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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44685
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(#1819444) Verfasst am: 25.02.2013, 00:13 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Die Anerkennung und Thematisierung der Ränder ist dann nichts anders als die Formulierungen von Ausnahmen der Regeln. |
Womit wir wieder bei Carl Schmitt wären. Nur ist eben (trivialerweise) die Formulierung einer neuen Ausnahme selbst nicht wieder ein konformer Zug innerhalb der Regeln.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1819445) Verfasst am: 25.02.2013, 00:14 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Für eine Ethik, die ihre eigenen Grenzen thematisieren kann, ist gutes Handeln eben nicht mehr notwendig synonym mit Konformität zu ihren eigenen Regeln. Dabei geht es nicht darum, dass eine solche Ethik auch nach wie vor in gewissen Fällen Konformität zu bestimmten Regeln fordern kann. Deine Behauptung war aber, dass Konformität innerhalb einer Ethik notwendig synonym ist mit gutem Handeln, und zwar unabhängig von Inhalten und Umständen. |
Kannst Du mal ein konkretes Beispiel geben für ein moralisches System, das seine Grenzen thematisieren kann und für das Konformität mit seinen eigenen Reglen nicht als gutes Handeln gilt?
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44685
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(#1819446) Verfasst am: 25.02.2013, 00:14 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Kannst Du mal ein konkretes Beispiel geben für ein moralisches System, das seine Grenzen thematisieren kann? |
Jede aufgeklärte Ethik. Das zeigt sich dann unter anderem darin, dass für die Aufklärung die primäre Distinktion nicht mehr gut-böse ist, sondern frei-unfrei.
step hat folgendes geschrieben: | für das Konformität mit seinen eigenen Reglen nicht als gutes Handeln gilt? |
Soll ich das jetzt als allgemeinen Satz verstehen? Dann kommt man natürlich in die Paradoxie, von der du sprichst. Ich habe doch gesagt, der Fehler liegt schon darin, eine Ethik überhaupt als bloße Summe von Regeln aufzufassen.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1819447) Verfasst am: 25.02.2013, 00:17 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Konformismus und Kadavergehorsam beginnen jeweils mit "K". |
So einiges beginnt mit "K" - - und überhaupt, was hast Du immer mit Deinem Konformismus? Unterschätze meinen Nonkonformismus nicht! |
Ui ui ui! step, du schockst mich!
step hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Die Frage ist doch: wem nützt eine bestimmte Moral? |
Das ist besonders dann interssant, wenn die Moral eben nicht diskursiv erstellt wurde, sondern hierarchisch vorgegeben. |
Meinst du im Ernst, der Kapitalismus ist ein Debattierklub? Das ist Illusion. Die Hierarchien im Kapitalismus sind im übrigen knallhart vorgegeben. "Hierarchisch" ist da noch verniedlichend.
Die herrschende Moral ist die Moral der Herrschenden - nach wie vor. (Was zu zeigen wäre.)
step hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Ich glaube nicht, dass man sich in dieser Frage auf die Moral aller Menschen verlassen kann, wenn der moralische Wind sich gedreht hat und die Bürokraten und Soldaten erneut anfangen, "ihre Pflicht zu tun". Um Moral wirklich nachhaltig zu etablieren, muss man die gesellschaftlichen Grundlagen der Amoral abschaffen, bei denen Menschen keine Menschen sondern lediglich Mittel, Objekte sind zum Zwecke der Herrschenden, welche noch stets ihre Handlanger und Bluthunde gefunden haben. |
Also ich habe ja kein besonders optimistisches Menschenbild, aber Deins ist wirklich extrem pessimistisch. Du meinst, selbst in einer aufgeklärten, offenen Gesellschaft würden die Menschen leicht zu Bluthunden werden, wenn ihnen nicht die "richtige" Moral nicht vorgegeben wird? Erinnert mich an ... ach, das errätst Du selbst. |
Ja, dann guck dir mal die Weimarer Republik an und wie eine "aufgeklärte" und "demokratische" Gesellschaft von heute auf morgen den Adolf Hitler getanzt hat.
Ich finde deine Blauäugigkeit frappierend. In welcher Welt lebst du eigentlich?
step hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Dann stimmst du mir also zu, dass Konformität stets nachrangig ist gegenüber dem, was in der Moral-Kiste drin ist. |
Nein, da hast Du was nicht verstanden. Ich bin nur dafür, sich auf eine primäre Moral-Kiste zu einigen und sich zu dieser konform zu verhalten. |
Der Begriff "konform" stört mich hier ungemein. Ich finde, er passt da nicht hin.
_________________ °
K.I.Z - Frieden
Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video
Informationsstelle Militarisierung e.V.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1819448) Verfasst am: 25.02.2013, 00:17 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Kannst Du mal ein konkretes Beispiel geben für ein moralisches System, das seine Grenzen thematisieren kann? | Jede aufgeklärte Ethik. |
In der Tat. Aber Du hast sinnentstellend gesnippt.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44685
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(#1819449) Verfasst am: 25.02.2013, 00:19 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Das ist besonders dann interssant, wenn die Moral eben nicht diskursiv erstellt wurde, sondern hierarchisch vorgegeben. |
Nein, dass ist auch in diskursiven Moralen noch interessant, weil ein Diskurs immer in einer Umgebung stattfindet und diese von bestimmten Verhältnissen bestimmt ist. Die Auswirkungen dieser Verhältnisse auf den Diskurs sind ja genau das, was man Ideologie nennt.
So wie zum Beispiel die der "freie Geschäftsabschluss" zwischen den "Geschäftspartnern" Arbeitnehmer und Arbeitgeber durch seine äußeren Umstände massiv überdeterminiert ist.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1819450) Verfasst am: 25.02.2013, 00:21 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Ich glaube nicht, dass man sich in dieser Frage auf die Moral aller Menschen verlassen kann, wenn der moralische Wind sich gedreht hat und die Bürokraten und Soldaten erneut anfangen, "ihre Pflicht zu tun". Um Moral wirklich nachhaltig zu etablieren, muss man die gesellschaftlichen Grundlagen der Amoral abschaffen, bei denen Menschen keine Menschen sondern lediglich Mittel, Objekte sind zum Zwecke der Herrschenden, welche noch stets ihre Handlanger und Bluthunde gefunden haben. |
Deine Amoral ist nur eine andere Art von Moral. Aus Sicht deiner Moral eine schlechte zwar aber trotzdem nur eine weitere. |
Dann hat der Begriff "Moral" keine Bedeutung. Dann kannst du alles als "Moral" bezeichnen.
Die Elemente, die ein Moralsystem - man kann auch -struktur sagen - besitzen muss, habe ich bereits skizziert.
_________________ °
K.I.Z - Frieden
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Zuletzt bearbeitet von Skeptiker am 25.02.2013, 00:22, insgesamt einmal bearbeitet |
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44685
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(#1819451) Verfasst am: 25.02.2013, 00:21 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | In der Tat. Aber Du hast sinnentstellend gesnippt. |
Hab' meinem Beitrag noch einiges hinzugefügt.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44685
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(#1819454) Verfasst am: 25.02.2013, 00:28 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Deine Amoral ist nur eine andere Art von Moral. |
Dann hat der Begriff "Moral" keine Bedeutung. |
Nein, Tom der Dino hat insofern schon Recht, als natürlich auch Klassengesellschaften Moralen hervorbringen. Was wäre denn wohl sonst der Gegenstand der Moralkritik z.B. des jungen Marx?
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1819455) Verfasst am: 25.02.2013, 00:30 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ich bin nur dafür, sich auf eine primäre Moral-Kiste zu einigen und sich zu dieser konform zu verhalten. | Der Begriff "konform" stört mich hier ungemein. Ich finde, er passt da nicht hin. |
Das wundert mich nicht, für Dich ist ja sogar "Bürger" ein negativer Begriff.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44685
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(#1819456) Verfasst am: 25.02.2013, 00:31 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Das wundert mich nicht, für Dich ist ja sogar "Bürger" ein negativer Begriff. |
Meinst du jetzt Bourgeois oder Citroyen?
Insofern der Bürger (der bestimmte Rechte hat) die Abgrenzung vom Nichtbürger impliziert (der diese Rechte eben nicht hat), handelt es sich in der Tat um einen ethisch mindestens problematischen Begriff.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
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(#1819459) Verfasst am: 25.02.2013, 00:35 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Citroyen ... |
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44685
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(#1819460) Verfasst am: 25.02.2013, 00:36 Titel: |
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Verdammt, Flüchtigkeitsfehler. Citoyen natürlich. Wie peinlich.
Ich darf beim Schreiben nicht mehr im Hintergrund den Fernseher laufen lassen, das lenkt mich nur ab. Solche Patzer sind mir in letzter Zeit häufiger passiert...
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
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(#1819462) Verfasst am: 25.02.2013, 00:44 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | ... für das Konformität mit seinen eigenen Reglen nicht als gutes Handeln gilt? | Soll ich das jetzt als allgemeinen Satz verstehen? Dann kommt man natürlich in die Paradoxie, von der du sprichst. Ich habe doch gesagt, der Fehler liegt schon darin, eine Ethik überhaupt als bloße Summe von Regeln aufzufassen. |
Jaja. Aber nochmal:
step hat folgendes geschrieben: | Kannst Du mal ein konkretes Beispiel geben für ein moralisches System, das seine Grenzen thematisieren kann und für das Konformität mit seinen eigenen Reglen nicht als gutes Handeln gilt? |
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44685
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(#1819463) Verfasst am: 25.02.2013, 00:46 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Jaja. Aber nochmal: |
Falls du es nicht gemerkt hast: Ich habe eine Verständnisfrage gestellt. Zumal etwas wie das hier:
step hat folgendes geschrieben: | [...] für das Konformität mit seinen eigenen Reglen nicht als gutes Handeln gilt? |
...bei mir so gerade nicht vorkam. Ich muss mich nicht auf absichtlich mehrdeutige Formulierungen einlassen. Stell' vernünftige Fragen, dann antworte ich auch.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
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(#1819466) Verfasst am: 25.02.2013, 01:00 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Jaja. Aber nochmal: | Falls du es nicht gemerkt hast: Ich habe eine Verständnisfrage gestellt. |
Nein, das habe ich nicht bemerkt.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Zumal eine Formulierung wie die hier:
step hat folgendes geschrieben: | [...] für das Konformität mit seinen eigenen Reglen nicht als gutes Handeln gilt? | ...bei mir so gerade nicht vorkam. Ich muss nicht Beispiele für etwas suchen, das ich nicht vertrete - gerade dann nicht, wenn du es absichtlich mehrdeutig formulierst. |
Hier nochmal meine Nachfrage - weder absichtlich noch mehrdeutig formuliert:
step hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Für eine Ethik, die ihre eigenen Grenzen thematisieren kann, ist gutes Handeln eben nicht mehr notwendig synonym mit Konformität zu ihren eigenen Regeln. Dabei geht es nicht darum, dass eine solche Ethik auch nach wie vor in gewissen Fällen Konformität zu bestimmten Regeln fordern kann. Deine Behauptung war aber, dass Konformität innerhalb einer Ethik notwendig synonym ist mit gutem Handeln, und zwar unabhängig von Inhalten und Umständen. | Kannst Du mal ein konkretes Beispiel geben für ein moralisches System, das seine Grenzen thematisieren kann und für das Konformität mit seinen eigenen Regeln nicht als gutes Handeln gilt? |
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
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(#1819472) Verfasst am: 25.02.2013, 01:05 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Verdammt, Flüchtigkeitsfehler. Citoyen natürlich. Wie peinlich. ich darf beim Schreiben nicht mehr im Hintergrund den Fernseher laufen lassen, das lenkt mich nur ab. Solche Patzer sind mir in letzter Zeit häufiger passiert... |
ich hoffe, es war kein allzu bürgerliches Programm ... wie auch immer, ich muß jetzt auch aufhören, sonst schreibe ich Unsinn.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44685
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(#1819473) Verfasst am: 25.02.2013, 01:07 Titel: |
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Ich verstehe immer noch nicht ganz genau, was du mit deiner Frage eigentlich willst, aber gut, ich versuch's nochmal.
step hat folgendes geschrieben: | Kannst Du mal ein konkretes Beispiel geben für ein moralisches System, das seine Grenzen thematisieren kann und für das Konformität mit seinen eigenen Regeln nicht als gutes Handeln gilt? |
Dass in einer Ethik eine Regel aufgestellt wird und es sich später zum Beispiel herausstellt, dass die Befolgung dieser Regel unter bestimmten Umständen keinen Sinn macht, ist nun wirklich nicht schwer vorzustellen. Und damit fängt die Geschichte erst an.
Etwas anders gesagt: Als Beispiel taugt jede Ethik, die in irgendeiner Weise eigenständiges Denken verlangt. Davon gibt es genug, und ich bin sicher, du kennst auch welche.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1819486) Verfasst am: 25.02.2013, 10:03 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Dass in einer Ethik eine Regel aufgestellt wird und es sich später zum Beispiel herausstellt, dass die Befolgung dieser Regel unter bestimmten Umständen keinen Sinn macht, ist nun wirklich nicht schwer vorzustellen. |
Das widerspricht jedoch nicht meiner Konformitätsthese. Zum Beispiel gebe es die Übereinkunft, Kindern möglichst viel Freiheit zu lassen und keinesfalls Gewalt anzuwenden. Und eine Situation, in der sich herausstellt, daß es in diesem Fall (z.B. Lebensgefahr) nicht gut wäre. Aus meiner Sicht gibt es in diesem Fall einfach einen noch wichtigeren Wert, der die Regel außer Kraft setzt. Wir wünschen / erwarten, daß sich der Handelnde in diesem Fall konform zu der noch wichtigeren Regel verhält und das Kind notfalls mit Gewalt vor der gefahr schützt.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44685
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(#1819491) Verfasst am: 25.02.2013, 10:49 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Aus meiner Sicht gibt es in diesem Fall einfach einen noch wichtigeren Wert, der die Regel außer Kraft setzt. |
Der Punkt ist, dass eine Ethik, die ihre eigene Begrenztheit anerkennen kann, zum Beispiel auch die Möglichkeit in Betracht ziehen kann, dass es "Werte" gibt, denen sie noch gar nicht Rechnung trägt.
(Hinzu kommt natürlich, dass Ethiken auch Elemente beinhalten können, die überhaupt nicht den Charakter einer Regel haben. Die Forderung "sapere aude" wäre hier z.B. ein gutes Beispiel.)
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Höhlenbär saisonaler Einzelgänger
Anmeldungsdatum: 04.03.2007 Beiträge: 147
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(#1819503) Verfasst am: 25.02.2013, 12:08 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Das leuchtet mir nicht ein. |
Für eine Ethik, die ihre eigenen Grenzen thematisieren kann, ist gutes Handeln eben nicht mehr notwendig synonym mit Konformität zu ihren eigenen Regeln. Dabei geht es nicht darum, dass eine solche Ethik auch nach wie vor in gewissen Fällen Konformität zu bestimmten Regeln fordern kann. Deine Behauptung war aber, dass Konformität innerhalb einer Ethik notwendig synonym ist mit gutem Handeln, und zwar unabhängig von Inhalten und Umständen. |
Mit der Einführung von "Moralsystemen" ist step ist in die falsche Richtung unterwegs. Moral soll nicht in das spezielle ausdifferenziert werden, sondern im allgemeinen bleiben, möglichst für alle verständlich formuliert.
Die Ausdifferenzierungen würden nur zu Beschreibungen bestehender Gesellschaften führen und dann deren Sitten über die Sittlichkeit zum Moralsystem erhöhen. Der Großteil dieser Sitten ist jedoch moralisch neutral. Nur der Druck zur Konformität, egal zu welchen Sitten, ist ein moralisches Thema.
So sehr mir das Projekt Weltethos auch gegen den Strich geht (wegen Vernachlässigung von über der Hälfte der Menschheit, insbesondere von Atheisten, sowie Zeitigens dürftiger Ergebnisse), so demonstriert es doch ganz richtig die Methode, mit der man zur Moral gelangt: Man kann nicht bei der Beschreibung verschiedener Gesellschaften stehenbleiben, sondern spürt die ihnen gemeinsamen Regeln auf.
Der krönende Schlusstein im Kuppelbau der Moral ist sowieso die Toleranz.
Dieses Toleranzplädoyer ist absichtlich pathetisch formuliert. Oh, ja, ich kann step mit seiner Abneigung gegen das pathetische verstehen. Aber wie anders als mit Pathos soll man darauf hinweisen, dass etwas, das sowieso jeder weiß, ein besonderer Eckpunkt im Weltbild ist? Gestern bin ich beim Zappen bei einem Fernsehinterview mit Ralph Giordano hängengeblieben. So authentisch und sympathisch er auch ist, so wichtig seine Themen auch sind, er muss ein Pathos aufbieten, dem ich mich nicht täglich aussetzen möchte.
Pathos wandert genau wie der Humor auf einer Grenzlinie. Man muss ein Mindestmaß an drastischen Formulierung bieten, um überhaupt einen Eindruck zu machen. Dabei wird man immer den Geschmack einiger übertreten.
Aber eine nüchterne Systemanalyse von Ethiken bietet keinen Ausweg vor dem Pathos. An Moral wird gearbeitet, indem man pathetisches unter das Bewusstsein einsickern lässt.
_________________ Macht ist geil. Humor ist Pflicht. Skepsis ist eine Tugend.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1819505) Verfasst am: 25.02.2013, 12:47 Titel: |
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Höhlenbär hat folgendes geschrieben: | [...]
Aber eine nüchterne Systemanalyse von Ethiken bietet keinen Ausweg vor dem Pathos. An Moral wird gearbeitet, indem man pathetisches unter das Bewusstsein einsickern lässt. |
Ich sehe es so, daß die Ratio in Bezug auf die Bindung an Werte eine untergeordnete Rolle spielt. Es reicht nicht aus zu wissen, wie man richtig handeln sollte. Das Wissen muss auch wirken. Eine starke Bindung wäre die Begabung des Menschen mit Mitgefühl.
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#1819510) Verfasst am: 25.02.2013, 13:11 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Höhlenbär hat folgendes geschrieben: | [...]
Aber eine nüchterne Systemanalyse von Ethiken bietet keinen Ausweg vor dem Pathos. An Moral wird gearbeitet, indem man pathetisches unter das Bewusstsein einsickern lässt. |
Ich sehe es so, daß die Ratio in Bezug auf die Bindung an Werte eine untergeordnete Rolle spielt. Es reicht nicht aus zu wissen, wie man richtig handeln sollte. Das Wissen muss auch wirken. Eine starke Bindung wäre die Begabung des Menschen mit Mitgefühl. |
Das ist die eine Möglichkeit. Die andere ist eine Vorgabe traditioneller Regeln. Ersteres funktioniert natürlich besser zusammen mit Aufklärung und Ratio, weil hier nicht durch Kritik gleich das ganze Fundament des Ethischen zusammenbricht. Eine Studie, auf die ich hier schon einmal verwiesen habe, legt nahe, dass Mitgefühl bei Atheisten eine größere Rolle spielt als bei Christen.
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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Höhlenbär saisonaler Einzelgänger
Anmeldungsdatum: 04.03.2007 Beiträge: 147
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(#1819513) Verfasst am: 25.02.2013, 14:00 Titel: |
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Kival hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | Höhlenbär hat folgendes geschrieben: | [...]
Aber eine nüchterne Systemanalyse von Ethiken bietet keinen Ausweg vor dem Pathos. An Moral wird gearbeitet, indem man pathetisches unter das Bewusstsein einsickern lässt. |
Ich sehe es so, daß die Ratio in Bezug auf die Bindung an Werte eine untergeordnete Rolle spielt. Es reicht nicht aus zu wissen, wie man richtig handeln sollte. Das Wissen muss auch wirken. Eine starke Bindung wäre die Begabung des Menschen mit Mitgefühl. |
Das ist die eine Möglichkeit. Die andere ist eine Vorgabe traditioneller Regeln. Ersteres funktioniert natürlich besser zusammen mit Aufklärung und Ratio, weil hier nicht durch Kritik gleich das ganze Fundament des Ethischen zusammenbricht. Eine Studie, auf die ich hier schon einmal verwiesen habe, legt nahe, dass Mitgefühl bei Atheisten eine größere Rolle spielt als bei Christen. |
Mitgefühl und Einfühlungsvermögen sind im Prinzip Synonyme, aber ich bevorzuge die Vokabel Einfühlungsvermögen. "Mitgefühl" ist durch seine Nähe zum "Mitleid" das stärker pathetisch aufgeladene Wort. Je seltener Pathos bemüht wird, desto mehr Effekt kann man erzielen, wenn man einmal tatsächlich das pathetische Register ziehen will. Außerdem appelliert "Einfühlungsvermögen" an eine Fertigkeit im Menschen, die seinem Autonomiebedürfnis schmeichelt. Dem entzieht sich so schnell keiner.
Plausibel ist es auf den zweiten Blick schon, dass Christen weniger Mitgefühl zeigen. Das heißt nicht, dass sie dafür mehr Ratio zeigen. Sie rationalisieren nur mehr, weil es peinlich wäre, das Hauptmotiv zu offenzulegen: Eine große Angst vor der Apostasie, weil sie ein Zeichen für die Auflösung der Solidargemeinschaft ist (Essay von Sloterdijk hierzu).
_________________ Macht ist geil. Humor ist Pflicht. Skepsis ist eine Tugend.
Zuletzt bearbeitet von Höhlenbär am 25.02.2013, 15:19, insgesamt einmal bearbeitet |
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1819514) Verfasst am: 25.02.2013, 14:09 Titel: |
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Es wird doch keine Gelegenheit ausgelassen, eine relativ interessante Diskussion mit unterirdischen Pauschalvermutungen zu verseuchen.
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Höhlenbär saisonaler Einzelgänger
Anmeldungsdatum: 04.03.2007 Beiträge: 147
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(#1819515) Verfasst am: 25.02.2013, 14:22 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | ... verseuchen. | Ich bekenne mich des Hervorkitzelns schuldig. Wollen wir noch nach einer Mitte zwischen Kitzeln und Verseuchen suchen?
_________________ Macht ist geil. Humor ist Pflicht. Skepsis ist eine Tugend.
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26512
Wohnort: im Speckgürtel
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(#1819517) Verfasst am: 25.02.2013, 14:26 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Es wird doch keine Gelegenheit ausgelassen, eine relativ interessante Diskussion mit unterirdischen Pauschalvermutungen zu verseuchen. |
@zelig: Du solltest dich bei allgemeinen Aussagen zu "Christen" nicht so angesprochen fühlen. Die ***isten, die ihr Weltbild derart reflektieren wie Du deines, dürften auch unter den Christen eine fast bedeutungslose Minderheit sein. Und eine Gruppen-Eigenschaft, die auch evtl. nur 40- 50% trifft, kann schon als relativ typisch diskutiert werden.
fwo
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1819520) Verfasst am: 25.02.2013, 14:39 Titel: |
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Ist doch Blödsinn. Mich nervt es natürlich auch persönlich. Aber was mir zu schaffen macht, ist das überall und immer vorzufindende pauschale Urteil, das man womöglich noch mit irgendwelchen Studien mit wissenschaftlichem Anstrich untermauern will, ausblendend, daß wahrscheinlich irgendwo eine ebenso valide Studie mit gegenteiliger Aussage existiert. Wir werden es wohl nie schaffen, das tiefgründe Unheil dieser Neigung zu erkennen und zu überwinden. Da bin ich -mit Pathos- ganz Kulturpessimist. Mich widert es an, gleich von welcher Seite das kommt.
@Höhlenbär Alles in Ordnung
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#1819525) Verfasst am: 25.02.2013, 15:03 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Ist doch Blödsinn. Mich nervt es natürlich auch persönlich. Aber was mir zu schaffen macht, ist das überall und immer vorzufindende pauschale Urteil, das man womöglich noch mit irgendwelchen Studien mit wissenschaftlichem Anstrich untermauern will, ausblendend, daß wahrscheinlich irgendwo eine ebenso valide Studie mit gegenteiliger Aussage existiert. Wir werden es wohl nie schaffen, das tiefgründe Unheil dieser Neigung zu erkennen und zu überwinden. Da bin ich -mit Pathos- ganz Kulturpessimist. Mich widert es an, gleich von welcher Seite das kommt. |
Sorry, das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Es gibt de facto einen deutlichen Unterschied zwischen Nicht-Religiösen und Christen, wie stark ihr Verhalten von Mitgefühl beinflusst wird. Das bedeutet, dass Appelle an das Mitgefühl bei Atheisten einen deutlichen Einfluss auf "prosocial behaviour" haben, bei Christen der Einfluss aber nur gering ist. Das bedeutet aber auch, dass Christen i.A. mehr grundlegendes "prosocial behaviour" aufweisen; sie ein Appell an das Mitgefühl für "prosocial behaviour" nicht so sehr brauchen. Natürlich gilt das nicht für alle Christen oder alle Atheisten...
Ich halte es auch nicht für falsch oder irrelevant, zu untersuchen, wie Moral de facto funktioniert, wie sich Gruppen dabei unterscheiden usw. Natürlich muss man dabei kritisch sein und genau darauf achten, was eigentlich untersucht wird. Wenn jemand konservative Sexualmoral als "Moral" definiert, hat Religiosität natürlich wenig überraschend einen weitaus stärkeren Einfluss auf die Moral als wenn man Zusammenhänge mit der Ehrlichkeit untersucht. Bei Toleranz gegenüber Homosexuellen ist der Zusammenhang dann natürlich weniger überraschend negativ. Auch wenn jeder Christ individuell verschieden ist, gibt es Wertedomänen/dimensionen, die von der christlichen (und gar religiöser) Moral i.A. positiv angesehen werden (z. B. Tradition, Sicherheit und zu einem gewissen Grad "Mildtätigkeit") und andere, die eher negativ angesehen werden (z. B. Selbstbestimmung. Hedonismus...))
Dass es irgendwo eine valide Studie mit gegenteiligen Aussagen gibt, bezweifle ich, wenn es natürlich auch nicht unmöglich ist. Glaube mir ruhig, dass ich mich in dem Bereich auskennen, in dem ich auch selber "geforscht" habe.
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#1819529) Verfasst am: 25.02.2013, 15:11 Titel: |
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Und es ging um den Hinweis klarzumachen, dass Moral eben nicht nur über Mitgefühl funktioniert, sondern, dass nur eine Form der "Implementierug" von Moral ist.
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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