus. Wenn Religion von Vorteil wäre, müsste der Vorteil gegenüber etwas anderem sein. Da fällt mir nur eine Kultur ohne Religion ein. Damit hätten wir aber wieder nur eine Selektion und damit einen evolutionären Effekt.
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1790351) Verfasst am: 24.10.2012, 22:32 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Damit hätten wir aber wieder nur eine Selektion und damit einen evolutionären Effekt. |
Wenn Du es so allgemein siehst - ich verstehe unter Evolution die Durchsetzung bestimmter Gene aufgrund durch sie kodierter Fortpflanzungsvorteile.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1790352) Verfasst am: 24.10.2012, 22:43 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Damit hätten wir aber wieder nur eine Selektion und damit einen evolutionären Effekt. |
Wenn Du es so allgemein siehst - ich verstehe unter Evolution die Durchsetzung bestimmter Gene aufgrund durch sie kodierter Fortpflanzungsvorteile. |
Ich ja auch. Deswegen denke ich, dass Religion eine Folge vorteilhafter anderer Eigenschaften ist, etwas das nebenbei mit abfällt. Ich bin außerdem der Meinung, dass Religion selbst keinen echten Vorteil bringt, in unserer heutigen Gesellschaft scheint sich Religionsferne langsam aber sicher durchzusetzen, eben mit Vergrößerung des naturwissenschaftlichen Wissens. Das dürfte aber nicht sein, sollte Religion einen Vorteil haben.
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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sehr gut dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 05.08.2007 Beiträge: 14852
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(#1790357) Verfasst am: 24.10.2012, 22:59 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | in unserer heutigen Gesellschaft scheint sich Religionsferne langsam aber sicher durchzusetzen |
Kommt drauf an was "Religion" für dich bedeutet, wenn du es auf alte Formen reduzierst dann mag es so sein.
Für mich hat sich wesentlich nichts geändert, same procedure wie vor 1000 oder 2000 Jahren, nur das auch die Religionen heutige Formen angenommen haben.
Wieso sollte sich auch was ändern? Menschen sind immer noch ohnmächtige Wesen die sich Umständen gegenüber prostituieren müssen und ihnen ausgeliefert sind. Oder habe ich eine Transformation verpasst?
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Telliamed registrierter User
Anmeldungsdatum: 05.03.2007 Beiträge: 5125
Wohnort: Wanderer zwischen den Welten
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(#1790358) Verfasst am: 24.10.2012, 23:04 Titel: Re: Wieso wird Religiosität von der Evolution nicht bestraft |
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B.O.Bachter hat folgendes geschrieben: | Als ich unlängst in Paestum http://de.wikipedia.org/wiki/Paestum#Geschichte war, ging wieder einmal folgender Gedanke durch den Kopf:
Wieso wurde Religiosität, die sich auch als eine immense Verschwendung von Resourcen darstellt, nicht von der Evolution durch Aussterben bestraft. Hätten die Bewohner von Paestum z. B. ihre Anstrengungen in den Bau von Verteidigungsanlagen etc. investiert, wäre ihnen die Eroberung möglicherweise erspart geblieben.
Realistisch gesehen hat ein atheistisches Volk gegenüber einem religösen doch nur Vorteile. Wenn nicht, müßte man dann nicht anerkennen, dass Religion etwas Gutes ist? |
Das "atheistische Volk" kommt hier und dann noch einmal ... Nun habe ich ja schon in einer Gesellschaft gelebt, die zum größten Teil aus nichtreligiösen Menschen bestand. Aber nur knapp 40 Jahre, die freilich langfristige Folgen hatten. Die massenhafte "Rechristianisierung" mißlang weitgehend.
Freilich könnte jetzt jemand kommen und sagen, dass es bei uns in der DDR eben "Ersatzreligionen" gegeben habe, fragt sich dann nur, inwieweit die "im Volk" verwurzelt waren.
Wenn man gewohnt ist, größere Zeiträume zu überschauen, dann fällt es schwer, "Religion" und "Evolution", die sehr unterschiedliche Phänomene erfassen, irgendwie zusammenzubringen. Das scheinen mir völlig unterschiedliche Bereiche zu sein.
Religion würde ich eher mit Kultur in Verbindung bringen, bei der sich in den letzten beiden Jahrhunderten in atemberaubender Geschwindigkeit Veränderungen ergeben haben, wie das Zusammenströmen großer Menschenmassen in Ballungsgebieten, die Beschleunigung des Informationsflusses und eben auch das massenhafte Aufkommen von Atheismus, woran in den zwei und mehr Jahrtausenden zuvor nicht zu denken war.
"Evolution" ist ein naturgeschichtlicher Prozeß, für den die Uhren ganz anders laufen, als für Veränderungen im gesellschaftlichen Bewusstsein.
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1790359) Verfasst am: 24.10.2012, 23:23 Titel: |
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sehr gut hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | in unserer heutigen Gesellschaft scheint sich Religionsferne langsam aber sicher durchzusetzen |
Kommt drauf an was "Religion" für dich bedeutet, wenn du es auf alte Formen reduzierst dann mag es so sein.
Für mich hat sich wesentlich nichts geändert, same procedure wie vor 1000 oder 2000 Jahren, nur das auch die Religionen heutige Formen angenommen haben.
Wieso sollte sich auch was ändern? Menschen sind immer noch ohnmächtige Wesen die sich Umständen gegenüber prostituieren müssen und ihnen ausgeliefert sind. Oder habe ich eine Transformation verpasst? |
Die Transformation heißt Verfügbarkeit von Information und Aufstreben der Naturwissenschaft. Glaubenssysteme mit übernatürlichen Bestandteilen sowie falschgetestete Glaubenssysteme werden es auf Dauer schwer haben.
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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beachbernie male Person of Age and without Color
Anmeldungsdatum: 16.04.2006 Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii
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(#1790360) Verfasst am: 24.10.2012, 23:23 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | beachbernie hat folgendes geschrieben: | Betrachtet man sich die verschiedenen Kulturen innerhalb der Menschheit, so faellt auf, dass es in praktisch jeder irgendeine Form von Religiositaet gibt. Von theistischer Seite wird das gerne als "Beweis" dafuer angefuehrt, dass es einen Gott oder zumindest irgendetwas "Goettliches" geben muss.
Meines Erachtens beweist dieses Phaenomen allerdings was ganz Anderes: Naemlich, dass Religiositaet waehrend der Entwicklung der modernen Menschheit offensichtlich einen Evolutionsvorteil dargestellt haben muss, sonst ware dieses Phaenomen nicht so weit verbreitet wie es dies ist. Merkmale, die keinen Vorteil in der evolutionaeren Entwicklung bringen, sind naemlich nicht so universal verbreitet und solche, die sogar einen Nachteil darstellen, werden negativ ausgelesen und verschwinden im Laufe der Zeit.
Womit wir exakt beim Thema dieses Threads waeren.
Deshalb sollte man sich wirklich mal ganz ernsthaft mit der Frage beschaeftigen, worin dieser Vorteil der Religiositaet fuer die Urgesellschaften, aus denen sich die moderne Menschheit entwickelt hat, gelegen haben koennte. Dieser Vorteil muss natuerlich nicht notwendigerweise auch heute noch bestehen, vor allem weil es mittlerweile auch recht erfolgreiche Gesellschaften gibt, die nicht religioes sind bzw. die ihre urspruenglich vorhandene starke Religiositaet deutlich zurueckgedraengt haben. |
Dass Religiösität evolutionär bevorteilt ist halte ich für einen Trugschluss. Phantasie, Kreativität, Neugier und Mustererkennung sind evolutionär vorteilhaft. Daraus ergibt sich automatisch der Drang Dinge erklären zu wollen. Das Bewusstsein der eigenen Kreativität, die Verknüpfung mit "übermächtigen Ereignissen" wie Sonne, Erdbeben, großen Bergen etc. legt den Schluss übermächtiger Wesen nahe. Wenn die Erklärungen dann noch halb zutreffen, sorgt das für Ansehen höhere Stellung in der Gruppe und damit für Fortpflanzungserfolg.
Oder so ähnlich.
Edit: RS |
Ich denke hier bist Du auf einer ganz heissen Spur...
Selbstverstaendlich ist die von Dir aufgefuehrte Neugier von unschaetzbarem Vorteil. Ich denke sie kann aber auch zum Fluch werden, naemlich dann wenn sich diese Neugier mit einer Frage beschaeftigt, die der betreffende Mensch von seinem Wissensstand her gar nicht beantworten kann. Gerade bei den hellsten Geistern wird die Neugier zu einem unbezaehmbaren Wissensdrang und unbeantwortete Fragen lassen sie nicht ruhen bis sie sie beantwortet haben und behindern so die Beschaeftigung mit anderen, vielleicht eher beantwortbaren Fragen.
Koennte Religion und Religiositaet nicht vielleicht so eine Art "Ueberdruckventil" darstellen, mit dem sich die menschliche Neugier quasi mit einem Placebo ruhigstellen liess, wenn es um Fragen ging, die fuer den Augenblick einfach nicht beantwortbar waren? Es faellt naemlich auf, dass viele Naturphaenomene, mit deren Erklaerung die fruehen Menschen einfach ueberfordert sein mussten, Gottheiten zugeschrieben wurden, z.B. Blitz und Donner oder Erdbeben und Vulkanausbrueche. So konnten sich gerade die hellsten Geister der fruehen Menschheit auf die Fragen konzentrieren, die sie auch klaeren konnten.
Dies wuerde auch die unbezweifelbare Zurueckdraengung der Religion in der Moderne erklaren helfen. In dem Masse wie klar wird, dass immer mehr Bereiche der Natur wissenschaftlicher Forschung zugaenglich sind, werden Goetter und Religion zunehmend ueberfluessig, das "Ueberdruckventil" wird nicht mehr gebraucht und stillgelegt. Zuerst verschwanden die "spezialisierten" Goetter wie Donnergott oder Meeresgott, weil deren Zustaendigkeitsbereich vom menschlichen Forschergeist ausgeleuchtet und so entmystifiziert wurde und heutzutage werden auch die Universalgottheiten der monotheistischen Religionen obsolet, die sich bisher immer noch in die noch nicht oder nur wenig ausgeleuchteten Ecken des Wissensuniversums fluechten konnten. Nicht dass der Mensch mittlerweile auch nur annaehernd alle Fragen des Universums beantwortet haette, dies ist bei Weitem nicht der Fall, aber zumindest ist die Wissenschaft soweit vorgedrungen, dass sich immerhin sagen laesst, dass zumindest die allermeisten Bereiche der Natur wissenschaftlicher Erforschung zugaenglich sind und man zumindest hoffen kann, dass prinzipiell alle Fragen von Menschen beantwortbar sind.
Einer der letzten Bereiche, die noch Raum fuer Religiositaet lassen, ist der der Elementarteilchen und unter den damit befassten Wissenschaftlern finden wir noch einige, die eine sehr abstrakte Religiositaet an den Tag legen, die mit dem traditionellen Gottglauben der grossen mosaischen Religionen nur noch sehr wenig zu tun hat. Sozusagen das letzte Reservat fuer die aussterbende Spezies der Goetter. Nicht umsonst tauchte kuerzlich ein sogenanntes "Gottesteilchen" in den Schlagzeilen der Weltpresse auf.
_________________ Defund the gender police!!
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1790363) Verfasst am: 24.10.2012, 23:32 Titel: |
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@BB genau das meinte ich, bis auf den letzten Absatz. Die Bezeichnung Gottteilchen fürs Higgsboson wird von Naturwissenschaftlern einhellig abgelehnt. Der Rückzug der Religionen findet aus meiner Sicht eher in die gesellschaftlichen Bereiche statt. Die Wissenschaften die sich darum kümmern sind aufgrund der Komplexität dieser Themen noch am Anfang des Weges. Noch genug Platz für Religionen.
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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Critic oberflächlich
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 16342
Wohnort: Arena of Air
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(#1790382) Verfasst am: 25.10.2012, 02:52 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | beachbernie hat folgendes geschrieben: | Betrachtet man sich die verschiedenen Kulturen innerhalb der Menschheit, so faellt auf, dass es in praktisch jeder irgendeine Form von Religiositaet gibt. Von theistischer Seite wird das gerne als "Beweis" dafuer angefuehrt, dass es einen Gott oder zumindest irgendetwas "Goettliches" geben muss.
Meines Erachtens beweist dieses Phaenomen allerdings was ganz Anderes: Naemlich, dass Religiositaet waehrend der Entwicklung der modernen Menschheit offensichtlich einen Evolutionsvorteil dargestellt haben muss, sonst ware dieses Phaenomen nicht so weit verbreitet wie es dies ist. Merkmale, die keinen Vorteil in der evolutionaeren Entwicklung bringen, sind naemlich nicht so universal verbreitet und solche, die sogar einen Nachteil darstellen, werden negativ ausgelesen und verschwinden im Laufe der Zeit.
Womit wir exakt beim Thema dieses Threads waeren.
Deshalb sollte man sich wirklich mal ganz ernsthaft mit der Frage beschaeftigen, worin dieser Vorteil der Religiositaet fuer die Urgesellschaften, aus denen sich die moderne Menschheit entwickelt hat, gelegen haben koennte. Dieser Vorteil muss natuerlich nicht notwendigerweise auch heute noch bestehen, vor allem weil es mittlerweile auch recht erfolgreiche Gesellschaften gibt, die nicht religioes sind bzw. die ihre urspruenglich vorhandene starke Religiositaet deutlich zurueckgedraengt haben. |
Dass Religiösität evolutionär bevorteilt ist halte ich für einen Trugschluss. Phantasie, Kreativität, Neugier und Mustererkennung sind evolutionär vorteilhaft. Daraus ergibt sich automatisch der Drang Dinge erklären zu wollen. Das Bewusstsein der eigenen Kreativität, die Verknüpfung mit "übermächtigen Ereignissen" wie Sonne, Erdbeben, großen Bergen etc. legt den Schluss übermächtiger Wesen nahe. Wenn die Erklärungen dann noch halb zutreffen, sorgt das für Ansehen höhere Stellung in der Gruppe und damit für Fortpflanzungserfolg.
Oder so ähnlich.
Edit: RS |
Und wenn der Schamane erst Recht hat, was die Zeit der Aussaat und Ernte betrifft, könnte er dann nicht auch Recht haben, was seine Aussagen über die Geisteswelt oder das Jenseits betrifft? Indem sie manche Antworten gibt, die vielleicht sogar einen Sinn haben, macht die Religion sich damit erstmal selbst wichtig.
Dadurch fühlt ein Mitglied der Gesellschaft sich selbst auch aufgewertet gegenüber jenen, die diesen Glauben oder diese Führung nicht haben: Mit dieser Führung ist er gut aufgehoben, im Leben wie im Nachleben -- und der außerhalb der Gesellschaft Stehende nicht.
_________________ "Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"
Dann bin ich halt bekloppt.
"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
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mat-in registrierter User
Anmeldungsdatum: 03.12.2011 Beiträge: 782
Wohnort: Heidelberg
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(#1790389) Verfasst am: 25.10.2012, 06:57 Titel: Re: Wieso wird Religiosität von der Evolution nicht bestraft |
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Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Murphy hat folgendes geschrieben: | Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Es kursiert der Spruch, in einem abstürzenden Flugzeug gibt es keine Atheisten. Ich denke, da ist was dran. Der Glaube an ein jenseitiges Leben kann sinnstiftend sein, das ist m. E. selbstevident. |
Ich find den Spruch unter aller Sau. |
Was ist denn Dein Argument gegen meine Behauptung, dass religiöser Glaube eine Palliativ-Funktion hat? Willst Du bestreiten, dass es nicht wenige Menschen gibt, für die der Glaube eine beruhigende Perspektive bietet? | Umgekehrt ist jedoch ganz genauso der Fall, die Leute die mit 30 an Krebs sterben und plötzlich zum ersten Mal tief zweifeln ob das alles vielleicht doch nicht den Sinn hat den sie sich immer rein gedacht haben oder wo es in Wut umschlägt, wie ihr Gott ihnen das antun kann. Glaube hat da also genauso eine Verzweiflungsstiftende Funktion. Abgesehen davon sind palliative Situationen für die Evolution vollkommen unerheblich fürchte ich und was den Spruch an sich angeht muß ich meinem Vorreder recht geben. So einen Quark in einem Gespräch wäre für mich ein Grund mich ebenfalls sehr verletztend zu äußern und das Gespräch dann ggf. abzubrechen. Denn in einem abstürzenden Flugzeug gibt es ein par Sekunden später mit Sicherheit auch keine Gläubigen Menschen mehr...
_________________ Holz ist ein nachwachsender Rohstoff - auch in den Köpfen der Leute.
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kereng Privateer
Anmeldungsdatum: 12.12.2006 Beiträge: 3052
Wohnort: Hamburg
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(#1790391) Verfasst am: 25.10.2012, 07:56 Titel: |
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beachbernie hat folgendes geschrieben: | Meines Erachtens beweist dieses Phaenomen allerdings was ganz Anderes: Naemlich, dass Religiositaet waehrend der Entwicklung der modernen Menschheit offensichtlich einen Evolutionsvorteil dargestellt haben muss, sonst ware dieses Phaenomen nicht so weit verbreitet wie es dies ist. Merkmale, die keinen Vorteil in der evolutionaeren Entwicklung bringen, sind naemlich nicht so universal verbreitet und solche, die sogar einen Nachteil darstellen, werden negativ ausgelesen und verschwinden im Laufe der Zeit. |
Dann darfst du jetzt grübeln, worin der Evolutionsvorteil der Homosexualität oder der Masturbation besteht, die offenbar in allen menschlichen Kulturen verbreitet sind.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1790393) Verfasst am: 25.10.2012, 08:15 Titel: |
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beachbernie hat folgendes geschrieben: | Meines Erachtens beweist dieses Phaenomen allerdings was ganz Anderes: Naemlich, dass Religiositaet waehrend der Entwicklung der modernen Menschheit offensichtlich einen Evolutionsvorteil dargestellt haben muss, sonst ware dieses Phaenomen nicht so weit verbreitet wie es dies ist. Merkmale, die keinen Vorteil in der evolutionaeren Entwicklung bringen, sind naemlich nicht so universal verbreitet und solche, die sogar einen Nachteil darstellen, werden negativ ausgelesen und verschwinden im Laufe der Zeit. |
Ich finde, man sollte "die Evolution" nun auch nicht so anbeten, als sei diese sozusagen das höchste Gremium für das Wahre und Gute. Die Evolution ist eigentlich ihre eigene Tautologie: Es setzt sich durch, was sich durchsetzt. (und das ist der Beweis!)
Religion setzt auf einen geistigen Apparat auf, der in der Lage ist, Vorstellungen und Interpretationen der Welt und bestimmter Zustände und Ereignisse zu produzieren. Setzen sich in einigen Gruppen und Regionen bestimmte Vorstellungen und Interpretationen mit einer gewissen Verbindlichkeit durch, so hat man es mit der Grundmatrize von Religion als einem System unbegründeter oder miserabel begründeter Annahmen zu tun.
Religiöse Systeme sind eigentlich nur ein Spezialfall dieser Grundmatrize.
Dahinter stecken Bedürfnisse, aber auch gemeinschaftliche Zwänge. Religion hat Kompensationsfunktion für die Abwesenheit humaner Zustände, aber sie hat auch Repressionsfunktion gegenüber Widerständen und Aufständen gegen inhumane Zustände.
Theoretisch könnte mit dem Sieg des Humanismus die Religion in jener doppelten Funktion verschwinden. Aber wohl erst dann ...-!
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K.I.Z - Frieden
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Effô Tisetti Königsblau bis in den Tod
Anmeldungsdatum: 18.09.2003 Beiträge: 9920
Wohnort: 75
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(#1790397) Verfasst am: 25.10.2012, 09:31 Titel: Re: Wieso wird Religiosität von der Evolution nicht bestraft |
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Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Was ist denn Dein Argument gegen meine Behauptung, dass religiöser Glaube eine Palliativ-Funktion hat? Willst Du bestreiten, dass es nicht wenige Menschen gibt, für die der Glaube eine beruhigende Perspektive bietet? Das denke ich dürfte Dir schwer fallen. Menschen sind nun einmal von Natur aus ängstlich und greifen nach jedem Strohhalm, wenn es "eng" wird. |
Das gilt aber nur für religiöse Menschen. In meinem Weltbild ist "Gott" nicht enthalten und ich halte es für nahezu ausgeschlossen, dass er sich selbst im Moment eines Flugzeugabsturzes plötzlich wieder einschleichen könnte. Die m.E. offensichtliche Anmaßung des Spruchs besteht ja darin, dass er die Ungläubigen vereinnahmt und eine unwahrscheinliche und kaum verifizierbare Spekulation in dem Sinne verabsolutiert, dass "die Atheisten" nur zu ignorant oder überheblich sind, um Gottes Existenz anzuerkennen. Dazu bedürfe es dieser Extremsituation.
Natürlich greift man nach (fast) "jedem Strohhalm". Aber sicher nicht nach einem übernatürlichem. Atheisten unterstellen Gläubigen ja auch nicht, dass sie in einem solchen Falle alle Naturalisten werden, weil sie im letzten Augenblick hoffen, in ein Paralleluniversum "verschränkt" zu werden.
_________________ "Die einfache Formel: Jesus ist stärker! hilft Menschen, sich aus der Fixierung völlig irrationaler Wertesysteme zu lösen."
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26480
Wohnort: im Speckgürtel
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(#1790403) Verfasst am: 25.10.2012, 10:29 Titel: Re: Wieso wird Religiosität von der Evolution nicht bestraft |
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Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | .....
Was ist denn Dein Argument gegen meine Behauptung, dass religiöser Glaube eine Palliativ-Funktion hat? Willst Du bestreiten, dass es nicht wenige Menschen gibt, für die der Glaube eine beruhigende Perspektive bietet? Das denke ich dürfte Dir schwer fallen. Menschen sind nun einmal von Natur aus ängstlich und greifen nach jedem Strohhalm, wenn es "eng" wird. |
@DU: Wenn Du dich selbst beim Beten beobachtest, ist das eine Sache - aber wie Effô Tisetti schon geantwortet hat, hängt das eher mit Mustern ab, die dich in deiner Sozialisation geprägt haben als mit Religion im Allgemeinen. Findest Du es nicht selbst auch eher erheiternd, dass gerade auch Leute, die eigentlich wissen müssten, dass sie in "die Hölle" kommen, ich meine Schwerstkriminelle aus dem katholischen Milieu (nein, diesmal nicht der Klerus, sondern mehr so was wie die Mafia, wo die beiden keine Schnittmenge haben) gleichzeitig tief religiös sind? Und gerade das sind ja keine Kuschelchristen, sondern die haben im Prinzip eher den Gott des AT im Haus.
Da sind wir aber auch alle anders. Von mir weiß ich aus Erfahrung, dass meine allgemeine Reaktion auf Lebensgefahr ein relativ kurzer gefühlsmäßiger Abschied und bei körperlichen Notsituationen ein ganz kurzes Abschätzen der Chancen und ein angstnegierendes, unverzögertes Handeln auf dem Weg ist, der mir vorher die höchste Überlebenswahrscheinlichkeit versprach. Ich habe derartige Situationen zweimal erlebt und mich anschließend selbst sowohl über mich als auch über den Erfolg gewundert. Das entspricht nämlich nicht meinem Naturell im "Normalleben.
*****
Wir haben hier auch irgendwo schon mal eine Untersuchung zu diesem Thema zitiert: Was viel mehr zählt, ist die Hoffnung, über die Beeinflussung der Götter (Gebete, Opfer) das eigentlich Unkontrollierbare zu beeinflussen, d.h. die Unterordnung unter einen Gott ist paradoxerweise tatsächlich der Versuch, den Kontrollbereich zu erweitern.
Das Zweite, was hier viel zu viel Gewicht hat, ist ein eventueller Einfluss auf die Fittness des Einzelnen, so eine Art Primitivdarwinismus. Als sei Religion ohne Sprache, ohne Kultur überhaupt möglich. Religion ist ein kultureller Aufbau, der damit die selbe wesentliche Voraussetzung hat wie Sprache auch: Tradition. Und als Tradition ist Religion ein Besitz der Gemeinschaft und damit nicht über die Fittness Einzelner zu erfassen, am deutlichsten sichtbar an der Funktion von Orden, die (zumindest vom Anspruch her) die eigene Vermehrung komplett aufgegeben haben. Aber zur systemtheoretischen Seite von Religion bzw. der "Evolution der Kulturen" (das ist das Selbe) habe ich eine Seite vorher schon genug gesagt.
fwo
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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beachbernie male Person of Age and without Color
Anmeldungsdatum: 16.04.2006 Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii
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(#1790514) Verfasst am: 25.10.2012, 20:15 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | beachbernie hat folgendes geschrieben: | Meines Erachtens beweist dieses Phaenomen allerdings was ganz Anderes: Naemlich, dass Religiositaet waehrend der Entwicklung der modernen Menschheit offensichtlich einen Evolutionsvorteil dargestellt haben muss, sonst ware dieses Phaenomen nicht so weit verbreitet wie es dies ist. Merkmale, die keinen Vorteil in der evolutionaeren Entwicklung bringen, sind naemlich nicht so universal verbreitet und solche, die sogar einen Nachteil darstellen, werden negativ ausgelesen und verschwinden im Laufe der Zeit. |
Ich finde, man sollte "die Evolution" nun auch nicht so anbeten, als sei diese sozusagen das höchste Gremium für das Wahre und Gute. Die Evolution ist eigentlich ihre eigene Tautologie: Es setzt sich durch, was sich durchsetzt. (und das ist der Beweis!) ...
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Ich "bete die Evolution" nicht "an" und betrachte sie auch nicht als "höchstes Gremium für das Wahre und Gute". Ich sage lediglich, ein spezialisiertes Merkmal, das innerhalb einer taxonomischen Einheit unversell ausgepraegt ist, muss einen Selektionsvorteil darstellen oder zumindest irgendwann in der Vergangenheit mal dargestellt haben, sonst waere es nicht universell in diesem Taxon verbreitet. Die universelle Verbreitung eines Merkmals ist ein sehr starkes Indiz fuer einen stattgefundenen evolutionaeren Ausleseprozess. Dies hat nichts mit "wahr und gut" zu tun, sondern es handelt sich hierbei um eine logische Schlussfolgerung!
_________________ Defund the gender police!!
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mat-in registrierter User
Anmeldungsdatum: 03.12.2011 Beiträge: 782
Wohnort: Heidelberg
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(#1790534) Verfasst am: 25.10.2012, 22:01 Titel: |
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Mal neu neue Frage in die Runde: Was ist der Evolutive Vorteil davon, daß wir alle auf Coca Cola und Süßspeisen abfahren, wo doch Obst viel gesünder wäre? Das muß doch einen Sinn machen und evolutiv einen Vorteil haben?
_________________ Holz ist ein nachwachsender Rohstoff - auch in den Köpfen der Leute.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1790544) Verfasst am: 25.10.2012, 22:33 Titel: |
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beachbernie hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | beachbernie hat folgendes geschrieben: | Meines Erachtens beweist dieses Phaenomen allerdings was ganz Anderes: Naemlich, dass Religiositaet waehrend der Entwicklung der modernen Menschheit offensichtlich einen Evolutionsvorteil dargestellt haben muss, sonst ware dieses Phaenomen nicht so weit verbreitet wie es dies ist. Merkmale, die keinen Vorteil in der evolutionaeren Entwicklung bringen, sind naemlich nicht so universal verbreitet und solche, die sogar einen Nachteil darstellen, werden negativ ausgelesen und verschwinden im Laufe der Zeit. |
Ich finde, man sollte "die Evolution" nun auch nicht so anbeten, als sei diese sozusagen das höchste Gremium für das Wahre und Gute. Die Evolution ist eigentlich ihre eigene Tautologie: Es setzt sich durch, was sich durchsetzt. (und das ist der Beweis!) ...
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Ich "bete die Evolution" nicht "an" und betrachte sie auch nicht als "höchstes Gremium für das Wahre und Gute". Ich sage lediglich, ein spezialisiertes Merkmal, das innerhalb einer taxonomischen Einheit unversell ausgepraegt ist, muss einen Selektionsvorteil darstellen oder zumindest irgendwann in der Vergangenheit mal dargestellt haben, sonst waere es nicht universell in diesem Taxon verbreitet. Die universelle Verbreitung eines Merkmals ist ein sehr starkes Indiz fuer einen stattgefundenen evolutionaeren Ausleseprozess. Dies hat nichts mit "wahr und gut" zu tun, sondern es handelt sich hierbei um eine logische Schlussfolgerung! |
Einen Vorteil können spezifische Merkmale nur immer in Abhängigkeit von der Umwelt mit sich bringen. Deshalb sind Merkmale nie absolut zu sehen, sondern sie sind relativ in bezug zur Umgebung.
Religion ist darüber hinaus gar kein biologisches Merkmal. Religiösität kann kommen, sie kann verschwinden, je nach Verhältnissen der Umwelt und Gesellschaft.
Religiöses Denken ist darüber hinaus mangelhaftes, unvollständiges Denken, Interpretieren und Schlussfolgern. Somit handelt es sich quasi um ein nicht ausgeprägtes bzw. verkümmertes Denken, was darauf hindeutet, dass es Lebensverhältnisse gibt, die das Denken verkümmern lassen und die auch die Kritikfähigkeit verkümmern lassen oder aktiv unterdrücken.
Religion ist ja - wie oben geschrieben - zweierlei: der Glaube an Märchen zum einen und ein Mittel der Repression aus Sicht der herrschenden Klassen zum zweiten.
Das einzige, was auf die Evolution verweist sind entsprechende Dispositionen des Menschen, also biologisch angelegte Möglichkeiten verschiedener Interpretationsmuster. Darunter befinden sich auch irrationale Denkmuster. Da aber jene Dispositionen völlig mehrdeutig sind im Hinblick darauf, was daraus werden kann, könnte man höchstens sagen, es sei ein evolutionärer Vorteil, unter anderem auch eine religiöse Disposition zu besitzen, neben vielen weiteren ...-
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K.I.Z - Frieden
Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video
Informationsstelle Militarisierung e.V.
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#1790563) Verfasst am: 26.10.2012, 01:02 Titel: |
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Jo, ich muss hier Spektiker zustimmen. Religiosität ist <s>ein</s> kein (edit!) biologisches Merkmal, allemal das Potential zur Religiosität und das würde ich stark als Nebenwirkung anderer Merkmale wie bspw. Kreativität ansehen.
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
Zuletzt bearbeitet von Kival am 26.10.2012, 02:14, insgesamt einmal bearbeitet |
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AlexJ Supermarktoverlord
Anmeldungsdatum: 11.04.2008 Beiträge: 2353
Wohnort: Köln
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(#1790565) Verfasst am: 26.10.2012, 02:06 Titel: Re: Wieso wird Religiosität von der Evolution nicht bestraft |
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Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Es kursiert der Spruch, in einem abstürzenden Flugzeug gibt es keine Atheisten. Ich denke, da ist was dran. |
Mit dem Gedanken liegst du aber falsch. Selbst viele gläubige, die mit einer solchen Situation konfrontiert sehen(in der sie selber nur noch auf das Eintreten, eines sich bereits abzeichnenden Unglücks, warten können.) wenden sich nicht (und schon gar nicht automatisch) ihrer Religion als vermeintlichen Trost Spender(Nachleben) oder Hoffnung Bringer(Wunder) zu.
Es gibt verdammt viel mehr mit denen Menschen sich in einer solchen Zeit beschäftigen (und eventuell ablenken) können, Religion ist nur eine solche Beschäftigung und nicht mal eine Mehrheitsreaktion.
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Hatiora sukkulent
Anmeldungsdatum: 16.09.2012 Beiträge: 4896
Wohnort: Frankfurt
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(#1790815) Verfasst am: 27.10.2012, 19:08 Titel: Re: Wieso wird Religiosität von der Evolution nicht bestraft |
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AlexJ hat folgendes geschrieben: | Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Es kursiert der Spruch, in einem abstürzenden Flugzeug gibt es keine Atheisten. Ich denke, da ist was dran. |
Mit dem Gedanken liegst du aber falsch. Selbst viele gläubige, die mit einer solchen Situation konfrontiert sehen(in der sie selber nur noch auf das Eintreten, eines sich bereits abzeichnenden Unglücks, warten können.) wenden sich nicht (und schon gar nicht automatisch) ihrer Religion als vermeintlichen Trost Spender(Nachleben) oder Hoffnung Bringer(Wunder) zu.
Es gibt verdammt viel mehr mit denen Menschen sich in einer solchen Zeit beschäftigen (und eventuell ablenken) können, Religion ist nur eine solche Beschäftigung und nicht mal eine Mehrheitsreaktion. |
Selbst wenn es sich um trivialere Anlässe als einen Flugzeugabsturz handelt, die angsteinflößend sind, wird man mich unter Umständen in der Gegend herumspringen und "ogottogottogott" murmeln hören. Warum? Naja, Fight-or-flight-Syndrom mit konditionierter Lautäußerung. Ich gehe in diesen Situationen nicht davon aus, dass irgendetwas Übernatürliches geschehen wird. Ich versuche einfach, Stress abzubauen. Mantras zu murmeln kann da helfen, oder auch andere Formen von ritualisierten Verhalten.
_________________ "Daß alles immer schlimmer wird, versteht sich auch im neuen Jahr von selbst und hat noch immer nichts mit Verschwörung zu tun, sondern mit allen, die ihre Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen verrichten." Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück.
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Critic oberflächlich
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 16342
Wohnort: Arena of Air
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(#1790818) Verfasst am: 27.10.2012, 19:34 Titel: |
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mat-in hat folgendes geschrieben: | Mal neu neue Frage in die Runde: Was ist der Evolutive Vorteil davon, daß wir alle auf Coca Cola und Süßspeisen abfahren, wo doch Obst viel gesünder wäre? Das muß doch einen Sinn machen und evolutiv einen Vorteil haben? | Liegt das nicht daran, daß wir "evolutionär" geprägt sind, Süßes als positiv zu empfinden? Im "natürlichen Umfeld" war es wohl so, daß Früchte, die gefahrlos gegessen werden können, eine gewisse Süße hatten -- andererseits Früchte, die ungenießbar oder sogar giftig sind, bitter sind. Schon Babies haben derartige Präferenzen oder Abneigungen. Und was noch süßer ist, wird dann als noch gesünder angesehen . Andererseits setzt Zucker auch Glückshormone, Endorphine, frei (was wohl den ersten Aspekt ergänzt). Und da Industrieprodukte mehr Zucker enthalten als die reinen Früchte, tendiert man auch deshalb zu ersteren .
_________________ "Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"
Dann bin ich halt bekloppt.
"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
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