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Sitzenbleiben abschaffen - wie?
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esme
lebt ohne schützende Gänsefüßchen.



Anmeldungsdatum: 12.06.2005
Beiträge: 5667

Beitrag(#1818316) Verfasst am: 20.02.2013, 03:12    Titel: Antworten mit Zitat

Ich habe im übrigen gestern ein längeres Post zum Thema geschrieben, dass offenbar von meinem Browser geschluckt wurde.

Meine Meinung zum Sitzenbleiben ist, dass die reine Wirksamkeit für den Lernerfolg nicht nur an den Sitzenbleibern gemessen werden kann. Man misst die Wirkung einer Verhütungsmethode ja auch nicht nur an den Schwangeren und stellt dann fest, dass sie bei niemandem nützt.

Ich bin ansonsten aus vielen Gründen kein Fan der extrinsischen Motivation, aber es reicht nicht, zu sagen, dass intrinsische Motivation einfach da sein sollte, wenn ein Abdriften in der Schulzeit für das spätere Leben mit massiven Nachteilen verbunden ist, auch wenn die intrinsische Motivation dann mit 20 zurückkommt. Ich glaube daher nicht, dass man im Schulbetrieb auf extrinsische Motivation völlig verzichten kann. Ob dann weniger zeitnahe Konsequenzen als Sitzenbleiben besser sind, ist eher unklar. (Zum Beispiel eben bis zur Matura angesammelte nichtabsolvierte Module in einem ungeliebten Fach.)

In Österreich ist übrigens in vielen Hauptschulen (insbesondere denen in Problemvierteln) das Sitzenbleiben de facto abgeschafft, weil (laut Hauptschullehrern in meinem Bekanntenkreis) "von oben" vorgegeben wird, dass etwa in einer Klasse nicht mehr als zwei Schüler durchfallen dürfen. Dass ist dann in Kombination mit einem Schüler, der durchaus einen guten Abschluß schaffen könnte, vom Vater aber beigebracht wurde, dass man auf Frauen nicht hören muss (und dessen Mutter sich bei der Lehrerin beschämt entschuldigt, dass sie nichts tun kann, damit der Sohn etwas für die Schule macht), keineswegs im Interesse des Schülers, da er sicher nicht bis 15 draufkommen wird, dass ihn sein Vater nicht gut auf das Berufsleben vorbereitet hat.
Umgekehrt ist es auch keine gute Lösung, wenn viele Schüler sooft durchfallen, dass es dann Klassen mit 10jährigen und 14jährigen gibt, in denen die 14jährigen die Kleinen terrorisieren.

Ich meine, dass es sowohl selbstständiges Arbeiten wie böse Frontalvorträge für Gruppen, die nach Vorwissen, Aufnahmegeschwindigkeit und Interesse selektiert sind, geben muss, da Vorträge von angepasstem Niveau schlicht mehr Wissen pro Zeiteinheit rüberbringen, man kann nicht in einem Menschenleben alles selbst neu entdecken (wie das zum Beispiel in den USA in vielen Schulen erwartet wird, dass die Kinder selber Rechenregeln zum Multiplizieren erforschen, und nicht irgendwas üben). Gleichzeitig muss es klare Konsequenzen (für die Eltern!) geben, wenn die Eltern den Bildungsweg der Kinder sichtlich vernachlässigen bzw. sabotieren. Beim Mutter-Kind-Paß geht es auch, dass man Schwangeren vorschreibt, was sie im Interesse des Kindes tun müssen (und das wird auch mit Geldentzug sanktioniert). Warum soll das bei Eltern von Schulkindern nicht gehen? Weil es auch Männer trifft?
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Kival
Profeminist Ghost



Anmeldungsdatum: 14.11.2006
Beiträge: 24071

Beitrag(#1818322) Verfasst am: 20.02.2013, 03:43    Titel: Antworten mit Zitat

Nur zu einem Punkt (erstmal):

esme hat folgendes geschrieben:
... da Vorträge von angepasstem Niveau schlicht mehr Wissen pro Zeiteinheit rüberbringen, man kann nicht in einem Menschenleben alles selbst neu entdecken...


Also meiner Erfahrung nach sind diese Vorträge eine ziemliche Zeitverschwendung; die Inhalte kann ich viel schneller durch das Lesen eines Textes vergleichbaren Inhalts erwerben; vertiefen und besser verstehen kann ich dies dann nicht durch allgemeine Vorträge sondern durch a) Diskussion darüber b) Anwendung c) konkrete Antworten auf Fragen.

Menschen sind unterschiedlich. Manche können Informationen besser beim Hören verarbeiten, manche besser beim sehen/lesen. Für erstere sind solche Vorträge besonders sinnvoll, für zweitere eher weniger. Auch für Mathevorlesungen kann ich besser anhand des Skripts in Ruhe anstatt durch Vortrag und Tafelanschrieb lernen. Letzteres ist für mich praktisch immer sinnlos gewesen.
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"A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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esme
lebt ohne schützende Gänsefüßchen.



Anmeldungsdatum: 12.06.2005
Beiträge: 5667

Beitrag(#1818326) Verfasst am: 20.02.2013, 03:53    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:

Ich will nur mal klarstellen, dass mir vollkommen klar ist, dass es gut möglich ist, dass unter den gegebenen Bedingungen der von dir erwähnte Lehrer das beste getan hatte, was er tun konnte. Hier in diesem Thread geht es aber eben auch um Maßnahmen (wie Zusammensetzung der Klasse oder Sitzenbleiben), die nicht der einzelne Lehrer entscheidet. Und den besten Schülern systematisch nur Nachhilfegeben anzubieten, weil das so toll ist, ist für mich als Lösung inakzeptabel.

Weiters möchte ich noch sagen, dass es in meiner Klasse einige Schüler gab, die große Probleme mit der Schule und speziell in Mathematik hatten. Das war bei den meisten nicht auf die spezielle Organisation der Schule zurückzuführen, sondern auf handfeste Probleme wie Tod eines Elternteils, mißhandelnde Eltern, Scheidung der Eltern, Eltern, die einen enormen Leistungsdruck auf das Kind ausüben und ADHS (was aber erst nach der Schulzeit diagnostiziert wurde).

Eine Mitschülerin war tatsächlich ein klassischer "unbegabt in Mathematik"-Fall. Sehr begabt in Sprachen und Kunst, konnte in Mathematik grundsätzlich alles lernen, hat dafür aber zu lange gebraucht, um mitzuhalten. Sie hat dann an ein anderes Gymnasium gewechselt, dass sich auf solche Fälle spezialisiert. (Also nicht einfach den Ruf hat, "leicht" zu sein, sondern den Leuten am Rande des Durchfallens tatsächlich was beizubringen.)

Es wird also de fakto noch weit mehr differenziert als nur in Hauptschule und Gymnasien. Und das Sitzenbleiben hätte sich meine Mitschülerin sparen können, wenn sie früher in Mathematik einen geschwindigkeitsmäßigen angepassten Unterricht erhalten hätte (schlicht weniger Stoff pro Zeit bzw. öfteres Wiederholen). Umgekehrt wäre diese Mitschülerin nach einer echten Abschaffung des Sitzenbleibens in unserer Schule verblieben, hätte dann vom Stoff in Mathematik gar nichts mehr mitbekommen und dementsprechend die Matura nicht geschafft.
Ich würde also vorschlagen, statt der Abschaffung des Sitzenbleibens die Voraussetzungen so ändern, dass Sitzenbleiben von Haus aus seltener wird.

Ich habe in meinem Bekanntenkreis auch Leute mit einem echten Mathematiktrauma (Alpträume 20 Jahre nach der Matura), die sukzessive Aufweichung der Anforderungen ist aber keine Lösung für ein Problem, das nicht aus der Mathematik, sondern der Gesellschaft kommt. (Ein schönes Beispiel für das, was ich damit meine, ist der Fall eines Buben in den USA, der bereits selbst überzeugt war, nicht lesenlernen zu können, und der dann in einem Spezialcamp problemlos chinesische Zeichen erlernt hat, da er nicht wusste, dass das Lesen ist. Gibt es ähnlich mit Mathephoben, denen man Programmieren beibringt.)

Es ist im übrigen so, dass Schulen, die fundamental anders als das klassische System mit Durchfallen funktionieren, (also Summerhill oder sowas), sich immer vorbehalten, die Schüler rauszuschmeißen, die nicht in das selbstverantwortliche System passen.
(So sieht selbstverständlich meine ideale Schule aus, man muss aber dann eine Antwort geben, was mit Schülern passiert, die ihre Selbstverantwortung aus Gründen, wie ich sie auch oben erwähnt habe, nicht erfolgreich wahrnehmen.)
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fwo
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Beitrag(#1818330) Verfasst am: 20.02.2013, 05:49    Titel: Antworten mit Zitat

tridi hat folgendes geschrieben:
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
esme hat folgendes geschrieben:
Wer die "Guten" systematisch als Gratislehrer einsetzen will, sollte schon auch dafür sein, dass diesen auch irgendetwas geboten wird. Besonders nett finde ich, dass du den Lehrerfolg der Mitschüler den Lehrern zurechnest, weil sie durch Zwangsversetzung "dafür gesorgt haben".

Äh, ich finde, du transportierst da ein merkwürdiges Bild von Unterricht. Wenn Schüler zusammenarbeiten, werden dadurch die besseren nicht zu "Gratislehrern". Dass du das so siehst, wirkt für mich so, als wäre "normaler Unterricht" nur das, wo der Lehrer erklärt und die Schüler von ihm lernen. Das wäre Methodik von vor mindestens 50 Jahren.

damals haben die schueler wenigstens noch was gelernt.

modern heisst nicht notwendigerweise gut.
Zitat:

Wenn der Lehrer Zusammenarbeit im Unterricht vorsieht und dabei heterogene Teams zusammensetzt, ist das ein ganz normaler, durchaus wünschenswerter Vorgang in der Unterrichtsorganisation. Davon profitieren übrigens auch die "stärkeren" Schüler: Ganz wesentliche Lerneffekte finden dadurch statt, dass man Dinge so erklären kann, dass andere sie verstehen. Das ist dann noch mal eine ganz andere Behrrschung des jeweiligen Stoffs.

esme hat klar, deutlich und glaubhaft zum ausdruck gebracht, dass sie dabei gar nichts gelernt hat.

jemand, dem der stoff so in etwa klar ist, der mag ja davon noch profitieren, abr wer das 100prozentig beherrscht und nur als nachhilfelehrer misbraucht wird, der hat da gar nichts von.

Ich habe meine Schulzeit so ungezwungen erlebt, weil ich insofern nicht von der Schule abhängig war, als ich in der Lage war, z.B. den Schulstoff Mathematik selbständig zu denken, ohne viel dabei lernen zu müssen. Ich habe deshalb auch in der Nachhilfe (mit einer Ausnahme im Fach Chemie) nie "Stoff gepaukt", sondern immer genommen, was mir Schüler geboten haben, um spontan damit das zu "bauen", was wir brauchten. Kommentar eines meiner Nachhilfeschüler (nicht aus der eigenen Klasse), als wir uns ca. 30 Jahre später zufällig im Wald begegneten: "Du bist doch der, bei dem wir gelernt haben, dass Mathe Spaß machen kann". Was ich innerhalb der Klasse gemacht habe, würde ich übrigens nie als Nachhilfe bezeichnen, es war einfach für die Mitschüler die Option einer weiteren Erklärung in einer anderen Sprache als der des Lehrers.

Insofern war ich in einer ähnlichen Lage wie esme, die in der Schule nichts gelernt hat, weil sie das alles gekonnt hat. Auf der anderen Seite fühle ich mich nicht missbraucht. Es war rückblickend im Gegenteil eine Methode, nicht nur den Schüler xy, für den der Lehrer nie genügend Zeit gehabt hätte, in der Klasse zu behalten, sondern auch eine, einen fwo in den Unterricht mit einzubinden, den andere Lehrer nur als Sprengstoff betrachteten, der leider keinen richtigen Anlass bot ihn von der Schule zu entfernen (ich hatte mehr als diesen einen Fürsprecher, aber das Lehrerzimmer war da geteilt).

Und wenn ich mich an die zwei sprachlichen Parallel-Klassen erinnere, die verzweifelt einem Matheunterricht hinterherliefen, der gar keiner war, sondern in dem nur gerechnet wurde, dann weiß ich zu schätzen, dass wir Mathe gemacht haben, auch wenn ein Teil davon von "missbrauchten" Schülern kam - dass ich damit einen Ausnahmeunterricht genossen habe, habe ich auch an der Uni regelmäßig erlebt, und ich weiß, dass das auch schlechtere Schülern so erlebt haben - es war nämlich für niemanden quälend. (Dass für mich im Fach Mathematik theoretisch eine bessere Förderung möglich gewesen wäre, mag sein, war aber in der damaligen Zeit noch unwahrscheinlicher als der Unterricht, den ich hatte). Rückblickend kann ich also sagen, dass in dem Parallelklassen gepaukt und wenig gelernt wurde, und dass das Lernen im Fach Mathe eher nicht unbedingt bei mir aber in meiner Klasse stattfand, wo der Unterricht eher so aussah, wie man es heute gerne hätte.

Aus meiner Sicht als Vater:
Ich habe zwei Söhne, beide überdurchschnittlich intelligent (beide wegen anderer Probleme psychologisch getestet, ich halte mich als Vater da mit Urteilen zurück, weil Eltern in Bezug auf ihre eigenen Kinder immer eine Klatsche haben), aber sonst äußerst unterschiedlich:

Der eine stärker ADHS geprägt (meine Macke, obwohl ich erst darauf gekommen bin, als ich sie bei ihm habe untersuchen lassen), mit passenden Empathiedefiziten aber als "Ausgleich" sehr hohem Abstraktionsfähigkeiten, im Schulbetrieb also bis auf die lernintensiven Sprachen (Vokalbeln) ein "Überflieger". Leider sozial in keiner Weise eingebunden aber sonst "unproblematisch", die Unterrichtsform spielt keine Rolle, sein Abitur wird er machen.

Der andere sozial voll integriert, everybodies darling, AD(H)S nur sehr leicht ausgeprägt (übrigens beide nicht behandelt), dafür aber eine extreme Leseschwäche, die ich wegen des "offenen Unterrichtes", der damals versucht wurde, leider erst in der zweiten Klasse erkannt habe, als er da noch nicht lesen konnte. Seine Schwierigkeit, Zeichenfolgen seriell in Laute umzusetzen, war so groß, dass ich bei seinem taktischen Geschick sicher bin, dass er heute noch Analphabeth wäre, wenn wir nicht selbst täglich mit ihm geübt hätten (nachdem wir ihn überzeugt hatten, dass das nötig ist, er macht also mit). Am Ende der zweiten Klasse, also relativ kurz, nachdem wir angefangen hatten, mit ihm Lesen zu üben, haben wir uns mit den Lehrern gemeinsam entschieden, ihn die zweite Klasse wiederholen zu lassen, um seinen zwangsläufigen Rückstand in der zentralen Fähigkeit Lesen nicht zu einer ewigen Aufholjagd durch die ganze Schulzeit werden zu lassen. Er liest heute (5. Klasse) relativ durchschnittlich (vom Schreiben reden wir nicht) und wir lesen immer noch mit ihm, und er hat - im Gegensatz zu den beiden ersten Jahren - inzwischen Spaß an der Schule, und wird deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit Abitur machen, und das nicht nur in seinen Lieblingsfächern Sport Mathe und Kunst (seine Reihenfolge).

Die Kinder in eine (1,5 Km entfernte) Gemeinschaftsschule (mit Oberstufe) zu schicken, und nicht in das (6Km entfernte) Gymnasium, in das ich selbst gegangen bin, war insofern eine politische Entscheidung, als ich der Meinung bin, dass alle Kinder vor Ort die Ausbildung bekommen können sollten, die sie brauchen, und man das nur erreichen kann, indem man nicht seinen Kindern, nur weil am es kann, eine Extrawurst brät. Es ist auch für die Gemeinschaftsschulen nicht gut, wenn sich dort nur die treffen, die man normalerweise in Haupt und Realschulen geschickt hätte.

Was die Binnendifferenzierung im Unterricht angeht, existieren zwangsläufig noch Defizite auch in der Lehrerausbildung, Weitere Defizite werden politisch über die Streichung von Lehrerstellen geschaffen. Aber grundsätzlich haben sowohl Pädagogik als auch Didaktik in den letzten 20 Jahren soviel auf dem Weg zur Wissenschaft hinzugelernt, dass irgendwelche Methodiken nicht mehr nur wie früher zusammengefaselt werden, sie werden entweder in der Praxis bestätigt oder verworfen. Die von tillich beschrieben Organisation des Unterrichts in heterogenen Teams entspringt dementsprechend nicht einfach pädagogischem Wunschdenken, sondern es gibt sehr erfolgreiche Erfahrungen damit, die auch sehr präzise quantifiziert wurden und damit den Frontalunterricht alter Prägung klar in den Schatten stellen können, auch wenn sie ihn nie völlig werden ablösen können, was aber auch nicht geplant ist. Es gibt in dem Zusammenhang auch belastbare Daten, inwieweit Schüler durch Lehren lernen, aber da bin ich nicht vom Fach, und es wäre deshalb mühsam für mich, die Zitate zu finden, um das zu belegen - vielleicht hat tillich das parat. Und wenn ich sehe, was meine Kinder in der Gemeinschaftsschule in gemischten Klassen lernen, kann ich nicht erkennen, dass das weniger ist als bei mir damals - auch meine Frau wäre da sehr kritisch - sie lehrt Mathe und Physik in der gymnasialen Oberstufe.

Das "Sitzenbleiben" völlig zu verteufeln oder zu verwerfen halte ich allerdings für Blödsinn - ich hoffe (s.o.), es ist auch klar geworden, warum.

fwo
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Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

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fwo
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Beitrag(#1818334) Verfasst am: 20.02.2013, 06:32    Titel: Antworten mit Zitat

esme hat folgendes geschrieben:
....Gibt es ähnlich mit Mathephoben, denen man Programmieren beibringt. ....

Das ist kein gutes Beispiel. Nun gehört die Informatik zwar zur angewandten Mathematik, aber Programmieren erfordert nicht unbedingt mathematisches Denken oder mathematische Fähigkeiten. Ich habe andersherum Leute kennengelernt, die sich für gute Programmierer hielten (O-Ton: "Was willst Du denn, ich habe mein Informatikstudium mit einer Eins abgeschlossen!"), die anfingen zu "streiken", als Probleme auftraten, die nur rekursiv gelöst werden konnten. Programmieren lernen kann jeder und mit Programmierern ist es wie mit Autofahrern. Frag sie selbst und Du findest, dass sie alle überdurchschnittlich sind. Aber das ist hier OT.

Um deine Aussage zu erklären, reicht es auch, wieder darauf zu verweisen, dass es gute und schlechte Lehrer gibt. Letztere erzeugen Menschen, die nicht gelernt haben, was in ihnen steckt.

fwo
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Telliamed
registrierter User



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Beiträge: 5125
Wohnort: Wanderer zwischen den Welten

Beitrag(#1818350) Verfasst am: 20.02.2013, 10:46    Titel: Antworten mit Zitat

Heute früh hatte ich wieder den Mathematik-Albtraum: ich musste die Abiturprüfung wiederholen und wusste trotzdem genau, dass das Jahrzehnte später nicht mehr möglich sein würde. Vorgestern hatte ich den schon einmal.

Nur mal zwischendurch einige Erinnerungen zum Thema, und dann bin ich wieder weg. Vor 45-50 Jahren trug sich dieses zu, ich habe die schlechtesten Erinnerungen an meine Schulzeit. Die 1967 ins Amt eingeführte und darin bis 1989 verbliebene Ministerin für Volksbildung gab die Losung aus: "Alle fördern, keinen zurücklassen!"

Daraus wurde die Schlussfolgerung gezogen, dass ähnlich wie bei den Volkswahlen, bei denen möglichst mehr als 98 Prozent Ja-Stimmen zu erzielen waren, auch niemand mehr als Sitzengeblieben nach oben gemeldet werden sollte.
Bis zur 8. Klasse, also bis zum Alter von 14/15 Jahren, lernten alle Schüler gemeinsam. Die Folge dieser ministerlichen Anordnung war, dass auch die Schüler mit großen Lern- und Disziplinschwierigkeiten bis zur 8. Klasse mitgeschleift werden mussten. Der Klassenlehrer, ein ehemaliger Feldwebel der Wehrmacht, hatte etwa die Hälfte der Unterrichtsstunde damit zu tun, die zwei oder drei Jungen zu bändigen, die den Unterricht beträchtlich störten, und das eine Mädchen zu wecken und aufzumuntern, das zu Hause zu wenig Schlaf abbekam, häufig einschlief und einnässte.

Da ich mit Zusatzaufgaben schnell fertig wurde, gab er mir die Aufgabe, die Wohnungen der Schulschwänzer aufzusuchen und sie einzufangen. Da kam ich wenigstens an die frische Luft.
1962 bis 1970, acht lange Jahre.
Was ich in der Zeit an Fremdsprachen außer Russisch hätte lernen können!
Eines ist aber auch aus der Zeit zurückgeblieben: heute kann ich es ja gestehen. Ich konnte zwar im Kopf zusammenziehen und multiplizieren, was besonders beim Skatspiel vom Nutzen war.
Ich hatte es jedoch im zarten Alter nicht gelernt, im Kopf zu subtrahieren, weil ich mir immer die Linie vorstellte, die ich drunter ziehen musste, inzwischen aber schon wieder das Zwischenergebnis vergessen hatte. Damals gab es noch nicht so einen Gedächtnisschwund, geübt wurde bis zum Umfallen, aber ich muss das bis heute schriftlich machen.

So, nun wieder zu heutigen Schulformen und Aufgaben im Umgang mit dem Phänomen des Sitzenbleibens, ich kann dazu nichts sagen.
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tillich (epigonal)
hat Spaß



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Beiträge: 22332

Beitrag(#1818408) Verfasst am: 20.02.2013, 15:50    Titel: Antworten mit Zitat

@esme Ich weiß nicht genau, wie ich mit deiner recht zornigen Antwort umgehen soll, weil ich den Eindruck habe, dass wir etwas aneinander vorbeireden.
Du scheinst den Unterricht so erlebt zu haben (wenn ich das recht verstehe), dass der Lehrer seinen Stiefel runterzieht und sich um die individuellen Unterschiede nicht weiter kümmert bzw. das auf die Schüler "abschiebt", indem er die besseren den schlechteren helfen lässt.
In diesem Sinne herausgegriffen:
esme hat folgendes geschrieben:
Und den besten Schülern systematisch nur Nachhilfegeben anzubieten, weil das so toll ist, ist für mich als Lösung inakzeptabel.

Ja, das ist natürlich inakzeptabel. Und es wird natürlich noch inakzeptabler, wenn man das so erlebt, dass das in einem Fach so stattfindet und man dort nur gibt und nichts empfängt, in anderen Fächern, wo man selber nicht so gut ist, aber nicht andere entsprechend helfe.

Ich will ja aber im Gegenteil, dass der Lehrer Binnendifferenzierung durchführt, also sehr wohl sowohl die schlechteren als auch die bessere Schüler nach ihren jeweiligen Fähigkeiten fordert. Und dafür kann es eine sinnvolle Methode sein (neben anderen!), wenn Schüler in heterogenen Teams zusammenarbeiten: für die schlechteren, weil andere Schüler noch mal anders und evtl. mit anderem Gespür für Schwierigkeiten erklären können als der Lehrer; für die besseren, weil das Erklären, wie ich oben schrieb, noch ein anderes Durchdringen des Themas erfordert als das reine Rezipieren; für beide zusammen, weil das gemeinsame Arbeiten an Aufgaben und die Kommunikation darüber ebenfalls anders und intensiver lernen lässt, als wenn man es nur alleine macht.

Dass das als Binnendifferenzierung nicht reicht, sondern dass darüber hinaus auch der Lehrer sich den Schülern individuell widmen muss - indem er zB den schwächeren weitere einfache Übungsaufgaben aus unterschiedlichen Perspektiven oder Wiederholungen von altem Stoff, der beim neuen Thema benötigt wird, gibt, stärkeren Schülern dagegen herausfordernde weiterführende Aufgaben -, ist auch klar. Dafür gibt es ja unterschiedliche Methoden. Um sich auf diese Art den Schülern auch individuell kümmern zu können, ist es aber auch nötig, dass er sich nicht immer um jeden Schüler kümmern muss, sondern dass sie das zum Teil selbst durch Zusammenarbeit erledigen. Ich denke, das wäre ungefähr das Gegenteil deiner schlechten Erfahrungen.

Was man allerdings mit einer Schülerin machen würde, die in einem Fach nie (!) etwas lernt, weil sie den ganzen Stoff immer schon vollständig vorher beherrscht und sich so fühlt, als wäre sie dem Rest um vier Jahre voraus, weiß ich zugegebenermaßen auch nicht. Dann hat man es anscheinend mit einer so speziellen Hochbegabung für dieses Fach zu tun, dass man da ganz individuelle Lösungen finden muss, zB Befreiung von diesem Fach. Homogene Lerngruppen auf diesem Niveau wird man dann aber sowieso nicht erreichen können.
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fwo
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Beitrag(#1818416) Verfasst am: 20.02.2013, 16:46    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
...
Was man allerdings mit einer Schülerin machen würde, die in einem Fach nie (!) etwas lernt, weil sie den ganzen Stoff immer schon vollständig vorher beherrscht und sich so fühlt, als wäre sie dem Rest um vier Jahre voraus, weiß ich zugegebenermaßen auch nicht. ....

Lachen Das mit den 4 Jahren weiß ich bei mir nicht, aber ansonsten habe ich da einen Vorschlag:

Du gibst dem Schüler eine drei und versuchst, ihn nicht ranzunehmen. Beim Elternsprechtag erklärst Du dann dem erstaunten Vater, dass dieses Kind viel zu wenig sagt, aber wenn es etwas sagt, druckreife und erschöpfende Aussagen von sich gibt, und damit das Unterrichtskonzept komplett torpediert, wenn man den Fehler macht, ihn einmal zu früh in der Stunde ranzunehmen. (Das war in etwa die Auskunft eines Gemeinschaftskundelehrers aus der Mittelstufe, mit der mein Vater grübelnd vom Elternsprechtag nach Hause kam.)

Eine andere Möglichkeit besteht darin, dem Schüler eine pädagogische vier zu geben, weil er ja offensichtlich schummelt, weil das, was er angeblich noch im Kopf rechnet, im Kopf gar nicht mehr zu rechnen ist. (Matheerfahrung aus der 7. oder 8. Klasse)

Das ist auch viel einfacher als dieser ganze neumodische Kabbes mit den heterogenen Lerngruppen. zwinkern

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Kival
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Beitrag(#1818438) Verfasst am: 20.02.2013, 19:32    Titel: Antworten mit Zitat

Also bei uns waren die Lehrer eher froh, wenn überhaupt jemand etwas sagt. Und man muss ja jemanden auch nicht drannehmen. Was allerdings dazu führte, dass ich den Mathematikunterricht in der Oberstufe nur noch sehr spärlich besuchte. Lachen
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esme
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Beitrag(#1818443) Verfasst am: 20.02.2013, 19:43    Titel: Antworten mit Zitat

Telliamed hat folgendes geschrieben:

Nur mal zwischendurch einige Erinnerungen zum Thema, und dann bin ich wieder weg. Vor 45-50 Jahren trug sich dieses zu, ich habe die schlechtesten Erinnerungen an meine Schulzeit. Die 1967 ins Amt eingeführte und darin bis 1989 verbliebene Ministerin für Volksbildung gab die Losung aus: "Alle fördern, keinen zurücklassen!"


Das finde ich nun sehr amüsant, dass das praktisch dieselbe Losung wie die der Bush-Regierung for einigen Jahren ist: No child left behind.

fwo hat folgendes geschrieben:

Das ist kein gutes Beispiel. Nun gehört die Informatik zwar zur angewandten Mathematik, aber Programmieren erfordert nicht unbedingt mathematisches Denken oder mathematische Fähigkeiten.


Ich habe jetzt eh schon überlegt, ob ich das genauer ausführen soll. Es geht schon darum, mit mathematiktraumatisierten Kindern mathematiknahe Dinge am Computer zu programmieren, die diese dann nicht als mathematisch wahrnehmen ("Versuche, in Logo ein Fünfeck programmieren" ist Spiel, "Berechne die Winkelsumme im Fünfeck" ist Mathematik). Führt aber erstens zu weit, und haben wir zweitens glaube ich schon einmal diskutiert.

Ansonsten kann ich nur sagen, dass man "homogene" Lerngruppen auf hohem Niveau selbstverständlich erreichen kann und soll, die müssen nämlich nicht das ganze Jahr lang bestehen. Und ich kann nur wiederholen, dass man durch Erklären eines alten Stoffs an andere eben nichts Neues lernt.

Das Ideal, dass die Schüler beim Erklären zumindest über die Jahre hinweg geben und nehmen, habe ich selbst nur bei den Mathematikcamps erlebt.
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Beitrag(#1818466) Verfasst am: 20.02.2013, 20:36    Titel: Antworten mit Zitat

esme hat folgendes geschrieben:
....
Ansonsten kann ich nur sagen, dass man "homogene" Lerngruppen auf hohem Niveau selbstverständlich erreichen kann und soll, die müssen nämlich nicht das ganze Jahr lang bestehen. Und ich kann nur wiederholen, dass man durch Erklären eines alten Stoffs an andere eben nichts Neues lernt.

Das Ideal, dass die Schüler beim Erklären zumindest über die Jahre hinweg geben und nehmen, habe ich selbst nur bei den Mathematikcamps erlebt.

Ab einer gewissen Höhe hast Du aber in einer Klasse, vielleicht sogar in einem Jahrgang oder einer Schule nicht mehr unbedingt genug Mitglieder für eine Gruppe. Es gibt dafür heute immerhin ein grundsätzliches Konzept von Fördergruppen für Hochbegabte, die sich dann an bestimmten Tagen in einer Schule unter Anleitung eines Lehrers treffen können/sollen. Leider sieht es in der Praxis oft so aus, dass einerseits die Zusammenarbeit von Schulen und Eltern für diese Projekte nicht unbedingt klappt - die entsprechenden Schüler brauchen mindestens die Information einer Existenz derartiger Einrichtungen und meist auch eine Ermutigung, sich dahin zu wenden, auf der anderen Seite stehen die betreuenden Lehrer nicht zur Verfügung, bzw. erwartet man anscheinend öfter von ihnen, dass sie das aus reinem Idealismus tun.

Das Problem ist übrigens schultypunabhängig.

Zu dem jahrgangsübergreifenden Informationsfluss zwischen Schülern: Es gibt tatsächlich Versuchsschulen, die mit Unterrichts"klassen" über 2-3 Jahre, in denen der Lehrer die Entwicklung neuen Stoffes immer nur mit kleinen Gruppen macht und sich dann um die Betreuung Einzelner kümmert, während Probleme bei den Jüngeren von den älteren mitversorgt werden. Und diese Schule erzielen beträchtliche Erfolge. Wobei man sich immer im Klaren darüber sein sollte, dass diese Versuche sehr oft sowohl auf der Lehrer- wie auf der Elternseite von einer sehr hohen Motivation getragen werden, die an "normalen" Schulen oft fehlt und vielleicht auch da "Wunder" bewirken könnte.

Auf der anderen Seite ist dieses Thema Gegenstand der Forschung, und die behauptet, dass die Ergebnisse da so eindeutig sind, dass man die Schulen so umbauen sollte, dass das genutzt werden kann. (Das kann ich jetzt leider nur so zusammenfassend ohne Zitate wiedergeben, weil ich diese Weisheit aus mehreren Vorträgen mitgenommen habe)

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Beiträge: 22332

Beitrag(#1818489) Verfasst am: 20.02.2013, 22:07    Titel: Antworten mit Zitat

esme hat folgendes geschrieben:
Und ich kann nur wiederholen, dass man durch Erklären eines alten Stoffs an andere eben nichts Neues lernt.

Ich frage mich, wann es im normalen Schulunterricht dazu kommen soll. Normalerweise ist es doch so, dass eine Klasse/ Lerngruppe irgendwann gemeinsam ein neues Thema vornimmt. Dann begreifen es möglicherweise die einen leichter und schneller als die anderen; und dementsprechend wird dann einerseits individualisiert (mit Rückgriffen, Verständnishilfen und Übungen für die einen, weiter ausgreifenden Aufgaben, Exkursen und Verknüpfungen zu anderen Themen für die anderen), und können andererseits die einen den anderen in Teamarbeit helfen. Aber auch für die besseren ist es doch trotzdem noch ein neues Thema, das durch das Zusammenarbeiten und Erklären besser und umfassender und als aktive Fähigkeit angeeignet wird.

Es mag Überflieger geben, die sich aus Interesse fürs Fach schon mit Themen beschäftigen, die eigentlich erst deutlich später drankommen. Für die muss man dann noch besondere Lösungen suchen, damit sie weiter gefordert werden und sich nicht langweilen müssen.
Allerdings ist meine persönliche Erfahrung auch dann, wenn ich Themen selbst eigentlich schon lange intus habe, dass ich auch selbst etwas davon habe, wenn ich sie anderen erklären soll. Gut, nach dem dritten Mal vierlleicht nicht mehr; aber wieder die Frage: Wie soll das denn dann im Unterricht passieren?
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(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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Beitrag(#1818504) Verfasst am: 20.02.2013, 22:43    Titel: Antworten mit Zitat

Die weitaus bessere Lösung ist m.E., dass sehr guten Schülern Möglichkeiten geboten wird, bereits an Universitätsveranstaltungen teilzunehmen und diese dann später beim Studium anerkenenn zu lassen. Ich hätte es tun können, hab es aber aus verschiedenen Gründen nicht getan. Das ist aber wohl eher für spätere Klassen geeignet.
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tridi
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Beitrag(#1818522) Verfasst am: 21.02.2013, 01:14    Titel: Antworten mit Zitat

hab jetzt alles gelesen und wuerde gern auf zwei punkte eingehen:


punkt 1:

ich glaub, fwo betonte, die neuen lehrmethoden seien doch alle getestet und haetten sich als gut erwiesen.

diesen "experimenten" der paedagogen traue ich kein stueck weit. denn mein eindruck von solchen "evaluierungen" ist bisher staendig, dass da alles moegliche evaluiert wird, zB "hat es dir gefallen, lieber schueler?" oder "fandst du das verstaendlich?" o.ae., nur eines wird konsequent vermieden zu testen: ob die schueler es hinterher tatsaechlich verstanden haben, ob sie fachlich gesehen das zu erlernende auch erlernt haben.

genau das ist es aber, was man tun muesste: man nehme einige parallelklassen/kurse mit vergleichbaren leistungen, von denen man die einen nach guter alter art frontal unterrichte und die anderen mit modernem hokuspokus. und dann lasse man hinterher eine vergleichsarbeit schreiben. das ganze am besten in einem fach wie mathematik, in dem es bei einer vergleichsarbeit mit detallierten bepunktungsanweisungen kaum spielraum gibt, wie eine arbeit zu bewerten ist. am besten laesst man noch dieselben personen alle arbeiten bewerten (ggf. jeder korrektor nur eine aufgabe, damit es nicht zuviel wird). und dann vergleiche man mal...

*das* waere dann wirklich aussagekraeftig. macht aber niemand, wenn ich das richtig sehe, hab ich jedenfalls noch nie von gehoert. und da liegt es nahe, dass das deshalb keiner macht, weil da nur bei rauskaeme, dass der ganze krams, den sich diese herren paedagogen in den letzten jahrzehnten ausgedacht haben, einer echten ueberpruefung ueberhaupt nicht standhielte.


punkt 2:

dass es esme moeglicherweise nicht geholfen haette, wenn man auf die heterogenen lerngruppen verzichtet haette, weil eine homogene lerngruppe auf ihrem niveau an keiner schule haette eingerichtet werden koennen - ja, das ist nicht von der hand zu weisen. da helfen wohl wirklich nur ausserschulische angebote, was bei esme nur ne weile geklappt hat und in den letzten jahren nicht mehr. da hatte ich es besser, ich habe entsprechende foerderung ausserhalb der schule bekommen. (davon gabs so ca. 12 plaetze auf bundesebene)

aber wenn man mal von solchen extremfaellen absieht, dann gibt es doch in jeder klasse ein paar gute leute. die koennten in der schule was lernen. das tun sie aber eben nicht oder nur in viel zu geringem masse, wenn man jeden mitschleppt, auch wenn er gar nichts mehr rafft, und der lehrer dann nur noch mit den schwachen beschaeftigt ist, die elend hinterherhinken. in solchen klassen wird einfach fachlich nichts mehr erreicht, und es ist eine faule ausrede, wenn man die guten darauf verweist, dass die das bisschen stoff, was da noch gemacht wird, ja besonders gut dadurch erlernen koennten, dass sie es den anderen beibringen.

was nutzt denen das, wenn sie selbstaendig die 35. methode finden, wie man jemandem bruchrechnung beibringen kann, wenn sie in der zeit eigentlich besser epsilon/delta-kriterien fuer die differenzierbarkeit oder partielle integration haetten erlernen koennen?
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fwo
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Beitrag(#1818527) Verfasst am: 21.02.2013, 01:38    Titel: Antworten mit Zitat

tridi hat folgendes geschrieben:
hab jetzt alles gelesen und wuerde gern auf zwei punkte eingehen:


punkt 1:

ich glaub, fwo betonte, die neuen lehrmethoden seien doch alle getestet und haetten sich als gut erwiesen.

diesen "experimenten" der paedagogen traue ich kein stueck weit. denn mein eindruck von solchen "evaluierungen" ist bisher staendig, dass da alles moegliche evaluiert wird, zB "hat es dir gefallen, lieber schueler?" oder "fandst du das verstaendlich?" o.ae., nur eines wird konsequent vermieden zu testen: ob die schueler es hinterher tatsaechlich verstanden haben, ob sie fachlich gesehen das zu erlernende auch erlernt haben.....

Wenn das so wäre, hättest Du Recht. Doch ist es inzwischen so, dass die Pädagogik nicht mehr nur ein substanzloser Laberhaufen*** ist, wie noch vor 30 Jahren. Man arbeitet inzwischen mit Neurologen, Psychologen, Kognitionsforschern usw. zusammen und die Evaluation besteht inzwischen aus anderem als Befindlichkeitsinterviews.

*** meine ganz persönliche Einschätzung als ich mir die Pädagogik durch meine Frau mit ansehen durfte - ich habe Biologie studiert..

tridi hat folgendes geschrieben:

punkt 2:
.....
aber wenn man mal von solchen extremfaellen absieht, dann gibt es doch in jeder klasse ein paar gute leute. die koennten in der schule was lernen. das tun sie aber eben nicht oder nur in viel zu geringem masse, wenn man jeden mitschleppt, auch wenn er gar nichts mehr rafft, und der lehrer dann nur noch mit den schwachen beschaeftigt ist, die elend hinterherhinken. in solchen klassen wird einfach fachlich nichts mehr erreicht, und es ist eine faule ausrede, wenn man die guten darauf verweist, dass die das bisschen stoff, was da noch gemacht wird, ja besonders gut dadurch erlernen koennten, dass sie es den anderen beibringen.

was nutzt denen das, wenn sie selbstaendig die 35. methode finden, wie man jemandem bruchrechnung beibringen kann, wenn sie in der zeit eigentlich besser epsilon/delta-kriterien fuer die differenzierbarkeit oder partielle integration haetten erlernen koennen?

Es gibt auch Überprüfungen, wie Du sie indem Bereich gefordert hast, den ich in Punkt 1 gesnippt habe. Eine davon ist Pisa. Noch vor der asiatischen Paukkultur mit der hohen Suicidrate rangieren da abwechselnde Skandinavier mit Gemeinschaftsschulen mit Binnedifferenzierung. Was dabei nachdenklich machen könnte, bei mir ist das zumindest geschehen, ist die Tatsache dass deren Egebnisse nicht nur im Schnitt höher sind als bei uns, auch ihre Spitzen sind besser als die Spitzen in unseren Gymnasien. Das spricht für mich dafür, dass deine Argumentation einen Fehler enthält.

fwo
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tillich (epigonal)
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Beitrag(#1818528) Verfasst am: 21.02.2013, 01:42    Titel: Antworten mit Zitat

a) Den Pädagogen traust du nicht. Aha. Sind ja auch nur die Fachleute, nöch?

b) Du kennst keine solchen quantifizierbaren Studien. Kennst du nicht =/= gibt es nicht. (Nein, ich kenne sie auch nicht, weil es einfach ein Teilgebiet ist, dass mich nicht besonders interessiert. Aber ich argumentiere auch nicht gegen die Meinung der Fachwissenschaftler.)

c) Quantifizierbarkeit ist im Bereich Pädagogik sowieso nicht besonders einfach zu erreichen, wegen allzu vieler schwer zu kontrollierender Variablen. Deswegen weiß ich in der Tat auch nicht, wie viele derartige Studien es gibt.

d) Manche pädagogischen Ziele sind auch theoretisch kaum quantifizierbar, wie soziales Verhalten, Teamfähigkeit etc.

e) Warum soll ausgerechnet Mathematik das Leitfach für solche Untersuchungen sein?

f) Die schlechten Schüler müssen so oder so "mitgeschleppt" werden, bloß ein Jahr später (also in der Jahrgangsstufe, in die sie ohne Sitzenbleiben sofort gekommen wären). Dann sind sie nämlich wieder so schlecht wie vorher. Darüber gibt es Untersuchungen, deswegen kommt man ja vom Sitzenbleiben ab.

g) Dass in heterogenen Klassen nichts erreicht wird, ist auch einfach nicht wahr. Auch darüber gibt es Untersuchungen, nicht zuletzt PISA, wo Finnland bekanntermaßen weit vorne liegt.

Kurz und gut: Du beklagst lautstark angeblich fehlende Evidenz, ignorierst aber fröhlich das, was man dir in der Richtung bringt, und bringst selbst kein Stück Evidenz dafür, dass die bisherigen Methoden besser wären.
Alles in allem sehe ich bei deiner Argumentation wenig mehr als "das kenn ich nicht, das haben wir ja noch nie so gemacht, das kann ja gar nicht gehen". Und ich habe mehr und mehr den Eindruck, als wäre das der Sinn des Threads von Anfang an.
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tridi
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Beitrag(#1818530) Verfasst am: 21.02.2013, 02:00    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Wenn das so wäre, hättest Du Recht. Doch ist es inzwischen so, dass die Pädagogik nicht mehr nur ein substanzloser Laberhaufen*** ist, wie noch vor 30 Jahren. Man arbeitet inzwischen mit Neurologen, Psychologen, Kognitionsforschern usw. zusammen und die Evaluation besteht inzwischen aus anderem als Befindlichkeitsinterviews.

*** meine ganz persönliche Einschätzung als ich mir die Pädagogik durch meine Frau mit ansehen durfte - ich habe Biologie studiert..

ich habe noch nichts davon feststellen koennen, dass das inzwischen mehr ist als ein substanzloser laberhaufen. richtig ist, dass man die notwendigkeit zu evaluieren erkannt hat, aber von tests wie von mir vorgeschlagen habe ich noch nichts gesehen. wenn einer meint, es gebe sie, kann er mich ja vielleicht mit entsprechendem beleg darauf hinweisen.

Zitat:

Es gibt auch Überprüfungen, wie Du sie indem Bereich gefordert hast, den ich in Punkt 1 gesnippt habe. Eine davon ist Pisa.

nein, beim besten willen nicht. bei pisa werden laender verglichen. aber zwischen diesen laendern gibt es so viele unterschiede, dass du beim besten willen nicht die unterschiede im ergebnis an einem speziellen punkt wie zB lehrerzentrierter unterricht versus moderne paedagogik festmachen kannst.

wenn eine studie feststellte, in schweden gebe es weniger herzinfarkte als hier und in schweden werde mehr rentierfleisch gegessen, also helfe rentierfleisch gegen herzinfarkte, dann wuerdest du eine solche studie als biologe und naturwissenschaftler doch hoffentlich in der luft zerfetzen. was du hier aus pisa versuchst zu ziehen, ist aber nicht besser.

im uebrigen habe ich auch eine studie gesehen, die kam zu dem schluss, dass mehr frontalunterricht zu besseren leistungen fuehre. auch das aber geschah nur durch vergleich zwischen verschiedenen (bundes-)laendern. und naja, in bayern gibts wohl mehr frontalunterricht, und bessere pisa-ergebnisse als etwa in norddeutschland.

nein, wenn man das wirklich testen wollte, dann muesste man vergleichbare schuelergruppen verschieden unterrichten. aber nicht schueler aus voellig verschiedenen laendern mit verschiedenen kulturen und total verschiedenen bldungssystemen miteinander vergleichen. wenn man sowas macht, kommt man je nach gewuenschtem ergebnis zu verschiedenen ergebnissen, aber das ist nicht wissenschaft, sondern bestenfalls religion.

auf dem stand ist die paedagogik meinem eindruck nach aber eben noch immer.
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Tarvoc
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Beitrag(#1818531) Verfasst am: 21.02.2013, 02:12    Titel: Antworten mit Zitat

tridi hat folgendes geschrieben:
aber von tests wie von mir vorgeschlagen habe ich noch nichts gesehen.

Kann es nicht vielleicht sein, dass das an der Qualität deiner Vorschläge liegt? - Nur so ein Gedanke...
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tridi
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Beitrag(#1818535) Verfasst am: 21.02.2013, 02:32    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
a) Den Pädagogen traust du nicht. Aha. Sind ja auch nur die Fachleute, nöch?

das sind fachleute wie die theologen.

solang die nicht vernuenftig messen, ist das bestenfalls religion und keine wissenschaft.

und messen muesste bedeuten, dass man die erlernten faehigkeiten untersucht. das ist die hauptsache, nicht aller moegliche andere quatsch.

Zitat:

b) Du kennst keine solchen quantifizierbaren Studien. Kennst du nicht =/= gibt es nicht. (Nein, ich kenne sie auch nicht, weil es einfach ein Teilgebiet ist, dass mich nicht besonders interessiert. Aber ich argumentiere auch nicht gegen die Meinung der Fachwissenschaftler.)

ach nee, du kennst sie auch nicht. fein. darauf haett ich wetten koennen. aber vielleicht kennt sie ja irgendeiner der hier anwesenden verfechter moderner paedagogik und kann uns mal mit einem link erleuchten.

wenn nicht, dann sollte einem das zu denken geben.

ich wette, da kommt nichts, jedenfalls kein vernuenftiger vergleich zwischen den lernerfolgen von vergleichbaren lerngruppen, die man nur verschieden unterrichtet hat und die sich nicht auch noch durch viele andere dinge unterscheiden.

Zitat:

c) Quantifizierbarkeit ist im Bereich Pädagogik sowieso nicht besonders einfach zu erreichen, wegen allzu vieler schwer zu kontrollierender Variablen. Deswegen weiß ich in der Tat auch nicht, wie viele derartige Studien es gibt.

sicher, es ist schwierig. aber das ist keine entschuldigung dafuer, ohne vernuenftigen nachweis die ueberlegenheit bestimmter methoden einfach nur so zu behaupten oder die messung des fachlichen lernerfolges zu vernachlaessigen, indem mas sich mit sowas herausredet:

Zitat:

d) Manche pädagogischen Ziele sind auch theoretisch kaum quantifizierbar, wie soziales Verhalten, Teamfähigkeit etc.


Zitat:

e) Warum soll ausgerechnet Mathematik das Leitfach für solche Untersuchungen sein?

in so manchem laberfach mit dem motto "gut dass wir drueber geredet haben", kann man wohl in der tat gar nichts vernuenftig messen. in der mathematik kannst du aber sehr genau feststellen, welche methoden ein schueler erlernt und verstanden hat und welche nicht.

im uebrigen ist mir das voellig egal, zu welchem ergebnis bezueglich welcher lehrmethoden die herren oberpaedagogen betreffend das fach deutsch kommen. wenn sich da herausstellt, dass man irgendwas modernes machen solle und keinen frontalunterricht: bitte sehr. macht doch!

nur dummerweise meinen diese herrschaften regelmaessig, das muesse dann auch fuer die mathematik gelten. wenn sie das aber behaupten, ja, dann muessen sie ihre erfolge auch bezueglich der mathematik messen - denn da kann man es messen!

wenn sie das nicht wollen, sollen sie bezueglich mathematik einfach die klappe halten. dann waer ich auch zufrieden.

(es gibt uebrigens lobenswerte ausnahmen, die stellen in vortraegen lang und breit ihre tollen unterrichtsmethoden vor, und wenn man dann nachfragt, wie das denn bitteschoen in mathematik gehen solle, wird tatsaechlich zugegeben, dass die mathematik wohl ein anderer fall sei.)

Zitat:

f) Die schlechten Schüler müssen so oder so "mitgeschleppt" werden, bloß ein Jahr später (also in der Jahrgangsstufe, in die sie ohne Sitzenbleiben sofort gekommen wären). Dann sind sie nämlich wieder so schlecht wie vorher. Darüber gibt es Untersuchungen, deswegen kommt man ja vom Sitzenbleiben ab.

nein, man braucht sie zB im gymnasium nicht mitschleppen, sondern kann sie dann, wenn das sitzenbleiben nicht hilft, an eine niedrigere schulform abgeben. in der sek II kann man sie auch ganz aus der schule entlassen.

deine argumentation ist nur fuer den niedrigsten kurs in der niedrigsten schulform einigermassen schluessig und wird von mir dafuer auch unterstuetzt.

Zitat:

g) Dass in heterogenen Klassen nichts erreicht wird, ist auch einfach nicht wahr. Auch darüber gibt es Untersuchungen, nicht zuletzt PISA, wo Finnland bekanntermaßen weit vorne liegt.

dann muss man sich auch mal angucken, wie stark zB die klassenstaerken dort sind. ich habe immer wieder gehoert, das sei nicht vergleichbar. bei sehr kleinen klassen geht das sicher besser als in einer klasse mit 25-30 mann.

Zitat:

Kurz und gut: Du beklagst lautstark angeblich fehlende Evidenz, ignorierst aber fröhlich das, was man dir in der Richtung bringt, und bringst selbst kein Stück Evidenz dafür, dass die bisherigen Methoden besser wären.

wer behauptet, die bisherigen methoden taugten nicht, sollte das belegen koennen.
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tridi
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Beitrag(#1818536) Verfasst am: 21.02.2013, 02:36    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
tridi hat folgendes geschrieben:
aber von tests wie von mir vorgeschlagen habe ich noch nichts gesehen.

Kann es nicht vielleicht sein, dass das an der Qualität deiner Vorschläge liegt? - Nur so ein Gedanke...

was spricht dagegen, den lernerfolg mit klausuren zu messen?

(ausser dass dabei herauskaeme, dass die vorgeschlagene lehrmethode nichts hilft natuerlich....)
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fwo
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Anmeldungsdatum: 05.02.2008
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Beitrag(#1818538) Verfasst am: 21.02.2013, 03:00    Titel: Antworten mit Zitat

Ich beschränke mich mal hierdrauf:
tridi hat folgendes geschrieben:
....
Zitat:

Es gibt auch Überprüfungen, wie Du sie indem Bereich gefordert hast, den ich in Punkt 1 gesnippt habe. Eine davon ist Pisa.

nein, beim besten willen nicht. bei pisa werden laender verglichen. aber zwischen diesen laendern gibt es so viele unterschiede, dass du beim besten willen nicht die unterschiede im ergebnis an einem speziellen punkt wie zB lehrerzentrierter unterricht versus moderne paedagogik festmachen kannst.

wenn eine studie feststellte, in schweden gebe es weniger herzinfarkte als hier und in schweden werde mehr rentierfleisch gegessen, also helfe rentierfleisch gegen herzinfarkte, dann wuerdest du eine solche studie als biologe und naturwissenschaftler doch hoffentlich in der luft zerfetzen. was du hier aus pisa versuchst zu ziehen, ist aber nicht besser.

im uebrigen habe ich auch eine studie gesehen, die kam zu dem schluss, dass mehr frontalunterricht zu besseren leistungen fuehre. auch das aber geschah nur durch vergleich zwischen verschiedenen (bundes-)laendern. und naja, in bayern gibts wohl mehr frontalunterricht, und bessere pisa-ergebnisse als etwa in norddeutschland....

Es ist richtig, dass bei Pisa Länder verglichen werden. Gleichfalls ist richtig, dass diese Länder unterschiedliche Schulsysteme haben, so dass grundsätzliche Aussagen schon möglich sind.

Wer z.B. wie Du argumentativ das hohe Lied des gegeliederten Schulsystems intoniert, der sollte erklären können, warum auch durchgängig gegliederte Länder wie Bayern und Baden-Württemberg soviel schlechter dastehen als Finnland oder wenigstens präzisere Angaben zur Unvergleichbarkeit machen als deine allgemeinen Unterstellungen - hier geht es nicht um Pressemeldungen zu Herzinfarkten.

Und ich muss dich enttäuschen: Ich habe mir die Zahlen damals selbst angesehen, nachdem mit der schwarzen Länder-Mehrheit dem deutschen PISA-Koordinator verboten wurde, den Ländervergleich ausführlicher zu machen - es gab das dann allerdings ausgerechnet von einer Pädagogin aus Bremen auch sehr sauber im Netz: Wenn Du den Anteil an Kindern ohne deutsche Muttersprache, der in den verschiedenen Ländern unterschiedlich hoch ist, aus den Pisaergebnissen herausrechnest, kannst Du feststellen, dass die Unterschiede in Deutschland vernachlässigbar sind und Bayern und Baden-Württemberg plötzlich nicht mehr so herausragend. Wenn ich das richtig im Gedächtnis habe, bist Du Physiker - Du solltest die Rechnung also finden und nachvollziehen können.

Und was die Pädagogen angeht - Ich habe hier meine Meinung von vor 30 Jahren geschrieben, die ich damals aus der Kenntnis einiger Arbeiten und Projekte der Pädagogen in HH aus dem Stegreif in einem zweistündigen wissenschaftstheoretischen Verriss habe begründen können - ich geh mal davon aus, dass Du uns für dein Urteil zur Pädagogik heutzutage wenigstens ein paar fetzige Links lieferst, die uns zeigen, dass es noch immer so um die Pädagogik bestellt ist.

fwo
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Beitrag(#1818539) Verfasst am: 21.02.2013, 03:05    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Gut, nach dem dritten Mal vierlleicht nicht mehr; aber wieder die Frage: Wie soll das denn dann im Unterricht passieren?


Wie du zu der Meinung kommst, dass Dinge im Mathematikunterricht (oder auch in anderen Fächern) niemals drei Mal vorkommen, wird wohl dein Geheimnis bleiben. Das passiert schon innerhalb einer Stunde, dass dasselbe mehr als dreimal vorkommt, da eine Vielzahl von immergleichen Aufgaben gemacht wird, da das gerade den entscheidenden Unterschied in der Begabung ausmacht, wie starke Abweichungen man als "im wesentlichen dasselbe" oder "da ist etwas anders als gewohnt, also kann ich es nicht" einordnet.
Und weder ist das Thema auf eine Stunde beschränkt, noch wird es nicht mehrmals in der Schulzeit wiedergekäut.

Unsere Schüler im freiwilligen sonntäglichen Mathematikclub können Systeme mit drei Variablen lösen, wenn sie es für zwei Variablen können. Sie können Polynomdivision ausführen, wenn man sie darauf hinweist, dass es genauso geht wie die gewöhnliche Division per Hand, nur dass die Potenzen der Variable die Rolle der Zehnerpotenzen einnehmen. Sie können Gleichungssysteme mit komplexen Koeffizienten lösen, wenn sie es für ganze Koeffizienten können und auch mit komplexen Zahlen rechnen können.

Die meisten meiner Studenten können das alles nicht, weil sie sagen: "Das habe ich noch nicht gelernt." Auch die Eltern unserer begabten Schüler schreiben uns empörte Emails, dass wir mit den armen Kleinen Dinge machen, die diese noch nicht gelernt haben.

Im übrigen würde ich die Gruppe der Betroffenen als weit, weit höher als 12 Leute für Deutschland ansetzen, dazu kommen noch die anderen Fächer.

Mein Punkt ist auch nicht primär, was der ideale Unterricht für mich gewesen wäre, sondern dass die konsequente Gesamtschule noch deutlich mehr Schüler in meine Situation bringt, die es bisher eben nicht waren, und dass gleichzeitig darauf bestanden wird, dass diese Schüler aber davon profitieren.

Was die Studien betrifft, weise ich zunächst darauf hin, dass neben den "Herren Pädagogen" heutzutage durchaus auch Pädagoginnen auf den neuesten Lehrmodewellen surfen.

Ich sehe das Hauptproblem der Studien in der schon erwähnten Selbstselektion der teilnehmenden Lehrer (und in geringerem Ausmaß Schüler und Eltern).

Ein interessanter anderer Zugang in den USA war es, die standardisierten Tests zu nützen, und die Lehrer in einem Bundesstaat herauszufiltern, bei denen die Schüler in einem Jahr die weitaus größten Fortschritte machen. Bei allen Problemen dieser standardisierten Tests im Einzelfall ist es vernünftig anzunehmen, dass diese Lehrer tatsächlich weit erfolgreicher als der Durchschnitt sind.
Der Unterricht dieser Lehrer wurde dann gefilmt und analysiert und auf Gemeinsamkeiten untersucht, die dann in die Lehrerausbildung einfließen sollten.

Als Gemeinsamkeiten ergaben sich etwa Dinge wie zeitnahe Reaktion auf "Disziplinstörungen", bevor sich diese überhaupt entwickeln konnten oder niemals die Schüler heruntermachen.

Worin KEINE Gemeinsamkeiten gefunden wurden: Klassisch strenge Distanz oder kumpelhafte Nähe, Vortrag mit Interaktion oder andere Methoden, etc.

Vor diesem Hintergrund wird JEDE ansonsten neutrale Methode, für die Lehrer ausgewählt werden, die diese gerne anwenden wollen, weil sie zu ihnen passt, besser abschneiden als irgendeine Methode, die allen Lehrern vorgeschrieben wird. Das sind natürlich ideale Voraussetzunge für Pädagogen, die eine neue Idee austesten wollen.
Von den Auswirkungen auf Minderheiten unter den Schülern wie die Besten, die Schlechtesten, die Schüchternsten, die Lautesten, die Legastheniker oder sonstwen reden wir hier noch gar nicht.

Zum Thema "Frontalvortrag" noch zwei Aspekte:

In Frankreich kann ich es nicht erreichen, dass man mir für die Übungen Räume zur Verfügung stellt, die groß genug sind, dass ich zu jedem Studenten einzeln hingehen kann. Vom ungestörten Reden wollen wir noch gar nicht reden, ich muss ganz im Gegenteil froh sein, wenn man mir nicht einen Hörsaal mit weniger Sitzplätzen als angemeldeten Studenten zuteilt, "weil eh nicht alle kommen" (und die Hörsäle sind so bemessen, dass man eben tatsächlich fast keine zusätzlichen Sessel reinbekommt).
Unter diesen Umständen ist jeder didaktische Ratschlag ein Hohn und der typische Klassenraum abseits der Volksschule ist nur marginal besser.

In meiner Studienzeit hat einmal in einem Repetitorium, als sonst niemand mehr eine Frage stellen wollte, ein Freund von mir gesagt: "Herr Professor, wir wissen noch sowenig von der Mathematik, dass es schwierig ist, eine gute Frage zu stellen. Erzählen Sie uns doch etwas Interessantes."
Nach ein paar Sekunden Nachdenkpause haben wir einen ausgezeichneten Vortrag bekommen, den wir uns niemals hätten "erfragen" können.

Alleine in der Wildnis herumlaufen ist etwas ganz Großartiges, aber soviel Zeit hat man im Leben nicht, dass man alle Gipfel dieser Welt ohne Karte durch Herumirren selbst entdecken kann.
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tridi
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Beitrag(#1818541) Verfasst am: 21.02.2013, 03:17    Titel: Antworten mit Zitat

Hatiora hat folgendes geschrieben:
tridi hat folgendes geschrieben:
Hatiora hat folgendes geschrieben:
natürlich gesetzt den Fall, daß nicht die Hälfte der Klasse in diese Kategorie fällt...

und was machst du dann?
...was soll man mit solchen klassen machen (ausser nach einem jahr grosse teile sitzenzulassen)?

tridi hat folgendes geschrieben:
Hatiora hat folgendes geschrieben:
Dann sollte jemand die Infrastruktur der entsprechenden Schule überprüfen, mehr Lehrer einstellen, die Klassengröße verringern. Das würde ich machen, wenn ich die Vollmacht und das Geld dafür hätte.
Ich könnte mir vorstellen, daß es geldtechnisch fast auf das Gleiche rauskommt, ob die Hälfte der Klasse jetzt eine Ehrenrunde dreht oder man die Klassen splittet, damit man den einzelnen Schüler besser erreichen kann..

das wird geldverschwendung sonder gleichen, was du da vorhast. bei solchen katastrophenklassen erreichst du die auch dann nicht, wenn die klasse halb so gross ist.


Zunächst mal kann man Gruppendynamiken durch geeignetes Splitten sehr wohl günstig beeinflussen.
Die meisten Leute sind davon überzeugt, daß kleinere Klassen für den Lernerfolg förderlich sind.

das ist unter normalen umstaenden ja auch so.

aber wenn du ne ganze klasse vor dir hast, die einfach nicht lernen will, einfach "kein bock" auf schule und lernen hat, dann hilft das auch nicht mehr.

Zitat:

Was wäre Dein Vorschlag in der Situation?

wenn die alt genug sind: rauswerfen. wer nicht will, will eben nicht.

genauer gesagt halt erstmal sitzenlassen, und wenn das nicht hilft, rauswerfen. zweimal dieselbe jahrgangsstufe wiederholen gibts nicht.

problematisch und nicht so einfach machbar ist das bei sehr jungen schuelern. aber da gibt es diese probleme auch eher seltener. (aeh... hoffe ich zumindest...)

Zitat:

Da ja schon in einem anderen Thread geklärt wurde, daß es in Deutschland zuwenig Klopapierfabriken mit ausreichend großer Nachfrage nach weniger gut ausgebildeten Beschäftigten gibt?

Leute, die sich mit Minijobs durchschlagen, weil sie nicht gut genug ausgebildet sind, um einen besseren Job zu finden, kosten den Staat auch Geld. Ich für meinen Teil fände es besser, die Jugendlichen zu fördern anstatt später die Aufstocker.

wenn es zweck hat, sollte man foerdern. aber wenn einer einfach nicht lernen will, dann hat es keinen zweck. dann sollte der besser mal arbeiten.

ja, wie im damaligen "klohpapier"-thread erwaehnt, fehlen dafuer arbeitsstellen.

aber das kann kein grund dafuer sein, die schulen mit der verwahrung solcher lernunwilliger lahmzulegen.

schon jetzt werden viel zu viele teure lehrerstunden fuer die verwahrung jugendlicher in parkplatz-bildungsgaengen verschwendet, nach denen die schueler nichts mehr koennen als vor dem besuch des bildungsganges.

da wird einem neuling von lehrer von seinem schulleiter gesagt, es sei voellig egal, was er mit der katastrophenklasse mache, wenn er nur bitte erreichen koenne, dass der klassenraum spaeter noch verwendbar sei. da sprechen selbst schulleiter und sogar schulaufsichtsbeamte offen von "parkplaetzen" und "warteschleifen" fuer jugendliche. in einem forum, das ich lese, beschwert sich ein schueler, er koenne nichts lernen, weil seine mitschueler nur stuehle durch die gegen schmissen und aehnlichen bloedsinn bauten und die lehrer nichts dagegen taeten, weil sie wohl aufgegeben haben. da schreibt ein anderer lehrer allen ernstes als thema der stunde ins klassenbuch solche dinge wie "schueler vom vandalismus abgehalten". ein lehrer der sek II erkundigt sich entnervt bei seinen schuelern, was die denn auf der hauptschule gemacht haetten. glaubhafte antwort: im letzten jahr haetten sie nur noch karten gespielt.

solche schulformen kann man nur ersatzlos dicht machen. alles andere hat keinen zweck.

das ist ressourcenverschwendung. die ARGE ist billiger.
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tridi
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Beitrag(#1818546) Verfasst am: 21.02.2013, 03:33    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:

Wer z.B. wie Du argumentativ das hohe Lied des gegeliederten Schulsystems intoniert, der sollte erklären können, warum auch durchgängig gegliederte Länder wie Bayern und Baden-Württemberg soviel schlechter dastehen als Finnland

wenn diese laender bei pisa besser abschneiden als "moderner unterrichtende" nordbundeslaender, ist es jedenfalls kuehn, daraus zu schliessen, dass ihre methode die schlechtere sei.

zu deiner anderen bemerkung: wenn man die daten zum abschneiden der migranten und nichtmigranten bewusst verheimlicht hat, werde ich sie auch nicht rekonstruieren koennen. insbesondere nicht besser als du selbst.

aber gehopst wie gesprungen: diese laender sind alle so unterschiedlich, dass das eben recht wenig beweist fuer den einzelnen unterschied. wenn man den einzelnen unterschied in der lehrmethode auf seinen erfolg hin untersuchen will, dann muss man klassen vergleichen, die sich moeglichst nur in diesem punkt unterscheiden.

nicht dagegen muss ich jetzt herausfinden, welche 1000 unterschiede es zwischen finnischen schulen und bayrischen gibt und welche 500 davon die ergebnisse genauso erklaeren koennten.
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fwo
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Beitrag(#1818564) Verfasst am: 21.02.2013, 10:15    Titel: Antworten mit Zitat

tridi hat folgendes geschrieben:
....
zu deiner anderen bemerkung: wenn man die daten zum abschneiden der migranten und nichtmigranten bewusst verheimlicht hat, werde ich sie auch nicht rekonstruieren koennen. insbesondere nicht besser als du selbst....

Man hat die Daten nicht verheimlicht, man hat nur untersagt, der Auslieferung des Testergebnisses einen normale statistische Untersuchung der Abhängigkeiten einzelner Größen wie z.B. einen Test der Abhängigkeit der Leistungsverteilungen vom Migrantenanteil gleich beizulegen oder gar eine Standardisierung vorzunehmen, weil das die Argumentation der CDU-Kultuspolitiker gestört hätte.

Zusätzlich gab es, weil man sich sicher sein konnte, dass der Anteil der Wähler, die sich unter einer Standardisierung von Verteilungen etwas vorstellen können, sehr gering ist, Kommentare einzelner Politiker gegen "statistische Lügenmethoden". Ich fand das alles sehr amüsant damals, denn aussagekräftig können derartige Daten immer erst sein, wenn man sie über die nicht beeinflussbaren Größen, von denen man einen Einfluss auf die Zielgröße erwarten kann, standardisiert hat. So wie ein sinnvoller Vergleich von Krebsraten nur an einer altersstandardisierten Bevölkerung gemacht werden kann - wobei es auch völlig irrelevant ist, ob diese "Standardbevölkerung" dann in der Realität existiert.

Das ist übrigens auch die Methode, derartige Daten nicht nur über verschiedene Bundesländer zu vergleichen. Aber das muss ich doch einem Naturwissenschaftler, der gelernt hat, mit Testdaten umzugehen, nicht erzählen.

fwo
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Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

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Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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Misterfritz
mini - mal



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Beitrag(#1818567) Verfasst am: 21.02.2013, 10:40    Titel: Antworten mit Zitat

tridi hat folgendes geschrieben:
schon jetzt werden viel zu viele teure lehrerstunden fuer die verwahrung jugendlicher in parkplatz-bildungsgaengen verschwendet, nach denen die schueler nichts mehr koennen als vor dem besuch des bildungsganges.

da wird einem neuling von lehrer von seinem schulleiter gesagt, es sei voellig egal, was er mit der katastrophenklasse mache, wenn er nur bitte erreichen koenne, dass der klassenraum spaeter noch verwendbar sei. da sprechen selbst schulleiter und sogar schulaufsichtsbeamte offen von "parkplaetzen" und "warteschleifen" fuer jugendliche. in einem forum, das ich lese, beschwert sich ein schueler, er koenne nichts lernen, weil seine mitschueler nur stuehle durch die gegen schmissen und aehnlichen bloedsinn bauten und die lehrer nichts dagegen taeten, weil sie wohl aufgegeben haben. da schreibt ein anderer lehrer allen ernstes als thema der stunde ins klassenbuch solche dinge wie "schueler vom vandalismus abgehalten". ein lehrer der sek II erkundigt sich entnervt bei seinen schuelern, was die denn auf der hauptschule gemacht haetten. glaubhafte antwort: im letzten jahr haetten sie nur noch karten gespielt.

solche schulformen kann man nur ersatzlos dicht machen. alles andere hat keinen zweck.

das ist ressourcenverschwendung. die ARGE ist billiger.

das sind dann aber keine sog. regelschulen, sondern das ist unterricht für leute, die nach der schule keine ausbildung bekommen haben und nennt sich oft berufsvorbereitendes jahr. und die schüler müssen das machen, da sie bis zum 18. lebensjahr der schulpflicht unterliegen, oder?
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esme
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Beitrag(#1818589) Verfasst am: 21.02.2013, 13:22    Titel: Antworten mit Zitat

tridi hat folgendes geschrieben:

da wird einem neuling von lehrer von seinem schulleiter gesagt, es sei voellig egal, was er mit der katastrophenklasse mache, wenn er nur bitte erreichen koenne, dass der klassenraum spaeter noch verwendbar sei. da sprechen selbst schulleiter und sogar schulaufsichtsbeamte offen von "parkplaetzen" und "warteschleifen" fuer jugendliche. in einem forum, das ich lese, beschwert sich ein schueler, er koenne nichts lernen, weil seine mitschueler nur stuehle durch die gegen schmissen und aehnlichen bloedsinn bauten und die lehrer nichts dagegen taeten, weil sie wohl aufgegeben haben. da schreibt ein anderer lehrer allen ernstes als thema der stunde ins klassenbuch solche dinge wie "schueler vom vandalismus abgehalten". ein lehrer der sek II erkundigt sich entnervt bei seinen schuelern, was die denn auf der hauptschule gemacht haetten. glaubhafte antwort: im letzten jahr haetten sie nur noch karten gespielt.


Ich stelle fest, dass offenbar in Österreich doch manches besser ist. Ich kenne Lehrer an einer der "schlechtesten" Hauptschulen und da findet sehr wohl ein Unterricht statt. (Es geht halt wenig weiter und viele sind nicht da und viele kriegen aus verschiedensten Gründen wenig mit, und es soll im wesentlichen niemand sitzenbleiben.)

Was den Einfluß von Migrantenkindern auf Testergebnisse betrifft, gibt es in Österreich sogenannte Bildungsstandards, hier Ergebnisse für Mathematik in der linken Spalte:
http://derstandard.at/1353208792549/Bildungsstandards-Jeder-Sechste-ist-Risikoschueler
(Die Ergebnisse sind natürlich insgesamt nicht so toll.)
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Kival
Profeminist Ghost



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Beiträge: 24071

Beitrag(#1818597) Verfasst am: 21.02.2013, 14:13    Titel: Antworten mit Zitat

esme hat folgendes geschrieben:
tridi hat folgendes geschrieben:

da wird einem neuling von lehrer von seinem schulleiter gesagt, es sei voellig egal, was er mit der katastrophenklasse mache, wenn er nur bitte erreichen koenne, dass der klassenraum spaeter noch verwendbar sei. da sprechen selbst schulleiter und sogar schulaufsichtsbeamte offen von "parkplaetzen" und "warteschleifen" fuer jugendliche. in einem forum, das ich lese, beschwert sich ein schueler, er koenne nichts lernen, weil seine mitschueler nur stuehle durch die gegen schmissen und aehnlichen bloedsinn bauten und die lehrer nichts dagegen taeten, weil sie wohl aufgegeben haben. da schreibt ein anderer lehrer allen ernstes als thema der stunde ins klassenbuch solche dinge wie "schueler vom vandalismus abgehalten". ein lehrer der sek II erkundigt sich entnervt bei seinen schuelern, was die denn auf der hauptschule gemacht haetten. glaubhafte antwort: im letzten jahr haetten sie nur noch karten gespielt.


Ich stelle fest, dass offenbar in Österreich doch manches besser ist. Ich kenne Lehrer an einer der "schlechtesten" Hauptschulen und da findet sehr wohl ein Unterricht statt. (Es geht halt wenig weiter und viele sind nicht da und viele kriegen aus verschiedensten Gründen wenig mit, und es soll im wesentlichen niemand sitzenbleiben.)

Was den Einfluß von Migrantenkindern auf Testergebnisse betrifft, gibt es in Österreich sogenannte Bildungsstandards, hier Ergebnisse für Mathematik in der linken Spalte:
http://derstandard.at/1353208792549/Bildungsstandards-Jeder-Sechste-ist-Risikoschueler
(Die Ergebnisse sind natürlich insgesamt nicht so toll.)


tride beschreibt hier den Extremfall; ich bezweifle stark, dass das, was er beschreibt für alle oder gar de meisten Schulen in Deutschland heute in diesem Maße gilt.

OT:

fwo hat folgendes geschrieben:

Zusätzlich gab es, weil man sich sicher sein konnte, dass der Anteil der Wähler, die sich unter einer Standardisierung von Verteilungen etwas vorstellen können, sehr gering ist, Kommentare einzelner Politiker gegen "statistische Lügenmethoden". Ich fand das alles sehr amüsant damals, denn aussagekräftig können derartige Daten immer erst sein, wenn man sie über die nicht beeinflussbaren Größen, von denen man einen Einfluss auf die Zielgröße erwarten kann, standardisiert hat. So wie ein sinnvoller Vergleich von Krebsraten nur an einer altersstandardisierten Bevölkerung gemacht werden kann - wobei es auch völlig irrelevant ist, ob diese "Standardbevölkerung" dann in der Realität existiert.


Unter Standardisieren verstehe ich die z-Tranformation von Variablen, aber das meinst Du wohl kaum. Berücksichtigung anderer Variablen erfolgt m.W. über Kontrollvariablen; da wird es aber erstens selten möglich sein, alle potentiell relevanten Kontrollvariablen mit aufzunehmen und meistens wird man nicht einmal alle kennen. Also frage ich mich, was Du da jetzt genau meinst.
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Hatiora
sukkulent



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Wohnort: Frankfurt

Beitrag(#1818604) Verfasst am: 21.02.2013, 14:55    Titel: Antworten mit Zitat

Misterfritz hat folgendes geschrieben:
tridi hat folgendes geschrieben:
schon jetzt werden viel zu viele teure lehrerstunden fuer die verwahrung jugendlicher in parkplatz-bildungsgaengen verschwendet, nach denen die schueler nichts mehr koennen als vor dem besuch des bildungsganges.

solche schulformen kann man nur ersatzlos dicht machen. alles andere hat keinen zweck.

das ist ressourcenverschwendung. die ARGE ist billiger.

das sind dann aber keine sog. regelschulen, sondern das ist unterricht für leute, die nach der schule keine ausbildung bekommen haben und nennt sich oft berufsvorbereitendes jahr. und die schüler müssen das machen, da sie bis zum 18. lebensjahr der schulpflicht unterliegen, oder?


Ich dachte, bis 10. Klasse (oder 9.?) ist Pflicht, danach kannst Du eine Ausbildung machen. Ich hatte mir das damals auch mal überlegt, weils mich zum Kunsthandwerk hinzog, da hätte ich dann noch die 11. wegen der Realschulreife mitgenommen.

Das normale Schulsystem ist auch nicht dafür gemacht, die Abweichler nach oben (Hochbegabte) oder unten (Lernunwillige oder Schüler mit Lernproblemen) zu bedienen, sondern die breite Masse.

Wenn es solche Entwicklungen der kompletten Leistungsverweigerung an entsprechenden Brennpunkten in Deutschland gibt, ist das ein Problem der betreffenden Schule selbst bezw. der Jugendarbeit, Sozialstruktur oä vor Ort, und nicht unbedingt direkt auf die jeweilige Schulform zurückzuführen.

Aber ich wundere mich: Sollten solche zusätzlichen Schuljahre zumindest theoretisch nicht auch in irgendeine Form von Prüfung münden, die man als Zusatzqualifikation erwirbt, oder wenigstens eine Verbesserung der Abgangsnote?
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"Daß alles immer schlimmer wird, versteht sich auch im neuen Jahr von selbst und hat noch immer nichts mit Verschwörung zu tun, sondern mit allen, die ihre Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen verrichten." Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück.
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fwo
Caterpillar D9



Anmeldungsdatum: 05.02.2008
Beiträge: 26588
Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#1818608) Verfasst am: 21.02.2013, 15:19    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
...
fwo hat folgendes geschrieben:

Zusätzlich gab es, weil man sich sicher sein konnte, dass der Anteil der Wähler, die sich unter einer Standardisierung von Verteilungen etwas vorstellen können, sehr gering ist, Kommentare einzelner Politiker gegen "statistische Lügenmethoden". Ich fand das alles sehr amüsant damals, denn aussagekräftig können derartige Daten immer erst sein, wenn man sie über die nicht beeinflussbaren Größen, von denen man einen Einfluss auf die Zielgröße erwarten kann, standardisiert hat. So wie ein sinnvoller Vergleich von Krebsraten nur an einer altersstandardisierten Bevölkerung gemacht werden kann - wobei es auch völlig irrelevant ist, ob diese "Standardbevölkerung" dann in der Realität existiert.


Unter Standardisieren verstehe ich die z-Tranformation von Variablen, aber das meinst Du wohl kaum. Berücksichtigung anderer Variablen erfolgt m.W. über Kontrollvariablen; da wird es aber erstens selten möglich sein, alle potentiell relevanten Kontrollvariablen mit aufzunehmen und meistens wird man nicht einmal alle kennen. Also frage ich mich, was Du da jetzt genau meinst.

Es handelt sich um anhand der gewählten Standardverteilung gewichte Mittelwerte:
http://de.wikipedia.org/wiki/Standardisierung_%28Epidemiologie%29

Die Datenerhebung für Pisa war, um genauere Analysen zu ermöglichen, von vornherein dafür vorgesehen. Deshalb wurden die Daten auch nicht summarisch gesammelt, sondern bestehen aus einem Datensatz pro getestetem Schüler, in dem z.B. auch das Vorhandensein eines Migrationshintergrundes vermerkt ist.

fwo
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