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Telliamed registrierter User
Anmeldungsdatum: 05.03.2007 Beiträge: 5125
Wohnort: Wanderer zwischen den Welten
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(#1847156) Verfasst am: 18.06.2013, 09:19 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Oder wie Hegel mal bei einem Glas Whiskey vor sich hin murmelte:
"Freiheit ist die Einsicht in die Notwendigkeit."
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Nun, es dürfte eher ein nach Berlin importierter schwäbischer Hauswein gewesen sein - der Wiedererkennungseffekt ist bei dem Spruch enorm.
In den zwanzig Jahren zwischen 1969 und 1989 lautete die einzig zulässige Antwort auf die Frage "Was ist Freiheit?": "Freiheit ist die Einsicht in die Notwendigkeit." (ist zwar leider nur von Hegel, und nicht von Marx, wurde warnend hinzugefügt).
Freiheit ist nicht, wenn Jugendliche 1969 bei einem Konzert der Rolling Stones mal kurzerhand die Waldbühne in Westberlin zerlegen. Das hatte im Osten zur Folge, dass zwar die friedlichen Beatles zugelassen wurden und gespielt werden durften, obwohl sie mit dem "Let it be" religiösen Ursprungs, bei dem auch noch eine Mutter Maria mitspielte, eine geradezu bürgerliche Gleichgültigkeit an den Tag legten, die Rolling Stones wegen des Freisetzens zerstörerischer Energien jedoch verboten wurden.
Freiheit ist auch nicht das, was jene erwartete, die über die Mauer unter Lebensgefahr "herübermachten", denn dort erwarteten sie die Zwänge des Kapitals, Ausbeutung, Inflation und hohe Mieten, hieß es damals, wenn man überhaupt auf dieses unangenehme Thema zu sprechen kam.
Man konnte in den 1990er Jahren in der U-Bahn sehen, in welchem Teil Berlins man gerade war. Die Leute müde von Arbeit und Dienst, ruhig sitzend und vor sich hin starrend, die vorherrschende Farbe Grau - da war man noch im Osten, vor der einstigen Endstation Ernst-Thälmann-Platz. Wenige Sekunden später, bunte, schräge Typen, die in der U-Bahn herumhüpften und sich laut vernehmen ließen, mit der Bierbüchse in der Hand und irgendwelchen Eigentümlichkeiten und Acessoires, die ihre Individualität unterstrichen, da war man schon in der "Freiheit", im Westteil, wo man die Freiheit als höchsten Wert hochhielt und man sich selbst für einen Vertreter und eine "Stimme der freien Welt" (Radio) hielt.
Die Bestimmung Hegels war hervorragend geeignet, die Leute gefügig zu halten. Während in Sachsen und Thüringen bereits die Reisefreiheit als erstrebenswertes Ziel anvisiert wurde, setzten sich die 600.000 Demonstranten in Berlin am 4. November 1989 noch für das Erreichen der eigentlich verfassungsmäßig garantierten, jedoch noch nicht durchgesetzten Rede-, Presse- und Versammlungsfreiheit ein.
Ich bin im Bereich der politischen Freiheiten, nicht auf der philosophischen oder erkenntnistheoretischen Ebene. Kein Wunder jedoch, dass bei einer großen Menge im Osten der Begriff "Freiheit" nicht an erster Stelle der Werte steht, sondern "soziale Sicherheit". Ziemlich sicherer Indikator ist, dass Gauck je mehr von irgendeiner "Freiheit" schwadroniert, als die soziale Frage konkretisiert und auf die schreienden Unterschiede zwischen Arm und Reich aufmerksam gemacht wird. Wer nicht genügend Geld hat, wird sich nicht frei fühlen, auch wenn er theoretisch die Möglichkeit hat, nach Mallorca zu fliegen, so einfach ist das.
Unter diesem Gesichtspunkt steht für mich jetzt nicht im Vordergrund, ob ich im Moment frei bin, wenn ich bewusst oder halb im Unterbewusstsein meine Tippfinger in Bewegung setze - ich hätte noch die Möglichkeit, auf meine alten Tagen die freie Entscheidung zu treffen, das Zehnfinger-Schreibsystem zu erlernen, aber lasse es lieber bis zur nächsten Sehnenscheidenentzündung sein.
Entschuldigung für den wenig filousofischen Beitrag, aber das war die Erinnerung an den Hegel-Satz wert: "Freiheit ist Einsicht in die Notwendigkeit". Wie haben die staunend aus der Wäsche geguckt, denen dieser mit autoritärer Definitionshoheit daherkommende Spruch zum ersten Mal vor den Latz geknallt wurde: "Also dürfen wir entsprechend dieser idealistischen Quelle des Marxismus gar nicht tun und lassen, was wir wollen?"
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
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(#1847169) Verfasst am: 18.06.2013, 11:09 Titel: |
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@Telliamed: Dein Beitrag gefällt mir - auch ich möchte keinesfalls, daß meine Freiheit in der Einsicht in "Notwendigkeiten" besteht, die in Form einer Bedürfnispyramide von einer herrschenden Ideologie festgelegt werden.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
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(#1847185) Verfasst am: 18.06.2013, 12:23 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Es ist mE ein wesentlicher Unterschied, ob jemand selbstbestimmt entscheiden und handeln kann oder ob er das nicht kann. Es besteht mE ein wesentlicher Unterschied zwischen Autonomie und Heteronomie. |
Wie gesagt, einerseits stimme ich da zu, sehe allerdings auch wesentliche Einschränkungen, die oft vernachlässigt werden, z.B. die Tatsache, daß auch die inneren ("autonomen") Teile der Entscheidungen, z.B. Erfahrungen, Präferenzen, Wissen usw., letztlich heteronom geprägt sind, sie sind eine Art über die Zeit gewachsener Spiegel innerer und v.a. äußerer Einflüsse.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | ... falls X nicht abschätzen kann, was es bedeutet, was er tun will; was daraus folgen könnte; welche Konsequenzen sich daraus ergeben könnten, dann fehlte mE X hier eine wesentliche Eigenschaft, die ich für die (Gesamt)-Freiheit von X als unerlässlich ansehe. X kann handlungsfrei sein, aber wenn X keine Entscheidungsfreiheit im o.g. Sinne hätte, dann würde man X wohl kaum als frei ansehen. |
Dieses "Konsequenzenabschätzen" geschieht aber doch nur in unterschiedlich komplexem Maße: Wenn ich z.B. entscheide, ob ich zuerst einkaufen gehe oder zuerst in den Wald, dann treffe ich die Entscheidung, indem ich (mehr oder weniger komplex) über die Konsequenzen nachdenke, z.B. drohender Geschäftsschluß. Wenn ich entscheide, ob ich mich im nächsten Moment nach rechts oder links wende, basiert die Entscheidung für diese Kleinhandlung entweder auf einer Ableitung aus einer, z.B. obiger, größeren Entscheidung, oder aber auf einer spontanen Präferenz, z.B. daß es links schattiger ist.
Die Tatsache, daß ich überhaupt Zukünfte simulieren kann, würde ich eher als Fähigkeit, Eigenschaft, Kapazität ansehen (wie bei einem Rechner), denn als Freiheit, da es schwerfällt anzugeben, wovon man denn da frei ist: frei von Rechenschwäche? frei von Unwissen? frei von Blindheit?
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Zusätzlich gibt es den "Manipulations-Einwand": wenn Y X ein bestimmtes Wollen W induzierte und X das nicht erkennen würde und W ausführen könnte, dann wäre X handlungsfrei bezüglich W. Jedoch eben auch ein von außen Gesteuerter und deswegen unfrei. |
Nach meiner Deutung sind Präferenzen immer induziert, durch Naturgesetze, Erziehung, Kultur, Erlebnisse usw. - wir können jedoch unterscheiden, ob wir eine bestimmte Sorte derartiger Prägung wollen oder ob wir sie nicht wollen. Zum Beispiel befürworten wir die zielgerichtete Manipulation von Präferenzen nur in ganz bestimmten Fällen, derzeit etwa in der Erziehung oder in der Werbewirtschaft.
Immerhin aber kann man die zusätzliche Freiheit, die Du hier meinst, als "Freiheit" bezeichnen, da man wenigstens konkret sagen kann, wovon man frei sein will: nämlich Freiheit von Prägung der Präferenzen durch Dritte in Situationen, die in einer bestimmten Kultur als mißbräuchlich oder unfair angesehen werden. Wenn man also einen feinen Unterschied zur Handlungsfreiheit machen will, könnte man in bezug auf Handlungen von Hindernisfreiheit und in bezug auf Präferenzbildung von Manipulationsfreiheit sprechen.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | ... jemanden, der zwar tun kann, was er will, aber keine Ahnung hat, was das für Auswirkungen hat ... |
Was genau meinst Du mit "Ahnung"? Auch nach heutigem Wissen unbewußte Lebewesen simulieren mW Zukünfte und entscheiden dementsprechend.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Worin genau besteht denn eine Tat wesentlich? | Das ist nun wieder das Sorites-Argument, das mE ein Fehlschluss ist. Gemeinhin unterscheidet man zwischen Entscheidung und Handlung und diese Unterscheidung erscheint mir sinnvoll. Auch wenn man keine exakte Grenze angeben kann. |
Der Unterschied besteht mW gemeinhin darin, daß eine Entscheidung sich auf die Auswahl von Alternativen bezieht. Und ich denke schon, daß man diese Auswahl als Tat oder Handlung bezeichnen kann. Es erschiene mir sogar irgendwie besonders absurd, ausgerechnet diese Entscheidung nicht als "Handlung der Person" anzusehen, wenn man schon ein so integrales, ontologisches Personenbild vertritt. Ob "ich" nun mit dem Muskel zucke oder mit dem Gehirn ...
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Und außerdem denke ich nicht, (auf Deinen Austausch mit fwo bezogen), dass:
- die Hirnforschung zu diesen Fragen etwas Wesentliches beitragen könnte, (wie sollte man sich das auch konkret vorstellen können?)
- hier eine Illusion bestünde
- gar eine "kopernikanische Kränkung" erfolgen würde |
Tja, das wundert mich nicht. Solche Fragen wurden bisher nie durch philosophische Diskussion entschieden, sondern immer durch die Naturwissenschaft. Also müsen wir da wohl abwarten.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1847187) Verfasst am: 18.06.2013, 12:41 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: |
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Und außerdem denke ich nicht, (auf Deinen Austausch mit fwo bezogen), dass:
- die Hirnforschung zu diesen Fragen etwas Wesentliches beitragen könnte, (wie sollte man sich das auch konkret vorstellen können?)
- hier eine Illusion bestünde
- gar eine "kopernikanische Kränkung" erfolgen würde |
Tja, das wundert mich nicht. Solche Fragen wurden bisher nie durch philosophische Diskussion entschieden, sondern immer durch die Naturwissenschaft. Also müsen wir da wohl abwarten. |
"Die Naturwissenschaften" befinden sich da gerade allerdings auf dem Rückzug, ist mein Eindruck.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1847191) Verfasst am: 18.06.2013, 12:57 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Solche Fragen wurden bisher nie durch philosophische Diskussion entschieden, sondern immer durch die Naturwissenschaft. Also müssen wir da wohl abwarten. | "Die Naturwissenschaften" befinden sich da gerade allerdings auf dem Rückzug, ist mein Eindruck. |
Woher hast Du diesen Eindruck?
Ich verfolge dieses Gebiet übrigens so am Rande interessiert mit, nicht zuletzt weil eins meiner Kinder auf diesem Gebiet forscht.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1847196) Verfasst am: 18.06.2013, 13:17 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Solche Fragen wurden bisher nie durch philosophische Diskussion entschieden, sondern immer durch die Naturwissenschaft. Also müssen wir da wohl abwarten. | "Die Naturwissenschaften" befinden sich da gerade allerdings auf dem Rückzug, ist mein Eindruck. |
Woher hast Du diesen Eindruck?
Ich verfolge dieses Gebiet übrigens so am Rande interessiert mit, nicht zuletzt weil eins meiner Kinder auf diesem Gebiet forscht. |
Ah, interessant. Dann bist Du wahrscheinlich eh immer auf dem Laufenden.
Ich habe den Eindruck, daß die Ankündigungen auf dem Gebiet der Hirnforschung etwas weniger Vollmundig ausfallen, als vielleicht noch vor 5 Jahren. Zudem konnte man zunehmend kritische Beiträge über die Aussagekraft der bildgebenden Verfahren lesen. Ist nur mein persönlicher Eindruck. Vielleicht interessiert mich auch vor allem die kritische Literatur.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44680
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(#1847197) Verfasst am: 18.06.2013, 13:34 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Solche Fragen wurden bisher nie durch philosophische Diskussion entschieden, sondern immer durch die Naturwissenschaft. |
Der Begriff der "kopernikanischen Kränkung" ist allerdings selbst kein Begriff der Naturwissenschaft. Und nicht immer, wenn man am Horizont eine zu sehen glaubt, kommt auch eine.
Wobei ich dir zustimme, dass die Hirnforschung diesbezüglich Potentiale besitzt. Bis zu einer tatsächlichen Kränkung hat sie diese aber noch nicht entwickelt. Gerade weil sie sich die Sache oft viel zu einfach macht.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1847201) Verfasst am: 18.06.2013, 14:01 Titel: |
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Zudem sagt der Begriff zur Sache selber nichts, sondern zielt auf die Psyche ab. Also ist der Einwurf bisschen untergriffig, wenn man ihn in einer Diskussion einbringt.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1847204) Verfasst am: 18.06.2013, 14:11 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Solche Fragen wurden bisher nie durch philosophische Diskussion entschieden, sondern immer durch die Naturwissenschaft. |
Der Begriff der "kopernikanischen Kränkung" ist allerdings selbst kein Begriff der Naturwissenschaft. Und nicht immer, wenn man am Horizont eine zu sehen glaubt, kommt auch eine.
Wobei ich dir zustimme, dass die Hirnforschung diesbezüglich Potentiale besitzt. Bis zu einer tatsächlichen Kränkung hat sie diese aber noch nicht entwickelt. |
Ich stimme beiden Punkten zu.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Gerade weil sie sich die Sache oft viel zu einfach macht. |
Naja, "oft" ... die meisten Hirnforscher (nein, nicht die Journalisten) sind sich der Probleme sehrwohl bewußt. Im Zweifelsfall sind es sogar eher die Naturwissenschaftler, die Positionen nur dann vertreten, wenn sie auch Belege dafür haben. Und in der Forschungspraxis werden derzeit meist erstmal ganz kleine, fundamentale Brötchen gebacken. Aber als Naturwissenschaftler spürt man deutlich, daß hier demnächst was Großes zu holen ist. Bis wann genau ist natürlich unmöglich zu prognostizieren ...
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1847205) Verfasst am: 18.06.2013, 14:23 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Dann bist Du wahrscheinlich eh immer auf dem Laufenden. |
Nee, das kann ich nicht wirklich behaupten.
zelig hat folgendes geschrieben: | Ich habe den Eindruck, daß die Ankündigungen auf dem Gebiet der Hirnforschung etwas weniger Vollmundig ausfallen, als vielleicht noch vor 5 Jahren. Zudem konnte man zunehmend kritische Beiträge über die Aussagekraft der bildgebenden Verfahren lesen. |
Ach ja, die dead-salmon Geschichte und dgl. - ja, das sind so kleine Rückschläge, aber umgekehrt gibt es auch Erfolge. Insgesamt geht es einfach seinen Gang, auch wenn der wohl noch recht lang ist. Was vielleicht noch interessant ist: Anfangs waren die CogSci Institute sehr interdisziplinär ausgelegt, auch mit starkem philosophischem Teil. Bei den neueren Gründungen und auch generell wird die Philosophie eher nur noch so mitgeschleppt, und auch beim Schwerpunkt Psychologie halten immer mehr naturwissenschaftliche Methoden Einzug.
zelig hat folgendes geschrieben: | Ist nur mein persönlicher Eindruck. Vielleicht interessiert mich auch vor allem die kritische Literatur. |
Und die gibt es ja wirklich zuhauf. Die Stimmung in den Medien und in der Bevölkerung ist eher negativ, die einen sind traditionelle Dualisten, die anderen denken bei Hirnforschung an Tierquälerei und Überwachungsstaat.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1847207) Verfasst am: 18.06.2013, 14:48 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | Dann bist Du wahrscheinlich eh immer auf dem Laufenden. |
Nee, das kann ich nicht wirklich behaupten.
zelig hat folgendes geschrieben: | Ich habe den Eindruck, daß die Ankündigungen auf dem Gebiet der Hirnforschung etwas weniger Vollmundig ausfallen, als vielleicht noch vor 5 Jahren. Zudem konnte man zunehmend kritische Beiträge über die Aussagekraft der bildgebenden Verfahren lesen. |
Ach ja, die dead-salmon Geschichte und dgl. - ja, das sind so kleine Rückschläge, aber umgekehrt gibt es auch Erfolge. Insgesamt geht es einfach seinen Gang, auch wenn der wohl noch recht lang ist. Was vielleicht noch interessant ist: Anfangs waren die CogSci Institute sehr interdisziplinär ausgelegt, auch mit starkem philosophischem Teil. Bei den neueren Gründungen und auch generell wird die Philosophie eher nur noch so mitgeschleppt, und auch beim Schwerpunkt Psychologie halten immer mehr naturwissenschaftliche Methoden Einzug.
zelig hat folgendes geschrieben: | Ist nur mein persönlicher Eindruck. Vielleicht interessiert mich auch vor allem die kritische Literatur. |
Und die gibt es ja wirklich zuhauf. Die Stimmung in den Medien und in der Bevölkerung ist eher negativ, die einen sind traditionelle Dualisten, die anderen denken bei Hirnforschung an Tierquälerei und Überwachungsstaat. |
Und dann gibt es noch Leute wie mich, die zunächst nur skeptisch gegenüber der These sind, der naturalistische Ansatz alleine wäre hinreichend, um zu einem vollständigen Verständnis des Bewusstsein zu gelangen - ohne jedoch eine echte Alternative anbieten zu können. Es ist eine Skepsis, die sich aus der Vorstellung speist, daß die ungelösten Rätsel zu groß sind - es ist keine Kritik an der naturwissenschaftlichen Forschung selber. Im Gegenteil kann man zugleich fasziniert von den Forschungsergebnissen, und kritisch gegenüber dem Alleinvertretungsanspruch sein.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1847212) Verfasst am: 18.06.2013, 15:49 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Die Tatsache, daß ich überhaupt Zukünfte simulieren kann, würde ich eher als Fähigkeit, Eigenschaft, Kapazität ansehen (wie bei einem Rechner), denn als Freiheit, da es schwerfällt anzugeben, wovon man denn da frei ist: frei von Rechenschwäche? frei von Unwissen? frei von Blindheit? |
Man unterscheidet zwischen negativer Freiheit ("frei von") und positiver Freiheit ("frei zu"). (Wobei hier "negativ" und "positiv" nicht wertend gemeint ist.) Freiheit von Zwängen ist negative Freiheit, die Fähigkeit zur Erkenntnis und Reflexion ist positive Freiheit.
step hat folgendes geschrieben: | Nach meiner Deutung sind Präferenzen immer induziert, durch Naturgesetze, Erziehung, Kultur, Erlebnisse usw. - wir können jedoch unterscheiden, ob wir eine bestimmte Sorte derartiger Prägung wollen oder ob wir sie nicht wollen. |
Ja, aber im Falle einer unerkannten Manipulation kann man das eben nicht unterscheiden und daher auch nicht entscheiden, ob man das will oder nicht.
step hat folgendes geschrieben: | Wenn man also einen feinen Unterschied zur Handlungsfreiheit machen will, könnte man in bezug auf Handlungen von Hindernisfreiheit und in bezug auf Präferenzbildung von Manipulationsfreiheit sprechen. |
Es muss eben auch die Fähigkeit zur Erkenntnis und Reflexion vorhanden sein, also eine "Freiheit zu".
step hat folgendes geschrieben: | Auch nach heutigem Wissen unbewußte Lebewesen simulieren mW Zukünfte und entscheiden dementsprechend. |
Zum Beispiel?
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Und außerdem denke ich nicht, (auf Deinen Austausch mit fwo bezogen), dass:
- die Hirnforschung zu diesen Fragen etwas Wesentliches beitragen könnte, (wie sollte man sich das auch konkret vorstellen können?)
- hier eine Illusion bestünde
- gar eine "kopernikanische Kränkung" erfolgen würde |
Tja, das wundert mich nicht. Solche Fragen wurden bisher nie durch philosophische Diskussion entschieden, sondern immer durch die Naturwissenschaft. Also müsen wir da wohl abwarten. |
Aber die Frage hier ist doch die: "was ist Freiheit, (was bedeutet 'Freiheit', was meinen wir damit)?" Und das ist eine philosophische Frage, keine naturwissenschaftliche.
Wie könnte die Hirnforschung dazu z.B. etwas Wesentliches beitragen? Klar kann ein Hirnforscher auch philosophieren, aber das wäre dann eben Philosophie. Oder er kann sagen: "Philosophie interessiert mich nicht, ich forsche nur naturwissenschaftlich".
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1847215) Verfasst am: 18.06.2013, 16:00 Titel: |
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Telliamed hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Oder wie Hegel mal bei einem Glas Whiskey vor sich hin murmelte:
"Freiheit ist die Einsicht in die Notwendigkeit." |
Nun, es dürfte eher ein nach Berlin importierter schwäbischer Hauswein gewesen sein - der Wiedererkennungseffekt ist bei dem Spruch enorm. |
Du hast Recht, es war kein Jim Beam.
Aber sicherlich ein guter Tropfen, denn es kam was Gutes dabei raus!
Telliamed hat folgendes geschrieben: | In den zwanzig Jahren zwischen 1969 und 1989 lautete die einzig zulässige Antwort auf die Frage "Was ist Freiheit?": "Freiheit ist die Einsicht in die Notwendigkeit." (ist zwar leider nur von Hegel, und nicht von Marx, wurde warnend hinzugefügt). |
Ja, wobei auch das Zitat von Hegel eigentlich in dieser Kurzform kein vollständiger Satz ist. Jedenfalls gibt er so allein für sich für die Erkenntnis noch nicht viel her.
Letzten Endes geht es um die Ziele, um die Freiheit und nicht um die Notwendigkeit.
Telliamed hat folgendes geschrieben: | Freiheit ist nicht, wenn Jugendliche 1969 bei einem Konzert der Rolling Stones mal kurzerhand die Waldbühne in Westberlin zerlegen. Das hatte im Osten zur Folge, dass zwar die friedlichen Beatles zugelassen wurden und gespielt werden durften, obwohl sie mit dem "Let it be" religiösen Ursprungs, bei dem auch noch eine Mutter Maria mitspielte, eine geradezu bürgerliche Gleichgültigkeit an den Tag legten, die Rolling Stones wegen des Freisetzens zerstörerischer Energien jedoch verboten wurden.
Freiheit ist auch nicht das, was jene erwartete, die über die Mauer unter Lebensgefahr "herübermachten", denn dort erwarteten sie die Zwänge des Kapitals, Ausbeutung, Inflation und hohe Mieten, hieß es damals, wenn man überhaupt auf dieses unangenehme Thema zu sprechen kam.
Man konnte in den 1990er Jahren in der U-Bahn sehen, in welchem Teil Berlins man gerade war. Die Leute müde von Arbeit und Dienst, ruhig sitzend und vor sich hin starrend, die vorherrschende Farbe Grau - da war man noch im Osten, vor der einstigen Endstation Ernst-Thälmann-Platz. Wenige Sekunden später, bunte, schräge Typen, die in der U-Bahn herumhüpften und sich laut vernehmen ließen, mit der Bierbüchse in der Hand und irgendwelchen Eigentümlichkeiten und Acessoires, die ihre Individualität unterstrichen, da war man schon in der "Freiheit", im Westteil, wo man die Freiheit als höchsten Wert hochhielt und man sich selbst für einen Vertreter und eine "Stimme der freien Welt" (Radio) hielt. |
Die Rockmusik war in der Tat eine westliche, genau genommen englische Erfindung. (Denn wo findet man gute Rockmusik außerhalb Englands?)
Die Hoffnungen, die Welt mit einem Lebensgefühl zu verändern, quasi dieses Lebensgefühl rüberschwappen zu lassen in die grauen Büroglastürme und Fabriken sind allerdings insbesondere im Westen gescheitert. Die Befreiung im Kopf färbte nicht ab auf die Produktionsverhältnisse.
Insofern spreche ich von realen, erreichten Freiheiten und als Grundlage derselben von einer geeigneten Faktorkombination, zu der eben auch Handlungsfreiheit, Meinungsfreiheit, politische Freiheit, etc. zählt.
Freiheit nicht des einzelnen Individuums, sondern der Bevölkerung benötigt z.B. eine gewisse wirtschaftliche Produktiviät als Faktor. Da es das in der DDR nicht ausreichend gab, wurde in den Sätzen, in denen von der Freiheit die Rede war, eben dieser Faktor ausgelassen.
Im Westen, wo die Produktivität vorhanden war, ließ man wiederum andere Sachen aus, wenn von Freiheit die Rede war. Aber das ist ja eigentlich nach wie vor so. So redet man z.B. hier im Prinzip ausschließlich von bestimmten Faktoren, kaum aber von dem, was daraus nun real folgen könnte/müsste.
Man achte drauf: Das schamhafte Verschweigen bei der Definition von Freiheit betrifft immer ganz bestimmte neuralgische Faktoren. Das kann jeder mal spaßeshalber für sich selber herausfinden.
Telliamed hat folgendes geschrieben: | Die Bestimmung Hegels war hervorragend geeignet, die Leute gefügig zu halten. Während in Sachsen und Thüringen bereits die Reisefreiheit als erstrebenswertes Ziel anvisiert wurde, setzten sich die 600.000 Demonstranten in Berlin am 4. November 1989 noch für das Erreichen der eigentlich verfassungsmäßig garantierten, jedoch noch nicht durchgesetzten Rede-, Presse- und Versammlungsfreiheit ein.
Ich bin im Bereich der politischen Freiheiten, nicht auf der philosophischen oder erkenntnistheoretischen Ebene. |
Ja, aber die politischen Freiheit sind wichtig, wie oben schon gesagt.
Telliamed hat folgendes geschrieben: | Kein Wunder jedoch, dass bei einer großen Menge im Osten der Begriff "Freiheit" nicht an erster Stelle der Werte steht, sondern "soziale Sicherheit". Ziemlich sicherer Indikator ist, dass Gauck je mehr von irgendeiner "Freiheit" schwadroniert, als die soziale Frage konkretisiert und auf die schreienden Unterschiede zwischen Arm und Reich aufmerksam gemacht wird. Wer nicht genügend Geld hat, wird sich nicht frei fühlen, auch wenn er theoretisch die Möglichkeit hat, nach Mallorca zu fliegen, so einfach ist das. |
Ja, Handlungsfreiheit ist eben nur ein Teil der - im Sinne Hegels - notwendigen, gesamten Faktorkombination. D.h. man darf halt die Mittel, die Bedingungen und den ganzen sonstigen notwendigen Klimbim nicht vergessen, will man nicht in idealistische Fahrwasser abdriften.
Aber Gauck ist halt Pastor. Was willst du verlangen?
Telliamed hat folgendes geschrieben: | Unter diesem Gesichtspunkt steht für mich jetzt nicht im Vordergrund, ob ich im Moment frei bin, wenn ich bewusst oder halb im Unterbewusstsein meine Tippfinger in Bewegung setze - ich hätte noch die Möglichkeit, auf meine alten Tagen die freie Entscheidung zu treffen, das Zehnfinger-Schreibsystem zu erlernen, aber lasse es lieber bis zur nächsten Sehnenscheidenentzündung sein. |
Wie schon an Ahriman geantwortet, ist ein Ziel ja kein Selbstzweck, sondern dahinter muss schon ein (elementares) Bedürfnis stecken. Wenn der Vogel gar nicht auf den Ast fliegen will - warum sollte er's versuchen?
Telliamed hat folgendes geschrieben: | Entschuldigung für den wenig filousofischen Beitrag, aber das war die Erinnerung an den Hegel-Satz wert: "Freiheit ist Einsicht in die Notwendigkeit". Wie haben die staunend aus der Wäsche geguckt, denen dieser mit autoritärer Definitionshoheit daherkommende Spruch zum ersten Mal vor den Latz geknallt wurde: "Also dürfen wir entsprechend dieser idealistischen Quelle des Marxismus gar nicht tun und lassen, was wir wollen?" |
Jo, sagen wir mal so: Weder die Parteioberen noch "das Volk" hat den Satz von Hegel in den richtigen Hals bekommen.
Es geht aber dabei um folgendes:
Zitat: | Hegel war der erste, der das Verhältnis von Freiheit und Notwendigkeit richtig darstellte. Für ihn ist Freiheit die Einsicht in die Notwendigkeit... Nicht in der geträumten Unabhängigkeit von den Naturgesetzen liegt die Freiheit, sondern in der Erkenntnis dieser Gesetze, und in der damit gegebenen Möglichkeit, sie planmäßig zu bestimmten Zwecken wirken zu lassen.
Engels in: "Antidühring"
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Also, die Erkenntnis und Beherrschung bestimmter Naturgesetze ist für einen Ingenieur wichtig, um ein funktionierendes Flugzeug zu konstruieren, welches dann die Fluggäste ans Ziel ihrer Wünsche fliegt, und zwar in möglichst determinierter Weise ...-
_________________ °
K.I.Z - Frieden
Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video
Informationsstelle Militarisierung e.V.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1847217) Verfasst am: 18.06.2013, 16:11 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Aber die Frage hier ist doch die: "was ist Freiheit, (was bedeutet 'Freiheit', was meinen wir damit)?" Und das ist eine philosophische Frage, keine naturwissenschaftliche. |
Ich finde, es ist auch eine wissenschaftliche (nicht bloß naturwissenschaftliche) Frage, die sich mit Naturgesetzen, mit biologischen Systemen, aber auch mit gesellschaftlichen Fragen und Forschungen befasst.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Wie könnte die Hirnforschung dazu z.B. etwas Wesentliches beitragen? Klar kann ein Hirnforscher auch philosophieren, aber das wäre dann eben Philosophie. Oder er kann sagen: "Philosophie interessiert mich nicht, ich forsche nur naturwissenschaftlich". |
Die Philosophie hat die Aufgabe, die Erkenntnisse der Wissenschaft richtig zu interpretieren und zu bestimmen: "was folgt daraus?"
Die Hirnforschung allein wird vielleicht u.a. Sigmund Freud bestätigen und die Unbewusstheit der meisten Denkprozesse beweisen. Um etwas über Freiheit zu erfahren, muss man allerdings über Subsysteme hinaus und sich mit Wechselbeziehungen zwischen Systemen befassen.
_________________ °
K.I.Z - Frieden
Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video
Informationsstelle Militarisierung e.V.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1847228) Verfasst am: 18.06.2013, 16:54 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Die Tatsache, daß ich überhaupt Zukünfte simulieren kann, würde ich eher als Fähigkeit, Eigenschaft, Kapazität ansehen (wie bei einem Rechner), denn als Freiheit, da es schwerfällt anzugeben, wovon man denn da frei ist: frei von Rechenschwäche? frei von Unwissen? frei von Blindheit? | Man unterscheidet zwischen negativer Freiheit ("frei von") und positiver Freiheit ("frei zu"). (Wobei hier "negativ" und "positiv" nicht wertend gemeint ist.) Freiheit von Zwängen ist negative Freiheit, die Fähigkeit zur Erkenntnis und Reflexion ist positive Freiheit. |
Das mit der "Freiheit zu" lese ich immer wieder, aber ich halte es ehrlichgesagt für ein Sprachspielchen. Natürlich kann man sagen "Du bist frei zu gehen" - aber das bedeutet auch nur "Du unterliegst keinem Zwang mehr, der Dich festhält". Und Du bist ja auch nicht frei, Zukünfte zu simulieren, sondern Dein Gehirn tut es eben einfach. Warum sollte man das "frei" nennen? Man sollte lieber unmißverstädlich sagen, daß wir diese Fähigkeiten schätzen und auch warum: weil unsere Entscheidungen dann besser / effizienter in bezug auf unsere Präferenzen werden.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Nach meiner Deutung sind Präferenzen immer induziert, durch Naturgesetze, Erziehung, Kultur, Erlebnisse usw. - wir können jedoch unterscheiden, ob wir eine bestimmte Sorte derartiger Prägung wollen oder ob wir sie nicht wollen. | Ja, aber im Falle einer unerkannten Manipulation kann man das eben nicht unterscheiden und daher auch nicht entscheiden, ob man das will oder nicht. |
In dem Fall stört es uns aber auch nicht. Ich meinte ein eventuelles gesellschaftliches "Nichtwollen" von Manipulationen zum Wohle aller.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Auch nach heutigem Wissen unbewußte Lebewesen simulieren mW Zukünfte und entscheiden dementsprechend. | Zum Beispiel? |
Bei manchen Tieren beobachten wir planerisches Verhalten, woraus wir schließen, daß sie ein antizipatives Verständnis ihrer Handlungen auf die Umwelt haben, also daß sie sich vortellen, was sie tun müssen, damit dies oder jenes geschieht.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Aber die Frage hier ist doch die: "was ist Freiheit, (was bedeutet 'Freiheit', was meinen wir damit)?" Und das ist eine philosophische Frage, keine naturwissenschaftliche. |
Natürlich könnte ein kompatibilistisches Rückzugsgebiet übrigbleiben, ebenso wie manche Philosophen auch heute noch etwas unter "Seele", "Gott" oder "Schöpfung der Arten" verstehen, aber eben etwas sehr ... abstraktes, sagen wir mal. Mir ging es hier eher um die Wirkmechanismen, nicht so um die Worte.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Wie könnte die Hirnforschung dazu z.B. etwas Wesentliches beitragen? |
Hmm ... sie kann die Mechanismen des Lernens, Entscheidens, Handelns, Reflektierens, auch des Bewußtwerdens usw. aufklären und damit potenziell falsche Vorstellungen, die intuitiv an "ich", "freier Wille" und dgl. hängen, ausräumen.
Betrachte analog mal eine der früheren "Kränkungen", z.B. Darwin. Auch da hätte ein Philosoph im Vorhinein sagen können: "Die Frage ist doch, was ist eine Art und was ist der Mensch. Was soll die Wissenschaft da beitragen?" - Aber durch die Erklärung des Evolutionsmechanismus entstand ein wesentlich verändertes Bild von dem, was man zuvor unter "Art" und "Mensch" verstand. Diese neue Erkenntnis, das neue Modell war viel wesentlicher, auch für das spätere allgemeine Selbstverständnis der Menschen, als die Frage, ob man irgendeinen Begriff rettet oder nicht.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step registriert
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(#1847229) Verfasst am: 18.06.2013, 16:57 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Ich finde, es ist auch eine wissenschaftliche (nicht bloß naturwissenschaftliche) Frage, die sich mit Naturgesetzen, mit biologischen Systemen, aber auch mit gesellschaftlichen Fragen und Forschungen befasst. |
Da stimme ich zu. Wie ich oben schon schrieb, macht es viel Sinn zu untersuchen, wo genau unsere ungewünschten Zwänge, Hindernisse, Einschränkungen usw. liegen und wie man sie beseitigen / verbessern kann. Auf individueller und sozialer Ebene.
Das einzig nicht-naturwissenschaftliche daran sehe ich allerdings in der ethischen bzw. zielbezogenen Frage: Wo wollen wir hin?
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26504
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(#1847268) Verfasst am: 18.06.2013, 19:00 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | ....Gemeinhin unterscheidet man zwischen Entscheidung und Handlung und diese Unterscheidung erscheint mir sinnvoll. Auch wenn man keine exakte Grenze angeben kann. ... | Dass diese Unterscheidung innerhalb des Bewussten Kabbes ist, kann man sich ganz praktisch ansehen: Denken ist eine Handlung zu der ich mich entscheiden kann. |
Der wesentliche Unterschied hier ist mE der: der eine kann sich für rationales und reflektiertes Denken entscheiden, der andere nicht. Ersterer wäre mE freier als Letzterer. |
Ich war so frei, hier noch einmal den Satz in blau einzusetzen, auf den ich geantwortet habe.
Rein strukturell läuft da folgendes ab:
AP: Gemeinhin unterscheidet man zwischen A und B.
fwo: Das gemeinhin zu unterscheiden ist Kabbes: A ist regelmäßig B (mit Beispiel)
AP: Für den einen gilt das, für den anderen nicht, deshalb ist der eine der freiere.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | Auch an einer anderen Stelle möchte ich dir widersprechen: Es bedarf keines "Manipulations-Einwandes", um auch bei dem (zumindest subjektiv) weitgehend bewusstseinsgesteuerten Tier Mensch auf die Feststellung "Handlungsfreiheit" bedeutet mE dies: "X kann tun, was er will". die Gegenfrage zu stellen: Kann er denn auch wollen, was er will? Subjektiv auf jeden Fall, objektiv ist das mit oder ohne Manipulator sehr fraglich. |
Nö. Nehmen wir mal beispielhaft jemanden, der gerade einen Schulabschluss gemacht hat. Was will er nun tun? Weiß er noch nicht, er antwortet also folgerichtig auf die Frage: "was willst Du nun machen?" mit: "weiß ich noch nicht, bin noch am Überlegen". |
Die Frage war, ob jemand wollen kann, was er will. An dieser Stelle trifft tatsächlich zu, dass Information die Freiheit erhöht, bzw. fehlende Information sie verringert: Wer die Möglichkeiten nicht kennt, ist in der Bandbreite seines möglichen Willens und seiner Entscheidungen eingeschränkt - ich kann nur wollen, was ich kenne. Hier korrigiere ich also meine vorherige Antwort.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Nun tut er eben dieses - nämlich Überlegen - überlegt hin und her, wägt mögliche Optionen ab, erwägt Vor- und Nachteile, fragt Dritte dazu, (vielleicht hat er etwas übersehen), schläft ein paar mal darüber und am Ende entscheidet er sich für eine der Optionen. Kann er dann wollen, was er will, (in dem Sinne: kann er eine informierte Entscheidung treffen und daraus einen Willen bilden)? Ja, das kann er wohl dann offensichtlich.
Falls Du hier etwas anderes als das meinen solltest: was wäre das? |
Es gibt noch eine andere Möglichkeit, die nicht von der Information abhängig ist, sondern z.B. vom Gefühl. Ich erlebe gerade in der Nachbarschaft einen jungen Menschen, der als Mädchen auf die Welt gekommen ist und Junge sein will. Er hat - glücklicherweise - in dieser Gesellschaft mit der heute möglichen Medizin und mit seinen Eltern die Möglichkeit / Freiheit, das zu leben, was er fühlt. Aber der Wille, der auf dem gefühlten Geschlecht basiert, ist nicht frei, sondern durch das Gefühl bestimmt - er kann nicht wollen, was er will.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Wobei das nur ein Beispiel ist, solche lassen sich viele finden, die müssen nicht so ablaufen, können auch einfacher und schneller sein. Der Ablauf dabei ist hier vielleicht so zu sehen: 1. es gibt ein Problem, für das eine Lösung gesucht wird, 2. wie die Lösung aussieht, für was man sich entscheiden wird, was man wollen wird, weiß man noch nicht, (ansonsten könnte man sich die folgenden Punkte sparen), 3. es werden Optionen zur Lösung des Problemes generiert, 4. diese Optionen werden bewertet und so in eine Reihenfolge gebracht, 5. die als am besten angesehene Option wird ausgewählt und so in einen Willen überführt, bzw.: 5a. die bisher gefundenen Optionen sind alle noch nicht hinreichend überzeugend -> gehe zu 3.
fwo hat folgendes geschrieben: | Dagegen ist für mich das Wissen um die Konsequenzen vom Freiheitsstandpunkt her ähnlich vernachlässigbar wie das Wissen um die Voraussetzungen. Zum Einen fehlt die Abgrenzung: Eine vollständige Information über die Konsequenzen ist mindestens so unmöglich wie eine vollständige Information über den Status quo. |
Das ist nicht binär zu sehen. Obgleich vollständige Informationen nicht möglich sind, kann es dennoch mehr oder weniger Informationen, mehr oder weniger informierte Entscheidungen geben.
Es ist selbstverständlich ein Fehlschluss, zu sagen: "weil es keine vollständig informierte Entscheidung gibt, sind alle Entscheidungen als gleichermaßen (un)-informiert anzusehen".
Das sollte trivial sein.
fwo hat folgendes geschrieben: | Wie definierst Du die Toleranzen, innerhalb derer deine Information hinreichend ist? |
Das wird individuell unterschiedlich sein, ist eine persönliche Einschätzung, ggf. mithilfe Dritter, s.o. Die auch falsch sein kann, in dem Sinne: man sieht die selber (evtl. mithilfe Dritter) später als falsch an.
fwo hat folgendes geschrieben: | Aber ich sehe auch gar nicht, was das mit der Freiheit deiner Entscheidung zu tun hat. |
Das ist schlicht das, was ich unter "Freiheit" verstehe. Sind schon die notwendigen und hinreichenden Kriterien, (Entscheidungs- und Handlungsfreiheit im o.g. Sinne), um eine Person als frei anzusehen. Mag zwar sein, dass Du etwas anderes unter "Freiheit" verstehst, aber was das sein könnte, kann ich nun nicht riechen, das müsstest Du also mal explizit darlegen.
Die Frage hier ist also die: "objektiv frei" ist ein Wesen (oder vieleicht auch allgemeiner: eine beliebige Entität) nach fwo's Freiheitsbegriff dann, wenn folgende dafür notwendigen und hinreichenden Kriterien erfüllt sind: X, Y, Z, (etc.).
All diese Kriterien wären nun von Dir zu nennen.
Es wäre mE sehr hilfreich, wenn Du Deinen hier verwendeten Freiheitsbegriff mal offen legen würdest. Ansonsten lässt sich wohl kaum etwas darüber sagen, der ist dann schlicht nicht greifbar.
fwo hat folgendes geschrieben: | Womit es auf jeden Fall zu tun hat, ist die Qualität deiner Entscheidung aus einer historischen Perspektive. Aber das mit der Freiheit zu verknüpfen würde bedeuten, dass nur die historisch richtige Entscheidung rückblickend auch frei war. Das halte ich für einen Trugschluss. Freiheit bedeutet immer auch die Freiheit, auch Fehler zu machen. |
Jemand, der niemals einen Fehler machen würde, wäre demnach unfrei? Kommt mir erst mal merkwürdig vor. Wieso?
Du könntest zwar vielleicht sagen: das wäre kein Mensch, weil alle Menschen Fehler machen und daraus lernen. Okay, aber wieso wäre dieser Nicht-Mensch oder zumindest ungewöhnliche Mensch dadurch unfrei? |
Zum Ende zuerst; Ich war mit meiner Formulierung wegen der zwei auchs stilistisch nicht zufrieden, hätte wohl für dich aber noch ein paar auchs einfügen müssen. Lies es nocheinmal durch. Die Aussage, die Du daraus machst, ist daraus nicht zu machen.
Ansonsten habe ich, als ich in diesen Thread einstieg gegenüber Ahriman und step ziemlich genau gesagt, was ich unter Freiheit verstehe:
Freiheit ist eine Utopie, d.h. absolute Freiheit nicht möglich. Zum Einen, weil wir keine (absolute) Freiheit im Wollen besitzen (s.o.), zum Anderen, weil unsere Freiheit in der Entscheidung bedingt ist, da spielen sich ganz normale Datenverarbeitungsroutinen ab, die ich mit dem Begriff der Freiheit nicht verbinden würde - dann wären auch Programme frei. Das heißt, ich beschränke mich mit meinen Betrachtungen hier auf die Freiheit im Kopf - die Freiheit nach außen ist dagegen für mich für diese Diskussion uninteressant (Ich rede mit Absicht nicht von handeln, weil das auch im Kopf stattfinden kann).
Die Möglichkeit des Blickes auf die Konsequenzen führt evtl. zu anderen Entscheidungen, aber was soll an denen freier sein? Welche Einschränkung in der Entscheidung wird durch diese Möglichkeit aufgehoben? Da teile ich steps Unverständnis.
p.s. die etwas längere Antwortzeit liegt daran, dass dieser Thread die schöne Eigenschaft hat, dass ich die Gegenposition noch nicht auswendig kenne.
fwo
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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AgentProvocateur registrierter User
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(#1847282) Verfasst am: 18.06.2013, 19:39 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Das mit der "Freiheit zu" lese ich immer wieder, aber ich halte es ehrlichgesagt für ein Sprachspielchen. Natürlich kann man sagen "Du bist frei zu gehen" - aber das bedeutet auch nur "Du unterliegst keinem Zwang mehr, der Dich festhält". |
Wenn man darüber redet, was der Begriff "Freiheit" bedeutet, was man damit meint und ausdrücken will, dann kann man das vielleicht "Sprachspielchen" nennen. Was dann wohl darauf hinausläuft, dass man diese Frage als unwesentlich ansieht.
Und zwar kann man zu jemandem sagen: "Du kannst gehen, weil es keinen Zwang gibt, der Dich festhält". Aber dadurch erlangt derjenige noch nicht die Fähigkeit, gehen zu können. Teste das einfach mal an einem Bewusstlosen.
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Nach meiner Deutung sind Präferenzen immer induziert, durch Naturgesetze, Erziehung, Kultur, Erlebnisse usw. - wir können jedoch unterscheiden, ob wir eine bestimmte Sorte derartiger Prägung wollen oder ob wir sie nicht wollen. | Ja, aber im Falle einer unerkannten Manipulation kann man das eben nicht unterscheiden und daher auch nicht entscheiden, ob man das will oder nicht. |
In dem Fall stört es uns aber auch nicht. |
Würde man die Manipulation erkennen können, würde es evtl. doch stören.
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Auch nach heutigem Wissen unbewußte Lebewesen simulieren mW Zukünfte und entscheiden dementsprechend. | Zum Beispiel? |
Bei manchen Tieren beobachten wir planerisches Verhalten, [...] |
Zum Beispiel?
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Aber die Frage hier ist doch die: "was ist Freiheit, (was bedeutet 'Freiheit', was meinen wir damit)?" Und das ist eine philosophische Frage, keine naturwissenschaftliche. |
Natürlich könnte ein kompatibilistisches Rückzugsgebiet übrigbleiben, ebenso wie manche Philosophen auch heute noch etwas unter "Seele", "Gott" oder "Schöpfung der Arten" verstehen, aber eben etwas sehr ... abstraktes, sagen wir mal. Mir ging es hier eher um die Wirkmechanismen, nicht so um die Worte. |
Huch? Was hat das mit dem zu tun, was ich gesagt habe?
Nochmal: die Frage, was der Begriff "Freiheit" bedeutet und beinhaltet, ist keine naturwissenschaftliche Frage.
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Wie könnte die Hirnforschung dazu z.B. etwas Wesentliches beitragen? |
Hmm ... sie kann die Mechanismen des Lernens, Entscheidens, Handelns, Reflektierens, auch des Bewußtwerdens usw. aufklären und damit potenziell falsche Vorstellungen, die intuitiv an "ich", "freier Wille" und dgl. hängen, ausräumen. |
Welche Vorstellungen an den Begriffen "ich" und "freier Wille" hängen, ist auch keine naturwissenschaftliche Frage.
step hat folgendes geschrieben: | Betrachte analog mal eine der früheren "Kränkungen", z.B. Darwin. Auch da hätte ein Philosoph im Vorhinein sagen können: "Die Frage ist doch, was ist eine Art und was ist der Mensch. Was soll die Wissenschaft da beitragen?" - Aber durch die Erklärung des Evolutionsmechanismus entstand ein wesentlich verändertes Bild von dem, was man zuvor unter "Art" und "Mensch" verstand. Diese neue Erkenntnis, das neue Modell war viel wesentlicher, auch für das spätere allgemeine Selbstverständnis der Menschen, als die Frage, ob man irgendeinen Begriff rettet oder nicht. |
In dem Zusammenhang sind die Begriffe "Art" und "Mensch" biologische Fachbegriffe. Und welche Bedeutung Fachbegriffe haben, legen diejenigen fest, die in diesem Fachgebiet arbeiten.
Das kann man wohl kaum auf den Begriff "Freiheit" übertragen, daher gibt es hier keine Analogie.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1847293) Verfasst am: 18.06.2013, 20:18 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Ich war so frei, hier noch einmal den Satz in blau einzusetzen, auf den ich geantwortet habe. |
Aha. Kann ich nicht riechen, dass Du nur auf diesen Satz geantwortet hast, obgleich Du sehr viel mehr zitiert hast.
Aber egal: wenn Du Entscheidungen auch als Handlungen ansehen willst, dann besteht wohl nur ein sematischer Dissens hier zwischen uns. Der nicht weiter wichtig ist.
fwo hat folgendes geschrieben: | Die Frage war, ob jemand wollen kann, was er will. An dieser Stelle trifft tatsächlich zu, dass Information die Freiheit erhöht, bzw. fehlende Information sie verringert: Wer die Möglichkeiten nicht kennt, ist in der Bandbreite seines möglichen Willens und seiner Entscheidungen eingeschränkt - ich kann nur wollen, was ich kenne. Hier korrigiere ich also meine vorherige Antwort. [...] Aber der Wille, der auf dem gefühlten Geschlecht basiert, ist nicht frei, sondern durch das Gefühl bestimmt - er kann nicht wollen, was er will. |
Können wir uns dann auf Folgendes einigen: manchmal kann man wollen, was man will?
fwo hat folgendes geschrieben: | Ansonsten habe ich, als ich in diesen Thread einstieg gegenüber Ahriman und step ziemlich genau gesagt, was ich unter Freiheit verstehe:
Freiheit ist eine Utopie, d.h. absolute Freiheit nicht möglich. Zum Einen, weil wir keine (absolute) Freiheit im Wollen besitzen (s.o.), zum Anderen, weil unsere Freiheit in der Entscheidung bedingt ist, da spielen sich ganz normale Datenverarbeitungsroutinen ab, die ich mit dem Begriff der Freiheit nicht verbinden würde - dann wären auch Programme frei. Das heißt, ich beschränke mich mit meinen Betrachtungen hier auf die Freiheit im Kopf - die Freiheit nach außen ist dagegen für mich für diese Diskussion uninteressant (Ich rede mit Absicht nicht von handeln, weil das auch im Kopf stattfinden kann). |
Daraus, dass jemand keine absolute Freiheit hat, (und eine solche evtl. auch nicht haben kann), folgt aber nicht, dass er überhaupt keine Freiheit haben kann.
Es sei denn, man sähe Freiheit als etwas Binäres an. (Entweder total frei oder total unfrei.)
fwo hat folgendes geschrieben: | Die Möglichkeit des Blickes auf die Konsequenzen führt evtl. zu anderen Entscheidungen, aber was soll an denen freier sein? Welche Einschränkung in der Entscheidung wird durch diese Möglichkeit aufgehoben? Da teile ich steps Unverständnis. |
Jemand ist nach meinem Begriff dann frei, wenn er a) hinreichend frei von Zwängen ist und b) er hinreichende Fähigkeiten zur Erkenntnis und Reflexion besitzt und c) dies in die Tat umsetzen kann.
(Ein landläufiges Programm wird dem wohl kaum gerecht.)
Dein Freiheitsbegriff scheint nun ein anderer zu sein als der meinige, allerdings habe ich den immer noch nicht so recht verstanden. Freiheit = Unbedingheit? Wenn ja: wieso? Oder wie siehst Du das?
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smallie resistent!?
Anmeldungsdatum: 02.04.2010 Beiträge: 3726
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(#1847303) Verfasst am: 18.06.2013, 20:57 Titel: |
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Einige off-topic Anmerkungen:
Hirnforschung:
praktische Erfolge gibt es bereits. Gehirnströme auszulesen reicht, um Prothesen zu steuern oder Gedankeninhalte zu erschließen.
Kopernikanische Kränkung:
Sie war damals keine Kränkung, sondern eher etwas Erhebendes. Galten doch die Planetensphären als etwas Erhabenes, in dem die Vollkommenheit verwirklicht war, im Gegensatz zur Niedrigkeit auf Erden. So zumindest stellt sich die Situation dar vor dem Hintergrund hellenistischer Philosophie. Allenfalls vor christlichem Hintergrund war es eine Kränkung, nicht mehr Mittelpunkt der Welt zu sein.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Die Rockmusik war in der Tat eine westliche, genau genommen englische Erfindung. (Denn wo findet man gute Rockmusik außerhalb Englands?) |
Autsch. Jetzt hast du bei mir einen Nerv getroffen. Ich kann das nicht unwidersprochen stehen lassen.
Etwas verkürzt gesagt entstand Rockmusik, als man afro-amerikanische Rhythmen auf einen 4/4-Takt packte. Der wesentliche Anteil Weißer an der Sache war, die elektrische Gitarre erfunden zu haben. Und natürlich darin, irgendwann die besseren Verkaufszahlen gehabt zu haben.
Ich sag nur: Hey, Bo Diddley! 1965er Aufnahme eines Stücks von 1955. Da kreischen auch schon die Weißen mit, so wie kurz darauf bei den Beatles.
_________________ "There are two hard things in computer science: cache invalidation, naming things, and off-by-one errors."
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1847306) Verfasst am: 18.06.2013, 21:20 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | ... Natürlich kann man sagen "Du bist frei zu gehen" - aber das bedeutet auch nur "Du unterliegst keinem Zwang mehr, der Dich festhält". | ... Und zwar kann man zu jemandem sagen: "Du kannst gehen, weil es keinen Zwang gibt, der Dich festhält". Aber dadurch erlangt derjenige noch nicht die Fähigkeit, gehen zu können. Teste das einfach mal an einem Bewusstlosen. |
Vielleicht habe ich mich unklar ausgedrückt, ich habe ein typisches Beispiel zu bringen versucht für ein "frei zu", also eins, wo man in der realen Sprache so reden würde - und dabei an einen Gefangenen gedacht, der freigelassen wird ("Du bist frei zu gehen"). Zu einem, der aus intrinsischen Gründen nicht gehen kann, also etwa zu einem Lahmen, würde man sagen: "Steh auf und geh, Du bist geheilt." Zu einem Bewußtlosen würde man wohl gar nichts sagen.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Nach meiner Deutung sind Präferenzen immer induziert, durch Naturgesetze, Erziehung, Kultur, Erlebnisse usw. - wir können jedoch unterscheiden, ob wir eine bestimmte Sorte derartiger Prägung wollen oder ob wir sie nicht wollen. | Ja, aber im Falle einer unerkannten Manipulation kann man das eben nicht unterscheiden und daher auch nicht entscheiden, ob man das will oder nicht. | In dem Fall stört es uns aber auch nicht. | Würde man die Manipulation erkennen können, würde es evtl. doch stören. |
Ja freilich. Dann wüßten wir aber auch, was wir wollen
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Auch nach heutigem Wissen unbewußte Lebewesen simulieren mW Zukünfte und entscheiden dementsprechend. | Zum Beispiel? | Bei manchen Tieren beobachten wir planerisches Verhalten, [...] | Zum Beispiel? |
https://de.wikipedia.org/wiki/Raben_und_Kr%C3%A4hen#Intelligenz
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Wie könnte die Hirnforschung dazu z.B. etwas Wesentliches beitragen? |
Hmm ... sie kann die Mechanismen des Lernens, Entscheidens, Handelns, Reflektierens, auch des Bewußtwerdens usw. aufklären und damit potenziell falsche Vorstellungen, die intuitiv an "ich", "freier Wille" und dgl. hängen, ausräumen. | Welche Vorstellungen an den Begriffen "ich" und "freier Wille" hängen, ist auch keine naturwissenschaftliche Frage. |
Doch, würde ich schon so sehen. Welche Vorstellungen falsch sind, kann doch nur die Naturwissenschaft klären.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | ... durch die Erklärung des Evolutionsmechanismus entstand ein wesentlich verändertes Bild von dem, was man zuvor unter "Art" und "Mensch" verstand. Diese neue Erkenntnis, das neue Modell war viel wesentlicher, auch für das spätere allgemeine Selbstverständnis der Menschen, als die Frage, ob man irgendeinen Begriff rettet oder nicht. | In dem Zusammenhang sind die Begriffe "Art" und "Mensch" biologische Fachbegriffe. |
Das sagt sich so leicht, es waren aber mE vor Darwin eher theologische / philosophische Begriffe.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1847316) Verfasst am: 18.06.2013, 21:49 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | ... Natürlich kann man sagen "Du bist frei zu gehen" - aber das bedeutet auch nur "Du unterliegst keinem Zwang mehr, der Dich festhält". | ... Und zwar kann man zu jemandem sagen: "Du kannst gehen, weil es keinen Zwang gibt, der Dich festhält". Aber dadurch erlangt derjenige noch nicht die Fähigkeit, gehen zu können. Teste das einfach mal an einem Bewusstlosen. |
Vielleicht habe ich mich unklar ausgedrückt, ich habe ein typisches Beispiel zu bringen versucht für ein "frei zu", also eins, wo man in der realen Sprache so reden würde - und dabei an einen Gefangenen gedacht, der freigelassen wird ("Du bist frei zu gehen"). Zu einem, der aus intrinsischen Gründen nicht gehen kann, also etwa zu einem Lahmen, würde man sagen: "Steh auf und geh, Du bist geheilt." Zu einem Bewußtlosen würde man wohl gar nichts sagen. |
Weil dem die mE hier wesentlichen Fähigkeiten für Freiheit fehlen: nämlich das überhaupt aufnehmen und verstehen und umsetzen zu können. Da ist doch genau mein Punkt hier: es reicht nicht, dass äußere und innere Zwänge fehlen, damit jemand frei ist. Er muss auch bestimmte Fähigkeiten haben, nämlich die zur Erkenntnis und Reflexion und die zur Umsetzung einer Entscheidung. Mit anderen Worten: es reicht nicht eine "Freiheit von", so wie Du zu behaupten scheinst, sondern es muss eine "Freiheit zu" hinzukommen, um eine Person als (mE nach dem landläufigen Begriff von "Freiheit") frei ansehen zu können.
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Würde man die Manipulation erkennen können, würde es evtl. doch stören. |
Ja freilich. Dann wüßten wir aber auch, was wir wollen  |
Nö, wir wissen erst mal nur, was wir nicht wollen: unwissentlich Spielball der Interessen anderer zu sein, (da die Interessen der anderen oft nicht mit unseren Interessen übereinstimmen).
Raben und Krähen werden als unbewusste Lebewesen angesehen?
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Welche Vorstellungen an den Begriffen "ich" und "freier Wille" hängen, ist auch keine naturwissenschaftliche Frage. |
Doch, würde ich schon so sehen. Welche Vorstellungen falsch sind, kann doch nur die Naturwissenschaft klären. |
Der Punkt war: welche Vorstellungen existieren, ist keine naturwissenschaftliche Frage.
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | In dem Zusammenhang sind die Begriffe "Art" und "Mensch" biologische Fachbegriffe. |
Das sagt sich so leicht, es waren aber mE vor Darwin eher theologische / philosophische Begriffe. |
Naturwissenschaftler können wohl kaum die Deutungshoheit darüber, was man allgemein unter "Freiheit" verstehen soll, für sich beanspruchen. Wie gesagt: bei den biologischen Fachbegriffen "Art" und "Mensch" ist das anders - solange diese Begriffe in einem biologischen Fachkontext verwendet werden. In einem anderen Kontext jedoch können auch diese beiden Begriffe anders verwendet werden - und auch da haben dann Biologen keine Deutungshoheit mehr.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1847324) Verfasst am: 18.06.2013, 22:20 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | es reicht nicht, dass äußere und innere Zwänge fehlen, damit jemand frei ist. Er muss auch bestimmte Fähigkeiten haben, nämlich die zur Erkenntnis und Reflexion und die zur Umsetzung einer Entscheidung. Mit anderen Worten: es reicht nicht eine "Freiheit von", so wie Du zu behaupten scheinst, sondern es muss eine "Freiheit zu" hinzukommen, um eine Person als (mE nach dem landläufigen Begriff von "Freiheit") frei ansehen zu können. |
Mir wäre wohler, wenn wir das Zwänge und Fähigkeiten nennen.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Dann wüßten wir aber auch, was wir wollen  | Nö, wir wissen erst mal nur, was wir nicht wollen |
Ist vielleicht OT, aber den Unterschied zu definieren wäre sicher auch noch mal interessant.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | https://de.wikipedia.org/wiki/Raben_und_Kr%C3%A4hen#Intelligenz | Raben und Krähen werden als unbewusste Lebewesen angesehen? |
Sie gelten bisher nicht als Personen.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Der Punkt war: welche Vorstellungen existieren, ist keine naturwissenschaftliche Frage. |
Auch das würde ich noch als naturwissenschaftliche Frage bezeichnen. Aber ist mir nicht so wichtig.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Misterfritz mini - mal
Anmeldungsdatum: 09.03.2006 Beiträge: 21867
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(#1847327) Verfasst am: 18.06.2013, 22:31 Titel: |
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zumindest zeigt der thread, dass es hier seeeeehr unterschiedliche definitionen von freiheit gibt.
freiheit hat für mich ziemlich viel mit der abwesenheit von zwängen zu tun. trotzdem habe ich mir selbst zwänge auferlegt, indem ich z.b. tiere habe, um die ich mich immer kümmern muss.
es gibt wohl auch noch dramatischere selbst auferlegte zwänge (z.b. mönch werden).
fällt also selbst auferlegter zwang jetzt unter freiheit?
_________________ I'm tapping in the dusternis
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26504
Wohnort: im Speckgürtel
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(#1847329) Verfasst am: 18.06.2013, 22:32 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | ....
Naturwissenschaftler können wohl kaum die Deutungshoheit darüber, was man allgemein unter "Freiheit" verstehen soll, für sich beanspruchen. ... |
Wo tun sie das denn?
Niemand kann eine Deutungshoheit darüber beanspruchen, was man allgemein unter irgendeinem Begriff verstehen soll. Dafür kann man höchstens eine statistische Untersuchung über den Gebrauch dieses Begriffes in unterschiedlichen Umfeldern anstellen. Das ist das, was die Dudenredaktion und das DWDS machen.
Das dusselige an den Philosophen ist allerdings, dass sie manchmal derartige Ansprüche für sich stellen aber dabei in der Regel nur Ideolekte oder bestenfalls Soziolekte herstellen und gelichzeitig meine, sie sprächen dann noch allgemeinverständlich. Das macht das Gespräch manchmal sehr schwierig.
Wenn Naturwissenschaftler einen Begriff definieren, dann tun sie das in der Regel explizit für ihre Untersuchung und nicht für die Allgemeinheit. Die Hausfrau hat sich auch daran gewöhnt, dass Physiker ihre Masse "missbrauchen". Das sollte doch so tollen Leuten wie den Philosophen mit den Biologen und der Freiheit auch noch gelingen.
fwo
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vrolijke Bekennender Pantheist

Anmeldungsdatum: 15.03.2007 Beiträge: 46732
Wohnort: Stuttgart
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(#1847331) Verfasst am: 18.06.2013, 22:34 Titel: |
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Wie kommts, dass soviel über Freiheit philosophiert wird, aber kaum einen Gedanken an gefühlte Freiheit aufkommt?
Das kommt mir so vor, wie Theologen die darüber diskutieren, wieviel Engel auf eine Nadelspitze passen.
Alles schön und gut, als Grundsatzdiskusion, aber bringt einem die "gefühlte Freiheit" nicht ein Stück näher.
_________________ Glück ist kein Geschenk der Götter; es ist die Frucht der inneren Einstellung.
Erich Fromm
Sich stets als unschuldiges Opfer äußerer Umstände oder anderer Menschen anzusehen ist die perfekte Strategie für lebenslanges Unglücklichsein.
Grenzen geben einem die Illusion, das Böse kommt von draußen
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1847334) Verfasst am: 18.06.2013, 22:41 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Mir wäre wohler, wenn wir das Zwänge und Fähigkeiten nennen. |
Eine bestimmten Kombination aus dem Fehlen von äußeren und inneren Zwängen und bestimmten Fähigkeiten nennt man mE gemeinhin "Freiheit".
Diese Bezeichnung ist zwar nicht zwingend, so wie keine Bezeichnung zwingend ist, aber sie abzulehnen wäre mE nur Sprachkosmetik. Es sei denn aber, man hätte mindestens einen guten nachvollziehbaren und plausiblen Grund dafür, warum der Begriff "Freiheit", so wie er bislang verwendet wird, unzulänglich sei. Jedoch könnten diese Gründe mE nicht naturwissenschaftlicher, sondern nur philosophischer Art sein.
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Nö, wir wissen erst mal nur, was wir nicht wollen |
Ist vielleicht OT, aber den Unterschied zu definieren wäre sicher auch noch mal interessant. |
Ich weiß z.B. genau, dass ich nicht will, dass mir jemand eins auf die Fresse haut, aber daraus folgt doch noch nicht, dass ich auch wissen müsste, was ich morgen tun will.
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | https://de.wikipedia.org/wiki/Raben_und_Kr%C3%A4hen#Intelligenz | Raben und Krähen werden als unbewusste Lebewesen angesehen? |
Sie gelten bisher nicht als Personen. |
Aber Du hast oben dieses gesagt:
step hat folgendes geschrieben: | Auch nach heutigem Wissen unbewußte Lebewesen simulieren mW Zukünfte und entscheiden dementsprechend. |
Nochmal meine Frage: werden Raben und Krähen als unbewusste Lebewesen angesehen?
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Der Punkt war: welche Vorstellungen existieren, ist keine naturwissenschaftliche Frage. |
Auch das würde ich noch als naturwissenschaftliche Frage bezeichnen. Aber ist mir nicht so wichtig. |
Die Frage, wie Begriffe verwendet werden, welche Bedeutung ihnen zugemessen wird, ist Deiner Ansicht nach eine naturwissenschaftliche Frage?
Wie kann z.B. die Frage: "welche Bedeutung hat der Begriff 'Freiheit'?" naturwissenschaftlich, z.B. durch Hirnforscher beantwortet werden? Wie können sie das bewerkstelligen, welche Verfahren aus ihrem Fachgebiet können sie dazu z.B. anwenden?
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
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(#1847335) Verfasst am: 18.06.2013, 22:55 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | ....
Naturwissenschaftler können wohl kaum die Deutungshoheit darüber, was man allgemein unter "Freiheit" verstehen soll, für sich beanspruchen. ... |
Wo tun sie das denn? |
Wenn sie das nicht täten, gäbe es hier gar kein Problem. Nur, naja, da gibt es so ein paar Exemplare, die das sehr wohl tun, z.B. Wolf Singer, Gerhardt Roth und (Hans?) Markowitsch.
fwo hat folgendes geschrieben: | Niemand kann eine Deutungshoheit darüber beanspruchen, was man allgemein unter irgendeinem Begriff verstehen soll. Dafür kann man höchstens eine statistische Untersuchung über den Gebrauch dieses Begriffes in unterschiedlichen Umfeldern anstellen. |
Ja, eben, das wäre mE eine gute, wissenschaftliche Vorgehensweise. Zum ersten. Und zum zweiten könnte man, falls man das erst mal geleistet hat, die so eruierten Begriffe sehr wohl angreifen. Ein Begriff, der inkohärent/widersprüchlich ist, muss falsch sein, kann nicht korrekt sein und muss daher korrigiert werden.
Jedoch eine schlechte, unwissenschaftliche Vorgehensweise wäre es, sich einfach mal schnell auszudenken, wie der angegriffene Begriff allgemein so verwendet wird, und dann diese einfach ausgedachte Verwendung anzugreifen. Dann ist es völlig wurst, ob die inkohärent ist oder nicht, dann muss man sich den "Strohmann"-Vorwurf gefallen lassen.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
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(#1847336) Verfasst am: 18.06.2013, 23:02 Titel: |
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Misterfritz hat folgendes geschrieben: | zumindest zeigt der thread, dass es hier seeeeehr unterschiedliche definitionen von freiheit gibt. |
Ja.
Misterfritz hat folgendes geschrieben: | freiheit hat für mich ziemlich viel mit der abwesenheit von zwängen zu tun. trotzdem habe ich mir selbst zwänge auferlegt, indem ich z.b. tiere habe, um die ich mich immer kümmern muss.
es gibt wohl auch noch dramatischere selbst auferlegte zwänge (z.b. mönch werden).
fällt also selbst auferlegter zwang jetzt unter freiheit? |
Ja - zumindest meiner Ansicht nach.
Wärest Du nicht fähig, Dich an selbst auferlegte Zwänge zu halten, bzw. wärest Du nicht fähig dazu, Dir selber solche Zwänge aufzulegen, dann wärest Du meiner Ansicht nach weniger frei.
Aber wie Du schon sagtest: das kann man sicher auch anders sehen.
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